Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in der Zeit vom 1. Juli bis 3. Oktober 2016. Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt ist, Kontoauszüge des Klägers zur Akte zu nehmen.
Der Kläger ist 1960 geboren und selbständig tätig. Im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I beantragte er am 11. Juni 2015 die Gewährung von Arbeitslosengeld II. Der Beklagte bewilligte ihm vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2015 (Bescheid vom 15. Dezember 2015) und auf den Weiterbewilligungsantrag vom 22. Januar 2016 vorläufig Leistungen für Januar bis Juni 2016 (Bescheid vom 27. Januar 2016).
Am 27. Juli 2016 beantragte der Kläger erneut die Weiterbewilligung von Leistungen. Er trug dabei vor, dass Nachweise wie Kontoauszüge nur vorzulegen seien und nicht kopiert werden dürften. Dies sei datenschutzrechtlich nicht zulässig und verstoße gegen das Übermaßverbot. Das Gleiche gelte auch für Personalausweise, Krankenversicherungskarten et cetera. Die Vorlage entsprechender Nachweise setze daher eine Terminvereinbarung voraus.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage u.a. der Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos in Kopie bis zum 15. August 2016 auf. Wenn er bis zu diesem Termin nicht reagiere oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht würden, könnten die Geldleistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt werden. Mit Schreiben vom 15. September 2016 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Kontoauszüge der letzten drei Monate bis zum 2. Oktober 2016 lückenlos in Kopie vorzulegen. Anderenfalls könnten Geldleistungen ganz versagt werden.
Der Kläger brachte mit Schreiben vom 28. September 2016 vor, dass die Kontoauszüge der letzten drei Monate aus datenschutzrechtlichen Gründen nur zur Einsichtnahme und Prüfung vorzulegen, aber nicht zur Akte zu nehmen seien, von einzelnen klärungsbedürftigen Vorgängen abgesehen. Die Ablage in der Akte stehe einer elektronischen Speicherung gleich. Eine notwendige Datenerhebung gemäß § 67 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bedeute nicht automatisch, dass diese auch zu speichern seien. Grundsätzlich sei die Vorlage der Kontoauszüge zur Prüfung und Einsichtnahme geeignet, abschließend festzustellen, ob eine Bedürftigkeit vorliege. Soweit der Beklagte dieses Beweisangebot weiterhin durch Nichtgewährung eines Termins ablehne, befinde er sich im Annahmeverzug, der im Ergebnis dazu führe, dass ein berechtigter Leistungsbezug verhindert werde. Außerdem teilte er mit, dass er voraussichtlich ab 4. Oktober 2016 eine versicherungspflichtige Tätigkeit in einem anderen Bundesland aufnehmen werde. Somit ende sein Antrag vom 27. Juli 2016 auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 1. Juli 2016 am 3. Oktober 2016.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 erinnerte der Beklagte den Kläger an die Aufforderung zur Mitwirkung vom 15. September 2016 und forderte den Kläger erneut u.a. zur Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos in Kopie auf. Er setzte eine Frist bis zum 21. Oktober 2016 und wies auf die Möglichkeit, dass andernfalls Geldleistungen ganz versagt werden könnten, hin.
Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Mit Bescheid vom 7. November 2016 versagte der Beklagte Leistungen ab dem 1. Juli 2016 ganz. Der Kläger habe trotz Aufforderung, die Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos in Kopie vorzulegen, diese nicht vorgelegt. Es lägen keine Gründe vor, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden könnten. Die Vorlage von Kontoauszügen zur Einsicht sei eine rechtmäßige Erhebung von Daten nach § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Aufbewahrung der Kontoauszüge im Original oder in Kopie in der Verwaltungsakte sei eine rechtmäßige Speicherung von Daten nach § 67c SGB X. Die Aufbewahrung der Kontoauszüge sei zunächst erforderlich, um die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu überprüfen. Die Kontoauszüge seien sorgfältig auf Einkommen, Vermögen und Bedarf zu prüfen. Eine kurze Einsichtnahme genüge dafür nicht. Für Kontoauszüge, die Einnahmen enthielten, liege dies auf der Hand. Das anrechenbare Einkommen festzustellen, erfordere komplexe Berechnungen. Aber auch Kontoauszüge, die kein anrechenbares Einkommen aufwiesen, seien leistungserheblich. Der Bedarf, insbesondere Miethöhe und Betriebskosten der Unterkunft, ließen sich teilweise aus den Kontoauszügen ablesen. Länger dauernde Ausgaben könnten zu anrechenbarem Vermögen führen. Die Kontoauszüge der letzten Monate könnten Anlass für eine Direktüberweisung der Unterkunftskosten an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II geben. Aus Kontoauszügen ablesbares unwirtschaftliches Verhalten könne zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 SGB II führen. Kontoauszüge seien somit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und als solche zur Verwaltungsakte zu nehmen. Nach Abwägung des Sinns und Zwecks der Mitwirkungsvorschriften mit dem Interesse des Klägers an den Leistungen sowie dem öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit würden die Leistungen ganz versagt.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 Widerspruch, ohne diesen zu begründen.
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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2016 zurück. Der Widerspruchsführer sei wiederholt aufgefordert worden, die lückenlosen Kontoauszüge der letzten drei Monate in Kopie vorzulegen. Sämtliche Schreiben hätten eine vollständige und verständliche Belehrung über die Rechtsfolgen, die einträten, wenn er diesen Pflichten zur Mitwirkung nicht nachkomme, enthalten. Die Vorlage von Kontoauszügen sei erforderlich, weil ohne sie der Leistungsanspruch nicht festgestellt werden könne. Kontoauszüge seien ein geeignetes Mittel zur Aufklärung der Einkommens- und Vermögenssituation eines Antragstellers. Die Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen für die letzten drei Monate sei rechtlich unbedenklich. Auch die Aufbewahrung der Kontoauszüge in der Akte sei rechtlich zulässig. Die erforderliche Ermessensentscheidung liege vor. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Interessen des Klägers seien angemessen berücksichtigt worden. Anhaltspunkte, die ein Überwiegen des Interesses des Klägers an der Zahlung des Arbeitslosengeldes II gegenüber den Interessen der Allgemeinheit rechtfertigten, lägen nicht vor. Der Kläger habe auch keine benannt. Auch die Tatsache, dass er ab dem 4. Oktober 2016 wohl eine Tätigkeit aufgenommen habe und der Bewilligungszeitraum nun den Zeitraum 1. Juli bis 3. Oktober 2016 umfasse, ändere hieran nichts.
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Hiergegen hat der Kläger am 30. Januar 2017 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und ursprünglich neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide auch die Verurteilung des Beklagten zur Leistungserbringung beantragt. Er habe bis heute keinen Termin beim Beklagten erhalten, um offene Fragen zu klären und fehlende Unterlagen vorzulegen. Bei dem Beklagten sei es ohne Termin grundsätzlich nicht möglich, Unterlagen persönlich abzugeben und eine Eingangsbestätigung zu erhalten. Er habe einmal im Oktober 2015 an einem Freitag eine halbe Stunde vor Dienstschluss versucht, ein Dokument in Kopie abzugeben. Die zuständige Mitarbeiterin habe ihn sofort aus dem Dienstzimmer verwiesen und sei nicht bereit gewesen, das Dokument oder eine Erklärung entgegenzunehmen. Das nahezu durchgängig unfreundliche Personal in R. und in der Außenstelle M. sei nicht gewillt, Unterlagen entgegenzunehmen. Vielmehr werde man als Antragsteller genötigt, den Briefkasten an der Außenseite des Gebäudes zu nutzen. Mitgebrachte Unterlagen müssten also im Jobcenter kuvertiert und dann während der ganz normalen Öffnungszeiten außen in den Briefkasten eingeworfen werden. Effizientes Arbeiten einer Behörde sehe anders aus. Durch die perfide Vorgehensweise des Beklagten, einerseits Aufforderungen zur Mitwirkung zu versenden und andererseits keinen Termin zur Vorlage eben dieser angeforderten Unterlagen zu gewähren, sei eine abschließende Bearbeitung seines Antrages zielgerichtet verhindert worden. Anschließend seien die Leistungen versagt worden, obwohl die Voraussetzungen für den Leistungsbezug zweifelsfrei vorgelegen hätten. Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 29. Mai 2017 hat der Kläger erklärt, lediglich eine Anfechtungsklage führen zu wollen.
12 
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
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Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2017 abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Das SG hat auf die „zutreffenden Gründe“ im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass der Beklagte vom Kläger die Vorlage der Kontoauszüge und ebenso eine Dokumentation dieser Kontoauszüge in Kopie in den Verwaltungsakten verlangen dürfe. Datenschutzrechtliche Gründe oder das Übermaßverbot stünden dem nicht entgegen. Das SG hat auf seinen gegenüber den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 23. August 2016 (S 7 AS 2004/16 ER; bestätigt durch Beschluss des Senats vom 24. Oktober 2016 – L 7 AS 3615/16 ER-B – n.v.) verwiesen. Gesichtspunkte, von der darin vertretenen Auffassung abzurücken, ergäben sich für die Kammer aus dem weiteren Verfahren und insbesondere aus dem weiteren Vorbringen des Klägers nicht. Die Ausführungen des Klägers zur Terminvergabe beim Beklagten seien für die Entscheidung irrelevant, da der Kläger angekündigt habe, auch im Rahmen eines Termins die ihm zumutbaren Mitwirkungshandlungen (Gestattung der Dokumentation der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten des Beklagten) zu verweigern.
14 
Gegen den ihm am 28. Juni 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25. Juli 2017 beim SG Berufung eingelegt. Er würde in einem Termin die ihm zumutbaren Mitwirkungshandlungen, also die Vorlage vollständiger Kontoauszüge, erbringen. Er wende sich gegen die Dokumentation der gesamten Kontoauszüge mittels Fotokopien in der Akte des Beklagten. Er habe Mitwirkungspflichten daher nicht verletzt. Er sei nicht verpflichtet, eine unbeschränkte Dokumentation durch Fotokopien zu dulden. Das Gesetz fordere lediglich die Einsichtnahme und die Prüfung. Dies gewähre er ohne Einschränkung. Er sei nicht verpflichtet, jegliche Dokumentation zu ermöglichen, insbesondere da dies auch unter keinem Vorbehalt gestellt werde und es keine Regelungen gebe, die der Beklagte ihm hätte aufzeigen können, wann, wie und wo die Dokumentation verbleibe und ob und wann diese vernichtet werde. Auch nicht durchgreifend sei das vorgebrachte Argument, dass man alle Unterlagen wegen etwaiger Rückforderungen in der Akte dokumentieren müsse. Es sei zudem darauf hinzuweisen, dass die Bescheide vorläufiger Natur gewesen seien. Die Leistungsbewilligung habe daher sowieso unter dem Vorbehalt der Überprüfung gestanden. Überprüft worden seien regelmäßig die selbständigen Tätigkeiten. Auch hierzu habe er alle Mitwirkungshandlungen erbracht. Im Übrigen habe es auch kein mögliches Folgeverfahren gegeben, da er ja anschließend keinerlei Leistungen mehr erhalten habe. Insofern wäre die Datenspeicherung auch völlig unzulässig gewesen.
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Der Kläger beantragt,
16 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2016 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest. Er verweist auf die angefochtenen Bescheide und den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
20 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da sich der Kläger gegen die Versagung von Leistungen von mehr als 750,00 Euro wendet (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich gegen die Versagung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 1. Juli bis 3. Oktober 2016. Dabei geht es nach Darstellung des Klägers um den Regelsatz (dieser betrug im Jahr 2016 für alleinstehende Personen 404,00 Euro monatlich), Miet- und Heizkosten in Höhe von 180,00 Euro monatlich sowie (nicht bezifferte) Krankenkassenbeiträge, so dass insgesamt ein Betrag von 750,00 überschritten ist.
22 
2. Die Berufung des Klägers ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 7. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2016 ist rechtmäßig.
23 
a) Allein diese Bescheide sind zulässiger Streitgegenstand. Soweit der Kläger im Klageverfahren ursprünglich noch die Verurteilung des Beklagten, ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hat, hat der Kläger diese Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) bereits erstinstanzlich zurückgenommen (§ 102 Abs. 1 SGG). Damit hat er zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass mit dem hier vorliegenden Bescheid nach § 66 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht über den materiellen Anspruch entschieden wurde, sondern über Pflichten des Antragsstellers im Verwaltungsverfahren (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 4/02 R – juris Rdnr. 12); § 54 Abs. 4 SGG ist hier nicht anwendbar (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 SB 3/13 R – juris Rdnr. 11), weswegen der Kläger ein Leistungsbegehren im vorliegenden Verfahren nicht zulässigerweise geltend machen konnte (vgl. dazu – und zu den hier nicht vorliegenden Ausnahmen – Urteil des Senats vom 22. September 2016 – L 7 AS 3613/15 – juris Rdnr. 17).
24 
b) Die streitgegenständlichen Bescheide finden ihre Grundlage in § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/12 R – juris Rdnr. 14).
25 
aa) Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I).
26 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Leistungsversagung lagen hier vor.
27 
(1) Der Beklagte hat den Kläger mehrmals, zuletzt mit Schreiben vom 4. Oktober 2016, das diesem unstreitig zugegangen ist, aufgefordert, Kopien seiner Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos in Kopie bis zum 21. Oktober 2016 vorzulegen. Der Kläger ist zugleich darauf hingewiesen worden, dass die begehrte Leistung wegen fehlender Mitwirkung versagt werden kann, wenn er seiner Mitwirkungspflicht nicht binnen der gesetzten Frist nachkommt.
28 
Der Kläger war zur Vorlage der Kontoauszüge seines eigenen Kontos auch verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 13 ff.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 12 ff.). Bei den Kontoauszügen handelt es sich um Beweismittel bzw. Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 15). Die in den Kontoauszügen enthaltenen Daten geben Aufschluss über die Höhe der Ein- und Ausgänge, das Buchungsdatum, den Empfänger bzw. Absender der Buchung und im Regelfall auch über den Grund des Ein- bzw. Ausgangs der Zahlung (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 15). Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger zur Vorlage der Kontoauszüge verpflichtet war. Jedenfalls die Vorlage von Kontoauszügen für die letzten drei Monate zu verlangen, ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 16).
29 
Die Pflicht bzw. Obliegenheit zur Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate ist auch nicht durch § 65 SGB I begrenzt. Nach § 65 SGB I bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder 2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder 3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Bei den vom Kläger begehrten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um bedarfsabhängige Leistungen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 9 SGB II), die nur demjenigen erbracht werden, der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Zur Prüfung dieser Voraussetzungen kann die Vorlage auch von Kontoauszügen verlangt werden. Im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, stellt es keine unzumutbare und unangemessene Anforderung dar, Auskunft über den Bestand an Konten und die Kontenbewegungen (durch die Vorlage von Kontoauszügen) zu geben (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 16). Dies gilt auch für den Fall, dass der Betroffene schon Leistungen bezogen hat und Grundsicherungsleistungen für Folgezeiträume geltend macht (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 16). Angesichts der Vielfalt jederzeit möglicher Änderungen gibt es für eine differenzierende Beurteilung der Vorlagepflicht keinen Grund.
30 
Ein konkreter Verdacht des Leistungsmissbrauchs ist für die Vorlagepflicht nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 18; Landessozialgericht [LSG] Bayern, Urteil vom 14. November 2017 – L 11 AS 368/17 – juris Rdnr. 18). Eine solche Voraussetzung kann dem Wortlaut des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I nicht entnommen werden. Auch aus § 65 SGB I kann keine Einschränkung der Mitwirkungsobliegenheit dahingehend abgeleitet werden, dass nur bei einem konkreten Verdacht jeweils die Vorlage von bestimmten Beweisurkunden vom Sozialleistungsempfänger gefordert werden könnte. Die Mitwirkungsobliegenheiten der §§ 60 ff. SGB I bestehen unabhängig vom Vorliegen von Verdachtsmomenten gegen den Leistungsempfänger. Die vom Kläger geforderten Unterlagen sind von ihm schließlich auch nicht unverhältnismäßig schwer beizubringen; etwas anderes behauptet der Kläger auch nicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte die vom Kläger gewünschten Informationen auf leichtere Weise beschaffen könnte (vgl. dazu näher BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 19)
31 
Die Vorlagepflichten des Klägers im Rahmen seiner generellen Obliegenheitspflichten gemäß § 60 SGB I werden auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis).
32 
Eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Klägers ist nicht den §§ 50 ff. SGB II zu entnehmen. §§ 50 ff. SGB II enthalten zwar bereichsspezifische Datenschutznormen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die den allgemeinen Vorschriften des Sozialdatenschutzes der §§ 67 ff. SGB X vorgehen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 22). § 51b SGB II in der hier anzuwendenden, seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung regelt indes nur die Datenerhebung zum Zwecke der Übermittlung an die Bundesagentur für Arbeit zum Aufbau eines einheitlichen Informationssystems (Harich in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 51b Rdnr. 1) und damit einen speziellen Teilbereich (O`Sullivan in Estelmann, SGB II, § 51b Rdnr. 5 [Dezember 2016]; Wagner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 51b Rdnr. 32), der hier nicht einschlägig ist, so dass jenseits dessen die allgemeinen Regelungen der §§ 67a SGB X ff. anwendbar sind (BSG, Urteil vom 9. März 2016 – B 14 AS 3/15 R – juris Rdnr. 22; Harich in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 51b Rdnr. 1; O`Sullivan in Estelmann, SGB II, § 51b Rdnr. 5 [Dezember 2016]; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 51b Rdnr. 8 [Dezember 2017] m.w.N.), und deshalb für die Frage der Vorlagepflicht von Kontoauszügen hierauf abzustellen ist.
33 
Nach § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Erheben von Sozialdaten (§ 67 Abs. 5 SGB X) durch in § 35 SGB I genannte Stellen zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies ist hier der Fall, soweit die Einnahmeseite betroffen ist. Wie oben bereits zu § 65 SGB I ausgeführt, ist die Vorlage der Kontoauszüge (ebenso wie die Kenntnis sämtlicher Konten) erforderlich, um die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit des Grundsicherungsempfängers zu ermitteln und zu überprüfen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 23).
34 
Allerdings gilt dies nach der Rechtsprechung des BSG nicht in vollem Umfang für die Ausgabenseite, das heißt für die Frage, wofür der Grundsicherungsempfänger seine begrenzten Mittel verwendet (zum Folgenden BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 24).Nach § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X ist für besondere Arten personenbezogener Daten gesondert zu prüfen, ob deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. § 67 Abs. 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Grundsicherungsträgers – Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit (vgl. § 1 Abs. 3 SGB II) – ist es nicht erforderlich, dass dieser Kenntnis über das Ausgabeverhalten der Grundsicherungsempfänger in den in § 67 Abs. 12 SGB X genannten Bereichen erlangt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Adressaten/Empfänger der Zahlungen. Geht etwa aus den Empfängerangaben hervor, dass der Grundsicherungsempfänger Beiträge an eine politische Partei, Gewerkschaft oder Religionsgemeinschaft überweist, so ist die Kenntnis der jeweils begünstigten Partei, Religionsgemeinschaft etc. für die Aufgaben des Grundsicherungsträgers grundsätzlich irrelevant. Allerdings muss im Hinblick auf die Regelungen in § 31 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, § 34 SGB II, die Sanktionen und Ersatzansprüche bei unwirtschaftlichem Verhalten des Hilfebedürftigen vorsehen, gewährleistet bleiben, dass die vom jeweiligen Grundsicherungsempfänger überwiesenen Beträge der Höhe nach erkennbar bleiben. Geschützt ist mithin nur die Geheimhaltung des Verwendungszwecks bzw. des Empfängers der Überweisung, nicht deren Höhe. Würde sich aus den insoweit geschwärzten Kontoauszügen eines Leistungsempfängers ergeben, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen werden, so ist im Nachfolgenden jeweils im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit ausnahmsweise nicht doch eine Offenlegung auch des bislang geschwärzten Adressaten gefordert werden kann.
35 
Die Pflicht zur Vorlage der Kontoauszüge erschöpft sich – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht darin, diese dem zuständigen Sachbearbeiter zur ad-hoc-Einsicht vorzulegen, sondern – nur dies ist zwischen den Beteiligten streitig – umfasst auch die Pflicht, die Kontoauszüge oder Kopien derselben (ggf. mit den oben dargestellten zulässigen Schwärzungen) dem Leistungsträger zu überlassen (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 14. November 2013 – L 7 AS 579/13 B ER – juris Rdnr. 17 ff.; LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 16 ff.; LSG Bayern v. 15. September 2015 – L 16 AS 523/15 B ER – juris Rdnr. 28; vgl. auch BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 4 AS 449/16 B – juris Rdnr. 7; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – L 31 AS 2974/14 – juris Rdnr. 18 ff.). Die entsprechende Speicherung von Sozialdaten beruht auf § 67c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern von Sozialdaten zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit liegenden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Gemäß § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X dürfen diese Daten auch für andere Zwecke gespeichert werden, wenn sie für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erforderlich sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn der Leistungsträger ist verpflichtet, die Kontoauszüge zur Akte zu nehmen. Er ermittelt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die ihm dabei zur Kenntnis gelangten Tatsachen hat er aktenkundig zu machen. Dies folgt auch aus dem Gebot der Aktenvollständigkeit. Bei Rechtsvorgängen, die sich – wie der Bezug von Sozialleistungen – meist über längere Zeit erstrecken, ist die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das zukünftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2 zur Ausländerakte; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 10 zum Melderecht). Erst derartige schriftliche Akten gestatten der vollziehenden Gewalt eine fortlaufende Kenntnis aller für sie maßgeblichen Umstände ohne Rücksicht darauf, ob aus innerorganisatorischen Gründen oder wegen der Zuständigkeitsbegründung einer anderen Behörde ein neuer Bediensteter, der kein eigenes Wissen über die Vorgeschichte besitzt, mit der Bearbeitung der Sache betraut wird (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2). Zudem können Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen und vollständigen Aktenführung zu einer Umkehr der Beweislast führen (Oberverwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 18. Dezember 2013 – S3 A 205/12 – juris Rdnr. 81 m.w.N.).
36 
Die Pflicht zur Aktenführung soll den Geschehensablauf wahrheitsgetreu und vollständig dokumentieren und dient damit in zweifacher Weise der Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 11 – auch zum Folgenden). Die Dokumentation soll den Geschehensablauf so, wie er sich ereignet hat, in jeder Hinsicht nachprüfbar festhalten. Sie soll hierbei nicht lediglich den Interessen der Beteiligten oder der entscheidenden Behörde dienen, sondern auch die Grundlage für die kontinuierliche Wahrnehmung der Rechts- und Fachaufsicht und für die parlamentarische Kontrolle des Verwaltungshandelns bilden. Damit wirkt die Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung zugleich auch präventiv insofern auf das Verwaltungshandeln ein, als sie die Motivation zu allseits rechtmäßigem Verwaltungshandeln stärkt und rechtswidriges Verwaltungshandeln erschwert. Diese Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns durch wahrheitsgetreue und vollständige Aktenführung dient auch dem Schutz derjenigen Beteiligten, deren persönliche Daten in den Akten festgehalten sind und über die die Akten gegebenenfalls Nachteiliges oder Belastendes auch enthalten; sie werden durch die wahrheitsgetreue und vollständige Dokumentation des Geschehensablaufs in der dargelegten Weise vor nicht rechtmäßigem Verwaltungshandeln geschützt.
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Die Pflicht zur Führung wahrheitsgetreuer und vollständiger Akten kann ihre präventive und ihre nachträgliche Sicherungsfunktion nur entfalten, wenn die Akten so lange aufbewahrt werden, dass sie ihre Nachweisfunktion im Bedarfsfall tatsächlich erfüllen können (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 12 – auch zum Folgenden). Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass sie zur Vermeidung von Verletzungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung schon dann vernichtet werden müssten, wenn kein Beteiligter mehr aktuelle Ansprüche gegen die Behörde erheben und diese die Akten nicht mehr zur Grundlage von aktuellen Maßnahmen gegen einen Beteiligten oder zugunsten eines Beteiligten machen könnte.
38 
Die Aktenführung liegt damit zugleich im wohlverstandenen Interesse des betroffenen Einzelnen, der nur auf der Grundlage möglichst vollständiger Erfassung aller rechtlich erheblichen Tatsachen seinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf angemessene Behandlung seiner Angelegenheit durch die zuständigen Behörden – und gegebenenfalls durch die Gerichte – mit Erfolg geltend machen kann (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2). Ist – wie hier – die Datenerhebung rechtmäßig, so kann Rechtsfolge nur die Aufnahme der erlangten Kenntnisse in die Akten sein (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 3). Denn die Leistungsakten sind, wie schon erwähnt, die Grundlage allen weiteren behördlichen Handelns und müssen daher vollständig sein, soll die Behörde ihrer aus der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität nachkommen können (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 3). Die Pflicht der Behörden zur vollständigen Aktenführung steht auch die Entfernung aus den Akten entgegen, wenn sie erst einmal rechtmäßig dort hingelangt sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 4).
39 
Dies folgt im vorliegenden Kontext auch aus folgenden Gesichtspunkten: Die Kontoauszüge bilden nicht nur die Grundlage für den Erlass des den Leistungsantrag bescheidenden Verwaltungsaktes; schon deshalb wäre die Aufbewahrung mindestens bis zum Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes bzw. der Bestandskraft des Bescheides, falls dieser Zeitpunkt erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes eintritt, erforderlich. Eine lediglich kurze Einsichtnahme würde die sorgfältige Prüfung ohnehin nicht ermöglichen (LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 19). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass in der Vergangenheit die Leistungsbewilligungen wegen des schwankenden Einkommens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit nur vorläufig erfolgt sind, also auch nach Bestandskraft des Bescheides schon wegen ihrer Vorläufigkeit unter dem Vorbehalt der Überprüfung stehen (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 SGB III; seit dem 1. August 2016 § 41a SGB II). Mit Blick auf die Möglichkeit, auch bestandskräftige Bescheide nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X zu überprüfen und diese Überprüfung ggf. auch einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen, reicht die Notwendigkeit, die Kontoauszüge in den Akten zu belassen, in zeitlicher Hinsicht aber noch darüber hinaus (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 21). Eine Vernichtung von Akten kann deshalb nur für einen Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, in dem mit Sicherheit feststeht, dass die Akten ihre die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sichernde Dokumentationsfunktion nicht mehr erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 13). Ob und wann (LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 21, und LSG Bayern, Beschluss vom 15. September 2015 – L 16 AS 523/15 B ER – juris Rdnr. 28, verweisen auf den Zeitraum von zehn Jahren für Ersatzansprüche nach §§ 34, 34a SGB II und die Erbenhaftung gemäß § 35 SGB II; kritisch dazu Ziebarth, NZS 2015, 569 [571 f.]) ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus der Akte besteht, muss der Senat hier nicht entscheiden; entgegen der Darstellung des Klägers besteht hierfür mit § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X aber grundsätzlich eine Anspruchsgrundlage.
40 
Ob der Umstand, dass der Beklagte den Kläger in den Mitwirkungsaufforderungen nicht auf die grundsätzliche Möglichkeit der Schwärzung bestimmter Angaben (siehe oben) hingewiesen hat, zur Rechtswidrigkeit der Aufforderung führt, hat das BSG ausdrücklich offengelassen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 28). Es kann auch im vorliegenden Verfahren dahinstehen, denn der Kläger hat sich von vornherein grundsätzlich geweigert, die Kontoauszüge bzw. Kopien derselben dem Beklagten zu überlassen; es ging ihm gerade nicht um den Schutz konkreter Daten (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 28).
41 
(2) Der Kläger ist seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er hat bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2016 die verlangten Kontoauszüge nicht vorgelegt. Es ist dem Kläger möglich und zumutbar, die Kontoauszüge oder Kopien derselben dem Beklagten per Post zu übersenden oder selbst vor Ort in den Briefkasten des Beklagten zu werfen; eine persönliche Vorsprache und entsprechend eine Terminvereinbarung ist hierfür nicht notwendig. Auf die Frage, ob der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach Erlass des Widerspruchsbescheides nachgekommen ist, kommt es nicht an. Für die Beurteilung der angefochtenen Bescheide kommt es im Rahmen der vorliegenden, allein zulässigen isolierten Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 SB 3/13 R – juris Rdnr. 19; Urteil des Senats vom 22. September 2016 – L 7 AS 3613/15 – juris Rdnr. 23 m.w.N.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 – L 10 AS 97/09 – juris Rdnr. 45; LSG Bayern, Beschluss vom 28. Juli 2015 – L 16 AS 118/15 – juris Rdnr. 28). Im Übrigen hat der Kläger aber auch wiederholt – auch im Berufungsverfahren – geäußert, dass er zur Vorlage der Kontoauszüge nicht bereit sei, sondern nur zur Einsichtnahme durch den Beklagten ohne die Möglichkeit, die Kontoauszüge oder Kopien derselben zur Akten zu nehmen.
42 
(3) Der Beklagte hat auch das bei einer Entscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I auszuübende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Ausführungen zur Ermessensausübung sind zwar knapp gehalten. Sie lassen aber hinreichend erkennen, dass sich der Beklagte bewusst war, Ermessen ausüben zu müssen (vgl. Urteil des Senats vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 2952/16 – n.v.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. März 2010 – L 12 AS 15/08 – juris Rdnr. 59), so dass dahinstehen kann, ob sogar von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X erforderliche Darlegung von Ermessensgesichtspunkten in einem Ermessensverwaltungsakt kein Selbstzweck ist, sondern voraussetzt, dass ernsthafte Ermessenserwägungen auch anzustellen waren, was in Fällen der vorliegenden Art gerade nicht der Fall ist (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 – L 10 AS 97/09 – juris Rdnr. 66). Der Beklagte konnte mangels Mitwirkung des Klägers nicht feststellen, ob dieser hilfebedürftig ist. Auch ein alternativer Weg, das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit zu überprüfen, kam nicht in Betracht. Gesichtspunkte, die im Rahmen der Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen wären, sind damit nicht erkennbar (vgl. Urteil des Senats vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 2952/16 – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 – L 13 AS 170/13 – juris Rdnr. 22). Insbesondere hat der Kläger außer seiner Rechtsauffassung zum Umfang seiner Mitwirkungspflichten auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen ihm die verlangte Mitwirkung nicht zuzumuten sei.
43 
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Bl. 179 der Akten des Beklagten. Der Kläger hat behauptet, dass in den dort zur Akte genommenen Dienstanweisungen der Beklagten angeordnet werde, dass die Kontoauszüge nur vorzulegen seien und dies durch Vermerk zu bestätigen sei, aber nur im Ausnahmefall Kopien anzufertigen seien. Indes handelt es sich bei der insofern in Bezug genommenen Tabelle entgegen der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht um eine Dienstanweisung des Beklagten, sondern um eine vom Kläger selbst im Verwaltungsverfahren vorgelegte Tabelle, bei der es sich nach seiner damaligen Darstellung (Schreiben vom 28. September 2016) um Empfehlungen des Bundesdatenschutzbeauftragen handelt. Hierbei handelt es sich freilich lediglich um Meinungsäußerungen, die den Ermessensspielraum des Beklagten nicht berühren.
44 
c) Schließlich begegnet die Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch für die Speicherung der Kontoauszüge in den Akten; hiervon ist auch das BSG in seinem Urteil vom 19. September 2008 (B 14 AS 45/07 R – juris) ausgegangen (so ausdrücklich BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 4 AS 449/16 B – juris Rdnr. 7). Zwar liegt in der Statuierung einer solchen Pflicht ein Eingriff in das sog. Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht als Element des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (kritisch zu dieser normtextlichen Zuordnung etwa Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 [Juli 2001] Rdnr. 128; Höfling in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 1 Rdnr. 68) verortet (BVerfGE 65, 1 [41 ff.]; seither ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerfGE 80, 367 [373]; 100, 313 [358 f.]; siehe auch Hufen in Festschrift 50 Jahre BVerfG, Band 2, 2001, S. 105 [116 ff.]; Murswiek/Rixen in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 2 Rdnr. 72 f.) und das das Recht des Bürgers umfasst, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst zu bestimmen (BVerfGE 80, 367 [373]; BVerwGE 84, 375 [378]).
45 
Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt nicht schrankenlos (BVerfGE 80, 367 [373]). Der einzelne hat kein Recht im Sinne einer absoluten uneinschränkbaren Herrschaft über „seine“ Daten (BVerwGE 84, 375 [379]). Eingriffe in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Rechte sind vielmehr im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, das heißt hier aufgrund der Gesamtheit aller formell und materiell verfassungsmäßigen Normen zulässig (ständige Rechtsprechung, siehe nur BVerfGE 90, 145 [171 f.]; BVerwGE 84, 375 [379]; Höfling in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 2 Rdnr. 67 [2000]), so dass letztlich ein einfacher Gesetzesvorbehalt vorliegt (Höfling in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 2 Rdnr. 69 [2000]). § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I und § 67a Abs. 1 Satz 1, § 67c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X stellen solche, formell und materiell verfassungsmäßige Normen dar, die damit taugliche Schranken des informationellen Selbstbestimmungsrechts sind.
46 
Freilich muss die Anwendung der Normen ihrerseits dem Übermaßverbot standhalten, also verhältnismäßig sein (zu diesem Grundsatz etwa Schlink in Festschrift 50 Jahre BVerfG, Bd. 2, 2001, S. 445 ff.). Der Betroffene muss Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, die durch überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind (BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3 m.w.N.) Es ist aber bereits im Kontext der einfachrechtlichen Situation dargelegt worden, dass die Vorlage der Kontoauszüge ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Erreichung eines legitimen Zweckes ist. Die Vorlagepflicht ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, weil sie für den Kläger auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Stellenwertes seiner Rechtsposition zumutbar ist. Das Ziel, von der Allgemeinheit finanzierte Leistungen nur an wirklich Hilfebedürftige auszuzahlen und die Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs stellen ein überwiegendes Allgemeininteresse (BVerfGE 80, 367 [373]) dar (vgl. BVerfGE 118, 168 [196]; BVerwGE 67, 163 [168]). Die Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen ist ein bedeutsamer Gemeinwohlbelang (BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3). Es widerspricht nämlich dem Gedanken des sozialen Rechtsstaates, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, mangels genügender Kontrolle auch in Fällen in Anspruch genommen werden können, in denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt (BVerfGE 9, 20 [35]; BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3). Will jemand aus Steuermitteln finanzierte öffentliche Leistungen ohne eigenes Leistungsäquivalent erhalten, müsste er daher auch schwerwiegendere Eingriffe in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht dulden, ohne dass dies gegen Verfassungsrecht verstößt. Die bloße Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen berührt aber bei weitem nicht den Kern der Intimsphäre, sondern stellt einen eher leichten Eingriff in den grundrechtlich geschützten Schutzbereich im Bereich der (bloßen) Privatsphäre dar (vgl. zu der vom BVerfG regelmäßig vorgenommen Unterscheidung zwischen Intim-, Privat- und Sozialsphäre [„Sphärentheorie“] Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 [Juli 2001], Rdnr. 157 ff. m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat sogar Tagebuchaufzeichnungen, die einen weitaus größeren privaten Charakter als Kontoauszüge haben, nicht dem „unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung“ zugeordnet (BVerfGE 80, 367 [374 f.]).
47 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
48 
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Gründe

 
21 
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da sich der Kläger gegen die Versagung von Leistungen von mehr als 750,00 Euro wendet (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich gegen die Versagung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 1. Juli bis 3. Oktober 2016. Dabei geht es nach Darstellung des Klägers um den Regelsatz (dieser betrug im Jahr 2016 für alleinstehende Personen 404,00 Euro monatlich), Miet- und Heizkosten in Höhe von 180,00 Euro monatlich sowie (nicht bezifferte) Krankenkassenbeiträge, so dass insgesamt ein Betrag von 750,00 überschritten ist.
22 
2. Die Berufung des Klägers ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 7. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2016 ist rechtmäßig.
23 
a) Allein diese Bescheide sind zulässiger Streitgegenstand. Soweit der Kläger im Klageverfahren ursprünglich noch die Verurteilung des Beklagten, ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hat, hat der Kläger diese Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) bereits erstinstanzlich zurückgenommen (§ 102 Abs. 1 SGG). Damit hat er zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass mit dem hier vorliegenden Bescheid nach § 66 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht über den materiellen Anspruch entschieden wurde, sondern über Pflichten des Antragsstellers im Verwaltungsverfahren (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 4/02 R – juris Rdnr. 12); § 54 Abs. 4 SGG ist hier nicht anwendbar (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 SB 3/13 R – juris Rdnr. 11), weswegen der Kläger ein Leistungsbegehren im vorliegenden Verfahren nicht zulässigerweise geltend machen konnte (vgl. dazu – und zu den hier nicht vorliegenden Ausnahmen – Urteil des Senats vom 22. September 2016 – L 7 AS 3613/15 – juris Rdnr. 17).
24 
b) Die streitgegenständlichen Bescheide finden ihre Grundlage in § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/12 R – juris Rdnr. 14).
25 
aa) Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I).
26 
bb) Diese Voraussetzungen für eine Leistungsversagung lagen hier vor.
27 
(1) Der Beklagte hat den Kläger mehrmals, zuletzt mit Schreiben vom 4. Oktober 2016, das diesem unstreitig zugegangen ist, aufgefordert, Kopien seiner Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos in Kopie bis zum 21. Oktober 2016 vorzulegen. Der Kläger ist zugleich darauf hingewiesen worden, dass die begehrte Leistung wegen fehlender Mitwirkung versagt werden kann, wenn er seiner Mitwirkungspflicht nicht binnen der gesetzten Frist nachkommt.
28 
Der Kläger war zur Vorlage der Kontoauszüge seines eigenen Kontos auch verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 13 ff.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 12 ff.). Bei den Kontoauszügen handelt es sich um Beweismittel bzw. Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 15). Die in den Kontoauszügen enthaltenen Daten geben Aufschluss über die Höhe der Ein- und Ausgänge, das Buchungsdatum, den Empfänger bzw. Absender der Buchung und im Regelfall auch über den Grund des Ein- bzw. Ausgangs der Zahlung (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 15). Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger zur Vorlage der Kontoauszüge verpflichtet war. Jedenfalls die Vorlage von Kontoauszügen für die letzten drei Monate zu verlangen, ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 16).
29 
Die Pflicht bzw. Obliegenheit zur Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate ist auch nicht durch § 65 SGB I begrenzt. Nach § 65 SGB I bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder 2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder 3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Bei den vom Kläger begehrten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um bedarfsabhängige Leistungen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 9 SGB II), die nur demjenigen erbracht werden, der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Zur Prüfung dieser Voraussetzungen kann die Vorlage auch von Kontoauszügen verlangt werden. Im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, stellt es keine unzumutbare und unangemessene Anforderung dar, Auskunft über den Bestand an Konten und die Kontenbewegungen (durch die Vorlage von Kontoauszügen) zu geben (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 16). Dies gilt auch für den Fall, dass der Betroffene schon Leistungen bezogen hat und Grundsicherungsleistungen für Folgezeiträume geltend macht (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 16). Angesichts der Vielfalt jederzeit möglicher Änderungen gibt es für eine differenzierende Beurteilung der Vorlagepflicht keinen Grund.
30 
Ein konkreter Verdacht des Leistungsmissbrauchs ist für die Vorlagepflicht nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 18; Landessozialgericht [LSG] Bayern, Urteil vom 14. November 2017 – L 11 AS 368/17 – juris Rdnr. 18). Eine solche Voraussetzung kann dem Wortlaut des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I nicht entnommen werden. Auch aus § 65 SGB I kann keine Einschränkung der Mitwirkungsobliegenheit dahingehend abgeleitet werden, dass nur bei einem konkreten Verdacht jeweils die Vorlage von bestimmten Beweisurkunden vom Sozialleistungsempfänger gefordert werden könnte. Die Mitwirkungsobliegenheiten der §§ 60 ff. SGB I bestehen unabhängig vom Vorliegen von Verdachtsmomenten gegen den Leistungsempfänger. Die vom Kläger geforderten Unterlagen sind von ihm schließlich auch nicht unverhältnismäßig schwer beizubringen; etwas anderes behauptet der Kläger auch nicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte die vom Kläger gewünschten Informationen auf leichtere Weise beschaffen könnte (vgl. dazu näher BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R – juris Rdnr. 19)
31 
Die Vorlagepflichten des Klägers im Rahmen seiner generellen Obliegenheitspflichten gemäß § 60 SGB I werden auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis).
32 
Eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Klägers ist nicht den §§ 50 ff. SGB II zu entnehmen. §§ 50 ff. SGB II enthalten zwar bereichsspezifische Datenschutznormen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die den allgemeinen Vorschriften des Sozialdatenschutzes der §§ 67 ff. SGB X vorgehen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 22). § 51b SGB II in der hier anzuwendenden, seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung regelt indes nur die Datenerhebung zum Zwecke der Übermittlung an die Bundesagentur für Arbeit zum Aufbau eines einheitlichen Informationssystems (Harich in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 51b Rdnr. 1) und damit einen speziellen Teilbereich (O`Sullivan in Estelmann, SGB II, § 51b Rdnr. 5 [Dezember 2016]; Wagner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 51b Rdnr. 32), der hier nicht einschlägig ist, so dass jenseits dessen die allgemeinen Regelungen der §§ 67a SGB X ff. anwendbar sind (BSG, Urteil vom 9. März 2016 – B 14 AS 3/15 R – juris Rdnr. 22; Harich in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 51b Rdnr. 1; O`Sullivan in Estelmann, SGB II, § 51b Rdnr. 5 [Dezember 2016]; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 51b Rdnr. 8 [Dezember 2017] m.w.N.), und deshalb für die Frage der Vorlagepflicht von Kontoauszügen hierauf abzustellen ist.
33 
Nach § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Erheben von Sozialdaten (§ 67 Abs. 5 SGB X) durch in § 35 SGB I genannte Stellen zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies ist hier der Fall, soweit die Einnahmeseite betroffen ist. Wie oben bereits zu § 65 SGB I ausgeführt, ist die Vorlage der Kontoauszüge (ebenso wie die Kenntnis sämtlicher Konten) erforderlich, um die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit des Grundsicherungsempfängers zu ermitteln und zu überprüfen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 23).
34 
Allerdings gilt dies nach der Rechtsprechung des BSG nicht in vollem Umfang für die Ausgabenseite, das heißt für die Frage, wofür der Grundsicherungsempfänger seine begrenzten Mittel verwendet (zum Folgenden BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 24).Nach § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X ist für besondere Arten personenbezogener Daten gesondert zu prüfen, ob deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. § 67 Abs. 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Grundsicherungsträgers – Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit (vgl. § 1 Abs. 3 SGB II) – ist es nicht erforderlich, dass dieser Kenntnis über das Ausgabeverhalten der Grundsicherungsempfänger in den in § 67 Abs. 12 SGB X genannten Bereichen erlangt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Adressaten/Empfänger der Zahlungen. Geht etwa aus den Empfängerangaben hervor, dass der Grundsicherungsempfänger Beiträge an eine politische Partei, Gewerkschaft oder Religionsgemeinschaft überweist, so ist die Kenntnis der jeweils begünstigten Partei, Religionsgemeinschaft etc. für die Aufgaben des Grundsicherungsträgers grundsätzlich irrelevant. Allerdings muss im Hinblick auf die Regelungen in § 31 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, § 34 SGB II, die Sanktionen und Ersatzansprüche bei unwirtschaftlichem Verhalten des Hilfebedürftigen vorsehen, gewährleistet bleiben, dass die vom jeweiligen Grundsicherungsempfänger überwiesenen Beträge der Höhe nach erkennbar bleiben. Geschützt ist mithin nur die Geheimhaltung des Verwendungszwecks bzw. des Empfängers der Überweisung, nicht deren Höhe. Würde sich aus den insoweit geschwärzten Kontoauszügen eines Leistungsempfängers ergeben, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen werden, so ist im Nachfolgenden jeweils im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit ausnahmsweise nicht doch eine Offenlegung auch des bislang geschwärzten Adressaten gefordert werden kann.
35 
Die Pflicht zur Vorlage der Kontoauszüge erschöpft sich – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht darin, diese dem zuständigen Sachbearbeiter zur ad-hoc-Einsicht vorzulegen, sondern – nur dies ist zwischen den Beteiligten streitig – umfasst auch die Pflicht, die Kontoauszüge oder Kopien derselben (ggf. mit den oben dargestellten zulässigen Schwärzungen) dem Leistungsträger zu überlassen (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 14. November 2013 – L 7 AS 579/13 B ER – juris Rdnr. 17 ff.; LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 16 ff.; LSG Bayern v. 15. September 2015 – L 16 AS 523/15 B ER – juris Rdnr. 28; vgl. auch BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 4 AS 449/16 B – juris Rdnr. 7; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2015 – L 31 AS 2974/14 – juris Rdnr. 18 ff.). Die entsprechende Speicherung von Sozialdaten beruht auf § 67c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern von Sozialdaten zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit liegenden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Gemäß § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X dürfen diese Daten auch für andere Zwecke gespeichert werden, wenn sie für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs erforderlich sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn der Leistungsträger ist verpflichtet, die Kontoauszüge zur Akte zu nehmen. Er ermittelt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die ihm dabei zur Kenntnis gelangten Tatsachen hat er aktenkundig zu machen. Dies folgt auch aus dem Gebot der Aktenvollständigkeit. Bei Rechtsvorgängen, die sich – wie der Bezug von Sozialleistungen – meist über längere Zeit erstrecken, ist die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das zukünftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2 zur Ausländerakte; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 10 zum Melderecht). Erst derartige schriftliche Akten gestatten der vollziehenden Gewalt eine fortlaufende Kenntnis aller für sie maßgeblichen Umstände ohne Rücksicht darauf, ob aus innerorganisatorischen Gründen oder wegen der Zuständigkeitsbegründung einer anderen Behörde ein neuer Bediensteter, der kein eigenes Wissen über die Vorgeschichte besitzt, mit der Bearbeitung der Sache betraut wird (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2). Zudem können Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen und vollständigen Aktenführung zu einer Umkehr der Beweislast führen (Oberverwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 18. Dezember 2013 – S3 A 205/12 – juris Rdnr. 81 m.w.N.).
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Die Pflicht zur Aktenführung soll den Geschehensablauf wahrheitsgetreu und vollständig dokumentieren und dient damit in zweifacher Weise der Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 11 – auch zum Folgenden). Die Dokumentation soll den Geschehensablauf so, wie er sich ereignet hat, in jeder Hinsicht nachprüfbar festhalten. Sie soll hierbei nicht lediglich den Interessen der Beteiligten oder der entscheidenden Behörde dienen, sondern auch die Grundlage für die kontinuierliche Wahrnehmung der Rechts- und Fachaufsicht und für die parlamentarische Kontrolle des Verwaltungshandelns bilden. Damit wirkt die Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung zugleich auch präventiv insofern auf das Verwaltungshandeln ein, als sie die Motivation zu allseits rechtmäßigem Verwaltungshandeln stärkt und rechtswidriges Verwaltungshandeln erschwert. Diese Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns durch wahrheitsgetreue und vollständige Aktenführung dient auch dem Schutz derjenigen Beteiligten, deren persönliche Daten in den Akten festgehalten sind und über die die Akten gegebenenfalls Nachteiliges oder Belastendes auch enthalten; sie werden durch die wahrheitsgetreue und vollständige Dokumentation des Geschehensablaufs in der dargelegten Weise vor nicht rechtmäßigem Verwaltungshandeln geschützt.
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Die Pflicht zur Führung wahrheitsgetreuer und vollständiger Akten kann ihre präventive und ihre nachträgliche Sicherungsfunktion nur entfalten, wenn die Akten so lange aufbewahrt werden, dass sie ihre Nachweisfunktion im Bedarfsfall tatsächlich erfüllen können (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 12 – auch zum Folgenden). Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass sie zur Vermeidung von Verletzungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung schon dann vernichtet werden müssten, wenn kein Beteiligter mehr aktuelle Ansprüche gegen die Behörde erheben und diese die Akten nicht mehr zur Grundlage von aktuellen Maßnahmen gegen einen Beteiligten oder zugunsten eines Beteiligten machen könnte.
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Die Aktenführung liegt damit zugleich im wohlverstandenen Interesse des betroffenen Einzelnen, der nur auf der Grundlage möglichst vollständiger Erfassung aller rechtlich erheblichen Tatsachen seinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf angemessene Behandlung seiner Angelegenheit durch die zuständigen Behörden – und gegebenenfalls durch die Gerichte – mit Erfolg geltend machen kann (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 2). Ist – wie hier – die Datenerhebung rechtmäßig, so kann Rechtsfolge nur die Aufnahme der erlangten Kenntnisse in die Akten sein (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 3). Denn die Leistungsakten sind, wie schon erwähnt, die Grundlage allen weiteren behördlichen Handelns und müssen daher vollständig sein, soll die Behörde ihrer aus der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität nachkommen können (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 3). Die Pflicht der Behörden zur vollständigen Aktenführung steht auch die Entfernung aus den Akten entgegen, wenn sie erst einmal rechtmäßig dort hingelangt sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 – 2 BvR 244/83 u.a. – juris Rdnr. 4).
39 
Dies folgt im vorliegenden Kontext auch aus folgenden Gesichtspunkten: Die Kontoauszüge bilden nicht nur die Grundlage für den Erlass des den Leistungsantrag bescheidenden Verwaltungsaktes; schon deshalb wäre die Aufbewahrung mindestens bis zum Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes bzw. der Bestandskraft des Bescheides, falls dieser Zeitpunkt erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes eintritt, erforderlich. Eine lediglich kurze Einsichtnahme würde die sorgfältige Prüfung ohnehin nicht ermöglichen (LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 19). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass in der Vergangenheit die Leistungsbewilligungen wegen des schwankenden Einkommens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit nur vorläufig erfolgt sind, also auch nach Bestandskraft des Bescheides schon wegen ihrer Vorläufigkeit unter dem Vorbehalt der Überprüfung stehen (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 SGB III; seit dem 1. August 2016 § 41a SGB II). Mit Blick auf die Möglichkeit, auch bestandskräftige Bescheide nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X zu überprüfen und diese Überprüfung ggf. auch einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen, reicht die Notwendigkeit, die Kontoauszüge in den Akten zu belassen, in zeitlicher Hinsicht aber noch darüber hinaus (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 21). Eine Vernichtung von Akten kann deshalb nur für einen Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, in dem mit Sicherheit feststeht, dass die Akten ihre die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sichernde Dokumentationsfunktion nicht mehr erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 – 1 B 153/87 – juris Rdnr. 13). Ob und wann (LSG Bayern, Beschluss vom 21. Mai 2014 – L 7 AS 347/14 B ER – juris Rdnr. 21, und LSG Bayern, Beschluss vom 15. September 2015 – L 16 AS 523/15 B ER – juris Rdnr. 28, verweisen auf den Zeitraum von zehn Jahren für Ersatzansprüche nach §§ 34, 34a SGB II und die Erbenhaftung gemäß § 35 SGB II; kritisch dazu Ziebarth, NZS 2015, 569 [571 f.]) ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus der Akte besteht, muss der Senat hier nicht entscheiden; entgegen der Darstellung des Klägers besteht hierfür mit § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X aber grundsätzlich eine Anspruchsgrundlage.
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Ob der Umstand, dass der Beklagte den Kläger in den Mitwirkungsaufforderungen nicht auf die grundsätzliche Möglichkeit der Schwärzung bestimmter Angaben (siehe oben) hingewiesen hat, zur Rechtswidrigkeit der Aufforderung führt, hat das BSG ausdrücklich offengelassen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 28). Es kann auch im vorliegenden Verfahren dahinstehen, denn der Kläger hat sich von vornherein grundsätzlich geweigert, die Kontoauszüge bzw. Kopien derselben dem Beklagten zu überlassen; es ging ihm gerade nicht um den Schutz konkreter Daten (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rdnr. 28).
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(2) Der Kläger ist seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er hat bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2016 die verlangten Kontoauszüge nicht vorgelegt. Es ist dem Kläger möglich und zumutbar, die Kontoauszüge oder Kopien derselben dem Beklagten per Post zu übersenden oder selbst vor Ort in den Briefkasten des Beklagten zu werfen; eine persönliche Vorsprache und entsprechend eine Terminvereinbarung ist hierfür nicht notwendig. Auf die Frage, ob der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach Erlass des Widerspruchsbescheides nachgekommen ist, kommt es nicht an. Für die Beurteilung der angefochtenen Bescheide kommt es im Rahmen der vorliegenden, allein zulässigen isolierten Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 SB 3/13 R – juris Rdnr. 19; Urteil des Senats vom 22. September 2016 – L 7 AS 3613/15 – juris Rdnr. 23 m.w.N.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 – L 10 AS 97/09 – juris Rdnr. 45; LSG Bayern, Beschluss vom 28. Juli 2015 – L 16 AS 118/15 – juris Rdnr. 28). Im Übrigen hat der Kläger aber auch wiederholt – auch im Berufungsverfahren – geäußert, dass er zur Vorlage der Kontoauszüge nicht bereit sei, sondern nur zur Einsichtnahme durch den Beklagten ohne die Möglichkeit, die Kontoauszüge oder Kopien derselben zur Akten zu nehmen.
42 
(3) Der Beklagte hat auch das bei einer Entscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I auszuübende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Ausführungen zur Ermessensausübung sind zwar knapp gehalten. Sie lassen aber hinreichend erkennen, dass sich der Beklagte bewusst war, Ermessen ausüben zu müssen (vgl. Urteil des Senats vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 2952/16 – n.v.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. März 2010 – L 12 AS 15/08 – juris Rdnr. 59), so dass dahinstehen kann, ob sogar von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X erforderliche Darlegung von Ermessensgesichtspunkten in einem Ermessensverwaltungsakt kein Selbstzweck ist, sondern voraussetzt, dass ernsthafte Ermessenserwägungen auch anzustellen waren, was in Fällen der vorliegenden Art gerade nicht der Fall ist (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 – L 10 AS 97/09 – juris Rdnr. 66). Der Beklagte konnte mangels Mitwirkung des Klägers nicht feststellen, ob dieser hilfebedürftig ist. Auch ein alternativer Weg, das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit zu überprüfen, kam nicht in Betracht. Gesichtspunkte, die im Rahmen der Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen wären, sind damit nicht erkennbar (vgl. Urteil des Senats vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 2952/16 – n.v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 – L 13 AS 170/13 – juris Rdnr. 22). Insbesondere hat der Kläger außer seiner Rechtsauffassung zum Umfang seiner Mitwirkungspflichten auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen ihm die verlangte Mitwirkung nicht zuzumuten sei.
43 
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Bl. 179 der Akten des Beklagten. Der Kläger hat behauptet, dass in den dort zur Akte genommenen Dienstanweisungen der Beklagten angeordnet werde, dass die Kontoauszüge nur vorzulegen seien und dies durch Vermerk zu bestätigen sei, aber nur im Ausnahmefall Kopien anzufertigen seien. Indes handelt es sich bei der insofern in Bezug genommenen Tabelle entgegen der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht um eine Dienstanweisung des Beklagten, sondern um eine vom Kläger selbst im Verwaltungsverfahren vorgelegte Tabelle, bei der es sich nach seiner damaligen Darstellung (Schreiben vom 28. September 2016) um Empfehlungen des Bundesdatenschutzbeauftragen handelt. Hierbei handelt es sich freilich lediglich um Meinungsäußerungen, die den Ermessensspielraum des Beklagten nicht berühren.
44 
c) Schließlich begegnet die Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch für die Speicherung der Kontoauszüge in den Akten; hiervon ist auch das BSG in seinem Urteil vom 19. September 2008 (B 14 AS 45/07 R – juris) ausgegangen (so ausdrücklich BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 4 AS 449/16 B – juris Rdnr. 7). Zwar liegt in der Statuierung einer solchen Pflicht ein Eingriff in das sog. Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht als Element des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (kritisch zu dieser normtextlichen Zuordnung etwa Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 [Juli 2001] Rdnr. 128; Höfling in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 1 Rdnr. 68) verortet (BVerfGE 65, 1 [41 ff.]; seither ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerfGE 80, 367 [373]; 100, 313 [358 f.]; siehe auch Hufen in Festschrift 50 Jahre BVerfG, Band 2, 2001, S. 105 [116 ff.]; Murswiek/Rixen in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 2 Rdnr. 72 f.) und das das Recht des Bürgers umfasst, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst zu bestimmen (BVerfGE 80, 367 [373]; BVerwGE 84, 375 [378]).
45 
Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt nicht schrankenlos (BVerfGE 80, 367 [373]). Der einzelne hat kein Recht im Sinne einer absoluten uneinschränkbaren Herrschaft über „seine“ Daten (BVerwGE 84, 375 [379]). Eingriffe in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Rechte sind vielmehr im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, das heißt hier aufgrund der Gesamtheit aller formell und materiell verfassungsmäßigen Normen zulässig (ständige Rechtsprechung, siehe nur BVerfGE 90, 145 [171 f.]; BVerwGE 84, 375 [379]; Höfling in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 2 Rdnr. 67 [2000]), so dass letztlich ein einfacher Gesetzesvorbehalt vorliegt (Höfling in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 2 Rdnr. 69 [2000]). § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I und § 67a Abs. 1 Satz 1, § 67c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X stellen solche, formell und materiell verfassungsmäßige Normen dar, die damit taugliche Schranken des informationellen Selbstbestimmungsrechts sind.
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Freilich muss die Anwendung der Normen ihrerseits dem Übermaßverbot standhalten, also verhältnismäßig sein (zu diesem Grundsatz etwa Schlink in Festschrift 50 Jahre BVerfG, Bd. 2, 2001, S. 445 ff.). Der Betroffene muss Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, die durch überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind (BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3 m.w.N.) Es ist aber bereits im Kontext der einfachrechtlichen Situation dargelegt worden, dass die Vorlage der Kontoauszüge ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Erreichung eines legitimen Zweckes ist. Die Vorlagepflicht ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, weil sie für den Kläger auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Stellenwertes seiner Rechtsposition zumutbar ist. Das Ziel, von der Allgemeinheit finanzierte Leistungen nur an wirklich Hilfebedürftige auszuzahlen und die Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs stellen ein überwiegendes Allgemeininteresse (BVerfGE 80, 367 [373]) dar (vgl. BVerfGE 118, 168 [196]; BVerwGE 67, 163 [168]). Die Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen ist ein bedeutsamer Gemeinwohlbelang (BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3). Es widerspricht nämlich dem Gedanken des sozialen Rechtsstaates, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, mangels genügender Kontrolle auch in Fällen in Anspruch genommen werden können, in denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt (BVerfGE 9, 20 [35]; BVerfG, Beschluss vom 13. August 2009 – 1 BvR 1737/09 – juris Rdnr. 3). Will jemand aus Steuermitteln finanzierte öffentliche Leistungen ohne eigenes Leistungsäquivalent erhalten, müsste er daher auch schwerwiegendere Eingriffe in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht dulden, ohne dass dies gegen Verfassungsrecht verstößt. Die bloße Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen berührt aber bei weitem nicht den Kern der Intimsphäre, sondern stellt einen eher leichten Eingriff in den grundrechtlich geschützten Schutzbereich im Bereich der (bloßen) Privatsphäre dar (vgl. zu der vom BVerfG regelmäßig vorgenommen Unterscheidung zwischen Intim-, Privat- und Sozialsphäre [„Sphärentheorie“] Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 [Juli 2001], Rdnr. 157 ff. m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat sogar Tagebuchaufzeichnungen, die einen weitaus größeren privaten Charakter als Kontoauszüge haben, nicht dem „unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung“ zugeordnet (BVerfGE 80, 367 [374 f.]).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
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4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

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(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67 Begriffsbestimmungen


(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freie

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 65 Grenzen der Mitwirkung


(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus eine

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 34 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten


(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grun

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 41a Vorläufige Entscheidung


(1) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist vorläufig zu entscheiden, wenn1.zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Ans

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67a Erhebung von Sozialdaten


(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der bes

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 51b Verarbeitung von Daten durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 84 Recht auf Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Widerspruch


(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 34a Ersatzansprüche für rechtswidrig erbrachte Leistungen


(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67c Zweckbindung sowie Speicherung, Veränderung und Nutzung von Sozialdaten zu anderen Zwecken


(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzb

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 22. März 2018 - L 7 AS 2969/17 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 22. März 2018 - L 7 AS 2969/17 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 22. Sept. 2016 - L 7 AS 3613/15

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.Der Beklagte hat die außerg

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Bundessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - B 9 SB 3/13 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

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bei uns veröffentlicht am 28.03.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

11

a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

12

b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

13

Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

16

Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

17

Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

19

2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger zu Angaben über seine voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit verpflichtet ist.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist seit Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbstständig. Bei der Antragstellung für den Leistungszeitraum ab Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, die "Anlage EKS" (Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Landwirtschaft im Bewilligungszeitraum) auszufüllen. In dem genannten Vordruck sind von den Antragstellern jeweils monatliche aufzuschlüsselnde Auskünfte mit zahlreichen Unterangaben zu den voraussichtlichen Betriebseinnahmen, Angaben zu den Betriebsausgaben und Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind sowie zu Absetzungsmöglichkeiten abzugeben und entsprechende Nachweise zu erbringen.

3

Der Kläger hat am 30.4.2009 Klage erhoben und neben einem zunächst verfolgten Leistungsbegehren ua die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, voraussichtliche Einkommens- und Ausgabenschätzungen laut "EKS" für den Zeitraum eines halben Jahres im Voraus vorzunehmen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, bei künftigen Leistungsbewilligungen hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens sicherzustellen, dass ihm aus bewilligter Regelleistung und Einkommen monatlich mindestens ein Betrag in Höhe der tatsächlichen Regelleistung zur Verfügung bleibe. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, ihm Auskunft darüber zu erteilen, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden Einkommen und Ausgaben (sinnvoll) prognostiziert werden könnten.

4

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.9.2010 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Hauptanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger ohne Weiteres etwaige ihn belastende Entscheidungen des Beklagten abwarten und hiergegen vorgehen könne. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, weil der insoweit als Verpflichtungsklage auf Auskunftserteilung zu verstehenden Klage kein Verwaltungs- und auch kein Vorverfahren vorausgegangen sei.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 7.7.2011 zurückgewiesen. Es hat die Berufung für unbegründet gehalten, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen noch auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung zustehe. Bei der Einkommens- und Ausgabenschätzung nach "EKS" handele es sich um eine dem Hilfebedürftigen zumutbare Mitwirkungshandlung. Hinsichtlich des Einkommens aus selbstständiger Arbeit sei eine Einkommensprognose für den Bewilligungszeitraum erforderlich. Diese obliege zunächst dem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. § 65 SGB I stehe dem nicht entgegen, weil die Angaben auf der Grundlage eines Mindestmaßes an betrieblicher Planung gemacht werden könnten. Soweit der Kläger begehre, dass der Beklagte sicherzustellen habe, dass bewilligte Regelleistungen und Einkommen monatlich mindestens einen Betrag in Höhe der Regelleistung ergäben, stehe ihm ein Feststellungsinteresse nicht zur Seite. Zwar könne die von der Alg II-V vorgegebene Vorgehensweise dazu führen, dass aufgrund der Teilung des prognostizierten Gesamteinkommens durch die Anzahl der Monate in einzelnen einkommensschwachen Monaten die Summe aus Einkommen und bewilligter Leistung hinter der Regelleistung zurückbleibe. Soweit die Einkommensschwankungen nicht erheblich seien, sei dies hinnehmbar. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers könne es insoweit schon deshalb nicht geben, weil die Leistungen im Voraus erbracht werden sollten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.

6

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I und weiterer Vorschriften verfassungsrechtlicher, materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Es handele sich bei der Einkommensschätzung um eine Bewertung von Tatsachen, also um Werturteile. § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I könne deshalb nicht angewandt werden. Es sei auch die Erheblichkeit der Angaben zu künftigen Einnahmen zu verneinen, weil es an der Erforderlichkeit der Angaben fehle. Hinsichtlich des Hilfsantrags werde eine Verletzung der §§ 14, 15 SGB I gerügt. Zur Begründung des auf Feststellung der Sicherstellung des Existenzminimums gerichteten Begehrens macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint.

7

Der Kläger beantragt,

        

1.    

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Leipzig vom 9. September 2010 und des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 festzustellen, dass der Revisionskläger bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet sei, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen,

                 

hilfsweise,

                 

den Revisionsbeklagten unter Aufhebung der genannten Urteile zu verurteilen, dem Revisionskläger Auskunft darüber zu geben, ihn dazu zu beraten, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden er Einkommen und Ausgaben aus Anwaltstätigkeit gemäß Formular "EKS" für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus sinnvoll prognostizieren könne,

        

2.    

unter Aufhebung der genannten Urteile festzustellen, dass der Revisionsbeklagte verpflichtet sei, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Revisionskläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistungen und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass vom Kläger nicht mehr gefordert werde, als von jedem anderen einkommenserzielenden Leistungsempfänger auch.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Hinsichtlich des zu 1. gestellten Antrags konnte der Kläger sein Begehren zwar zulässig im Wege der Feststellungsklage verfolgen, die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Ferner ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag zu 2., weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

12

1. a) Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) mit dem Antrag, der Revisionskläger sei bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen, ist zulässig. Ihr steht hinsichtlich des fraglichen Feststellungsantrags insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Aus dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren Grundsatz der Subsidiarität folgt die Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber der Leistungs- und Anfechtungsklage (BSG vom 30.10.1980 - 8a RU 96/79 - BSGE 50, 262, 263 = SozR 2200 § 28 Nr 4; BSG vom 20.5.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - SozR 3-1500 § 55 Nr 12). Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings im Einzelfall insbesondere aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit Ausnahmen zugelassen, wenn durch eine gegen eine Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage ein Streit im Ganzen beseitigt werden kann. Die Verhältnisse des vorliegenden Falls rechtfertigen eine derartige Ausnahme. Zwar könnte der Kläger gegen einen wegen einer Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten nach § 66 SGB I erteilten Versagensbescheid des Beklagten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bzw der reinen Anfechtungsklage vorgehen(vgl zur Abgrenzung der Klagearten BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 78/08 R -, BSGE 104, 26, 29 = SozR 4-1200 § 66 Nr 5), jedoch ist eine Klärung des Umfangs seiner Mitwirkungsobliegenheit auf diesem Wege mit Rücksicht darauf, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, für den Kläger nicht zumutbar. Zudem ist bereits durch eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren eine Klärung für zukünftige Bewilligungszeiträume zu erwarten.

13

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB I gehalten, Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum unter Verwendung des Vordrucks "EKS" in dem durch den Vordruck vorgesehenen Umfang zu machen.

14

aa) Nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Mitwirkungsobliegenheiten Anwendung finden (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

15

Bei den dem Kläger abverlangten Angaben zu seinen Einkünften im Bewilligungszeitraum handelt es sich um Tatsachen im Sinne der Norm. Dies folgt aus dem Zweck der Regelung und ihrem systematischen Zusammenhang. Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Begriff der Tatsachen umfasse (nur) konkrete Umstände in der Vergangenheit und Gegenwart (Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 27, Stand 12/10; zutreffend dagegen Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB I/SGB IV/SGB X, 2012, § 60 SGB I Rz 19: … Vorgänge in der Vergangenheit und Zukunft …), wird dies dem dargelegten Konzept der Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht. Vielmehr ist der Begriff der "Tatsachen" iS von § 60 Abs 1 S 1 SGB I bereichsspezifisch zu konkretisieren.

16

Der Zweck der in § 60 Abs 1 S 1 SGB I geregelten Obliegenheiten ist darauf gerichtet, dem Sozialleistungsträger Kenntnis von denjenigen Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für eine Entscheidung über die Bewilligung, Änderung, Entziehung oder Erstattung einer Sozialleistung bilden(Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 60 Rz 18; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 26, Stand 12/2010). Der Verpflichtung zur Angabe von entscheidungserheblichen Tatsachen kommt hierbei die Funktion zu, den Leistungsträger überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen. Insoweit bildet die Erheblichkeit der Tatsachen für die Entscheidung über eine Leistungsgewährung sowohl die sachliche Rechtfertigung als auch die Begrenzung der genannten Mitwirkungsobliegenheiten. Erheblich sind Tatsachen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen einer anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Hierbei belässt die Norm die Verantwortlichkeit für die Feststellung der maßgebenden Tatsachen ungeachtet der Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - ohne jegliche Einschränkungen dem zuständigen Leistungsträger.

17

Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) Einkommen zufließt, denn die Erzielung von Einkommen führt gegebenenfalls zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II). Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 mwN). Da das BSG die Abgrenzung von Vermögen und Einkommen anhand des Zuflusses der jeweiligen Leistung vornimmt, müssen - modifiziert durch das sog Monatsprinzip - zur Berücksichtigung von Einkommen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung zwangsläufig Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die in der Zukunft liegen (Bayerisches LSG vom 30.7.2010 - L 7 AS 12/10 - veröffentlicht in juris). Insoweit gilt für andere Umstände - zB die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten -, die im Bewilligungszeitraum einem Wandel unterliegen können, nichts anderes. Der Umstand, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller während des Bewilligungszeitraums voraussichtlich Einkommen zufließen wird, ist bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung entscheidungserheblich. Dies gilt auch für eine vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III. Denn auch bei einer vorläufigen Entscheidung müssen Leistungen - ohne vorsorglichen Abschlag - regelmäßig in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein werden (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34). Es handelt sich bei den Angaben zur finanziellen Situation während des Bewilligungszeitraums folglich um Tatsachen, die für die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erheblich sind.

18

Die Obliegenheit zur Angabe von Tatsachen nach Maßgabe des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I wird systematisch durch diejenige in § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I ergänzt, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Obliegenheit dient in erster Linie dazu, die Grundlage für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung durch den Sozialleistungsträger nach § 48 SGB X zu schaffen. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist die Befugnis zur Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ua bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eröffnet. Bei der Anwendung dieser Norm umfasst die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 RdNr 18, Stand 12/12). In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des BSG zwar anerkannt, dass - soweit objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht - die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung der Leistungen zu verneinen sind (BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen nicht um die Mitteilung von Tatsachen handele. Folgerichtig bleibt Maßstab der Überprüfung von Aufhebungsentscheidungen bei einer endgültigen Leistungsbewilligung § 45 oder § 48 SGB X(BSG vom 21.6.2011, aaO). Unterlässt der zur Mitwirkung Verpflichtete schuldhaft eine entsprechende Mitteilung nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I, so berechtigt dies den Leistungsträger zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.

19

Im Übrigen ergibt sich keine andere Beurteilung daraus, dass die Höhe der Einkünfte selbstständig Tätiger vielfach in größerem Umfang mit Unsicherheiten behaftet sind, als dies zB für Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Einkünften aus abhängiger Beschäftigung angenommen werden kann. Insoweit ändert das Ausmaß der Unsicherheit nichts daran, dass der Antragsteller am ehesten zu verlässlichen Angaben über seine voraussichtlichen finanziellen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum in der Lage sein wird und eine Verwaltungsentscheidung ohne seine Mitwirkung praktisch nicht vollziehbar ist.

20

bb) Schließlich stehen der hier in Frage stehenden Mitwirkungsobliegenheit nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen. Insbesondere liegt keine Verletzung der in § 65 Abs 1 Nr 1 SGB I für die Mitwirkungsobliegenheiten niedergelegten spezifischen Maßgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor. Hiernach bestehen die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht. Es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen dieser Regelung sind die Grenzen der Mitwirkung im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation durch eine Abwägung von Art und Umfang der Sozialleistung einerseits und des für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erforderlichen Aufwands des Mitwirkungsverpflichteten andererseits zu konkretisieren (Joussen in KSW, 2. Aufl 2011, § 54 Rz 4; Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 60 Rz 14). In vergleichbarem Zusammenhang hat bereits der 14. Senat des BSG bei der Frage der Zumutbarkeit einer Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch Vorlage von Kontoauszügen auf die Besonderheiten der SGB II-Leistungen hingewiesen, da es sich um Anforderungen im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems handelt, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

21

Ferner hält sich die hier in Frage stehende Mitwirkungshandlung innerhalb der durch die einschlägigen Regelungen gezogenen Grenzen. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt nach Maßgabe des § 3 Alg II-V(idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011, BGBl I 2833). Hiernach sind Ausgangspunkt für die Berechnung die tatsächlich zufließenden Betriebseinnahmen, die nach Maßgabe des § 3 Abs 2 Alg II-V und des § 11b SGB II in Abkehr der bis 31.12.2007 geltenden steuerrechtlichen Betrachtung zu bereinigen sind (zur Berechnung s Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 13 Rz 190 ff, Stand XI/12). Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Ausgaben sieht § 3 Abs 3 Alg II-V die Abzugsfähigkeit begrenzende zusätzliche Prüfungen vor. Die von selbstständig Tätigen in der Anlage EKS zu tätigenden Angaben entsprechen diesem komplexen normativen Prüfprogramm. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angesichts des Ziels der ab 1.1.2008 für selbstständig Tätige geltenden Regelungen, höhere Einsparungen bei den passiven Leistungen zu erzielen, der hieraus erwachsende Aufwand diesen Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ergänzend durch eine steuerfinanzierte Sozialleistung sicherstellen will, unverhältnismäßig belasten würde.

22

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Beratungs- bzw Auskunftsanspruches nach § 14 SGB I(vgl zur Geltendmachung des Beratungsanspruchs Knecht in Hauck/Noftz, SGB I, § 14 RdNr 19, Stand 6/10; Mönch-Kalina, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 40), den der Kläger hinsichtlich der Art und Weise der Ausfüllung der Anlage EKS gegen den Beklagten geltend macht, im Falle der Ablehnung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (so zur Auskunft nach § 15 SGB I: BSG vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9; zur Auskunft nach § 83 SGB X BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 27), sodass nicht die reine Leistungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart wäre.

23

Unabhängig von der hier einschlägigen Klageart ist für die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Klage, die auf Auskunft hinsichtlich der Ausfüllung der dem Kläger in der Anlage EKS abverlangten Angaben gerichtet ist, jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzverhältnis fehlt es, weil der Kläger vor der Klageerhebung nicht mit einem auf eine konkrete Fragestellung abzielenden Auskunftsbegehren an den Beklagten herangetreten ist. Eine derartige Konkretisierung ist im Übrigen auch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt. Eine vorherige Befassung des Beklagten mit einem konkreten Begehren ist auch nicht entbehrlich, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger keine Hinweise zur Überwindung von konkreten Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des Vordrucks geben würde.

24

3. Das im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Begehren, der Revisionsbeklagte sei verpflichtet, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Kläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistung und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe, ist unzulässig. Hinsichtlich dieses Begehrens ist der Kläger auf die vorrangige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen.

25

Insoweit obliegt es zunächst wiederum dem Kläger, Änderungen gegenüber der bei Antragstellung getätigten Angaben gemäß § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I unverzüglich mitzuteilen. In der Folge steht ihm, soweit eine zeitnahe Umsetzung durch den Beklagten nicht erfolgt, die Möglichkeit offen, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (zur reduzierten Ermessensbetätigung hinsichtlich der Höhe einer vorläufigen Leistung bei selbstständig Tätigen mit Rücksicht auf ihren existenzsichernden Charakter s BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 04.04.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Versagung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.09.2016.

Die Klägerin bezog Alg II und beantragte am 02.09.2016 die (Weiter-)Bewilligung für die Zeit ab 01.09.2016. Auf ihre Bitte hin bot der Beklagte ihr Termine zur Abgabe des Antrages samt Vorlage der Kontoauszüge für die letzten vier Wochen für den 22.09.2016, 27.09.2016 und 06.10.2016 an. Die Klägerin erschien zu den angebotenen Terminen nicht, sie sei krank. Mit Schreiben vom 20.10.2016 forderte der Beklagte die Klägerin zur Mitwirkung bis spätestens 06.11.2016 auf. Es fehlten Antragsunterlagen und u.a. seien Kontoauszüge - wegen der zwischenzeitlich abgelaufenen Zeit - für die Zeit von August 2016 bis 20.10.2016 zur Einsichtnahme vorzulegen. Bei Nichtvorlage könnten Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt werden. Am 30.10.2016 bat die Klägerin erneut um einen persönlichen Termin für die Weiterbewilligung von Leistungen.

Mit Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 versagte der Beklagte die Leistungen ab 01.09.2016 ganz. Die Klägerin habe die u.a. angeforderten Unterlagen sowie die Kontoauszüge nicht vorgelegt. Dies hätte mit der Post oder durch persönliche Abgabe erfolgen können. Eine weitere Terminvereinbarung sei daher nicht erforderlich gewesen. Es lägen keine Gründe vor, die im Rahmen der Ermessensentscheidung hätten zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden können. Der Anspruch auf Leistungen könne nicht geprüft werden. Nach Abwägung des Interesses der Klägerin an Leistungen mit dem öffentlichen Interesse an der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien die Leistungen zu versagen. Die Grenzen der zumutbaren Mitwirkung seien nicht überschritten. Die erforderlichen Kenntnisse könnte sich der Beklagte nicht durch geringere Aufwendungen selbst beschaffen. Ein Ermessensfehlgebrauch sei nicht ersichtlich. Ein ernsthaftes Interesse der Klägerin an einer (noch vorzunehmenden) Einreichung der erforderlichen Antragsunterlagen sei nicht zu erkennen.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und ausdrücklich begehrt, den Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 aufzuheben. Der Beklagte hätte auf die Möglichkeit der Schwärzung von Kontoauszügen hinweisen müssen. Die Vorlage nicht geschwärzter Kontoauszüge sei mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ebenso unvereinbar wie die Erhebung von Sozialdaten „ins Blaue hinein“ im Sinne einer prophylaktischen Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen. Dies widerspreche der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2017 abgewiesen. Die Versagung der Leistungen sei gemäß § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) rechtmäßig. Die Vorlage der geforderten Unterlagen sei leistungserheblich zur Prüfung der Frage der Hilfebedürftigkeit und (auch im zeitlichen Umfang) zumutbar. Zur Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien auch die Kontoauszüge der dem Antragszeitpunkt vorausgehenden Zeit erforderlich. Die Pflicht zur Vorlage sei vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt worden (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08). Das BVerfG habe nur hinsichtlich der Frage der Hilfebedürftigkeit ein Abstellen auf vergangene Zeiträume für irrelevant erklärt. Umstände aus der Vergangenheit dürften nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichten. Eine grundsätzliche Pflicht, über die Möglichkeit der Schwärzen zu belehren, bestehe nicht, insbesondere nachdem die Klägerin aus dem ausgehändigten Merkblatt von dieser Möglichkeit wisse. Auf die Folge der Nichtmitwirkung habe der Beklagte hingewiesen, das Ermessen habe er zutreffend ausgeübt.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhobenen Berufung hat die Klägerin vorgetragen, die Vorlage nicht geschwärzter Kontoauszüge sei mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar. Das BSG habe dargelegt, dass die Beklagte auf die Möglichkeit zur Schwärzung hinweisen müsse (BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -). Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 03.07.2017 hat die Klägerin ausgeführt, sie sei auch nicht bereit, geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 04.04.2017 sowie den Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Ein am 13.11.2017 beim LSG eingegangenes Fax (Inhalt: „keine Klage“) hat weder einen Absender noch eine Unterschrift enthalten.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Das Fax vom 13.11.2017 kann weder als eindeutige Klagerücknahme ausgelegt werden noch kann es eindeutig der Klägerin zugeordnet werden.

Die von der Klägerin zuletzt allein erhobene reine Anfechtungsklage ist die zutreffende Klageart. Der Beklagte hat die Leistung nicht abgelehnt, sondern lediglich bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt. Mit der reinen Anfechtungsklage kann die Klägerin die Aufhebung der Versagung erreichen, so dass der Beklagte erneut über den Antrag auf Alg II ab 01.09.2016 zu entscheiden hat.

Die Rechtsgrundlage für die Versagung der Leistung stellt § 66 Abs. 1 SGB I dar. Hiernach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen allerdings Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese vollumfänglich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen ist. Zudem bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit (1) ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder (2) ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder (3) der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

Die Klägerin ist mit Schreiben vom 20.10.2016 zur Mitwirkung (u.a. zur Vorlage der Kontoauszüge der Zeit von August 2016 bis 20.10.2016) gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I aufgefordert worden. Zu dieser Aufforderung ist der Beklagte auch ohne besonderen Anlass berechtigt (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R - und Beschluss vom 15.07.2010 - B 14 AS 45/10 B - alle veröffentlicht in Juris).

Die Grenzen der Mitwirkung sind vorliegend dabei nicht überschritten (vgl. dazu die o.g. Rechtsprechung). Die Vorlagepflichten der Klägerin im Rahmen ihrer generellen Obliegenheitspflichten gemäß § 60 SGB I werden auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Allerdings gebietet es der Rechtsgedanke des § 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), dass der Grundsicherungsempfänger die von ihm getätigten Ausgaben nicht im vollem Umfang offen legen muss. Aus § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X ergibt sich insbesondere eine Einschränkung hinsichtlich bestimmter personenbezogener Daten, soweit deren Kenntnis für die Aufgaben des Grundsicherungsträger grundsätzlich irrelevant sind. Soweit dies beachtet wird, verstoßen die geforderten Mitwirkungspflichten nicht gegen das aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz herzuleitende Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O., Urteil vom 19.02.2009 a.a.O., wobei das BVerfG die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 19.02.2009 nicht zur Entscheidung angenommen hat). Datenschutzrechtliche Regelungen stehen daher einer Anforderung der Kontoauszüge vorliegend nicht entgegen. Allerdings kann die Klägerin Teilbereiche der vorzulegenden Kontoauszüge schwärzen (§ 67 Abs. 12 SGB X). Hierauf hat der Beklagte in seiner Aufforderung zur Mitwirkung vom 20.10.2016 nicht hingewiesen. Ob ein solcher Hinweis den Bescheid rechtswidrig macht, hat das BSG (Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.) offen gelassen und kann auch hier offen bleiben, denn es genügt, dass die Klägerin von der Möglichkeit der Schwärzung Kenntnis hat. Wenn diese Kenntnis - wie vorliegend ausnahmsweise - nachweisbar vorhanden ist, bedarf es (wohl) keines zusätzlichen Hinweises zur Schwärzung, denn der Gesetzgeber hat eine solche Belehrungspflicht - vergleichbar einer Rechtsfolgenbelehrung - nicht gesetzlich verankert. Hat der Grundsicherungsempfänger nachweislich Kenntnis davon, dass es im Rahmen seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung Schwärzungen vornehmen kann, so bedarf er hierüber keines zusätzlichen Hinweises, er kann dieses Recht ausüben. Das Vorhandensein dieser Kenntnis aber bestätigte die Klägerin in ihrer Klagebegründung gegenüber dem SG. Darin spricht sie ausdrücklich an, nach der Rechtsprechung bestehe die Möglichkeit einer Schwärzung. Sie hat dies jedoch nicht zum Anlass genommen, dem Beklagten geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen oder den Beklagten auf diese Möglichkeit hin anzusprechen bzw. sich bereit zu erklären, geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen. Der Beklagte hat gegen eine Schwärzung auch keine Einwände vorgetragen. Der Klägerin geht es allerdings vielmehr - wie ganz eindeutig aus ihrer Erklärung zu Protokoll im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 03.07.2017 hervorgeht - darum, keinerlei Kontoauszüge vorzulegen, es geht ihr nicht um den Schutz konkreter Adressaten. Denn dann hätte sie trotz der Kenntnis der Möglichkeit zur Schwärzung die geschwärzten Kontoauszüge zwischenzeitlich vorlegen können. Sie hat jedoch überhaupt nicht reagiert. Damit aber möchte sie im Grundsätzlichen die datenschutzrechtliche Problematik der Vorlage von Kontoauszügen im Rahmen des SGB II klären lassen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.), zumal sie keinerlei Angaben dazu macht, ob überhaupt geheim zu haltende Positionen auf den Kontoauszügen zu finden wären. Es fehlt daher auf jeden Fall am Zusammenhang zwischen dem fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit zur Schwärzung und der Nichtvorlage der geforderten Unterlagen.

Die Klägerin ist auch gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf die Rechtsfolgen im Schreiben vom 20.10.2016 zutreffend hingewiesen worden. Der Beklagte hat das ihm zustehende und von ihm auszuübende Ermessen auch ausgeübt. Er hat dazu ausgeführt, dass er das Interesse der Klägerin an Leistungen mit dem öffentlichen Interesse an der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit abgewogen habe und keine Gründe vorlägen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden könnten. Ein überwiegendes Interesse der Klägerin gegenüber den Interessen der Allgemeinheit liege nicht vor. Der Klägerin seien mehrere Termine zur Antragsabgabe genannt worden. Sie hätte den Antrag und die Unterlagen jedoch auch per Post oder durch einfache Abgabe vorlegen können. Ein ernsthaftes Interesse der Klägerin an der Einreichung der erforderlichen Unterlagen sei nicht zu erkennen. Weitere Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung vorliegend zu berücksichtigen wären, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Gerade unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes, dass die Klägerin von vornherein nicht bereit war mitzuwirken, bestehen auch keine Bedenken gegen die Ermessensentscheidung des Beklagten (so im Ergebnis auch: BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.).

Nach alledem war somit die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die nach Satz 1 zu erhebenden Daten, die zur Nutzung für die in Absatz 3 genannten Zwecke erforderlich sind, einschließlich des Verfahrens zu deren Weiterentwicklung festzulegen.

(2) Die kommunalen Träger und die zugelassenen kommunalen Träger übermitteln der Bundesagentur die Daten nach Absatz 1 unter Angabe eines eindeutigen Identifikationsmerkmals, personenbezogene Datensätze unter Angabe der Kundennummer sowie der Nummer der Bedarfsgemeinschaft nach § 51a.

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen und an die Bundesagentur übermittelten Daten dürfen nur – unbeschadet auf sonstiger gesetzlicher Grundlagen bestehender Mitteilungspflichten – für folgende Zwecke gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt, in der Verarbeitung eingeschränkt oder gelöscht werden:

1.
die zukünftige Gewährung von Leistungen nach diesem und dem Dritten Buch an die von den Erhebungen betroffenen Personen,
2.
Überprüfungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf korrekte und wirtschaftliche Leistungserbringung,
3.
die Erstellung von Statistiken, Kennzahlen für die Zwecke nach § 48a Absatz 2 und § 48b Absatz 5 und Controllingberichten durch die Bundesagentur, der laufenden Berichterstattung und der Wirkungsforschung nach den §§ 53 bis 55,
4.
die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs nach § 52,
5.
die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch.

(4) Die Bundesagentur regelt im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene den genauen Umfang der nach den Absätzen 1 und 2 zu übermittelnden Informationen, einschließlich einer Inventurmeldung, sowie die Fristen für deren Übermittlung. Sie regelt ebenso die zu verwendenden Systematiken, die Art der Übermittlung der Datensätze einschließlich der Datenformate sowie Aufbau, Vergabe, Verwendung und Löschungsfristen von Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummern nach § 51a.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung des beklagten Jobcenters an den Kläger, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen.

2

Der am 1950 geborene Kläger bezog seit August 2008 zusammen mit seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen nach dem SGB II. Der monatliche Bedarf des Klägers betrug 563 Euro. Nach einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vom 21.6.2013 hatte der Kläger bei einem Antrag auf Rente ab dem 1.4.2013 gegenüber einer abschlagsfreien Altersrente in Höhe von 964,17 Euro mit Abschlägen von 7,2 % zu rechnen. Mit Bescheid vom 16.4.2013 forderte der Beklagte den Kläger zur Stellung eines Rentenantrags bis zum 6.5.2013 auf. Eine Altersrente, zu deren Beantragung er ab dem 63. Lebensjahr verpflichtet sei, schließe als vorrangige Leistung einen Anspruch nach dem SGB II aus. Sein Interesse an der Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II müsse im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Beantragung der Rente zurücktreten. Ermessensgesichtspunkte zugunsten des Klägers seien nicht erkennbar.

3

Am 14.5.2013 hat der Beklagte formlos für den Kläger einen Rentenantrag bei der DRV gestellt. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.4.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2013 zurück, auch eine unbillige Härte nach der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung ) liege nicht vor.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.8.2014). Die Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2014). Die angefochtene Aufforderung, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen, sei rechtmäßig. Ermessensgesichtspunkte stünden dem nicht entgegen, der Beklagte habe sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Es liege auch kein Fall einer Unbilligkeit im Sinne der UnbilligkeitsV vor.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger insbesondere eine Verletzung von § 12a iVm § 5 Abs 3 SGB II aufgrund der fehlenden bzw nicht korrekten Ermessensausübung seitens des Beklagten. Außerdem verstießen die Regelungen gegen Verfassungsrecht: Art 3 Abs 1 GG sei verletzt, weil er - der Kläger - nicht mehr unter die sogenannte 58er-Regelung gefasst werde, obwohl er keine drei Monate nach dem 1.1.2008 das 58. Lebensjahr vollendet habe. Es werde in die Eigentumsgarantie seiner Rentenanwartschaften aus Art 14 GG eingegriffen und gegen Art 12 GG verstoßen, weil er gezwungen werde, einen Rentenantrag zu stellen und damit seine Arbeitskraft nicht mehr frei verwerten könne. Schließlich habe das LSG übersehen, dass er seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet sei.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 und des Sozialgerichts Detmold vom 22. August 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2013 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und meint, sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt zu haben.

9

Die DRV hat dem Kläger ab dem 1.4.2013 eine Altersrente bewilligt, die ab dem 1.4.2013 monatlich 898,46 Euro beträgt und nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu einem Zahlbetrag von 806,37 Euro geführt hat (Bescheid der DRV vom 11.2.2015). Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wurde ruhend gestellt.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Aufforderung an den Kläger zur Rentenantragstellung rechtmäßig ist.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des SG, mit dem die Klage abgewiesen und das Urteil des LSG, durch das die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde, sowie der Bescheid des Beklagten vom 16.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2013, mit dem der Kläger zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente aufgefordert worden ist.

12

2. Gegen die genannte Aufforderung hat sich der Kläger zutreffend mit der Anfechtungsklage gewandt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Bei der vom Kläger begehrten Aufhebung der Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente handelt es sich um einen Verwaltungsakt (BSG Beschluss vom 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B - juris RdNr 5) iS des § 31 Satz 1 SGB X. Die Aufforderung setzt die allgemein für Leistungsberechtigte geltende gesetzliche Verpflichtung nach § 12a Satz 1 SGB II, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, in eine konkrete Regelung im Einzelfall des Klägers um, bis zum 6.5.2013 eine vorzeitige Altersrente, beginnend ab Vollendung seines 63. Lebensjahres, zu beantragen.

13

Die angefochtene Aufforderung ist nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X erledigt und die Anfechtungsklage ist nach wie vor zulässig. Gegen den auf den Antrag des Beklagten vom 14.5.2013 hin ergangenen Rentenbescheid vom 11.2.2015 mit einem Rentenbeginn ab 1.4.2013 hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Damit ist das Rentenverfahren nicht bestandskräftig abgeschlossen (zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei bestandskräftiger Bewilligung einer Rente vgl BSG Beschluss vom 12.6.2013 - B 14 AS 225/12 B - juris RdNr 5).

14

3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, insbesondere bedurfte es keiner echten notwendigen Beiladung der DRV nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG(vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 14).

15

4. Die angefochtene Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente stützt sich auf § 12a iVm § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II(diese und alle weiteren Vorschriften des SGB II in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850). Danach sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die hierfür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist, wobei nach § 12a Satz 2 Nr 1 SGB II bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden muss. Die SGB-Leistungsträger werden ermächtigt, Leistungsberechtigte zur Beantragung einer vorzeitigen Rente aufzufordern, und, sofern diese der Aufforderung nicht nachkommen, selbst den Antrag zu stellen.

16

Die sich aus dem gesamten Regelungszusammenhang der genannten Vorschriften ergebenden Voraussetzungen (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 17) erfüllt der Kläger, denn aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass er hilfebedürftig iS der § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II ist. Hilfebedürftig ist danach derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Hieran knüpft die Vorschrift des § 12a SGB II über vorrangige Leistungen an(siehe ausführlich BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 17). Nach Vollendung des 63. Lebensjahres gehört zu den vorrangigen Leistungen grundsätzlich auch die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge für jeden Kalendermonat einer vorzeitigen Inanspruchnahme (vgl § 77 SGB VI).

17

5. Der Bescheid des Beklagten vom 16.4.2013, mit dem der Kläger zur Rentenantragstellung aufgefordert wurde, ist formell rechtmäßig. Zwar hat der Kläger gerügt, er sei zuvor nicht ordnungsgemäß iS des § 24 SGB X angehört worden, dieser Einwand greift jedoch nicht durch. Ein möglicher Anhörungsmangel ist jedenfalls durch das durchgeführte Widerspruchsverfahren, in dem der Kläger seine Einwände vorgetragen hat, geheilt worden.

18

6. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Der Kläger ist nach § 12a SGB II verpflichtet, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen und in Anspruch zu nehmen.

19

a) Dieser Verpflichtung steht nicht die sogenannte 58er-Regelung entgegen (§ 65 Abs 4 Satz 2 SGB II), weil der Kläger nicht in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Regelung fällt. Die begünstigende Regelung des § 65 Abs 4 Satz 1 SGB II gilt nur, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte vor dem 1.1.2008 als Stichtag das 58. Lebensjahr vollendet hat, was bei dem am 3.1950 geborenen Kläger aber nicht der Fall war. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der in Bezug genommenen Rentenauskunft vom 21.6.2013 ergibt sich, dass der Kläger eine vorzeitige Altersrente mit Vollendung seines 63. Lebensjahres beanspruchen konnte. Da der Kläger sein 63. Lebensjahr am 3.2013 vollendet hat, kommt eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente mit einem Rentenbeginn - bei rechtzeitiger Antragstellung - ab dem 1.4.2013 in Betracht (§ 99 Abs 1 SGB VI).

20

Hierin liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, weil der Unterschied zwischen Beziehern von Alg II, die unter die 58er-Regelung fallen, und solchen, die nicht darunter fallen, auf eine typische Stichtagsregelung zurückzuführen ist, die dem Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung von sozialrechtlichen Begünstigungen verfassungsrechtlich eingeräumt ist (vgl nur BVerfG Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16).

21

b) Der Rechtmäßigkeit des Bescheids steht Datenschutzrecht nicht entgegen, insbesondere wird die Aufforderung nicht dadurch rechtswidrig, dass sie auf der gegen den Willen des Klägers vom beklagten Jobcenter bei der DRV angeforderten Rentenauskunft vom 21.6.2013 beruht.

22

Der Beklagte ist als gemeinsame Einrichtung gemäß § 50 Abs 1 und 2 SGB II eine verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X und gehört zu den in § 67a Abs 1 SGB X genannten Stellen des § 35 SGB I, die Sozialdaten zur Erfüllung ihrer Aufgaben erheben dürfen. Die Zulässigkeit der Datenerhebung richtet sich nach §§ 67 ff SGB X als vorrangige Regelungen iS des § 50 Abs 2 SGB II. Zwar sind gemäß § 67a Abs 2 Satz 1 SGB X die Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen selbst zu erheben. Vorliegend sind jedoch die Voraussetzungen des § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a bis c SGB X, die kumulativ vorliegen müssen(siehe Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 67a RdNr 8b bis 8d; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, § 67a RdNr 72, Stand III/02, mit Hinweis auf den Regierungsentwurf), erfüllt, sodass die Daten auch ohne Mitwirkung des Betroffenen erhoben werden durften.

23

Der Rentenversicherungsträger gehört zu den in § 35 Abs 1 SGB I genannten Stellen und ist nach § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a SGB X iVm § 69 Abs 1 Nr 1 SGB X zur Übermittlung von Daten an die erhebende Stelle, hier das beklagte Jobcenter, befugt.

24

Die Erhebung beim Betroffenen, also dem Kläger, hätte einen unverhältnismäßigen Aufwand nach § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst b SGB X erfordert. Zweck der Regelung ist das öffentliche Interesse an einem effektiven und kostengerechten Verwaltungsvollzug, entscheidend sind die Art der zu erhebenden Daten, Zeit- und Kostenaufwand beim Betroffenen und beim Dritten. Als Beispiel unverhältnismäßigen Aufwands wird angenommen, dass sich der Betroffene wegen der von ihm verlangten Angaben selbst an eine dritte Stelle wenden müsste (siehe Rombach, aaO, § 67a RdNr 81). So liegt es hier, denn ohne direkte Anfrage des Beklagten bei der DRV hätte der Kläger bei der DRV um die entsprechenden Informationen nachsuchen müssen.

25

Der Erhebung der Daten ohne Mitwirkung des Klägers stehen auch keine überwiegend schutzwürdigen Interessen iS des § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c SGB X entgegen. Die Abwägung zwischen dem Interesse der öffentlichen Stelle an der Erhebung von Daten ohne Mitwirkung des Betroffenen und dessen möglicherweise entgegenstehenden Interessen erfordert, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sein könnten. Solche ergeben sich vorliegend weder aus dem Gesamtzusammenhang des Verfahrens noch aus dem Vortrag des Klägers selbst.

26

c) Der Kläger ist zur Inanspruchnahme der Rente verpflichtet, denn diese ist iS des § 12a Satz 1 SGB II zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich. Erforderlich in diesem Sinne ist nicht nur jede Inanspruchnahme von Sozialleistungen, die Hilfebedürftigkeit nicht eintreten oder eine bestehende Hilfebedürftigkeit wegfallen lässt, sondern auch, wenn deren Dauer verkürzt bzw begrenzt oder der Höhe nach verringert wird (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 21).

27

Vorliegend führt die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit des Klägers nach dem SGB II. Insoweit ist nur auf ihn und nicht auch auf seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau abzustellen. § 12a Satz 1 SGB II bietet mit Blick auf die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente keinen Ansatz dafür, dass nicht auch insoweit nur auf den je individuellen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abzustellen ist, der das SGB II prägt(BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 32 f mit ausführlicher Begründung).

28

d) Neben der festgestellten Verpflichtung des Klägers zur Antragstellung ist diese iS des § 12a Satz 1 SGB II auch erforderlich, weil Renten aus eigener Versicherung nur auf Antrag geleistet werden(§ 99 Abs 1 SGB VI). Die angefochtene Aufforderung des Klägers zur Antragstellung ist hinreichend bestimmt, denn sie bezieht sich darauf, "einen Antrag auf eine geminderte Altersrente ab dem 63. Lebensjahr bei ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen". Die dem Kläger gesetzte Frist für die Antragstellung bei der DRV bis zum 6.5.2013 ist mit zweieinhalb Wochen unter Berücksichtigung eines Feiertags noch angemessen, zumal sich aus der Frist selbst heraus keinerlei Wirkungen ergeben, sodass auch eine relativ kurze Frist keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.

29

7. Der Verpflichtung des Klägers zur Rentenantragstellung und Inanspruchnahme steht die auf § 13 Abs 2 SGB II beruhende UnbilligkeitsV nicht entgegen, weil keiner der in ihr abschließend geregelten Ausnahmetatbestände(BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 23 mwN) vorliegt.

30

Eine Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente würde nicht zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) führen (§ 2 UnbilligkeitsV), weil der Kläger keinen Anspruch auf Alg nach dem SGB III hat. Der Kläger konnte die Altersrente nicht in nächster Zukunft abschlagsfrei in Anspruch nehmen (§ 3 UnbilligkeitsV). Abschlagsfrei in Anspruch nehmen konnte er eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 237 Abs 3 SGB VI iVm Anlage 19 zum SGB VI) und eine Altersrente für langjährig Versicherte erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze (Anhebung der Altersgrenze um vier Monate durch § 236 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Ein Zeitraum von zwei Jahren oder länger zwischen dem Beginn der vorzeitigen Inanspruchnahme mit Abschlägen nach Vollendung des 63. Lebensjahres bis zur abschlagsfreien Inanspruchnahme ist aber nicht eine bevorstehende abschlagsfreie Altersrente "in nächster Zukunft" bzw "alsbald" (vgl § 5 Abs 2 iVm Abs 1 UnbilligkeitsV; siehe auch Begründung des Referentenentwurfs zur UnbilligkeitsV, S 8, abrufbar unter http://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/unbilligkeitsverordnung.html: längstens drei Monate).

31

Schließlich greifen auch die Ausnahmebestimmungen in §§ 4 und 5 UnbilligkeitsV nicht. Weder ist der Kläger erwerbstätig iS des § 4 UnbilligkeitsV noch steht iS des § 5 UnbilligkeitsV eine Erwerbstätigkeit in nächster Zukunft bevor. Soweit der Kläger den Wunsch oder die Möglichkeit anspricht erwerbstätig sein zu wollen, stellt dies keine Erwerbstätigkeit nach § 4 UnbilligkeitsV dar. Dass der Beklagte das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht bereits in dem ursprünglichen Aufforderungsbescheid vom 16.4.2013 geprüft hat, wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit nicht aus, weil die Prüfung im Widerspruchsbescheid vom 25.7.2013 nachgeholt worden ist.

32

8. Das in Bezug auf die Verpflichtung des Klägers, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen und zu beantragen, eröffnete Ermessen hinsichtlich des "Ob" einer Aufforderung hat der Beklagte erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt. Seine Ermessensausübung ist gerichtlich nur eingeschränkt darauf zu prüfen (§ 39 Abs 1 SGB I, § 54 Abs 2 Satz 2 SGG), ob er sein Ermessen überhaupt ausgeübt, ob er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ("Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

33

a) Dass der Beklagte sein Entschließungsermessen erkannt hat, ergibt sich bereits aus den Formulierungen in dem Aufforderungsbescheid vom 16.4.2013. Dort heißt es: "Diese Aufforderung zur Antragstellung steht in meinem pflichtgemäßen Ermessen." Weiterhin wird dieses Ermessen zunächst allgemein ausgeübt, indem der Beklagte dem öffentlichen Interesse an einer Aufforderung zur Beantragung einer Rente wegen Alters den Vorrang einräumt vor dem privaten Interesse des Klägers, eine Rente wegen Alters ohne Abschläge zu erlangen. Zudem wird ausgeführt, dass keine weiteren Ermessensgesichtspunkte erkennbar seien, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers hätten berücksichtigt werden können. Auch wenn der Beklagte sich im Widerspruchsbescheid nicht mit den Argumenten des Klägers im Einzelnen auseinandergesetzt hat, kann angesichts der Hervorhebung des auszuübenden Ermessens nicht von einem Ermessensausfall oder einem Ermessensfehlgebrauch ausgegangen werden. Zudem ist nochmals herausgestellt worden, dass der Kläger mit seinem Bedarf von monatlich 563 Euro dauerhaft unabhängig von der Inanspruchnahme steuerfinanzierter Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sein werde. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die wirtschaftlichen Folgen für ihn und die Tatsache, dass er nur knapp aus dem zeitlichen Anwendungsbereich der UnbilligkeitsV herausfalle, müssten ebenso im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden, wie sein Wunsch, dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen, stellen diese Gesichtspunkte einen Widerspruch zur gesetzlichen Regelungskonzeption dar und sind vom Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden.

34

b) Andere Gründe, weshalb vom gesetzlichen Regelfall, der vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres den Vorrang vor dem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einzuräumen, abgewichen werden könnte, hat der Beklagte nicht erkennen können; sie drängen sich auch dem Senat nicht auf. Es bedurfte daher keiner weiteren Ermessenserwägungen und keiner weiteren Begründung, weil Anhaltspunkte für atypische Umstände fehlen, mit Blick auf die zu erwägen gewesen wäre, ob vorliegend vom gesetzlichen Regelfall abzuweichen ist. Insbesondere bedurfte es im maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Aufforderung keiner Erwägungen zur Höhe der zu erwartenden vorzeitigen Altersrente, weil evident war, dass diese trotz der gesetzlich vorgesehenen Rentenabschläge erheblich höher ist als der monatliche individuelle Alg II-Bedarf des Klägers und damit auch sein Bedarf nach dem SGB XII. Nach der Rentenauskunft vom 21.6.2013 würde die abschlagsfreie Altersrente 964,17 Euro betragen, während dem bei vorzeitiger Inanspruchnahme ein Rentenanspruch von 894,75 Euro nach Abschlägen gegenübersteht, was den festgestellten Bedarf des Klägers in Höhe von 563 Euro monatlich bei Weitem übersteigt. Soweit der Kläger einwendet, es seien bei der Bedarfsbemessung Unterhaltsansprüche seiner Ehefrau ihm gegenüber nicht berücksichtigt worden, verkennt er, dass es bei dem Vergleich nur um seinen eigenen Bedarf und die eigenen Rentenansprüche geht (siehe dazu oben unter 6. c).

35

c) Hinzu kommt, dass eine isolierte Betrachtung der Höhe des Leistungsanspruchs nach dem SGB II oder SGB XII und der Höhe der vorrangigen Sozialleistung ohnehin nicht geeignet ist, eine Unzumutbarkeit ihrer Inanspruchnahme aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu begründen, weil § 12a Satz 1 SGB II schon eine Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Verpflichtung zur Inanspruchnahme genügen lässt und das Nachrangprinzip auch im SGB XII gilt(§ 2 SGB XII; BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 41).

36

d) Schließlich vermag ein atypischer Fall nicht daraus zu folgen, dass der Kläger nach Erreichen der Regelaltersgrenze und bei Bezug der Regelaltersrente wegen der mit einer vorzeitigen Altersrente verbundenen dauerhaften Rentenabschläge hilfebedürftig im Sinne des SGB XII sein könnte, weil es auf eine etwaige künftige Hilfebedürftigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente nicht ankommt (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 42).

37

9. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung verstößt auch nicht gegen Grundrechte des Klägers. Die durch den Beklagten angewendeten Vorschriften des SGB II zur Sicherung des Nachrangs von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Verweis auf vorrangige Leistungen sind verfassungsgemäß (ausführlich BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 44 ff).

38

Die gesetzliche Verpflichtung einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente und der damit verbundenen dauerhaften Rentenabschläge ist keine Verletzung von Art 14 Abs 1 GG, die auf die Aufforderung zur Beantragung der vorzeitigen Altersrente durchschlagen könnte. Dass Rentenabschläge bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente mit Art 14 Abs 1 GG vereinbar sind, ist in der Rechtsprechung des BVerfG wie des BSG geklärt (vgl BVerfG Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16; BVerfG Kammerbeschluss vom 5.2.2009 - 1 BvR 1631/04 - BVerfGK 15, 59; BSG Urteil vom 19.11.2009 - B 13 R 5/09 R - SozR 4-2600 § 236 Nr 1; BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 45).

39

Die Berufsfreiheit des Klägers gemäß Art 12 GG ist durch die Aufforderung zur Rentenantragstellung ebenfalls nicht verletzt. Es ist schon im Ansatz nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger durch die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente bei seiner Berufswahl oder -ausübung in verfassungsmäßig nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt sein sollte.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist vorläufig zu entscheiden, wenn

1.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen oder
2.
ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.
Besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 über den Leistungsanspruch aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorläufig zu entscheiden. Eine vorläufige Entscheidung ergeht nicht, wenn Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, zu vertreten haben.

(2) Der Grund der Vorläufigkeit ist anzugeben. Die vorläufige Leistung ist so zu bemessen, dass der monatliche Bedarf der Leistungsberechtigten zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt ist; davon ist auszugehen, wenn das vorläufig berücksichtigte Einkommen voraussichtlich höchstens in Höhe des Absetzbetrages nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 von dem nach Satz 3 zugrunde zu legenden Einkommen abweicht. Hierbei sind die im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten und prognostizierten Verhältnisse zugrunde zu legen. Soweit die vorläufige Entscheidung nach Absatz 1 rechtswidrig ist, ist sie für die Zukunft zurückzunehmen. § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(3) Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen; die §§ 60, 61, 65 und 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.

(4) Die abschließende Entscheidung nach Absatz 3 soll nach Ablauf des Bewilligungszeitraums erfolgen.

(5) Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt. Dies gilt nicht, wenn

1.
die leistungsberechtigte Person innerhalb der Frist nach Satz 1 eine abschließende Entscheidung beantragt oder
2.
der Leistungsanspruch aus einem anderen als dem nach Absatz 2 Satz 1 anzugebenden Grund nicht oder nur in geringerer Höhe als die vorläufigen Leistungen besteht und der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über den Leistungsanspruch innerhalb eines Jahres seit Kenntnis von diesen Tatsachen, spätestens aber nach Ablauf von zehn Jahren nach der Bekanntgabe der vorläufigen Entscheidung, abschließend entscheidet.

(6) Die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen sind auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten, sofern sie insgesamt mindestens 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betragen. Das gilt auch im Fall des Absatzes 3 Satz 3 und 4.

(7) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist oder
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist.
Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 2 bis 4 sowie Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend § 40 Absatz 2 Nummer 5.

(2) Der Ersatzanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches festgesetzt worden ist, unanfechtbar geworden ist. Soweit gegenüber einer rechtswidrig begünstigten Person ein Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden kann, beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zeitpunkt, ab dem die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung hat. § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 34 Absatz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach dem Tod der Person, die gemäß Absatz 1 zum Ersatz verpflichtet war; § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Zum Ersatz nach Absatz 1 und zur Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

11

a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

12

b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

13

Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

16

Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

17

Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

19

2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Leistungsklage Mitwirkung Streitgegenstand Versagung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungskläger -

gegen

Jobcenter A. Stadt,

vertreten durch den Geschäftsführer, A1-W.-Straße ..., A.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

erlässt der 16. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in München gemäß § 153 Abs. 4 SGG

am 28. Juli 2015

ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende Richterin am Bayer. Landessozialgericht Berndt sowie die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Dr. Alexander und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Hohlen folgenden

Beschluss:

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 streitig.

Der 1976 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.05.2014, nach dem Eingangsstempel eingegangen beim Beklagten am 02.06.2014, formlos die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er sei arbeitslos, hilfebedürftig und erwerbsfähig. Mit der Arbeitsagentur habe er nichts zu tun. Er sei nicht verheiratet oder geschieden und habe keine Kinder, sondern sei glücklicher Alleinstehender. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen seien nicht vorhanden. Da es dafür keine Nachweise geben könne, müsse der Beklagte „wohl oder übel“ auf seine Angaben vertrauen, bis ihm die Justiz das Gegenteil nachweise. Er lebe alleine in einer Mietwohnung, die Kaltmiete betrage 220 € zuzüglich 60 € Betriebskostenpauschale und Heizkostenvorschuss. In der Küche sei ein elektrischer Warmwasserboiler vorhanden. Der Stromkostenvorschuss betrage derzeit 30 € alle zwei Monate. Er gab ferner seine Kontoverbindung sowie die Anschrift seiner Krankenversicherung und die seines Vermieters an.

Mit Schreiben vom 06.06.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, sich umgehend persönlich beim Beklagten zu melden, damit der Antrag besprochen werden könne. Er sei gemäß §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Unterlagen nachzuweisen. Soweit nicht bis 20.06.2014 die persönliche Vorsprache erfolge oder Unterlagen eingereicht würden, könnten Leistungen nach

§ 66 SGB I versagt werden.

Hierzu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2014 sinngemäß dahingehend, dass er alle für die Leistung erheblichen Angaben gemacht habe. Außerdem gebe es den Datensatz und die Akten aus dem ALG I-Bezug. Das persönliche Erscheinen halte er schon wegen des Zeitaufwandes und der ungeklärten Fahrtkosten für unzweckmäßig. Der Beklagte solle ihm schriftlich mitteilen, welche Unterlagen er aus welchem Grund und unter Beachtung der Datenschutzvorschriften benötige. Im Übrigen sei der Antrag bereits am 31.05.2014 eingegangen.

Mit Schreiben vom 04.07.2014 erhob der Kläger Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A-Stadt und gegen die Stadt A-Stadt zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 640/14) und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er stellte sinngemäß folgende Anträge:

1. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.05.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.

2. Der Beklagte hat wegen Nichtleistung/Verzögerung der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt dem Grunde nach Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Amtshaftung gemäß § 839 BGB und Verzögerung gemäß § 286 BGB zu leisten.

Mit Schreiben vom 11.07.2014 stellte der Beklagte gegenüber dem Kläger klar, dass eine persönliche Vorsprache zwar nicht erforderlich sei, dafür aber die Vorlage der im Folgenden bezeichneten Unterlagen (vollständig ausgefüllter Hauptantrag, Anlage KdU, Anlage EK, Anlage VM, Kopie des Personalausweises, Meldebescheinigung, Kopie der Krankenkassenkarte, Kopie des Sozialversicherungsausweises, schriftliche Stellungnahme zum Lebensunterhalt der letzten 12 Monate, Auslieferungsbeleg zum Nachweis des Antragszugangs, Mietvertrag, Mietaufstellung, Heizkostenabrechnung zum Nachweis der dezentralen Warmwasseraufbereitung, lückenlose Kontoauszüge aller Bankkonten seit 01.04.2014, Finanzstatusübersicht der Sparkasse A-Stadt zum 01.05.2014). Er wurde unter Fristsetzung bis 31.07.2014, Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff SGB I sowie die Versagungsmöglichkeit des § 66 SGB I aufgefordert, diese Unterlagen vorzulegen.

Auch das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die bisher gemachten Angaben nicht ausreichend seien, um den Antrag prüfen zu können (Schreiben vom 09.07.2014).

Weil der Kläger keine Nachweise vorlegte, versagte der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2014 die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014 gemäß § 66 SGB I. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Der Beklagte sei zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet und könne nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in rechtmäßiger Höhe Leistungen erbringen.

Am 06.08.2014 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.08.2014 ein, da er gemäß § 65 Abs. 3 SGB I das Recht habe, seine Auskünfte auf das Notwendige zu beschränken. Die angeforderten Kontoauszüge seien nicht aussagekräftig. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2014 erhob er am 12.09.2014 nochmals Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 933/14). Diese wurde mit Beschluss vom 04.02.2015 zum Verfahren S 11 AS 640/14 verbunden.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht mit Urteil vom 04.02.2015 die gegen den Bescheid vom 04.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete Klage auf Leistungsgewährung ab dem 01.05.2014 als unbegründet ab und verwies den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz an das Landgericht A-Stadt.

Soweit der Kläger die Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit, und die Stadt A-Stadt richtet, sei dies dahingehend auszulegen, dass die Klage gegen das Jobcenter A-Stadt-Stadt als gemeinsame Einrichtung der genannten Behörden gerichtet sei. Dessen Beteiligungsfähigkeit ergebe sich aus § 70 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klage sei als Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Grundsätzlich sei gegen einen Versagensbescheid gemäß § 66 SGB I nur die Anfechtungsklage eröffnet. Allerdings könne der Kläger ausnahmsweise auch auf Leistungsgewährung klagen, weil er behaupte, die Anspruchsvoraussetzungen seien bereits anderweitig, nämlich durch Kenntnis der Arbeitslosengeld I-Akte geklärt. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers zu Recht gemäß § 66 SGB I versagt habe und der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II seit 01.05.2014 habe. Er sei zur Vorlage und Abgabe der angeforderten Unterlagen und Erklärungen gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I verpflichtet gewesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausdrücklich entschieden, dass Kontoauszüge der letzten drei Monate und Finanzstatusübersichten angefordert werden dürften (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R). Auch die weiteren angeforderten Unterlagen seien für die Beurteilung der Leistungsvoraussetzungen von Bedeutung. Die Mitwirkungspflicht des Klägers sei auch nicht gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I begrenzt, da nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte die angeforderten Angaben und Unterlagen mit geringerem Aufwand beschaffen könnte als der Kläger. Insbesondere seien die Angaben aus der Arbeitslosengeld I-Akte nicht ausreichend, da die Leistungsvoraussetzungen unterschiedlich seien, und Angaben zu früheren Einkünften in der Gegenwart nicht relevant. Weil aufgrund der fehlenden Mitwirkung die Leistungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden könnten, da der Kläger die Hilfebedürftigkeit nicht habe nachweisen können, sei auch die Leistungsklage als unbegründet abzuweisen. Der Kläger trage die materielle Beweislast für das Vorliegen seiner Hilfebedürftigkeit. Auch wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantrage, habe die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit zu tragen, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen ließen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/09 R, Rn. 21). Das Urteil wurde dem Kläger am 13.02.2015 zugestellt.

Am 18.02.2015 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Bereits der Tatbestand des Urteils sei falsch und unnötig anklagend. Er sei der Überzeugung, dass in einem auf Freiheit basierenden Sozialstaat der Staat dem Bürger vertrauen müsse, bis seine Strafverfolgungsbehörde einen Sozialbetrug nachweise. Seine Hilfebedürftigkeit sei nicht nachweisbar. Das Gericht nötige ihn, Details und Nachweise zu liefern. Das Gericht hätte selbst bei Vermieter und Bank nachfragen können, wie es auch hinsichtlich der Zustellung des Einschreibens nachgefragt habe. Eine Einverständniserklärung zur Bankauskunft habe er nicht erhalten. Tatsächlich handele es sich bei der Zahlungsverweigerung auch nicht um eine vorläufige Versagung, sondern um einen befristeten Leistungsausschluss in Analogie zu §§ 31 ff. SGB II für die Zeit vom 01.06.2014 bis zum 30.11.2014, gegen den sowohl Anfechtungsklage als auch Verpflichtungsklage zulässig seien.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.03.2015 zur Berufung Stellung genommen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise sei der Kläger aufzufordern, Nachweise über seine Hilfebedürftigkeit vorzulegen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.04.2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört und den Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat die Leistungsklage als unzulässig ansieht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Senat zugezogenen Akten in den weiteren Verfahren des Klägers (L 7 AS 595/14 B ER und L 16 AS 92/15 B ER) sowie den beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143,151 SGG zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Der Senat kann über den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden und die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden.

Die auf Aufhebung des Versagungsbescheids vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Die Berufung wird insoweit aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine andere Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Ergänzend wird auf die Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des erkennenden Senats vom 10.04.2015 im Verfahren L 16 AS 92/15 B ER verwiesen.

Die auf Gewährung von Leistungen vom 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 gerichtete Leistungsklage ist bereits unzulässig. Die Klage ist auch als sog. unechte Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) nicht zulässig, weil der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.08.2014 keine Entscheidung über Leistungsansprüche des Klägers getroffen hat. Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger eine beantragte Sozialleistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise bis zur Nachholung der gemäß §§ 60 ff. SGB I erforderlichen Mitwirkungshandlungen versagen, wenn der Antragsteller diesen nicht nachgekommen ist und die Aufklärung des Sachverhalts dadurch erheblich erschwert wird. Er hat damit gerade keine Entscheidung über den (möglicherweise) zustehenden Leistungsanspruch getroffen. Gegenstand des gegen die Versagungsentscheidung gerichteten Rechtsstreits ist daher nicht der materielle Anspruch, sondern ausschließlich die Auseinandersetzung über die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren (BSG, Urteil vom 17.02.2004, Seewald in Kasseler Kommentar, 77. Erg.lief. 2013, § 66 SGB I, Rn. 40). Ziel der gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung gerichteten Klage ist das Begehren, das Verwaltungsverfahren nach dessen Aufhebung fortzusetzen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2008, L 21 R 187/05). Aus diesem Grund ist gegen die Versagung einer Sozialleistung grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage statthaft. Dies gilt auch, wenn die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II im Streit steht (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R).

Soweit das BSG daneben ausnahmsweise die Zulässigkeit einer auf Leistung gerichteten Klage für den Fall erwogen hat, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung wegen fehlender Mitwirkung lediglich das bisherige Verwaltungsverfahren wiederholen würde, weil die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten entweder unstreitig sind oder dies jedenfalls behauptet wird, liegt ein solcher Fall nicht vor. Zulässig wäre in diesem Fall nämlich nicht die Verurteilung zur Verbescheidung, sondern entweder die Verurteilung zur Leistung, wenn die Leistungsvoraussetzungen festgestellt werden können, oder die Ablehnung, wenn feststeht, dass der behauptete Anspruch nicht besteht (Seebald, a. a. O., Rn. 40a). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, es wäre „aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar“, lediglich die Versagung wegen mangelnder Mitwirkung aufzuheben und den Versicherten auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen, wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen seien. Andernfalls verbietet sich eine Entscheidung in der Sache, schon um den Beteiligten nicht die Möglichkeit einer Überprüfung des Leistungsanspruchs in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermöglichen (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren nicht mehr behauptet, die Leistungsvoraussetzungen seien bereits nachgewiesen, sondern selbst einräumt, dass weitere Nachweise (z. B. die Vorlage von Kontoauszügen) in Betracht kommen würden, die jedoch nicht von ihm, sondern vom Beklagten bzw. von den angerufenen Gerichten anzufordern wären. Auch für den Senat steht derzeit noch nicht abschließend fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf die beantragten Leistungen hat. Der Rechtsstreit ist daher, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch unter prozessökonomischen Gründen auf die um den Umfang der Mitwirkungspflichten des Klägers geführte Anfechtungsklage zu beschränken, um dem Kläger nicht die Möglichkeit zu nehmen, die Leistungsvoraussetzungen noch anderweitig nachzuweisen, sobald die Frage der Mitwirkung abschließend rechtlich geprüft ist.

Ergänzend wird zum Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ausgeführt:

Der Kläger ist durch die vorläufige Versagung der beantragten Leistungen mit dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 04.08.2014 nicht beschwert, weil im Zeitpunkt seines Erlasses die Voraussetzungen für die Versagung wegen fehlender Mitwirkung erfüllt waren und der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gehandelt und dieses ordnungsgemäß ausgeübt hat (zum maßgebenden Überprüfungszeitpunkt, vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988, 7 Rar 70/87, und Beschluss vom 25.02.2013, B 14 AS 133/12 B). Der Beklagte hat sein Ermessen in noch ausreichender Form dahingehend ausgeübt, dass er zu erkennen gegeben hat, dass er darauf Wert legt, Leistungen nur in rechtmäßiger Höhe zu erbringen und dass ihm dies aufgrund der vollständig fehlenden Nachweise nicht möglich sei. Er hat auch geprüft, ob Umstände vorliegen, die für eine Leistungsgewährung sprechen würden und dies im Ergebnis verneint. Diese Entscheidung ist angesichts des Fehlens jeglicher Nachweise für die Bedürftigkeit des Klägers nicht zu beanstanden.

Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung eines Verwaltungsakts ist bei einer Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsakts bzw. des Widerspruchsbescheides, wenn ein solcher ergangen ist, an. Eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage ist in der Regel unbeachtlich (BSG in ständiger Rechtsprechung, z. B. im Urteil vom 22.09.2009, B 2 U 32/08 R, vgl. auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 04.07.2006, 5 B 90/05). Deshalb kommt es im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung auch nicht darauf an, ob der Kläger inzwischen bereit ist, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen. Auch bei Nachholung der Mitwirkung begründet dies lediglich einen Anspruch auf eine Prüfung nach § 67 SGB I.

Soweit der Kläger daher in seiner Berufungsbegründung angedeutet hat, er wäre möglicherweise bereit, eine Erklärung über die Entbindung seiner Bank vom Bankgeheimnis zu unterzeichnen, wenn man dies von ihm fordern würde, ist dies von vornherein nicht geeignet, nachträglich eine andere rechtliche Beurteilung des im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig ergangenen Versagungsbescheids herbeizuführen, zumal auch diese Erklärung nicht die mit Schreiben vom 14.07.2014 rechtmäßig geforderten Mitwirkungshandlungen ersetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

11

a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

12

b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

13

Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

16

Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

17

Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

19

2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger zu Angaben über seine voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit verpflichtet ist.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist seit Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbstständig. Bei der Antragstellung für den Leistungszeitraum ab Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, die "Anlage EKS" (Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Landwirtschaft im Bewilligungszeitraum) auszufüllen. In dem genannten Vordruck sind von den Antragstellern jeweils monatliche aufzuschlüsselnde Auskünfte mit zahlreichen Unterangaben zu den voraussichtlichen Betriebseinnahmen, Angaben zu den Betriebsausgaben und Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind sowie zu Absetzungsmöglichkeiten abzugeben und entsprechende Nachweise zu erbringen.

3

Der Kläger hat am 30.4.2009 Klage erhoben und neben einem zunächst verfolgten Leistungsbegehren ua die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, voraussichtliche Einkommens- und Ausgabenschätzungen laut "EKS" für den Zeitraum eines halben Jahres im Voraus vorzunehmen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, bei künftigen Leistungsbewilligungen hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens sicherzustellen, dass ihm aus bewilligter Regelleistung und Einkommen monatlich mindestens ein Betrag in Höhe der tatsächlichen Regelleistung zur Verfügung bleibe. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, ihm Auskunft darüber zu erteilen, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden Einkommen und Ausgaben (sinnvoll) prognostiziert werden könnten.

4

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.9.2010 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Hauptanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger ohne Weiteres etwaige ihn belastende Entscheidungen des Beklagten abwarten und hiergegen vorgehen könne. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, weil der insoweit als Verpflichtungsklage auf Auskunftserteilung zu verstehenden Klage kein Verwaltungs- und auch kein Vorverfahren vorausgegangen sei.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 7.7.2011 zurückgewiesen. Es hat die Berufung für unbegründet gehalten, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen noch auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung zustehe. Bei der Einkommens- und Ausgabenschätzung nach "EKS" handele es sich um eine dem Hilfebedürftigen zumutbare Mitwirkungshandlung. Hinsichtlich des Einkommens aus selbstständiger Arbeit sei eine Einkommensprognose für den Bewilligungszeitraum erforderlich. Diese obliege zunächst dem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. § 65 SGB I stehe dem nicht entgegen, weil die Angaben auf der Grundlage eines Mindestmaßes an betrieblicher Planung gemacht werden könnten. Soweit der Kläger begehre, dass der Beklagte sicherzustellen habe, dass bewilligte Regelleistungen und Einkommen monatlich mindestens einen Betrag in Höhe der Regelleistung ergäben, stehe ihm ein Feststellungsinteresse nicht zur Seite. Zwar könne die von der Alg II-V vorgegebene Vorgehensweise dazu führen, dass aufgrund der Teilung des prognostizierten Gesamteinkommens durch die Anzahl der Monate in einzelnen einkommensschwachen Monaten die Summe aus Einkommen und bewilligter Leistung hinter der Regelleistung zurückbleibe. Soweit die Einkommensschwankungen nicht erheblich seien, sei dies hinnehmbar. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers könne es insoweit schon deshalb nicht geben, weil die Leistungen im Voraus erbracht werden sollten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.

6

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I und weiterer Vorschriften verfassungsrechtlicher, materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Es handele sich bei der Einkommensschätzung um eine Bewertung von Tatsachen, also um Werturteile. § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I könne deshalb nicht angewandt werden. Es sei auch die Erheblichkeit der Angaben zu künftigen Einnahmen zu verneinen, weil es an der Erforderlichkeit der Angaben fehle. Hinsichtlich des Hilfsantrags werde eine Verletzung der §§ 14, 15 SGB I gerügt. Zur Begründung des auf Feststellung der Sicherstellung des Existenzminimums gerichteten Begehrens macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint.

7

Der Kläger beantragt,

        

1.    

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Leipzig vom 9. September 2010 und des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 festzustellen, dass der Revisionskläger bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet sei, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen,

                 

hilfsweise,

                 

den Revisionsbeklagten unter Aufhebung der genannten Urteile zu verurteilen, dem Revisionskläger Auskunft darüber zu geben, ihn dazu zu beraten, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden er Einkommen und Ausgaben aus Anwaltstätigkeit gemäß Formular "EKS" für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus sinnvoll prognostizieren könne,

        

2.    

unter Aufhebung der genannten Urteile festzustellen, dass der Revisionsbeklagte verpflichtet sei, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Revisionskläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistungen und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass vom Kläger nicht mehr gefordert werde, als von jedem anderen einkommenserzielenden Leistungsempfänger auch.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Hinsichtlich des zu 1. gestellten Antrags konnte der Kläger sein Begehren zwar zulässig im Wege der Feststellungsklage verfolgen, die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Ferner ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag zu 2., weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

12

1. a) Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) mit dem Antrag, der Revisionskläger sei bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen, ist zulässig. Ihr steht hinsichtlich des fraglichen Feststellungsantrags insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Aus dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren Grundsatz der Subsidiarität folgt die Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber der Leistungs- und Anfechtungsklage (BSG vom 30.10.1980 - 8a RU 96/79 - BSGE 50, 262, 263 = SozR 2200 § 28 Nr 4; BSG vom 20.5.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - SozR 3-1500 § 55 Nr 12). Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings im Einzelfall insbesondere aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit Ausnahmen zugelassen, wenn durch eine gegen eine Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage ein Streit im Ganzen beseitigt werden kann. Die Verhältnisse des vorliegenden Falls rechtfertigen eine derartige Ausnahme. Zwar könnte der Kläger gegen einen wegen einer Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten nach § 66 SGB I erteilten Versagensbescheid des Beklagten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bzw der reinen Anfechtungsklage vorgehen(vgl zur Abgrenzung der Klagearten BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 78/08 R -, BSGE 104, 26, 29 = SozR 4-1200 § 66 Nr 5), jedoch ist eine Klärung des Umfangs seiner Mitwirkungsobliegenheit auf diesem Wege mit Rücksicht darauf, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, für den Kläger nicht zumutbar. Zudem ist bereits durch eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren eine Klärung für zukünftige Bewilligungszeiträume zu erwarten.

13

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB I gehalten, Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum unter Verwendung des Vordrucks "EKS" in dem durch den Vordruck vorgesehenen Umfang zu machen.

14

aa) Nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Mitwirkungsobliegenheiten Anwendung finden (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

15

Bei den dem Kläger abverlangten Angaben zu seinen Einkünften im Bewilligungszeitraum handelt es sich um Tatsachen im Sinne der Norm. Dies folgt aus dem Zweck der Regelung und ihrem systematischen Zusammenhang. Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Begriff der Tatsachen umfasse (nur) konkrete Umstände in der Vergangenheit und Gegenwart (Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 27, Stand 12/10; zutreffend dagegen Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB I/SGB IV/SGB X, 2012, § 60 SGB I Rz 19: … Vorgänge in der Vergangenheit und Zukunft …), wird dies dem dargelegten Konzept der Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht. Vielmehr ist der Begriff der "Tatsachen" iS von § 60 Abs 1 S 1 SGB I bereichsspezifisch zu konkretisieren.

16

Der Zweck der in § 60 Abs 1 S 1 SGB I geregelten Obliegenheiten ist darauf gerichtet, dem Sozialleistungsträger Kenntnis von denjenigen Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für eine Entscheidung über die Bewilligung, Änderung, Entziehung oder Erstattung einer Sozialleistung bilden(Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 60 Rz 18; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 26, Stand 12/2010). Der Verpflichtung zur Angabe von entscheidungserheblichen Tatsachen kommt hierbei die Funktion zu, den Leistungsträger überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen. Insoweit bildet die Erheblichkeit der Tatsachen für die Entscheidung über eine Leistungsgewährung sowohl die sachliche Rechtfertigung als auch die Begrenzung der genannten Mitwirkungsobliegenheiten. Erheblich sind Tatsachen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen einer anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Hierbei belässt die Norm die Verantwortlichkeit für die Feststellung der maßgebenden Tatsachen ungeachtet der Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - ohne jegliche Einschränkungen dem zuständigen Leistungsträger.

17

Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) Einkommen zufließt, denn die Erzielung von Einkommen führt gegebenenfalls zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II). Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 mwN). Da das BSG die Abgrenzung von Vermögen und Einkommen anhand des Zuflusses der jeweiligen Leistung vornimmt, müssen - modifiziert durch das sog Monatsprinzip - zur Berücksichtigung von Einkommen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung zwangsläufig Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die in der Zukunft liegen (Bayerisches LSG vom 30.7.2010 - L 7 AS 12/10 - veröffentlicht in juris). Insoweit gilt für andere Umstände - zB die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten -, die im Bewilligungszeitraum einem Wandel unterliegen können, nichts anderes. Der Umstand, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller während des Bewilligungszeitraums voraussichtlich Einkommen zufließen wird, ist bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung entscheidungserheblich. Dies gilt auch für eine vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III. Denn auch bei einer vorläufigen Entscheidung müssen Leistungen - ohne vorsorglichen Abschlag - regelmäßig in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein werden (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34). Es handelt sich bei den Angaben zur finanziellen Situation während des Bewilligungszeitraums folglich um Tatsachen, die für die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erheblich sind.

18

Die Obliegenheit zur Angabe von Tatsachen nach Maßgabe des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I wird systematisch durch diejenige in § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I ergänzt, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Obliegenheit dient in erster Linie dazu, die Grundlage für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung durch den Sozialleistungsträger nach § 48 SGB X zu schaffen. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist die Befugnis zur Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ua bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eröffnet. Bei der Anwendung dieser Norm umfasst die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 RdNr 18, Stand 12/12). In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des BSG zwar anerkannt, dass - soweit objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht - die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung der Leistungen zu verneinen sind (BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen nicht um die Mitteilung von Tatsachen handele. Folgerichtig bleibt Maßstab der Überprüfung von Aufhebungsentscheidungen bei einer endgültigen Leistungsbewilligung § 45 oder § 48 SGB X(BSG vom 21.6.2011, aaO). Unterlässt der zur Mitwirkung Verpflichtete schuldhaft eine entsprechende Mitteilung nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I, so berechtigt dies den Leistungsträger zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.

19

Im Übrigen ergibt sich keine andere Beurteilung daraus, dass die Höhe der Einkünfte selbstständig Tätiger vielfach in größerem Umfang mit Unsicherheiten behaftet sind, als dies zB für Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Einkünften aus abhängiger Beschäftigung angenommen werden kann. Insoweit ändert das Ausmaß der Unsicherheit nichts daran, dass der Antragsteller am ehesten zu verlässlichen Angaben über seine voraussichtlichen finanziellen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum in der Lage sein wird und eine Verwaltungsentscheidung ohne seine Mitwirkung praktisch nicht vollziehbar ist.

20

bb) Schließlich stehen der hier in Frage stehenden Mitwirkungsobliegenheit nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen. Insbesondere liegt keine Verletzung der in § 65 Abs 1 Nr 1 SGB I für die Mitwirkungsobliegenheiten niedergelegten spezifischen Maßgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor. Hiernach bestehen die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht. Es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen dieser Regelung sind die Grenzen der Mitwirkung im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation durch eine Abwägung von Art und Umfang der Sozialleistung einerseits und des für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erforderlichen Aufwands des Mitwirkungsverpflichteten andererseits zu konkretisieren (Joussen in KSW, 2. Aufl 2011, § 54 Rz 4; Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 60 Rz 14). In vergleichbarem Zusammenhang hat bereits der 14. Senat des BSG bei der Frage der Zumutbarkeit einer Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch Vorlage von Kontoauszügen auf die Besonderheiten der SGB II-Leistungen hingewiesen, da es sich um Anforderungen im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems handelt, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

21

Ferner hält sich die hier in Frage stehende Mitwirkungshandlung innerhalb der durch die einschlägigen Regelungen gezogenen Grenzen. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt nach Maßgabe des § 3 Alg II-V(idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011, BGBl I 2833). Hiernach sind Ausgangspunkt für die Berechnung die tatsächlich zufließenden Betriebseinnahmen, die nach Maßgabe des § 3 Abs 2 Alg II-V und des § 11b SGB II in Abkehr der bis 31.12.2007 geltenden steuerrechtlichen Betrachtung zu bereinigen sind (zur Berechnung s Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 13 Rz 190 ff, Stand XI/12). Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Ausgaben sieht § 3 Abs 3 Alg II-V die Abzugsfähigkeit begrenzende zusätzliche Prüfungen vor. Die von selbstständig Tätigen in der Anlage EKS zu tätigenden Angaben entsprechen diesem komplexen normativen Prüfprogramm. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angesichts des Ziels der ab 1.1.2008 für selbstständig Tätige geltenden Regelungen, höhere Einsparungen bei den passiven Leistungen zu erzielen, der hieraus erwachsende Aufwand diesen Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ergänzend durch eine steuerfinanzierte Sozialleistung sicherstellen will, unverhältnismäßig belasten würde.

22

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Beratungs- bzw Auskunftsanspruches nach § 14 SGB I(vgl zur Geltendmachung des Beratungsanspruchs Knecht in Hauck/Noftz, SGB I, § 14 RdNr 19, Stand 6/10; Mönch-Kalina, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 40), den der Kläger hinsichtlich der Art und Weise der Ausfüllung der Anlage EKS gegen den Beklagten geltend macht, im Falle der Ablehnung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (so zur Auskunft nach § 15 SGB I: BSG vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9; zur Auskunft nach § 83 SGB X BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 27), sodass nicht die reine Leistungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart wäre.

23

Unabhängig von der hier einschlägigen Klageart ist für die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Klage, die auf Auskunft hinsichtlich der Ausfüllung der dem Kläger in der Anlage EKS abverlangten Angaben gerichtet ist, jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzverhältnis fehlt es, weil der Kläger vor der Klageerhebung nicht mit einem auf eine konkrete Fragestellung abzielenden Auskunftsbegehren an den Beklagten herangetreten ist. Eine derartige Konkretisierung ist im Übrigen auch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt. Eine vorherige Befassung des Beklagten mit einem konkreten Begehren ist auch nicht entbehrlich, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger keine Hinweise zur Überwindung von konkreten Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des Vordrucks geben würde.

24

3. Das im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Begehren, der Revisionsbeklagte sei verpflichtet, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Kläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistung und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe, ist unzulässig. Hinsichtlich dieses Begehrens ist der Kläger auf die vorrangige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen.

25

Insoweit obliegt es zunächst wiederum dem Kläger, Änderungen gegenüber der bei Antragstellung getätigten Angaben gemäß § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I unverzüglich mitzuteilen. In der Folge steht ihm, soweit eine zeitnahe Umsetzung durch den Beklagten nicht erfolgt, die Möglichkeit offen, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (zur reduzierten Ermessensbetätigung hinsichtlich der Höhe einer vorläufigen Leistung bei selbstständig Tätigen mit Rücksicht auf ihren existenzsichernden Charakter s BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 04.04.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Versagung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.09.2016.

Die Klägerin bezog Alg II und beantragte am 02.09.2016 die (Weiter-)Bewilligung für die Zeit ab 01.09.2016. Auf ihre Bitte hin bot der Beklagte ihr Termine zur Abgabe des Antrages samt Vorlage der Kontoauszüge für die letzten vier Wochen für den 22.09.2016, 27.09.2016 und 06.10.2016 an. Die Klägerin erschien zu den angebotenen Terminen nicht, sie sei krank. Mit Schreiben vom 20.10.2016 forderte der Beklagte die Klägerin zur Mitwirkung bis spätestens 06.11.2016 auf. Es fehlten Antragsunterlagen und u.a. seien Kontoauszüge - wegen der zwischenzeitlich abgelaufenen Zeit - für die Zeit von August 2016 bis 20.10.2016 zur Einsichtnahme vorzulegen. Bei Nichtvorlage könnten Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt werden. Am 30.10.2016 bat die Klägerin erneut um einen persönlichen Termin für die Weiterbewilligung von Leistungen.

Mit Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 versagte der Beklagte die Leistungen ab 01.09.2016 ganz. Die Klägerin habe die u.a. angeforderten Unterlagen sowie die Kontoauszüge nicht vorgelegt. Dies hätte mit der Post oder durch persönliche Abgabe erfolgen können. Eine weitere Terminvereinbarung sei daher nicht erforderlich gewesen. Es lägen keine Gründe vor, die im Rahmen der Ermessensentscheidung hätten zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden können. Der Anspruch auf Leistungen könne nicht geprüft werden. Nach Abwägung des Interesses der Klägerin an Leistungen mit dem öffentlichen Interesse an der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien die Leistungen zu versagen. Die Grenzen der zumutbaren Mitwirkung seien nicht überschritten. Die erforderlichen Kenntnisse könnte sich der Beklagte nicht durch geringere Aufwendungen selbst beschaffen. Ein Ermessensfehlgebrauch sei nicht ersichtlich. Ein ernsthaftes Interesse der Klägerin an einer (noch vorzunehmenden) Einreichung der erforderlichen Antragsunterlagen sei nicht zu erkennen.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und ausdrücklich begehrt, den Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 aufzuheben. Der Beklagte hätte auf die Möglichkeit der Schwärzung von Kontoauszügen hinweisen müssen. Die Vorlage nicht geschwärzter Kontoauszüge sei mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ebenso unvereinbar wie die Erhebung von Sozialdaten „ins Blaue hinein“ im Sinne einer prophylaktischen Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen. Dies widerspreche der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2017 abgewiesen. Die Versagung der Leistungen sei gemäß § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) rechtmäßig. Die Vorlage der geforderten Unterlagen sei leistungserheblich zur Prüfung der Frage der Hilfebedürftigkeit und (auch im zeitlichen Umfang) zumutbar. Zur Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien auch die Kontoauszüge der dem Antragszeitpunkt vorausgehenden Zeit erforderlich. Die Pflicht zur Vorlage sei vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt worden (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08). Das BVerfG habe nur hinsichtlich der Frage der Hilfebedürftigkeit ein Abstellen auf vergangene Zeiträume für irrelevant erklärt. Umstände aus der Vergangenheit dürften nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichten. Eine grundsätzliche Pflicht, über die Möglichkeit der Schwärzen zu belehren, bestehe nicht, insbesondere nachdem die Klägerin aus dem ausgehändigten Merkblatt von dieser Möglichkeit wisse. Auf die Folge der Nichtmitwirkung habe der Beklagte hingewiesen, das Ermessen habe er zutreffend ausgeübt.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhobenen Berufung hat die Klägerin vorgetragen, die Vorlage nicht geschwärzter Kontoauszüge sei mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar. Das BSG habe dargelegt, dass die Beklagte auf die Möglichkeit zur Schwärzung hinweisen müsse (BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -). Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 03.07.2017 hat die Klägerin ausgeführt, sie sei auch nicht bereit, geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 04.04.2017 sowie den Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Ein am 13.11.2017 beim LSG eingegangenes Fax (Inhalt: „keine Klage“) hat weder einen Absender noch eine Unterschrift enthalten.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 10.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Das Fax vom 13.11.2017 kann weder als eindeutige Klagerücknahme ausgelegt werden noch kann es eindeutig der Klägerin zugeordnet werden.

Die von der Klägerin zuletzt allein erhobene reine Anfechtungsklage ist die zutreffende Klageart. Der Beklagte hat die Leistung nicht abgelehnt, sondern lediglich bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt. Mit der reinen Anfechtungsklage kann die Klägerin die Aufhebung der Versagung erreichen, so dass der Beklagte erneut über den Antrag auf Alg II ab 01.09.2016 zu entscheiden hat.

Die Rechtsgrundlage für die Versagung der Leistung stellt § 66 Abs. 1 SGB I dar. Hiernach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen allerdings Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese vollumfänglich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen ist. Zudem bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit (1) ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder (2) ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder (3) der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

Die Klägerin ist mit Schreiben vom 20.10.2016 zur Mitwirkung (u.a. zur Vorlage der Kontoauszüge der Zeit von August 2016 bis 20.10.2016) gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I aufgefordert worden. Zu dieser Aufforderung ist der Beklagte auch ohne besonderen Anlass berechtigt (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R - und Beschluss vom 15.07.2010 - B 14 AS 45/10 B - alle veröffentlicht in Juris).

Die Grenzen der Mitwirkung sind vorliegend dabei nicht überschritten (vgl. dazu die o.g. Rechtsprechung). Die Vorlagepflichten der Klägerin im Rahmen ihrer generellen Obliegenheitspflichten gemäß § 60 SGB I werden auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Allerdings gebietet es der Rechtsgedanke des § 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), dass der Grundsicherungsempfänger die von ihm getätigten Ausgaben nicht im vollem Umfang offen legen muss. Aus § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X ergibt sich insbesondere eine Einschränkung hinsichtlich bestimmter personenbezogener Daten, soweit deren Kenntnis für die Aufgaben des Grundsicherungsträger grundsätzlich irrelevant sind. Soweit dies beachtet wird, verstoßen die geforderten Mitwirkungspflichten nicht gegen das aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz herzuleitende Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O., Urteil vom 19.02.2009 a.a.O., wobei das BVerfG die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 19.02.2009 nicht zur Entscheidung angenommen hat). Datenschutzrechtliche Regelungen stehen daher einer Anforderung der Kontoauszüge vorliegend nicht entgegen. Allerdings kann die Klägerin Teilbereiche der vorzulegenden Kontoauszüge schwärzen (§ 67 Abs. 12 SGB X). Hierauf hat der Beklagte in seiner Aufforderung zur Mitwirkung vom 20.10.2016 nicht hingewiesen. Ob ein solcher Hinweis den Bescheid rechtswidrig macht, hat das BSG (Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.) offen gelassen und kann auch hier offen bleiben, denn es genügt, dass die Klägerin von der Möglichkeit der Schwärzung Kenntnis hat. Wenn diese Kenntnis - wie vorliegend ausnahmsweise - nachweisbar vorhanden ist, bedarf es (wohl) keines zusätzlichen Hinweises zur Schwärzung, denn der Gesetzgeber hat eine solche Belehrungspflicht - vergleichbar einer Rechtsfolgenbelehrung - nicht gesetzlich verankert. Hat der Grundsicherungsempfänger nachweislich Kenntnis davon, dass es im Rahmen seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung Schwärzungen vornehmen kann, so bedarf er hierüber keines zusätzlichen Hinweises, er kann dieses Recht ausüben. Das Vorhandensein dieser Kenntnis aber bestätigte die Klägerin in ihrer Klagebegründung gegenüber dem SG. Darin spricht sie ausdrücklich an, nach der Rechtsprechung bestehe die Möglichkeit einer Schwärzung. Sie hat dies jedoch nicht zum Anlass genommen, dem Beklagten geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen oder den Beklagten auf diese Möglichkeit hin anzusprechen bzw. sich bereit zu erklären, geschwärzte Kontoauszüge vorzulegen. Der Beklagte hat gegen eine Schwärzung auch keine Einwände vorgetragen. Der Klägerin geht es allerdings vielmehr - wie ganz eindeutig aus ihrer Erklärung zu Protokoll im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 03.07.2017 hervorgeht - darum, keinerlei Kontoauszüge vorzulegen, es geht ihr nicht um den Schutz konkreter Adressaten. Denn dann hätte sie trotz der Kenntnis der Möglichkeit zur Schwärzung die geschwärzten Kontoauszüge zwischenzeitlich vorlegen können. Sie hat jedoch überhaupt nicht reagiert. Damit aber möchte sie im Grundsätzlichen die datenschutzrechtliche Problematik der Vorlage von Kontoauszügen im Rahmen des SGB II klären lassen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.), zumal sie keinerlei Angaben dazu macht, ob überhaupt geheim zu haltende Positionen auf den Kontoauszügen zu finden wären. Es fehlt daher auf jeden Fall am Zusammenhang zwischen dem fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit zur Schwärzung und der Nichtvorlage der geforderten Unterlagen.

Die Klägerin ist auch gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf die Rechtsfolgen im Schreiben vom 20.10.2016 zutreffend hingewiesen worden. Der Beklagte hat das ihm zustehende und von ihm auszuübende Ermessen auch ausgeübt. Er hat dazu ausgeführt, dass er das Interesse der Klägerin an Leistungen mit dem öffentlichen Interesse an der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit abgewogen habe und keine Gründe vorlägen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden könnten. Ein überwiegendes Interesse der Klägerin gegenüber den Interessen der Allgemeinheit liege nicht vor. Der Klägerin seien mehrere Termine zur Antragsabgabe genannt worden. Sie hätte den Antrag und die Unterlagen jedoch auch per Post oder durch einfache Abgabe vorlegen können. Ein ernsthaftes Interesse der Klägerin an der Einreichung der erforderlichen Unterlagen sei nicht zu erkennen. Weitere Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung vorliegend zu berücksichtigen wären, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Gerade unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes, dass die Klägerin von vornherein nicht bereit war mitzuwirken, bestehen auch keine Bedenken gegen die Ermessensentscheidung des Beklagten (so im Ergebnis auch: BSG, Urteil vom 19.09.2008 a.a.O.).

Nach alledem war somit die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die nach Satz 1 zu erhebenden Daten, die zur Nutzung für die in Absatz 3 genannten Zwecke erforderlich sind, einschließlich des Verfahrens zu deren Weiterentwicklung festzulegen.

(2) Die kommunalen Träger und die zugelassenen kommunalen Träger übermitteln der Bundesagentur die Daten nach Absatz 1 unter Angabe eines eindeutigen Identifikationsmerkmals, personenbezogene Datensätze unter Angabe der Kundennummer sowie der Nummer der Bedarfsgemeinschaft nach § 51a.

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen und an die Bundesagentur übermittelten Daten dürfen nur – unbeschadet auf sonstiger gesetzlicher Grundlagen bestehender Mitteilungspflichten – für folgende Zwecke gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt, in der Verarbeitung eingeschränkt oder gelöscht werden:

1.
die zukünftige Gewährung von Leistungen nach diesem und dem Dritten Buch an die von den Erhebungen betroffenen Personen,
2.
Überprüfungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf korrekte und wirtschaftliche Leistungserbringung,
3.
die Erstellung von Statistiken, Kennzahlen für die Zwecke nach § 48a Absatz 2 und § 48b Absatz 5 und Controllingberichten durch die Bundesagentur, der laufenden Berichterstattung und der Wirkungsforschung nach den §§ 53 bis 55,
4.
die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs nach § 52,
5.
die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch.

(4) Die Bundesagentur regelt im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene den genauen Umfang der nach den Absätzen 1 und 2 zu übermittelnden Informationen, einschließlich einer Inventurmeldung, sowie die Fristen für deren Übermittlung. Sie regelt ebenso die zu verwendenden Systematiken, die Art der Übermittlung der Datensätze einschließlich der Datenformate sowie Aufbau, Vergabe, Verwendung und Löschungsfristen von Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummern nach § 51a.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung des beklagten Jobcenters an den Kläger, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen.

2

Der am 1950 geborene Kläger bezog seit August 2008 zusammen mit seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen nach dem SGB II. Der monatliche Bedarf des Klägers betrug 563 Euro. Nach einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vom 21.6.2013 hatte der Kläger bei einem Antrag auf Rente ab dem 1.4.2013 gegenüber einer abschlagsfreien Altersrente in Höhe von 964,17 Euro mit Abschlägen von 7,2 % zu rechnen. Mit Bescheid vom 16.4.2013 forderte der Beklagte den Kläger zur Stellung eines Rentenantrags bis zum 6.5.2013 auf. Eine Altersrente, zu deren Beantragung er ab dem 63. Lebensjahr verpflichtet sei, schließe als vorrangige Leistung einen Anspruch nach dem SGB II aus. Sein Interesse an der Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II müsse im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Beantragung der Rente zurücktreten. Ermessensgesichtspunkte zugunsten des Klägers seien nicht erkennbar.

3

Am 14.5.2013 hat der Beklagte formlos für den Kläger einen Rentenantrag bei der DRV gestellt. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.4.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2013 zurück, auch eine unbillige Härte nach der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung ) liege nicht vor.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.8.2014). Die Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2014). Die angefochtene Aufforderung, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen, sei rechtmäßig. Ermessensgesichtspunkte stünden dem nicht entgegen, der Beklagte habe sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Es liege auch kein Fall einer Unbilligkeit im Sinne der UnbilligkeitsV vor.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger insbesondere eine Verletzung von § 12a iVm § 5 Abs 3 SGB II aufgrund der fehlenden bzw nicht korrekten Ermessensausübung seitens des Beklagten. Außerdem verstießen die Regelungen gegen Verfassungsrecht: Art 3 Abs 1 GG sei verletzt, weil er - der Kläger - nicht mehr unter die sogenannte 58er-Regelung gefasst werde, obwohl er keine drei Monate nach dem 1.1.2008 das 58. Lebensjahr vollendet habe. Es werde in die Eigentumsgarantie seiner Rentenanwartschaften aus Art 14 GG eingegriffen und gegen Art 12 GG verstoßen, weil er gezwungen werde, einen Rentenantrag zu stellen und damit seine Arbeitskraft nicht mehr frei verwerten könne. Schließlich habe das LSG übersehen, dass er seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet sei.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 und des Sozialgerichts Detmold vom 22. August 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2013 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und meint, sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt zu haben.

9

Die DRV hat dem Kläger ab dem 1.4.2013 eine Altersrente bewilligt, die ab dem 1.4.2013 monatlich 898,46 Euro beträgt und nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu einem Zahlbetrag von 806,37 Euro geführt hat (Bescheid der DRV vom 11.2.2015). Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wurde ruhend gestellt.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Aufforderung an den Kläger zur Rentenantragstellung rechtmäßig ist.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des SG, mit dem die Klage abgewiesen und das Urteil des LSG, durch das die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde, sowie der Bescheid des Beklagten vom 16.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2013, mit dem der Kläger zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente aufgefordert worden ist.

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2. Gegen die genannte Aufforderung hat sich der Kläger zutreffend mit der Anfechtungsklage gewandt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Bei der vom Kläger begehrten Aufhebung der Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente handelt es sich um einen Verwaltungsakt (BSG Beschluss vom 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B - juris RdNr 5) iS des § 31 Satz 1 SGB X. Die Aufforderung setzt die allgemein für Leistungsberechtigte geltende gesetzliche Verpflichtung nach § 12a Satz 1 SGB II, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, in eine konkrete Regelung im Einzelfall des Klägers um, bis zum 6.5.2013 eine vorzeitige Altersrente, beginnend ab Vollendung seines 63. Lebensjahres, zu beantragen.

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Die angefochtene Aufforderung ist nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X erledigt und die Anfechtungsklage ist nach wie vor zulässig. Gegen den auf den Antrag des Beklagten vom 14.5.2013 hin ergangenen Rentenbescheid vom 11.2.2015 mit einem Rentenbeginn ab 1.4.2013 hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Damit ist das Rentenverfahren nicht bestandskräftig abgeschlossen (zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei bestandskräftiger Bewilligung einer Rente vgl BSG Beschluss vom 12.6.2013 - B 14 AS 225/12 B - juris RdNr 5).

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3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, insbesondere bedurfte es keiner echten notwendigen Beiladung der DRV nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG(vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 14).

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4. Die angefochtene Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente stützt sich auf § 12a iVm § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II(diese und alle weiteren Vorschriften des SGB II in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850). Danach sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die hierfür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist, wobei nach § 12a Satz 2 Nr 1 SGB II bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden muss. Die SGB-Leistungsträger werden ermächtigt, Leistungsberechtigte zur Beantragung einer vorzeitigen Rente aufzufordern, und, sofern diese der Aufforderung nicht nachkommen, selbst den Antrag zu stellen.

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Die sich aus dem gesamten Regelungszusammenhang der genannten Vorschriften ergebenden Voraussetzungen (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 17) erfüllt der Kläger, denn aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass er hilfebedürftig iS der § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II ist. Hilfebedürftig ist danach derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Hieran knüpft die Vorschrift des § 12a SGB II über vorrangige Leistungen an(siehe ausführlich BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 17). Nach Vollendung des 63. Lebensjahres gehört zu den vorrangigen Leistungen grundsätzlich auch die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge für jeden Kalendermonat einer vorzeitigen Inanspruchnahme (vgl § 77 SGB VI).

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5. Der Bescheid des Beklagten vom 16.4.2013, mit dem der Kläger zur Rentenantragstellung aufgefordert wurde, ist formell rechtmäßig. Zwar hat der Kläger gerügt, er sei zuvor nicht ordnungsgemäß iS des § 24 SGB X angehört worden, dieser Einwand greift jedoch nicht durch. Ein möglicher Anhörungsmangel ist jedenfalls durch das durchgeführte Widerspruchsverfahren, in dem der Kläger seine Einwände vorgetragen hat, geheilt worden.

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6. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Der Kläger ist nach § 12a SGB II verpflichtet, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen und in Anspruch zu nehmen.

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a) Dieser Verpflichtung steht nicht die sogenannte 58er-Regelung entgegen (§ 65 Abs 4 Satz 2 SGB II), weil der Kläger nicht in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Regelung fällt. Die begünstigende Regelung des § 65 Abs 4 Satz 1 SGB II gilt nur, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte vor dem 1.1.2008 als Stichtag das 58. Lebensjahr vollendet hat, was bei dem am 3.1950 geborenen Kläger aber nicht der Fall war. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der in Bezug genommenen Rentenauskunft vom 21.6.2013 ergibt sich, dass der Kläger eine vorzeitige Altersrente mit Vollendung seines 63. Lebensjahres beanspruchen konnte. Da der Kläger sein 63. Lebensjahr am 3.2013 vollendet hat, kommt eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente mit einem Rentenbeginn - bei rechtzeitiger Antragstellung - ab dem 1.4.2013 in Betracht (§ 99 Abs 1 SGB VI).

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Hierin liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, weil der Unterschied zwischen Beziehern von Alg II, die unter die 58er-Regelung fallen, und solchen, die nicht darunter fallen, auf eine typische Stichtagsregelung zurückzuführen ist, die dem Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung von sozialrechtlichen Begünstigungen verfassungsrechtlich eingeräumt ist (vgl nur BVerfG Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16).

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b) Der Rechtmäßigkeit des Bescheids steht Datenschutzrecht nicht entgegen, insbesondere wird die Aufforderung nicht dadurch rechtswidrig, dass sie auf der gegen den Willen des Klägers vom beklagten Jobcenter bei der DRV angeforderten Rentenauskunft vom 21.6.2013 beruht.

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Der Beklagte ist als gemeinsame Einrichtung gemäß § 50 Abs 1 und 2 SGB II eine verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X und gehört zu den in § 67a Abs 1 SGB X genannten Stellen des § 35 SGB I, die Sozialdaten zur Erfüllung ihrer Aufgaben erheben dürfen. Die Zulässigkeit der Datenerhebung richtet sich nach §§ 67 ff SGB X als vorrangige Regelungen iS des § 50 Abs 2 SGB II. Zwar sind gemäß § 67a Abs 2 Satz 1 SGB X die Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen selbst zu erheben. Vorliegend sind jedoch die Voraussetzungen des § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a bis c SGB X, die kumulativ vorliegen müssen(siehe Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 67a RdNr 8b bis 8d; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, § 67a RdNr 72, Stand III/02, mit Hinweis auf den Regierungsentwurf), erfüllt, sodass die Daten auch ohne Mitwirkung des Betroffenen erhoben werden durften.

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Der Rentenversicherungsträger gehört zu den in § 35 Abs 1 SGB I genannten Stellen und ist nach § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a SGB X iVm § 69 Abs 1 Nr 1 SGB X zur Übermittlung von Daten an die erhebende Stelle, hier das beklagte Jobcenter, befugt.

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Die Erhebung beim Betroffenen, also dem Kläger, hätte einen unverhältnismäßigen Aufwand nach § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst b SGB X erfordert. Zweck der Regelung ist das öffentliche Interesse an einem effektiven und kostengerechten Verwaltungsvollzug, entscheidend sind die Art der zu erhebenden Daten, Zeit- und Kostenaufwand beim Betroffenen und beim Dritten. Als Beispiel unverhältnismäßigen Aufwands wird angenommen, dass sich der Betroffene wegen der von ihm verlangten Angaben selbst an eine dritte Stelle wenden müsste (siehe Rombach, aaO, § 67a RdNr 81). So liegt es hier, denn ohne direkte Anfrage des Beklagten bei der DRV hätte der Kläger bei der DRV um die entsprechenden Informationen nachsuchen müssen.

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Der Erhebung der Daten ohne Mitwirkung des Klägers stehen auch keine überwiegend schutzwürdigen Interessen iS des § 67a Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c SGB X entgegen. Die Abwägung zwischen dem Interesse der öffentlichen Stelle an der Erhebung von Daten ohne Mitwirkung des Betroffenen und dessen möglicherweise entgegenstehenden Interessen erfordert, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sein könnten. Solche ergeben sich vorliegend weder aus dem Gesamtzusammenhang des Verfahrens noch aus dem Vortrag des Klägers selbst.

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c) Der Kläger ist zur Inanspruchnahme der Rente verpflichtet, denn diese ist iS des § 12a Satz 1 SGB II zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich. Erforderlich in diesem Sinne ist nicht nur jede Inanspruchnahme von Sozialleistungen, die Hilfebedürftigkeit nicht eintreten oder eine bestehende Hilfebedürftigkeit wegfallen lässt, sondern auch, wenn deren Dauer verkürzt bzw begrenzt oder der Höhe nach verringert wird (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 21).

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Vorliegend führt die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit des Klägers nach dem SGB II. Insoweit ist nur auf ihn und nicht auch auf seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau abzustellen. § 12a Satz 1 SGB II bietet mit Blick auf die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente keinen Ansatz dafür, dass nicht auch insoweit nur auf den je individuellen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abzustellen ist, der das SGB II prägt(BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 32 f mit ausführlicher Begründung).

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d) Neben der festgestellten Verpflichtung des Klägers zur Antragstellung ist diese iS des § 12a Satz 1 SGB II auch erforderlich, weil Renten aus eigener Versicherung nur auf Antrag geleistet werden(§ 99 Abs 1 SGB VI). Die angefochtene Aufforderung des Klägers zur Antragstellung ist hinreichend bestimmt, denn sie bezieht sich darauf, "einen Antrag auf eine geminderte Altersrente ab dem 63. Lebensjahr bei ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen". Die dem Kläger gesetzte Frist für die Antragstellung bei der DRV bis zum 6.5.2013 ist mit zweieinhalb Wochen unter Berücksichtigung eines Feiertags noch angemessen, zumal sich aus der Frist selbst heraus keinerlei Wirkungen ergeben, sodass auch eine relativ kurze Frist keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.

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7. Der Verpflichtung des Klägers zur Rentenantragstellung und Inanspruchnahme steht die auf § 13 Abs 2 SGB II beruhende UnbilligkeitsV nicht entgegen, weil keiner der in ihr abschließend geregelten Ausnahmetatbestände(BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 23 mwN) vorliegt.

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Eine Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente würde nicht zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) führen (§ 2 UnbilligkeitsV), weil der Kläger keinen Anspruch auf Alg nach dem SGB III hat. Der Kläger konnte die Altersrente nicht in nächster Zukunft abschlagsfrei in Anspruch nehmen (§ 3 UnbilligkeitsV). Abschlagsfrei in Anspruch nehmen konnte er eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 237 Abs 3 SGB VI iVm Anlage 19 zum SGB VI) und eine Altersrente für langjährig Versicherte erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze (Anhebung der Altersgrenze um vier Monate durch § 236 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Ein Zeitraum von zwei Jahren oder länger zwischen dem Beginn der vorzeitigen Inanspruchnahme mit Abschlägen nach Vollendung des 63. Lebensjahres bis zur abschlagsfreien Inanspruchnahme ist aber nicht eine bevorstehende abschlagsfreie Altersrente "in nächster Zukunft" bzw "alsbald" (vgl § 5 Abs 2 iVm Abs 1 UnbilligkeitsV; siehe auch Begründung des Referentenentwurfs zur UnbilligkeitsV, S 8, abrufbar unter http://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/unbilligkeitsverordnung.html: längstens drei Monate).

31

Schließlich greifen auch die Ausnahmebestimmungen in §§ 4 und 5 UnbilligkeitsV nicht. Weder ist der Kläger erwerbstätig iS des § 4 UnbilligkeitsV noch steht iS des § 5 UnbilligkeitsV eine Erwerbstätigkeit in nächster Zukunft bevor. Soweit der Kläger den Wunsch oder die Möglichkeit anspricht erwerbstätig sein zu wollen, stellt dies keine Erwerbstätigkeit nach § 4 UnbilligkeitsV dar. Dass der Beklagte das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht bereits in dem ursprünglichen Aufforderungsbescheid vom 16.4.2013 geprüft hat, wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit nicht aus, weil die Prüfung im Widerspruchsbescheid vom 25.7.2013 nachgeholt worden ist.

32

8. Das in Bezug auf die Verpflichtung des Klägers, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen und zu beantragen, eröffnete Ermessen hinsichtlich des "Ob" einer Aufforderung hat der Beklagte erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt. Seine Ermessensausübung ist gerichtlich nur eingeschränkt darauf zu prüfen (§ 39 Abs 1 SGB I, § 54 Abs 2 Satz 2 SGG), ob er sein Ermessen überhaupt ausgeübt, ob er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ("Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

33

a) Dass der Beklagte sein Entschließungsermessen erkannt hat, ergibt sich bereits aus den Formulierungen in dem Aufforderungsbescheid vom 16.4.2013. Dort heißt es: "Diese Aufforderung zur Antragstellung steht in meinem pflichtgemäßen Ermessen." Weiterhin wird dieses Ermessen zunächst allgemein ausgeübt, indem der Beklagte dem öffentlichen Interesse an einer Aufforderung zur Beantragung einer Rente wegen Alters den Vorrang einräumt vor dem privaten Interesse des Klägers, eine Rente wegen Alters ohne Abschläge zu erlangen. Zudem wird ausgeführt, dass keine weiteren Ermessensgesichtspunkte erkennbar seien, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers hätten berücksichtigt werden können. Auch wenn der Beklagte sich im Widerspruchsbescheid nicht mit den Argumenten des Klägers im Einzelnen auseinandergesetzt hat, kann angesichts der Hervorhebung des auszuübenden Ermessens nicht von einem Ermessensausfall oder einem Ermessensfehlgebrauch ausgegangen werden. Zudem ist nochmals herausgestellt worden, dass der Kläger mit seinem Bedarf von monatlich 563 Euro dauerhaft unabhängig von der Inanspruchnahme steuerfinanzierter Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sein werde. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die wirtschaftlichen Folgen für ihn und die Tatsache, dass er nur knapp aus dem zeitlichen Anwendungsbereich der UnbilligkeitsV herausfalle, müssten ebenso im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden, wie sein Wunsch, dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen, stellen diese Gesichtspunkte einen Widerspruch zur gesetzlichen Regelungskonzeption dar und sind vom Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden.

34

b) Andere Gründe, weshalb vom gesetzlichen Regelfall, der vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres den Vorrang vor dem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einzuräumen, abgewichen werden könnte, hat der Beklagte nicht erkennen können; sie drängen sich auch dem Senat nicht auf. Es bedurfte daher keiner weiteren Ermessenserwägungen und keiner weiteren Begründung, weil Anhaltspunkte für atypische Umstände fehlen, mit Blick auf die zu erwägen gewesen wäre, ob vorliegend vom gesetzlichen Regelfall abzuweichen ist. Insbesondere bedurfte es im maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Aufforderung keiner Erwägungen zur Höhe der zu erwartenden vorzeitigen Altersrente, weil evident war, dass diese trotz der gesetzlich vorgesehenen Rentenabschläge erheblich höher ist als der monatliche individuelle Alg II-Bedarf des Klägers und damit auch sein Bedarf nach dem SGB XII. Nach der Rentenauskunft vom 21.6.2013 würde die abschlagsfreie Altersrente 964,17 Euro betragen, während dem bei vorzeitiger Inanspruchnahme ein Rentenanspruch von 894,75 Euro nach Abschlägen gegenübersteht, was den festgestellten Bedarf des Klägers in Höhe von 563 Euro monatlich bei Weitem übersteigt. Soweit der Kläger einwendet, es seien bei der Bedarfsbemessung Unterhaltsansprüche seiner Ehefrau ihm gegenüber nicht berücksichtigt worden, verkennt er, dass es bei dem Vergleich nur um seinen eigenen Bedarf und die eigenen Rentenansprüche geht (siehe dazu oben unter 6. c).

35

c) Hinzu kommt, dass eine isolierte Betrachtung der Höhe des Leistungsanspruchs nach dem SGB II oder SGB XII und der Höhe der vorrangigen Sozialleistung ohnehin nicht geeignet ist, eine Unzumutbarkeit ihrer Inanspruchnahme aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu begründen, weil § 12a Satz 1 SGB II schon eine Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Verpflichtung zur Inanspruchnahme genügen lässt und das Nachrangprinzip auch im SGB XII gilt(§ 2 SGB XII; BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 41).

36

d) Schließlich vermag ein atypischer Fall nicht daraus zu folgen, dass der Kläger nach Erreichen der Regelaltersgrenze und bei Bezug der Regelaltersrente wegen der mit einer vorzeitigen Altersrente verbundenen dauerhaften Rentenabschläge hilfebedürftig im Sinne des SGB XII sein könnte, weil es auf eine etwaige künftige Hilfebedürftigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente nicht ankommt (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 42).

37

9. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung verstößt auch nicht gegen Grundrechte des Klägers. Die durch den Beklagten angewendeten Vorschriften des SGB II zur Sicherung des Nachrangs von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Verweis auf vorrangige Leistungen sind verfassungsgemäß (ausführlich BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 44 ff).

38

Die gesetzliche Verpflichtung einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente und der damit verbundenen dauerhaften Rentenabschläge ist keine Verletzung von Art 14 Abs 1 GG, die auf die Aufforderung zur Beantragung der vorzeitigen Altersrente durchschlagen könnte. Dass Rentenabschläge bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente mit Art 14 Abs 1 GG vereinbar sind, ist in der Rechtsprechung des BVerfG wie des BSG geklärt (vgl BVerfG Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16; BVerfG Kammerbeschluss vom 5.2.2009 - 1 BvR 1631/04 - BVerfGK 15, 59; BSG Urteil vom 19.11.2009 - B 13 R 5/09 R - SozR 4-2600 § 236 Nr 1; BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 12a Nr 1 vorgesehen, RdNr 45).

39

Die Berufsfreiheit des Klägers gemäß Art 12 GG ist durch die Aufforderung zur Rentenantragstellung ebenfalls nicht verletzt. Es ist schon im Ansatz nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger durch die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente bei seiner Berufswahl oder -ausübung in verfassungsmäßig nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt sein sollte.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist vorläufig zu entscheiden, wenn

1.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen oder
2.
ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.
Besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 über den Leistungsanspruch aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorläufig zu entscheiden. Eine vorläufige Entscheidung ergeht nicht, wenn Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, zu vertreten haben.

(2) Der Grund der Vorläufigkeit ist anzugeben. Die vorläufige Leistung ist so zu bemessen, dass der monatliche Bedarf der Leistungsberechtigten zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt ist; davon ist auszugehen, wenn das vorläufig berücksichtigte Einkommen voraussichtlich höchstens in Höhe des Absetzbetrages nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 von dem nach Satz 3 zugrunde zu legenden Einkommen abweicht. Hierbei sind die im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten und prognostizierten Verhältnisse zugrunde zu legen. Soweit die vorläufige Entscheidung nach Absatz 1 rechtswidrig ist, ist sie für die Zukunft zurückzunehmen. § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(3) Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen; die §§ 60, 61, 65 und 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.

(4) Die abschließende Entscheidung nach Absatz 3 soll nach Ablauf des Bewilligungszeitraums erfolgen.

(5) Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt. Dies gilt nicht, wenn

1.
die leistungsberechtigte Person innerhalb der Frist nach Satz 1 eine abschließende Entscheidung beantragt oder
2.
der Leistungsanspruch aus einem anderen als dem nach Absatz 2 Satz 1 anzugebenden Grund nicht oder nur in geringerer Höhe als die vorläufigen Leistungen besteht und der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über den Leistungsanspruch innerhalb eines Jahres seit Kenntnis von diesen Tatsachen, spätestens aber nach Ablauf von zehn Jahren nach der Bekanntgabe der vorläufigen Entscheidung, abschließend entscheidet.

(6) Die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen sind auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten, sofern sie insgesamt mindestens 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betragen. Das gilt auch im Fall des Absatzes 3 Satz 3 und 4.

(7) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist oder
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist.
Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 2 bis 4 sowie Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend § 40 Absatz 2 Nummer 5.

(2) Der Ersatzanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches festgesetzt worden ist, unanfechtbar geworden ist. Soweit gegenüber einer rechtswidrig begünstigten Person ein Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden kann, beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zeitpunkt, ab dem die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung hat. § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 34 Absatz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach dem Tod der Person, die gemäß Absatz 1 zum Ersatz verpflichtet war; § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Zum Ersatz nach Absatz 1 und zur Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

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a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

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b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

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Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

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Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

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Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

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2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Leistungsklage Mitwirkung Streitgegenstand Versagung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungskläger -

gegen

Jobcenter A. Stadt,

vertreten durch den Geschäftsführer, A1-W.-Straße ..., A.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

erlässt der 16. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in München gemäß § 153 Abs. 4 SGG

am 28. Juli 2015

ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende Richterin am Bayer. Landessozialgericht Berndt sowie die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Dr. Alexander und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Hohlen folgenden

Beschluss:

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 streitig.

Der 1976 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.05.2014, nach dem Eingangsstempel eingegangen beim Beklagten am 02.06.2014, formlos die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er sei arbeitslos, hilfebedürftig und erwerbsfähig. Mit der Arbeitsagentur habe er nichts zu tun. Er sei nicht verheiratet oder geschieden und habe keine Kinder, sondern sei glücklicher Alleinstehender. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen seien nicht vorhanden. Da es dafür keine Nachweise geben könne, müsse der Beklagte „wohl oder übel“ auf seine Angaben vertrauen, bis ihm die Justiz das Gegenteil nachweise. Er lebe alleine in einer Mietwohnung, die Kaltmiete betrage 220 € zuzüglich 60 € Betriebskostenpauschale und Heizkostenvorschuss. In der Küche sei ein elektrischer Warmwasserboiler vorhanden. Der Stromkostenvorschuss betrage derzeit 30 € alle zwei Monate. Er gab ferner seine Kontoverbindung sowie die Anschrift seiner Krankenversicherung und die seines Vermieters an.

Mit Schreiben vom 06.06.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, sich umgehend persönlich beim Beklagten zu melden, damit der Antrag besprochen werden könne. Er sei gemäß §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Unterlagen nachzuweisen. Soweit nicht bis 20.06.2014 die persönliche Vorsprache erfolge oder Unterlagen eingereicht würden, könnten Leistungen nach

§ 66 SGB I versagt werden.

Hierzu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2014 sinngemäß dahingehend, dass er alle für die Leistung erheblichen Angaben gemacht habe. Außerdem gebe es den Datensatz und die Akten aus dem ALG I-Bezug. Das persönliche Erscheinen halte er schon wegen des Zeitaufwandes und der ungeklärten Fahrtkosten für unzweckmäßig. Der Beklagte solle ihm schriftlich mitteilen, welche Unterlagen er aus welchem Grund und unter Beachtung der Datenschutzvorschriften benötige. Im Übrigen sei der Antrag bereits am 31.05.2014 eingegangen.

Mit Schreiben vom 04.07.2014 erhob der Kläger Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A-Stadt und gegen die Stadt A-Stadt zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 640/14) und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er stellte sinngemäß folgende Anträge:

1. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.05.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.

2. Der Beklagte hat wegen Nichtleistung/Verzögerung der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt dem Grunde nach Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Amtshaftung gemäß § 839 BGB und Verzögerung gemäß § 286 BGB zu leisten.

Mit Schreiben vom 11.07.2014 stellte der Beklagte gegenüber dem Kläger klar, dass eine persönliche Vorsprache zwar nicht erforderlich sei, dafür aber die Vorlage der im Folgenden bezeichneten Unterlagen (vollständig ausgefüllter Hauptantrag, Anlage KdU, Anlage EK, Anlage VM, Kopie des Personalausweises, Meldebescheinigung, Kopie der Krankenkassenkarte, Kopie des Sozialversicherungsausweises, schriftliche Stellungnahme zum Lebensunterhalt der letzten 12 Monate, Auslieferungsbeleg zum Nachweis des Antragszugangs, Mietvertrag, Mietaufstellung, Heizkostenabrechnung zum Nachweis der dezentralen Warmwasseraufbereitung, lückenlose Kontoauszüge aller Bankkonten seit 01.04.2014, Finanzstatusübersicht der Sparkasse A-Stadt zum 01.05.2014). Er wurde unter Fristsetzung bis 31.07.2014, Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff SGB I sowie die Versagungsmöglichkeit des § 66 SGB I aufgefordert, diese Unterlagen vorzulegen.

Auch das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die bisher gemachten Angaben nicht ausreichend seien, um den Antrag prüfen zu können (Schreiben vom 09.07.2014).

Weil der Kläger keine Nachweise vorlegte, versagte der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2014 die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014 gemäß § 66 SGB I. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Der Beklagte sei zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet und könne nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in rechtmäßiger Höhe Leistungen erbringen.

Am 06.08.2014 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.08.2014 ein, da er gemäß § 65 Abs. 3 SGB I das Recht habe, seine Auskünfte auf das Notwendige zu beschränken. Die angeforderten Kontoauszüge seien nicht aussagekräftig. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2014 erhob er am 12.09.2014 nochmals Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 933/14). Diese wurde mit Beschluss vom 04.02.2015 zum Verfahren S 11 AS 640/14 verbunden.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht mit Urteil vom 04.02.2015 die gegen den Bescheid vom 04.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete Klage auf Leistungsgewährung ab dem 01.05.2014 als unbegründet ab und verwies den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz an das Landgericht A-Stadt.

Soweit der Kläger die Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit, und die Stadt A-Stadt richtet, sei dies dahingehend auszulegen, dass die Klage gegen das Jobcenter A-Stadt-Stadt als gemeinsame Einrichtung der genannten Behörden gerichtet sei. Dessen Beteiligungsfähigkeit ergebe sich aus § 70 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klage sei als Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Grundsätzlich sei gegen einen Versagensbescheid gemäß § 66 SGB I nur die Anfechtungsklage eröffnet. Allerdings könne der Kläger ausnahmsweise auch auf Leistungsgewährung klagen, weil er behaupte, die Anspruchsvoraussetzungen seien bereits anderweitig, nämlich durch Kenntnis der Arbeitslosengeld I-Akte geklärt. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers zu Recht gemäß § 66 SGB I versagt habe und der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II seit 01.05.2014 habe. Er sei zur Vorlage und Abgabe der angeforderten Unterlagen und Erklärungen gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I verpflichtet gewesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausdrücklich entschieden, dass Kontoauszüge der letzten drei Monate und Finanzstatusübersichten angefordert werden dürften (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R). Auch die weiteren angeforderten Unterlagen seien für die Beurteilung der Leistungsvoraussetzungen von Bedeutung. Die Mitwirkungspflicht des Klägers sei auch nicht gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I begrenzt, da nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte die angeforderten Angaben und Unterlagen mit geringerem Aufwand beschaffen könnte als der Kläger. Insbesondere seien die Angaben aus der Arbeitslosengeld I-Akte nicht ausreichend, da die Leistungsvoraussetzungen unterschiedlich seien, und Angaben zu früheren Einkünften in der Gegenwart nicht relevant. Weil aufgrund der fehlenden Mitwirkung die Leistungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden könnten, da der Kläger die Hilfebedürftigkeit nicht habe nachweisen können, sei auch die Leistungsklage als unbegründet abzuweisen. Der Kläger trage die materielle Beweislast für das Vorliegen seiner Hilfebedürftigkeit. Auch wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantrage, habe die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit zu tragen, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen ließen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/09 R, Rn. 21). Das Urteil wurde dem Kläger am 13.02.2015 zugestellt.

Am 18.02.2015 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Bereits der Tatbestand des Urteils sei falsch und unnötig anklagend. Er sei der Überzeugung, dass in einem auf Freiheit basierenden Sozialstaat der Staat dem Bürger vertrauen müsse, bis seine Strafverfolgungsbehörde einen Sozialbetrug nachweise. Seine Hilfebedürftigkeit sei nicht nachweisbar. Das Gericht nötige ihn, Details und Nachweise zu liefern. Das Gericht hätte selbst bei Vermieter und Bank nachfragen können, wie es auch hinsichtlich der Zustellung des Einschreibens nachgefragt habe. Eine Einverständniserklärung zur Bankauskunft habe er nicht erhalten. Tatsächlich handele es sich bei der Zahlungsverweigerung auch nicht um eine vorläufige Versagung, sondern um einen befristeten Leistungsausschluss in Analogie zu §§ 31 ff. SGB II für die Zeit vom 01.06.2014 bis zum 30.11.2014, gegen den sowohl Anfechtungsklage als auch Verpflichtungsklage zulässig seien.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.03.2015 zur Berufung Stellung genommen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise sei der Kläger aufzufordern, Nachweise über seine Hilfebedürftigkeit vorzulegen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.04.2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört und den Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat die Leistungsklage als unzulässig ansieht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Senat zugezogenen Akten in den weiteren Verfahren des Klägers (L 7 AS 595/14 B ER und L 16 AS 92/15 B ER) sowie den beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143,151 SGG zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Der Senat kann über den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden und die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden.

Die auf Aufhebung des Versagungsbescheids vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Die Berufung wird insoweit aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine andere Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Ergänzend wird auf die Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des erkennenden Senats vom 10.04.2015 im Verfahren L 16 AS 92/15 B ER verwiesen.

Die auf Gewährung von Leistungen vom 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 gerichtete Leistungsklage ist bereits unzulässig. Die Klage ist auch als sog. unechte Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) nicht zulässig, weil der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.08.2014 keine Entscheidung über Leistungsansprüche des Klägers getroffen hat. Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger eine beantragte Sozialleistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise bis zur Nachholung der gemäß §§ 60 ff. SGB I erforderlichen Mitwirkungshandlungen versagen, wenn der Antragsteller diesen nicht nachgekommen ist und die Aufklärung des Sachverhalts dadurch erheblich erschwert wird. Er hat damit gerade keine Entscheidung über den (möglicherweise) zustehenden Leistungsanspruch getroffen. Gegenstand des gegen die Versagungsentscheidung gerichteten Rechtsstreits ist daher nicht der materielle Anspruch, sondern ausschließlich die Auseinandersetzung über die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren (BSG, Urteil vom 17.02.2004, Seewald in Kasseler Kommentar, 77. Erg.lief. 2013, § 66 SGB I, Rn. 40). Ziel der gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung gerichteten Klage ist das Begehren, das Verwaltungsverfahren nach dessen Aufhebung fortzusetzen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2008, L 21 R 187/05). Aus diesem Grund ist gegen die Versagung einer Sozialleistung grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage statthaft. Dies gilt auch, wenn die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II im Streit steht (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R).

Soweit das BSG daneben ausnahmsweise die Zulässigkeit einer auf Leistung gerichteten Klage für den Fall erwogen hat, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung wegen fehlender Mitwirkung lediglich das bisherige Verwaltungsverfahren wiederholen würde, weil die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten entweder unstreitig sind oder dies jedenfalls behauptet wird, liegt ein solcher Fall nicht vor. Zulässig wäre in diesem Fall nämlich nicht die Verurteilung zur Verbescheidung, sondern entweder die Verurteilung zur Leistung, wenn die Leistungsvoraussetzungen festgestellt werden können, oder die Ablehnung, wenn feststeht, dass der behauptete Anspruch nicht besteht (Seebald, a. a. O., Rn. 40a). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, es wäre „aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar“, lediglich die Versagung wegen mangelnder Mitwirkung aufzuheben und den Versicherten auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen, wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen seien. Andernfalls verbietet sich eine Entscheidung in der Sache, schon um den Beteiligten nicht die Möglichkeit einer Überprüfung des Leistungsanspruchs in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermöglichen (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren nicht mehr behauptet, die Leistungsvoraussetzungen seien bereits nachgewiesen, sondern selbst einräumt, dass weitere Nachweise (z. B. die Vorlage von Kontoauszügen) in Betracht kommen würden, die jedoch nicht von ihm, sondern vom Beklagten bzw. von den angerufenen Gerichten anzufordern wären. Auch für den Senat steht derzeit noch nicht abschließend fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf die beantragten Leistungen hat. Der Rechtsstreit ist daher, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch unter prozessökonomischen Gründen auf die um den Umfang der Mitwirkungspflichten des Klägers geführte Anfechtungsklage zu beschränken, um dem Kläger nicht die Möglichkeit zu nehmen, die Leistungsvoraussetzungen noch anderweitig nachzuweisen, sobald die Frage der Mitwirkung abschließend rechtlich geprüft ist.

Ergänzend wird zum Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ausgeführt:

Der Kläger ist durch die vorläufige Versagung der beantragten Leistungen mit dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 04.08.2014 nicht beschwert, weil im Zeitpunkt seines Erlasses die Voraussetzungen für die Versagung wegen fehlender Mitwirkung erfüllt waren und der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gehandelt und dieses ordnungsgemäß ausgeübt hat (zum maßgebenden Überprüfungszeitpunkt, vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988, 7 Rar 70/87, und Beschluss vom 25.02.2013, B 14 AS 133/12 B). Der Beklagte hat sein Ermessen in noch ausreichender Form dahingehend ausgeübt, dass er zu erkennen gegeben hat, dass er darauf Wert legt, Leistungen nur in rechtmäßiger Höhe zu erbringen und dass ihm dies aufgrund der vollständig fehlenden Nachweise nicht möglich sei. Er hat auch geprüft, ob Umstände vorliegen, die für eine Leistungsgewährung sprechen würden und dies im Ergebnis verneint. Diese Entscheidung ist angesichts des Fehlens jeglicher Nachweise für die Bedürftigkeit des Klägers nicht zu beanstanden.

Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung eines Verwaltungsakts ist bei einer Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsakts bzw. des Widerspruchsbescheides, wenn ein solcher ergangen ist, an. Eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage ist in der Regel unbeachtlich (BSG in ständiger Rechtsprechung, z. B. im Urteil vom 22.09.2009, B 2 U 32/08 R, vgl. auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 04.07.2006, 5 B 90/05). Deshalb kommt es im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung auch nicht darauf an, ob der Kläger inzwischen bereit ist, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen. Auch bei Nachholung der Mitwirkung begründet dies lediglich einen Anspruch auf eine Prüfung nach § 67 SGB I.

Soweit der Kläger daher in seiner Berufungsbegründung angedeutet hat, er wäre möglicherweise bereit, eine Erklärung über die Entbindung seiner Bank vom Bankgeheimnis zu unterzeichnen, wenn man dies von ihm fordern würde, ist dies von vornherein nicht geeignet, nachträglich eine andere rechtliche Beurteilung des im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig ergangenen Versagungsbescheids herbeizuführen, zumal auch diese Erklärung nicht die mit Schreiben vom 14.07.2014 rechtmäßig geforderten Mitwirkungshandlungen ersetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.