Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.
Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.
A.
Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.
1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.
a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.
Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,
– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt
– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.
b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.
c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).
d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.
e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.
f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).
2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.
a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.
b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.
Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).
c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).
d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.
Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).
e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.
Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.
3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.
a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.
Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.
b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).
c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.
d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.
Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.
Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.
II.
1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.
Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).
2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.
Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.
3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.
Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.
4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.
Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.
III.
Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.
1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.
2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.
3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.
4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.
Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.
Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.
5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.
Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.
6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.
7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.
Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).
IV.
Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.
Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.
Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.
B.
Kaufvertragliche Ansprüche:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.
I. Sachmangel
1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.
Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).
Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).
Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.
Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.
2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).
Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.
Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.
Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.
3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.
a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.
Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.
b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).
aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.
bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.
cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).
dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.
ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.
Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.
Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.
4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.
a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).
b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.
c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.
Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).
d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..
e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).
5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.
a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.
Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.
Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.
b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.
Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.
aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).
bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).
C. Feststellung des Annahmeverzuges
Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.
2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.
D. Zukunftsschäden
Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.
Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.
E. Anwaltskosten
1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.
Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.
2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.
Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.
F.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.
Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).
Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).
Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.
Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.