Landgericht Stuttgart Urteil, 17. Jan. 2019 - 23 O 172/18

bei uns veröffentlicht am17.01.2019

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 39.400,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR und weiteren Zinsen aus einem Betrag von 50.000,00 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 01.11.2018 zu zahlen, Zug- um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes Benz C 250 D mit der FIN: ....

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeuges seit dem 30.07.2018 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die ...-Rechtsschutz ...-GmbH zur Schadennummer: ... vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.354,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.11.2018 zu erstatten.

4. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit i.H.v. 984,84 EUR erledigt ist.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

7. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 43.329,81 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aus Delikt aus einem PKW-Kaufvertrag im Zuge des sog. „Abgasskandals“
Mit verbindlicher Bestellung vom 19.09.2016 (Anl. K 16) erwarb der Kläger von der Firma ..., einer unabhängigen Händlerin, den streitgegenständlichen PKW Mercedes Benz Typ C 250 D, FIN: ..., der von der Beklagten entwickelt und hergestellt und mit einem Motor OM 651, EURO 5, ausgestattet ist, als Gebrauchtwagen zum Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR. Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt der Übergabe eine Laufleistung von 16.500 km und im Zeitpunkt der Klageerhebung eine Laufleistung von 54.320 km auf.
Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die sog. Abgasrückführung. Bei der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird bei kühleren Außentemperaturen zurückgefahren, wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außentemperaturen die Abgasrückführung reduziert wird (sog. „Thermofenster“).
Das Fahrzeug ist nicht von einem Rückruf durch das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) betroffen.
Mit Anwaltsschreiben vom 23.07.2018 (Anl. K 17) forderte die Beklagte unter Fristsetzung binnen zwei Wochen zur Zahlung i.H.v. 46.874,25 EUR Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW auf.
Der Kläger behauptet, die Abgasrückführung werde bereits bei einstelligen Außentemperatur reduziert oder ganz abgeschaltet („Thermofenster“), mit der Folge, dass die Stickoxidemission erheblich ansteige.
Das Fahrzeug enthalte neben dem Thermofenster auch eine Steuerungssoftware, die dazu führe, dass das Fahrzeug das Durchfahren des „Neuen Europäischen Fahrzyklusses“ (NEFZ) auf dem Prüfstand erkenne und abhängig davon die Abgasaufbereitung dergestalt regele, dass der Ausstoß an Stickoxiden nur beim Durchfahren des NEFZ optimiert werde. Das Fahrzeug verfüge nicht über die Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung und habe einen erheblich höheren Schadstoffausstoß als von der Beklagten angegeben.
Der Kläger behauptet ferner, der Vorstand der Beklagten habe Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Software gehabt.
Der Kläger trägt schließlich vor, das Fahrzeug habe aktuell (11.12.2018) eine Laufleistung von 60.002 km.
10 
Der Kläger ist insbesondere der Ansicht, das Fahrzeug verfüge über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO EG 715/2007.
11 
Der Kläger beantragte im Klageantrag Ziff. 1 zunächst Zahlung i.H.v. 43.329,81 EUR. Nachdem der Kläger das Fahrzeug zwischen dem Zeitpunkt der Klageerhebung und dem Schluss der mündlichen Verhandlung weiternutzte, erklärte der Kläger den Rechtsstreit bezüglich der Nutzungsentschädigung i.H.v. 984,84 EUR für teilweise erledigt.
12 
Der Kläger beantragt zuletzt:
13 
1. Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an den Kläger 42.344,97 EUR sowie Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR nebst weiteren Zinsen aus 50.000,00 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 01.11.2018 zu zahlen, Zug- um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes Benz E 250 CDI Blue Efficiency mit der FIN: ....
14 
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeuges seit dem 30.07.2018 in Annahmeverzug befindet.
15 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die ... Rechtsschutz ...-GmbH zur Schadennummer: ... vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.354,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
16 
4. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist.
17 
Die Beklagte beantragt:
18 
Die Klage wird abgewiesen.
19 
Die Beklagte behauptet insbesondere, im streitgegenständlichen Fahrzeug sei die Rate der Abgasrückführung bei einer Umgebungslufttemperatur von 7° Celsius oder darunter betriebspunktabhängig um bis zu 48 % niedriger als bei höheren Temperaturen und bleibe auf diesem Niveau bis zum Unterschreiten einer Umgebungstemperatur von - 30° Celsius, bei der sie abgeschaltet werde (sog. „Thermofenster“). Dieses sog. „Thermofenster“ sei zum Bauteilschutz notwendig. Das System der Abgasrückführung könne bei kalten Temperaturen Schäden durch Ablagerungen (sog. „Versottung“) erleiden. Eine hohe Abgasrückführungsrate außerhalb des Thermofensters führe zu einer solchen Versottung und damit zu Motorschäden.
20 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2018 (Bl. 125 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Klage ist zulässig (dazu I.) und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).
I.
22 
1. Die im Schriftsatz vom 03.12.2018 (Bl. 89 d.A.) einseitig gebliebene teilweise Erledigungserklärung des Klägers stellt einen Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache (Klageantrag Ziff. 4) dar, wobei es sich um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung handelt, nämlich um eine Antragsbeschränkung durch einen Übergang von einem Leistungsantrag zu einem Feststellungsantrag (OLG Stuttgart, 06.09.2017 - 4 U 105/17). Das nötige Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO bezüglich des Klageantrags Ziff. 4 folgt daraus, dass der Kläger andernfalls insoweit die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hätte.
23 
2. Für den Klageantrag Ziff. 2 bezüglich der Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs besteht das Feststellungsinteresse angesichts der mit der Feststellung verbundenen Vereinfachung und Beschleunigung des Zugriffs in der Zwangsvollstreckung (vgl. §§ 756 Abs. 1, 765 Nr. 1 ZPO).
II.
24 
Die Klage ist im Klageantrag Ziff. 1 aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
25 
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB (dazu 1.), gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB (dazu 2.), wobei zwischen den Ansprüchen aus § 826 BGB und § 831 BGB die Möglichkeit der Wahlfeststellung besteht (dazu 3.), i.H.v. 39.400,00 EUR. Ferner hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR sowie weiteren Zinsen aus einem Betrag von 50.000,00 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 01.11.2018 (dazu 4.).
26 
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB (vgl. auch LG Stuttgart, 27.11.2018 - 7 O 265/18 ebenfalls zum „Thermofenster“; LG Stuttgart, 14.08.2018 - 23 O 80/18, LG Stuttgart,16.11.2017 - 19 O 34/17, LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
27 
Das Fahrzeug verfügt über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 (dazu a). Der Kläger hat deshalb einen Schaden erlitten (b), welcher durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (c) und welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (d). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (e). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 39.400,00 EUR (f).
28 
a) Die Beklagte hat das vom Kläger erworbene Fahrzeug gebaut und eine EG-Typengenehmigung beantragt, die formal erteilt wurde, obwohl das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 verfügt, die der Zulassung entgegenstand.
29 
1) Nach Art. 4 Abs. 1 EG-VO 715/2007 weist der Hersteller nach, dass alle von ihm verkauften, zugelassenen oder in der Gemeinschaft im Betrieb genommenen Neufahrzeuge über eine Typengenehmigung gemäß dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen verfügen. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 rüstet der Hersteller das Fahrzeug so aus, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeugunter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Nach Abs. 2 der Vorschrift ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die diese Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig.
30 
Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 definiert eine Abschalteinrichtung als ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlass, oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zuverändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
31 
Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt über eine solche Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007.
32 
(1) Anzumerken ist zunächst, dass selbst die Untersuchungskommission des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bezüglich des Vorhandenseins eines Thermofensters zu folgendem Ergebnis kommt:
33 
„Alle Hersteller nutzen aber Abschalteinrichtungen gemäß der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007“
34 
(Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, Stand April 2016, S. 119 unter C. II. 4.).
35 
(2) Unstreitig verfügt das streitgegenständliche Fahrzeug – wie offenbar eine Vielzahl der Motoren diverser Hersteller, und zwar unabhängig davon, ob sie von einem Rückruf des KBA betroffen sind – über ein sog. Thermofenster.
36 
So ist im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Technologie zur Reduktion des Stickoxidausstoßes (NOx) vorhanden. Dabei kommt die sog. Abgasrückführung zum Einsatz. Bei der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird dabei bei kühleren Temperaturen – unstreitig - zurückgefahren. Bei welchen konkreten Außentemperaturen letztendlich eine Reduktion der Abgasrückführung erfolgt, kann letztendlich dahinstehen. Anzumerken ist lediglich, dass die Beklagte - trotz Hinweises in der richterlichen Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) und des Sachvortrags des Klägers im Rahmen der Klageschrift vom 04.10.2018 (Bl. 1 ff. d.A.) und im Schriftsatz vom 03.12.2018 (Bl. 88 ff. d.A) - nicht näher dazu vorträgt, bei welchen Außentemperaturen bereits erstmals (offenbar 7° Celsius) eine Reduzierung der Abgasrückführung eintritt und in welchem konkreten Maß. Die hierzu getätigten Ausführungen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.01.2019 sind (wohl bewusst) vage gehalten (Reduzierung der Abgasrückführung um „bis zu 48 %“).
37 
(3) Sofern die Abgasrückführung - wie im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2019 vorgetragen und zugunsten der Beklagten sogar als wahr unterstellt - bei einer Außentemperatur von 7° C oder darunter betriebspunktabhängig um bis zu 48 % reduziert wird, stellt dies eine Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 dar, da gerade das Abgasrückführungssystem bzw. eine Software die Außentemperatur erkennt und die Funktion des Emissionskontrollsystems verändert - unabhängig davon in welchem Maß - oder sogar deaktiviert, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems infolge der Reduktion der Abgasrückführung unter normalen Bedingungen des Fahrzeugbetriebs verringert wird. Die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems wird eben durch das entsprechende System an die Fahr- und Umweltbedingungen, die bei normalen Fahrbetrieb herrschen, angepasst. Unerheblich ist dabei, in welchem Maß eine Verringerung der Abgasrückführung erfolgt, da Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 eine solche Differenzierung nicht erlaubt und schlicht jede Veränderung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems als Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist, zumal eine Reduzierung um bis zu 48 % ohnehin als erheblich einzustufen wäre (vgl. auch Prof. Dr. Martin Führ, Gutachterliche Stellungnahme für den Deutschen Bundestag – 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode; derselbe in NVwZ 2017, 265; ferner auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 18).
38 
(4) Anders als die Beklagte meint, wird mit der „Auslegung der Abgasrückführung die innermotorische Emissionskontrolle für die jeweiligen Betriebszustände“ nicht erst „definiert“, weshalb es sich nach Ansicht der Beklagten um keine Abschalteinrichtung handele (S. 7 des Schriftsatzes der Beklagten vom 11.01.2019). Dieser Argumentationsversuch läuft darauf hinaus, den in der Verordnung nicht definierten Begriff des „Emissionskontrollsystems“ aus dem Kontext der Begriffsbestimmung der „Abschalteinrichtung“ herauszulösen und ihm einen eigenen, engeren Gehalt zuzuweisen. Für eine solche Sichtweise müsste es in der Verordnung besondere Anhaltspunkte geben. Daran fehlt es aber. Im Gegenteil: Die Unterscheidung „innermotorisch“ und „Emissionskontrolle“ widerspricht dem Wortlaut der Definition der „Abschalteinrichtung“, denn die in Art. 3 Nr. 10 EG (VO) 715/2007 aufgezählten Parameter umfassen alle technischen Vorgänge (darunter mit der „Motordrehzahl“ einen eindeutig innermotorischer Faktor), die auf Entstehen und Verminderung der Emissionen einwirken. Dafür spricht auch die Begriffsbestimmung in Art. 3 Nr. 11 EG (VO) 715/2007. Sie definiert „emissionsmindernde Einrichtung“ als „die Teile eines Fahrzeugs, die die Auspuff- und Verdunstungsemissionen eines Fahrzeugs regeln und/oder begrenzen.“ Steuerungsvorgänge, die innermotorisch wirken, tragen dazu bei, die Auspuffemissionen zu regeln, sie sind daher Teil des Emissionskontrollsystems. Die vorgetragene Differenzierung findet somit im Verordnungstext keine Stütze (so überzeugend Prof. Führ in: NVwZ 2017, 265 (266)).
39 
Die Funktion des Emissionskontrollsystems wird vorliegend also - abhängig von der Umgebungstemperatur - dadurch verändert, dass die Abgasrückführungsrate um bis zu 48 % reduziert wird. Dies stellt eine Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG (VO) 715/2007 dar.
40 
2) Eine solche Abschalteinrichtung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen (Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
41 
Zwar wird im Abschlussbericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ des BMVI ausgeführt, dass „unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein“.
42 
(Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, Stand April 2016, S. 123 unter D. I. 2.).
43 
Eine solche Auslegung der gesetzlichen Vorgaben hat jedoch keine rechtliche Grundlage (so überzeugend und mit erheblicher Kritik am Abschlussbericht der Untersuchungskommission des BMVI: Klinger, Rechtsgutachten zum Stand der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der Durchführungsverordnung 692/2008, der Richtlinie 2007/46/EG und der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE), erstellt zum Beweisbeschluss SV-4 des 5. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, 29. September 2016, dort S. 24).
44 
Im Einzelnen:
45 
(1) Die EG (VO) 715/2007 wurde ausweislich von Erwägungsgrund 1 erlassen, um die technischen Vorschriften für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen zu harmonisieren. Ziel ist die Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus auf europäischer Ebene. Zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte war nach Auffassung des EU-Gesetzgebers insbesondere eine erhebliche Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen erforderlich. Das Senken der Emissionen von Kraftfahrzeugen ist Teil einer Gesamtstrategie. Um die Ziele der EU für die Luftqualität zu erreichen, sind nach seiner Einschätzung fortwährende Bemühungen zur Senkung von Kraftfahrzeugemissionen erforderlich, weshalb die Industrie klare Informationen über die künftigen Emissionsgrenzwerte erhalten soll.
46 
(2) Wie alle Ausnahmeregelungen ist auch die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 EG-VO 715/2007sehr eng auszulegen. Wer als Fahrzeughersteller von dem Verbot abweichen will, muss dies besonders rechtfertigen. Eine Notwendigkeit i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 liegt insbesondere dannnicht vor, wenn sich die Abschalteinrichtung durch Konzeption, Konstruktion oder Werkstoffwahl vermeiden lässt.
47 
Der Verordnungsgeber ist bei dem Begriff der „Notwendigkeit“ i.S.d. Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007 bewusst über die entsprechende Regelung in Ziffer 2.1.6 Satz 2 der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Emissionsgrundverordnung geltenden Fassung der UN/ECE-Regelung Nr. 83 hinausgegangen, in der zum Verneinen einer verbotenen Abschalteinrichtung bereits als ausreichend angesehen wurde, wenn „die Notwendigkeit der Nutzung der Einrichtung mit dem Schutz des Motors vor Beschädigungen oder Unfällen und der Betriebssicherheit des Fahrzeugs begründet wird“. Im Vergleich zu diesem allein auf eine vorgenommene Begründung abstellenden Wortlaut der Regelung Nr. 83 hat der Verordnungsgeber bei der Emissionsgrundverordnung mit dem Begriff der „Notwendigkeit“ einen strengeren, objektivierbaren Maßstab gewählt (so auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 13).
48 
(3) Es ist demnach nicht schon ausreichend, dass überhaupt individuell technische Situationen auftreten, in denen die Abschalteinrichtung zum Motorschutz oder zum sicheren Betrieb erforderlich ist, sondern darüber hinaus wäre unter Einbeziehung der zu dieser technischen Situation führenden Gründe erforderlich, dass auch diese notwendigerweise vorliegen, also generell unvermeidbar sind (diese Auslegung befürwortend auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 14 f.).
49 
(4) Unzweifelhaft nicht notwendig im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 ist eine solche Abschalteinrichtung, die aus Motorschutzgesichtspunkten ununterbrochen arbeitetet und damit den Zielsetzungen der Verordnung hinsichtlich einer eindämmenden Kontrolle der Emissionswerte im Straßenbetrieb und einem grundsätzlichen Verbot von Abschalteinrichtungen komplett zuwiderläuft.
50 
Dem entsprechend sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das Eingreifen einer Abschalteinrichtung grundsätzlich nicht auf die Privilegierung von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 gestützt werden kann, wenn sie unter Bedingungen eingreift, die zu den üblichen, alltäglichen Nutzungsbedingungen eines betreffenden Kraftfahrzeugs im Sinne eines Normalgebrauchs zu zählen sind. Eine Privilegierung einer Abschalteinrichtung aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 kommt zudem dann grundsätzlich nicht in Betracht, wenn aufgrund andersartiger Konstruktion oder durch den Einsatz zusätzlicher Bauteile das Abschalten des Emissionskontrollsystems unter Motorschutzgesichtspunkten entbehrlich würde. Für eine solche technische Entbehrlichkeit einer Abschalteinrichtung ließe sich in praxi etwa anführen, wenn nach dem Stand der Technik Konstruktionen bekannt und möglich sind, die das Abschalten des Emissionskontrollsystems entbehrlich machen, wofür namentlich sprechen kann, dass vergleichbare Motoren anderer Hersteller ohne entsprechend agierende Abschalteinrichtung auskommen, ohne dass der Motor Schaden nimmt. Auch die Möglichkeit des Einsatzes anderer oder weiterer technischer Varianten von Emissionskontrollsystemen spräche dafür, bei Verzicht auf dieselben seitens des Herstellers mangels Notwendigkeit keine Privilegierung aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 greifen zu lassen (vgl. die überzeugende Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 15 f).
51 
(5) Die auf den Schutz des Motors abzielende Privilegierung nach Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 bietet deshalb grundsätzlich keine taugliche Rechtsgrundlage dafür, eine Abschalteinrichtung regelmäßig auch bei solchen Betriebsbedingungen, die bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch eines Personenkraftwagens typischerweise eintreten, legal greifen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch für den Betrieb bei niedrigen Umgebungstemperaturen. Neben Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 sind auch die im Typzulassungs-Regelwerk enthaltenen Spezialvorschriften zu beachten. Für Dieselfahrzeuge legt Art. 3 Nr. 9 Durchführungs-Verordnung EG (VO) 692/2008 fest, innerhalb welches Zeitraums bei einem Kaltstart des Motors die volle Funktionsfähigkeit gewährleistet sein muss. Danach haben die Hersteller der Genehmigungsbehörde zu belegen, dass die NOx-Nachbehandlungseinrichtung nach einem Kaltstart bei – 7 °C innerhalb von 400 Sekunden eine für das ordnungsgemäße Arbeiten ausreichend hohe Temperatur erreicht. Die Genehmigungsbehörde darf in diesem Zusammenhang deshalb keine Typgenehmigung erteilen, wenn die vorgelegten Angaben nicht hinreichend nachweisen, dass die Nachbehandlungseinrichtung tatsächlich innerhalb des genannten Zeitraums eine für das ordnungsgemäße Funktionieren ausreichend hohe Temperatur erreicht. Mit dieser Nachweispflicht hat der Verordnungsgeber für Fahrzeuge klargestellt, dass es für ein daneben bestehendes Thermofenster bei niedrigen Temperaturen keine Rechtfertigung geben kann. Hersteller, die gleichwohl die Funktionsweise der Abgasbehandlung herabsetzen, verstoßen gegen die Vorgaben der Durchführungs-Verordnung (so auch überzeugend die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 18 und Prof. Dr. Martin Führ, Gutachterliche Stellungnahme für den Deutschen Bundestag – 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode, S. 3 dort Ziff. 7).
52 
3) Gemessen daran, ist die streitgegenständliche Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters nach Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 unzulässig.
53 
Die Beklagte behauptet zwar, das streitgegenständliche Thermofenster sei zum Bauteilschutz notwendig. Begründet wird dies mit einer sog. Versottungsgefahr. Damit kann die Beklagte aus den oben genannten Gründen nicht gehört werden. Die Beklagte trägt im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast schon nicht vor, dass die Versottungsgefahr durch andere technische Maßnahmen – unabhängig davon, ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären – verhindert werden könnte, weshalb auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst war, da bereits der Vortrag der Beklagten den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) nicht eingreifen lässt.
54 
Ferner wird das System der Abgasrückführung - wie die Beklagte vorträgt - bereits bei Außentemperaturen von 7° Celsius und darunter um bis zu 48 % zurückgefahren, wobei der Vortrag der Beklagten - mangels fehlender Klarstellung trotz Hinweises in der richterlichen Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) - nahelegt, dass die Abgasrückführung ggf. schon bei höheren Außentemperaturen als bei 7° C Celsius reduziert wird.
55 
Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur z.B. in Stuttgart von 10 Grad Celsius oder beispielsweise in den in der EU liegenden Städten Helsinki von 4,8 Grad Celsius und in Tallin von 4,5 Grad Celsius handelt es sich bei der Maßnahme (Veränderung des Emmissionskontrollsystems durch Reduzierung der Abgasrückführung bei Außentemperaturen von jedenfalls 7° Celsius) nahezu um einen Dauerbetrieb. Dass eine solche Abschalteinrichtung für den EU-Gesetzgeber erkennbar nicht als legal gelten sollte, liegt auf der Hand. Die Beklagte hat gerade nicht dargelegt, dass es sich um eine bloße „Ausnahme“ handelt, die zwingend notwendig ist, den Motor vor (erheblichen) Beschädigungen zu schützen und andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik nicht vorhanden sind. Vielmehr hat die Beklagte – wie wohl auch andere Automobilhersteller – das Regel-Ausnahmeverhältnis des Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2008 (bewusst) ins Gegenteil verkehrt.
56 
4) Das Gericht möchte dabei auch überhaupt nicht in Abrede stellen, dass ggf. eine solche Versottungsgefahr - wie von der Beklagten behauptet - bestehen mag. Allerdings rechtfertigt diese noch nicht den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007, da eben schon nicht dargelegt ist, dass diese Versottungsgefahr technisch nicht durch andere Maßnahmen, die ggf. teurer wäre, verhindert werden könnte, ohne dass hierzu eine Reduzierung der Abgasrückführung erforderlich wäre.
57 
Das Gericht sieht sich zu folgenden (wiederholenden) Klarstellungen veranlasst:
58 
Selbst wenn die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur von 7° Celsius und darunter um bis zu 48 % reduziert wird, weil andernfalls eine sog. Versottung eintrete, führt dies nicht zur Zulässigkeit der Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO Nr. 715/2007. Wie oben dargelegt, bietet die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007 unter Hinweis auf Art. 3 Nr. 9 Durchführungs-Verordnung gerade keine Rechtfertigung für ein darüber hinaus gehendes Thermofenster, das nahezu ununterbrochen arbeitet. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 differenziert insoweit auch nicht nach dem Grad der Reduzierung der Abgasrückführung, sondern verbietet eine Abschalteinrichtung - mit Ausnahme der in Art. 5 Abs. 2 EG (VO) genannten Tatbestände - schlechthin. Selbst wenn also - wie die Beklagte selbst vorträgt - bei Außentemperaturen von unter 7° Celsius bereits die Abgasrückführung reduziert wird, stellt dies bei den in der EU vorherrschenden Jahresdurchschnittstemperaturen nahezu einen durchgängigen Regelbetrieb dar, den der EU-Gesetzgeber zweifellos - auch nicht zum Zwecke des Motorschutzes - als legal greifen lassen wollte.
59 
Ferner führt das Gericht erneut aus, dass der Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 EG (VO) 715/2007 sehr eng auszulegen ist. Die Automobilhersteller können sich daher - aus den geschilderten Gründen - allenfalls dann auf den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) (Motorschutz) berufen, wenn andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik, und zwar unabhängig davon ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären, nicht vorhanden sind. Dies hat die Beklagte trotz ihrer sekundären Darlegungslast schon nicht behauptet.
60 
5) Unerheblich ist auch, ob das KBA und das BMVI die Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen durch sogenannte Thermofenster (zum Teil) bejahen. Dies bindet die Parteien im hiesigen Rechtsstreit nicht. Ferner sind die dazu im Untersuchungsbericht Volkswagen zur Rechtfertigung dieser Praxis durch das Bundesministerium herangezogenen Argumente aus den oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass das Ergebnis der Untersuchungskommission allein politisch motiviert war (so mit (noch) deutlicheren Worten und schärferer Kritik: Klinger, Rechtsgutachten zum Stand der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der Durchführungsverordnung 692/2008, der Richtlinie 2007/46/EG und der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE), erstellt zum Beweisbeschluss SV-4 des 5. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, 29. September 2016, dort S. 29).
61 
6) Nicht gehört werden kann die Beklagte schließlich damit, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug ein bestandskräftiger Verwaltungsakt hinsichtlich der EG-Typengenehmigung vorliege. Ein solcher Verwaltungsakt wirkt lediglich zwischen den Beteiligten des dortigen Verfahrens und bindet vorliegend nicht den Kläger. Ferner übersieht die Beklagte, dass streitgegenständlich nicht die Frage ist, ob für das hiesige Fahrzeug eine wirksame EG-Typengenehmigung besteht. Anknüpfungspunkt der Haftung nach §§ 826, 831 BGB ist, dass die Beklagte ein Fahrzeug entwickelt und hergestellt hat, welches über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 1, 2 EG (VO) 715/2007 verfügt, die einer Zulassung entgegenstand, weshalb ein nachträglicher Entzug der Zulassung jedenfalls droht. Deshalb ist letztendlich auch nicht entscheidend, ob das Fahrzeug von einem Rückruf durch das KBA betroffen ist oder nicht.
62 
b) Der Kläger hat durch den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs einen Schaden erlitten (vgl. nur LG Stuttgart, 21.08.2018 - 23 O 92/18; LG Bochum, 29.12.2017 - I-6 O 96/17, LG Köln, 18.07.2017 – 22 O 59/17, LG Würzburg, 23.02.2018 – 71 O 862/16, LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17).
63 
1) Der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten liegt bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen von dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Stuttgart, 26.09.2018 – 23 O 95/18, LG Hildesheim, 17.01.2017 - 3 O 139/16; LG Paderborn, 07.04.2017 - 2 O 118/16; LG Kleve, 31.03.2017 - 3 O 252/16; LG Bochum, 13.07.2017 – 8 O 366/16, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
64 
2) Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.
65 
Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.
66 
Ein Schaden kann deshalb auch darin gesehen werden, dass jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist (BGH NJW-RR 2005, 611, 612). Es ist daher anerkannt, dass der Schaden auch darin liegen kann, dass ein – wäre eine Täuschung nicht erfolgt – ungewollter Vertrag abgeschlossen wird.
67 
3) Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis des nicht gesetzeskonformen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen PKW erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.
68 
Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte. Wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters vorliegt, weshalb der Emissionsausstoß während nahezu des gesamten Jahreszeitraums (jedenfalls unstreitig ab 5 Grad Celsius Außentemperatur) deutlich höher ist als angegeben und dies - wie gezeigt - rechtlich unzulässig ist, hätte der Kläger von einem Kaufvertrag Abstand genommen.
69 
4) Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung das tatsächlich von dem Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.
70 
Da jedoch ein Käufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung bei dem Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht hätte erteilt werden dürfen und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur bei ganz bestimmten Umweltbedingungen erreicht werden, die Grenzwerte im normalen Fahrbetrieb bei üblichen Umweltbedingungen (durchschnittliche Außentemperaturen) hingegen um ein Vielfaches überschritten werden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.
71 
c) Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, 03.03.2008 – II ZR 310/06 –, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war. So liegt der Fall hier.
72 
1) Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich - infolge des unzulässigen Einbaus einer Abschalteinrichtung - erschlichen wurde. So hatte die Beklagte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht, ohne hierüber aufzuklären.
73 
2) Die Täuschung der Beklagten gegenüber allen (potenziellen) Käufern derartiger Fahrzeuge durch konkludentes Handeln liegt darin, dass ein Neuwagenkäufer grundsätzlich davon ausgehen kann, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.
74 
Diese Vorstellungen eines Käufers wie dem Kläger war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation in Form des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da eine Typengenehmigung nach Art. 4 Abs. 1 EG (VO) 715/2007 bei Offenlegung des Thermofensters durch die Beklagte gegenüber der Genehmigungsbehörde (KBA) nicht hätte erteilt werden dürfen.
75 
Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklagten war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers (s.o.).
76 
d) Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB [2014], § 826, Rn. 31).
77 
1) Gemessen daran ist das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns durch die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen einen Motor zu entwickeln, der über keine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verfügt. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen erfüllt.
78 
2) Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischen Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur die Vorschriften des Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.
79 
3) Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre. Die Manipulation ist auf dem Prüfstand bei gleichbleibender Umgebungstemperatur nicht zu erkennen.
80 
4) Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der unzähligen Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat (vgl. LG Würzburg, 23.02.2018 – 71 O 862/16 zum "VW-Abgasskandal").
81 
e) Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte sind zu bejahen. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten, deren Wissen als zugestanden anzusehen ist, zurechnen lassen.
82 
1) Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass der Vorstand oder jedenfalls Teile des Vorstands der Beklagten Kenntnis von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung, die zu gesetzwidrigen EG-Bescheinigungen geführt hat, gehabt haben.
83 
2) Dieser Vortrag ist auch naheliegend. Der Vorstand hat das Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu organisieren und zu führen (sog. Compliance). In diesem Zusammenhang muss davon ausgegangen werden, dass Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf alle wesentlichen Entscheidungen eingerichtet sind und deren Einhaltung durch entsprechende Kontrollmaßnahmen gewährleistet ist. Insoweit ist es mehr als naheliegend, dass dem Vorstand oder Teilen des Vorstandes der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung zur Erreichung der EG-Typengenehmigung sowie das Inverkehrbringen eines gesetzeswidrigen Fahrzeuges bekannt gewesen sind. Dies auch deshalb, weil die Abgasrückführung einer ganzen Motorenreihe für eine Vielzahl von Fahrzeugen hinsichtlich ihres Entwicklungsaufwandes in technischer und finanzieller Hinsicht eine wesentliche vom Vorstand zu treffende Entscheidung darstellt und die Verwendung einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung sämtliche in der EU zuzulassenden Fahrzeuge betrifft. Zu all diesen internen Vorgängen kann der Kläger als Käufer eines manipulierten Fahrzeugs naturgemäß nicht substantiiert vortragen, so dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dahingehend trifft, zu den internen Vorgängen im Zusammenhang mit der unzulässigen Abschalteinrichtung vorzutragen. Eine sekundäre Darlegungslast besteht dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Gegner zumutbar nähere Angaben machen kann (vgl. BGH, 07.12.1998 - II ZR 266/97).
84 
3) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Kläger kann nicht – wie oben ausgeführt – näher dazu vortragen, in welcher Organisationseinheit der Beklagten die unzulässige Abschalteinrichtung entwickelt, verwendet, verbaut worden ist, wer die Entscheidung dazu getroffen und wie die Entscheidung wann und an wen kommuniziert worden ist. Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner Personen war nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast. Dagegen ist die Beklagte allein aus Compliance-Gesichtspunkten dazu verpflichtet, entsprechende Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. Indem sie etwaige bisherige interne Ermittlungsergebnisse unter Verschluss hält, verstößt die Beklagte gegen ihre sekundäre Darlegungslast, so dass das Gericht davon ausgeht, dass der Vorstand der Beklagten Kenntnis von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst hat, was auch mehr als naheliegend ist (ebenso: LG Köln, 18.07.2017 - 22 O 59/17; LG Hildesheim, 17.01.2017 - 3 O 139/16; LG Kleve, 31.03.2017 - 3 O 252/16; vgl. auch LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17; LG Stuttgart, 30.10.2018 - 23 O 108/18, jeweils zum "VW-Abgasskandal").
85 
4) Durch das bewusste Inverkehrbringen der gesetzwidrig ausgestatteten Fahrzeuge ist auch von einem entsprechenden Schädigungsvorsatz auszugehen. Der Vorstand der Beklagten hat eine Schädigung der Vermögensinteressen der Käufer zumindest billigend in Kauf genommen. Bei dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung kam es der Beklagten bzw. ihrem Vorstand darauf an, Umsatz und Gewinn zu steigern. Andere Gründe sind nicht ersichtlich. Dabei haben sie es in Kauf genommen, ihren Kunden über das Vertriebsnetz von Vertragshändlern nicht-gesetzeskonforme Fahrzeuge zu verkaufen und auf diese Weise ihren Kunden wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.
86 
f) Gemäß §§ 826, 249 BGB kann der Kläger von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 39.400,00 EUR verlangen.
87 
1) Der Kläger ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der genannten Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung unter Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung erteilt wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Zulassung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden.
88 
2) Der Kläger kann daher den von ihr zum Erwerb des Fahrzeugs gezahlten Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR von der Beklagten verlangen. Im Wege des Vorteilsausgleichs hat er allerdings das erworbene Fahrzeug und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (vgl. nur LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17, LG Bochum, 29.12.2017 – I-6 O 96/17, LG Würzburg, 23.02.2018 - 71 O 862/16, LG Stuttgart, 30.10.2018 - 23 O 80/18, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
89 
Unstreitig hat der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen mit einer Kilometerlaufleistung von 16.500 km erworben. Zur Überzeugung des Gerichts steht ferner fest, dass die Kilometerlaufleistung zum Schluss der mündlichen Verhandlung (11.12.2018) 66.002 km betrug (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2018 ein Lichtbild vom 07.12.2018 (Bl. 130 d.A.) vorgelegt, welches mit den Parteien in Augenschein genommen wurde und auf dem ein Kilometerstand von 66.002 km zu sehen war. Zwar hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass es sich bei dem Lichtbild um eine Lichtbildaufnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs handele. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest, dass auf dem in Augenschein genommenen Lichtbild der Tachometer des streitgegenständlichen Fahrzeugs abgelichtet war (§ 286 Abs. 1 ZPO). So hat der Klägervertreter bestätigt, dass der Kläger das Lichtbild seinem Sekretariat übermittelt und dieses das Lichtbild sodann an ihn weitergeleitet habe. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Lichtbild nicht um eine Aufnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs handelt, bestehen für das Gericht vernünftigerweise nicht, zumal die Laufleistung des streitgegenständlichen PKWs zum Zeitpunkt der Klageerhebung unstreitig 54.320 km betrug, weshalb eine Laufleistung i.H.v. 66.002 km zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung auch plausibel erscheint. Ferner hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung vom 07.12.2018 vorgelegt (Bl. 129 d.A.), in der er bestätigt, dass es sich bei der Lichtbildaufnahme um das streitgegenständliche Fahrzeug handele. Zwar wurde das Lichtbild bereits am 07.12.2018 aufgenommen und damit nicht am Tag der mündlichen Verhandlung. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass auch die Beklagte nicht behauptet, der Kläger habe in der Zwischenzeit noch eine weitere Fahrtstrecke zurückgelegt. Ferner handelt es sich bei der Nutzungsentschädigung im Wesentlichen ohnehin um eine gemäß o.g. Berechnung durchgeführte Schätzung, sodass lediglich minimale Abweichungen des Kilometerstands auch zu vernachlässigen wären.
90 
Der Nutzungsvorteil errechnet sich aus dem Bruttokaufpreis von 50.000,00 EUR (Anl. K 16) multipliziert mit der seit Vertragsschluss gefahrenen Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (11.12.2018) von 49.502 km (66.002 km - 16.500 km) geteilt durch die vom Gericht gemäß § 287 ZPO unter Zugrundelegung einschlägiger Vergleichswerte (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 3574) geschätzte Restlaufleistung. Das Gericht schätzt gemäß § 287 ZPO, dass ein Dieselfahrzeug des streitgegenständlichen Typs eine Gesamtfahrleistung von 250.000 km hat, sodass eine Restlaufleistung von 233.500 km besteht (250.000 km - 16.500 km). Dies bedeutet, dass der Kläger insgesamt einen Nutzungsvorteil i.H.v. 10.600,00 EUR gezogen hat, der in Abzug zu bringen ist, sodass ein Anspruch i.H.v. 39.400,00 EUR (50.000,00 EUR - 10.600,00 EUR) besteht.
91 
Da der Kläger zuletzt einen Anspruch i.H.v. 43.329,81 EUR geltend macht, war die Klage insoweit im Übrigen abzuweisen.
92 
2. Dem Kläger steht überdies auch ein Anspruch aus §§ 831 Abs. 1 S. 1, 249 BGB zu.
93 
a) Selbst wenn man entgegen dem Vorstehenden davon ausgehen würde, dass weder ein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, noch ein sonstiger Repräsentant i.S.v. § 31 BGB bei der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung im hier maßgeblichen Zeitpunkt Kenntnis hatte, dann würde die Beklagte dem Kläger gleichwohl in der vorgenannten Weise auf Schadensersatz haften. Denn die Entwicklung und Freigabe des Motors samt der unzulässigen Abschalteinrichtung für die Serienproduktion erfolgte bei der Beklagten letztlich auf der Arbeitsebene unterhalb der Repräsentanten. Es muss hier denknotwendig einen oder höchstwahrscheinlich sogar mehrere Mitarbeiter (Entwicklungsingenieure) bei der Beklagten gegeben haben, die von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung ("Thermofenster") Kenntnis hatten. Diese Mitarbeiter sind Verrichtungsgehilfen der Beklagten i.S.v. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB.
94 
b) Sie haben den Kläger gem. § 826 BGB vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt (vgl. oben II. 1.), denn ihnen musste klar sein, dass der von ihnen entwickelte Motor mit der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Hierfür bedurfte es keiner komplizierten rechtlichen Prüfungen. Auch einem rechtlichen nicht weiter Vorgebildeten leuchtet unmittelbar ein, dass eine Abschalteinrichtung, die bei üblichen Umweltbedingungen (insbesondere bei regelmäßig auftretende Außentemperaturen, die nahezu das gesamte Jahr über in der EU herrschen) eingreift und zu einer deutlichen Reduktion der Abgasrückführung führt und weit über die gesetzlichen Grenzwerte hinausgehende Abgasemissionen bedingt, der gesetzlichen Regelung der EG-VO 715/2007 zuwiderläuft.
95 
c) Den Entwicklungsingenieuren war auch klar, dass der Motor samt der unzulässigen Abschalteinrichtung mit Beginn der Serienfertigung in Fahrzeugen mit EG-Typengenehmigung Verwendung finden würde. Damit nahmen sie auch eine Schädigung der jeweiligen Fahrzeugerwerber billigend in Kauf, da ihnen klar war, dass bei Aufdeckung der Manipulation mit behördlichen Maßnahmen zu rechnen war. Dies genügt für den erforderlichen Schädigungsvorsatz (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 826, Rn. 11). Das Handeln der Entwicklungsingenieure als bewusstes Täuschungsverhalten (Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung) genügt schon an sich für das Vorliegen der Sittenwidrigkeit (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 826, Rn. 20; Reinking-Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. 2017, Rn. 1898d). Vorliegend treten jedoch, wie oben bereits ausgeführt noch weitere Umstände hinzu, die bei einer Gesamtwürdigung in jedem Fall zur Sittenwidrigkeit führen.
96 
d) Den nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB zulässigen Entlastungsbeweis hat die Beklagte nicht geführt.
97 
e) Nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB steht damit dem Kläger (ebenfalls) der zuerkannte Schadensersatzanspruch zu.
98 
3. Letztlich wäre hinsichtlich der Frage, wer wann Kenntnis von der Entwicklung und dem Vertrieb des streitgegenständlichen Motors mit der streitgegenständlichen Abschalteinrichtung hatte, sogar eine Wahlfeststellung möglich und auch im Zivilrecht zulässig (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 188/86, juris, Rn. 12): Zumindest entweder Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, sonstige Repräsentanten i.S.v. § 31 BGB oder einfache Mitarbeiter als Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB hatten die Kenntnis und damit letztlich den Schädigungsvorsatz gem. § 826 BGB. Die Beklagte würde daher in jedem Fall auf Schadensersatz haften, wobei offen bleiben könnte, bei wem genau die Kenntnis vorlag. Für den vorliegenden Fall kommt es darauf allerdings nicht an, da wie dargelegt die Kenntnis der Vorstände als zugestanden gilt und außerdem auch von einer Kenntnis von Verrichtungsgehilfen auszugehen ist.
99 
4. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten schließlich auch Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR für den Zeitraum vom 22.09.2016 bis zum 31.10.2018 und weitere Zinsen i.H.v. 4 % aus einem Betrag i.H.v. 50.000,00 EUR seit 01.11.2018 nach § 849 BGB zu.
100 
a. Nach § 849 BGB kann der Verletzte, sofern wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.
101 
§ 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein. Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen (BGH, 26.11.2007 - II ZR 167/06).
102 
b. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld. § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt. Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen, erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto (BGH, 26.11.2007 - II ZR 167/06; vgl. aber auch BGH, 12.06.2018 - KZR 55/16).
103 
c. Wer demnach durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen oder zu übergeben, kann vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen (vgl. zu § 849 BGB betreffend den „VW-Abgasskandal“ auch LG Essen, 04.09.2017 - 16 O 245/16).
104 
d. Dies ist der Fall. Die Beklagte hat den Kläger durch eine unerlaubte Handlung nach § 826 BGB zur Bezahlung des Kaufpreises bestimmt, weshalb der Kläger eine Verzinsung des Kaufpreises nach § 849 BGB verlangen.
105 
Die Zinsen des Kaufpreises (50.000,00 EUR) betragen im geltend gemachten Zeitraum vom 22.09.2016 bis 31.10.2018 - unstreitig - 4.216,67 EUR. Ferner kann der Kläger weitere Zinsen i.H.v. 4 Prozent seit 01.11.2018 aus einem Betrag i.H.v. 50.000,00 EUR verlangen.
III.
106 
Der Feststellungsantrag in Klageantrag Ziff. 2 ist begründet.
107 
Die Beklagte Ziff. 1 befindet sich mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß § 293 BGB im Annahmeverzug. Da Leistungsort im Falle der Rückabwicklung der Ort ist, an dem sich die Kaufsache befindet, genügt gemäß § 295 BGB das „wörtliche“ Angebot des Klägers im Rahmen des Anwaltsschreibens vom 23.07.2018 (Anl. K 17), den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zurückzubezahlen.
IV.
108 
Der Klageantrag Ziff. 3 ist teilweise begründet und war im Übrigen abzuweisen.
109 
Der Kläger hat gemäß § 826 bzw. § 831 Abs. 1 S. 1, 249 BGB gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.590,91 EUR.
110 
Der Schadensersatzanspruch nach § 826 bzw. 831 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB erfasst auch die erforderlichen Kosten einer Rechtsverfolgung. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe der zugesprochenen Klageforderung (39.400,00 EUR) zugrunde gelegt und eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer angesetzt.
111 
Da es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für eine Vielzahl von Verfahren anfällt, und es sich bei den eingereichten Schriftsätzen ausschließlich um Textbausteine handelt, die überdies im Wesentlichen keinen entscheidungserheblichen Sachvortrag enthalten, ist ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG) nicht gerechtfertigt. Die Sach- und Rechtslage ist weder umfangreich noch schwierig i.S.d. Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG.
V.
112 
Der Klageantrag Ziff. 4 ist i.H.v. 1.216,70 EUR begründet, weil in dieser Höhe zwischen dem ursprünglichen (43.329,81 EUR) und dem zuletzt mit Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Zahlbetrag (42.344,97 EUR) die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
113 
Eine - hier teilweise - Erledigung der Hauptsache liegt dann vor, wenn die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Eintritt der Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist.
114 
Das ist hier der Fall. Der Antrag Ziff. 1 war zunächst in Höhe von voller Höhe zulässig und begründet, weil der Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises bestand. Denn es findet keine automatische Verrechnung des Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises mit dem Anspruch des Käufers auf Nutzungsersatz statt, vielmehr muss der Verkäufer letzteren geltend machen. Nichts anderes gilt auch für den Anspruch nach § 826 BGB. Teilweise unbegründet wurde die Klage insoweit mithin erst, als und nachdem die Beklagte im Rechtsstreit mit ihrem Vorbringen auf S. 22 der Klageerwiderung unter Ziff. 17 (Bl. 84 d.A.) geltend macht, der Kläger müsse sich eine Nutzungsentschädigung für die von ihm zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Der Verkäufer/Schädiger ist nicht gezwungen aufzurechnen, sondern kann sich darauf beschränken, den ihm zustehenden Gegenanspruch auf Nutzungsersatz im Wege der Einrede geltend zu machen (OLG Stuttgart, 06.09.2017 - 4 U 105/17 m.w.N.).
115 
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung betrug der Kilometerstand unstreitig 54.320 km. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung lag der Kilometerstand bei 66.002 km (s.o.).
116 
Die anzurechnende Nutzungsentschädigung betrug damit unter Anwendung der o.g. Formel zum Zeitpunkt der Klageerhebung 8.098,50 EUR und zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung 10.600,00 EUR, sodass sich der Rechtsstreit i.H.v. 1.216,70 EUR teilweise erledigt hat. Der Kläger hat den Rechtsstreit jedoch lediglich - aufgrund einer von ihm infolge höherer Restlaufzeit niedriger berechneten Nutzungsentschädigung - i.H.v. 984,84 EUR für erledigt erklärt, woran das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden war.
VI.
117 
Soweit der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2019 neues (nicht nachgelassenen) Tatsachenvorbringen enthält, gab dieses keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.
VII.
118 
Der Beklagten war schließlich auch nicht - wie von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.12.2018 beantragt - eine Stellungnahmefrist i.S.d. § 139 Abs. 5 ZPO zu gewähren. Das Gericht hat der Beklagten bereits mit Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) die Möglichkeit gewährt, zum dort erteilten Hinweis, insbesondere betreffend das sog. „Thermofenster“, näher vorzutragen. Ferner hat der Kläger mit Schriftsatz vom 03.12.2018 neues Vorbringen zum „Thermofenster“ vorgetragen. Hierauf konnte die Beklagte gemäß § 283 ZPO - was auch erfolgt ist - mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.01.2019 ohnehin Stellung nehmen.
VIII.
119 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
120 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

Gründe

 
21 
Die Klage ist zulässig (dazu I.) und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).
I.
22 
1. Die im Schriftsatz vom 03.12.2018 (Bl. 89 d.A.) einseitig gebliebene teilweise Erledigungserklärung des Klägers stellt einen Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache (Klageantrag Ziff. 4) dar, wobei es sich um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung handelt, nämlich um eine Antragsbeschränkung durch einen Übergang von einem Leistungsantrag zu einem Feststellungsantrag (OLG Stuttgart, 06.09.2017 - 4 U 105/17). Das nötige Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO bezüglich des Klageantrags Ziff. 4 folgt daraus, dass der Kläger andernfalls insoweit die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hätte.
23 
2. Für den Klageantrag Ziff. 2 bezüglich der Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs besteht das Feststellungsinteresse angesichts der mit der Feststellung verbundenen Vereinfachung und Beschleunigung des Zugriffs in der Zwangsvollstreckung (vgl. §§ 756 Abs. 1, 765 Nr. 1 ZPO).
II.
24 
Die Klage ist im Klageantrag Ziff. 1 aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
25 
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB (dazu 1.), gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB (dazu 2.), wobei zwischen den Ansprüchen aus § 826 BGB und § 831 BGB die Möglichkeit der Wahlfeststellung besteht (dazu 3.), i.H.v. 39.400,00 EUR. Ferner hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR sowie weiteren Zinsen aus einem Betrag von 50.000,00 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 01.11.2018 (dazu 4.).
26 
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB (vgl. auch LG Stuttgart, 27.11.2018 - 7 O 265/18 ebenfalls zum „Thermofenster“; LG Stuttgart, 14.08.2018 - 23 O 80/18, LG Stuttgart,16.11.2017 - 19 O 34/17, LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
27 
Das Fahrzeug verfügt über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 (dazu a). Der Kläger hat deshalb einen Schaden erlitten (b), welcher durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (c) und welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (d). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (e). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 39.400,00 EUR (f).
28 
a) Die Beklagte hat das vom Kläger erworbene Fahrzeug gebaut und eine EG-Typengenehmigung beantragt, die formal erteilt wurde, obwohl das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 verfügt, die der Zulassung entgegenstand.
29 
1) Nach Art. 4 Abs. 1 EG-VO 715/2007 weist der Hersteller nach, dass alle von ihm verkauften, zugelassenen oder in der Gemeinschaft im Betrieb genommenen Neufahrzeuge über eine Typengenehmigung gemäß dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen verfügen. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 rüstet der Hersteller das Fahrzeug so aus, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeugunter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Nach Abs. 2 der Vorschrift ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die diese Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig.
30 
Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 definiert eine Abschalteinrichtung als ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlass, oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zuverändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
31 
Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt über eine solche Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007.
32 
(1) Anzumerken ist zunächst, dass selbst die Untersuchungskommission des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bezüglich des Vorhandenseins eines Thermofensters zu folgendem Ergebnis kommt:
33 
„Alle Hersteller nutzen aber Abschalteinrichtungen gemäß der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007“
34 
(Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, Stand April 2016, S. 119 unter C. II. 4.).
35 
(2) Unstreitig verfügt das streitgegenständliche Fahrzeug – wie offenbar eine Vielzahl der Motoren diverser Hersteller, und zwar unabhängig davon, ob sie von einem Rückruf des KBA betroffen sind – über ein sog. Thermofenster.
36 
So ist im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Technologie zur Reduktion des Stickoxidausstoßes (NOx) vorhanden. Dabei kommt die sog. Abgasrückführung zum Einsatz. Bei der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird dabei bei kühleren Temperaturen – unstreitig - zurückgefahren. Bei welchen konkreten Außentemperaturen letztendlich eine Reduktion der Abgasrückführung erfolgt, kann letztendlich dahinstehen. Anzumerken ist lediglich, dass die Beklagte - trotz Hinweises in der richterlichen Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) und des Sachvortrags des Klägers im Rahmen der Klageschrift vom 04.10.2018 (Bl. 1 ff. d.A.) und im Schriftsatz vom 03.12.2018 (Bl. 88 ff. d.A) - nicht näher dazu vorträgt, bei welchen Außentemperaturen bereits erstmals (offenbar 7° Celsius) eine Reduzierung der Abgasrückführung eintritt und in welchem konkreten Maß. Die hierzu getätigten Ausführungen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.01.2019 sind (wohl bewusst) vage gehalten (Reduzierung der Abgasrückführung um „bis zu 48 %“).
37 
(3) Sofern die Abgasrückführung - wie im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2019 vorgetragen und zugunsten der Beklagten sogar als wahr unterstellt - bei einer Außentemperatur von 7° C oder darunter betriebspunktabhängig um bis zu 48 % reduziert wird, stellt dies eine Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 dar, da gerade das Abgasrückführungssystem bzw. eine Software die Außentemperatur erkennt und die Funktion des Emissionskontrollsystems verändert - unabhängig davon in welchem Maß - oder sogar deaktiviert, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems infolge der Reduktion der Abgasrückführung unter normalen Bedingungen des Fahrzeugbetriebs verringert wird. Die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems wird eben durch das entsprechende System an die Fahr- und Umweltbedingungen, die bei normalen Fahrbetrieb herrschen, angepasst. Unerheblich ist dabei, in welchem Maß eine Verringerung der Abgasrückführung erfolgt, da Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 eine solche Differenzierung nicht erlaubt und schlicht jede Veränderung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems als Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist, zumal eine Reduzierung um bis zu 48 % ohnehin als erheblich einzustufen wäre (vgl. auch Prof. Dr. Martin Führ, Gutachterliche Stellungnahme für den Deutschen Bundestag – 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode; derselbe in NVwZ 2017, 265; ferner auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 18).
38 
(4) Anders als die Beklagte meint, wird mit der „Auslegung der Abgasrückführung die innermotorische Emissionskontrolle für die jeweiligen Betriebszustände“ nicht erst „definiert“, weshalb es sich nach Ansicht der Beklagten um keine Abschalteinrichtung handele (S. 7 des Schriftsatzes der Beklagten vom 11.01.2019). Dieser Argumentationsversuch läuft darauf hinaus, den in der Verordnung nicht definierten Begriff des „Emissionskontrollsystems“ aus dem Kontext der Begriffsbestimmung der „Abschalteinrichtung“ herauszulösen und ihm einen eigenen, engeren Gehalt zuzuweisen. Für eine solche Sichtweise müsste es in der Verordnung besondere Anhaltspunkte geben. Daran fehlt es aber. Im Gegenteil: Die Unterscheidung „innermotorisch“ und „Emissionskontrolle“ widerspricht dem Wortlaut der Definition der „Abschalteinrichtung“, denn die in Art. 3 Nr. 10 EG (VO) 715/2007 aufgezählten Parameter umfassen alle technischen Vorgänge (darunter mit der „Motordrehzahl“ einen eindeutig innermotorischer Faktor), die auf Entstehen und Verminderung der Emissionen einwirken. Dafür spricht auch die Begriffsbestimmung in Art. 3 Nr. 11 EG (VO) 715/2007. Sie definiert „emissionsmindernde Einrichtung“ als „die Teile eines Fahrzeugs, die die Auspuff- und Verdunstungsemissionen eines Fahrzeugs regeln und/oder begrenzen.“ Steuerungsvorgänge, die innermotorisch wirken, tragen dazu bei, die Auspuffemissionen zu regeln, sie sind daher Teil des Emissionskontrollsystems. Die vorgetragene Differenzierung findet somit im Verordnungstext keine Stütze (so überzeugend Prof. Führ in: NVwZ 2017, 265 (266)).
39 
Die Funktion des Emissionskontrollsystems wird vorliegend also - abhängig von der Umgebungstemperatur - dadurch verändert, dass die Abgasrückführungsrate um bis zu 48 % reduziert wird. Dies stellt eine Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EG (VO) 715/2007 dar.
40 
2) Eine solche Abschalteinrichtung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen (Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
41 
Zwar wird im Abschlussbericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ des BMVI ausgeführt, dass „unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein“.
42 
(Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, Stand April 2016, S. 123 unter D. I. 2.).
43 
Eine solche Auslegung der gesetzlichen Vorgaben hat jedoch keine rechtliche Grundlage (so überzeugend und mit erheblicher Kritik am Abschlussbericht der Untersuchungskommission des BMVI: Klinger, Rechtsgutachten zum Stand der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der Durchführungsverordnung 692/2008, der Richtlinie 2007/46/EG und der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE), erstellt zum Beweisbeschluss SV-4 des 5. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, 29. September 2016, dort S. 24).
44 
Im Einzelnen:
45 
(1) Die EG (VO) 715/2007 wurde ausweislich von Erwägungsgrund 1 erlassen, um die technischen Vorschriften für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen zu harmonisieren. Ziel ist die Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus auf europäischer Ebene. Zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte war nach Auffassung des EU-Gesetzgebers insbesondere eine erhebliche Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen erforderlich. Das Senken der Emissionen von Kraftfahrzeugen ist Teil einer Gesamtstrategie. Um die Ziele der EU für die Luftqualität zu erreichen, sind nach seiner Einschätzung fortwährende Bemühungen zur Senkung von Kraftfahrzeugemissionen erforderlich, weshalb die Industrie klare Informationen über die künftigen Emissionsgrenzwerte erhalten soll.
46 
(2) Wie alle Ausnahmeregelungen ist auch die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 EG-VO 715/2007sehr eng auszulegen. Wer als Fahrzeughersteller von dem Verbot abweichen will, muss dies besonders rechtfertigen. Eine Notwendigkeit i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 liegt insbesondere dannnicht vor, wenn sich die Abschalteinrichtung durch Konzeption, Konstruktion oder Werkstoffwahl vermeiden lässt.
47 
Der Verordnungsgeber ist bei dem Begriff der „Notwendigkeit“ i.S.d. Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007 bewusst über die entsprechende Regelung in Ziffer 2.1.6 Satz 2 der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Emissionsgrundverordnung geltenden Fassung der UN/ECE-Regelung Nr. 83 hinausgegangen, in der zum Verneinen einer verbotenen Abschalteinrichtung bereits als ausreichend angesehen wurde, wenn „die Notwendigkeit der Nutzung der Einrichtung mit dem Schutz des Motors vor Beschädigungen oder Unfällen und der Betriebssicherheit des Fahrzeugs begründet wird“. Im Vergleich zu diesem allein auf eine vorgenommene Begründung abstellenden Wortlaut der Regelung Nr. 83 hat der Verordnungsgeber bei der Emissionsgrundverordnung mit dem Begriff der „Notwendigkeit“ einen strengeren, objektivierbaren Maßstab gewählt (so auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 13).
48 
(3) Es ist demnach nicht schon ausreichend, dass überhaupt individuell technische Situationen auftreten, in denen die Abschalteinrichtung zum Motorschutz oder zum sicheren Betrieb erforderlich ist, sondern darüber hinaus wäre unter Einbeziehung der zu dieser technischen Situation führenden Gründe erforderlich, dass auch diese notwendigerweise vorliegen, also generell unvermeidbar sind (diese Auslegung befürwortend auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 14 f.).
49 
(4) Unzweifelhaft nicht notwendig im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 ist eine solche Abschalteinrichtung, die aus Motorschutzgesichtspunkten ununterbrochen arbeitetet und damit den Zielsetzungen der Verordnung hinsichtlich einer eindämmenden Kontrolle der Emissionswerte im Straßenbetrieb und einem grundsätzlichen Verbot von Abschalteinrichtungen komplett zuwiderläuft.
50 
Dem entsprechend sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das Eingreifen einer Abschalteinrichtung grundsätzlich nicht auf die Privilegierung von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 gestützt werden kann, wenn sie unter Bedingungen eingreift, die zu den üblichen, alltäglichen Nutzungsbedingungen eines betreffenden Kraftfahrzeugs im Sinne eines Normalgebrauchs zu zählen sind. Eine Privilegierung einer Abschalteinrichtung aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 kommt zudem dann grundsätzlich nicht in Betracht, wenn aufgrund andersartiger Konstruktion oder durch den Einsatz zusätzlicher Bauteile das Abschalten des Emissionskontrollsystems unter Motorschutzgesichtspunkten entbehrlich würde. Für eine solche technische Entbehrlichkeit einer Abschalteinrichtung ließe sich in praxi etwa anführen, wenn nach dem Stand der Technik Konstruktionen bekannt und möglich sind, die das Abschalten des Emissionskontrollsystems entbehrlich machen, wofür namentlich sprechen kann, dass vergleichbare Motoren anderer Hersteller ohne entsprechend agierende Abschalteinrichtung auskommen, ohne dass der Motor Schaden nimmt. Auch die Möglichkeit des Einsatzes anderer oder weiterer technischer Varianten von Emissionskontrollsystemen spräche dafür, bei Verzicht auf dieselben seitens des Herstellers mangels Notwendigkeit keine Privilegierung aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 greifen zu lassen (vgl. die überzeugende Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 15 f).
51 
(5) Die auf den Schutz des Motors abzielende Privilegierung nach Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 lit. a) EG-VO 715/2007 bietet deshalb grundsätzlich keine taugliche Rechtsgrundlage dafür, eine Abschalteinrichtung regelmäßig auch bei solchen Betriebsbedingungen, die bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch eines Personenkraftwagens typischerweise eintreten, legal greifen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch für den Betrieb bei niedrigen Umgebungstemperaturen. Neben Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 sind auch die im Typzulassungs-Regelwerk enthaltenen Spezialvorschriften zu beachten. Für Dieselfahrzeuge legt Art. 3 Nr. 9 Durchführungs-Verordnung EG (VO) 692/2008 fest, innerhalb welches Zeitraums bei einem Kaltstart des Motors die volle Funktionsfähigkeit gewährleistet sein muss. Danach haben die Hersteller der Genehmigungsbehörde zu belegen, dass die NOx-Nachbehandlungseinrichtung nach einem Kaltstart bei – 7 °C innerhalb von 400 Sekunden eine für das ordnungsgemäße Arbeiten ausreichend hohe Temperatur erreicht. Die Genehmigungsbehörde darf in diesem Zusammenhang deshalb keine Typgenehmigung erteilen, wenn die vorgelegten Angaben nicht hinreichend nachweisen, dass die Nachbehandlungseinrichtung tatsächlich innerhalb des genannten Zeitraums eine für das ordnungsgemäße Funktionieren ausreichend hohe Temperatur erreicht. Mit dieser Nachweispflicht hat der Verordnungsgeber für Fahrzeuge klargestellt, dass es für ein daneben bestehendes Thermofenster bei niedrigen Temperaturen keine Rechtfertigung geben kann. Hersteller, die gleichwohl die Funktionsweise der Abgasbehandlung herabsetzen, verstoßen gegen die Vorgaben der Durchführungs-Verordnung (so auch überzeugend die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen“, Az: WD 7 – 3000 – 031/16, S. 18 und Prof. Dr. Martin Führ, Gutachterliche Stellungnahme für den Deutschen Bundestag – 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode, S. 3 dort Ziff. 7).
52 
3) Gemessen daran, ist die streitgegenständliche Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters nach Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 unzulässig.
53 
Die Beklagte behauptet zwar, das streitgegenständliche Thermofenster sei zum Bauteilschutz notwendig. Begründet wird dies mit einer sog. Versottungsgefahr. Damit kann die Beklagte aus den oben genannten Gründen nicht gehört werden. Die Beklagte trägt im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast schon nicht vor, dass die Versottungsgefahr durch andere technische Maßnahmen – unabhängig davon, ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären – verhindert werden könnte, weshalb auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst war, da bereits der Vortrag der Beklagten den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) nicht eingreifen lässt.
54 
Ferner wird das System der Abgasrückführung - wie die Beklagte vorträgt - bereits bei Außentemperaturen von 7° Celsius und darunter um bis zu 48 % zurückgefahren, wobei der Vortrag der Beklagten - mangels fehlender Klarstellung trotz Hinweises in der richterlichen Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) - nahelegt, dass die Abgasrückführung ggf. schon bei höheren Außentemperaturen als bei 7° C Celsius reduziert wird.
55 
Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur z.B. in Stuttgart von 10 Grad Celsius oder beispielsweise in den in der EU liegenden Städten Helsinki von 4,8 Grad Celsius und in Tallin von 4,5 Grad Celsius handelt es sich bei der Maßnahme (Veränderung des Emmissionskontrollsystems durch Reduzierung der Abgasrückführung bei Außentemperaturen von jedenfalls 7° Celsius) nahezu um einen Dauerbetrieb. Dass eine solche Abschalteinrichtung für den EU-Gesetzgeber erkennbar nicht als legal gelten sollte, liegt auf der Hand. Die Beklagte hat gerade nicht dargelegt, dass es sich um eine bloße „Ausnahme“ handelt, die zwingend notwendig ist, den Motor vor (erheblichen) Beschädigungen zu schützen und andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik nicht vorhanden sind. Vielmehr hat die Beklagte – wie wohl auch andere Automobilhersteller – das Regel-Ausnahmeverhältnis des Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2008 (bewusst) ins Gegenteil verkehrt.
56 
4) Das Gericht möchte dabei auch überhaupt nicht in Abrede stellen, dass ggf. eine solche Versottungsgefahr - wie von der Beklagten behauptet - bestehen mag. Allerdings rechtfertigt diese noch nicht den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007, da eben schon nicht dargelegt ist, dass diese Versottungsgefahr technisch nicht durch andere Maßnahmen, die ggf. teurer wäre, verhindert werden könnte, ohne dass hierzu eine Reduzierung der Abgasrückführung erforderlich wäre.
57 
Das Gericht sieht sich zu folgenden (wiederholenden) Klarstellungen veranlasst:
58 
Selbst wenn die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur von 7° Celsius und darunter um bis zu 48 % reduziert wird, weil andernfalls eine sog. Versottung eintrete, führt dies nicht zur Zulässigkeit der Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO Nr. 715/2007. Wie oben dargelegt, bietet die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007 unter Hinweis auf Art. 3 Nr. 9 Durchführungs-Verordnung gerade keine Rechtfertigung für ein darüber hinaus gehendes Thermofenster, das nahezu ununterbrochen arbeitet. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 differenziert insoweit auch nicht nach dem Grad der Reduzierung der Abgasrückführung, sondern verbietet eine Abschalteinrichtung - mit Ausnahme der in Art. 5 Abs. 2 EG (VO) genannten Tatbestände - schlechthin. Selbst wenn also - wie die Beklagte selbst vorträgt - bei Außentemperaturen von unter 7° Celsius bereits die Abgasrückführung reduziert wird, stellt dies bei den in der EU vorherrschenden Jahresdurchschnittstemperaturen nahezu einen durchgängigen Regelbetrieb dar, den der EU-Gesetzgeber zweifellos - auch nicht zum Zwecke des Motorschutzes - als legal greifen lassen wollte.
59 
Ferner führt das Gericht erneut aus, dass der Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 EG (VO) 715/2007 sehr eng auszulegen ist. Die Automobilhersteller können sich daher - aus den geschilderten Gründen - allenfalls dann auf den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) (Motorschutz) berufen, wenn andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik, und zwar unabhängig davon ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären, nicht vorhanden sind. Dies hat die Beklagte trotz ihrer sekundären Darlegungslast schon nicht behauptet.
60 
5) Unerheblich ist auch, ob das KBA und das BMVI die Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen durch sogenannte Thermofenster (zum Teil) bejahen. Dies bindet die Parteien im hiesigen Rechtsstreit nicht. Ferner sind die dazu im Untersuchungsbericht Volkswagen zur Rechtfertigung dieser Praxis durch das Bundesministerium herangezogenen Argumente aus den oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass das Ergebnis der Untersuchungskommission allein politisch motiviert war (so mit (noch) deutlicheren Worten und schärferer Kritik: Klinger, Rechtsgutachten zum Stand der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der Durchführungsverordnung 692/2008, der Richtlinie 2007/46/EG und der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE), erstellt zum Beweisbeschluss SV-4 des 5. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, 29. September 2016, dort S. 29).
61 
6) Nicht gehört werden kann die Beklagte schließlich damit, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug ein bestandskräftiger Verwaltungsakt hinsichtlich der EG-Typengenehmigung vorliege. Ein solcher Verwaltungsakt wirkt lediglich zwischen den Beteiligten des dortigen Verfahrens und bindet vorliegend nicht den Kläger. Ferner übersieht die Beklagte, dass streitgegenständlich nicht die Frage ist, ob für das hiesige Fahrzeug eine wirksame EG-Typengenehmigung besteht. Anknüpfungspunkt der Haftung nach §§ 826, 831 BGB ist, dass die Beklagte ein Fahrzeug entwickelt und hergestellt hat, welches über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 1, 2 EG (VO) 715/2007 verfügt, die einer Zulassung entgegenstand, weshalb ein nachträglicher Entzug der Zulassung jedenfalls droht. Deshalb ist letztendlich auch nicht entscheidend, ob das Fahrzeug von einem Rückruf durch das KBA betroffen ist oder nicht.
62 
b) Der Kläger hat durch den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs einen Schaden erlitten (vgl. nur LG Stuttgart, 21.08.2018 - 23 O 92/18; LG Bochum, 29.12.2017 - I-6 O 96/17, LG Köln, 18.07.2017 – 22 O 59/17, LG Würzburg, 23.02.2018 – 71 O 862/16, LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17).
63 
1) Der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten liegt bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen von dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Stuttgart, 26.09.2018 – 23 O 95/18, LG Hildesheim, 17.01.2017 - 3 O 139/16; LG Paderborn, 07.04.2017 - 2 O 118/16; LG Kleve, 31.03.2017 - 3 O 252/16; LG Bochum, 13.07.2017 – 8 O 366/16, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
64 
2) Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.
65 
Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.
66 
Ein Schaden kann deshalb auch darin gesehen werden, dass jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist (BGH NJW-RR 2005, 611, 612). Es ist daher anerkannt, dass der Schaden auch darin liegen kann, dass ein – wäre eine Täuschung nicht erfolgt – ungewollter Vertrag abgeschlossen wird.
67 
3) Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis des nicht gesetzeskonformen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen PKW erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.
68 
Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte. Wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters vorliegt, weshalb der Emissionsausstoß während nahezu des gesamten Jahreszeitraums (jedenfalls unstreitig ab 5 Grad Celsius Außentemperatur) deutlich höher ist als angegeben und dies - wie gezeigt - rechtlich unzulässig ist, hätte der Kläger von einem Kaufvertrag Abstand genommen.
69 
4) Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung das tatsächlich von dem Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.
70 
Da jedoch ein Käufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung bei dem Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht hätte erteilt werden dürfen und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur bei ganz bestimmten Umweltbedingungen erreicht werden, die Grenzwerte im normalen Fahrbetrieb bei üblichen Umweltbedingungen (durchschnittliche Außentemperaturen) hingegen um ein Vielfaches überschritten werden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.
71 
c) Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, 03.03.2008 – II ZR 310/06 –, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war. So liegt der Fall hier.
72 
1) Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich - infolge des unzulässigen Einbaus einer Abschalteinrichtung - erschlichen wurde. So hatte die Beklagte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht, ohne hierüber aufzuklären.
73 
2) Die Täuschung der Beklagten gegenüber allen (potenziellen) Käufern derartiger Fahrzeuge durch konkludentes Handeln liegt darin, dass ein Neuwagenkäufer grundsätzlich davon ausgehen kann, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.
74 
Diese Vorstellungen eines Käufers wie dem Kläger war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation in Form des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da eine Typengenehmigung nach Art. 4 Abs. 1 EG (VO) 715/2007 bei Offenlegung des Thermofensters durch die Beklagte gegenüber der Genehmigungsbehörde (KBA) nicht hätte erteilt werden dürfen.
75 
Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklagten war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers (s.o.).
76 
d) Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB [2014], § 826, Rn. 31).
77 
1) Gemessen daran ist das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns durch die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen einen Motor zu entwickeln, der über keine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verfügt. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen erfüllt.
78 
2) Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischen Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur die Vorschriften des Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.
79 
3) Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre. Die Manipulation ist auf dem Prüfstand bei gleichbleibender Umgebungstemperatur nicht zu erkennen.
80 
4) Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der unzähligen Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat (vgl. LG Würzburg, 23.02.2018 – 71 O 862/16 zum "VW-Abgasskandal").
81 
e) Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte sind zu bejahen. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten, deren Wissen als zugestanden anzusehen ist, zurechnen lassen.
82 
1) Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass der Vorstand oder jedenfalls Teile des Vorstands der Beklagten Kenntnis von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung, die zu gesetzwidrigen EG-Bescheinigungen geführt hat, gehabt haben.
83 
2) Dieser Vortrag ist auch naheliegend. Der Vorstand hat das Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu organisieren und zu führen (sog. Compliance). In diesem Zusammenhang muss davon ausgegangen werden, dass Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf alle wesentlichen Entscheidungen eingerichtet sind und deren Einhaltung durch entsprechende Kontrollmaßnahmen gewährleistet ist. Insoweit ist es mehr als naheliegend, dass dem Vorstand oder Teilen des Vorstandes der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung zur Erreichung der EG-Typengenehmigung sowie das Inverkehrbringen eines gesetzeswidrigen Fahrzeuges bekannt gewesen sind. Dies auch deshalb, weil die Abgasrückführung einer ganzen Motorenreihe für eine Vielzahl von Fahrzeugen hinsichtlich ihres Entwicklungsaufwandes in technischer und finanzieller Hinsicht eine wesentliche vom Vorstand zu treffende Entscheidung darstellt und die Verwendung einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung sämtliche in der EU zuzulassenden Fahrzeuge betrifft. Zu all diesen internen Vorgängen kann der Kläger als Käufer eines manipulierten Fahrzeugs naturgemäß nicht substantiiert vortragen, so dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dahingehend trifft, zu den internen Vorgängen im Zusammenhang mit der unzulässigen Abschalteinrichtung vorzutragen. Eine sekundäre Darlegungslast besteht dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Gegner zumutbar nähere Angaben machen kann (vgl. BGH, 07.12.1998 - II ZR 266/97).
84 
3) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Kläger kann nicht – wie oben ausgeführt – näher dazu vortragen, in welcher Organisationseinheit der Beklagten die unzulässige Abschalteinrichtung entwickelt, verwendet, verbaut worden ist, wer die Entscheidung dazu getroffen und wie die Entscheidung wann und an wen kommuniziert worden ist. Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner Personen war nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast. Dagegen ist die Beklagte allein aus Compliance-Gesichtspunkten dazu verpflichtet, entsprechende Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. Indem sie etwaige bisherige interne Ermittlungsergebnisse unter Verschluss hält, verstößt die Beklagte gegen ihre sekundäre Darlegungslast, so dass das Gericht davon ausgeht, dass der Vorstand der Beklagten Kenntnis von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst hat, was auch mehr als naheliegend ist (ebenso: LG Köln, 18.07.2017 - 22 O 59/17; LG Hildesheim, 17.01.2017 - 3 O 139/16; LG Kleve, 31.03.2017 - 3 O 252/16; vgl. auch LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17; LG Stuttgart, 30.10.2018 - 23 O 108/18, jeweils zum "VW-Abgasskandal").
85 
4) Durch das bewusste Inverkehrbringen der gesetzwidrig ausgestatteten Fahrzeuge ist auch von einem entsprechenden Schädigungsvorsatz auszugehen. Der Vorstand der Beklagten hat eine Schädigung der Vermögensinteressen der Käufer zumindest billigend in Kauf genommen. Bei dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung kam es der Beklagten bzw. ihrem Vorstand darauf an, Umsatz und Gewinn zu steigern. Andere Gründe sind nicht ersichtlich. Dabei haben sie es in Kauf genommen, ihren Kunden über das Vertriebsnetz von Vertragshändlern nicht-gesetzeskonforme Fahrzeuge zu verkaufen und auf diese Weise ihren Kunden wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.
86 
f) Gemäß §§ 826, 249 BGB kann der Kläger von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 39.400,00 EUR verlangen.
87 
1) Der Kläger ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der genannten Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung unter Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung erteilt wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Zulassung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden.
88 
2) Der Kläger kann daher den von ihr zum Erwerb des Fahrzeugs gezahlten Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR von der Beklagten verlangen. Im Wege des Vorteilsausgleichs hat er allerdings das erworbene Fahrzeug und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (vgl. nur LG Stuttgart, 05.04.2018 - 7 O 28/17, LG Bochum, 29.12.2017 – I-6 O 96/17, LG Würzburg, 23.02.2018 - 71 O 862/16, LG Stuttgart, 30.10.2018 - 23 O 80/18, jeweils zum „VW-Abgasskandal“).
89 
Unstreitig hat der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen mit einer Kilometerlaufleistung von 16.500 km erworben. Zur Überzeugung des Gerichts steht ferner fest, dass die Kilometerlaufleistung zum Schluss der mündlichen Verhandlung (11.12.2018) 66.002 km betrug (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2018 ein Lichtbild vom 07.12.2018 (Bl. 130 d.A.) vorgelegt, welches mit den Parteien in Augenschein genommen wurde und auf dem ein Kilometerstand von 66.002 km zu sehen war. Zwar hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass es sich bei dem Lichtbild um eine Lichtbildaufnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs handele. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest, dass auf dem in Augenschein genommenen Lichtbild der Tachometer des streitgegenständlichen Fahrzeugs abgelichtet war (§ 286 Abs. 1 ZPO). So hat der Klägervertreter bestätigt, dass der Kläger das Lichtbild seinem Sekretariat übermittelt und dieses das Lichtbild sodann an ihn weitergeleitet habe. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Lichtbild nicht um eine Aufnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs handelt, bestehen für das Gericht vernünftigerweise nicht, zumal die Laufleistung des streitgegenständlichen PKWs zum Zeitpunkt der Klageerhebung unstreitig 54.320 km betrug, weshalb eine Laufleistung i.H.v. 66.002 km zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung auch plausibel erscheint. Ferner hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung vom 07.12.2018 vorgelegt (Bl. 129 d.A.), in der er bestätigt, dass es sich bei der Lichtbildaufnahme um das streitgegenständliche Fahrzeug handele. Zwar wurde das Lichtbild bereits am 07.12.2018 aufgenommen und damit nicht am Tag der mündlichen Verhandlung. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass auch die Beklagte nicht behauptet, der Kläger habe in der Zwischenzeit noch eine weitere Fahrtstrecke zurückgelegt. Ferner handelt es sich bei der Nutzungsentschädigung im Wesentlichen ohnehin um eine gemäß o.g. Berechnung durchgeführte Schätzung, sodass lediglich minimale Abweichungen des Kilometerstands auch zu vernachlässigen wären.
90 
Der Nutzungsvorteil errechnet sich aus dem Bruttokaufpreis von 50.000,00 EUR (Anl. K 16) multipliziert mit der seit Vertragsschluss gefahrenen Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (11.12.2018) von 49.502 km (66.002 km - 16.500 km) geteilt durch die vom Gericht gemäß § 287 ZPO unter Zugrundelegung einschlägiger Vergleichswerte (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 3574) geschätzte Restlaufleistung. Das Gericht schätzt gemäß § 287 ZPO, dass ein Dieselfahrzeug des streitgegenständlichen Typs eine Gesamtfahrleistung von 250.000 km hat, sodass eine Restlaufleistung von 233.500 km besteht (250.000 km - 16.500 km). Dies bedeutet, dass der Kläger insgesamt einen Nutzungsvorteil i.H.v. 10.600,00 EUR gezogen hat, der in Abzug zu bringen ist, sodass ein Anspruch i.H.v. 39.400,00 EUR (50.000,00 EUR - 10.600,00 EUR) besteht.
91 
Da der Kläger zuletzt einen Anspruch i.H.v. 43.329,81 EUR geltend macht, war die Klage insoweit im Übrigen abzuweisen.
92 
2. Dem Kläger steht überdies auch ein Anspruch aus §§ 831 Abs. 1 S. 1, 249 BGB zu.
93 
a) Selbst wenn man entgegen dem Vorstehenden davon ausgehen würde, dass weder ein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, noch ein sonstiger Repräsentant i.S.v. § 31 BGB bei der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung im hier maßgeblichen Zeitpunkt Kenntnis hatte, dann würde die Beklagte dem Kläger gleichwohl in der vorgenannten Weise auf Schadensersatz haften. Denn die Entwicklung und Freigabe des Motors samt der unzulässigen Abschalteinrichtung für die Serienproduktion erfolgte bei der Beklagten letztlich auf der Arbeitsebene unterhalb der Repräsentanten. Es muss hier denknotwendig einen oder höchstwahrscheinlich sogar mehrere Mitarbeiter (Entwicklungsingenieure) bei der Beklagten gegeben haben, die von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung ("Thermofenster") Kenntnis hatten. Diese Mitarbeiter sind Verrichtungsgehilfen der Beklagten i.S.v. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB.
94 
b) Sie haben den Kläger gem. § 826 BGB vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt (vgl. oben II. 1.), denn ihnen musste klar sein, dass der von ihnen entwickelte Motor mit der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Hierfür bedurfte es keiner komplizierten rechtlichen Prüfungen. Auch einem rechtlichen nicht weiter Vorgebildeten leuchtet unmittelbar ein, dass eine Abschalteinrichtung, die bei üblichen Umweltbedingungen (insbesondere bei regelmäßig auftretende Außentemperaturen, die nahezu das gesamte Jahr über in der EU herrschen) eingreift und zu einer deutlichen Reduktion der Abgasrückführung führt und weit über die gesetzlichen Grenzwerte hinausgehende Abgasemissionen bedingt, der gesetzlichen Regelung der EG-VO 715/2007 zuwiderläuft.
95 
c) Den Entwicklungsingenieuren war auch klar, dass der Motor samt der unzulässigen Abschalteinrichtung mit Beginn der Serienfertigung in Fahrzeugen mit EG-Typengenehmigung Verwendung finden würde. Damit nahmen sie auch eine Schädigung der jeweiligen Fahrzeugerwerber billigend in Kauf, da ihnen klar war, dass bei Aufdeckung der Manipulation mit behördlichen Maßnahmen zu rechnen war. Dies genügt für den erforderlichen Schädigungsvorsatz (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 826, Rn. 11). Das Handeln der Entwicklungsingenieure als bewusstes Täuschungsverhalten (Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung) genügt schon an sich für das Vorliegen der Sittenwidrigkeit (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 826, Rn. 20; Reinking-Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. 2017, Rn. 1898d). Vorliegend treten jedoch, wie oben bereits ausgeführt noch weitere Umstände hinzu, die bei einer Gesamtwürdigung in jedem Fall zur Sittenwidrigkeit führen.
96 
d) Den nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB zulässigen Entlastungsbeweis hat die Beklagte nicht geführt.
97 
e) Nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB steht damit dem Kläger (ebenfalls) der zuerkannte Schadensersatzanspruch zu.
98 
3. Letztlich wäre hinsichtlich der Frage, wer wann Kenntnis von der Entwicklung und dem Vertrieb des streitgegenständlichen Motors mit der streitgegenständlichen Abschalteinrichtung hatte, sogar eine Wahlfeststellung möglich und auch im Zivilrecht zulässig (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 188/86, juris, Rn. 12): Zumindest entweder Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, sonstige Repräsentanten i.S.v. § 31 BGB oder einfache Mitarbeiter als Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB hatten die Kenntnis und damit letztlich den Schädigungsvorsatz gem. § 826 BGB. Die Beklagte würde daher in jedem Fall auf Schadensersatz haften, wobei offen bleiben könnte, bei wem genau die Kenntnis vorlag. Für den vorliegenden Fall kommt es darauf allerdings nicht an, da wie dargelegt die Kenntnis der Vorstände als zugestanden gilt und außerdem auch von einer Kenntnis von Verrichtungsgehilfen auszugehen ist.
99 
4. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten schließlich auch Zinsen i.H.v. 4.216,67 EUR für den Zeitraum vom 22.09.2016 bis zum 31.10.2018 und weitere Zinsen i.H.v. 4 % aus einem Betrag i.H.v. 50.000,00 EUR seit 01.11.2018 nach § 849 BGB zu.
100 
a. Nach § 849 BGB kann der Verletzte, sofern wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.
101 
§ 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein. Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen (BGH, 26.11.2007 - II ZR 167/06).
102 
b. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld. § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt. Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen, erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto (BGH, 26.11.2007 - II ZR 167/06; vgl. aber auch BGH, 12.06.2018 - KZR 55/16).
103 
c. Wer demnach durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen oder zu übergeben, kann vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen (vgl. zu § 849 BGB betreffend den „VW-Abgasskandal“ auch LG Essen, 04.09.2017 - 16 O 245/16).
104 
d. Dies ist der Fall. Die Beklagte hat den Kläger durch eine unerlaubte Handlung nach § 826 BGB zur Bezahlung des Kaufpreises bestimmt, weshalb der Kläger eine Verzinsung des Kaufpreises nach § 849 BGB verlangen.
105 
Die Zinsen des Kaufpreises (50.000,00 EUR) betragen im geltend gemachten Zeitraum vom 22.09.2016 bis 31.10.2018 - unstreitig - 4.216,67 EUR. Ferner kann der Kläger weitere Zinsen i.H.v. 4 Prozent seit 01.11.2018 aus einem Betrag i.H.v. 50.000,00 EUR verlangen.
III.
106 
Der Feststellungsantrag in Klageantrag Ziff. 2 ist begründet.
107 
Die Beklagte Ziff. 1 befindet sich mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß § 293 BGB im Annahmeverzug. Da Leistungsort im Falle der Rückabwicklung der Ort ist, an dem sich die Kaufsache befindet, genügt gemäß § 295 BGB das „wörtliche“ Angebot des Klägers im Rahmen des Anwaltsschreibens vom 23.07.2018 (Anl. K 17), den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zurückzubezahlen.
IV.
108 
Der Klageantrag Ziff. 3 ist teilweise begründet und war im Übrigen abzuweisen.
109 
Der Kläger hat gemäß § 826 bzw. § 831 Abs. 1 S. 1, 249 BGB gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.590,91 EUR.
110 
Der Schadensersatzanspruch nach § 826 bzw. 831 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB erfasst auch die erforderlichen Kosten einer Rechtsverfolgung. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe der zugesprochenen Klageforderung (39.400,00 EUR) zugrunde gelegt und eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer angesetzt.
111 
Da es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für eine Vielzahl von Verfahren anfällt, und es sich bei den eingereichten Schriftsätzen ausschließlich um Textbausteine handelt, die überdies im Wesentlichen keinen entscheidungserheblichen Sachvortrag enthalten, ist ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG) nicht gerechtfertigt. Die Sach- und Rechtslage ist weder umfangreich noch schwierig i.S.d. Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG.
V.
112 
Der Klageantrag Ziff. 4 ist i.H.v. 1.216,70 EUR begründet, weil in dieser Höhe zwischen dem ursprünglichen (43.329,81 EUR) und dem zuletzt mit Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Zahlbetrag (42.344,97 EUR) die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
113 
Eine - hier teilweise - Erledigung der Hauptsache liegt dann vor, wenn die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Eintritt der Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist.
114 
Das ist hier der Fall. Der Antrag Ziff. 1 war zunächst in Höhe von voller Höhe zulässig und begründet, weil der Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises bestand. Denn es findet keine automatische Verrechnung des Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises mit dem Anspruch des Käufers auf Nutzungsersatz statt, vielmehr muss der Verkäufer letzteren geltend machen. Nichts anderes gilt auch für den Anspruch nach § 826 BGB. Teilweise unbegründet wurde die Klage insoweit mithin erst, als und nachdem die Beklagte im Rechtsstreit mit ihrem Vorbringen auf S. 22 der Klageerwiderung unter Ziff. 17 (Bl. 84 d.A.) geltend macht, der Kläger müsse sich eine Nutzungsentschädigung für die von ihm zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Der Verkäufer/Schädiger ist nicht gezwungen aufzurechnen, sondern kann sich darauf beschränken, den ihm zustehenden Gegenanspruch auf Nutzungsersatz im Wege der Einrede geltend zu machen (OLG Stuttgart, 06.09.2017 - 4 U 105/17 m.w.N.).
115 
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung betrug der Kilometerstand unstreitig 54.320 km. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung lag der Kilometerstand bei 66.002 km (s.o.).
116 
Die anzurechnende Nutzungsentschädigung betrug damit unter Anwendung der o.g. Formel zum Zeitpunkt der Klageerhebung 8.098,50 EUR und zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung 10.600,00 EUR, sodass sich der Rechtsstreit i.H.v. 1.216,70 EUR teilweise erledigt hat. Der Kläger hat den Rechtsstreit jedoch lediglich - aufgrund einer von ihm infolge höherer Restlaufzeit niedriger berechneten Nutzungsentschädigung - i.H.v. 984,84 EUR für erledigt erklärt, woran das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden war.
VI.
117 
Soweit der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2019 neues (nicht nachgelassenen) Tatsachenvorbringen enthält, gab dieses keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.
VII.
118 
Der Beklagten war schließlich auch nicht - wie von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.12.2018 beantragt - eine Stellungnahmefrist i.S.d. § 139 Abs. 5 ZPO zu gewähren. Das Gericht hat der Beklagten bereits mit Verfügung vom 30.11.2018 (Bl. 86 d.A.) die Möglichkeit gewährt, zum dort erteilten Hinweis, insbesondere betreffend das sog. „Thermofenster“, näher vorzutragen. Ferner hat der Kläger mit Schriftsatz vom 03.12.2018 neues Vorbringen zum „Thermofenster“ vorgetragen. Hierauf konnte die Beklagte gemäß § 283 ZPO - was auch erfolgt ist - mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.01.2019 ohnehin Stellung nehmen.
VIII.
119 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
120 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

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Landgericht Stuttgart Urteil, 17. Jan. 2019 - 23 O 172/18 zitiert 21 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen


(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 31 Haftung des Vereins für Organe


Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

Zivilprozessordnung - ZPO | § 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners


Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 756 Zwangsvollstreckung bei Leistung Zug um Zug


(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Ver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 849 Verzinsung der Ersatzsumme


Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde ge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 90 Begriff der Sache


Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

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Landgericht Stuttgart Urteil, 17. Jan. 2019 - 23 O 172/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2007 - II ZR 167/06

bei uns veröffentlicht am 26.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL II ZR 167/06 Verkündet am: 26. November 2007 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 03. März 2008 - II ZR 310/06

bei uns veröffentlicht am 03.03.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 310/06 Verkündet am: 3. März 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landgericht Würzburg Endurteil, 23. Feb. 2018 - 71 O 862/16

bei uns veröffentlicht am 23.02.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport,

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15

bei uns veröffentlicht am 28.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- und ENDURTEIL VI ZR 536/15 Verkündet am: 28. Juni 2016 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

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Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 62 m.w.Nachw.; st. Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität (Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1563 Tz. 30 - ComROAD IV; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 15 - ComROAD VI und
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Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 8 mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO Rn. 12; vom 10. Juli 2001 - VI ZR 160/00, VersR 2001, 1431, 1432). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 8 für die Verleitung zum Vertragsbruch; BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, NJW 1992, 3167, 3174 für die Erteilung einer bewusst unrichtigen Auskunft aus eigennützigen Interessen). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 für das Erschleichen eines Wohnungsbauförderungsdarlehens durch Falschangaben; BGH, Urteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, aaO Rn. 24; vom 28. Februar 2005 - II ZR 13/03, aaO).

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 167/06 Verkündet am:
26. November 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, kann
vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.
BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2005 und das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als der Zinsanspruch für die Zeit vom 1. März 1991 bis zur Rechtshängigkeit abgewiesen worden ist. Das Urteil des Landgerichts wird wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.559,48 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % vom 1. März 1991 bis 29. August 2003 und von da an in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug tragen der Kläger 1/10 und der Beklagte 9/10. Von den Kosten des dritten Rechtszugs tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte wurde aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG) zur Zahlung von 25.559,48 € an den Kläger verurteilt, der auf § 849 BGB gestützte Zinsanspruch aber abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den abgewiesenen Zinsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter entsprechender Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts dazu, dem Kläger einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % auch für die Zeit zwischen der Überweisung des Einlagebetrags und dem Eintritt der Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, § 849 BGB finde im Streitfall keine Anwendung, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Der Kläger kann für die Zeit zwischen der Überweisung des Geldes auf ein von dem Beklagten angegebenes Konto und der Rechtshängigkeit nach § 849 BGB Zinsen in Höhe von 4 % aus 25.559,48 € auch ohne den konkreten Nachweis des Verlusts von Anlagezinsen verlangen. Der Beklagte hat ihm durch eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG Geld entzogen. Der entzogene Betrag ist vom Zeitpunkt der Entziehung an (1. März 1991) gemäß § 246 BGB mit 4% jährlich zu verzinsen.
4
I. Der Beklagte hat dem Kläger das Geld dadurch, dass er ihn zur Überweisung veranlasst hat, entzogen. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm (OLG München OLGZ 1979, 457; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 849 Rdn. 2; a.A. OLG Karlsruhe WM 2006, 967). § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein (vgl. BGHZ 8, 288, 298; BGH, Urt. v. 15. März 1962 - III ZR 17/61, VersR 1962, 548).
5
Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 41). Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung - etwa eine Drohung oder eine Täuschung - dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen.
6
II. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld (BGHZ 8, 288, 298). § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (a.A. OLG Hamm NZI 2006, 642). Inwieweit der Sachbegriff von § 90 BGB auf Vorschriften außerhalb des dritten Buches des BGB anzuwenden ist, ist jeweils nach dem Sinn und Zweck der einzelnen Vorschriften zu entscheiden (Staudinger/Jickeli/Stiper, BGB [2004] vor § 90 Rdn. 10 und § 90 Rdn. 3; Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB 2. Aufl. § 90 Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 90 Rdn. 4). Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGHZ 87, 38, 41), erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto des Schädigers.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.07.2005 - 10 O 334/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.06.2006 - 8 U 184/05 -

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 167/06 Verkündet am:
26. November 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, kann
vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.
BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2005 und das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als der Zinsanspruch für die Zeit vom 1. März 1991 bis zur Rechtshängigkeit abgewiesen worden ist. Das Urteil des Landgerichts wird wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.559,48 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % vom 1. März 1991 bis 29. August 2003 und von da an in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug tragen der Kläger 1/10 und der Beklagte 9/10. Von den Kosten des dritten Rechtszugs tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte wurde aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG) zur Zahlung von 25.559,48 € an den Kläger verurteilt, der auf § 849 BGB gestützte Zinsanspruch aber abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den abgewiesenen Zinsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter entsprechender Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts dazu, dem Kläger einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % auch für die Zeit zwischen der Überweisung des Einlagebetrags und dem Eintritt der Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, § 849 BGB finde im Streitfall keine Anwendung, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Der Kläger kann für die Zeit zwischen der Überweisung des Geldes auf ein von dem Beklagten angegebenes Konto und der Rechtshängigkeit nach § 849 BGB Zinsen in Höhe von 4 % aus 25.559,48 € auch ohne den konkreten Nachweis des Verlusts von Anlagezinsen verlangen. Der Beklagte hat ihm durch eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG Geld entzogen. Der entzogene Betrag ist vom Zeitpunkt der Entziehung an (1. März 1991) gemäß § 246 BGB mit 4% jährlich zu verzinsen.
4
I. Der Beklagte hat dem Kläger das Geld dadurch, dass er ihn zur Überweisung veranlasst hat, entzogen. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm (OLG München OLGZ 1979, 457; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 849 Rdn. 2; a.A. OLG Karlsruhe WM 2006, 967). § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein (vgl. BGHZ 8, 288, 298; BGH, Urt. v. 15. März 1962 - III ZR 17/61, VersR 1962, 548).
5
Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 41). Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung - etwa eine Drohung oder eine Täuschung - dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen.
6
II. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld (BGHZ 8, 288, 298). § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (a.A. OLG Hamm NZI 2006, 642). Inwieweit der Sachbegriff von § 90 BGB auf Vorschriften außerhalb des dritten Buches des BGB anzuwenden ist, ist jeweils nach dem Sinn und Zweck der einzelnen Vorschriften zu entscheiden (Staudinger/Jickeli/Stiper, BGB [2004] vor § 90 Rdn. 10 und § 90 Rdn. 3; Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB 2. Aufl. § 90 Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 90 Rdn. 4). Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGHZ 87, 38, 41), erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto des Schädigers.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.07.2005 - 10 O 334/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.06.2006 - 8 U 184/05 -

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

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Bei der Frage, welche Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität im Rahmen der Fallgruppe der sog. Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB auf dem Primärmarkt wie auch auf dem Sekundärmarkt zu stellen sind, ist die - im Strafrecht geltende - reine Bedingungstheorie (condicio-sinequa -non-Formel) ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht - namentlich im Bereich des Rechts der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB) - auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 58 ff., 62 m.w.Nachw.; st. Rspr.: vgl. BGHZ 57, 137, 142; Sen.Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 16 - jew. m.w.Nachw.). Geschützt wird sowohl im Bereich des Primärmarktes der sog. Verkaufsprospekthaftung als auch bei der den Sekundärmarkt betreffenden Informationsdeliktshaftung für fehlerhafte Adhoc -Mitteilungen die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren irreführenden Beeinträchtigung durch falsche Prospekt - oder Ad-hoc-Publizität (Sen.Urt. v. 4. Juni 2007 - II ZR 147/05, ZIP 2007, 1560, 1563 Tz. 30 - ComROAD IV; v. 7. Januar 2008 - II ZR 229/05 und - II ZR 68/06, ZIP 2008, 407 ff. und 410 ff., jeweils Tz. 15 - ComROAD VI und
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Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 8 mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO Rn. 12; vom 10. Juli 2001 - VI ZR 160/00, VersR 2001, 1431, 1432). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 8 für die Verleitung zum Vertragsbruch; BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, NJW 1992, 3167, 3174 für die Erteilung einer bewusst unrichtigen Auskunft aus eigennützigen Interessen). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 für das Erschleichen eines Wohnungsbauförderungsdarlehens durch Falschangaben; BGH, Urteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, aaO Rn. 24; vom 28. Februar 2005 - II ZR 13/03, aaO).

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.: …und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.427 €.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 1.242,83 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Vertretung nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 33.769,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages und Schadensersatz im Hinblick auf einen Gebrauchtwagen VW Tiguan Sport, den der Kläger von der Beklagten erworben hat und der von dem im Jahr 2015 bekannt gewordenen sogenannten „Abgas-Manipulationsskandal“ betroffen ist.

Mit Kaufvertrag vom 26.05.2013 (Anlage K 1) erwarb der Kläger von der Beklagten einen neuen VW Tiguan Sport, Motortyp EA 189, einzuordnen als Fahrzeug der EU-Abgasnorm „EU 5“ zu einem Gesamtpreis von 28.769,12. Das Fahrzeug des Klägers ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“, einer Manipulation der Abgaswerte in Fahrzeugen, der durch die Medien bekannt wurde, betroffen. Die im Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufes installierte Software führt im Ergebnis zu einer Motorsteuerung, die Prüfsituationen erkennt und dann den Stickoxidausstoß (NOx-Werte) verringert. Die Motorsteuergerätesoftware verfügt also über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Gerät den NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durchfährt. Die installierte Software führt dazu, dass Abgase beim Durchfahren dieses Prüfzyklusses in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch Aktivierung dieses Modus (“Modus 1“) werden durch die Rückführung von Abgasen in der Motorraum deutlich niedrigere Werte auf den Prüfstand erreicht. Im Straßenbetrieb, also im normalen Modus (“Modus O“) dagegen kommt es unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr bestehen, zu einer niedrigeren Abgasrückführungsrate, sodass dort wesentlich höhere Stickstoffoxidwerte erreicht werden. Mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 wurde die Volkswagen AG verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU 5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Weiterhin wurde die Volkswagen AG verpflichtet, den Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden. Unter dem 01.06.2016 bestätigt das Kraftfahrt-Bundesamt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage B 1). Nachteilige Auswirkungen seien nach der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zu erwarten.

Der Kläger ließ mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen und forderte die Beklagte auf, einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 28.769,12 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos bis spätestens 22.02.2016 anzuerkennen. Hilfsweise wird in diesem Schreiben eine Nachbesserung innerhalb dieser Frist gefordert und vorsorglich der Rücktritt und die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf das mit Anlage K 4 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) teilte die Beklagte mit, dass alle betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit seien und nach Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 die zugelassenen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 weiterhin im Straßenverkehr belassen werden können. Nach intensiver Begutachtung habe das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Maßnahmen für die betroffenen EA 1,9 Motoren bestätigt. Für das 2,0 Liter Aggregat (mit dem das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist) sei lediglich ein Software-Update nötig. Dem Wunsch, das Fahrzeug zurückzugeben, könne nicht entsprochen werden.

Der Kläger behauptet, er sei über das Vorliegen zutreffender Abgas- und Emissionswerte bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden. Er habe ein umweltbewusstes Fahrzeug erwerben wollen und hätte den Kaufvertrag bei Kenntnis aller tatsächlicher Eigenschaften nicht abgeschlossen. Die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Vorstands und der maßgeblichen Abteilungsleiter über das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtungen zurechnen lassen. Bereits im Jahr 2014 seien erste Studien in West Virginia, USA, zu den in den USA vertriebenen Modellen kundig geworden, die auf eine Fehlerhaftigkeit der Software hindeuteten. Am 03.09.2015 habe Volkswagen USA die Manipulation der Abgaswerte gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. VW habe am 28.09.2015 die Installation der „Manipulationssoftware“ in VW sowie Fahrzeugen von Audi und Skoda eingestanden. Das Fahrzeug sei im Übrigen mangelhaft.

Zum behaupteten Sachmangel trägt der Kläger vor, dass die Beklagte für das bezeichnete Fahrzeug konkrete Leistungs-, Abgas- und Verbrauchswerte angegeben habe. Diese Werte seien hinsichtlich des Stickoxidausstoßes allerdings nur unter Einsatz einer „Schummel-Software“ zustande gekommen. Ohne diese Manipulationssoftware würden die angegebenen Daten beim Stickoxidverbrauch gerade nicht eingehalten. Der Kläger habe doch darauf vertraut, dass diese Werte auch tatsächlich vorlagen.

Aufgrund dieser Manipulationssoftware liege ein Sachmangel vor, da das Fahrzeug angesichts der eingebauten Manipulationssoftware keine Beschaffenheit aufweise, die sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und die bei Sachen der gleichen Art üblich seien und die der Käufer nach Art der Sache erwarten könne. Die Beschaffenheit einer Sache umfasse neben allen, ihr anhaftenden Eigenschaften, auch die außerhalb der Sache liegenden Umstände wie beispielsweise die Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Der Emissionsausstoß stelle eine Eigenschaft dar, die einem Fahrzeug anhafte. Der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass die für das betroffene Fahrzeug angegebenen Emissionswerte nicht nur im offiziellen Testverfahren durch Einbau einer illegalen Manipulationssoftware eingehalten werden. Die Abgaswerte, welche in den Fahrzeugprospekten des Herstellers angegeben werden und im technischen Datenblatt aufgenommen wurden, müssten vielmehr auch im realen Betrieb auf der Straße eingehalten werden.

Es sei für die Mangelhaftigkeit der Fahrzeuge auch nicht von Bedeutung, dass diese technisch sicher und fahrbereit seien, da die angegebenen Emissionswerte nicht mit den tatsächlichen Werten übereinstimmten. Bereits dies begründe einen Sachmangel.

Auch aus der von der Beklagten organisierten und offensichtlich für erforderlich gehaltenen Nachbesserung könne geschlossen werden, dass das Fahrzeug jedenfalls ohne das neue Update mangelhaft gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Nachbesserung sei der Kläger gegenüber der Beklagten rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Eine Fristsetzung sei jedoch ohnehin entbehrlich gewesen. Zudem hätten umfangreiche Tests ergeben, dass das Aufspielen der neuen Software zu einem Mehrverbrauch von circa 1 l pro 100 km und zu einem Leistungseinbruch von mindestens 10% führen würde. Darüber hinaus würden die vom Skandal betroffenen Fahrzeuge teilweise gar nicht, jedenfalls weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt. Es bestehe ein erhebliches Risiko, dass die Laufzeit des Motors sowie weitere Teile des Fahrzeuges erheblich sinke, weil die Abgase nach dem Update wieder in den Motor eingeleitet würden. Durch die aktuell geplanten Nachrüstungen bestünde die Gefahr, dass die Motorleistung, das Drehmoment, der Verbrauch, der CO2-Ausstoß, die Langlebigkeit des Motors, die Häufigkeit von Werkstattaufenthalten, die Langlebigkeit von Rußpartikelfiltern oder auch der ruhige Motorlauf negativ beeinflusst würden. Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus Gewährleistung und Schadensersatz, sowie Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug geltend.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges VW Tiguan Sport, Fahrzeug-Ident-Nr.:…

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rückübereignung des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges, Fahrzeug-Ident-Nr.:…, im Annahmeverzug befinden.

  • 3.Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkauf des Fahrzeuges Fahrzeug-Ident-Nr.: …mit falschen Abgaswerten sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.

  • 4.Die Beklagten wird verurteilt, an den Kläger 985,19 € außergerichtliche Gebühren für die Einholung der Deckungszusage sowie 1.474,89 € außergerichtliche Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise den Kläger von diesen Gebühren freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass Ziffer 3 des Klageantrages unzulässig sei. Insoweit fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft sei. Das Fahrzeug des Klägers sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Kläger nutze das Fahrzeug bis zum heutigen Tag ohne Gebrauchseinschränkungen. So ändere auch die Tatsache, dass das streitbefangene Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, insbesondere an dem Bestand und der Wirksamkeit der Genehmigung nichts. Das Fahrzeug sei nach wie vor in der Abgasnorm „EU 5“ klassifiziert. Die Behauptung des Klägers, es sei eine „verbotene Software“ eingebaut worden, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Es gebe keine gesetzliche Vorgabe für NOx-Werte, die der Einhaltung der Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typ-Genehmigung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf synthetischen Fahrkurven maßgeblich. Der Gesetzgeber habe sich gerade dazu entschieden, die Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen.

Es würden sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 EU 5 auf Kosten der Beklagten technisch überarbeitet. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolge auf Grundlage eines von der Beklagten dem Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 vorgelegten und durch dieses genehmigten Zeit- und Maßnahmenplanes. So zeige der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für alle betroffenen Motor- und Typkonfigurationen vereinbarte Zeit- und Maßnahmeplan, dass eine technische Überarbeitung aller Fahrzeuge technisch möglich sei. Eine Aufhebung der Typgenehmigung durch das KBA oder sonstige behördliche Einschränkungen sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu besorgen. Die technische Überarbeitung sei ohne Nachteile für den Kunden in Bezug auf verschiedene Leistungs- und Verbrauchsparameter möglich ist. Entsprechende Prüfbestätigungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt lägen vor. Entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtungen würden sich durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch uns die CO2-Emissionen nicht verändern. Der Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 (Anlage B 6) sei ausdrücklich zu entnehmen, dass negative Folgen nicht zu befürchten seien. Der Zeitaufwand für die Installation der Software bei allen drei betroffenen Motortypen betrage circa 40 Zeiteinheiten, mithin 24 Minuten. Im Verhältnis zum Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeugs liege der Aufwand für die technische Überarbeitung bei Zugrundelegung des Kaufpreises damit bei unter 0,2%.

Eine Täuschung des Klägers liege nicht vor. So sei nicht vorgetragen, welche konkreten unzutreffenden Angaben die Beklagte gemacht haben soll. Weiterhin sei ein Vorsatz der Beklagten nicht dargelegt. So fehle bereits jeglicher konkrete Vortrag, wer die vom Kläger behauptete Entscheidung zum Einbau einer Manipulationssoftware getroffen haben solle und wer wann von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. So sei die Entscheidung die Motorsteuerungssoftware zu verändern von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger bei Kenntnis von der Software vom gesamten Vertrag Abstand genommen hätte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Einsatz der Software keine wirtschaftlichen Verluste erlitten, da das Fahrzeug auch derzeit technisch, sicher und fahrbereit sei und weiterhin im Straßenverkehr belassen werden könne. Umstände, aus denen sich ein Schaden ergeben könne, würden nicht ausreichend vorgetragen. Auch ein Minderwert des Fahrzeuges sei nicht ausreichend vorgetragen. Vielmehr bestätige die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) stabile Verkaufswerte. Auch die Voraussetzungen des § 826 BGB seien nicht gegeben, da weder ein sittenwidriges Handeln, noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten vorliege und auch in keiner Weise ausreichend vorgetragen worden sei. Zudem liege weder eine Täuschung durch die Beklagte vor, noch eine Kausalität zwischen dem Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und dem Vertragsschluss. Ein kausaler Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die eigene Kaufentscheidung beeinflusst haben sollen. Der Kaufvertrag sei - wenn überhaupt - nur im Vertrauen auf das Vorliegen der Typgenehmigung EU 5 geschlossen worden. Diese liege aber weiterhin vor. Auch im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB sei demgegenüber die Unerheblichkeit des - unterstellten - Mangels zu berücksichtigen.

Auch werden Ansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB in Abrede gestellt. So sei bereits der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB, nämlich eine der Beklagten zurechenbare Täuschungshandlung nicht dargestellt. Zudem fehle es an der Kausalität eines vermeintlichen Irrtums für die Vermögensverfügung und einem entsprechenden Schaden.

Auch Annahmeverzug habe nicht vorgelegen. Es bestünde kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Höchst vorsorglich habe jedenfalls der Kläger Wertersatz für die gezogenen Nutzungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu leisten. Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage seien nicht ersatzfähig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll aus der Sitzung vom 10.11.2017 verwiesen. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht.

Gründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB wegen einer sittenwidrigen Schädigung zu. Insoweit kann der Kläger Erstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer) verlangen, wobei sich insoweit rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch i. H. v. 24.342,12 € ergibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

Hinzu kommt, dass der Kläger Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagte mit der Übernahme des Fahrzeuges sowie Erstattung der ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Weitergehende Ansprüche bestehen dagegen nicht.

A.

Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 826, 31 BGB:

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Höhe 24.342,12 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.

1. Die Beklagte hat den Kläger sittenwidrig getäuscht, was beim Kläger dann zu einem entsprechenden Vermögensschaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises geführt hat.

a. Die Beklagte hat den Kläger konkludent darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde.

Die Beklagte hatte unter anderem auch das Fahrzeug des Klägers mit einer manipulierten Motorensoftware in Verkehr gebracht, ohne ihn hierüber aufzuklären. Auf diesem Weg hatte die Beklagte überhaupt erst die entsprechende Typgenehmigung erschlichen, denn erst die installierte Manipulationssoftware hat dazu geführt, dass das Fahrzeug bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen erkannte und dadurch abweichend vom Regelmodus 0, der im normalen Verkehr galt, auf einen Modus 1 umschaltete und nur dadurch die Werte so erreicht wurden, dass die entsprechende Typgenehmigung erteilt wurde. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist u.a. festgestellt bzw. geregelt,

– dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt

– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

b. Der Beklagten oblag gegenüber dem Kläger als ihrem Kunden und potenziellem Käufer und Erwerber eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 eine entsprechende Aufklärungspflicht. Zum einen hat nämlich die Beklagte durch die Manipulation und die verschleiernde Art einen ‘‘versteckten“ und für den normalen Nutzer kaum bis gar nicht erkennbaren Sachmangel an den betreffenden Fahrzeugen hervorgerufen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann, wenn Umstände vorliegen, deren Eintritt den Vertragszweck aus Sicht des jeweiligen Käufers vereiteln könnte und die der Käufer selbst nicht zu erkennen vermag. Dies ist in den vorliegenden Fallgestaltungen der Fall, denn das Fahrzeug des Klägers hätte die für die sog. grüne Plakette erforderliche Schadstoffklasse nicht eingehalten, wenn die Beklagte die diesbezügliche Software nicht installiert und das Fahrzeug damit bei der Prüfung den Testlauf unter Laborbedingungen nicht erkannt hätte, sondern die Prüfung unter dem Regelmodus 0, wie er dann im normalen Verkehr gilt, vorgenommen worden wäre.

c. Hinzu kommt, dass gravierende Auswirkungen für die Erwerber wie ein Entzug der Zulassung letztlich nachträglich nur deshalb den entsprechenden Käufern nicht drohte, weil die gesamte Manipulation der Beklagten bei allen Typklassen dann im September 2015 insgesamt bekannt wurde, was angesichts der Millionen von betroffenen Fahrzeugen dazu geführt hat, dass die Beklagte als Hersteller in Abstimmung und unter zumindest jetzt einsetzenden bzw. sich intensivierenden Kontrolle des Kraftfahrtbundesamtes Maßnahmen entwickeln musste, um die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Genehmigung für die jeweiligen Nutzer herbeizuführen. Das in Einzelfällen den potentiellen Käufern Nachteile wie ein Entzug der Zulassung drohen können, belegt bereits der Umstand, dass Halter derartiger Fahrzeuge, die nachträglich die Nachbesserung nicht haben vornehmen lassen, durchaus ein Entzug der Zulassung - zumindest in bestimmten Einzelfällen - drohen konnte (vgl. LG Braunschweig Urt. v. 15.9.2017 – 11 O 4019/16, BeckRS 2017, 125727).

d. Die von der Beklagten ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung und die hier vorgenommene Manipulation führte neben der unzulässigen Umgehung der einschlägigen Vorschriften auch dazu, dass die erreichten Abgaswerte nicht jenen entsprechen, die der Kunde aufgrund der Fahrzeugbeschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass ein Kunde durchaus davon ausgeht, dass die bekanntermaßen unter Laborbedingungen ermittelten Werte im Alltagsbetrieb und bei der Nutzung im Verkehr regelmäßig so nicht erreicht werden können. Es muss jedoch kein Kunde erwarten und kein Kunde geht davon aus, dass diese normale Abweichung durch den Einsatz einer verbotenen Software erheblich vergrößert wird und der Hersteller die erforderliche Typengenehmigung im Rahmen der Überprüfung unter Laborbedingungen überhaupt erst durch eine entsprechende Manipulation und einen anderen Betriebsmodus, als denjenigen, der der Benutzung im Straßenverkehr entspricht, erreicht. Allein wegen dieser Besonderheiten hätten also potenzielle Käufer von der Beklagten in diesem Sonderfall und aufgrund dieser hier gegebenen Besonderheiten, die deutlich vom Normalfall abweichen, über diese Umstände aufgeklärt werden müssen (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465.

e. Dem steht nicht entgegen, dass das Verschweigen eines Umstandes nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes rechtfertigt, sondern nur dann, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwartet. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist aber überschritten, weil es um erhebliche Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Entscheidend sind dabei nicht nur monetäre (so wohl LG Braunschweig Urt. v. 17.1.2018 – 3 O 3447/16, BeckRS 2018, 144) sondern allgemein wertbildende Umstünde und dazu gehören eben auch solche, die einer öffentlich-rechtlich erlaubten Nutzung entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn öffentlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen eines Produkts manipulativ umgangen wurden.

f. Die Offenbarungspflicht und in deren Missachtung auch die Täuschung des Klägers ergibt sich zudem daraus, dass die Verwendung der Manipulationssoftware durch die Beklagte dazu geführt hat, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug unter kaufrechtlichen Aspekten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

2. Ein Neuwagenkäufer geht grundsätzlich davon aus, dass das erworbene Fahrzeug vollständig mangelfrei ist, den gesetzlichen Vorschriften genügt und ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch des Klägers maßgeblich sind.

a. Diese Vorstellungen eines Käufers wie des Klägers war hier aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Manipulation und der diesbezüglichen Täuschung falsch, da die von der Typengenehmigung ausgewiesenen und gesetzlich vorgegebenen Werte letztlich von dem Fahrzeug der Beklagten so unter dem Betriebsmodus des Straßenverkehrs selbst unter Laborbedingungen im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus – NEFZ - nicht, sondern nur durch Einsatz der verbotenen Manipulationssoftware erreicht wurden und diese Fahrzeuge dann nach Erhalt der Genehmigung so in den Verkehr gebracht wurden, ohne die diesbezüglichen potentiellen Käufer über die vorgenommene Manipulation zu informieren.

b. Diese Täuschung und die vorgenommene Manipulation der Beklage war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers.

Es ist anerkannt, dass es bei täuschendem Verhalten für die Darlegung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung ausreichend ist, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts grundsätzlich Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. etwa BGH NJW 1995, 2361; vgl. auch Palandt, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn. 20).

c. Die Beklagte hatte über eine Manipulation des Motors sowie über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeuges getäuscht. Dies stellt nach kaufrechtlichen Regeln einen Sachmangel dar, weil ein Durchschnittskäufer erwarten darf, dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert oder diese nur im Testzyklus aktiviert werden, um so überhaupt unter Prüfbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte einzuhalten. Ist danach der Ausstoß der Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb - unabhängig von individuellen Faktoren - unter anderem allein deshalb höher als im künstlichen Fahrbetrieb, weil die Software zwischen beiden verschiedenen Betriebsmodi - also künstlicher Fahrbetrieb und realer Fahrbetrieb - wechseln kann, so handelt es sich unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten um eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeugklassen (vgl. noch nachfolgend zu den kaufrechtlichen Ansprüchen des Klägers; vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, Az.:28 W 14/16; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016 - Az. 7 W 26/16 -; OLG München – Beschluss vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16 = NJW-RR 2017,1238; OLG Koblenz – Beschluss vom 27.09.2017 – Az. 2 U 4/17 = BeckRS 2017,127983).

d. Das Gericht verkennt nicht, dass oft fraglich ist, ob der Käufer tatsächlich Wert auf ein umweltschonendes Fahrzeug legt oder ein besonderes Umweltbewusstsein hatte, oder ob es - wie hier beim Kläger naheliegt, dass dem nicht so ist, wenn er seinen PKW nicht nachrüsten lässt. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass jeder Käufer und auch der hiesige Kläger sowohl auf sachmängelfreie Eigenschaften des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch auf eine unter regelgerechten Bedingungen zu Stande gekommene ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges als Voraussetzung für dessen uneingeschränkte Benutzung im Straßenverkehr Wert legen, so dass dies insgesamt nur den Schluss zulässt, dass ein Käufer wie der Kläger bei Kenntnis einer solchen wie hier vorgenommenen Manipulation, das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug in dem ursprünglichen Zustand, wie ausgeführt, einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist. Diesbezüglich kann man - gerade beim Erwerb eines Neufahrzeuges angesichts der damit verbundenen hohen Kaufpreise – davon ausgehen, dass kein verständig und halbwegs wirtschaftlich denkender Kunde als Käufer ein solches sachmängelbehaftetes Fahrzeug erwirbt, insbesondere dann nicht, wenn der Automarkt eine Vielzahl von Fahrzeugen in den jeweils vergleichbaren Preissegmenten oder den gewünschten Typklassen aufweist, die derartige Sachmängel nicht und unter regulären Bedingungen die Typengenehmigung erhalten haben.

Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte, wie es die Beklagte vorträgt. Wesentlich ist die Tatsache der Manipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung als solche sowie auf die Zulassung auswirkte und dieser Umstand gerade dazu führte, dass das Fahrzeug in dem in den Verkehr gebrachten Zustand sachmängelbehaftet war (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465).

e. Der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Täuschung durch die Beklagte als Hersteller und der Kaufentscheidung durch den Kläger als Käufer steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über einen Fahrzeugkauf häufig auf einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Motiven (z.B. die Motorleistung, der Kraftstoffverbrauch, die Ausstattung, der konkrete Preis, der Werkstattservice, das Markenimage etc.) beruhen kann, in das die hier streitgegenständlichen Abgaswerte, die bei der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse und das Vorhandensein der grünen Plakette sich ggfs. als weitere Beweggründe einreihen.

Dies wäre nur dann anders, wenn für den Kläger kein Entscheidungskonflikt bestanden hätte, wenn der Kläger als Käufer aufgeklärt worden wäre und die Hintergründe gekannt hätte, mithin wenn ihm auch bewusst geworden wäre, dass die hier relevanten Fahrzeuge der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Dieselmotor des Typs EA 189 so in dem Zustand, wie sie ursprünglich bestanden, sachmängelbehaftet waren und eigentlich ohne die relevante Manipulationssoftware zur Beeinflussung der Abgaswerte im Prüfungsmodus die Typengenehmigung oder die grüne Plakette nicht erhalten hätten. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch bei einem Bündel an Motiven ein verständiger und wirtschaftlich denkender Käufer die Kaufentscheidung jedenfalls auf Fahrzeuge anderer Hersteller konzentriert hätte, die sachmängelfrei sind und die die entsprechende Typengenehmigung und die grüne Plakette unter regulären Bedingungen erhalten haben.

3. Diese vorgenommene Täuschung der Beklagten sowie deren Gesamtverhalten beim Inverkehrbringen solcher Fahrzeuge waren sittenwidrig.

a. Das Gericht ist ebenso wie das Landgericht Bochum (LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465) der Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten gegen das Gerechtigkeitsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dem kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass der Kläger nicht unmittelbar dem Schutzweck der verletzten EG-Verordnung unterfällt, weil diese Verordnung in erster Linie dem Umweltschutz dienen soll. Ob die Verletzung dieser Verordnung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs unmittelbar treffen ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Verletzten EG – Verordnung dazu geführt haben, dass der jeweils betroffene Käufer und damit auch der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, welches tatsächlich im Sinne der Gewährleistungsvorschriften ursprünglich mangelhaft war und von dem auszugehen ist, dass er dies bei Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte, so dass auch der Kläger unmittelbar betroffen ist.

b. Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt und dem Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW-RR 2013, 550; Palandt, a.a.O., Rn. 4).

c. Die Beweggründe der Beklagten zur Vornahme der Manipulationen am Motor bzw. der Systeme der Abgassteuerung und Reinigung und der entsprechenden Täuschungen darüber waren entweder die Erzielung eines höheren Gewinns bzw. die Ersparnis von weiteren Entwicklungskosten, oder aber die Unfähigkeit der Entwickler der Motoren, zu marktgerechten Preisen nur zulässige Abgaswerte zu verursachen. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Manipulation bei den Prüfbedingungen erfüllt.

d. Insoweit ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass die Beklagte in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand zentrale Zulassungsvorschriften ausgehebelt und zugleich ihre Kunden konkludent getäuscht hat. Sie hat dabei nicht nur einfach vorgeschrieben Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der vorgenommenen Manipulation an diesem Motortyp für alle davon betroffenen Fahrzeuge zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden einerseits sowie nachfolgend nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge gegenüber den Verbrauchern andererseits geschaffen. Es lag also eine bewusste Täuschung der Aufsichtsbehörden einerseits und der Verbraucher andererseits vor, um die entsprechende Typengenehmigungen für die Fahrzeuge zu erhalten und diese dann so in Verkehr bringen zu können, um dadurch entsprechende Vertragsschlüsse der Händler mit Kunden herbeiführen zu können.

Dabei ist die Beklagte bewusst verschleiernd und durch einen offensichtlich nur begrenzt einbezogenen Personenkreis vorgegangen, um diese Manipulation geheim zu halten, zumal diese Manipulation auch nur äußerst schwer zu entdecken war und so im normalen Verkehr mangels erkennbarer Auswirkungen eigentlich nicht aufgefallen wäre.

Die Täuschung diente, andere Motive sind jedenfalls nicht ersichtlich, allein dem Zweck, zur Kostensenkung und möglicherweise auch zur Umgehung technischer Probleme bei der Entwicklung einer rechtlich und technisch einwandfreien, aber teurere Lösung der Abgasreinigung formal die Voraussetzungen für die Typgenehmigung zu erfüllen und mit Hilfe diese Manipulation umweltfreundliche Prüfvermerke veröffentlichen zu können, um dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis einer bewussten Täuschung und Benachteiligung von Behörden einerseits und Kunden andererseits gibt dem Handeln der Beklagten ein Gepräge der Sittenwidrigkeit. Ein solches zumindest auch die Verbraucher konkludent täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen und verwerflich, da die Beklagte eben nicht nur die Aufsichts- und Prüfbehörden getäuscht, sondern durch ihr täuschendes Verhalten bei dem weiteren Inverkehrbringen der Fahrzeuge auch die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat.

II.

1. Dem Kläger ist dementsprechend auch ein Schaden entstanden.

Unabhängig von der Frage, ob durch eine nachträgliche Änderung und ein Software-Update den eigentlichen Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts beseitigt würde und nach einer Nachbesserung ein objektiver Wertverlust der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vorliegt - letzteres kann offenbleiben -, liegt der eingetretene Schaden im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bereits in dem Abschluss des Vertrages, der jedenfalls zu den damaligen Bedingungen vom Kläger nach Überzeugung der Kammer so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – und Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 – und vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

2. Ein Schaden aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung ist grundsätzlich im Rahmen der Differenzhypothese zu ermitteln, das heißt durch ein Gegenüberstellen der jetzigen Vermögenslage des Geschädigten und derjenige, die ohne eine Schädigung bestehen würde. Es kann jedoch ein Schaden auch dann vorliegen, wenn eigentlich eine objektive Werthaltigkeit der vertraglichen Gegenleistung vorliegt. Die Differenzhypothese muss nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient aber dazu, den konkreten subjektiven Vermögensnachteil des Geschädigten auszugleichen.

Insoweit genügt jede Schadenszufügung im weitesten Sinne, also jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage in ihrer Gesamtheit und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene eine Entscheidung zu Lasten seines Vermögens trifft. Dabei ist auch eine subjektbezogene Betrachtung heranzuziehen. Nach dem subjektbezogenen Schadensbegriff stellt auch der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, welches nicht den Zielen des Geschädigten entspricht, einen Schaden im Rahmen des § 826 BGB dar, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt oder nicht bzw. ob hier nachfolgend ein Ausgleich erfolgt.

3. Hier hat der Kläger ein Fahrzeug erworben, welches nicht seinen Vorstellungen entsprach und welches er, wenn er die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses so nicht erworben hätte. Der diesbezügliche Vermögensschaden des Klägers liegt darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Manipulation am Motor mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts - den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass dann, wenn der Kläger die Hintergründe gekannt hätte, als verständiger Kunde kein Fahrzeug mit einer solchen Manipulation am Motor und mit einem entsprechenden kaufrechtlichen Sachmangel erworben hätte, wenn ihm vor dem Verkauf bekannt gewesen wäre oder er von der Beklagten allgemein darauf hingewiesen worden wäre, dass allein mit der vorgenommenen Manipulation die diesbezügliche Typengenehmigung erlangt werden konnte und tatsächlich im realen Verkehr der Emissionsausstoß aufgrund eines anderen Betriebsmodus deutlich höher ist und dieser reale Betriebsmodus dazu führen würde, dass in diesem ‘‘realen‘‘ Modus die Grenzwerte selbst unter Prüfbedingungen nicht eingehalten worden wären und das Fahrzeug damit ansonsten weder die Typgenehmigung noch die grüne Plakette erhalten hätte.

4. Der Kläger hat also aufgrund des hier abgeschlossenen Kaufvertrages nicht das bekommen, was ihm aufgrund des Kaufvertrages an sich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen auch (materiell) vollständig entsprechendes Fahrzeug. Die Schädigung besteht zudem darin, dass durch die Verwendung der Manipulation am Motor das tatsächlich vom Kläger erworbene und ihm übergebene Fahrzeug nach den kaufrechtlichen Regelungen ursprünglich mangelhaft war.

Da jedoch ein Neuwagenkäufer stillschweigend davon ausgeht, dass ein erworbenes Fahrzeug mangelfrei ist und den gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben entspricht, war die diesbezügliche Vorstellung beim Kläger falsch, da die Typengenehmigung durch Manipulation erst erlangt wurde und die gesetzlich vorgegebenen Werte nur durch Einsatz einer Manipulation am Motor erreicht wurden, so dass im Ergebnis der Kläger mit dem Erwerb und der Übergabe eines solchen Fahrzeuges gegen Zahlung des Kaufpreises einen Schaden erlitten hat.

III.

Auch die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagten sind zu bejahen.

1. Die Beklagte erfüllt auch den subjektiven Tatbestand der bewussten und vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Manipulation am Motor und der Täuschung darüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der § 31 BGB.

2. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissen bzw. Vorsatzelement bei dem oder den oder einem maßgeblichen Organmitglied der Beklagten festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers.

3. Soweit auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, dass Käufer in vergleichbaren Fällen vortragen und ggf. beweisen müssen, wer wann auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017, Az. 13 U 566/17), folgt dem das Gericht nicht. Der Kläger kann keine Kenntnisse über innerbetriebliche Abläufe bei der Beklagten haben. Diese kann jedoch wiederum nicht zur Selbstbezichtigung verpflichtet werden. Auch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen und werden umfangreich und zeitaufwändig sein. Daher kann der Kläger zwar nicht erspart werden, seinen Anspruch substantiiert und schlüssig darzustellen, wie es die ZPO vorschreibt (vgl. OLG München a.a.O.), aber dem genügt er vorliegend auch. Es ist im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend, wenn er wie hier geschehen konzerninterne Manipulationsvorgänge darstellt, die ein kollusives Verhalten mehrerer Personen bedingen und entweder ein Versagen unternehmensinterner Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen oder aber eine Einbindung maßgeblicher Entscheidungsträger im Konzern der Beklagten voraussetzen. Der Kläger muss gerade nicht einen (oder mehrere) Täter benennen, deren Handeln sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß § 31 BGB ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beklagte, die allein über entsprechende Kenntnisse verfügen könnte, hat nicht dargelegt, dass diese erhebliche und weitgehende Manipulation der Fahrzeugsteuerungssoftware ohne Genehmigung ihres Vorstands erfolgte oder aber dass die Manipulation ohne Einbeziehung eines verfassungsmäßigen Vertreters erfolgte. So der so läge dann aber bei dem dann verbleibenden Szenario eines unkontrollierten Verhaltens einzelner unfähiger Mitarbeiter ein Organisationsmangel vor, den sich die Beklagte in gleicher Weise zurechnen lassen muss. Auch dann, wenn der Vorstand der Beklagten oder zuständige Organwalter persönlich keine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen hatten, diese Kenntnis aber innerhalb der Organisation der Beklagten vorhanden war und die Verpflichtung zur aktenmäßigen Dokumentation der Informationen bestand, dann ist eine Wissenszurechnung zum handelnden Organ vorzunehmen, wenn der informierte Mitarbeiter innerhalb der juristischen Person es entgegen einer entsprechenden Pflicht versäumt hat, das bei ihm vorhandene Wissen an die zuständige Stelle weiterzuleiten (Münchener Kommentar BGB/Wagner 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 37-40). Alles andere käme einer faktischen Rechtsverweigerung potentiell Geschädigter gleich, die sich intransparenten Unternehmensstrukturen und den dortigen Entscheidungs- und Informationsabläufen konfrontiert sehen. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lasse, dass die im Unternehmen der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente der erforderlichen Wissenszurechnung nicht dargetan seien. Es ist zwar zutreffend dass das Wissen einzelner Mitarbeiter der Beklagten nicht „mosaikartig“ zusammengesetzt werden kann, um eine Verantwortung verantwortlicher Vorstände anzunehmen. Eine solche Konstruktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gem. § 826 BGB, die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung deutlich unterscheidet, nicht gerecht (BGH NJW 2017, 250). Losgelöst davon, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außerhalb desselben überzeugt, hat vorliegend der Kläger seiner primären Darlegungslast genügt, weil er plausibel dargelegt hat, dass entweder der Vorstand informiert war oder aber eine Informations-, Kontroll- und Organisationsstruktur bei der Beklagten vorhanden war, die ein solch desaströses Versagen ermöglichte.

4. Vorliegend ist die Beklagte daher nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weitgehend darlegungspflichtig.

Eine solche sekundäre Darlegungslast besteht gerade dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die nicht darlegungsbelastete Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere diesbezügliche Angaben zu machen. Die Beklagte des primär darlegungspflichtigen Klägers darf sich in einer solchen Situation nicht auf pauschalen Sachvortrag oder einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt, die entsprechenden Informationen hat und ihr nähere Angaben zumutbar sind.

Hier war es dem Kläger gerade nicht möglich, näher dazu vorzutragen, wer auf der Vorstandsebene der Beklagten bzw. wer von den maßgeblichen Organen entsprechende Kenntnisse hatte oder Anweisungen vorgenommen hat, da dies Kenntnisse von den internen Strukturen, den Vorgängen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Andererseits muss und kann der Kläger davon ausgehen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende oder sonstige maßgebliche Organe Kenntnis von der Manipulation am Motor hatten oder deren Entwicklung und Installation gebilligt oder sogar angewiesen haben. Demnach oblag es hier allein der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter substantiiert und konkret vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist.

5. Die Beklagte hingegen hatte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse konkret darzulegen, um es dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und die erforderlichen Beweisantritte dann auf dieser Grundlage vornehmen zu können.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist jedoch auffällig unzureichend. Die Beklagte hat dazu nämlich lediglich eine Kenntnis von Vorstandsmitgliedern bestritten und dies als (offensichtliche) Maßnahmen von Mitarbeitern abgetan, deren Kenntnisse sie sich nicht zurechnen lassen müsse. Warum hier nach ca. 2 1/2 Jahren seit Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 trotz Einschaltung von internen Ermittlern immer noch keine diesbezüglichen Erkenntnisse vorliegen sollen, ist unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass hier von Seiten der Beklagten bewusst nicht mehr vorgetragen werden soll.

6. Dies geht zu ihren Lasten, denn das diesbezügliche Vorgehen ist unzureichend und genügt nicht den Anforderungen gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation an dem Motor für eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugen (September 2015) ist der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten unzureichend, auffallend pauschal und unvollständig und damit im Ergebnis schlicht unglaubhaft, mithin unerheblich. Zu einer substantiierten Darlegung hätte umso mehr Anlass bestanden, als es sich bei Einführung einer manipulierten, auf Verzerrung der Prüfstandswerte ausgerichteten Motorsteuerung um eine wesentlich strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite und ebenso großen Risiken in einem solchen weltweit tätigen Großkonzern handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie von einem eher am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Personenkreis in eigener Verantwortung getroffen worden ist, ohne dass die relevanten Organe der Beklagten davon Kenntnis hatten bzw. dies sogar konkret angewiesen haben, vielmehr spricht eigentlich unter Zugrundelegung normaler Lebensumstände und Erfahrungswerte eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Vorgänge mit Kenntnis und Billigung des Konzernvorstandes erfolgt sind.

7. Dies und das unzureichende Vorbringen im Rahmen der sekundären Darlegungslast hat für die Beklagte zur Folge, dass das Bestreiten der Beklagten unerheblich ist und damit der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten internen Vorgängen zugrunde zu legen ist.

Demnach ist bei dieser Sachlage und der hier maßgeblichen prozessualen Lage damit mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass in die diesbezügliche Entscheidung auch Organe einbezogen waren, die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder jedenfalls abgesegnet wurde, so dass von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist (so u.a. auch: LG Bochum Urt. v. 29.12.2017 – I-6 O 96/17, BeckRS 2017, 139465; LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232; LG Bochum – Urteil vom 13.07.2017 – Az. 8 O 366/16 – LG Bochum, Urteil vom 07.12.2017 – Az. 6 O 88/17 LG Bochum, Urteil vom 18.12.2017 – Az. 6 O 194/17).

IV.

Daher kann der Kläger von der Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von insgesamt 28.769,12 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

Der Kläger muss sich das anrechnen lassen, was er in Folge des ungewollten Vertrages an Vorteilen konkret erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Vorb. § 249 Rn. 94). Nach der letzten Mitteilung des Klägers vom 10.11.2017 hat der Kläger mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Strecke von 38.468 km zurückgelegt.

Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung eines Fahrzeuges bei diesem Typ auf 250.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen: Bruttokaufpreis x gefahrene km ÷ Gesamtlaufleistung. Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 4.427 € in Ansatz zu bringen, die von dem zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis von 24.342,12 €.

B.

Kaufvertragliche Ansprüche:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe 28.769,12 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor näher bezeichneten Fahrzeugs sowie des Nutzungsersatzes nach Maßgabe von §§ 437 Nr. 2, 440 S. 1 3.Var. i.V.m. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB.

I. Sachmangel

1. Der streitgegenständliche Pkw wies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf.

Bei Gefahrübergang wich der Ist-Zustand des Fahrzeugs vom Soll-Zustand ab. Das Fahrzeug erfüllte die Euro-5-Abgasnorm nicht. Es fehlte damit jedenfalls an einer Beschaffenheit, wie es bei Sachen gleicher Art üblich ist und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands sind alle Eigenschaften zu zählen, der der Sache unmittelbar und mittelbar anhaften. Ebenso gehören hierzu alle wirtschaftlichen, tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen können (BGH, NJW 2016, 2874; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rdnr. 10).

Zwar trifft es zu, dass das Fahrzeug derzeit uneingeschränkt und bestimmungsgemäß genutzt werden kann und darf. Jedenfalls stellt das den geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors eine Eigenschaft dar, die auch für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs kann schließlich erwarten, dass diese in vollem Umfange den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht. Wie die Beklagte in ihren Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) selbst ausführte, wird mithilfe der installierten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand optimiert.

Lediglich auf dem Prüfstand können von dem Fahrzeug des betroffenen Motors EA189 die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte eingehalten werden. Der Käufer eines Neufahrzeugs kann aber im Normalfall davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte stets und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Ist hingegen eine Manipulationssoftware installiert, welche die korrekte Messung der NOx-Werte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen simuliert als sie tatsächlich im realen Fahrbetrieb entstehen, so stellt dies eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar. Das Fahrzeug zeigt damit ein unterschiedliches Abgasverhalten, je nach dem, ob es im Prüfmodus (Modus 1) oder im Alltagsmodus (Modus 0) gefahren wird. Die Software ist in der Lage, den Fahrbetrieb auf einem Prüfstandlauf (NEFZ) zu erkennen. Durch die Abgasrückführung werden bei der späteren Messung im Prüflauf dann geringere Emissionswerte erzielt.

2. Maßgeblich für den Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kommt es auf die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art an. Bereits die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht als sie tatsächlich im Fahrbetrieb entstehen, stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Paderborn, Urteil vom 15.02.2017 - 4 O 231/16 m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update erhalten soll, mit welchem die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeugs hergestellt wird. Die derzeit installierte Software enttäuscht berechtigte Erwartungen des jeweiligen Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Da die Prüfstandfahrt Grundlage für die EG-Typengenehmigung ist und nur diese Werte öffentlich bekannt gemacht werden, werden Kunden über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht (LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16; LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Auch wenn die Einhaltung der Abgaswerte die Prüfstandswerte und nicht die Alltagswerte - die nur mit einem ganz erheblichen Aufwand überhaupt feststellbar sind - maßgeblich sind, so ist der Gesetzgeber jedenfalls davon ausgegangen, dass diese Werte unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Messung auf dem Prüflaufstand jedenfalls annähernd den Alltagswerten entsprechen.

Dass schließlich das Fahrzeug die Vorgaben der Euro-5-Norm nicht einhielt, folgt bereits aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation am Prüfstand galt. Nur in diesem Modus war der Stickoxidausstoß reduziert. Eine solche differenzierte Motorsteuerung war aber aus Sicht der Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus auf der Straße die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid gerade nicht einhielt. Vielmehr muss das streitgegenständliche Fahrzeug nunmehr einem Software-Update unterzogen werden, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Ein Käufer darf aber üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht - sei es aufgrund behördlich angenommener Rechtswidrigkeit - gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten werden kann.

Zur üblichen Beschaffenheit eines Kraftfahrzeugs gehört es aber auch, dass es den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die gesetzlichen Vorgaben wurden vorliegend aber nur mit Hilfe der Manipulationssoftware eingehalten. Für das Vorliegen eines Mangels ist es auch nicht erforderlich, dass die Parteien diesen Umstand bei Vertragsverhandlungen thematisiert haben.

3. Auch die weiteren zum Rücktritt berechtigenden Voraussetzungen liegen vor. Eine Frist zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall im Ergebnis entbehrlich.

a) Zwar war im vorliegenden Fall die Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates nicht unmöglich, sodass ein Rücktritt nicht an den weiteren Anforderungen des § 326 Abs. 5 BGB zu messen ist.

Dem mit Anlage K 4 vorgelegten und an die Beklagte gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.02.2016 kann eine solche Fristsetzung zur Nacherfüllung zwar nicht unmittelbar entnommen werden. Vorrangig wird die Beklagte mit diesem Schreiben dazu aufgefordert, Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur hilfsweise erstreckt sich die Frist bis 22.02.2016 auch auf den Versuch einer Nachbesserung. Dass der Kläger keine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, steht jedoch dem Klagebegehren nicht entgegen.

b) Die Fristsetzung war nach Maßgabe von § 440 S. 1 3.Var. BGB entbehrlich, da dem Kläger die Vornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte nicht zumutbar ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Zu berücksichtigen sind ebenso die Art des Mangels, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien sowie die Art der Sache und ihr Zweck (Palandt/Weidenkaff, § 440 Rdnr. 8). Die Unzumutbarkeit ist allein aus Sicht des Käufers zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet hingegen nicht statt (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 440 Rdnr. 23 f.).

aa) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass durch eine Nacherfüllung auch der Mangel nicht vollständig beseitigt werden könne. Der Schaden des Fahrzeugeigentümers in Form eines dramatisch gesunkenen Wiederverkaufswerts sei auch durch eine Nachbesserung nicht behebbar. Dieser Umstand verfängt allerdings im Rahmen des § 440 S. 1 3.Var. BGB nicht. Soweit durch Vornahme einer Nacherfüllung nicht alle Schäden an der Kaufsache beseitigt werden könnten, wären diese schließlich gegebenenfalls bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Schadensersatz neben der Leistung geltend zu machen und sind indes einem Schadensersatz statt der Leistung per se nicht zugänglich.

bb) Der Kläger trägt weiterhin vorträgt, dass die Nacherfüllung deshalb entbehrlich sei, weil er arglistig von der Beklagten getäuscht worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass einem Käufer die Nachbesserung durch den Verkäufer in der Regel unzumutbar ist, wenn dieser ihn arglistig getäuscht hat. Wegen der erwiesenen Unzuverlässigkeit des Verkäufers darf der Käufer von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Urteil vom 10.03.2010 - VIII ZR 182/08). Der Kläger wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von der Beklagten auch arglistig getäuscht. Wie dargelegt war im Einsatz der Manipulations-Software eine arglistige Täuschung durch die Beklagte über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gegeben. Daher war die Fristsetzung entbehrlich.

cc) Auch wenn das Aufspielen des Software-Updates wohl durch einen Vertragshändler nach Auswahl des Klägers ohne großen zeitlichen Aufwand auf Kosten der Beklagten erfolgen sollte, werden die wesentlichen Nachbesserungsschritte, die Entwicklung der Software, deren Test und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen werden von der Beklagten selbst geleistet und damit von derjenigen, die getäuscht und sich insoweit als unzuverlässig erwiesen hat. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Beklagten, den Mangel ordnungsgemäß zu beseitigen, ist allerdings verloren gegangen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 09.01.2008 - VIII ZR 210/06) ist dem Kläger die Nacherfüllung nicht zumutbar. Letztlich wäre es schließlich die Beklagte, die die Nachbesserung vornehmen würde. Dies ist dem Kläger allerdings nicht zuzumuten (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16).

dd) Im Zeitpunkt des Rücktritts war für den Kläger unter Bezugnahme seiner Ausführungen auf eine Entscheidung des Landgerichts München II (Urteil vom 15.11.2016 - 12 O 1482/16) auch nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware mit negativen Auswirkungen im Hinblick auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung einhergehen würde. Ob es tatsächlich zu dem Eintritt solcher Folgemängel kommt, muss von dem Kläger nicht als sicher eintretend behauptet werden. Vielmehr genügt es, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Folgemängel eintreten werden (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 83/16). Die Beklagte selbst drückt diese Unsicherheit letztlich auch mit ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) aus, wenn sie ausführt, Ziel sei es, dass die Maßnahmen keinen Einfluss auf Verbrauch und Fahrleistung haben sollten. Da jedenfalls im Zeitpunkt des Rücktritts aus Sicht des Klägers die ernsthafte Befürchtung bestehen musste, das geplante Softwareupdate könne negative Folgewirkungen haben, ist dem Kläger die Nacherfüllung auch unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar.

ee) Es war für den Kläger im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch zeitlich unzumutbar, Nacherfüllung zu verlangen.

Die angemessene Wartezeit richtet sich vorrangig nach dem Interesse des Käufers, aus dessen Sicht schließlich auch die Unzumutbarkeit selbst zu beurteilen ist. Zwar ist nach dem Grundsatz des Rechts zur zweiten Andienung dem Verkäufer unter Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zu setzen, die sich nicht allein nach der subjektiven Betrachtung des jeweiligen Käufers bestimmen kann. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist sind indes zunächst objektive Kriterien maßgeblich, was vordergründig im Streitfall dafür sprechen könnte, die Zeitspanne für Entwicklung, Prüfung, Genehmigung und das massenhafte Aufspielen der Software für angemessen zu halten. Die alleinige Maßgeblichkeit objektiver Faktoren im vorliegenden Fall würde aber die Interessen des Klägers in unangemessener Weise hintenanstellen. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 bestand für den Kläger noch keine konkrete Kenntnis über den weiteren Zeitablauf. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unsicherheit war es dem Kläger nicht zumutbar und möglich, eine angemessene Frist zu setzen.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 10.02.2016 (Anlage K 4) lag die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes hinsichtlich des für das klägerische Fahrzeug notwendigen Softwareupdates vom 01.06.2016 noch nicht vor. Es war noch unklar, wann die geplante Rückrufaktion tatsächlich zur Durchführung gelangen würde. So teilte die Beklagte selbst gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen informiert werde. Bis zur Durchführung der Maßnahmen werde um Geduld und Verständnis gebeten. Es kommt maßgeblich auf die Betrachtung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an.

4. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. Nach den Umständen des vorliegenden Falls war die Pflichtverletzung nicht unerheblich nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

a. Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH NJW 2014, 3229). Die Beklagte ist für das Vorliegen dieses den Rücktritt ausschließenden Tatbestands darlegungs- und beweisbelastet (MüKo/Ernst, § 323 Rdnr. 254).

b. Insbesondere sind der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen (BeckOK/Schmidt, § 323 Rdnr. 39). In der Regel ist von der Erheblichkeit auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag in Höhe von fünf Prozent der Kaufpreissumme überschritten hat (BGH NJW 2014, 3229; Palandt/Grüneberg, § 323 Rdnr. 32). Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Rahmen oben genannter Entscheidung klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von 5% des Kaufpreises nur in der Regel gilt. Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt, die eine schematische Betrachtung verbietet.

c. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Pflichtverletzung im vorliegenden Fall als nicht unerheblich gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen.

Im vorliegenden Fall trägt die Beklagte vor, dass der Zeitaufwand für die Installation des Softwareupdates bei den betroffenen Motortypen circa 40 Zeiteinheiten, also 24 Minuten betrage. Aus Sicht des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, wie schwer ihn der Mangel trifft und was eine Nacherfüllung für ihn konkret bedeutet. Danach liegt ein erheblicher Mangel schon deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei dem Kläger trotz des angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verbleibt. Abgesehen hiervon nimmt auch der Umstand, wonach der Kläger auf die Nacherfüllung praktisch nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion die Beklagte vielmehr dazu verpflichtet wäre, das Software-Update aufspielen zu lassen, um nicht die Zulassung seines Fahrzeugs künftig zu gefährden, dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (LG Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16; LG München I, Urteil vom 14.04.2016 - 23 O 23033/15). Der Kläger würde ohne Ausübung seines Rücktrittsrechts faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen werden, obwohl ihm diese an sich unzumutbar ist (vgl. obige Ausführungen).

d. Der Kläger befürchtet ebenso, dass die von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge wohl weit unter dem Wert vergleichbarer nicht betroffener Fahrzeuge gehandelt werden würden. Der Wiederverkaufswert sei um mindestens 2.000,00 € gesunken. Auch der Umstand also, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursachen sollte, und sich letztlich bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlagen würde, spricht für die Erheblichkeit des Mangels. Die Beklagtenseite tritt zwar dem klägerischen Vortrag entgegen. Die Beklagtenseite ist schließlich beweisbelastet für den Umstand, dass die Pflichtverletzung unerheblich war. Die Befürchtung des Klägers hinsichtlich der Wertminderung vermag allerdings beklagtenseits nicht durch die vorgelegten Presseberichte ausgeräumt zu werden. Eine konkrete Aussage über die Preisentwicklung allein der von dem „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge ist letztlich aus heutiger Sicht unbehilflich, weil es jedenfalls im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht absehbar war, ob hier erhebliche Wertverluste eintreten, dies aber überwiegend wahrscheinlich zu erwarten war..

e. Ferner ist - dies macht auch das vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 15.02.2016 deutlich - das Softwareupdate von einer Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt abhängig. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die vorher behördlich geprüft und genehmigt werden muss, kann insoweit ebenso nicht als unerheblich angesehen werden (LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 709/16).

5. Der Kaufvertrag hat sich in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 437 Nr. 2, 440 i.V.m. 323 Abs. 1, 346 ff. BGB umgewandelt. Aufgrund des wirksamen Rücktritts sind die gegenseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.

a) Der Kläger hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 10.02.2016 (Anlage K 4) den Rücktritt erklärt.

Zwar wird mit dem Schreiben vom 10.02.2016 nicht explizit das Rücktrittsrecht ausgesprochen. Dies ist gemäß den Anforderungen nach § 349 BGB zur Erklärung des Rücktrittsrechts allerdings auch nicht erforderlich. Die Erklärung des Rücktrittsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner dar, die auch konkludent erfolgen kann. Entscheidend ist, dass sich aus der Erklärung der Wille des Erklärenden ergibt, er wolle sich vom Vertrag lösen und die beidseitigen Leistungspflichten aufheben oder schon erbrachte Leistungen rückgängig machen (jurisPK-BGB/Faust, § 349 Rdnr. 7). So liegt auch der vorliegende Fall. Der Kläger lässt in vorgenanntem Schreiben ausführen, dass er einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs habe.

Soweit der Kläger sein Begehren weiterhin auf eine Anfechtung infolge arglistiger Täuschung stützt, war dies nicht weiterzuverfolgen. Es liegt mit dem Schriftsatz vom 10.02.2016 keine geeignete Erklärung vor, die darauf schließen lassen würde, dass der Kläger explizit die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt haben könnte. Eine Umdeutung der Rücktrittserklärung nach § 140 BGB kommt ebenso nicht in Betracht, da die Folgen einer Anfechtungserklärung weiter reichen als die eines Rücktritts. Während die Anfechtung ex-tunc die Willenserklärung beseitigt, kann der Rücktritt das Vertragsverhältnis nur ex-nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln.

b) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die einen Kaufpreis in Höhe von 28.769,12 € erhalten hat. Die Beklagte hat also an den Kläger den Kaufpreis zu erstatten.

Im Gegenzug schuldet der Kläger neben der Rückgabe des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten Wertersatz für die bislang gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, da diese ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können. Gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ist der vereinbarte Kaufpreis bei dieser Wertermittlung zu berücksichtigen.

aa) Die Vorschrift gemäß § 474 Abs. 5 BGB, nach welcher Nutzungsersatz nach Maßgabe des § 439 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht geschuldet ist, findet Anwendung, soweit die Nachlieferung als Gewährleistungsrecht beansprucht wird. Im Rücktrittsrecht findet sich eine dem § 474 Abs. 5 BGB vergleichbare Regelung nicht. Eine Übertragung auf das Rücktrittsrecht kann allerdings nicht erfolgen, da - anders als im Falle der Nachlieferung - gerade nicht mehr an dem Vertrag festgehalten werden soll (BGH, NJW 2010, 148; Palandt/Weidenkaff, § 474 Rdnr. 9).

bb) Der Nutzungsersatz errechnet sich aus der Multiplikation des Bruttokaufpreises und der zurückgelegten Fahrtstrecke geteilt durch die Gesamtleistung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 - 1 U 152/07; Palandt/Grüneberg, § 346 Rdnr. 10). Der Nutzungsersatz beträgt damit im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt 4.427 € (vgl. oben unter A.).

C. Feststellung des Annahmeverzuges

Darüber hinaus kann der Kläger auch Feststellung des Annahmeverzuges verlangen, da sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

1. Der diesbezügliche Antrag ist zulässig, denn es besteht ein Feststellungsinteresse für den Kläger daran, dass der Annahmeverzug zur Vereinfachung der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.

2. Die Beklagte befindet sich mit der Rückübertragung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 298, 293 BGB in Annahmeverzug. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2016 unter Fristsetzung zum 22.02.2016 die Rückübereignung des Fahrzeugs angeboten. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Angebot des Klägers nach § 294 BGB. Im vorliegenden Fall konnte jedoch auch ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 2.Alt. BGB erklärt werden. Die Beklagte hat das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers gemäß § 269 BGB abzuholen (LG Würzburg, Urteil vom 26.04.2017 - 73 O 1457/16; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016 - 16 O 790/16). Das wörtliche Angebot liegt in dem an die Beklagte adressierten anwaltlichen Schriftsatz vom 10.02.2016, in welchem der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises angeboten hat. Trotz der vom Kläger bis zum 22.02.2016 gesetzten Frist reagierte die Beklagte nicht. Vielmehr teilte sie mit Schreiben vom 15.02.2016 (Anlage K 3) mit, dass dem Wunsch des Klägers nach Rückgabe des Fahrzeugs nicht entsprochen werden könne, so dass ein weiteres tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB überflüssig war.

D. Zukunftsschäden

Der Feststellungsantrag zu 3 – betreffend mögliche Zukunftsschäden aufgrund– war als unzulässig abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht nicht.

Eine Feststellungsklage, mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden festgestellt werden soll, ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts besteht (OLG Stuttgart NJW 2017, 277). Diese Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht dargetan und auch nicht anzunehmen, wenn wie hier die Rückabwicklung des Kaufvertrages erfolgt. Eine Nachbesteuerung des PKW erscheint derzeit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit.

E. Anwaltskosten

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der mit Klageantrag Ziffer 4 geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 826, 286 BGB besteht teilweise.

Vorgerichtliche Anwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Aufwand, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig und zweckmäßig war. Für die Berechnung kann allerdings lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr ausgehend vom Wert der erfolgreichen Klage zu Grunde gelegt werden. Dies ergibt dann den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag von 1.242,83 EUR, wenn man diesbezüglich bei der Berechnung ausgehend von dem Wert des Erfolges der Klage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde legt.

2. Die Kosten für die Einholung der Deckungszusage, die ebenso mit Klageantrag zu Ziffer 4 geltend gemacht werden, sind nicht ersatzfähig.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - VI ZR 274/10) hat der Anspruchsgegner auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nur solche Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Anspruchstellers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsschutzversicherung unter Beifügung des beabsichtigten Klageentwurfs angeschrieben, woraufhin auch Deckungsschutz bewilligt worden war. Dies stellt das übliche Verfahren und Vorgehen dar, wenn Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich. Vielmehr ist es dem Anspruchsteller selbst zuzumuten, diese selbst anzufordern. Im Übrigen waren die Deckungskosten auch bereits aus den oben erwähnten Verzugsgesichtspunkten nicht erstattungsfähig.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.

Der Streitwert war hinsichtlich des Leistungsantrages zu 1 auf 28.769,12 € festzusetzen. Die Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen des Klägers beeinflussen diesen Wert nicht. Zug-um-Zug-Leistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes grundsätzlich außer Betracht (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2015, AZ: 5 W 14/15, s. Beck-RS 2015, 14467).

Die Feststellung des Annahmeverzuges hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 19.12.2016, AZ: XI ZR 539/15, s. Beck-RS 2016, 115037).

Der Streitwert des Feststellungsantrags zu Ziffer 3 wird auf 5.000,- € geschätzt.

Dementsprechend war der Streitwert auf 33.769,12 € festzusetzen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 167/06 Verkündet am:
26. November 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, kann
vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.
BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2005 und das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als der Zinsanspruch für die Zeit vom 1. März 1991 bis zur Rechtshängigkeit abgewiesen worden ist. Das Urteil des Landgerichts wird wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.559,48 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % vom 1. März 1991 bis 29. August 2003 und von da an in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug tragen der Kläger 1/10 und der Beklagte 9/10. Von den Kosten des dritten Rechtszugs tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte wurde aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG) zur Zahlung von 25.559,48 € an den Kläger verurteilt, der auf § 849 BGB gestützte Zinsanspruch aber abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den abgewiesenen Zinsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter entsprechender Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts dazu, dem Kläger einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % auch für die Zeit zwischen der Überweisung des Einlagebetrags und dem Eintritt der Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, § 849 BGB finde im Streitfall keine Anwendung, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Der Kläger kann für die Zeit zwischen der Überweisung des Geldes auf ein von dem Beklagten angegebenes Konto und der Rechtshängigkeit nach § 849 BGB Zinsen in Höhe von 4 % aus 25.559,48 € auch ohne den konkreten Nachweis des Verlusts von Anlagezinsen verlangen. Der Beklagte hat ihm durch eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG Geld entzogen. Der entzogene Betrag ist vom Zeitpunkt der Entziehung an (1. März 1991) gemäß § 246 BGB mit 4% jährlich zu verzinsen.
4
I. Der Beklagte hat dem Kläger das Geld dadurch, dass er ihn zur Überweisung veranlasst hat, entzogen. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm (OLG München OLGZ 1979, 457; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 849 Rdn. 2; a.A. OLG Karlsruhe WM 2006, 967). § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein (vgl. BGHZ 8, 288, 298; BGH, Urt. v. 15. März 1962 - III ZR 17/61, VersR 1962, 548).
5
Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 41). Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung - etwa eine Drohung oder eine Täuschung - dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen.
6
II. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld (BGHZ 8, 288, 298). § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (a.A. OLG Hamm NZI 2006, 642). Inwieweit der Sachbegriff von § 90 BGB auf Vorschriften außerhalb des dritten Buches des BGB anzuwenden ist, ist jeweils nach dem Sinn und Zweck der einzelnen Vorschriften zu entscheiden (Staudinger/Jickeli/Stiper, BGB [2004] vor § 90 Rdn. 10 und § 90 Rdn. 3; Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB 2. Aufl. § 90 Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 90 Rdn. 4). Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGHZ 87, 38, 41), erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto des Schädigers.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.07.2005 - 10 O 334/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.06.2006 - 8 U 184/05 -

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 167/06 Verkündet am:
26. November 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, kann
vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.
BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2005 und das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als der Zinsanspruch für die Zeit vom 1. März 1991 bis zur Rechtshängigkeit abgewiesen worden ist. Das Urteil des Landgerichts wird wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.559,48 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % vom 1. März 1991 bis 29. August 2003 und von da an in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug tragen der Kläger 1/10 und der Beklagte 9/10. Von den Kosten des dritten Rechtszugs tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte wurde aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG) zur Zahlung von 25.559,48 € an den Kläger verurteilt, der auf § 849 BGB gestützte Zinsanspruch aber abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den abgewiesenen Zinsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter entsprechender Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts dazu, dem Kläger einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % auch für die Zeit zwischen der Überweisung des Einlagebetrags und dem Eintritt der Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, § 849 BGB finde im Streitfall keine Anwendung, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Der Kläger kann für die Zeit zwischen der Überweisung des Geldes auf ein von dem Beklagten angegebenes Konto und der Rechtshängigkeit nach § 849 BGB Zinsen in Höhe von 4 % aus 25.559,48 € auch ohne den konkreten Nachweis des Verlusts von Anlagezinsen verlangen. Der Beklagte hat ihm durch eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslInvestmG Geld entzogen. Der entzogene Betrag ist vom Zeitpunkt der Entziehung an (1. März 1991) gemäß § 246 BGB mit 4% jährlich zu verzinsen.
4
I. Der Beklagte hat dem Kläger das Geld dadurch, dass er ihn zur Überweisung veranlasst hat, entzogen. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm (OLG München OLGZ 1979, 457; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 849 Rdn. 2; a.A. OLG Karlsruhe WM 2006, 967). § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein (vgl. BGHZ 8, 288, 298; BGH, Urt. v. 15. März 1962 - III ZR 17/61, VersR 1962, 548).
5
Eine Beschränkung auf den Verlust einer Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten widerspräche auch dem Normzweck von § 849 BGB. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 41). Der Geschädigte verliert die Sachnutzung gleichermaßen, wenn ihm eine Sache ohne seinen Willen entwendet wird und wenn er durch eine unerlaubte Handlung - etwa eine Drohung oder eine Täuschung - dazu gebracht wird, sie wegzugeben oder darüber zu verfügen.
6
II. Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld (BGHZ 8, 288, 298). § 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (a.A. OLG Hamm NZI 2006, 642). Inwieweit der Sachbegriff von § 90 BGB auf Vorschriften außerhalb des dritten Buches des BGB anzuwenden ist, ist jeweils nach dem Sinn und Zweck der einzelnen Vorschriften zu entscheiden (Staudinger/Jickeli/Stiper, BGB [2004] vor § 90 Rdn. 10 und § 90 Rdn. 3; Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB 2. Aufl. § 90 Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 90 Rdn. 4). Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGHZ 87, 38, 41), erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto des Schädigers.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.07.2005 - 10 O 334/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.06.2006 - 8 U 184/05 -

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.