Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. November 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird endgültig auf 45.555 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung ab dem 1. Juni 2003 aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) streitig.
Bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich um eine Städtische Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in L./S.. Zweck der Gesellschaft ist es, vorrangig eine sozialverantwortbare Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung sicherzustellen, Maßnahmen der kommunalen Infrastruktur zu unterstützen und städtebauliche Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Die Gesellschaft errichtet, erwirbt, betreut, bewirtschaftet und verwaltet deshalb Wohnungen in allen Rechts- und Nutzungsformen (vgl § 2 Abs 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags [GV]). Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 9.500.000 EUR. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt L./S. (§ 3 GV). Organe der Gesellschaft sind die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung (§ 4 GV). Mit Geschäftsführern und Mitgliedern des Aufsichtsrats dürfen Geschäfte und Rechtsgeschäfte des § 2 GV nur abgeschlossen werden, wenn der Aufsichtsrat dem Abschluss solcher Geschäfte zugestimmt hat (§ 5 Abs 2 GV). Zur Geschäftsführung ist in den §§ 6 bis 8 GV Folgendes geregelt:
„Geschäftsführung
§6
(1) Die Gesellschaft hat je nach der Bestimmung des Aufsichtsrats einen oder mehrere
Gesellschafter/innen.
(2) Die Gesellschaftsführer/innen werden vom Aufsichtsrat auf die Dauer von 5 Jahren bestellt. Wiederholte Bestellung ist zulässig. Die Bestellung kann vorzeitig nur aus wichtigem Grund von der Gesellschafterversammlung widerrufen werden.
(3) Der Aufsichtsrat kann Mitglieder der Geschäftsführung vorläufig ihres Amtes entheben. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln aller Mitglieder des Aufsichtsrats. Für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung von Mitgliedern der Geschäftsführung hat der Aufsichtsrat die Fortführung der Geschäfte sicherzustellen; die Gesellschafterversammlung ist unverzüglich einzuberufen. Den vorläufig ihres Amtes enthobenen Mitgliedern der Geschäftsführung ist in der Gesellschafterversammlung Gehör zu geben.
(4) Anstellungsverträge mit Geschäftsführern/innen werden vom Aufsichtsrat auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen; sie können auch im Falle des Widerrufs der Bestellung als Geschäftsführer/in nur aus wichtigem Grund vom Aufsichtsrat gekündigt werden.
(5) Die Geschäftsführer/innen dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Sie dürfen ohne Einwilligung auch nicht Mitglieder des Vorstands oder Geschäftsführer/in oder persönlich haftende/r Gesellschafter/in einer anderen Handelsgesellschaft sein. Die Einwilligung des Aufsichtsrats kann nur für bestimmte Handelsgewerbe oder Handelsgesellschaften oder für bestimmte Arten von Geschäften erteilt werden. Im Übrigen gilt § 88 AktG entsprechend.
§ 7
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(1) Die Geschäftsführung vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ist nur ein/e Geschäftsführer/in bestellt, so vertritt er/sie die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer/innen bestellt, so vertreten zwei Geschäftsführer/innen gemeinschaftlich oder ein/e Geschäftsführer/in gemeinschaftlich mit einem Prokuristen/einer Prokuristin die Gesellschaft.
11 
(2) Bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer/innen und eines/einer oder mehrerer Prokuristen/innen sind Willenserklärungen für die Gesellschaft nur verbindlich, wenn sie von zwei Geschäftsführer/innen oder von einem/einer Geschäftsführer/in und einem/einer Prokuristen/in abgegeben werden.
12 
(3) Die Geschäftsführung führt die Geschäfte der Gesellschaft selbstverantwortlich nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag. Sind mehrere Geschäftsführer/innen bestellt, so können einzelne Geschäftsführer/innen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt werden.
13 
(4) Die Geschäftsführung hat für jedes Geschäftsjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsführung ist eine fünfjährige Finanzplanung zu Grunde zu legen. Wirtschafts- und Finanzplan sind der Stadt L. zur Kenntnis zu bringen.
14 
(5) Die Geschäftsführung hat den Jahresabschluss und den Lagebericht zusammen mit dem Prüfungsbericht des Abschlussprüfers unverzüglich nach dem Eingang des Prüfungsberichts dem Aufsichtsrat vorzulegen. Zugleich ist der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns vorzulegen.
15 
(6) Die Geschäftsführung hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers nebst dem Bericht des Aufsichtsrats über das Ergebnis seiner Prüfung unverzüglich den Gesellschafter/innen vorzulegen.
16 
(7) Die Geschäftsführung hat dem Aufsichtsrat regelmäßig über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu berichten und in den Sitzungen des Aufsichtsrats, an denen sie auf dessen Verlangen teilnimmt, Auskunft zu erteilen.
§ 8
17 
Geschäftsführer/innen, die ihre Obliegenheiten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Sie haben die Sorgfalt eines/einer ordentlichen Geschäftsmannes/Geschäftsfrau anzuwenden.“
18 
Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführer in ihrer Geschäftsführung zu fördern, zu beraten und zu überwachen (§ 10 Abs 1 GV). Ihm obliegt nach vorheriger gemeinsamer Beratung mit der Geschäftsführung die Beschlussfassung über die Grundsätze für den Erwerb und die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstücken, die Einstellung in und die Entnahme aus anderen Gewinnrücklagen, die Zustimmung zur Bestellung von Prokuristen, die Vorbereitung der Vorlagen an die Gesellschafterversammlung, die Geschäftsanweisung für die Geschäftsführung und die Wahl und Beauftragung des Abschlussprüfers (§ 13 Abs 2 GV). Die Gesellschafterversammlung wird in der Regel von der Geschäftsführung einberufen (§ 16 Abs 1 GV). Ihr unterliegt die Beschlussfassung ua über die Entlastung und den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers (§ 18 Buchst h) und k) GV).
19 
Der am 9. Oktober 1974 geborene Beigeladene zu 1) erlernte zunächst den Beruf eines Industriekaufmanns und bildete sich im Anschluss daran weiter zum Diplom-Betriebswirt und Diplom-Immobilienwirt. Er war von Januar bis März 1995 bei der F. Energie- und Wasserversorgungs AG als Sachbearbeiter, von Februar 1996 bis November 1999 bei der Stadtwerke F. GmbH als Sachgebietsleiter für das Vertragswesen in der Grundstücks- und Immobilienwirtschaft und von Dezember bis Mai 2003 bei der Städtischen Wohnungsbau Gesellschaft L. als Stellvertreter des hauptamtlichen Geschäftsführers beschäftigt. Mit Geschäftsführervertrag (GfV) vom 23. Dezember 2002 bestellte die Beigeladene zu 2) den Beigeladenen zu 1) mit Wirkung zum 1. Juni 2003 zunächst für die Dauer von fünf Jahren und später bis 2013 zu ihrem allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer, dem die verantwortliche Leitung des gesamten Unternehmens obliegt (§ 1 Abs 1 Satz 2 GfV). Er verfügt über eine Alleinvertretungsbefugnis (§ 2 Satz 2 GfV) und hat für die in § 13 GV aufgeführten Geschäfte die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen. Es ist ein jährliches Bruttogehalt in Höhe von 75.000 EUR zuzüglich Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung vereinbart (§ 4 Abs 1 GfV). Überstunden werden nicht gesondert vergütet (§ 4 Abs 3 Satz 2 GfV). Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird in Anlehnung entsprechend der jeweils aktuellen Regelung des Vergütungstarifvertrages für die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft festgesetzt (§ 4 Abs 4 GfV). Bei Krankheit oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung wird die vertragsmäßige Vergütung für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt (§ 4a Abs 1 GfV). Der Beigeladene zu 1) hat zudem einen Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (§ 7 Abs 1 GfV). Am 8. Januar 2004 schlossen der Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) eine Ergänzung des GfV dahingehend, dass ihm nach Beendigung der Probezeit ein Geschäftswagen zur Verfügung gestellt wird.
20 
Am 22. April 2004 haben die Beigeladenen zu 1) und 2) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) die Überprüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) beantragt. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines fremden Geschäftsführers einer GmbH gaben sie an, der Beigeladene zu 1) sei im Rahmen seiner 55 bis 60 Wochenstunden umfassenden Tätigkeit „de facto“ vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit, verfüge als einziger Geschäftsführer über die zur Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse, unterliege im Hinblick auf Zeit, Ort und Art der Beschäftigung keinem Direktionsrecht der Beigeladenen zu 2), könne von bestimmten wichtigen Geschäften abgesehen seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, könne auch selbständig Personal einstellen und/oder entlassen, müsse sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen und die monatliche Vergütung von ca 6.300 EUR werde als Lohn/Gehalt verbucht. Am Gewinn des Unternehmens sei er nicht beteiligt. Beigefügt war eine Vereinbarung „wegen der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen“ vom 2. Juli 2004, wonach die von den Sozialversicherungsträgern zurückerstatten Arbeitgeberbeiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung dem Beigeladenen zu 1) zufließen sollten. Die erstatteten Beiträge seien entsprechend den geltenden steuerlichen Bestimmungen zu versteuern. Zur weiteren Begründung wurde zudem das Schreiben des Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beigeladenen zu 2), Oberbürgermeister Dr. M., vom 2. Juli 2004 vorgelegt, der angab, dass der Beigeladene zu 1) mit seinem Eintritt bei der Beigeladenen zu 2) alle unternehmerischen Entscheidungen, die nicht der Beschlussfassung des Aufsichtsrates nach § 13 Abs 2 Buchst a) bis f) GV bzw der Beschlussfassung des Gesellschaftsvertrages unterfielen, eigenverantwortlich und selbständig nach eigenem Ermessen getroffen habe. Es sei gegenwärtig nicht beabsichtigt, die Weisungsfreiheit einzuschränken.
21 
Mit Bescheid vom 4. November 2004, gerichtet an den Beigeladenen zu 1), stellte die Beklagte fest, dass er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 1. Juni 2003 nicht abhängig beschäftigt sei, da er de facto von § 181 BGB befreit sei, bezüglich Zeit, Ort und Art seiner Beschäftigung keinerlei Weisungen unterliege und alleinvertretungsberechtigt sei. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach der Beigeladene zu 1) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids Widerspruch erheben könne. Die Beklagte gab diesen Bescheid der Klägerin nicht bekannt. Ab Dezember 2004 wurden für den Beigeladenen zu 1) keine Pflichtbeiträge mehr abgeführt. Die bis dahin gezahlten Beiträge wurden auf einen dahingehenden Antrag vom 16. November 2004 erstattet.
22 
Am 26. Januar 2006 führte die Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2005 durch. Hierbei erlangte sie Kenntnis von dem Bescheid der Beklagten vom 4. November 2004. Mit Bescheid vom 24. Februar 2006 forderte die Klägerin von der Beigeladenen zu 2) nach Durchführung der Betriebsprüfung einen Nachzahlungsbetrag von insgesamt 164,18 EUR, nachdem für einen Teil der im Prüfungszeitraum beschäftigten Aushilfskräfte irrtümlich keine Umlagebeiträge abgeführt worden seien. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die zuständige Einzugsstelle (Beklagte) um nochmalige Überprüfung ihrer Entscheidung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1) angehalten werde. Die Beigeladene zu 2) erhalte über das Ergebnis der Prüfung Nachricht.
23 
Mit Schreiben vom 24. Februar 2006, das dem Beigeladenen zu 1) in Kopie übermittelt wurde, teilte die Klägerin der Beklagten daraufhin mit, im Rahmen der Betriebsprüfung sei zur Frage der versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1) der Bescheid vom 4. November 2004 vorgelegt worden. Bei dieser Tätigkeit handle es sich jedoch um eine abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung, da keine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft bestehe und das unternehmerische Risiko fehle, der Beigeladene zu 1) nur seine Arbeitskraft in den Dienst der Beigeladenen zu 2) stelle und Anspruch auf Gehalt, Urlaub und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall habe, Beschlüsse der Gesellschafter ausführen müsse bzw nur im Rahmen dieser Beschlüsse handeln könne. Die Beklagte werde deshalb um erneute Prüfung des Sachverhalts und um Rücknahme des Bescheids gebeten.
24 
Mit Schreiben vom 8. März 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, man habe die Unterlagen nochmals geprüft und sei nach wie vor der Auffassung, dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) nicht abhängig beschäftigt sei und somit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Lediglich „ergänzend zu dem Bescheid vom 4.11.2004“ wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 1) könne bis auf die in § 13 GV aufgeführten außergewöhnlichen Rechtsgeschäfte seine unternehmerischen Entscheidungen vollkommen weisungsfrei ausüben und zudem Personal selbständig einstellen oder entlassen. Als einziger Geschäftsführer verfüge er auch über die für die Unternehmensführung erforderlichen Branchenkenntnisse. Er sei damit „Kopf und Seele“ des Unternehmens. Da mithin das Recht nicht unrichtig angewandt worden sei, sei eine Rücknahme unter Berücksichtigung der §§ 44, 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht möglich.
25 
Nachdem die Klägerin bereits am 24. und 30. März 2006 intern in die Prüfung eingetreten war, ob vorliegend Anfechtungsklage erhoben werden solle (vgl Schreiben der Klägerin vom 24. März 2006 an den Betriebsprüfdienst in O. und Schreiben vom 30. März 2006 an die „Abteilung 17 - Grundsatz und Zentraler Service“ in K.), hat die Klägerin, nachdem ihr Betriebsprüfdienst in O. mit Schreiben vom 19. Februar 2007 dahingehend Stellung genommen hatte, auf die Einhaltung einer Frist sei vorliegend nicht zu achten, am 8. März 2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 4. November 2004 aufzuheben, soweit dieser die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung seit dem 1. Juli 2003 feststelle. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Beigeladene zu 1) sei als so genannter Fremdgeschäftsführer für die Beigeladene zu 2) tätig und sei nicht an deren Kapital beteiligt, sodass es an dem für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnenden Unternehmerrisiko fehle. Alleine daraus, dass das Weisungsrecht bei Beschäftigten höherer Art erheblich eingeschränkt sei, könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Der Beigeladene zu 1) sei als Fremdgeschäftsführer in den Betriebsablauf des Unternehmens eingegliedert und unterliege der Überwachung der Beigeladenen zu 2), auch wenn diese „große Freiheiten“ einräume. Der Aufsichtsrat habe zudem gemäß § 13 GV über wichtige Rechtsgeschäfte mitzuentscheiden bzw müsse diese überprüfen. Im Anstellungsvertrag vom 23. Dezember 2002 seien zudem keine Regelungen vereinbart worden, dass sich das Gehalt des Beigeladenen zu 1) am Verlust und Gewinn orientiere. Auch seien keine gewinnabhängigen Tantiemen neben dem Festgehalt zu zahlen. Schließlich sei bei der Beigeladenen zu 2) auch ein Prokurist beschäftigt, der ebenfalls über die einschlägigen Branchenkenntnisse verfüge. Die Klage sei auch zulässig, da die in § 66 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geregelte Jahresfrist vorliegend keine Anwendung finde. Denn die Beklagte habe es unterlassen, ihre Entscheidung vom 4. November 2004 an sie bekannt zu geben. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass sie anlässlich der Betriebsprüfung am 26. Januar 2006 Kenntnis von diesem Bescheid erhalten habe. Denn hierin liege keine zielgerichtete Mitteilung seitens der Beklagten. Schließlich fehle ihr auch nicht das Rechtschutzbedürfnis mit Rücksicht darauf, dass sie bei der Beigeladenen zu 2) am 26. Januar 2006 eine Betriebsprüfung durchgeführt habe, in deren Rahmen sie nach § 28p Abs 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Befugnis gehabt hätte, durch einen eigenen Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entscheiden. Das allgemeine Rechtschutzbedürfnis für die vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage entfiele nur dann, wenn das mit der Klage erstrebte Ergebnis auf einfachere Weise, dh umfassender, leichter oder schneller erreicht werden könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Denn die mit der Klage begehrte Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung seit dem 1. Juni 2003 sei nicht gemäß § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV durch Verwaltungsakt an die Beigeladene zu 2) zu erreichen gewesen. Denn insoweit hätten die Regelungen der §§ 44 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beachtet werden müssen, mit der Folge, dass Bescheide der Einzugsstellen durch die Rentenversicherungsträger wegen der hohen Anforderungen, die § 45 SGB X stelle, praktisch nicht korrigiert werden könnten. Diese Einschränkungen gälten jedoch nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt von einem Dritten angefochten werde (§ 49 SGB X). Die gesetzliche Privilegierung der „Drittanfechtungsklage“ führe dazu, dass für die vorliegende Klage das Rechtschutzbedürfnis zu bejahen sei. Die Klage sei auch nicht rechtsmissbräuchlich im Hinblick auf den Aspekt der Verwirkung. Dass sie Klage gegen den Bescheid vom 4. November 2004 erst am 8. März 2007 erhoben habe, sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte diesen Bescheid ihr nicht bekannt gegeben habe, worin im Übrigen ein Verstoß gegen das Beteiligungsrecht nach § 12 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB X liege. Schließlich habe sie bereits mit Schreiben vom 24. Februar 2006 auf ihre divergierende Rechtsauffassung hingewiesen. Wolle man die Jahresfrist des § 66 Abs 2 Satz 1 SGG überhaupt vorliegend anwenden, so könne diese frühestens am 10. März 2006 zu laufen beginnen, da zu diesem Zeitpunkt das Schreiben der Beklagten vom 8. März 2006 bei ihr eingegangen sei.
26 
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) sind der Klage entgegengetreten. Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben zur weiteren Begründung ua Auszüge aus dem GV, eine Mitarbeiterliste der Beigeladenen zu 2), den Lebenslauf des Beigeladenen zu 1) vom 8. Juli 2007 sowie mehrere Zeugnisse und Diplomurkunden des Beigeladenen zu 1) vorgelegt (Bl 40 bis 74 der SG-Akte).
27 
Mit Beschluss vom 21. März 2007 hat das SG den Geschäftsführer S. (Beigeladener zu 1) und die Städtische Wohnungsbau GmbH (Beigeladene zu 2) zum Verfahren beigeladen. Auf Nachfrage des SG hat die Klägerin mitgeteilt, sie verzichte auf die Wiederholung des Verwaltungsverfahrens.
28 
Mit Urteil vom 27. November 2008, der Beklagten zugestellt am 15. Januar 2009, hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sei unzulässig. Allerdings scheitere sie nicht an der Einhaltung einer Klagefrist. Denn vorliegend habe weder die Monatsfrist aus § 87 SGG noch die Jahresfrist aus § 66 Abs 2 SGG zu laufen begonnen, da beide Vorschriften den Beginn der Frist an die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes knüpften. Der Bescheid vom 4. November 2004 sei der Klägerin gegenüber jedoch nie bekanntgegeben worden. Die Zulässigkeit der Klage scheitere auch nicht am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis, da es die Klägerin selbst in der Hand gehabt habe, den angefochtenen Bescheid vom 4. November 2004 im Rahmen der Betriebsprüfung aufzuheben. Zwar treffe es zu, dass ein Rechtschutzbedürfnis regelmäßig fehle, wenn der Kläger das angestrebte Ergebnis einfacher erreichen könne. Vorliegend habe kein einfacherer Weg zur Durchsetzung des im Klagewege verfolgten Begehrens bestanden. Denn die Klägerin wäre hierbei an die strengen Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X gebunden gewesen, deren Vertrauensschutzbestimmungen während eines sozialgerichtlichen Verfahrens einer Aufhebung nach § 49 SGB X gerade nicht entgegengestanden hätten. Da die Klägerin bei Beginn der Betriebsprüfung noch keine Kenntnis von dem später beanstandeten Bescheid gehabt habe, könne ihr das Rechtschutzinteresse nicht versagt werden. Ansonsten hinge das Rechtschutzbedürfnis im Ergebnis von dem - zufälligen - Umstand ab, auf welche Weise der Rentenversicherungsträger von einem ihm nicht bekanntgegebenen Bescheid erfahre. Anderenfalls führte dies zu dem nicht überzeugenden Ergebnis, dass der Rentenversicherungsträger einen solchen Bescheid nicht mehr im Klagewege anfechten könnte, wenn er ihn erst im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgefunden habe, dies aber möglich bleibe, wenn er von ihm auf andere Weise erfahre. Offenbleiben könne die Frage, ob das Rechtschutzbedürfnis deshalb fehle, weil die Rechtsposition der Klägerin wegen des bestandskräftigen Bescheids vom 8. März 2006 nicht mehr verbessert werden könne. Zwar treffe es zu, dass grundsätzlich kein Rechtschutzinteresse bestehe, wenn auch im Falle des Obsiegens kein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht werden könne. Vorliegend sei jedoch fragwürdig, ob das Schreiben der Beklagten vom 8. März 2006 ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X darstelle und dieser gerade die in dem Bescheid vom 4. November 2004 enthaltene Feststellung treffe. Es spreche einiges dafür, dass die Regelung sich in der Ablehnung des Aufhebungsantrags der Klägerin erschöpfe und keine erneute Feststellung mit Regelungscharakter beinhalte. Die Klägerin habe ihr Recht zur Erhebung einer gegen den Bescheid vom 4. November 2004 gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage am 8. März 2007 jedoch verwirkt. Eine längere Zeitspanne im Sinne des so genannten Zeitmoments liege vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertung des § 66 Abs 2 SGG jedenfalls regelmäßig dann vor, wenn seit dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger von dem anzufechtenden Verwaltungsakt erfahren habe, mehr als ein Jahr vergangen sei. Dies sei vorliegend der Fall. Denn die Klägerin habe von dem Verwaltungsakt vom 4. November 2004 bereits am 26. Januar 2006 Kenntnis erlangt und erst am 8. März 2007 Klage erhoben. Die Erhebung der Klage zu diesem späten Zeitpunkt erscheine aus Sicht des Beigeladenen zu „2)“ (gemeint Beigeladener zu 1) nicht mehr als zumutbar. Denn die Klägerin habe die Beklagte unter dem 24. Februar 2006 dazu aufgefordert, ihre in dem fraglichen Bescheid zugrunde gelegte Rechtsauffassung aufzugeben und diesen Bescheid aufzuheben. Der Beigeladene zu „2)“ (gemeint Beigeladener zu 1) sei hiervon auch unterrichtet worden. Zumindest er (der Beigeladene zu 1) habe aus diesem Schreiben schließen dürfen, dass die Klägerin bereits im Januar 2006 in eine Prüfung eingetreten sei, ob sie Schritte zur Beseitigung des beanstandeten Bescheides unternehmen wolle oder nicht. Angesichts dessen, dass der Beigeladene zu 1) offenkundig Dispositionen für seine Altersvorsorge habe treffen müssen, habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin ihre dahingehende Prüfung zumindest binnen eines Jahres nach erstmaliger förmlicher Beanstandung abschließen und gegebenenfalls in Gestalt einer Klageerhebung umsetzen werde. Selbst wenn man unterstellen wolle, dass der Beigeladene zu 1) von den unter dem 24. Februar 2006 formulierten Bedenken der Klägerin erst am 27. Februar 2006 erfahren habe (Rechtsgedanke des § 37 Abs 2 SGB X), habe es vor dem Hintergrund der ersichtlichen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Entscheidung für ihn als illoyal erscheinen müssen, eine Klage auch noch nach Ablauf des Februars 2007 zu erheben. Die Klage sei daher als unzulässig abzuweisen.
29 
Hiergegen richtet sich die am 10. Februar 2009 beim Landessozialgericht (LSG) erhobene Berufung der Klägerin, mit der sie geltend macht, die Verwirkung setze zunächst voraus, dass ein Klagerecht über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht werde. Hier sei schon fraglich, ob dieser erforderliche längere Zeitraum nach etwas über einem Jahr seit Kenntniserlangung bejaht werden könne. Das SG habe verkannt, dass der Bescheid vom 4. November 2004 niemals offiziell zugestellt oder eröffnet worden sei. Nach ca 13 Monaten bereits eine Verwirkung wegen Zeitablaufs anzunehmen, erscheine deshalb als etwas überzogen. Zudem habe sie mit ihrem Schreiben vom 24. Februar 2006 bei der Beigeladenen zu „2)“ (gemeint Beigeladener zu 1) nicht einen Vertrauenstatbestand geschaffen, sondern das Gegenteil sei der Fall. Ab diesem Zeitpunkt habe dieser gerade kein Vertrauen mehr bilden dürfen. Des Weiteren müsse grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, eine strittige Rechtsfrage zunächst im Verhandlungswege klären zu lassen. Dementsprechend habe sie nach Abschluss der Betriebsprüfung die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2006 gebeten, ihre Rechtsauffassung zu überprüfen und den Bescheid zurückzunehmen. Dies sei zunächst der einzig gangbare Weg gewesen, soweit man nicht sofort die Anfechtungsklage habe erheben wollen. Dass diesem Ansinnen nicht Rechnung getragen wurde, sei ihr erst mit Schreiben der Beklagten vom 28. März 2006, bei ihr eingegangen am 4. März 2006, mitgeteilt worden. Erst in diesem Moment habe sie davon ausgehen müssen, dass eine einvernehmliche Regelung nicht möglich sei.
30 
Die Klägerin beantragt,
31 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2004 aufzuheben, soweit diese die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung seit dem 1. Juni 2003 feststellt und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 1. Juni 2003 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung ist.
32 
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2) und 3) beantragen,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
35 
Die Beigeladenen zu 1) und 2) weisen darauf hin, dass entgegen der Ansicht des SG bereits das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin fehle. Denn nach § 28p SGB IV sei die Klägerin mit der Anordnung der Betriebsprüfung dafür zuständig gewesen, Verwaltungsakte über die Versicherungspflicht oder das Fehlen der Versicherungspflicht unter Ausschluss der Beklagten als Einzugsstelle zu erlassen. Denn mit der Anordnung der Betriebsprüfung verliere die Einzugsstelle ihre Entscheidungskompetenz, über die Versicherungspflicht bzw -freiheit zu entscheiden. Die Klägerin habe es daher selbst in der Hand gehabt, über die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) entscheiden. Im Rahmen dessen sei möglicherweise die Beklagte als Einzugsstelle zu beteiligen gewesen. Die Klägerin habe aber keinesfalls der Einzugsstelle das Entscheidungsrecht zuweisen können. Wenn aber die Klägerin selbst hätte entscheiden müssen, sei dies nicht nur der einfachere und schnellere Weg gewesen, die von ihr gewünschte Entscheidung in der Sache herbeizuführen, sondern der einzige Weg, der vom Gesetz vorgesehen sei. Das Rechtschutzbedürfnis fehle auch deshalb, weil die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2006 über denselben Sachverhalt nochmals entschieden habe. Dieser Bescheid sei jedoch von der Klägerin nicht angefochten worden, obwohl er ihr bekannt gegeben worden sei. Dieser Bescheid sei daher bestandskräftig und von der Klägerin zu beachten. Bei dem Schreiben vom 8. März 206 handle es sich auch um einen förmlichen Verwaltungsakt über die Feststellung der Versicherungspflicht bzw -freiheit. Mit dem SG sei zudem auszugehen, dass das Klagerecht verwirkt sei. Denn die Klägerin habe von ihrem Recht nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV, Bescheide der Einzugsstelle aufzuheben oder abzuändern, keinen Gebrauch gemacht. Sie habe nur Bedenken formuliert, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Es treffe auch nicht zu, dass aufgrund des Schreibens vom 24. Februar 2006 dauerhaft kein Vertrauen mehr habe gebildet werden können. Denn das Vertrauen sei durch den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2006 wieder hergestellt worden. Ziehe man diesen Zeitraum von dem Gesamtzeitraum ab, den das SG zugrundegelegt habe, nämlich den Zeitraum vom 26. Januar 2006 bis zum 8. März 2007, sei die Jahresfrist immer noch überschritten.
36 
Mit Beschluss vom 25. Januar 2010 hat der Senat die Kaufmännische Krankenkasse Allianz - Pflegekasse - (Beigeladene zu 3) und die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.
37 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
38 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Klägerin vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hatte ihr Recht zur Erhebung einer gegen den Bescheid vom 4. November 2004 gerichteten formulierten Anfechtungs- und Feststellungsklage zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 8. März 2007 verwirkt.
40 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthaft. Die Klägerin ist auch klagebefugt, weil sie als Rentenversicherungsträger durch den angefochtenen Bescheid vom 4. November 2004 beschwert ist (vgl BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9). Die mit der Anfechtungsklage kombinierte Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig, insbesondere verfügt die Klägerin im Hinblick auf Beitragserstattungsforderungen der Beigeladenen zu 1) und 2) über das gemäß § 55 Abs 1 SGG notwendige Feststellungsinteresse. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, da vorliegend ein Versicherungsträger klagt (§ 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG; vgl hierzu auch Senatsurteil vom 5. April 2011 - L 11 KR 965/09).
41 
Die Klagefrist ist eingehalten. Die Klagefrist endet nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGG nach Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Bekanntgabe im Sinne des § 37 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist die zielgerichtete Mitteilung des Verwaltungsaktes durch die Behörde (Krasney in Kasseler Kommentar, § 37 SGB X Rdnr 3, Stand 2009). Richtet sich ein Bescheid (Verwaltungsakt) an mehrere Beteiligte oder sind mehrere von ihm betroffen, genügt für eine Bekanntgabe, dass der Regelungsinhalt dem Betroffenen in der Absicht zugeleitet wird, dass auch dieser davon Kenntnis nimmt; die Übermittlung einer Kopie an diesen genügt, die Übergabe einer förmlichen Ausfertigung ist nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 17. September 2008 - B 6 KA 28/07 R - mwN; Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage 2010, § 37 Rdnr 9). Die Einzugsstelle hat demnach die Pflicht, ihre Entscheidung unverzüglich allen Beteiligten - dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und den Versicherungsträgern - gegenüber unverzüglich bekanntzugeben (BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9; BSGE 25, 34, 36). Daran fehlt es hier. Denn die Beklagte hat den Bescheid vom 4. November 2004 der Klägerin nicht im Sinne von § 37 Abs 1 SGB X bekanntgegeben. Diese hat vielmehr erst im Verlaufe der Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 2) am 26. Januar 2006 (ohne Wissen und Wollen der Beklagten) Kenntnis vom angefochtenen Bescheid erlangt. Damit lief für die Klägerin auch nicht die Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass der angefochtene Bescheid bekanntgegeben wurde und nur die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 66 Rdnr 13 a; Leitherer, ebenda, § 87 Rdnr 4 c; Merten in Hauck/Noftz, § 49 SGB X Rdnr 9, Stand September 2007; vgl allgemein hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 11. März 2010 - 7 B 36/09 = NJW 2010, 1686).
42 
Auch wenn die Klägerin vorliegend eine Klagefrist nicht zu wahren hatte, war die am 8. März 2007 beim SG erhobene Klage nicht mehr zulässig, weil die Klägerin durch eine gegen Treu und Glauben verstoßene Verzögerung der Klageerhebung ihr Klagerecht verwirkt hat. Dies hat das SG zutreffend erkannt. Auch der Senat teilt diese Auffassung.
43 
In besonders gelagerten Fällen - wie vorliegend - kann die Anwendung der Grundsätze der Verwirkung im Ergebnis dazu führen, dass dem Kläger nach Treu und Glauben die Berufung darauf versagt ist, dass ihm der Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben wurde und ihm gegenüber deshalb keine Fristen in Lauf gesetzt worden sind (vgl nur Schenke in Kopp/Schenke, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2009, § 74 Rdnr 19; Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14 a; Merten, aaO, § 49 Rdnr 9). Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt (BSGE 7, 199, 200; 59, 87, 94; 80, 41, 43). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R = veröffentlicht in Juris Rdnr 31 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, aaO). In diesem Zusammenhang hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass auch Beigeladene bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung (wie vorliegend) durch die Verwirkung geschützt sein können (vgl hierzu Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14a; allgemein hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. August 1999 - 3 B 57/99 = NVwZ-RR 2000, 259 = Juris Rdnr 8). Soweit das BSG im Zusammenhang mit der rückwirkenden Erhebung von Säumniszuschlägen ausgeführt hat, an das Verwirkungsverhalten seien grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R = Juris Rdnr 33) ist vorliegend zu beachten, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 4. November 2004 um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung handelt. Diese (Drittwirkungs-)Konstellation ist nach Ansicht des Senats grundsätzlich bei der Frage, ob Verwirkung eingetreten ist, zu beachten (näher hierzu weiter unten).
44 
Vorliegend sind sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment erfüllt. Denn die Klägerin hat die Ausübung ihres Rechts (Drittanfechtungsklage) während eines längeren Zeitraums unterlassen und es liegen auch besondere Umstände vor, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltendmachen des behaupteten Rechts nach Treu und Glauben den Beigeladenen zu 1) und 2) gegenüber als illoyal erscheinen lassen.
45 
Was die „längere Zeit“ anbelangt, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies den Berechtigten möglich gewesen wäre, lassen sich zwar keine allgemein geltenden Bemessungskriterien angeben. Vielmehr hängt die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, von der an im Hinblick auf das Gebot von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Verfahrensrechtliche Rechtsbehelfsfristen können aber als Anhaltspunkt für die Bemessung eines Mindestzeitraums für die Verwirkung herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4/89 = NWwZ 1991, 1182). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Berechtigter seine Überlegungs- und Handlungsfristen ausschöpfen kann, die ihm das Gesetz - bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe des Verwaltungsakts - einräumt. Vor oder während des von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten regulären Zeitraums für die Rechtsverfolgung kann deshalb keine Verwirkung eintreten. Im Hinblick auf § 66 Abs 2 SGG kann daher im Regelfall vor Ablauf der Jahresfrist nicht von einer Verwirkung ausgegangen werden (vgl hierzu auch Schenke, aaO, § 74 Rdnr 20).
46 
Ein Automatismus, wonach bei Überschreiten der Jahresfrist regelmäßig Verwirkung angenommen werden kann, besteht ebenfalls nicht (Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14 b). Es kommt - wie bereits dargelegt - vielmehr auf den Einzelfall an. Hierbei ist jedoch insbesondere von Bedeutung, ob es sich um eine Drittanfechtung handelt. Denn in diesen Konstellationen muss berücksichtigt werden, dass das Vertrauen des durch einen Verwaltungsakt Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes regelmäßig nur während des Laufs von verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfsfristen eingeschränkt ist (§ 49 SGB X). Wird aber einem Dritten der begünstigende Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben und laufen für ihn deshalb keine Rechtsbehelfsfristen, so muss der Begünstigte unter Umständen noch Jahre danach mit einer (Dritt-)Anfechtung rechnen, obwohl es nicht in seine Sphäre fällt, dass der Verwaltungsakt nicht an den Dritten bekanntgegeben worden ist. In dieser Situation sind nach Ansicht des Senats an den Verwirkungstatbestands nicht übermäßige Anforderungen zu stellen.
47 
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände ist der Senat - zusammen mit dem SG - zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin dadurch, dass sie länger als ein Jahr untätig geblieben ist, ihr Klagerecht verwirkt hat. Für den Beginn des Zeitraums, der vorliegend zur Verwirkung führt, ist auf die Kenntnisnahme der Klägerin vom Bescheid vom 4. November 2004 abzustellen. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass die Klägerin anlässlich der Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 2) am 26. Januar 2006 Kenntnis vom Bescheid vom 4. November 2004 erlangt hat. Dies ist der Beginn des für die Verwirkung maßgeblichen Zeitraums, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt hinreichend zuverlässige Kenntnisse über einen (möglichen) Eingriff in ihre geschützte Rechtsstellung erlangt hat. Dies hat sie gegenüber der Beigeladenen zu 2) in ihrem Bescheid vom 26. Januar 2006 auch hinreichend deutlich gemacht, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sie die Einzugsstelle (Beklagte) um eine nochmalige Überprüfung ihrer Entscheidung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1) anhalten werde. Dass die Klägerin von ihrem Anfechtungsrecht bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis hatte, zeigt bereits der Umstand, dass sie organisationsintern am 24. März 2006 (und später am 30. März 2006) in die Prüfung eingetreten war, ob vorliegend Anfechtungsklage erhoben werden soll. Unabhängig von diesen konkreten Umständen des Einzelfalls kann bei der Klägerin als Sozialversicherungsträgerin davon ausgegangen werden, dass sie ihre Drittanfechtungsrechte - anders als etwa der Nachbar im Baurecht - kennt. Wer jedoch insbesondere als Behörde von seinem Drittanfechtungsrecht Kenntnis hat, muss sich sein längeres Untätigsein zurechnen lassen. Anders ausgedrückt: In einer derartigen Situation kann der Begünstige (hier: Beigeladener zu 1) darauf vertrauen, dass der Dritte (hier: Klägerin) sein Drittanfechtungsrecht innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des (anzufechtenden) Verwaltungsaktes ausübt. Die positive Kenntnis vom Drittanfechtungsrecht rechtfertigt im vorliegenden Fall auch die Annahme, dass „besondere Umstände“ im Sinne eines Verwirkungstatbestandes vorliegen. Hinzu kommt, dass bei einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung die Schaffung von Rechtsklarheit im Hinblick auf die (formelle) Bestandskraft des streitigen Verwaltungsakt insbesondere für den Begünstigten von enormer Bedeutung ist. Denn gerade in den Fällen, in denen die Einzugsstelle als „gesetzliche Prozessstandschafterin“ (BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9) über die Versicherungsfreiheit eines Angestellten entscheidet, muss dieser Dispositionen zur privaten Vorsorge treffen, die in der Regel nur erschwert wieder rückgängig gemacht werden können bzw deren Rückgängigmachung mit erhöhten Kosten verbunden sind. Da er es jedoch nicht in der Hand hat, ob die Einzugsstelle die Entscheidung möglichen Drittbetroffenen bekannt gibt, trifft ihn - wie bereits dargelegt - das latente Risiko einer (unter Umständen erst nach Jahren) erfolgenden Drittanfechtung. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände geht der Senat davon aus, dass eine Anfechtung nach Treu und Glauben verwehrt werden muss, wenn der Drittbetroffene (hier die Klägerin) Kenntnis von der belastenden Drittwirkung erlangt und den Verwaltungsakt nicht binnen einer angemessenen Frist angefochten hat. Wie bereits dargelegt, wird im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass sich die angemessene Frist auf ein Jahr beläuft (hier: 26. Januar 2007 ). Diese Frist war jedoch bei Klageerhebung am 8. März 2007 verstrichen.
48 
Die Frist lief auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht erst ab dem 24. März 2006. Zum einen wurde der Klägerin das Schreiben der Beklagten am 8. März 2006 bereits am 10. März 2006 bekanntgegeben (vgl Bl 19 der Verwaltungsakte). Zum anderen kommt es auf das Schreiben der Beklagten vom 8. März 2006, der Antwort auf den klägerischen Überprüfungsantrag vom 24. Februar 2006, nicht an. Denn bei dem Schreiben vom 8. März 2006 handelt es sich allenfalls um eine Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Überprüfung/Rücknahme nach §§ 44 ff SGB X des Bescheids vom 4. November 2006, hingegen nicht um eine erneute versicherungsrechtliche Beurteilung mit Drittwirkung.
49 
Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob der Klägerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis zusteht, nicht entscheidungserheblich. Allerdings weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis bejaht. Denn auch wenn davon auszugehen ist, dass der Rentenversicherungsträger bei einer Arbeitgeberprüfung gemäß § 28 p Abs 1 Satz 5 SGB IV befugt ist, Verwaltungsakte der Einzugsstellen abzuändern bzw aufzuheben (vgl hierzu Seewald in Kasseler Kommentar, § 28 p SGB IV Rdnr 1a und b, Stand April 2010; Sehnert in Hauck/Noftz, § 28 p SGB IV Rdnr 19, Stand Oktober 2008; siehe auch SG Kassel, Urteil vom 25. April 2007 - S 12 KR 421/I05 = veröffentlicht in Juris), bestand zum Zeitpunkt der Klageerhebung kein einfacherer Weg zur Erreichung des Klageziels. Denn die Befugnis, entgegenstehende Verwaltungsakte der Einzugsstelle zu ändern, endete mit Abschluss des Prüfungsverfahrens am 26. Januar 2006.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
51 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1, § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass nach den Angaben der Klägerin Gesamtbeiträge (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) iHv insgesamt 45.555 EUR ausstehen.
52 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
 

Gründe

 
39 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hatte ihr Recht zur Erhebung einer gegen den Bescheid vom 4. November 2004 gerichteten formulierten Anfechtungs- und Feststellungsklage zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 8. März 2007 verwirkt.
40 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthaft. Die Klägerin ist auch klagebefugt, weil sie als Rentenversicherungsträger durch den angefochtenen Bescheid vom 4. November 2004 beschwert ist (vgl BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9). Die mit der Anfechtungsklage kombinierte Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig, insbesondere verfügt die Klägerin im Hinblick auf Beitragserstattungsforderungen der Beigeladenen zu 1) und 2) über das gemäß § 55 Abs 1 SGG notwendige Feststellungsinteresse. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, da vorliegend ein Versicherungsträger klagt (§ 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG; vgl hierzu auch Senatsurteil vom 5. April 2011 - L 11 KR 965/09).
41 
Die Klagefrist ist eingehalten. Die Klagefrist endet nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGG nach Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Bekanntgabe im Sinne des § 37 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist die zielgerichtete Mitteilung des Verwaltungsaktes durch die Behörde (Krasney in Kasseler Kommentar, § 37 SGB X Rdnr 3, Stand 2009). Richtet sich ein Bescheid (Verwaltungsakt) an mehrere Beteiligte oder sind mehrere von ihm betroffen, genügt für eine Bekanntgabe, dass der Regelungsinhalt dem Betroffenen in der Absicht zugeleitet wird, dass auch dieser davon Kenntnis nimmt; die Übermittlung einer Kopie an diesen genügt, die Übergabe einer förmlichen Ausfertigung ist nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 17. September 2008 - B 6 KA 28/07 R - mwN; Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage 2010, § 37 Rdnr 9). Die Einzugsstelle hat demnach die Pflicht, ihre Entscheidung unverzüglich allen Beteiligten - dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und den Versicherungsträgern - gegenüber unverzüglich bekanntzugeben (BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9; BSGE 25, 34, 36). Daran fehlt es hier. Denn die Beklagte hat den Bescheid vom 4. November 2004 der Klägerin nicht im Sinne von § 37 Abs 1 SGB X bekanntgegeben. Diese hat vielmehr erst im Verlaufe der Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 2) am 26. Januar 2006 (ohne Wissen und Wollen der Beklagten) Kenntnis vom angefochtenen Bescheid erlangt. Damit lief für die Klägerin auch nicht die Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass der angefochtene Bescheid bekanntgegeben wurde und nur die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 66 Rdnr 13 a; Leitherer, ebenda, § 87 Rdnr 4 c; Merten in Hauck/Noftz, § 49 SGB X Rdnr 9, Stand September 2007; vgl allgemein hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 11. März 2010 - 7 B 36/09 = NJW 2010, 1686).
42 
Auch wenn die Klägerin vorliegend eine Klagefrist nicht zu wahren hatte, war die am 8. März 2007 beim SG erhobene Klage nicht mehr zulässig, weil die Klägerin durch eine gegen Treu und Glauben verstoßene Verzögerung der Klageerhebung ihr Klagerecht verwirkt hat. Dies hat das SG zutreffend erkannt. Auch der Senat teilt diese Auffassung.
43 
In besonders gelagerten Fällen - wie vorliegend - kann die Anwendung der Grundsätze der Verwirkung im Ergebnis dazu führen, dass dem Kläger nach Treu und Glauben die Berufung darauf versagt ist, dass ihm der Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben wurde und ihm gegenüber deshalb keine Fristen in Lauf gesetzt worden sind (vgl nur Schenke in Kopp/Schenke, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2009, § 74 Rdnr 19; Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14 a; Merten, aaO, § 49 Rdnr 9). Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt (BSGE 7, 199, 200; 59, 87, 94; 80, 41, 43). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R = veröffentlicht in Juris Rdnr 31 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, aaO). In diesem Zusammenhang hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass auch Beigeladene bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung (wie vorliegend) durch die Verwirkung geschützt sein können (vgl hierzu Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14a; allgemein hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. August 1999 - 3 B 57/99 = NVwZ-RR 2000, 259 = Juris Rdnr 8). Soweit das BSG im Zusammenhang mit der rückwirkenden Erhebung von Säumniszuschlägen ausgeführt hat, an das Verwirkungsverhalten seien grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R = Juris Rdnr 33) ist vorliegend zu beachten, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 4. November 2004 um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung handelt. Diese (Drittwirkungs-)Konstellation ist nach Ansicht des Senats grundsätzlich bei der Frage, ob Verwirkung eingetreten ist, zu beachten (näher hierzu weiter unten).
44 
Vorliegend sind sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment erfüllt. Denn die Klägerin hat die Ausübung ihres Rechts (Drittanfechtungsklage) während eines längeren Zeitraums unterlassen und es liegen auch besondere Umstände vor, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltendmachen des behaupteten Rechts nach Treu und Glauben den Beigeladenen zu 1) und 2) gegenüber als illoyal erscheinen lassen.
45 
Was die „längere Zeit“ anbelangt, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies den Berechtigten möglich gewesen wäre, lassen sich zwar keine allgemein geltenden Bemessungskriterien angeben. Vielmehr hängt die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, von der an im Hinblick auf das Gebot von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Verfahrensrechtliche Rechtsbehelfsfristen können aber als Anhaltspunkt für die Bemessung eines Mindestzeitraums für die Verwirkung herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4/89 = NWwZ 1991, 1182). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Berechtigter seine Überlegungs- und Handlungsfristen ausschöpfen kann, die ihm das Gesetz - bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe des Verwaltungsakts - einräumt. Vor oder während des von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten regulären Zeitraums für die Rechtsverfolgung kann deshalb keine Verwirkung eintreten. Im Hinblick auf § 66 Abs 2 SGG kann daher im Regelfall vor Ablauf der Jahresfrist nicht von einer Verwirkung ausgegangen werden (vgl hierzu auch Schenke, aaO, § 74 Rdnr 20).
46 
Ein Automatismus, wonach bei Überschreiten der Jahresfrist regelmäßig Verwirkung angenommen werden kann, besteht ebenfalls nicht (Keller, aaO, vor § 60 Rdnr 14 b). Es kommt - wie bereits dargelegt - vielmehr auf den Einzelfall an. Hierbei ist jedoch insbesondere von Bedeutung, ob es sich um eine Drittanfechtung handelt. Denn in diesen Konstellationen muss berücksichtigt werden, dass das Vertrauen des durch einen Verwaltungsakt Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes regelmäßig nur während des Laufs von verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfsfristen eingeschränkt ist (§ 49 SGB X). Wird aber einem Dritten der begünstigende Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben und laufen für ihn deshalb keine Rechtsbehelfsfristen, so muss der Begünstigte unter Umständen noch Jahre danach mit einer (Dritt-)Anfechtung rechnen, obwohl es nicht in seine Sphäre fällt, dass der Verwaltungsakt nicht an den Dritten bekanntgegeben worden ist. In dieser Situation sind nach Ansicht des Senats an den Verwirkungstatbestands nicht übermäßige Anforderungen zu stellen.
47 
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände ist der Senat - zusammen mit dem SG - zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin dadurch, dass sie länger als ein Jahr untätig geblieben ist, ihr Klagerecht verwirkt hat. Für den Beginn des Zeitraums, der vorliegend zur Verwirkung führt, ist auf die Kenntnisnahme der Klägerin vom Bescheid vom 4. November 2004 abzustellen. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass die Klägerin anlässlich der Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 2) am 26. Januar 2006 Kenntnis vom Bescheid vom 4. November 2004 erlangt hat. Dies ist der Beginn des für die Verwirkung maßgeblichen Zeitraums, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt hinreichend zuverlässige Kenntnisse über einen (möglichen) Eingriff in ihre geschützte Rechtsstellung erlangt hat. Dies hat sie gegenüber der Beigeladenen zu 2) in ihrem Bescheid vom 26. Januar 2006 auch hinreichend deutlich gemacht, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sie die Einzugsstelle (Beklagte) um eine nochmalige Überprüfung ihrer Entscheidung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1) anhalten werde. Dass die Klägerin von ihrem Anfechtungsrecht bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis hatte, zeigt bereits der Umstand, dass sie organisationsintern am 24. März 2006 (und später am 30. März 2006) in die Prüfung eingetreten war, ob vorliegend Anfechtungsklage erhoben werden soll. Unabhängig von diesen konkreten Umständen des Einzelfalls kann bei der Klägerin als Sozialversicherungsträgerin davon ausgegangen werden, dass sie ihre Drittanfechtungsrechte - anders als etwa der Nachbar im Baurecht - kennt. Wer jedoch insbesondere als Behörde von seinem Drittanfechtungsrecht Kenntnis hat, muss sich sein längeres Untätigsein zurechnen lassen. Anders ausgedrückt: In einer derartigen Situation kann der Begünstige (hier: Beigeladener zu 1) darauf vertrauen, dass der Dritte (hier: Klägerin) sein Drittanfechtungsrecht innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des (anzufechtenden) Verwaltungsaktes ausübt. Die positive Kenntnis vom Drittanfechtungsrecht rechtfertigt im vorliegenden Fall auch die Annahme, dass „besondere Umstände“ im Sinne eines Verwirkungstatbestandes vorliegen. Hinzu kommt, dass bei einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung die Schaffung von Rechtsklarheit im Hinblick auf die (formelle) Bestandskraft des streitigen Verwaltungsakt insbesondere für den Begünstigten von enormer Bedeutung ist. Denn gerade in den Fällen, in denen die Einzugsstelle als „gesetzliche Prozessstandschafterin“ (BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 - B 12 KR 2/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 9) über die Versicherungsfreiheit eines Angestellten entscheidet, muss dieser Dispositionen zur privaten Vorsorge treffen, die in der Regel nur erschwert wieder rückgängig gemacht werden können bzw deren Rückgängigmachung mit erhöhten Kosten verbunden sind. Da er es jedoch nicht in der Hand hat, ob die Einzugsstelle die Entscheidung möglichen Drittbetroffenen bekannt gibt, trifft ihn - wie bereits dargelegt - das latente Risiko einer (unter Umständen erst nach Jahren) erfolgenden Drittanfechtung. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände geht der Senat davon aus, dass eine Anfechtung nach Treu und Glauben verwehrt werden muss, wenn der Drittbetroffene (hier die Klägerin) Kenntnis von der belastenden Drittwirkung erlangt und den Verwaltungsakt nicht binnen einer angemessenen Frist angefochten hat. Wie bereits dargelegt, wird im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass sich die angemessene Frist auf ein Jahr beläuft (hier: 26. Januar 2007 ). Diese Frist war jedoch bei Klageerhebung am 8. März 2007 verstrichen.
48 
Die Frist lief auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht erst ab dem 24. März 2006. Zum einen wurde der Klägerin das Schreiben der Beklagten am 8. März 2006 bereits am 10. März 2006 bekanntgegeben (vgl Bl 19 der Verwaltungsakte). Zum anderen kommt es auf das Schreiben der Beklagten vom 8. März 2006, der Antwort auf den klägerischen Überprüfungsantrag vom 24. Februar 2006, nicht an. Denn bei dem Schreiben vom 8. März 2006 handelt es sich allenfalls um eine Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Überprüfung/Rücknahme nach §§ 44 ff SGB X des Bescheids vom 4. November 2006, hingegen nicht um eine erneute versicherungsrechtliche Beurteilung mit Drittwirkung.
49 
Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob der Klägerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis zusteht, nicht entscheidungserheblich. Allerdings weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis bejaht. Denn auch wenn davon auszugehen ist, dass der Rentenversicherungsträger bei einer Arbeitgeberprüfung gemäß § 28 p Abs 1 Satz 5 SGB IV befugt ist, Verwaltungsakte der Einzugsstellen abzuändern bzw aufzuheben (vgl hierzu Seewald in Kasseler Kommentar, § 28 p SGB IV Rdnr 1a und b, Stand April 2010; Sehnert in Hauck/Noftz, § 28 p SGB IV Rdnr 19, Stand Oktober 2008; siehe auch SG Kassel, Urteil vom 25. April 2007 - S 12 KR 421/I05 = veröffentlicht in Juris), bestand zum Zeitpunkt der Klageerhebung kein einfacherer Weg zur Erreichung des Klageziels. Denn die Befugnis, entgegenstehende Verwaltungsakte der Einzugsstelle zu ändern, endete mit Abschluss des Prüfungsverfahrens am 26. Januar 2006.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
51 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1, § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass nach den Angaben der Klägerin Gesamtbeiträge (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) iHv insgesamt 45.555 EUR ausstehen.
52 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
 

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2011 - L 11 KR 658/09

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2011 - L 11 KR 658/09 zitiert 29 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28p Prüfung bei den Arbeitgebern


(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüf

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 78


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 37 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. (2) Ein schriftlicher Verwaltun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 66


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhalten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 87


(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 63


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben. (2) Zugest

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 154


(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt. (2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung ei

Aktiengesetz - AktG | § 88 Wettbewerbsverbot


(1) Die Vorstandsmitglieder dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Sie dürfen ohne Einwilligung auch nicht Mitglied des V

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 49 Rücknahme und Widerruf im Rechtsbehelfsverfahren


§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit da

Graduiertenförderungsverordnung - GFDV | § 4 Förderung von Auslandsaufenthalten


(1) Zuschläge können, soweit sich aus den nachfolgenden Bestimmungen nicht etwas anderes ergibt, nach Maßgabe des § 3 auch für die Kosten von Reisen ins Ausland und innerhalb des Auslandes gewährt werden. Abweichungen von § 3 Abs. 3 Satz 1 sind zuläs

Graduiertenförderungsverordnung - GFDV | § 1 Höhe des Grundstipendiums


Das Grundstipendium beträgt 800 Deutsche Mark monatlich.

Graduiertenförderungsverordnung - GFDV | § 7 Vermögen des Stipendiaten


(1) Hat der Stipendiat für das Kalenderjahr der Antragstellung, die der Bewilligung zugrunde liegt, Vermögensteuer zu entrichten, so vermindert sich sein monatliches Stipendium um 2 vom Hundert seines steuerpflichtigen Vermögens. (2) Tritt eine Ände

Graduiertenförderungsverordnung - GFDV | § 2 Familienzuschlag


Der Stipendiat erhält auf Antrag zu dem Grundstipendium einen Familienzuschlag von 200 Deutsche Mark monatlich, wenn 1. der Stipendiat und sein Ehegatte mindestens ein Kind zu versorgen haben und der Ehegatte nicht erwerbstätig ist, oder2. der Stipen

Referenzen - Urteile

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2011 - L 11 KR 658/09 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2011 - L 11 KR 658/09 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R

bei uns veröffentlicht am 01.07.2010

Tatbestand 1 Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur geset

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 11. März 2010 - 7 B 36/09

bei uns veröffentlicht am 11.03.2010

Gründe I. 1 Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, durch den das seinerzeit noch

Referenzen

(1) Die Vorstandsmitglieder dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Sie dürfen ohne Einwilligung auch nicht Mitglied des Vorstands oder Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft sein. Die Einwilligung des Aufsichtsrats kann nur für bestimmte Handelsgewerbe oder Handelsgesellschaften oder für bestimmte Arten von Geschäften erteilt werden.

(2) Verstößt ein Vorstandsmitglied gegen dieses Verbot, so kann die Gesellschaft Schadenersatz fordern. Sie kann statt dessen von dem Mitglied verlangen, daß es die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten läßt und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgibt oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtritt.

(3) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in drei Monaten seit dem Zeitpunkt, in dem die übrigen Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder von der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung Kenntnis erlangen oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssten. Sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von ihrer Entstehung an.

Das Grundstipendium beträgt 800 Deutsche Mark monatlich.

Der Stipendiat erhält auf Antrag zu dem Grundstipendium einen Familienzuschlag von 200 Deutsche Mark monatlich, wenn

1.
der Stipendiat und sein Ehegatte mindestens ein Kind zu versorgen haben und der Ehegatte nicht erwerbstätig ist, oder
2.
der Stipendiat als Alleinstehender mindestens ein Kind zu versorgen hat, oder
3.
sein Ehegatte nicht erwerbstätig ist und nicht deshalb Leistungen aus öffentlichen Kassen erhält.
Erhalten beide Ehegatten Stipendien nach dem Gesetz oder erhält der Ehegatte des Stipendiaten ein Stipendium nach Vorschriften, deren Zielsetzung der des Gesetzes entspricht, so wird der Familienzuschlag nicht gewährt.

(1) Zuschläge können, soweit sich aus den nachfolgenden Bestimmungen nicht etwas anderes ergibt, nach Maßgabe des § 3 auch für die Kosten von Reisen ins Ausland und innerhalb des Auslandes gewährt werden. Abweichungen von § 3 Abs. 3 Satz 1 sind zulässig, sofern die Benutzung der dort bezeichneten Beförderungsmittel nicht zumutbar ist. Kosten, die durch die Benutzung wissenschaftlicher Einrichtungen im Ausland entstehen, können ersetzt werden.

(2) Zur Abgeltung erhöhter Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung können bei Reisen, auch soweit ihre Dauer 3 Monate überschreitet, Auslandszulagen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften gewährt werden.

(3) Die Aufenthaltsorte werden Zonen zugeteilt. Maßgebend ist die auf Grund des § 25 des Bundesbesoldungsgesetzes vorgenommene Zuteilung der ausländischen Dienstorte. Ist der Aufenthaltsort des Stipendiaten hiernach nicht zugeteilt, so wird die Zone zugrunde gelegt, die für den Ort des Aufenthaltslandes vorgesehen ist, der der niedrigsten Zone zugeteilt ist.

(4) Auslandszulagen können bis zur Höhe der folgenden Tagessätze gewährt werden:

Zone1. bis 14. Reisetag15. bis 30. Reisetagab 31. Reisetag
Beträge in Deutscher Mark
I24188
II3022,5012
III403015
IV5037,5018
V-VII604520
VIII-X604522

(5) Vom einunddreißigsten Reisetag an können zum Ausgleich von Kaufkraftunterschieden das Grundstipendium und die Auslandszulage um den Vomhundertsatz erhöht werden, um den die Bezüge von Angehörigen des auswärtigen Dienstes bei Auslandsaufenthalten erhöht werden (Kaufkraftausgleich).

(6) Die Zonenzuteilung der Aufenthaltsorte und der Kaufkraftausgleich richten sich nach den Festsetzungen, die am 1. Januar des jeweiligen Jahres gelten. Spätere Änderungen können nur berücksichtigt werden, wenn sie zu einer Erhöhung oder Verminderung des Grundstipendiums sowie der Auslandszulage und des Kaufkraftausgleichs um insgesamt mehr als 20 vom Hundert führen würden.

(1) Hat der Stipendiat für das Kalenderjahr der Antragstellung, die der Bewilligung zugrunde liegt, Vermögensteuer zu entrichten, so vermindert sich sein monatliches Stipendium um 2 vom Hundert seines steuerpflichtigen Vermögens.

(2) Tritt eine Änderung der Vermögensverhältnisse ein, die zu einer Neuveranlagung oder Nachveranlagung zur Vermögensteuer führt, so ist das Stipendium entsprechend dem Betrag, für den Vermögensteuer künftig zu entrichten ist, neu festzusetzen.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, durch den das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz gemäß § 42 Abs. 1 BBergG auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen festgestellt hat, dass in deren Bewilligungsfeld die Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist.

2

Die Beigeladene baut im Landkreis G. Quarzkies ab. Eine rohstoffgeologische Untersuchung des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz bestätigte im Jahre 1999 das Vorkommen von Gold im Boden dieses Gebietes. Das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und Rheinland-Pfalz erteilte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf deren Antrag im November 2000 eine Bewilligung gemäß § 8 BBergG. Diese gewährt der Beigeladenen unter anderem auf 50 Jahre befristet das Recht, in einem 913 000 qm großen Bewilligungsfeld Gold aufzusuchen und zu gewinnen. Die Grundstücke im Bewilligungsfeld stehen nur zum Teil im Eigentum der Beigeladenen. Neben anderen ist der Kläger dort Eigentümer zweier Grundstücke.

3

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beantragte im April 2006 bei dem Oberbergamt, ihr bezogen auf die beiden Grundstücke des Klägers die Berechtigung zur Mitgewinnung des Bodenschatzes Quarz im Rahmen der Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold zu erteilen. Das Oberbergamt gab diesen Antrag und einen parallel gestellten Antrag auf Grundabtretung dem Kläger zur Kenntnis. Der Kläger erhob Einwendungen gegen die beantragte Grundabtretung und die Einräumung einer Berechtigung zur Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold.

4

Durch Bescheid vom 14. Februar 2007 stellte das Oberbergamt fest, dass im Bewilligungsfeld der Beigeladenen die Gewinnung des Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden kann. Der Bescheid war an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen adressiert und wurde dieser mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Das Oberbergamt übersandte den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit Anschreiben vom 14. Februar 2007 eine Durchschrift des Bescheids. Das Anschreiben enthält Ausführungen zum Verfahren nach § 42 Abs. 1 BBergG, insbesondere zum Verhältnis dieses Verfahrens zum grundgesetzlich geschützten Eigentum des Klägers. Im Anschluss an Ausführungen hierzu führt das Oberbergamt weiter aus, ein (vom Kläger geltend gemachter) Rechtsmissbrauch durch die Beigeladene sei nicht gegeben.

5

Der Kläger legte gegen den Bescheid des Oberbergamts mit Schreiben vom 22. März 2007, beim Oberbergamt am 26. März 2007 eingegangen, Widerspruch ein. Das Oberbergamt wies den Widerspruch durch Bescheid vom 12. November 2007 mit der Begründung zurück, der Widerspruch sei unzulässig. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, jedenfalls fehle ihm die Widerspruchsbefugnis.

6

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen des § 42 BBergG für die Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold lägen vor.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Es fehle an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens. Der Kläger habe die Widerspruchsfrist nicht eingehalten. Der Bescheid des Oberbergamts sei dem Kläger ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Einer förmlichen Zustellung habe es nicht bedurft. Der erforderliche Wille des Oberbergamts zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts sei vorhanden gewesen. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gelte der Bescheid am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid sei am 15. Februar 2007 in den Postlauf gelangt. Er gelte deshalb als am 18. Februar 2007 bekanntgegeben. Demgemäß sei die Widerspruchsfrist am 19. März 2007 abgelaufen. Der Widerspruch sei indes erst mit Schreiben vom 22. März 2007 eingelegt worden, das beim Oberbergamt am 26. März 2007 und damit verfristet eingegangen sei. Unzutreffend sei die Auffassung des Klägers, die Rechtsmittelfrist habe mangels einer an ihn gerichteten Rechtsbehelfsbelehrung ihm gegenüber nicht zu laufen begonnen. Allerdings könne bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO (partiell) "unterblieben" sein, wenn eine entsprechende Belehrung zwar erteilt worden sei, der Dritte sie nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt aber nicht auf sich habe beziehen müssen. Der Drittbezug habe sich grundsätzlich aus der Rechtsbehelfsbelehrung selbst oder aus der zweckentsprechenden Abfassung eines Begleitschreibens an den Dritten zu ergeben. Die zuletzt genannte Voraussetzung sei hier hinreichend erfüllt. Das Oberbergamt habe mit der Übersendung des Bescheids vom 14. Februar 2007 an den Kläger umfassende Ausführungen zur Rechtsauffassung des Oberbergamts im Rahmen der Prüfung des § 42 BBergG gemacht. Aus diesen Darlegungen werde deutlich, dass das Oberbergamt bei der Bekanntgabe des Bescheides an den Kläger durchaus nicht von einer hinreichend gesicherten Rechtslage hinsichtlich der Anwendung und Auslegung des § 42 BBergG ausgegangen sei, sodass dem Kläger hierdurch die Gelegenheit geboten worden sei, Rechtsmittel innerhalb der Monatsfrist zu erwägen. Das Begleitschreiben erfülle damit die hinreichende Information des Betroffenen, sodass der Fristenlauf mit Bekanntgabe des Bescheides auch gegenüber dem Kläger begonnen habe. Die versäumte Widerspruchsfrist sei nicht durch eine Entscheidung der Behörde in der Sache geheilt worden. Eine Sachentscheidung im eigentlichen Sinne habe nicht vorgelegen, da der Widerspruch aus anderen Gründen als unzulässig verworfen worden sei. Darüber hinaus handele es sich bei der Mitgewinnungsentscheidung um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, sodass es der Behörde auf Grund des schutzwürdigen Vertrauens der Beigeladenen in die Bestandskraft der Entscheidung schon aus Rechtsgründen verwehrt gewesen wäre, sich über die eingetretene Verfristung hinwegzusetzen.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

9

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

10

1. Das angefochtene Urteil beruht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf einer Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die der Kläger in seiner Beschwerde benannt hat.

11

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 - BVerwG 6 B 14.08 - (Buchholz 442.066 § 131 TKG Nr. 1) die abstrakten Rechtssätze aufgestellt, bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung könne eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO partiell "unterblieben" sein, wenn der Dritte eine entsprechende Belehrung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt nicht auf sich habe beziehen müssen. Falls sich der Drittbezug der Rechtsmittelbelehrung nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus ihr selbst ergebe, könne und müsse erforderlichenfalls die Behörde etwaige Unklarheiten durch die zweckentsprechende Abfassung eines an den Dritten gerichteten Begleitschreibens beseitigen.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung diese abstrakten Rechtssätze ausdrücklich zugrunde gelegt. Der Kläger ist der Auffassung, bei ihrer zutreffenden Anwendung auf den zu entscheidenden Einzelfall hätte das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, das Begleitschreiben des Oberbergamts sei nicht geeignet gewesen, die Unklarheit zu beseitigen, ob sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch an ihn - den Kläger - richte. Auf diese Weise kann aber eine Abweichung nicht dargelegt werden. Die unrichtige Anwendung von als solchen nicht in Frage gestellten Rechtssätzen auf den Einzelfall stellt keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Namentlich hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 über die Vorgabe "zweckgerecht" hinaus keine näheren abstrakten Anforderungen an ein Begleitschreiben gestellt, durch das dem Drittbetroffenen verdeutlicht wird, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch auf ihn beziehen soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat insbesondere nicht verlangt, das Begleitschreiben dürfe sich nicht (nur) zur materiellen Rechtslage äußern, sondern müsse sich dazu verhalten, wer formell durch die Rechtsbehelfsbelehrung angesprochen wird, zur Wahrung seiner Rechte den dort genannten Rechtsbehelf einzulegen. Ob - wie der Kläger meint - die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - NVwZ-RR 2000, 556) insoweit genauere Vorgaben enthält, kann offen bleiben. Eine Abweichung von dieser Entscheidung rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

13

Der ferner erwähnte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - (Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69) behandelt nur die hier nicht einschlägige Frage, ob eine für sich ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung statt dem Bescheid selbst einem Begleitschreiben beigefügt sein kann, mit dem der Bescheid versandt wird.

14

b) Unabhängig davon hat das Oberverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich den Beschluss vom 7. Juli 2008 möglicherweise missverstanden, ihr jedenfalls Rechtssätze entnommen, auf die es für die hier gegebene Fallgestaltung nicht entscheidungserheblich ankam. Auch deshalb ist unerheblich, ob das Oberverwaltungsgericht die abstrakten Rechtssätze aufgestellt hat, die der Kläger der Entscheidung entnehmen will, und ob gegebenenfalls diese Rechtssätze von abstrakten Rechtssätzen in den benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweichen. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wäre jedenfalls im Ergebnis richtig.

15

Nach § 58 Abs. 1 VwGO hat die Rechtsbehelfsbelehrung über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren. Nach dieser Vorschrift ist es nicht erforderlich, darüber zu belehren, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs berechtigt, also widerspruchsbefugt oder klagebefugt ist. Enthält die Rechtsbehelfsbelehrung keine Belehrung über ihren Adressaten, ist sie nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben oder unrichtig erteilt. Dies gilt uneingeschränkt auch bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 bezieht sich ausschließlich auf solche Fälle, in denen über die gesetzlichen Erfordernisse hinaus die Rechtsbehelfsbelehrung Hinweise darauf enthält, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs befugt sein soll, an wen sich also die Rechtsbehelfsbelehrung wendet. Ist ein solcher Hinweis in dem Sinne unvollständig, dass er nicht alle möglicherweise widerspruchs- oder klagebefugten Personen erfasst, ist die Rechtsbehelfsbelehrung insoweit teilweise unterblieben. Sie kann in einem solchen Fall durch ein Anschreiben an diejenigen ergänzt werden, die von der Rechtsbehelfsbelehrung nach deren Formulierung als mögliche Adressaten noch nicht erfasst werden.

16

Eine solche Fallgestaltung ist hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts indes nicht gegeben. Der streitige Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden konnte. Die Rechtsbehelfsbelehrung war in ihrer Formulierung mithin neutral abgefasst. Sie wandte sich einschränkungslos an jeden, der glaubt, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche abstrakte (passive) Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung ist in jedem Falle auch mit Blick auf mögliche Drittbetroffene richtig. Auch ihnen gegenüber ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unterblieben. Bei einer solchen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung wird der Lauf der Rechtsmittelfrist auch gegenüber potentiell Drittbetroffenen ausgelöst. Das alles wird durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 nicht in Frage gestellt. Diese Entscheidung und mehr noch die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - a.a.O.) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 29. Januar 2007 - 10 S 1.07 - LKV 2007, 322) beziehen sich auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, die in ihrer Formulierung einen Adressaten konkret anspricht und dadurch den Eindruck erweckt, dass andere potentiell ebenfalls widerspruchs- oder klagebefugte Personen von der Rechtsbehelfsbelehrung nicht betroffen sind. Das ist namentlich bei einer Rechtsbehelfsbelehrung der Fall, die dahin formuliert ist: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb ...". Die Rechtsbehelfsbelehrung bezieht sich dann nur auf einen konkreten Adressaten, nämlich nur auf den im Adressfeld genannten unmittelbaren Adressaten des Bescheids selbst. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, zur Einlegung des Rechtsbehelfs sei nur er widerspruchsbefugt. Gegenüber anderen potentiell Drittbetroffenen ist die Rechtsbehelfsbelehrung dagegen unterblieben.

17

Da die Rechtsbehelfsbelehrung hier abstrakt gefasst war, sich also nicht auf einen bestimmten Adressaten bezog, musste der Kläger sie eindeutig auch auf sich beziehen. Es bedurfte ihm gegenüber keines Anschreibens, durch das das Oberbergamt erst deutlich machen musste, dass die Rechtsbehelfsbelehrung sich auch auf den Kläger beziehen sollte. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob das Begleitschreiben des Oberbergamts die Anforderungen erfüllt, die an ein Schreiben zu stellen sind, das eine für sich genommen unklare Rechtsmittelbelehrung in Bezug auf den drittbetroffenen Adressaten erläuternd klarstellen soll.

18

Übersendet die Behörde ihren Bescheid mit einem gesonderten Begleitschreiben einem potentiell Drittbetroffenen, kann sich allerdings eine andere Frage stellen. Auch wenn die Behörde die Rechtsbehelfsbelehrung abstrakt gefasst und damit auch auf potentiell Drittbetroffene als Adressaten bezogen hat, darf ein Begleitschreiben nicht so formuliert sein, dass die für sich eindeutige Rechtsmittelbelehrung im Lichte des Begleitschreibens unklar wird, für den Adressaten des Begleitschreibens also zweifelhaft wird, ob sich die Rechtsmittelbelehrung auch auf ihn beziehen soll. In einem solchen Fall geht es aber um eine andere Frage, als das Bundesverwaltungsgericht sie in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 erörtert hat. Es geht nicht darum, ob ein Begleitschreiben geeignet ist, eine für sich unklare Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich des Adressaten klarzustellen, sondern umgekehrt darum, ob das Begleitschreiben geeignet ist, eine an sich klare Rechtsmittelbelehrung in Zweifel zu ziehen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob in einem solchen Fall die Rechtsmittelbelehrung wegen eines irreführenden Zusatzes in dem Begleitschreiben im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig wird, die Rechtsbehelfsfrist mithin schon nicht zu laufen beginnt, oder ob bei Versäumung der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, weil der Drittbetroffene auf Grund des irreführenden Begleitschreibens sich in einem unverschuldeten Irrtum darüber befand, ob diese Frist auch für ihn gilt, er also ohne Verschulden gehindert war, die Rechtsmittelfrist zu wahren. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte hier das Begleitschreiben an den Kläger keinen Inhalt, der geeignet gewesen wäre, die für sich zutreffende und klare Rechtsmittelbelehrung in Frage zu stellen. Der Kläger konnte dem Schreiben nichts dafür entnehmen, dass er nach Auffassung des Oberbergamts kein anfechtungsbefugter Adressat des Bescheids sein sollte, sich die Rechtsmittelbelehrung unter dem Bescheid also nicht auf ihn beziehen sollte. Nur unter dieser Fragestellung konnte das Begleitschreiben überhaupt entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Bescheid lediglich Ausführungen der Behörde zur materiellen Rechtslage enthält, insbesondere zu der Frage, inwieweit das Eigentum des Klägers an seinem Grundstück durch die Entscheidung nach § 42 BBergG betroffen wird und inwieweit deshalb die Belange des Klägers in die Entscheidung einzubeziehen waren. Wie der Kläger selbst ausführt, enthält das Schreiben keine Hinweise zur formalen Berechtigung, einen Widerspruch einzulegen. Es ist deshalb nicht geeignet, die sich aus der Rechtsmittelbelehrung auch für den Kläger ergebende Möglichkeit einer Einlegung des Widerspruchs in Zweifel zu ziehen.

19

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob eine versäumte Rechtsmittelfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung auch dann nicht durch eine Entscheidung der Behörde und deren rügelose Einlassung in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt wird, wenn der begünstigte Dritte selbst nicht von einer Bestandskraft des Verwaltungsaktes und einem Vertrauensschutz ausgegangen ist.

20

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie nicht mehr klärungsbedürftig ist. Die Antwort auf die gestellte Frage ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO und der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung.

21

Danach ist die Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung nicht befugt, über einen Widerspruch, der erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt worden ist, sachlich zu entscheiden. Die mit Ablauf der Widerspruchsfrist eingetretene Bestandskraft vermittelt dem dadurch Begünstigten eine gesicherte Rechtsposition, die diesem nur dann entzogen werden darf, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren enthalten eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht (Beschluss vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69). Darf die Widerspruchsbehörde wegen der zugunsten des begünstigten Dritten eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts über den verspäteten Widerspruch sachlich nicht entscheiden, so kommt einer gleichwohl ergehenden Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde nicht die Wirkung zu, dass die versäumte Frist geheilt ist. Dem Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall gleichfalls eine Sachentscheidung verwehrt (Urteil vom 4. August 1982 - BVerwG 4 C 42.79 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 49).

22

Hat schon eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde in der Sache nicht die Wirkung, dass dem Verwaltungsgericht trotz eingetretener Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Überprüfung in der Sache ermöglicht wird, kommt einer bloßen Einlassung der Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Sache diese Wirkung erst recht nicht zu. Dies folgt unmittelbar daraus, dass bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung die eingetretene Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht mehr ohne Weiteres, also ohne eine besondere Ermächtigungsgrundlage, zur Disposition der Behörde steht. Dies ergibt sich unmittelbar aus der bereits ergangenen Rechtsprechung und muss nicht für die bloße Einlassung der Behörde im Prozess im Revisionsverfahren nochmals entschieden werden.

23

Ist dem Verwaltungsgericht danach wegen der eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Sachprüfung verwehrt, kommt es auch nicht darauf an, ob der durch die Bestandskraft begünstigte Dritte sich im Prozess auf die Unzulässigkeit der Klage beruft oder Ausführungen zur Sache macht.

24

3. Das angefochtene Urteil leidet nicht an dem geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

25

Der Kläger rügt zum einen, das Oberverwaltungsgericht habe eine aktenwidrige Feststellung insoweit getroffen, als es angenommen hat, das Oberbergamt habe ihm - dem Kläger - den Bescheid mit Bekanntgabewille zugesandt, mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe im Sinne des § 41 VwVfG vorliege.

26

Der Kläger greift damit die Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann nur mit der näher zu begründenden Behauptung angegriffen werden, sie beruhe auf einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen oder auf einem aktenwidrig angenommenen Sachverhalt oder sie sei offensichtlich sachwidrig und damit objektiv willkürlich. Die Rüge, das Urteil beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen, erfordert dabei die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass es keiner weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts bedarf. Der Widerspruch muss also zweifelsfrei sein. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, weil eine Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 7 B 16.09 - juris; und vom 4. Oktober 2005 - BVerwG 6 B 40.05 - juris).

27

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Der Kläger benennt keine Textstelle in den Akten, aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass das Oberbergamt bei der Zusendung des Bescheids an ihn keinen Bekanntgabewillen im Sinne des § 41 VwVfG hatte. Er legt lediglich das Anschreiben des Oberbergamts anders aus, als das Oberverwaltungsgericht es getan hat. Damit wird lediglich die Tatsachenwürdigung als solche angegriffen. Eine Aktenwidrigkeit kann auf diese Weise nicht dargelegt werden.

28

Dasselbe gilt für die weitere Rüge, aktenwidrig sei auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe auf Grund des Anschreibens die Rechtsmittelbelehrung auch auf sich beziehen müssen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.

10

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

14

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).

15

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).

16

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).

17

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

18

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

19

Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).

20

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

21

b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.

22

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).

23

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.

24

cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

25

Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

26

Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

27

c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

28

Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

29

d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

30

aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).

31

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

32

bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

33

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).

34

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

35

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.

36

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

37

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

38

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

39

Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

40

ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

41

ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.

42

3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

43

4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

44

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt.

(2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirken Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, durch den das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz gemäß § 42 Abs. 1 BBergG auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen festgestellt hat, dass in deren Bewilligungsfeld die Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist.

2

Die Beigeladene baut im Landkreis G. Quarzkies ab. Eine rohstoffgeologische Untersuchung des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz bestätigte im Jahre 1999 das Vorkommen von Gold im Boden dieses Gebietes. Das seinerzeit noch zuständige Oberbergamt für das Saarland und Rheinland-Pfalz erteilte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf deren Antrag im November 2000 eine Bewilligung gemäß § 8 BBergG. Diese gewährt der Beigeladenen unter anderem auf 50 Jahre befristet das Recht, in einem 913 000 qm großen Bewilligungsfeld Gold aufzusuchen und zu gewinnen. Die Grundstücke im Bewilligungsfeld stehen nur zum Teil im Eigentum der Beigeladenen. Neben anderen ist der Kläger dort Eigentümer zweier Grundstücke.

3

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beantragte im April 2006 bei dem Oberbergamt, ihr bezogen auf die beiden Grundstücke des Klägers die Berechtigung zur Mitgewinnung des Bodenschatzes Quarz im Rahmen der Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Gold zu erteilen. Das Oberbergamt gab diesen Antrag und einen parallel gestellten Antrag auf Grundabtretung dem Kläger zur Kenntnis. Der Kläger erhob Einwendungen gegen die beantragte Grundabtretung und die Einräumung einer Berechtigung zur Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold.

4

Durch Bescheid vom 14. Februar 2007 stellte das Oberbergamt fest, dass im Bewilligungsfeld der Beigeladenen die Gewinnung des Bodenschatzes Gold aus bergtechnischen Gründen nur gemeinschaftlich mit Quarz möglich ist. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden kann. Der Bescheid war an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen adressiert und wurde dieser mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Das Oberbergamt übersandte den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit Anschreiben vom 14. Februar 2007 eine Durchschrift des Bescheids. Das Anschreiben enthält Ausführungen zum Verfahren nach § 42 Abs. 1 BBergG, insbesondere zum Verhältnis dieses Verfahrens zum grundgesetzlich geschützten Eigentum des Klägers. Im Anschluss an Ausführungen hierzu führt das Oberbergamt weiter aus, ein (vom Kläger geltend gemachter) Rechtsmissbrauch durch die Beigeladene sei nicht gegeben.

5

Der Kläger legte gegen den Bescheid des Oberbergamts mit Schreiben vom 22. März 2007, beim Oberbergamt am 26. März 2007 eingegangen, Widerspruch ein. Das Oberbergamt wies den Widerspruch durch Bescheid vom 12. November 2007 mit der Begründung zurück, der Widerspruch sei unzulässig. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, jedenfalls fehle ihm die Widerspruchsbefugnis.

6

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen des § 42 BBergG für die Mitgewinnung von Quarz bei der Gewinnung von Gold lägen vor.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Es fehle an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens. Der Kläger habe die Widerspruchsfrist nicht eingehalten. Der Bescheid des Oberbergamts sei dem Kläger ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Einer förmlichen Zustellung habe es nicht bedurft. Der erforderliche Wille des Oberbergamts zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts sei vorhanden gewesen. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gelte der Bescheid am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid sei am 15. Februar 2007 in den Postlauf gelangt. Er gelte deshalb als am 18. Februar 2007 bekanntgegeben. Demgemäß sei die Widerspruchsfrist am 19. März 2007 abgelaufen. Der Widerspruch sei indes erst mit Schreiben vom 22. März 2007 eingelegt worden, das beim Oberbergamt am 26. März 2007 und damit verfristet eingegangen sei. Unzutreffend sei die Auffassung des Klägers, die Rechtsmittelfrist habe mangels einer an ihn gerichteten Rechtsbehelfsbelehrung ihm gegenüber nicht zu laufen begonnen. Allerdings könne bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO (partiell) "unterblieben" sein, wenn eine entsprechende Belehrung zwar erteilt worden sei, der Dritte sie nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt aber nicht auf sich habe beziehen müssen. Der Drittbezug habe sich grundsätzlich aus der Rechtsbehelfsbelehrung selbst oder aus der zweckentsprechenden Abfassung eines Begleitschreibens an den Dritten zu ergeben. Die zuletzt genannte Voraussetzung sei hier hinreichend erfüllt. Das Oberbergamt habe mit der Übersendung des Bescheids vom 14. Februar 2007 an den Kläger umfassende Ausführungen zur Rechtsauffassung des Oberbergamts im Rahmen der Prüfung des § 42 BBergG gemacht. Aus diesen Darlegungen werde deutlich, dass das Oberbergamt bei der Bekanntgabe des Bescheides an den Kläger durchaus nicht von einer hinreichend gesicherten Rechtslage hinsichtlich der Anwendung und Auslegung des § 42 BBergG ausgegangen sei, sodass dem Kläger hierdurch die Gelegenheit geboten worden sei, Rechtsmittel innerhalb der Monatsfrist zu erwägen. Das Begleitschreiben erfülle damit die hinreichende Information des Betroffenen, sodass der Fristenlauf mit Bekanntgabe des Bescheides auch gegenüber dem Kläger begonnen habe. Die versäumte Widerspruchsfrist sei nicht durch eine Entscheidung der Behörde in der Sache geheilt worden. Eine Sachentscheidung im eigentlichen Sinne habe nicht vorgelegen, da der Widerspruch aus anderen Gründen als unzulässig verworfen worden sei. Darüber hinaus handele es sich bei der Mitgewinnungsentscheidung um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, sodass es der Behörde auf Grund des schutzwürdigen Vertrauens der Beigeladenen in die Bestandskraft der Entscheidung schon aus Rechtsgründen verwehrt gewesen wäre, sich über die eingetretene Verfristung hinwegzusetzen.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

9

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

10

1. Das angefochtene Urteil beruht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf einer Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die der Kläger in seiner Beschwerde benannt hat.

11

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 - BVerwG 6 B 14.08 - (Buchholz 442.066 § 131 TKG Nr. 1) die abstrakten Rechtssätze aufgestellt, bei Verwaltungsakten mit drittbelastender Wirkung könne eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO partiell "unterblieben" sein, wenn der Dritte eine entsprechende Belehrung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt nicht auf sich habe beziehen müssen. Falls sich der Drittbezug der Rechtsmittelbelehrung nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus ihr selbst ergebe, könne und müsse erforderlichenfalls die Behörde etwaige Unklarheiten durch die zweckentsprechende Abfassung eines an den Dritten gerichteten Begleitschreibens beseitigen.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung diese abstrakten Rechtssätze ausdrücklich zugrunde gelegt. Der Kläger ist der Auffassung, bei ihrer zutreffenden Anwendung auf den zu entscheidenden Einzelfall hätte das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, das Begleitschreiben des Oberbergamts sei nicht geeignet gewesen, die Unklarheit zu beseitigen, ob sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch an ihn - den Kläger - richte. Auf diese Weise kann aber eine Abweichung nicht dargelegt werden. Die unrichtige Anwendung von als solchen nicht in Frage gestellten Rechtssätzen auf den Einzelfall stellt keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Namentlich hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 über die Vorgabe "zweckgerecht" hinaus keine näheren abstrakten Anforderungen an ein Begleitschreiben gestellt, durch das dem Drittbetroffenen verdeutlicht wird, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung auch auf ihn beziehen soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat insbesondere nicht verlangt, das Begleitschreiben dürfe sich nicht (nur) zur materiellen Rechtslage äußern, sondern müsse sich dazu verhalten, wer formell durch die Rechtsbehelfsbelehrung angesprochen wird, zur Wahrung seiner Rechte den dort genannten Rechtsbehelf einzulegen. Ob - wie der Kläger meint - die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - NVwZ-RR 2000, 556) insoweit genauere Vorgaben enthält, kann offen bleiben. Eine Abweichung von dieser Entscheidung rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

13

Der ferner erwähnte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - (Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69) behandelt nur die hier nicht einschlägige Frage, ob eine für sich ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung statt dem Bescheid selbst einem Begleitschreiben beigefügt sein kann, mit dem der Bescheid versandt wird.

14

b) Unabhängig davon hat das Oberverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich den Beschluss vom 7. Juli 2008 möglicherweise missverstanden, ihr jedenfalls Rechtssätze entnommen, auf die es für die hier gegebene Fallgestaltung nicht entscheidungserheblich ankam. Auch deshalb ist unerheblich, ob das Oberverwaltungsgericht die abstrakten Rechtssätze aufgestellt hat, die der Kläger der Entscheidung entnehmen will, und ob gegebenenfalls diese Rechtssätze von abstrakten Rechtssätzen in den benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweichen. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wäre jedenfalls im Ergebnis richtig.

15

Nach § 58 Abs. 1 VwGO hat die Rechtsbehelfsbelehrung über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren. Nach dieser Vorschrift ist es nicht erforderlich, darüber zu belehren, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs berechtigt, also widerspruchsbefugt oder klagebefugt ist. Enthält die Rechtsbehelfsbelehrung keine Belehrung über ihren Adressaten, ist sie nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben oder unrichtig erteilt. Dies gilt uneingeschränkt auch bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 bezieht sich ausschließlich auf solche Fälle, in denen über die gesetzlichen Erfordernisse hinaus die Rechtsbehelfsbelehrung Hinweise darauf enthält, wer zur Einlegung des Rechtsbehelfs befugt sein soll, an wen sich also die Rechtsbehelfsbelehrung wendet. Ist ein solcher Hinweis in dem Sinne unvollständig, dass er nicht alle möglicherweise widerspruchs- oder klagebefugten Personen erfasst, ist die Rechtsbehelfsbelehrung insoweit teilweise unterblieben. Sie kann in einem solchen Fall durch ein Anschreiben an diejenigen ergänzt werden, die von der Rechtsbehelfsbelehrung nach deren Formulierung als mögliche Adressaten noch nicht erfasst werden.

16

Eine solche Fallgestaltung ist hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts indes nicht gegeben. Der streitige Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden konnte. Die Rechtsbehelfsbelehrung war in ihrer Formulierung mithin neutral abgefasst. Sie wandte sich einschränkungslos an jeden, der glaubt, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche abstrakte (passive) Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung ist in jedem Falle auch mit Blick auf mögliche Drittbetroffene richtig. Auch ihnen gegenüber ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unterblieben. Bei einer solchen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung wird der Lauf der Rechtsmittelfrist auch gegenüber potentiell Drittbetroffenen ausgelöst. Das alles wird durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2008 nicht in Frage gestellt. Diese Entscheidung und mehr noch die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschluss vom 19. Januar 2000 - 21 B 2148/99 - a.a.O.) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 29. Januar 2007 - 10 S 1.07 - LKV 2007, 322) beziehen sich auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, die in ihrer Formulierung einen Adressaten konkret anspricht und dadurch den Eindruck erweckt, dass andere potentiell ebenfalls widerspruchs- oder klagebefugte Personen von der Rechtsbehelfsbelehrung nicht betroffen sind. Das ist namentlich bei einer Rechtsbehelfsbelehrung der Fall, die dahin formuliert ist: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb ...". Die Rechtsbehelfsbelehrung bezieht sich dann nur auf einen konkreten Adressaten, nämlich nur auf den im Adressfeld genannten unmittelbaren Adressaten des Bescheids selbst. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, zur Einlegung des Rechtsbehelfs sei nur er widerspruchsbefugt. Gegenüber anderen potentiell Drittbetroffenen ist die Rechtsbehelfsbelehrung dagegen unterblieben.

17

Da die Rechtsbehelfsbelehrung hier abstrakt gefasst war, sich also nicht auf einen bestimmten Adressaten bezog, musste der Kläger sie eindeutig auch auf sich beziehen. Es bedurfte ihm gegenüber keines Anschreibens, durch das das Oberbergamt erst deutlich machen musste, dass die Rechtsbehelfsbelehrung sich auch auf den Kläger beziehen sollte. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob das Begleitschreiben des Oberbergamts die Anforderungen erfüllt, die an ein Schreiben zu stellen sind, das eine für sich genommen unklare Rechtsmittelbelehrung in Bezug auf den drittbetroffenen Adressaten erläuternd klarstellen soll.

18

Übersendet die Behörde ihren Bescheid mit einem gesonderten Begleitschreiben einem potentiell Drittbetroffenen, kann sich allerdings eine andere Frage stellen. Auch wenn die Behörde die Rechtsbehelfsbelehrung abstrakt gefasst und damit auch auf potentiell Drittbetroffene als Adressaten bezogen hat, darf ein Begleitschreiben nicht so formuliert sein, dass die für sich eindeutige Rechtsmittelbelehrung im Lichte des Begleitschreibens unklar wird, für den Adressaten des Begleitschreibens also zweifelhaft wird, ob sich die Rechtsmittelbelehrung auch auf ihn beziehen soll. In einem solchen Fall geht es aber um eine andere Frage, als das Bundesverwaltungsgericht sie in dem Beschluss vom 7. Juli 2008 erörtert hat. Es geht nicht darum, ob ein Begleitschreiben geeignet ist, eine für sich unklare Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich des Adressaten klarzustellen, sondern umgekehrt darum, ob das Begleitschreiben geeignet ist, eine an sich klare Rechtsmittelbelehrung in Zweifel zu ziehen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob in einem solchen Fall die Rechtsmittelbelehrung wegen eines irreführenden Zusatzes in dem Begleitschreiben im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig wird, die Rechtsbehelfsfrist mithin schon nicht zu laufen beginnt, oder ob bei Versäumung der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, weil der Drittbetroffene auf Grund des irreführenden Begleitschreibens sich in einem unverschuldeten Irrtum darüber befand, ob diese Frist auch für ihn gilt, er also ohne Verschulden gehindert war, die Rechtsmittelfrist zu wahren. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte hier das Begleitschreiben an den Kläger keinen Inhalt, der geeignet gewesen wäre, die für sich zutreffende und klare Rechtsmittelbelehrung in Frage zu stellen. Der Kläger konnte dem Schreiben nichts dafür entnehmen, dass er nach Auffassung des Oberbergamts kein anfechtungsbefugter Adressat des Bescheids sein sollte, sich die Rechtsmittelbelehrung unter dem Bescheid also nicht auf ihn beziehen sollte. Nur unter dieser Fragestellung konnte das Begleitschreiben überhaupt entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Bescheid lediglich Ausführungen der Behörde zur materiellen Rechtslage enthält, insbesondere zu der Frage, inwieweit das Eigentum des Klägers an seinem Grundstück durch die Entscheidung nach § 42 BBergG betroffen wird und inwieweit deshalb die Belange des Klägers in die Entscheidung einzubeziehen waren. Wie der Kläger selbst ausführt, enthält das Schreiben keine Hinweise zur formalen Berechtigung, einen Widerspruch einzulegen. Es ist deshalb nicht geeignet, die sich aus der Rechtsmittelbelehrung auch für den Kläger ergebende Möglichkeit einer Einlegung des Widerspruchs in Zweifel zu ziehen.

19

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob eine versäumte Rechtsmittelfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung auch dann nicht durch eine Entscheidung der Behörde und deren rügelose Einlassung in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt wird, wenn der begünstigte Dritte selbst nicht von einer Bestandskraft des Verwaltungsaktes und einem Vertrauensschutz ausgegangen ist.

20

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie nicht mehr klärungsbedürftig ist. Die Antwort auf die gestellte Frage ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO und der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung.

21

Danach ist die Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung nicht befugt, über einen Widerspruch, der erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt worden ist, sachlich zu entscheiden. Die mit Ablauf der Widerspruchsfrist eingetretene Bestandskraft vermittelt dem dadurch Begünstigten eine gesicherte Rechtsposition, die diesem nur dann entzogen werden darf, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren enthalten eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht (Beschluss vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69). Darf die Widerspruchsbehörde wegen der zugunsten des begünstigten Dritten eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts über den verspäteten Widerspruch sachlich nicht entscheiden, so kommt einer gleichwohl ergehenden Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde nicht die Wirkung zu, dass die versäumte Frist geheilt ist. Dem Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall gleichfalls eine Sachentscheidung verwehrt (Urteil vom 4. August 1982 - BVerwG 4 C 42.79 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 49).

22

Hat schon eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde in der Sache nicht die Wirkung, dass dem Verwaltungsgericht trotz eingetretener Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Überprüfung in der Sache ermöglicht wird, kommt einer bloßen Einlassung der Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Sache diese Wirkung erst recht nicht zu. Dies folgt unmittelbar daraus, dass bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung die eingetretene Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht mehr ohne Weiteres, also ohne eine besondere Ermächtigungsgrundlage, zur Disposition der Behörde steht. Dies ergibt sich unmittelbar aus der bereits ergangenen Rechtsprechung und muss nicht für die bloße Einlassung der Behörde im Prozess im Revisionsverfahren nochmals entschieden werden.

23

Ist dem Verwaltungsgericht danach wegen der eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts eine Sachprüfung verwehrt, kommt es auch nicht darauf an, ob der durch die Bestandskraft begünstigte Dritte sich im Prozess auf die Unzulässigkeit der Klage beruft oder Ausführungen zur Sache macht.

24

3. Das angefochtene Urteil leidet nicht an dem geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

25

Der Kläger rügt zum einen, das Oberverwaltungsgericht habe eine aktenwidrige Feststellung insoweit getroffen, als es angenommen hat, das Oberbergamt habe ihm - dem Kläger - den Bescheid mit Bekanntgabewille zugesandt, mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe im Sinne des § 41 VwVfG vorliege.

26

Der Kläger greift damit die Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann nur mit der näher zu begründenden Behauptung angegriffen werden, sie beruhe auf einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen oder auf einem aktenwidrig angenommenen Sachverhalt oder sie sei offensichtlich sachwidrig und damit objektiv willkürlich. Die Rüge, das Urteil beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen, erfordert dabei die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass es keiner weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts bedarf. Der Widerspruch muss also zweifelsfrei sein. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, weil eine Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 7 B 16.09 - juris; und vom 4. Oktober 2005 - BVerwG 6 B 40.05 - juris).

27

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Der Kläger benennt keine Textstelle in den Akten, aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass das Oberbergamt bei der Zusendung des Bescheids an ihn keinen Bekanntgabewillen im Sinne des § 41 VwVfG hatte. Er legt lediglich das Anschreiben des Oberbergamts anders aus, als das Oberverwaltungsgericht es getan hat. Damit wird lediglich die Tatsachenwürdigung als solche angegriffen. Eine Aktenwidrigkeit kann auf diese Weise nicht dargelegt werden.

28

Dasselbe gilt für die weitere Rüge, aktenwidrig sei auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe auf Grund des Anschreibens die Rechtsmittelbelehrung auch auf sich beziehen müssen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.

10

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

14

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).

15

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).

16

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).

17

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

18

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

19

Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).

20

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

21

b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.

22

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).

23

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.

24

cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

25

Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

26

Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

27

c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

28

Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

29

d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

30

aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).

31

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

32

bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

33

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).

34

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

35

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.

36

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

37

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

38

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

39

Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

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ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

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ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.

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3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

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4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a Aufschub bewirkt.

(2) Die Berufung und die Beschwerde nach § 144 Abs. 1 eines Versicherungsträgers oder in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirken Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.