A. Prozessgeschichte
Am 19.07.2018 hat die Staatsanwaltschaft T., bei Gericht am 25.07.2018 eingegangen, Anklage erhoben gegen die beiden Angeklagten Z. und B. wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Herstellen eines nach dem WaffG verbotenen Gegenstandes in Tateinheit mit Führen eines verbotenen Gegenstandes in Tatmehrheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Umgang mit explositionsgefährlichen Stoffen, betreffend den Angeklagten B. des Weiteren wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes zweier Schußwaffen.
Mit Eröffnungsbeschluss vom 22.10.2018 hat das Landgericht - Jugendkammer - Traunstein dann die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und Termin zur Hauptverhandlung bestimmt auf 27.11.2018 nebst Folgeterminen.
Eine Verständigung hat weder vor noch in der Hauptverhandlung stattgefunden (§§ 202 a, 212, 243 Abs. 4, 257 c, 267 Abs. 3, 273 a Abs. 1 a StPO).
Mit den Verfahrensbeteiligten wurde lediglich gemäß § 257 b StPO der Stand des Verfahrens, insbesondere auch der bereits im Eröffnungsbeschluss erteilte rechtliche Hinweis erörtert.
B. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse der Angeklagten
I. Angeklagter B.
1.) Lebenslauf
a) Der Angeklagte J. F. B. wurde am ...1997 in R. geboren.
Er wuchs bei seiner Mutter (heute ca. 50 Jahre alt, Buchhalterin bei A. in Rosenheim) und seinen Großeltern mütterlicherseits in N. am Inn auf. Insgesamt 17 Verwandte mütterlicherseits wohnen dort auf einem aufgelassenen Bauernhof in mehreren Häusern.
Seine Mutter und der leibliche Vater haben nie zusammen gelebt; insgesamt hatte der Angeklagte B. in seinem Leben ca. 10 mal Kontakt zum leiblichen Vater, davon 6 mal vor Gericht, da dieser zunächst die Vaterschaft nicht anerkannte und nie freiwillig Unterhalt zahlen wollte.
Nach der gerichtlichen Anerkennung der Vaterschaft stiftete der Vater „Unfrieden“, versuchte etwa auch, dass die Mutter das Sorgerecht verliert, weshalb der Angeklagte B. schließlich zu ihm keinerlei Kontakt mehr wünschte.
Der Angeklagte besuchte die 1. - 4. Klasse der Grundschule in B1, eine Zeit, die er als belastend und problematisch bezeichnet, da er sich u.a. von beiden Grundschullehrerinnen gemobbt und immer wieder zu Unrecht als Sündenbock hingestellt fühlte.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten nahm er in der 3. Klasse ca. 10 Termine bei einer Schulpsychologin wahr, wobei nähere Details - da er sich an den Namen nicht mehr erinnern konnte - nicht ermittelt werden konnte.
Die 5. und 6. Klasse absolvierte er dann an der Mittelschule in B1, ehe er aufgrund des Schulsprengels die 7. und 8. Klasse des M-Zweiges der Mittelschule in K2 besuchte, wo er sich sehr wohl fühlte und insgesamt von positiven Erinnerungen sprach. In der Folge wurde die Klasse erneut aufgeteilt, weshalb er sich in der 9. und 10. Klasse wieder an der Mittelschule B1 befand, wo er zunächst im Juli 2013 den qualifizierenden Hauptschulabschluss mit einem Durchschnitt von 2,2 erlangte, 2014 die Schule dann mit dem Realschlussabschluss und einen mit Notendurchschnitt von 2,1 verließ.
In der Folgezeit absolvierte er von September 2014 bis Juli 2015 das BGJ für Schreiner der Berufsschule in R. und begann dann das erste Ausbildungsjahr in der Schreinerei L. in Fl. Ende November 2015 brach er die Lehre dort jedoch ab, da es sowohl verbal wie körperlich (leichte Schläge gegen den Kopf) zu Übergriffigkeiten des Chefs gekommen sein soll, setzte die Ausbildung aber nahtlos in der Schreinerei D. in W1 fort. Mit dem dortigen Chef kam er sehr gut zurecht, die Ausbildung machte ihm insgesamt sehr viel Spaß. Im 3. Lehrjahr verletzte er sich am 25.04.2017 in der Arbeit am Gelenk des linken Zeigefingers, eine Versteifung oder Amputation stand im Raum, ehe Mitte 2017 ein künstliches Gelenk eingesetzt werden konnte. Der Heilungsprozess verlief schleppend. Im November 2017 war der Beginn einer Wiedereingliederung geplant, ein Plan der dadurch zunichte gemacht wurde, dass er sich kurz zuvor das Sprunggelenk brach. Nach erneuter Arbeitsunfähigkeit begann er im März 2018 eine Wiedereingliederung, die jedoch Anfang April 2018 wegen des Bruches der Stellschraube im Fußgelenk abgebrochen und dann in der Folge der Inhaftierung im gegenständlichen Verfahren beendet werden musste.
Da er zweimal die Prüfung nicht ablegte, müsste er grundsätzlich die beiden praktischen Ausbildungsjahre wiederholen, um die Ausbildung erfolgreich abschließen zu können, jedoch hat sich sein Chef für ihn eingesetzt und mitgeteilt, dass er 2019, sofern er aus der Haft entlassen werde, seine Prüfungen doch ablegen könne.
Nach dem Arbeitsunfall am 25.04.2017 bekam der Angeklagte B. ab Juli 2017 Krankengeld in Höhe von 450,- Euro (80 % der letzten Ausbildungsvergütung) bewilligt und bis März 2018 ausbezahlt.
b) Der Angeklagte B. hat vor der Inhaftierung in dem genannten Anwesen in N. am Inn gelebt, und im dortigen Zuhaus, wo auch die Mutter wohnte, ein eigenes Zimmer zur Verfügung gehabt.
Langfristig beabsichtigt er, in diesem Zuhaus eine eigene Wohnung für sich aus- bzw. umzubauen.
Zu seinen Zukunftsvorstellungen gehört auch, dass er gerne seine Ausbildung zum Schreiner beenden und nach der Erlangung des Meisters eine eigene Werkstatt eröffnen würde.
Alternativ kann er sich auch eine Ausbildung zum Rettungssanitäter vorstellen, da er sehr gerne anderen Menschen hilft und zukünftig eine berufliche Laufbahn bei der Berufsfeuerwehr anstrebt.
In seiner Freizeit war bereits in der Vergangenheit für ihn die Feuerwehr „sein ein und alles“ er hat dort fast seine gesamte Freizeit verbracht, viele Einsätze mitgemacht und immer gerne mitgeholfen. Daneben ist der Angeklagte B. im Schützenverein und hat über die Musikkapelle einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, wenn er auch selbst das Musizieren aufgrund der genannten Verletzung seines linken Zeigefingers hat aufgeben müssen.
Vor zwei Jahren war der Angeklagte B. mit einer damals 17-Jährigen zusammen, war auch mit ihr intim. Das Mädchen hat ihn dann aber „mit einem Ausländer beschissen“, was ihn sehr verärgerte.
Der Angeklagte B. hat vor allem zu seiner Mutter ein sehr enges emotionales Verhältnis.
Auch zu seiner Großmutter hatte er ein solches Verhältnis; diese ist jedoch im Sommer 2017 gestorben, was ihn nach eigenen Angaben „sehr aus der Bahn geworfen hat“.
Den Mitangeklagten Z., den er seit 2017 von der Feuerwehr her kennt, hat ihn teilweise „auch gegen seine Familie“ beeinflusst, weshalb er sich unmittelbar vor Beginn der verfahrensgegenständlichen Straftaten auch ein bisschen von der Familie distanziert hatte, ein Umstand, der sich nun aber wieder geändert hat. Er ist jetzt sogar wieder bereit, Vorschläge der Mutter - etwa betreffend den Beginn einer Therapie, die diese nach dem Tod der Großmutter anregte - wieder anzunehmen.
Der Angeklagte gibt außer den oben genannten Verletzungen (linker Zeigefinger, Sprunggelenk) keine gravierenden Vorerkrankungen an.
Nach dem Tod der Großmutter und im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Straftaten beschreibt er, öfters einen Nervenzusammenbruch und depressive Phasen gehabt zu haben, weswegen er auch während der Untersuchungshaft immer wieder Gespräche mit der Psychologin/dem Psychologen in der JVA suchte.
Er war aber in seinem Leben - mit Ausnahme der jugendpsychologischen Behandlung im Grundschulalter - bisher nie in ambulanter oder stationärer psychiatrischer, psychotherapeutischer oder suchtmedizinischer Behandlung befunden.
Drogen hat er auch noch nie konsumiert. Alkohol hat er - bevor sich die Freundschaft zu Z. intensivierte - am Wochenende getrunken, zwischen 1-2 Halbe Bier. Nachdem die Freundschaft zu Z. enger wurde, hat sich sein Alkoholkonsum gesteigert, er hat regelmäßig getrunken auch Schnaps, aber nicht täglich. Beim Zugangsgespräch in der JVA T. am 11.05.2018 verneinte der Angeklagte B. das Bestehen einer Suchtproblematik
Mit der Mutter, die ihn während der Haftzeit regelmäßig besucht hat (ebenso wie andere Verwandte), hat er über die Straftat und die Umstände, die zu diesem Fehlverhalten geführt haben, gesprochen; seine Familienangehörigen haben ihm jede mögliche Unterstützung für die Zeit nach der Haft zugesagt.
c) Seit Beginn der Schulzeit fühlte der Angeklagte B. sich zurückgesetzt, kam sich „immer schon verarscht“ vor - auch von Mädchen - und „war für jeden der Trottel“.
Er entwickelte dann über die Jahre immer mehr Wut, wollte sich nicht mehr alles gefallen lassen. Ab seinem 14. Lebensjahr hörte er viele alte Soldatenlieder, später auch rechtsradikale Lieder, erst mit traurigem Inhalt.
Mit 15 Jahren wollte er dann zur Fremdenlegion, was ihm aber die Mutter verbat.
Während der Berufsschulzeit, wo er eigentlich auch immer alleine war, sagten einmal zwei Jungs zu ihm: „Wir Deutschen müssen zusammenhalten!“. Das war der Moment, wo sich der Angeklagte B. erstmals mit rechtsradikalem Gedankengut beschäftigte. Er hatte zunehmend Sehnsucht, wie ein Soldat „zu fallen“.
2.) Vorstrafen
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Angeklagte B. bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
3.) Haftdaten und Haftsituation
Der Angeklagte B. wurde am 11.04.2018 vorläufig festgenommen und befindet sich seit 12.04.2018 ununterbrochen in Untersuchungshaft, bis 08.05.2018 in der JVA M1 am Inn, seit dem in der JVA T. aufgrund des Haftbefehles des Amtsgerichts Rosenheim vom 12.04.2018 (Az.: I Gs 660/18).
Durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 15.10.2018 hat das Oberlandesgericht München die Haftfortdauer über 6 Monate hinaus angeordnet.
Zur Haftsituation war festzustellen, dass der Angeklagte nicht zur Arbeit eingeteilt werden konnte, es während der Haft keinerlei Grund zur Beanstandung gab.
Aus der Haft heraus hat der Angeklagte B. sich dazu entschlossen, Antiradikalisierungsmaßnahmen durchzuführen und zu diesem Zweck seit 14.06.2018 eine Kontaktaufnahme zu Aussteigeprogrammen aus der rechtsextremen Szene betrieben. Trotzdem ist aus Sicht der JVA betreffend seine Einstellung zu den gegenständlichen Taten keine Reue erkennbar, er halte sich für unschuldig.
Er stand während der Inhaftierung in regelmäßigem Kontakt mit dem anstaltsinternen Psychologischen Dienst aufgrund seines psychisch labilen Zustandes, welcher sich in Form von Depressivität ausdrückte und durch suizidale Äußerungen des Delinquenten in Briefen und Aussagen maifestiert wurde. Daher wurde zur Suizidprävention eine gemeinschaftliche Unterbringung vorgenommen. Der Gemeinschaftsvermerk wurde am 11.10.2018 aufgehoben, nachdem sich seit Anfang August 2018 eine zunehmende Verbesserung der depressiven Symptomatik beim Angeklagten B. feststellen ließ. Kontakt zum anstaltsinternen Psychologischen Dienst besteht aber weiterhin intensiv.
Auch während der Haft hat der Angeklagte soziale Kontakte unterhalten, v.a. zu Familienangehörigen, insbesondere der Mutter, Onkel und Tante, aber auch Bekannten, die ihn regelmäßig besuchen und zu denen er regen Briefkontakt unterhält.
II. Angeklagter Z.
1.) Lebenslauf
a) Der Angeklagte A. F1 Z. wurde am 22.06.1994 in R. geboren.
Sein Vater ist etwa 50 Jahre alt, Frührentner und Gelegenheitsarbeiter; zu ihm hat der Angeklagte Z. seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr.
Seine heute 57-jährige Mutter hat früher in einer Großküche gearbeitet, ist jetzt wegen Nieren- und Blasentumors krankgeschrieben.
Die Eltern sind seit 2002 geschieden, das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seiner Mutter ist gut.
Er hat noch einen älteren, 34-jährigen Halbbruder, der Gemeindearbeiter ist. Zu einer 7-jährigen Halbschwester aus einer neuen Beziehung des Vaters hat er keinen Kontakt.
Der Angeklagte Z. ist in der Nähe von B aufgewachsen; er zog im letzten Jahr - wieder - nach N. am Inn.
Betreffend die schulische Entwicklung des Angeklagten Z. war festzustellen, dass er von 2000 bis 2007 die örtliche Grund- und Hauptschule in B1 besuchte, dann von 2007 bis 2009 eine Praxisschule in F. (Nähe R.), wobei es sich um eine Art Förderklasse handelte.
2009 beendete er schließlich die Schule mit dem normalen Hauptschulabschluss.
Die 3. und 7. Klasse musste der Angeklagte wiederholen, auch wegen der nachfolgend geschilderten Erkrankungen.
Von 2010 bis 2013 machte er in der Reha-Klinik für Asthmakranke eine Ausbildung zum Metallfachwerker, arbeitete dann ab 2013 in N. am Inn für etwa zwei Jahre in der Altenpflege, wobei er angab, sich diese Tätigkeit im Pflegebereich auch zukünftig vorstellen zu können.
2015 zog er mit seiner damaligen Freundin nach B, wo er eine Ausbildung als Spengler und Dachdecker begann, diese jedoch nicht abschloss. Er hatte einen Arbeitsunfall und in der Folge gab es Streitereien am Arbeitsplatz.
Ab Februar 2018 hat der Angeklagte Z. bei der Fa. R3 Regale eingeräumt, ehe er dann im April 2018 in gegenständlicher Sache inhaftiert wurde. Zuletzt verdiente er ca. ...,- Euro netto pro Monat.
Der Angeklagte Z. gab an, am liebsten eine Umschulung als Rettungsdiensthelfer machen zu wollen.
Seit Februar 2018 hat der Angeklagte eine neue Freundin, welche als Altenpflegerin arbeitet und eine kleine Tochter mit in die Beziehung gebracht hat (vier Jahre alt). Die Beziehung beschreibt er als gut.
Ausgeprägte Hobbys hat der Angeklagte nicht; Sport macht er nicht gerne, er ist mit seinem Leben im Großen und Ganzen zufrieden.
Er ist jedoch ebenso wie der Mitangeklagte B. bei der Feuerwehr, von dort kennen sich die beiden auch seit 2017. Zwischen ihnen entwickelte sich eine Freundschaft, Z. war oft bei B. zu Besuch, man trank und diskutierte viel, vor allem auch über das Thema „Ausländer und Flüchtlinge“.
b) Zu seiner gesundheitlichen Situation war festzustellen, dass der Angeklagte Z. langjährig an Asthma und Neurodermitis leidet, bereits seit den Kindertagen. Wegen des Asthmas muss er auch regelmäßig ein Asthmaspray (Borotek) nehmen.
Als Jugendlicher litt er unter Stimmungsschwankungen, war leicht reizbar und gelegentlich aggressiv. Ihm wurde deshalb das Antidepressivum Citalopram (20 mg) verordnet, das er auch bis zur Inhaftierung einnahm; während der Untersuchungshaft kam es zu einer kurzzeitigen Umstellung der Medikation, die ihm nicht gut bekam; nunmehr nimmt der Angeklagte Z. wieder Citalopram.
Ab 2012 war er für die Dauer von etwa drei Jahren ein- bis zweimal in der Woche bei einem Psychologen in Behandlung; die Medikamente waren ihm von einem Psychiater in F1 verschrieben worden, er wurde dann von einem Hausarzt weiterbehandelt.
Im Alter von 10 bis 13 Jahren hat er sich in der H2 Klinik R. in ambulanter Behandlung befunden, weil er in der Schule betreffend die Aufmerksamkeit Probleme hatte; die Verdachtsdiagnose eines ADHS hat sich aber in der Therapie nicht bestätigt, auch musste er keine Psychostimulanzien oder andere Medikamente nehmen.
In der 3. Klasse hatte er einen Radunfall und war lange krank, weshalb er diese Klasse - wie bereits oben erwähnt - wiederholen musste.
In der Schulzeit wurde er gelegentlich gemobbt, vor allem wegen seiner Neurodermitis; so hat etwa die Lehrerin in der 1. Klasse gesagt, dass die anderen Kinder nicht mit ihm spielen sollten, weshalb er auch depressiv und unglücklich gewesen war.
Im Alter von 14 bis 16 Jahren hat der Angeklagte Z. nach seinen eigenen Angaben „viel Schmarrn gemacht“, war im falschen Freundeskreis und hat auch öfters zuviel Alkohol getrunken, weshalb es zu den nachbenannten Verurteilungen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung kam.
Zwischenzeitlich ist Alkohol für ihn jedoch kein Problem mehr gewesen, er hat nur am Wochenende manchmal „ein paar Bier“ getrunken; er hat nie so werden wollen wie sein Vater, der Alkoholiker ist.
Drogen hat der Angeklagte Z. nach eigenen Angaben nie konsumiert und sich deshalb auch nie in einer ambulanten oder stationären suchtmedizinischen Behandlung befunden.
Gravierende organische Vorerkrankungen hat der Angeklagte Z. nicht.
c) Eine rechtsextreme Gesinnung hat der Angeklagte Z. Ende 2015 im Zuge der „Flüchtlingskrise“ entwickelt. Er hing ab dieser Zeit rechtsradikalen Gedanken nach und schaukelte sich in seiner negativen Einstellung gegenüber Ausländern und Flüchtlingen gemeinsam mit dem Mitangeklagten B. „immer weiter hoch“.
2.) Vorstrafen
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Angeklagte Z. bisher wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
09.02.2018, Amtsgericht Rosenheim - 7 Cs 440 Js 3605/18
rechtskräftig seit 16.03.2018
Tatbezeichnung: Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 12.01.2018
angewendete Vorschriften: StGB §§ 242 Abs. 1, 73 c
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,- Euro
Verfall oder Einziehung von Taterträgen
Diese Geldstrafe wurde in Unterbrechung der gegenständlichen Untersuchungshaft vom 23.04.2018-23.06.2018 als Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt.
3.) Haftdaten und Haftsituation
Der Angeklagte Z. wurde am 11.04.2018 vorläufig festgenommen und befindet sich seit 12.04.2018 in Untersuchungshaft in der JVA Bad R2 aufgrund des Haftbefehles des Amtsgerichts Rosenheim vom 12.04.2018 (Az.: I Gs 659/18) bis 23.04.2018; im Zeitraum 23.04.2018 bis 23.06.2018 hat er eine Ersatzfreiheitsstrafe (betr. Verfahren 440 Js 3605/18) verbüßt, anschließend wurde die Untersuchungshaft ab 23.06.2018 weiter vollzogen.
Zur Haftsituation für den Angeklagten Z. war festzustellen, dass er bereits beim Zugangsgespräch am 12.04.2018 angab, seit mehreren Jahren an Depressionen zu leiden und insoweit auch medikamentös behandelt zu werden; seine Depressionen und Suizidgedanken haben sich dann während der Haft verstärkt.
Deswegen wurde am 20.06.2018, im Hinblick auf die auch gegenüber JVA-Bediensteten geäußerten Suizidgedanken und das starke Zurückziehen des Angeklagten Z. in der JVA, ein Gespräch mit der Psychologin Dr. E.-B3 geführt, bei welchem festgestellt wurde, dass der Angeklagte Z. mit der Haftsituation insgesamt nicht zurechtkommt, was seine bereits vor Inhaftierung bestehenden Depressionen und Suizidgedanken verstärkt hat. Zudem hat der Angeklagte Unmut über den Umstand, dass er eine Ersatzfreiheitsstrafe „absitzen“ musste und die „Affen der Anstalt“ das einfach über ihn bestimmt und beschlossen hätten, sowie darüber, dass Mitgefangene während der übertragenen Fußball-WM-Spiele zu laut gewesen seien, geäußert. Auch auf Erläuterung der rechtlichen Gegebenheiten betreffend die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe und die tatsächlich begrenzten Möglichkeiten der JVA-Bediensteten, für absolute Ruhe im Gefängnis zu sorgen, zeigte der Angeklagte wenig Einsicht, sprang wutentbrannt vom Stuhl auf und fauchte im Gehen noch „das Gespräch ist beendet“. In der Folge knallte er die Sprechzimmertüre zu und schmiss dann in der Küche noch einen Gegenstand herunter. Der weitere Versuch, mit ihm ein Gespräch zu führen und die Dinge zu klären, war nicht möglich, da der Angeklagte Z. ein weiteres Gespräch verweigerte.
Im Hinblick auf die, nach dem Gespräch vom 20.06.2018 bestehende akute Selbst- und Fremdgefährdung wurde der Angeklagte Z. für eine Nacht und einen Tag in die Beruhigungszelle verbracht, anschließend zur besseren Überwachung für zwei Wochen in einer Gemeinschaftszelle untergebracht, ehe er wieder in einer Einzelzelle untergebracht werden konnte. Der Angeklagte Z. hat in der JVA einen Hausarbeiterposten inne, den er auch aufgrund der Geschehnisse vom 20.06.2018 nicht verlor.
Seit diesem Zeitpunkt hat es keinerlei Beanstandungen und Auffälligkeiten mehr gegeben.
C. Festgestellter Sachverhalt:
I. Vorgeschichte:
Der Angeklagte B. interessierte sich ab mindestens November 2013 intensiv für rechtslastiges und ausländerfeindliches Gedankengut, was dazu führte, dass auf seinem Handy und seinem Laptop sowie PC eine Vielzahl von Bilddateien, Videos und Dokumenten gespeichert waren, welche den Nationalsozialismus verherrlichende bzw. verharmlosende Inhalte hatten sowie einen Bezug zu Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden dahingehend aufwiesen, dass mit diesen wie mit Opfern des Nationalsozialismus umzugehen sei.
Zudem war der Angeklagte ab 25.04.2017, dem Tag, an dem er eine schwere Verletzung des Zeigefingers erlitt, in der Folge mehrere Operationen über sich ergehen lassen musste und, nachdem diese Verletzung weitgehend ausgeheilt war, im November 2017 eine Sprunggelenksverletzung erlitt, woraufhin er erneut arbeitsunfähig war, erheblich frustriert. Dies führte dazu, dass er viel alleine zu Hause und sich selbst überlassen war, was die bei ihm seit Kindertagen bestehende Selbstwertkrise erheblich verstärkte.
Im Jahr 2017 hatte er über die Freiwillige Feuerwehr den Mitangeklagten Z. kennengelernt. Nachdem dieser sein Moped - er konnte es aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr nutzen - gekauft hatte, entwickelte sich eine Freundschaft zwischen beiden. Z. besuchte häufig B., es wurde „viel über Ausländer diskutiert“. Thema war vor allem immer wieder, dass nach Meinung der beiden Angeklagten Ausländer massive Straftaten begingen, ohne von staatlicher oder öffentlicher Seite dafür belangt zu werden.
Anfang 2018 haben sich beide Angeklagte dann „oft getroffen und gut gesoffen“ und schließlich beschlossen, dass man ein Zeichen setzen müsse.
II. Eigentliches Tatgeschehen:
1.) Tat vom 02.02.2018:
Am Freitag, den 02.02.2018 verabredeten sich beide Angeklagte über Whats-App auf „8 e“ (mutmaßlich 20.00 Uhr).
Sie trafen sich dann tatsächlich im Anwesen des Angeklagten B., W1.weg 1 in N. am Inn.
Nachdem sie miteinander jeweils etwa 5-6 Halbe Bier und auch ein bis zwei Schnäpse getrunken hatten, kamen sie überein, auf die Hauswand des etwa 70 Meter entfernt liegenden Asylbewerberwohnheims im H.weg 7 in N. am Inn ein Hakenkreuz zu sprühen.
Zu diesem Zweck nahmen sie eine in der Werkstatt des Onkels des Angeklagten B. befindliche Sprühdose mit schwarzer Farbe mit und begaben sich nicht über den direkten, kurzen Weg (ca. 70 Meter), sondern über das Sägewerk und den W2.weg entlang dem St3bach, einer Wegstrecke von ca. 700 Metern, zu dem Asylbewerberwohnheim.
Nachdem der Angeklagte Z. nachgeschaut hatte, ob im Bereich des Einganges Personen anwesend waren, was nicht der Fall war, stieg er - B. konnte dies aufgrund seiner Fußverletzung nicht - vereinbarungsgemäß und entsprechend vorheriger Absprache mit B. über den Zaun, begab sich zur nördlichen Wand des Asylbewerberwohnheimes und sprühte mit der mitgeführten Farbspraydose ein Hakenkreuz in der Größe von etwa einem Quadratmeter auf die Außenwand, so dass es, wie von beiden beabsichtigt, für die Öffentlichkeit mehrere Tage lang wahrnehmbar war.
Die Angeklagten B. und Z. wussten dabei, dass es sich bei dem Hakenkreuz um das zentrale Kennzeichen und Propagandamittel der verbotenen NSDAP handelte.
Wie von ihnen zudem zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen wurde dadurch die Hausfassade auch beschädigt und musste zur Entfernung des Hakenkreuzes mehrfach überstrichen werden. Dadurch entstand an der Hausfassade ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100,- Euro, wie für beide Angeklagte ebenfalls zumindest billigend in Kauf genommen.
Die Staatsanwaltschaft bejaht - soweit erforderlich - insoweit das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen.
2.) a) Chat-Verlauf zwischen den Angeklagten:
Nach dieser Tat fand zwischen dem Angeklagten B. und dem Angeklagten Z. ein regelmäßiger und reger Chat-Verlauf statt, in dem sich beide gegenseitig bestärkten und zu weiteren Aktionen „animierten“.
So schrieb etwa B. am 03.02.2018 um 11.05 Uhr - in Kommentierung der Tat vom 02.02.2018 - an Z.:
„Iaz kimmd Bewegung auf im negerstall. De Gutmenschen han ummadum wia aufgscheichde wepsn“; versehen war dieser Kommentar mit Smiley Emoticons.
Z. antwortet darauf ebenfalls mit Smiley Emoticons und einem erhobenen Daumen:
„basd eh“
Auch am Abend des 03.02.2018, gegen 20.00 Uhr, thematisieren beide Angeklagten die Aktion vom 02.02.2018 erneut per Whats-App-Chat.
Z. schreibt: „Der Anschlag“, mit Emoticon.
B. reagiert darauf: „Des head se so sche brutal u“, mit erhobenem Daumen.
Z. antwortet daraufhin B.: „Und des muas vui brudaler wem“, eine Ansicht, die B. seinerseits wieder mit „Scho“, also zustimmend kommentiert.
Wenig später schickt er an Z. per Whats-App eine Bildnachricht, einen Karton mit 50 Knallpatronen.
Am 06.02.2018 findet sich ein weiterer, vergleichbarer Chat-Verlauf:
Es wird zunächst auf einen, in RO24 befindlichen Artikel über die Hakenkreuzschmiererei an der Asylunterkunft in der Whats-App-Gruppe der Freiwilligen Feuerwehr Bezug genommen.
B. zitiert hieraus: „von einer ausländerfeindlichen Tat ist auszugehen“, eine Nachricht die er mit vier Smiley Emoticons versieht.
Z. verwendet ebenfalls vier Smiley Emoticons und den Kommentar „ups“, woraufhin B. feststellt: „I dad Song des is a ganz normale Reaktion auf de niggerschweine“, ein Kommentar, dem Z. seinerseits zustimmt.
Etwas später am Abend schreibt B. nochmals an Z.: „Sui ma uns steigern?“, mit Emoticon, ein Vorschlag, auf den Z. mit einem Smiley Emoticon und erhobenem Daumen reagiert.
Auch in der Folgezeit findet ein weiterer regelmäßiger Chat-Verlauf statt; die Whats-App Kommunikation zwischen den beiden Angeklagten wird häufig, so etwa auch am 16.02.2018, mit der Grußformel „Heil“ bzw. „Heil Kamerad“ begonnen und beendet.
Zudem werden etwa am 08.02.2018 von Z. an B. erkennbar rassistische Bilder gesendet: Beispielsweise ein Bild mit dem Gesicht von Adolf Hitler, in Großbuchstaben steht geschrieben: „Zyklon B“ und darunter „einfach atemberaubend“ und ein Bild einer „Zyklon B Dose“ mit dem Zusatz „Over 6 Million satisfied customers“ (über 6 Millionen zufriedene Kunden), „Giftgas“ und darunter der Vermerk „Kanakenkiller“.
Am 14.03.2018 sendet B. an Z. ein Bild aus „rassistische Witze.com“, auf dem mehrere Soldaten mit Maschinengewehren abgebildet sind und zu lesen ist: „Die Menschen an der Oder begrüßen die Flüchtlinge nach alter Tradition“.
Am 21.02.2018 schrieb B. per Whats-App an Z.:
„De naxde Aktion is scho in Bearbeitung“, versehen mit einem erhobenen Daumen und einem Bild mit unkonventioneller Spreng- oder Brandvorrichtung.
Am 23.02.2018 schickt B. dann an Z. ein Bild von mehreren ausgedruckten Farbfotos per Whats-App, auf welchen die Asylbewerberunterkunft in N. an Inn sowie ein Luftbilder der Örtlichkeit zu sehen sind mit dem Kommentar: „Zua bessan einsatzplanung“. Dazu schreibt Z.: „Mia werds heid Ned ausgeh“, versehen mit einem traurigen Emoticon.
Am 17.03.2018 ergibt sich dann aus dem Chat-Verlauf aber eine Verabredung auf „8“ (vermutlich 20.00 Uhr).
b) Tat vom 17.03.2018:
Entsprechend der zuvor per Whats-App getroffenen Verabredung trafen sich die Angeklagten dann am Samstag, dem 17.03.2018, erneut in der Bar des Angeklagten B., wo wiederum Bier in nicht genau bekannter Menge (glaublich je 5-7 Halbe Bier) gemeinsam konsumiert und diskutiert wurde, vor allem über Ausländer und Flüchtlinge. Z. erzählte von seiner Ausbildung als Rettungsassistent und, dass er mitbekommen habe, dass viele junge Mädchen von Asylbewerbern vergewaltigt würden. Es fand ein gegenseitiges Auf- und Hochschaukeln der beiden Angeklagten dahingehend stattfand, dass man etwas unternehmen müsse, da in ihnen wieder Wut und Zorn auf die Flüchtlinge und Asylbewerber aufstieg.
Sie kamen daher überein, dass man einen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft machen müsse.
Beide Angeklagten suchten sodann in der Bar bzw. der Werkstatt des Angeklagten B. und seines Onkels vorhandene Materialien, konkret zwei Bügelverschlussflaschen mit einem Volumen von jeweils 0,5 Litern, und zwei Seenothandfackeln zusammen. Diese befestigten sie zunächst mit Panzertape an den Flaschen und stellten so einen kompakten Brandsatz her. Die Flaschen befüllten sie sodann gemeinsam in der Werkstatt des Onkels des Angeklagten B. mit Benzin bzw. einem Benzin-Diesel oder Zweitakt-Gemisch. Damit waren die Brandsätze „geladen“.
Entsprechend dem zuvor gemeinsam gefassten Tatplan begaben sie sich gegen 22.00 Uhr auf demselben (langen) Weg wie am 02.02.2018 zu dem Grundstück, das auf der Rückseite der Garagen des Asylbewerberwohnheimes im H.weg 7 in N. am Inn liegt.
Hinter den dort befindlichen Gitterboxen versteckten sie sich zunächst und beobachteten, ob sich Personen auf dem Vorplatz des Asylbewerberheimes aufhielten.
Nachdem dies nicht der Fall war, stieg der Angeklagte B. über den Zaun und begab sich zu einer Baumgruppe neben der Garagenwand, wo er teilweise den Vorplatz des Asylbewerberwohnheimes einsehen konnte. Der Angeklagte Z. blieb demgegenüber hinter dem Zaun und damit hinter den Garagen stehen.
Von ihrer jeweiligen Position, aus einer Entfernung von je ca. 25 Meter zur nordöstlichen Seite des Asylbewerberwohnheimes, an der sich auch zu jedem Zimmer ein Holzbalkon befindet, zündeten beide Angeklagten die an ihrem „Molotow-Cocktail“ befindliche Seenothandfackel und warfen die Brandsätze in Richtung des Vorplatzes/Eingangsbereiches auf der nordöstlichen Seite des Asylbewerberwohnheimes.
Die Angeklagten wussten, dass das Heim von einer Vielzahl von Menschen bewohnt war.
Tatsächlich war es im Tatzeitraum mit 32 Personen belegt und zur Tatzeit hielten sich dort tatsächlich 25 Personen auf.
Beide Angeklagten trafen keinerlei Schutzvorkehrungen, sondern warfen die Brandsätze - wie festgestellt - in Richtung der Asylbewerberunterkunft, drehten sich sofort um und flüchteten, ohne sich um den weiteren Brandverlauf zu kümmern. Vielmehr überließen sie die weiteren Folgen sozusagen dem Schicksal und Zufall.
Einer der beiden geworfenen Molotow-Cocktails traf das Kiesbett unterhalb des Balkones des von der Zeugin E1 J1 im Erdgeschoss bzw. Halbparterre bewohnten Zimmers. Der zweite Brandsatz traf ca. ein Meter davon entfernt auf dem Gehweg zum Haupteingang der Asylbewerberunterkunft auf.
Beide Glasflaschen zerschellten. Die in den Flaschen befindliche Flüssigkeit in Form von Benzin bzw. einem Benzin-Diesel- oder Zweitakt-Gemisch trat aus und spritzte teilweise an Hauswand und Fenster. Aufgrund der mit über 1.000 Grad brennenden Seenothandfackeln geriet die Flüssigkeit in Brand, es entstand eine ein bis zwei Meter hohe Stichflamme und in der Folge traten an der Hausfassade und dem Boden Verrußungen auf.
Der Angeklagte B. rechnete ebenso wie der Angeklagte Z. damit und nahm billigend in Kauf, dass dadurch wesentliche Gebäudeteile der Asylbewerberunterkunft hätten in Brand geraten können.
Tatsächlich fingen aber weder der Holzbalkon noch ein anderer wesentlicher Gebäudeteil Feuer und es wurde auch niemand der zum Tatzeitpunkt in der Asylbewerberunterkunft anwesenden 25 Personen verletzt.
Des Weiteren war beiden Angeklagten bekannt, dass sie nicht die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis für das Herstellen und Führen eines verbotenen brandgefährlichen Gegenstandes, als welcher die beiden von ihnen hergestellten und geführten Molotow-Cocktails anzusehen sind, hatten.
Auch nach dieser Tat fand zwischen den Angeklagten B. und Z. weiterhin ein regelmäßiger und reger Chat-Verlauf statt, dessen Inhalt dem unter Ziffer 2.) a) geschilderten entspricht. Am 20.03.2018 sendet B. an Z. zum Beispiel ein Bild mit den Worten: „Unsere letzte Hoffnung: Hitler“.
3.) Tat vom 02.04.2018:
Auch nach dieser Tat trafen sich beide Angeklagten weiterhin, tranken viel und diskutierten über die angeblichen Straftaten der Asylbewerber.
Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 02.04.2018 bereitete der Angeklagte B. einen Sprengsatz in der Form vor, dass er von einer handelsüblichen, frei verkäuflichen Silvesterrakete die Trägerteile (Leitstab und Hülle) abbaute, so dass nur noch der Treibsatz nebst Effektladung übrig blieben.
Am Montag, dem 02.04.2018, traf er sich dann in den Abendstunden mit Z..
Beide kamen überein, erneut gegen das Asylbewerberwohnheim im H.weg 7 in N. am Inn vorzugehen.
Zu diesem Zweck holten sie ein ca. 1,2 Meter langes Metallrohr aus der Werkstatt auf dem Anwesen des Angeklagten B. und begaben sich mit dem von B. zuvor gefertigten Sprengsatz sowie dem Metallrohr auf das an das Asylbewerberwohnheim angrenzende Nachbargrundstück.
Vorgefasster Absicht entsprechend schulterte B. dort das Metallrohr, welches als Abschuss- und Zielrohr dienen sollte, während Z. die umgebaute Rakete in das Rohr steckte und anzündete.
Der Angeklagte B. hat nicht widerlegbar das zunächst auf die Asylbewerberunterkunft gerichtete Rohr im letzten Moment nach links gezogen, so dass der Sprengsatz im südlichen Teil des Gartens der Asylbewerberunterkunft landete, ohne dass Personen oder Sachen beschädigt worden wären.
Die Angeklagten B. und Z. wussten, dass sie nicht die erforderliche sprengstoffrechtliche Erlaubnis für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen besaßen.
4.) Tat vom 11.04.2018:
Anlässlich der Wohnungsdurchsuchung beim Angeklagten B. übte dieser am 11.04.2018 gegen 06.00 Uhr im W1.weg 1 in N. am Inn die tatsächliche Gewalt über eine aufgebohrte Schreckschusswaffe, die nicht das erforderliche Zulassungszeichen nach Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1.3 zum WaffenG (PTB-Zeichen im Kreis) trug, aus.
Des Weiteren übte er, ebenfalls ohne die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis, die tatsächliche Gewalt über ein funktions- und schussfähiges Repetiergewehr Karabiner 98 K aus.
5.) Bei allen Taten waren die beiden Angeklagten in ihrer Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit weder erheblich vermindert noch gar aufgehoben, allerdings nicht ausschließbar alkoholbedingt enthemmt.
Auch haben sich keinerlei Anknüpfungstatsachen für die Annahme einer psychiatrischen Erkrankung im engeren Sinne bei B. und Z. ergeben.
III. Nachtatverhalten:
1.) Der Angeklagte B. hat am 25.09.2018 ein Entschuldigungsschreiben an Frau P., Vorsitzende des Asylhelferkreises der Gemeinde N. am Inn, sowie am gleichen Tage ein weiteres Entschuldigungsschreiben an den Bürgermeister der Gemeinde N. am Inn, Herrn O., verfasst. Am 24.10.2018 richtete er schließlich ein Entschuldigungsschreiben an Herrn K4, welcher am 17.03.2018 in der Asylbewerberunterkunft in N. am Inn war.
Ebenso kam es zur Einleitung eines Schlichtungsverfahrens zwischen dem Angeklagten B., der Gemeinde N. am Inn bzw. Herrn Ki4, welches zwar aussichtsreich war, bisher aber noch nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte, weil es u.a. an der Zuordnung von Schadenspositionen etc. fehlte.
Im Rahmen der Hauptverhandlung betonte der Angeklagte B. mehrfach, dass ihm die Taten leid tun und er sich dafür schämt. Auch entschuldigte er sich persönlich bei der Zeugin E1 J1, die die Entschuldigung zwar schließlich annahm und äußerte, dem Angeklagten B. zu verzeihen, die aber auch betonte, dass sie nach wie vor Angst habe, gerne den Grund für den Übergriff verstehen wolle und befürchte, dass wieder etwas passieren könnte; auch wies sie darauf hin, dass eine Entschuldigung für die anderen betroffenen Bewohner der Asylunterkunft aussteht.
Im letzten Wort entschuldigte sich der Angeklagte B. nochmals, zeigte Einsicht und Reue und bot an, etwas für die Flüchtlinge tun zu wollen; er habe zwar kein Geld, könne aber durch Arbeits- und Fahrleistungen helfen.
2.) Der Angeklagte Z. hat unter dem 22.08.2018 an Frau P. ebenfalls ein Entschuldigungsschreiben verfasst, die ihm darauf antwortete und äußerte, dass sie eine persönliche Entschuldigung des Angeklagten bei den Bewohnern des Asylbewerberheimes begrüßen, allerdings nur mit „Profis“ für sinnvoll erachten würde, was Z. erneut zum Anlass nahm, ihr unter dem 08.10.2018 zu schreiben und sich für diese Antwort zu bedanken.
Auch der Angeklagte Z. hat sich im Rahmen der Hauptverhandlung bei der Zeugin J1 entschuldigt, die die Entschuldigung annahm und ihm verzieh, aber ebenso wie beim Angeklagten B. vor allem auf die Notwendigkeit einer Entschuldigung auch bei den anderen Bewohnern verwies.
D. Beweiswürdigung
I.
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen betr.
1.) den Angeklagten B. auf Folgendem:
-
-eigene Angaben des Angeklagten B.
-
-ergänzende Angaben des insoweit als Zeugen vernommenen Sachverständigen Prof. Dr. S1, der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, Frau A1, sowie der Zeugin I. B. (Mutter)
-
-verlesene Berichte der JVA T. vom 20.08.2018 und vom 21.11.2018 sowie verlesener Antrag vom 14.06.2018 (Kontaktaufnahme zum Aussteigeprogrammen aus der Rechtsextremen Szene)
-
-verlesene Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 30.07.2018
2.) Bezüglich des Angeklagten Z. auf folgenden Erhebungen:
-
-eigene Angaben des Angeklagten Z.
-
-ergänzende Angaben des insoweit als Zeugen vernommenen Sachverständigen Prof. Dr. S1 und der Zeugin Mag. Dr. E.-B3 (Psychologin der JVA)
-
-verlesene Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 30.07.2018
II.
Die Feststellungen zu den Sachverhalten entsprechend Ziffer C. ergeben sich für die Kammer aufgrund der insoweit geständigen Einlassung der beiden Angeklagten, an deren Glaubhaftigkeit unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses keinerlei Zweifel bestehen.
Dazu im Einzelnen:
1.) Vorgeschichte:
Dass beide Angeklagte sich bereits einige Zeit vor den verfahrensgegenständlichen Taten für rechtslastiges und ausländerfeindliches Gedankengut interessierten, was dazu führte, dass auf ihren Handys sowie dem Laptop und PC des B. eine Vielzahl von Bilddateien, Videos und Dokumenten gespeichert waren, welche den Nationalsozialismus verherrlichende bzw. verharmlosende Inhalte hatten, aber auch einen Bezug zu Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden dahingehend aufwiesen, dass mit diesen wie mit Opfern des Nationalsozialismus umzugehen sei, steht fest aufgrund der Auswertung der Speichermedien, eine Auswertung, die der Zeuge KOK St4 nochmals anhand der auch mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommenen Lichtbildern und Chat-Sreenshots erläuterte.
2.) Sachverhalte, Tatgeschehen:
a) Angaben des Angeklagten B.
(1)
Der Angeklagte Z. B. legte zunächst dar, dass er schon lange psychische Probleme habe, sich von jedem verarscht vorkomme; er sei sich dadurch schon lange nichts wert gewesen. Das einzige, was er gehabt habe, sei die Freiwillige Feuerwehr gewesen, wo er 2017 den Z. kennengelernt habe.
Der sei öfter bei ihm zu Hause gewesen, nachdem er ihm sein Moped verkauft habe, das er wegen der Zeigefingerverletzung nicht mehr habe fahren könne. Auch etwa 1 Woche vor dem 02.02.2018 sei Z. bei ihm gewesen, man habe zusammen gesoffen und über Ausländer geschimpft.
Er - B. - habe eine Freundin gehabt, die ihn mit einem Ausländer betrogen habe; eine weitere, kroatische Freundin habe ihm einen Korb gegeben.
Dadurch sei er dazu gekommen, auf YouTube rechtsradikale Lieder zu hören. Z. habe immer wieder von den vielen Straftaten durch Asylbewerber erzählt. Damit hätte er bei ihm „irgendwo einen Nerv getroffen“ und sie beide hätten sich in Rage geredet. Sie hätten sich immer öfter getroffen, dabei viel getrunken und immer häufiger schlecht über Asylsuchende geredet. In ihm sei Wut gegen Flüchtlinge aufgekommen.
(2)
Es sei so gewesen, dass dadurch der Gedanke entstanden sei, ein Zeichen zu setzen.
Deshalb seien sie dann auf das Hakenkreuz gekommen.
Am 02.02.2018 hätten sie sich wieder getroffen, seien in seiner „Bar“ gewesen, hätten ein paar Halbe Bier und ein paar Stamperl Schnaps getrunken. Sie seien dann auf das Hakenkreuz gekommen. Ihm sei bekannt, dass das ein Symbol der NSDAP gewesen und verboten sei; auch habe er die damit verbundene Botschaft - „zu Hitlers Zeiten wäre man mit euch anders umgegangen“ - gekannt.
In der Werkstatt des Onkels habe er eine Spraydose (Farbe schwarz) geholt. Damit hätten sie das Hakenkreuz an die Wand des Asylbewerberheimes in N. am Inn sprühen wollen. Sie seien nicht auf dem direkten, kürzeren Weg (ca. 70 m) zum Asylbewerberwohnheim gegangen, sondern über das Sägewerk, den W2.weg entlang am St., eine Wegstrecke von ca. 700 m.
Dort habe Z. gesagt, dass er schnell vorschaue, ob jemand unterwegs sei, weil sein - B.s - Fuß noch nicht ok gewesen sei.
Z. sei zurückgekommen. Da er mit seinem Fuß nicht so gut gekonnt habe, habe Z. den Vorschlag gemacht, das Hakenkreuz an die Wand zu sprühen. Anschließend sei er über das Tor im Gartenzaun gestiegen, zum Hauseck und habe dort das Hakenkreuz aufgesprüht, etwa 1 qm groß. Dabei habe er die Kapuze über den Kopf gezogen gehabt.
Er - B. - habe endlich das Gefühl gehabt, nicht mehr „der Trottel der Nation zu sein“.
Zusammen seien sie zurück zu ihm, hätten in der Bar noch Bier getrunken (zu den Trinkangaben vgl. (3)).
Am nächsten Tag habe er aus Spaß an Z. geschrieben, dass „jetzt endlich Bewegung in den Negerstall komme“.
Z. sei wieder bei ihm gewesen, habe im Rahmen der Unterhaltungen immer wieder von den angeblichen Straftaten der Ausländer gesprochen und geäußert, dass man nicht aufhören dürfe, und dass, wenn man schon anfange, auch weiter machen solle. Er habe Z. geglaubt, in ihm sei wieder Wut aufgekommen, Z. habe den Vorschlag gemacht, dass man Bilder von der Asylunterkunft machen könnte, damit man besser nachdenken könne. Er habe Z. dann per WhatsApp Übersichtsaufnahmen von der Asylunterkunft zugesendet mit dem Zusatz: „Zur besseren Einsatzplanung“. Da sei aber noch nichts Konkretes geplant gewesen.
Z. habe ihm das Gefühl gegeben, dass er ihn (B.) brauche. Er habe etwa gesagt: „Du bist ein Guter, dich kann man brauchen“. Da habe er sich gefühlt als jemand, der nicht in den Dreck gedrückt werde, sondern als jemand, der Macht über etwas hat.
Sie hätten sich weiter getroffen, „diskutiert“ und gesoffen.
Zwischendurch habe er immer mehr von rechtsradikalen Hetzliedern gehört, sich da reingesteigert.
Am 17.03.2018 habe er sich dann wieder mit Z. getroffen. Sie hätten gut miteinander gesoffen und wieder diskutiert, Z. habe erzählt, dass er in München eine Ausbildung zum Rettungsassistenten mache und da viel mitbekomme, auch, dass viele junge Mädchen von Asylbewerbern vergewaltigt würden.
Da sei in ihm ein Zorn aufgestiegen.
Sie seien dann auf die Molotow-Cocktails gekommen; von wem die Idee stamme, könne er aber nicht mehr sagen.
Sie hätten zwei Glasflaschen mit Schnappverschluss, alte Limo-Flaschen aus der kleinen Werkstatt geholt. Gemeinsam hätten sie die beiden Glasflaschen befüllt, seine mit Benzin, die vom Z. mit Benzin und Diesel bzw. einem Zweitaktgemisch, das wisse er nicht so genau. Dann hätten sie jeweils eine Seenothandfackel mit Panzertape an den Flaschen befestigt. Sie hätten vorher schon mal drüber geredet, wie man ein Molotow-Cocktail herstelle; Z. habe gemeint, das sei nicht so schwierig.
Bei der Herstellung der Molotowcocktails hätten sie beide Handschuhe getragen, Z., da er Neurodermitis habe, er, da er immer Handschuhe anziehe, wenn er mit Benzin arbeite.
Sie hätten sich dann zwei Fahrräder besorgt, wegen der späteren, schnelleren Fluchtmöglichkeit, und seien, die beiden Molotow-Cocktails bei sich, auf dem gleichen Weg wie am 02.02.2018 zum Asylbewerberwohnheim.
Z. habe geschaut, ob jemand auf der Straße sei, während er bei den Gitterboxen gewartet habe.
Z. sei zurückgekommen, habe gesagt, dass keiner auf der Straße sei und „sie jetzt anpacken müssten, da sie ja nicht umsonst da seien“. Z. habe auch gesagt: „Wir dürfen keinen Rückzieher machen!“.
Er - B. - habe Angst bekommen und für sich den Entschluss gefasst, dass er auf die freie Fläche vor dem Asylantenheim werfe, weil er einerseits keinen Rückzieher habe machen wollen und anderseits dort aber nichts zu brennen habe anfangen können.
Z. sei dann über den Zaun gestiegen, etwas vorgegangen zum Garagenvorplatz, habe die Seenotfackel abgerissen und auch angezündet. Dann habe er an seiner Fackel gezogen, aber es seien keine Funken gekommen. Auch er B. sei über den Zaun und zum Garagenvorplatz, habe ebenfalls die Seenothandfackel gerissen und angezündet, sich dann aber bereits umgedreht und begonnen wegzulaufen, dabei habe er die Fackel mit der rechten Hand über seine Schulter geworfen. Er habe sie auf den Vorplatz (Kiesfläche des Parkplatzes) werfen wollen, um die Gefahr, dass etwas zu brennen anfängt, gering zu halten.
Wo die Flasche aufgekommen sei, habe er aber nicht gesehen, weil er da schon weggelaufen sei; er habe nur im „Hintergrund“ einen roten Schein gesehen. Er habe sich aber nicht umgedreht.
Er habe auch nicht gesehen, wo die von Z. geworfene Flasche aufgekommen sei.
Dass sie sofort weglaufen, sei zuvor abgesprochen gewesen. Sie seien zu den an den Gitterboxen stehenden Fahrrädern und zurück zu ihm (B.). Dort hätten sie noch etwas getrunken, dann sei auch schon der Feuerwehrpiepser gegangen.
Er habe gedacht, er müsse schauen, ob nicht doch was passiert sei. Er habe im ersten Tankwagen gesessen, habe bereits Atemschutz angelegt, weil er Angst gehabt habe, dass doch etwas zum Brennen angefangen habe. Er habe alles verhindern wollen, was noch zu verhindern gewesen wäre. Am Einsatzort (Asylbewerberheim) hätten sie erfahren, dass nichts gebrannt hätte. Er sei sehr froh gewesen.
Bei der Aktion am 17.03.2018 habe er schon gedacht, dass - wenn sie Molotow-Cocktails werfen - es brennen könnte, wenn das auch nicht seine primäre Absicht gewesen sei.
- Auch bis zum 02.04.2018 habe er sich immer wieder mit Z. getroffen und viel getrunken und über angeblich neue Straftaten der Asylbewerber geredet.
Am 02.04.2018 hätten sie dann einen ganz normalen Silvesterböller hergenommen. Wer wann die Idee bekam, wisse er nicht mehr genau. Er habe jedenfalls von einer normalen Silvesterrakete die Trägerteile (Leitstab und Hülle) abgebaut, so dass nur noch der Treibsatz mit Effektladung übrig geblieben sei. Als Z. dann am 02.04.2018 gekommen sei, hätten sie noch ein Metallrohr, ca. 1-1,2 m lang, aus der Werkstatt geholt. Sie seien auf das Nachbargrundstück beim Spielturm, etwa 50 m vom Asylbewerberheim entfernt gegangen. Er habe das Rohr geschultert und Z. habe gesagt: „Triff aber gscheid!“. Z. habe die Rakete genommen, durch das Rohr geschoben und die Zündschnur angezündet. Er, B., habe währenddessen das Rohr gehalten. Als die Rakete gezündet habe, habe er im letzten Moment noch nach links gezogen, da er das Asylbewerberheim nicht habe treffen wollen. Er habe gehofft, dass der Schaden so klein wie möglich ausfallen würde. Er habe aber auch nicht wieder zu den Verlieren gehören wollen, wollte zeigen, „dass er was wert ist“.
Sie hätten gemeinsam wieder vorgehabt, den Asylbewerbern Angst zu machen. Er selbst habe dabei gar keinen Ausländerhass gehabt.
Für ihn sei das Gefühl, nicht mehr der Trottel der Nation und Außenseiter zu sein, ganz wichtig bei der Entscheidung gewesen, das Asylbewerberheim anzugreifen.
- Den vorsätzlichen unerlaubten Besitz der zwei, beim Angeklagten B. anlässlich der Wohnungsdurchsuchung am 11.04.2018 sichergestellten Schusswaffen hat dieser eingeräumt und dazu angegeben, dass er die aufgebohrte Schreckschusswaffe vom Angeklagten Z. gekauft habe; er sei noch nicht 18 Jahre alt gewesen und die Waffe sei eigentlich kaputt gewesen, der Hahn habe nicht mehr richtig gespannt, weshalb er sie letztendlich an die Wand in der Bar gehängt habe. Zuvor habe er sie aber selbst aufgebohrt.
Das Repetiergewehr Karabiner 98 K habe er beim Umbau in der Scheune gefunden. Er habe diese Schusswaffe eigentlich nicht illegal besitzen, vielmehr ummelden wollen, sei aber dazu nicht mehr gekommen.
(3) Trinkangaben
Im Rahmen der Hauptverhandlung ließ sich der Angeklagte B. zunächst dahin ein, dass im gesamten Tatzeitraum von ihm und Z. sehr viel getrunken worden sei. Sie hätten an den Abenden, wo sie sich getroffen hätten, meist eine Kiste mit 20 Flaschen (Halbliterflaschen) Bier gehabt und einen solchen Kasten auch geleert. Dazu sei oft auch noch Schnaps getrunken worden.
Er könne zwar nicht mehr genau sagen, wieviel er vor den jeweiligen Taten am 02.02.2018, 17.03.2018 und 02.04.2018 getrunken habe, er sei aber „besoffen gewesen“. Er könne sich noch erinnern, dass er am 17.03.2018, als er mit dem Fahrrad vom Tatort wieder nach Hause zur Bar gefahren sei, gestürzt sei, auch habe er sich, weil ihm so schlecht gewesen sei, übergeben müssen. Er sei dann aber, als der Feuerwehrpiepser gegangen sei, noch selbst mit dem Auto zur Feuerwehr gefahren.
Im Rahmen des Verhandlungstermins am 28.11.2018 korrigierte der Angeklagte B. die Angaben dann dahingehend, dass er die genauen Trinkmengen zwar nicht mehr angeben könne, aber am Vortag bei seiner Schilderung zu seinem alkoholbedingten Zustand übertrieben habe, er habe seinen Alkoholkonsum und seinen dadurch bedingten Zustand schlimmer dargestellt, weil er Angst gehabt habe, und sich wegen seiner Taten sowohl vor der Öffentlichkeit als auch dem Gericht so schäme. Er glaube, dass er vor der Tat am 02.02.2018 etwa drei bis fünf Halbe Bier getrunken habe, am 17.03.2018 etwa fünf bis sieben Halbe Bier und etwa zwei Schnäpse und am 02.04.2018 fünf bis sechs Bier und ein bisschen Schnaps. Er habe sich aber nur alkoholbedingt enthemmt, nicht total besoffen gefühlt.
b) Angaben des Angeklagten Z.
(1)
Der Angeklagte Z. schilderte zunächst, dass er den Mitangeklagten B. über die Freiwillige Feuerwehr 2017 kennengelernt und sich mit ihm dann angefreundet habe. Nachdem B. ihm sein Moped verkauft habe, sei er öfter bei ihm zu Hause gewesen; man hätte gemeinsam diskutiert und Alkohol getrunken, wobei die Gespräche auch auf das Thema der nahen Asylbewerberunterkunft gekommen sei. Der Mitangeklagte B. habe gerne Militärmusik gehört.
Sie beide hätten die Ankunft der Ausländer in N. am Inn als problematisch erlebt, seien aber nicht irgendwie politisch organisiert. Er beschreibt das, was er dann getan habe, als „Riesenschmarrn“, er selbst habe keine schlechten Erfahrungen mit Asylanten und Asylbewerbern gemacht.
(2) Es sei zutreffend, dass er ein Hakenkreuz an die Wand des Asylbewerberheimes in N. am Inn gesprüht habe, das sei aber eine gemeinsame Aktion mit B. gewesen. Der Mitangeklagte B. habe zu ihm gesagt, das sei lustig und cool. An diesem Tag sei er ziemlich betrunken gewesen, habe bis zu sieben oder acht Halbe Bier und ein paar Stamperl Schnaps im Laufe des Abends getrunken.
Er habe gewusst, dass es sich bei einem Hakenkreuz um ein verbotenes Symbol handelt, auch die Aussagekraft dieses Symbols, vor allem an die Wand des Asylbewerberwohnheimes gesprüht, sei ihm bewusst gewesen.
Der Mitangeklagte B. habe eine Farbdose aus der Werkstatt des Onkels geholt. Die Tat sei eigentlich spontan entstanden, einen Grund dafür könne er nicht angeben.
Sie seien dann nicht auf dem kürzesten Weg zum Asylheim (ca. 70 m), sondern über den Umweg (ca. 700 m) entlang des St., da sie so glaubten, weniger entdeckt zu werden.
Da der Fuß des B. verletzt gewesen sei, sei er, Z., dann über den Zaum und habe an der Hausfassade - Nähe Eingangsbereich - ein ca. 1 qm großes Hakenkreuz aufgesprüht.
Betreffend den zweiten Tatvorwurf (Tat vom 17.03.2018) gab der Angeklagte Z. an, dass B. geäußert habe, man müsse mal was machen, da die Flüchtlinge nur Terror, Party und Lärm machen würden. Es sei schon vor dem 17.03.2018 geplant gewesen, was zu machen, aber noch nicht, was konkret.
Am 17.03.2018 hätten sie sich dann „auf d’Nacht“ verabredet, gemeinsam getrunken und dann spontan aus zwei Glasflaschen mit Bügelverschluss, die sie mit Benzin - was genau in den beiden Kanistern in der Werkstatt des B. gewesen sei, könne er nicht sagen - gemeinsam befüllt hätten, zwei Molotow-Cocktails gebastelt.
Sie hätten dann eigentlich mit zwei Rädern auf dem „Umweg“ zum Asylbewerberheim fahren wollen, das Rad des Onkels, was er hätte fahren sollen, habe aber einen Platten gehabt. Er sei daher - auf dem gleichen Weg wie am 02.02.2018 - zu Fuß und B. das Rad schiebend zur Asylbewerberunterkunft gegangen, jeder hätte „seinen“ Molotow-Cocktail dabei gehabt.
Er selbst habe noch hinter dem Zaun des Nachbargrundstückes stehend nach dem Zünden der Seenothandfackel seinen Cocktail über die Garage in Richtung Hauswand der Asylbewerberunterkunft geworfen, B. sei über den Zaun und habe dann nach Zünden des Molotow-Cocktails Richtung Hauswand geworfen.
Er habe einen roten Schein wahrgenommen, aber nicht gesehen, ob es wirklich angefangen habe, zu brennen; er habe sich auch nicht mehr umgedreht, sei vielmehr direkt weggelaufen. Auch B. habe sich sofort entfernt, sei mit dem Rad nach Hause zurückgefahren, wo sie beide in der Bar weiter getrunken hätten.
Er habe schon gedacht, dass durch den Brandsatz und das Werfen in Richtung Asylberwerberunterkunft etwas brennen könnte; das sei aber nicht seine Absicht gewesen.
Sie hätten dort noch gewartet, ob ein Feuerwehralarm einging, und seien dann wieder dorthin. Dabei sei B. mit dem Auto bis zur Feuerwehr gefahren.
Am Einsatzort hätten sie dann erfahren, dass nichts mehr brenne. Nach ca. 10-15 min seien sie wieder abgerückt.
Zu den Trinkmengen an diesem fraglichen Tag und den Angaben des Angeklagten Z. folgen unter (3) Ausführungen.
- Auch die Tat vom 02.04.2018 räumte der Angeklagte Z. im Wesentlichen ein.
B. habe ihm ein paar Tage zuvor Fotos geschickt mit dem Zusatz: „Die nächste Tat ist geplant“. Auf den Fotos seien Böller abgebildet gewesen.
B. habe dann zuhause einen Silvesterböller genommen und eine Vorrichtung gebaut, so dass man durch ein Metallrohr den Böller habe abschießen können.
Sie hätten gemeinsam wieder vorgehabt, den Asylbewerbern Angst zu machen. Er selbst habe dabei gar keinen Ausländerhass gehabt.
Der Mitangeklagte B. sei die treibende Kraft gewesen, habe immer auch auf die Ausländer geschimpft; er habe auch eine Waffe zu Hause gehabt.
Insgesamt betonte der Angeklagte Z., dass er die Taten extrem bereue, vor allem froh sei, dass bei den Taten niemand verletzt worden sei.
(3) Trinkangaben
Der Angeklagte Z. gab ebenso wie der Mitangeklagte B. an, dass bei ihren gemeinsamen Treffen in der Bar des Angeklagten B. jeweils Bier und gelegentlich auch Schnaps konsumiert worden sei. Er gab in Übereinstimmung mit den korrigierten Angaben des Angeklagten B. an, dass vor der Tat am 02.02.2018 von ihm und ebenso vom Mitangeklagten B. etwa drei bis fünf Halbe Bier und ein bis zwei Stamperl Schnaps getrunken worden seien, am 17.03.2018 fünf bis sieben Halbe Bier, er habe dann - da er ein Trinkspiel verloren habe - alleine noch etwa ein 0,5-Ltr.-Glas Wodka oder Whisky getrunken. Da er auch noch eine Kopfschmerztablette genommen habe, habe er sich noch vor der Tat im Garten des Mitangeklagten B. übergeben müssen, danach sei es ihm erst sehr schlecht gegangen, dann aber wieder besser. Er habe normal gehen und sprechen können, ebenso der Mitangeklagte B..
Auch vor der Tat am 02.04.2018 habe er gemeinsam mit B. Bier konsumiert, die genaue Menge könne er nicht mehr angeben, er glaube aber, wieder fünf bis sieben Halbe Bier.
Damit räumen aber die beiden Angeklagten ein, gemeinsam die Taten vom 02.02.2018, 17.03.2018 und 02.04.2018 - wie festgestellt - begangen zu haben, der Angeklagte B. darüber hinaus den unerlaubten Besitz von 2 Waffen.
Anhand der Einlassungen der beiden Angeklagten konnte demgegenüber nicht geklärt werden - da insoweit widerstreitende Angaben gemacht wurden - wer bei den jeweils gemeinsam begangenen Taten der Initiator und die treibende Kraft war und wo genau am 17.03.2018 die Abwurfposition von B. und Z. war, weshalb insoweit die Angabe des jeweiligen Angeklagten zugrunde gelegt wurde.
c) Sonstige Beweismittel:
(1)
Die unter Ziffer C. festgestellten Sachverhalte haben beide Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung damit (letztlich) vollumfänglich eingeräumt.
Die Geständnisse erfolgten zwar „in Etappen“:
Die objektiven Umstände räumten die Angeklagten bereits zu Beginn der Hauptverhandlung ein. Insbesondere betreffend die Tat vom 17.03.2018 äußerten sie allerdings zunächst, dass sie die. Asylbewerber nur hätten erschrecken wollen. Erst im Verlauf der Hauptverhandlung räumten sie ein, dass sie zumindest damit gerechnet und dies auch billigend in Kauf genommen hätten, dass dadurch, dass sie jeweils einen Molotow-Cocktail in Richtung der Asylbewerberunterkunft geworfen hätten, es zu brennen anfangen könnte.
Nach den Einlassungen der beiden Angeklagten konnte nicht abschließend geklärt werden, ob und ggfls. wer die Initiativrolle für die festgestellten Taten übernommen hat.
Die Funktion einer treibenden Kraft für die verfahrensgegenständlichen Geschehnisse konnte keinem von beiden zugeordnet werden; vielmehr geht die Kammer daher davon aus, dass beide gleichermaßen an Tatplanung und -umsetzung beteiligt waren.
Auch soweit es betreffend die Tat vom 17.03.2018 die genaue „Abwurfposition“ zu klären war, waren die Einlassungen der beiden Angeklagten widersprüchlich, weshalb die Kammer für den jeweiligen Angeklagten die von ihm angegebene Abwurfposition im festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt hat.
Die somit letztendlich geständigen Einlassungen der beiden Angeklagten B. und Z. sind nach Überzeugung der Kammer auch glaubhaft, weil sie sich mit den umfangreichen Ermittlungsergebnissen decken.
(2)
Der Zeuge KOK M2 St1, erster Sachbearbeiter, hat dargelegt, dass anfangs umfangreiche Ermittlungen erforderlich waren, insgesamt 36 Spurenkomplexe in Form von Nachbarschaftsbefragungen, Befragungen der Flüchtlinge, auch Ermittlungen im Heim selbst etc. verfolgt wurden, die im Rahmen der gegründeten Ermittlungsgruppe „St1“ abgearbeitet wurden. Im Rahmen dieser Spurenkomplexe war zunächst am 02.04.2018 der Angeklagte Z. in unmittelbarer Tatortnähe kontrolliert worden. Er hatte angegeben, sich mit seinem Freund B. in dessen Wohnung getroffen und dort fern gesehen zu haben. In der Folge wurde auch der Angeklagte B. im Rahmen der Nachbarschaftsbefragung durch die Zeugin KOKin I1 St2 aufgesucht. Beim Öffnen der Tür trug der Angeklagte B., so die Zeugin, eine Gaspistole am Gürtel. Er besaß dafür einen kleinen Waffenschein, äußerte selbst, die Waffe besser auf die Seite zu legen und gab nach dem Grund, warum er diese trage, befragt an, „bei dem, was da rum so los ist“.
Diese Feststellung wurde im Rahmen der Ermittlungsgruppe erörtert.
Der Zeuge EKHK G. W. führte aus, dass dann die operative Fallanalyse eingebunden und eine Überprüfung der Facebook-Kontakte von B. und Z. durchgeführt wurde. Dabei wurde betreffend den Facebook-Account von Z. festgestellt, dass er ein Bild mit Stahlhelm und SS-Runen von sich postete, ein Umstand, der ihn als möglichen Täter habe erscheinen lassen.
Auch sei man davon ausgegangen, dass die Täter, da die nach dem Anschlag vom 17.03.2018 sofort eingeleitete Nahbereichsfahndung ergebnislos verlaufen sei, örtliche Täter seien.
Die Zeugen EKHK W. und KOK St1 haben ausgeführt, dass dann der Angeklagte Z. telefonisch kontaktiert und auf die Polizeidienststelle gebeten worden sei, eine Bitte, der er freiwillig Folge geleistet habe.
Nach erfolgter Beschuldigtenbelehrung habe er zwar zuerst mehr oder weniger alles bestritten, dann aber, nachdem ihm angekündigt worden sei, dass man sein Handy auswerte und B. bereits ebenfalls verhaftet worden sei, nach einer gewissen Bedenkzeit die Sachverhalte in objektiver Hinsicht weitgehend eingeräumt, sich kooperativ gezeigt und schließlich auch an einer Tatortrekonstruktion mitgewirkt, wobei er die Annäherung an die Asylbewerberunterkunft und die jeweiligen Tathandlungen nochmals schilderte.
(3) Lichtbilder und Urkunden
Im Übrigen hat die Kammer ihre Überzeugung zu den festgestellten Sachverhalten auch ergänzend auf folgende, mit allen Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommenen Lichtbilder gestützt:
-
-Lichtbild des am 02.02.2018 an die Wand der Asylbewerberunterkunft gesprühten Hakenkreuzes (Bl. 528 d.A.)
-
-Lichtbilder der Tatortrekonstruktion (bezüglich der Tat vom 17.03.2018; Bl. 203-223/232 d.A.)
-
-Lichtbilder Tatortfotos (Bl. 554/555 d.A.)
-
-Lichtbilder, die anlässlich der Durchsuchung der Wohnung B. (Bl. 107/113 d.A.) und der Wohnung bzw. Werkstatt des Onkels des Angeklagten B. (Bl. 427/433 d.A.) gefertigt wurden
-
-Lichtbilder der Tatortfotos (Bl. 553/582 d.A.), auch bzgl. des am 02.02.2018 an die Fassade der Asylbewerberunterkunft geschmierten Hakenkreuzes
-
-Lichtbilder betreffend die Auswertung der Handys der beiden Angeklagten und der Auswertung des Computers des Angeklagten B. in Form von Chat-Screenshots (Bl. 184-189 d.A.), insbesondere auch bezüglich die den Nationalsozialismus verherrlichenden, verharmlosenden und rechtfertigenden Bilddateien mit erkennbarem Bezug zu Flüchtlingen und Asylbewerbern.
d) Sachverständige Dr. St3, KOK Sch. und verlesene Gutachten Dr. Z. und Dipl.Ing. W1
Betreffend die festgestellten Verstöße gegen das Waffen- bzw. Sprengstoffgesetz stehen die Sachverhalte und die entsprechenden Tatsachen fest aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. St3, dem auszugsweise verlesenen Gutachten des Sachverständigen Dr. Z., den Ausführungen des Sachverständigen KOK Sch. sowie dem verlesenen waffenrechtlichen Sachverständigengutachten von Dipl.Ing. W1.
Die Sachverständigen haben im Wesentlichen Folgendes dargelegt:
(1) Der Sachverständige Dr. K. St3, forensischer Chemiker, hat zunächst die anlässlich der Tat vom 17.03.2018 sichergestellten, abgebrannten pyrotechnischen Gegenstände hinsichtlich der Brandursache untersucht.
Diese Gegenstände, welche auf den Lichtbildern Bl. 535 d.A. abgebildet und mit allen Verfahrensbeteiligten nochmals in Augenschein genommen wurden, waren noch soweit erkennbar, dass festgestellt werden konnte, dass jeweils eine gläserne Bügelverschlussflasche mit einem Diesel-Benzin-Gemisch gefüllt und dann an jede Flasche jeweils eine Seenothandfackel mit Panzertape angebracht worden war.
Der Sachverständige führte aus, dass die verwandten Seenothandfackeln, typischerweise der pyrotechnischen Kategorie P1 zugehörig (können ab 18 Jahren erlaubnisfrei erworben werden), gemäß den Herstellerangaben der Firma C1 Leuchtsätze auf der Basis von Aluminium, Magnesium, Polyvinylchlorid und Strontiumnitrit enthalten, welche nach Zündung mit offener, rot leuchtender Flamme über eine Zeitdauer von etwa einer Minute über und unter Wasser brennen, dabei eine enorme Hitze, eine Flammentemperatur von über 1000 Grad erreichen.
Diese hohe Temperatur führt zu einem Zerbersten der Glasflaschen und infolge dessen zu einem Inbrandgeraten des darin befindlichen Benzin-Diesel-Gemisches. Dieses ist - insbesondere bei Beigabe von Benzin - binnen Sekunden entzündbar.
(2) Aus dem im Einverständnis mit allen Verfahrensbeteiligten auszugsweise verlesenen Gutachten des Sachverständigen Chemieoberrat Dr. Z. vom 18.06.2018 ergibt sich zudem, dass nach Zerbersten der Bügelverschlussflaschen, wie auch polizeilicherseits vom Zeugen KOK St1 bestätigt und auch anhand der mit allen Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommenen Lichtbildern ersichtlich, das Benzin-Dieselgemisch im Bereich des Einganges der Asylbewerberunterkunft und auch am zweiten Einschlagspunkt in unmittelbarer Nähe vor dem Balkon der Asylbewerberunterkunft in Form von öligen Flecken auslief und zu einer Kontamination des dortigen Bodens mit einer Kombination der brennbaren Flüssigkeiten Ottokraftstoff und Dieselkraftstoff führte.
Der Sachverständige Dr. Z. führt insoweit aus:
Diese Mischung ist brennbar und auch bedingt durch den Ottokraftstoff leicht zu entzünden. Versuche mit einer Seenotfackel führten für eine Ottokraftstofflasche sofort zur Entzündung.
Somit stellt die vermutete Beschaffenheit des Brandsatzes - nach Ansicht des Sachverständigen - einen verbotenen Gegenstand im Sinne des Waffengesetzes dar.
Die Untersuchung vor Ort legt nahe, dass im vorliegenden Fall zwei Flaschen (Scherbenmenge) mit zwei angebrachten Seenotfackeln mit brennbarer Flüssigkeit (am Pflaster Gemisch aus Otto- und Dieselkraftstoff) als Brandsätze in Richtung des Gebäudes geworfen wurden und einer davon am Gehweg vor dem Balkon aufgetroffen ist. Wo genau der zweite Brandsatz aufgetroffen ist, ließ sich nicht mehr sicher feststellen - allerdings legt der Brandschaden an den trockenen Pflanzenresten unter dem Balkon sowie die Verrußungen an der Hauswand nahe, dass der zweite eher unterhalb des Balkones seinen Inhalt verteilt hat und damit wohl auch dort aufgetroffen ist und zu Bruch ging.
Im Falle eines Ottokraftstoff/Dieselkraftstoff-Gemisches ist bei Zerstörung des Glasgefäßes mit einer sofortigen Entzündung der sich verteilenden, brennbaren Flüssigkeit in Form einer Stichflamme oder eines Feuerballes zu rechnen. Diese kann sicher eine Höhenausdehnung von ein bis zwei Metern erreichen. Jedoch ist dieser Effekt nur von kurzer Dauer, so dass eine Ankoppelung an massives Holz nicht möglich ist. Auch ist ein Verspritzen größerer Mengen Flüssigkeit bei einem Auftreffen am Boden in solche Höhe nicht plausibel. Somit ist von der brennenden Lache am Boden aus mit einem Übergriff auf den Balkon nicht zu rechnen.
Der Sachverständige Dr. Z. führt aber weiter aus, dass, hätte ein solcher Brandsatz auf dem Balkon selbst eingeschlagen, wo sich entzündbare und brennbare Gegenstände - wie ebenfalls auf den, mit allen Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommenen Lichtbildern deutlich erkennbar und auch nochmals vom Sachbearbeiter und polizeilichen Zeugen KOK St1 erläutert - in Form von Kleidung, Kartonagen etc. befanden, bei einer Beflammung durch eine brennende Lache leicht Feuer gefangen hätten und dann ein Brand entstanden wäre. Dies würde unmittelbar vor den Fenstern einer bewohnten Wohnung zu einem Brand führen, was ein deutlich erhöhtes Gefährdungspotenzial darstellt. Über eine weitere Ausdehnung des Brandes in diesem Szenario ist aber sachverständigerweise nur zu spekulieren.
(3) Der Sachverständige KOK C. Sch., welcher für das Bayerische Landeskriminalamt pyrotechnische Gegenstände entsprechend dem SprengstoffG einordnet, gab betreffend die Tat vom 02.04.2018 an, dass der von den beiden Angeklagten bei dieser Tat verwandte, von B. aus gewerblichen pyrotechnischen Erzeugnissen hergestellte Sprengsatz zwar nicht sichergestellt wurde, aber bei dem Angeklagten B. anlässlich der Hausdurchsuchung zum einen zwei, mit einem Tape zusammengebundene Böller aufgefunden wurden, vergleichbar dem an 02.04.2018 benutzten, bei denen die Untersuchung ergab, dass Schwarzpulver als Inhaltsstoff festzustellen war. Aufgrund des positiven Eindruckes und der positiven Brennproben ist aus Sicht des Sachverständigen KOK Sch. davon auszugehen, dass es sich bei den Pulvern um explosionsgefährliche Stoffe im Sinne des Sprengstoffgesetzes handelt. Der so hergestellte Gegenstand (durch die Veränderung der Böller entfällt auch eine gegebenenfalls zuvor vorliegende Erlaubnis) ist ein pyrotechnischer Gegenstand, der keine CE-Zertifizierung nach § 5 Sprengstoffgesetz hat. Auf nicht zugelassene pyrotechnische Gegenstände sind die allgemeinen Bestimmungen des Sprengstoffrechtes anzuwenden, insbesondere die Erlaubnispflichten und konsequenterweise die Strafvorschriften. Der Umgang und Verkehr mit solchen pyrotechnischen Gegenständen unterliegt uneingeschränkt der Erlaubnispflicht. Ebenso ist für den Umgang von explosionsgefährlichen Stoffen eine Erlaubnis nach § 7 bzw. § 27 SprengstoffG erforderlich.
Des Weiteren hat der Sachverständige KOK Sch. den Inhalt eines ebenfalls beim Angeklagten B. sichergestellten Aluminiumröhrchens untersucht und festgestellt, dass darin etwa 0,8 g Treibladungspulver für Munition enthalten sind, in dieses Röhrchen ein Stück Strohhalm gesteckt und beide Enden wiederum mit einem grünen Klebeband verschlossen worden waren. Die chemische Untersuchung bestätigte, dass es sich um Treibladungspulver handelt, ein Stoff, der durch Gasvolumen zur Explosion kommen kann. Treibladungspulver ist ebenfalls ein explosionsgefährlicher Stoff im Sinne § 3 Abs. 1 Sprenggesetz, für dessen Umgang eine Erlaubnis nach § 7 bzw. § 27 Sprengstoffgesetz erforderlich ist.
Der Sachverständige KOK Sch. hat schließlich nach Vorhalt der Angaben des Angeklagten B., er habe den am 02.04.2018 verwandten Sprengsatz in der Form hergestellt, dass er von einem handelsüblichen, normalen Silvesterböller das Trägerteil (Leitstab und Hülle) entfernt und später den verbleibenden Treibsatz mit Effektladung gemeinsam mit Z. in ein Metallrohr gesteckt, gezündet und abgeschossen habe, ausgeführt, dass es sich insoweit um eine Veränderung eines handelsüblichen, ab einer gewissen Altersgrenze frei erwerbbaren Gegenstandes handelt, eine Veränderung, welche dazu führt, dass eine Erlaubnis nach § 7 bzw. 27 SprengstoffG für den Umgang mit diesem explosionsgefährlichen Stoff erforderlich ist, d.h. bei Fehlen der entsprechenden Erlaubnis eine Straftat nach dem SprengstoffG vorliegt.
(4) Der Sachverständige Diplom-Ingenieur W1weg 1 in N. am Inn beim Angeklagten B. sichergestellten Waffen zu folgendem Ergebnis:
vom Bayerischen Landeskriminalamt kommt in seinem waffentechnischen Gutachten vom 27.08.2018, welches im Einverständnis mit allen Verfahrensbeteiligten auszugsweise verlesen wurde, hinsichtlich der beiden, am 11.04.2018 in der Wohnung W3.
Das sichergestellte Repetiergewehr Karabiner 98 k ist eine Repetierbüchse in stark gebrauchtem Zustand, die ausgeprägte Rostnarben zeigt. Augenscheinlich ist die Waffe aus Bauteilen diverser Hersteller des Systemes 98 zusammengesetzt worden. Im Rahmen der durchgeführten Schießversuche ergab sich, so der Sachverständige Diplom-Ingenieur W1, dass mit dem Gewehr störungsfrei geschossen wurde. Aus technischer Sicht handelt es sich bei dem vorliegenden Repetiergewehr um eine Schusswaffe nach Anlage 1 Abs. 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1 Waffengesetz. Die Gesamtlänge der Waffe beträgt mehr als 60 Zentimeter. Es handelt sich somit um eine Langwaffe (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.5 zum WaffenG), seiner Art nach eine Repetierwaffe (Anlage 1 Abs. 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.3 zum WaffenG). Die Waffe war insgesamt funktions- und schussfähig, d.h. für ihren Besitz wäre eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderlich gewesen.
Hinsichtlich der weiteren, beim Angeklagten B. sichergestellten Waffe handelt es sich laut dem Sachverständigen Diplom-Ingenieur W1 um eine Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffe, die kein Zulassungszeichen der physikalisch-technischen Bundesanstalt (PTB) trägt, da sie nachweislich des „CAT“-Zeichens mit der Nr. 11134 offensichtlich für den italienischen Markt hergestellt wurde. Eine Bauartzulassung der PTB findet sich auf der Waffe nicht.
Im Rahmen der von dem Sachverständigen durchgeführten waffentechnischen Überprüfung zeigte sich, dass der Lauf dieser Waffe durchgängig ist und sich „scharfe“ Patronenmunition (fünf Stück) im Kaliber 9 mm Browning in das Patronenlager laden lässt. Ein Verschießen dieser Munition ist nicht möglich, da der Lauf nach dem Patronenlager auf einer Länge von ca. 25 mm auf einen Durchmesser von rund 7,6 mm verjüngt ist und so die Geschosse dort stecken bleiben. Allerdings lassen sich Bleigeschosse in den Lauf verladen und mit handelsüblicher Kartuschenmunition im Kaliber 9 mm P. A. verschießen. Orientierende Versuche haben gezeigt, dass hier Belegungsenergien der Geschosse von über 7,5 Joule erreicht werden können (Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 zum WaffenG).
Der Sachverständige kommt somit zu dem Ergebnis, dass die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese aufgebohrte Waffe ebenfalls einer waffenrechtlichen Erlaubnis bedurft hätte.
e)Beweiswürdigung betr. die festgestellte, erhaltene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit
Betreffend alle beide Angeklagten und die relevanten Tatzeitpunkte bzw. Tatzeiträume haben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass einer der Angeklagten in seiner Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert oder gar aufgehoben war (§§ 20, 21 StGB).
Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht unter Berücksichtigung der Darlegungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. S1, der dem Gericht seit vielen Jahren als fundierter Gutachter mit großer forensischer Erfahrung bekannt ist.
Die Kammer hat keinen Zweifel an seiner Sachkunde und schließt sich seinen überzeugenden Ausführungen auch aufgrund des eigenen Eindrucks von den Angeklagten an.
Dazu im Einzelnen:
a) Angeklagter B.
Der Sachverständige legte dar, dass sich beim Angeklagten B. unter Einbeziehung der anamnestischen Befundlage und der erhobenen Untersuchungsbefunde im Ergebnis ohne jeden Zweifel keinerlei Erkrankung hat feststellen lassen, die eines der Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB erfüllen würde, weshalb sich keinerlei Hinweise dafür ergeben, dass es zum Tatzeitpunkt zu einer erheblichen Minderung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit, geschweige denn zu deren Aufhebung gekommen sein könnte.
aa) Im Rahmen der forensisch-psychiatrischen Begutachtung ergaben sich für ihn allgemein auch unter Berücksichtigung der festzustellenden Lebensentwicklung und -situationen differenzialdiagnostisch keine Hinweise für eine wahnhafte, schizophrene oder substanzassoziierte psychotische Störung, ebenso wenig Anhaltspunkte für eine schwere Depression - zum Untersuchungszeitpunkt bestand eine depressive Anpassungsstörung (ICD-10:F.43.20) bedingt durch die HAftsituation - oder Manie im Sinne einer affektiven Störung oder für ein hirnorganisches Psychosyndrom bzw. einen hirnorganischen Abbauprozess.
Die intellektuellen Kapazitäten des Angeklagten B. bewegen sich im Normalbereich, von Schwachsinn oder Intelligenzminderung kann nicht die Rede sein. Vielmehr hat er trotz einer eher ungünstigen Sozialisation die Mittlere Reife erreicht und nach dem BGJ eine Lehre als Schreiner absolviert, stand - nach einem Lehrstellenwechsel wegen Differenzen mit dem Chef - kurz vor dem Abschluss der Lehre; dazu kam es nicht wegen der schweren Verletzung des linken Zeigefingers, die mit einem künstlichen Gelenk versehen werden musste und in der Folge der Inhaftierung im gegenständlichen Verfahren.
Auch finden sich keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer „schweren anderen seelischen Abartigkeit“, welche als eine mehr oder weniger andauernde abnormale Verhaltensbereitschaft zu verstehen ist, die aus dem Zusammenwirken abnormer Persönlichkeitsdisposition und belastender Umweltbedingungen entsteht.
Ebensowenig lag generell beim Angeklagten B. ein Drogenmissbrauch oder ein längerwährender Alkoholmissbrauch vor; er hat nicht ständig Alkohol in erheblichem Umfang getrunken, weshalb keine Suchtentwicklung im engeren Sinne anzunehmen ist.
Im Persönlichkeitsbild imponiert der Angeklagte B. aber labil, unreif und mit schwerer Selbstwertproblematik: Seit der Kindheit kam er sich „immer verarscht“ vor, war Außenseiter, Sündenbock, nicht wertgeschätzt, alle haben ihn fertig machen wollen, immer wieder hatte er das Gefühl, der „Trottel der Nation“ zu sein. Er erscheint persönlich wenig gefestigt, noch recht unreif und „jugendlich“, nicht im engeren Sinne emotional instabil oder betont impulsiv, aber wenig gefestigt, beeinflussbar und auf der Suche nach Anerkennung.
Wahrscheinlich kompensatorisch zu den Insuffizienzgefühlen beschäftigt sich der Angeklagte B. seit der Jugendzeit mit Soldatenliedern, wollte als 15-Jähriger zur Fremdenlegion, hatte zuletzt Hoffnungen, sich bei der Bundeswehr als Fallschirmjäger zu verpflichten, wobei eine Bewerbung dort wegen der Handverletzung aussichtslos gewesen wäre. Politisch aktiv im engeren Sinne war er nicht, fühlte sich aber angesprochen von Soldatenliedern oder Gedanken, als Held zu fallen.
Das Asylbewerberwohnheim, welches Ziel der Angriffe war, liegt nur ca. 50 m vom Hof, wo der Angeklagte B. wohnt, entfernt. Persönlichen Kontakt mit den Asylbewerbern hatte er aber nicht. Der Mitangeklagte Z. habe ihn zunehmend an ausländerfeindliche Gedanken herangeführt (Z. beschreibt diesen Umstand umgekehrt), dergestalt, dass Ausländer für Sexualstraftaten an deutschen Frauen kaum belangt würden etc. Ausschlaggebend war für ihn aber der Aspekt, durch ausländerfeindliche Taten Popularität und Wertschätzung zu gewinnen. Durch die Taten fühlte er sich wichtig, nicht mehr als „Trottel der Nation“.
Die somit beim Angeklagten B. festzustellenden Persönlichkeitszüge sind aber laut Sachverständigem Prof. Dr. S1 nicht von einem Ausmaß, dass sie einer schweren Persönlichkeitsstörung zuzuordnen wären, sind vielmehr als Persönlichkeitsakzentuierung zu verstehen.
bb) Auch in unmittelbarem Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkten bzw. der unmittelbaren Vorbereitungsphase kristallisieren sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S1 keine etwaigen psychopathologischen Symptome oder Syndrome heraus, die bereits einem der in den Schuldfähigkeitsparagraphen genannten biologischen Merkmalen zuzuordnen wären und damit die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit rechtfertigen könnten.
Zwar gibt der Angeklagte B. an, im Tatvorfeld mehrfach größere Mengen Bier mit dem Mitangeklagten Z. getrunken zu haben, Angaben, die er selbst am zweiten Verhandlungstag deutlich relativiert hat.
Zudem existieren keine tatzeitnahen Blutproben o.ä., welche diese Schilderungen objektivieren könnten, weshalb für die Frage, ob eine alkoholbedingte Einschränkung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit vorgelegen hat, auf die allgemeine Leistungsfähigkeit und die Tatumstände abzustellen ist.
Insgesamt ergeben sich danach keinerlei Hinweise für eine schwere Trunkenheit des Angeklagten B. bei einer der ihm zur Last liegenden Taten: Vielmehr wurden die Taten nicht spontan, aus der „alkoholisierten“ Situation heraus geplant und begangen, sondern sind das Ergebnis der häufigen Treffen zwischen Z. und B., bei denen immer wieder Thema war, dass man „es den Flüchtlingen mal zeigen müsste“. Speziell für die Brandlegung am 17.03.2018, die ebensowenig aus einer momentanen Stimmung heraus verübt wurde, gab es eine gewisse Planungsphase, wie sich aus der Handyauswertung und dem Chat ergibt:
Am 21.02.2018 schrieb B. per Whats-App an Z.:
„De naxde Aktion is scho in Bearbeitung“, versehen mit einem erhobenen Daumen und einem Bild mit unkonventioneller Spreng- oder Brandvorrichtung.
Am 23.02.2018 schickt B. dann an Z. ein Bild von mehreren ausgedruckten Farbfotos per Whats-App, auf welchen die Asylbewerberunterkunft in N. an Inn sowie ein Luftbilder der Örtlichkeit zu sehen sind mit dem Kommentar: „Zua bessan einsatzplanung“.
Dazu schreibt Z.: „Mia werds heid Ned ausgeh“, versehen mit einem traurigen Emoticon.
Auch konnte der Angeklagte B. seine Gedanken zum jeweiligen Tatablauf differenziert und detailreich (z.B. Wunsch, etwas Wichtiges zu begehen, andererseits niemanden zu verletzen, was ihn dazu veranlasste, seinen Molotowcocktail auf den Parkplatz - nicht das eigentliche Wohnheim - zu werfen) wiedergeben, macht keine Amnesien geltend. Sein Leistungsbild (zielgerichtes Vorgehen, Zurücklegen der Wegstrecke von ca. 700 m zum Asylantenheim, Übersteigen eines Zaunes und am 17.03.2018 die Fahrt mit dem Pkw von seinem Anwesen zur Feuerwehr etc.) spricht gegen eine schwere Trunkenheit.
Daher kommt der Sachverständige in der Gesamtschau lediglich zur Annahme einer gewissen situativen Enthemmung (Trinkmenge von realistisch ca. fünf bis sechs Halben Bier über den Abend), was allenfalls die Annahme einer leichten Alkoholisierung rechtfertigen würde. Hinweise für eine schwere Trunkenheit mit Beeinträchtigung kognitiver Funktionen oder anderen schweren psychopathologischen Auffälligkeiten haben sich demgegenüber nicht ergeben.
b) Angeklagter Z.
Der Sachverständige kommt unter Einbeziehung der anamnestischen Befundlage und der erhobenen Untersuchungsbefunde beim Angeklagten Z. im Ergebnis ohne jeden Zweifel dazu, dass keinerlei Erkrankung zu diagnostizieren war, die eines der Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB erfüllen würde, weshalb sich keinerlei Hinweise dafür ergeben, dass es zum Tatzeitpunkt zu einer erheblichen Minderung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit, geschweige denn zu deren Aufhebung gekommen sein könnte.
aa) Im Rahmen der forensisch-psychiatrischen Begutachtung führt der Sachverständige allgemein aus, dass anhand der ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen keine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinne festzustellen war.
An somatischen Erkrankungen fanden sich keine hirnorganischen Störungen, nur eine Neigung zu allergischen Erkrankungen (Asthma, Neurodermitis). Ebenfalls fehlen laut Sachverständigem konkretisierbare Hinweise für Stimmungsschwankungen oder gar eine Psychose mit wahnhaften Realitätsverkennungen.
Im Persönlichkeitsprofil ist der Angeklagte Z. zwar noch etwas unreif und auch haltschwach strukturiert, wenig überlegt, dies aber weit unterhalb der Schwelle für eine sogenannte Persönlichkeitsstörung; für diese finden sich keinerlei klinische Anhaltspunkte. Ebenso ergaben sich keine Hinweise für eine pathologisch erhöhte Reizbarkeit, Aggressivität oder Impulsivität. Motive und eigene Überlegungen im Vorfeld und bei Begehung der Taten konnte er kaum schildern. Aus den klinischen Befunden und den anamnestisch erhobenen Angaben des Angeklagten Z. ließ sich - so der Sachverständige Prof. Dr. S1 - nicht der Eindruck gewinnen, bei ihm handle es sich um einen mit seinem Leben zutiefst unzufriedenen, mit schweren Frustrationen kämpfenden jungen Mann, der sich als soziale Randfigur empfindet, ohne persönliche Perspektive.
Auch war bei dem Angeklagten Z. ein übersteigerter Alkohol- und/oder Drogenkonsum nie ein Problem. Mit Ausnahme des Lebenszeitraumes vom 14. bis 16. Lebensjahr, in welchem er mehr Alkohol trank, haben sich keine Hinweise insbesondere auf eine Alkoholabhängigkeit ergeben.
bb) Auch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt bzw. der unmittelbaren Vorbereitungsphase kristallisieren sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S1 keine etwaigen psychopathologischen Symptome oder Syndrome heraus, die bereits einem der in den Schuldfähigkeitsparagraphen genannten biologischen Merkmalen zuzuordnen wären und damit die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit rechtfertigen könnten.
Dies gilt laut Sachverständigen auch unter Berücksichtigung der Angaben des Angeklagten Z. zur Alkoholisierung unmittelbar vor den Taten vom 02.02.2018, 17.03.2018 und 02.04.2018. Insoweit hat der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung dahingehend geäußert, dass er vor der Tat am 02.02.2018 etwa drei bis fünf Halbe Bier und ein bis zwei Stamperl Schnaps getrunken habe, am 17.03.2018 fünf bis sieben Halbe Bier, er habe dann - da er ein Trinkspiel verloren habe - alleine noch etwa ein 0,5-Ltr.-Glas Wodka oder Whisky getrunken. Da er auch noch eine Kopfschmerztablette genommen habe, habe er sich noch vor der Tat im Garten des Mitangeklagten B. übergeben müssen, danach sei es ihm erst sehr schlecht gegangen, dann aber wieder besser. Er habe normal gehen und sprechen können. Bezüglich der Tat vom 02.04.2018 schildert er, vorher Bier konsumiert zu haben; die genaue Menge könne er nicht mehr angeben, er glaube aber, wieder fünf bis sieben Halbe.
Objektivierbare Feststellungen zum Alkoholsierungsgrad fehlen. Es wurden tatzeitnah keine Blutentnahmen durchgeführt.
Deshalb ist - so der Sachverständige Prof. Dr. S1 weiter - auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Angeklagten Z. abzustellen: Insoweit war zum einen - wie bei B. - zu werten, dass die Taten jeweils nicht spontan, aus der „alkoholisierten“ Situation heraus begangen, sondern über einen längeren Zeitraum bei häufigen Treffen zwischen Z. und B. nachgedacht wurde, wie man „es den Flüchtlingen zeigen könnte“. Der Tat vom 17.03.2018 war eine gewisse Planungsphase, wie sich aus der Handyauswertung und dem Chat ergibt und bereits ausgeführt, vorangegangen.
Der Angeklagte Z. konnte zum anderen seine Gedanken zum jeweiligen Tatablauf recht differenziert wiedergeben, macht keine Amnesien geltend. Auch sein Leistungsbild (zielgerichtes Vorgehen, etwa Zurücklegen der Wegstrecke von ca. 700 m zum Asylantenheim, Nachschau, ob Personen vor dem Heim aufhältig waren, Übersteigen eines Zaunes etc.) spricht gegen eine schwere Trunkenheit.
Daher kommt der Sachverständige in der Gesamtschau lediglich zur Annahme einer gewissen alkoholbedingten und situativen Enthemmung (Trinkmenge von ca. fünf bis sechs Halben Bier über den Abend), was allenfalls die Annahme einer leichten Alkoholisierung rechtfertigen würde. Hinweise für eine schwere Trunkenheit mit Beeinträchtigung kognitiver Funktionen oder anderen schweren psychopathologischen Auffälligkeiten haben sich demgegenüber nicht ergeben.
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen des Sachverständigen aufgrund eigener Überzeugungsbildung an.
Im Ergebnis ist somit davon auszugehen, dass sich insgesamt keine Hinweise dafür ergeben haben, dass bei den Angeklagten B. und Z. zu den Tatzeitpunkten eine schwere psychiatrische Erkrankung, Symptome oder Zustände vorlagen, die einem der juristischen Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB mit der Folge einer möglicherweise erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit zuzurechnen wären.
3.) Nachtatgeschehen
a) Die Entschuldigungen und die Durchführung von Schlichtungsgesprächen betr. den Angeklagten B. ergeben sich aus den verlesenen Schreiben des Ausgleich e.V. vom 26.11.2018 (Anlage 1), der RAin B. vom 18.09.2018 an RA O. (Bl. 814/815 d.A.) vom 22.11.18 (Anlage 2) und vom 23.11.18 (Anlage 3), der Gemeinde N. am Inn vom 23.11.18 (Anlage 4), dem Schreiben von RA O. vom 26.11.18 (Bl. 813 d.A.) sowie den Entschuldigungsschreiben des Angeklagten B. vom 24.10.2018 (an Herrn K., Bl. 818 d.A.) und 25.09.2019 an Frau P. (Bl. 758/759 d.A.) bzw. den Bürgermeister O. der Gemeinde N. am Inn (Bl 760/761 d.A.).
b) Die vom Angeklagten Z. verfassten Schreiben an Frau P. und deren Antwortschreiben wurden verlesen (Anlage 5, 6 + 7).
E. Rechtliche Einordnung:
Durch die somit nach Überzeugung der Kammer festgestellten Sachverhalte haben sich die Angeklagten Z. und B. jeweils wie folgt strafbar gemacht:
I. Tat vom 02.02.2018, Ziffer C. I. 1.)
Betreffend die Tat vom 02.02.2018 haben sich beide Angeklagten des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach §§ 86 a Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 4 StGB in Tateinheit mit Sachbeschädigung nach §§ 303 Abs. 1 und Abs. 2, 303 c StGB schuldig gemacht, wobei sie gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB handelten.
Nach § 25 Abs. 2 StGB handelt täterschaftlich im Sinne eines Mittäters derjenige, der er einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinsame Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit eines anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Erforderlich ist insoweit neben einem regelmäßig wesentlichen Tatbeitrag stets ein gemeinsamer Tatentschluss, wobei es keiner ausdrücklichen Absprache bedarf, eine konkludente genügt. Nicht zwingend erforderlich ist des Weiteren eine Mitwirkung am Kerngeschehen, vielmehr reicht im Einzelfall auch ein fördernder Beitrag durch Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen aus. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Frage der Mittäterschaft in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von der Vorstellung eines Beteiligten umfaßt sind, zu beurteilen. Die Verteilung der Tatbeiträge ist ohne Bedeutung und kann daher, wenn die Mittäter insoweit einverständlich handeln, offen bleiben. Maßgebend ist der gemeinsame Wille und die gemeinsame Herrschaft über die Tat (vgl. BGHSt 37, 289 (291); Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 25 Rn. 23 ff. m.w.N.).
Vorliegend sind folgende Erwägungen für die Annahme der Mittäterschaft der Angeklagten betreffend die Tat vom 02.02.2018 relevant:
Zwar hat sich der Angeklagte B. nicht unmittelbar an dem Vorgang des Aufsprühens des Hakenkreuzes an die Außenfassade der Asylbewerberunterkunft beteiligt. Jedoch hat er die Spraydose zur Verfügung gestellt, vor Tatbegehung mit dem Mitangeklagten Z. einen entsprechenden gemeinsamen Tatentschluss und -plan gefasst, sich ebenfalls in unmittelbare Tatortnähe begeben (er hat den Zaun nur aufgrund seiner Fußverletzung nicht überstiegen), so dass eindeutig ein gemeinsamer Wille und eine gemeinsame Herrschaft über die Tat anzunehmen ist.
Auch haben beide Angeklagte schlussendlich eingeräumt, dass ihnen bewusst ist, dass es sich bei dem Hakenkreuz um das zentrale Kennzeichen und Propagandamittel der verbotenen NSDAP handelt und dass sie es in der Absicht, eine Botschaft an die Flüchtlinge zu senden, auf die Hauswand angebracht haben.
II. Tat vom 17.03.2018, Ziffer C. I. 2.)
1.) Durch die Tat vom 17.03.2018 haben sich beide Angeklagten der versuchten schweren Brandstiftung gemäß §§ 306 a Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, wobei sie wiederum gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB handelten.
-
-Bei § 306 a Abs. 1 StGB handelt es sich um abstraktes (Lebens-)Gefährungsdelikt; die Vorschrift stellt ein Verhalten unter Strafe, das typischerweise das Leben von Menschen gefährdet, die sich in den betreffenden Räumlichkeiten aufhalten können.
-
-Wie im Sachverhalt Ziffer C. II. 2. festgestellt, ist es nicht zu einer Inbrandsetzung wesentlicher Teile der Asylbewerberunterkunft gekommen, auch wurden keine Personen verletzt.
-
-Beide Angeklagten hatten aber nach ihrer Vorstellung alles für die Verwirklichung und Vollendung des Deliktes Erforderliche getan:
-Beide haben ihren Brandsatz in Richtung des Asylbewerberheimes, im Bereich der Balkone, geworfen. Sie haben sich direkt nach dem Wurf ihres Molotowcocktails umgedreht und sind sofort weggelaufen, haben das weitere Geschehen dem Schicksal und Zufall überlassen, sich nicht darum gekümmert, wie sich das weitere Geschehen „entwickelt“. Sie haben sich nicht mehr umgedreht und die weitere möglicherweise stattfindende Brandentwicklung mit Übergriff auf das Gebäude beobachtet.
-
-Auch haben sie, und dies reicht für die Tatbestandsverwirklichung aus, eine Inbrandsetzung wesentlicher Gebäudeteile billigend in Kauf genommen, also mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Dies gilt insbesondere auch für den Angeklagten Z., der nach seiner Einlassung hinter Zaun und Garage stehend, über die Garage hinweg seinen Molotow-Cocktail in Richtung Asylbewerberwohnheim warf; er hatte keine direkte Sicht auf sein „Ziel“, hat also quasi ins Blinde geworfen und damit auch in Kauf genommen, dass der Molotow-Cocktail auf dem Balkon landet und dann, wie vom Sachverständigen Dr. Zwicknagl dargelegt, ein Übergreifen der Flammen auf wesentliche Gebäudeteile unmittelbar bevorgestanden hätte, da auf dem Balkon reichlich brennbare Materialien vorhanden gewesen waren.
-
-Nach Überzeugung der Kammer kommt es auf die im Zusammenhang mit der versuchten Verwirklichung des Tatbestandes des § 306 a StGB in Literatur und Rechtsprechung diskutierte teleologische Reduktion nicht an, da zum Tatzeitpunkt am 17.03.2018 tatsächlich in dem Gebäude auch 25 Personen waren, mithin die von § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Strafe gestellte abstrakte Lebensgefährlichkeit gegeben war.
-
-Ein Rücktritt im Sinne des § 24 Abs. 1 und Abs. 2 StGB scheidet aus:
-Beide Angeklagten sind nach ihrem jeweiligen Wurf der Brandsätze sofort geflüchtet, ohne sich noch einmal umzudrehen. Nach ihrer Vorstellung von der Tat war alles zur Vollendung Erforderliche getan.
Es lag somit ein beendeter Versuch aus ihrer Sicht (Rücktrittshorizont) vor und keiner von ihnen hat aktive Erfolgsverhinderung betrieben. Das Mitfahren im Feuerwehrfahrzeug, das dann gar nicht mehr mit Löscharbeiten zum Einsatz kam, genügt nicht.
2.) Eine Strafbarkeit wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung nach § 306 b Abs. 1 StGB schied nach Überzeugung der Kammer demgegenüber aus folgenden Erwägungen aus:
Bei § 306 b StGB handelt es sich um eine Qualifikation in der Form eines erfolgsqualifizierten Delikts. Bzgl. der Erfolgsherbeiführung genügt („wenigstens“) Fahrlässigkeit (§ 18 StGB). Taterschwerende Erfolge sind die Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung bei einer einzelnen Person oder einer einfachen Gesundheitsschädigung bei einer „großen“ Personenzahl. Entsprechend dem bei allen erfolgsqualifizierten Delikten erforderlichen Gefahrverwirklichungszusammenhang muss sich in dem strafschärfenden Erfolg ein i.S. der §§ 306, 306 a StGB tatbestandsspezifisches Brandstiftungsrisiko realisieren.
Der Versuch der besonders schweren Brandstiftung nach § 306 b StGB kommt einmal in der Form der „versuchten Erfolgsqualifizierung“ in Betracht, bei der sich der Vorsatz des Täters auf eine schwere Folge erstreckt, ohne dass sie eintritt.
Zum anderen sind die §§ 306 b, 22 StGB auch als „erfolgsqualifizierter Versuch“ denkbar, bei dem das Grunddelikt im Versuchsstadium stecken bleibt, aber ein qualifizierter Erfolg in tatbestandsspezifischer Weise eintritt (vgl. i.E. Rengier JuS 1998, 397 (400)).
Beide Varianten scheiden hier aus, da weder das Grunddelikt vollendet - keine Inbrandsetzung wesentlicher Gebäudeteile - noch ein qualifizierter Erfolg - keine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen - eingetreten ist.
3.) Tateinheitlich zur versuchten schweren Brandstiftung wurde - im Sinne der natürlichen Handlungseinheit - von den beiden Angeklagten aber der Tatbestand des Herstellens und Führens eines verbotenen Gegenstandes im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. zum WaffG verwirklicht.
Dass es sich bei den von den Angeklagten hergestellten und jeweils geführten Molotow-Cocktail um einen verbotenen Gegenstand nach dem WaffenG, der zur schlagartigen Brandentwicklung geeignet ist, gehandelt hat, ergibt sich unter nochmaliger Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. St3.
III. Tat vom 02.04.2018, Ziffer C. I. 3.)
Durch die Tat vom 02.04.2018 haben sich beide Angeklagten des Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen ohne Erlaubnis entsprechend §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 SprengG, wobei sie ebenfalls gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB handelten.
Insoweit ist nochmals auf die Ausführungen des Sachverständigen KOK Sch. zu verweisen, welcher dargelegt hat, dass es sich bei der Veränderung einer handelsüblichen, frei verkäuflichen Silvesterrakete um einen Umgang mit entgegen § 27 Abs. 1 SprengstoffG explosionsgefährlichen Stoff handelt. Die Rakete verliert - so der Sachverständige KOK Sch. - durch die Veränderung ihre handelsübliche Zulassung und ist somit nach dem SprengstoffG erlaubnispflichtig.
Eine entsprechende sprengstoffrechtliche Erlaubnis hatten die beiden Angeklagten nicht.
IV. Tat vom 11.04.2018, Ziffer C. I. 4.) - nur den Angeklagten B. betreffend -
Der Angeklagte B. hat sich darüber hinaus des unerlaubten Besitzes von 2 Schusswaffen am 11.04.2018 gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 S. 1 zum WaffG Nr. 1.3.4. zum WaffG schuldig gemacht.
Dass die beiden, beim Angeklagten B. sichergestellten Schusswaffen unter diese Normen fallen und somit ihr Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis bedurft hätte, ergibt sich aus den Ausführungen des Diplom-Ingenieur W1 in dem auszugsweise von ihm unter dem 27.08.2018 erstellten Sachverständigengutachten.
F. Strafzumessung:
1.) Strafzumessung bzgl. des Angeklagten B.
a) Anwendung von Jugendstrafrecht
Der am ... 1997 geborene Angeklagte B. war zu den Tatzeiten zwischen 02.02.2018 und 11.04.2018 20 Jahre alt und mithin Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG.
Nach Überzeugung der Kammer ist auf ihn jedoch Jugendstrafe anzuwenden, da sich bei Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit unter Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen bei einer persönlichkeitsorientierten Gesamtbetrachtung ergibt, dass er zum Tatzeitpunkt nicht ausschließbar nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand (vgl. § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG).
Bei dieser Gesamtwürdigung, einem Querschnittsbefund, bezogen auf die Tatzeit und orientiert am Maßstab des psychischen Entwicklungsstandes des Täters, kommt es maßgeblich darauf, ob der Heranwachsende sich noch in einer für Jugendliche typischen Entwicklungsphase befindet, d.h. bei ihm also noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam sind. Maßstab für die Reifebeurteilung ist nicht das Zurückbleiben hinter einem imaginären Durchschnitt Gleichaltriger, weil es keinen bestimmten, sicher abgrenzbaren Typ von Jugendlichen und Heranwachsenden gibt; auch das äußere Erscheinungsbild ist nicht ausschlaggebend, sondern eben die Tatsache, ob noch Entwicklungskräfte in größerem Umfang wirksam sind (vgl. etwa BGHSt 36, 37 (39/40); BGH, NStZ-RR 2011, 218; StV 2013, 762).
Hinsichtlich des persönlichen Werdeganges des Angeklagten B. ist festzustellen, dass dieser von Brüchen und Belastungsaspekten gekennzeichnet war:
Zwar hat er die Schulzeit und die Ausbildung bis ins Jahr 2017 betreffend seine Leistungen eigentlich gut bewältigt; jedoch hat er seit seiner Kindheit - dies haben sowohl Prof. Dr. S1 als auch die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, Frau A1, ausgeführt - eine erhebliche Selbstwertproblematik entwickelt, stets die Außenseiterrolle innegehabt, sich als „Trottel der Nation“, wenig wertgeschätzt und zu Unrecht behandelt gefühlt.
Im Jahr 2017 hat sich diese Selbstwertproblematik dadurch verschärft, dass er zum einen im April 2017, wie dargelegt, einen schweren Arbeitsunfall hatte, mehrere Operationen über sich ergehen lassen musste und über Monate krankgeschrieben war. Als die Wiedereingliederung unmittelbar bevorstand, zog er sich eine Verletzung am Sprunggelenk zu und war wieder über Monate arbeitsunfähig, ein Umstand, der dazu führte, dass er viel allein war und sich in ihm Frustration aufbaute. Erschwerend kam hinzu, dass seine damalige Freundin ihn mit einem Ausländer betrogen hat.
Im Rahmen der persönlichkeitsorientierten Betrachtung ist zudem zu sehen, dass der Angeklagte B. - auch darauf wiesen Prof. Dr. S1 und Frau A1 übereinstimmend hin - extrem in den mütterlichen und familiären Verband eingebunden war, in einer so starken Form, dass er als unreif bis hin zu retardiert beschrieben wird; eine eigenständige Autonomie hat er nicht entwickeln können.
All diese Aspekte führen nach Überzeugung der Kammer im Rahmen der nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG erforderlichen oder gebotenen persönlichkeitsorientierten Betrachtung in Übereinstimmung mit der Ansicht des Sachverständigen Prof. Dr. S1, der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, Frau A1 und der Verteidigung zur Annahme, dass der Angeklagte B. zu den Tatzeitpunkten nicht ausschließbar nach seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand und auf ihn daher Jugendrecht Anwendung findet.
Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Angeklagten eine Entwicklungsunfähigkeit vorliegt, haben sich für die Kammer nicht ergeben, d.h., es konnten keine Feststellungen der Unmöglichkeit der Nachreife getroffen werden. Diese Ausnahmefeststellung (vgl. etwa BGH, NStZ-RR 2003, 186; NStZ 2004, 294; NStZ-RR 2011, 218/219) ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nämlich nur dann zu treffen, wenn zur Tatzeit aufgrund Schwachsinns oder vergleichbar schwerwiegender Diagnosen so gravierende Entwicklungsdefizite oder unbehebbare Entwicklungshindernisse bestanden, dass eine Nachreifung unmöglich erscheint. Im vorliegenden Fall fehlen entsprechende tatsächliche Voraussetzungen (Diagnosen).
b) Verhängung von Jugendstrafe
Im konkreten Fall macht nach Überzeugung des Gerichts sowohl das Vorliegen „schädlicher Neigungen“ als auch zweifelsohne die „Schwere der Schuld“ die Verhängung von Jugendstrafe gegen den Angeklagten B. erforderlich (vgl. § 17 Abs. 2 JGG).
(1)
Dass beim Angeklagten B. schädliche Neigungen in den Taten erkennbar wurden, also Anlage- oder Erziehungsmängel, die bereits vor Tatbegehung bestanden und darauf Einfluss hatten, zum Urteilszeitpunkt noch vorhanden sind und ohne längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten in sich bergen (st. Rspr. des BGH, z.B. im Beschluss vom 08.01.2015, 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154/155; Beschluss vom 06.02.2018, 3 StR 532/17, NStZ 2018, 658/659) ergibt sich für die Kammer auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er nicht vorbestraft und geständig war, daraus, dass er mehrere Straftaten - am 02.02.2018, 17.03.2018, 02.04.2018 und 11.04.2018 - und damit bei hoher Rückfallgeschwindigkeit geplant, begangen und danach verstärkend kommentiert hat, vor allem aber, weil bei ihm seit längerer Zeit (mindestens November 2013) eine verfestigte rechtsextreme, ausländerfeindliche und menschenverachtende Gesinnung vorlag, die auch Motivation für alle Taten war, die nicht spontan, sondern mit einem gewissen „Vorlauf“ begangen wurden.
(2)
Die Voraussetzungen der „Schwere der Schuld“ bestimmen sich nicht primär nach dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat, dem keine selbständige, sondern nur indizielle Bedeutung zukommt, sondern maßgeblich nach der inneren Tatseite (Persönlichkeit, Tatmotivation, Bezug zur Tat, Grad der Schuldfähigkeit); dabei sind zur Bestimmung der zurechenbaren Schuld auch die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts einschließlich etwaiger gesetzlich vertypter Milderungsgründe als Maßstab heranzuziehen, weil darin die gesetzgeberische Einstufung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt; der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist dann noch insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit, die charakterliche Haltung und die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden gezogen werden können (BGH, Beschluss vom 17.12.2014, 3 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 155/156, und Beschluss vom 22.01.2014, 5 StR 555/13, NStZ-RR 2014, 119/120; BGH, Urteil vom 09.01.2018 - 1 StR 239/17, NStZ 2018, 659; Urteil vom 18.07.2018 - 2 StR 150/18, NStZ 2018, 728 f.). Von dem bisher bejahten zusätzlichen Erfordernis einer noch bestehenden Notwendigkeit und Möglichkeit der besonderen erzieherischen Einwirkung (s.z.B. BGH, Urt. Vom 29.09.1961, 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261/263; KG Berlin, Beschluss vom 17.02.2012, StV 2013, 35/36; BGH, Beschluss vom 22.01.2014) hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 06.05.2013, 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658/659) inzwischen Abstand genommen, weil weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 2 JGG eine Stütze für die o.g. Auffassung ergäben.
Unter Berücksichtigung dieser Erfordernisse ist von der „Schwere der Schuld“ zum einen deshalb auszugehen, weil der Angeklagte B. binnen kurzer Zeit mehrere Taten und davon einen Straftatbestand mit erhöhtem Strafrahmen - im Erwachsenenstrafrecht ist für die Verwirklichung des Tatbestandes der schweren Brandstiftung nach § 306 a StGB Freiheitsstrafe von 1-15 Jahren vorgesehen - verwirklicht hat und dies bei erhaltener Einsichts- und Steuerungsfähigkeit. Zudem ist zu sehen, dass den Taten eine rassistische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Gesinnung (§ 46 Abs. 2 StGB) zugrunde lag, eine Gesinnung, die bereits seit zumindest 2013 bestand, sich nach dem Kontakt zu Z. im Jahr 2017 deutlich steigerte und von der er sich erst während der Inhaftierung schrittweise zu distanzieren begonnen hat.
Diese innere Tatseite und Tatmotivation, die zu den Taten vom 02.02.2018, 17.03.2018 und 02.04.2018 geführt haben, rechtfertigen die Annahme des Vorliegens der „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG.
Die Verhängung von Jugendstrafe (als ultima ratio) ist daher hier erzieherisch geboten. Nicht lediglich Übermut und Leichtsinn waren die Triebfedern für seine Tat, sondern eine zur Tatzeit bestehende ausländerfeindliche Gesinnung (s.oben).
c) Strafrahmen
Bei der Notwendigkeit der Verhängung einer Jugendstrafe gegen einen Heranwachsenden wie den Angeklagten B. sieht § 105 Abs. 3 JGG einenStrafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor.
d) Strafzumessung im engeren Sinne/Bemesseung der Dauer der Jugendstrafe:
Bei der Bemessung der Dauer der Jugendstrafe (§ 18 JGG) ist zunächst der soeben benannte rechtliche Strafrahmen zu betrachten; daneben sind indiziell die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts, insbesondere wegen etwaiger gesetzlich vertypter Milderungsgründe zu berücksichtigen und dann die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen sowie der Erziehungsbedarf zu gewichten; denn dem Erziehungsgedanken muss die ihm zukommende Beachtung geschenkt und das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafverbüßung für die Weiterentwicklung des Täters abgewogen werden (BGH, Beschluss vom 28.02.2012, StV 2013, 37; Beschluss vom 15.05.2012, StV 2013, 38; Beschluss vom 09.01.2014, StV 2014, 724/743; Beschluss vom 09.02.2014, NStZ 2014, 407/408).
Daneben sind - gerade bei schwerwiegenden Taten - neben dem Erziehungsgedanken auch andere Strafzwecke wie Sühne und Schuldausgleich zu beachten; alle Aspekte sind miteinander in Einklang zu bringen (BGH, Urteil vom 16.11.1993, 4 StR 591/93, StV 1994, 598/599; Urteil vom 04.08.2016, 4 StR 142/16, NStZ 2017, Heft 4, S. VI; HansOLG, Beschluss vom 21.07.2017, 1 Ws 73/17, NStZ 2017, 544). Erziehungsgedanke und gerechter Schuldausgleich stehen grundsätzlich miteinander in Einklang. Bei schweren Gewalt- oder Gefährdungsdelikten kann die Schwere der Schuld auch eigenständige Bedeutung erlangen; der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs darf dann - gerade bei einem Heranwachsenden, der zur Tatzeit fast schon 21 Jahre alt war - nicht völlig hinter dem Erziehungsgedanken zurücktreten (BGH, Urteil vom 18.07.2018 - 2 StR 150/18, NStZ 2018, 728 f.)
Zugunsten des Angeklagten B. war aus Sicht der Kammer zu berücksichtigen:
- im Sinne der festgestellten Sachverhalte abgegebenes, von Reue und Einsicht geprägtes Geständnis
- persönliche Entschuldigungsschreiben vom 25.09.2019 an Fr. P. (Vorsitzende des Asylhelferkreises) und Hrn. O. (Bürgermeister) sowie vom 24.10.2018 (Hrn. K., Bewohner der Asylbewerberunterkunft), Bemühen um die Herbeiführung einer Schlichtungsvereinbarung und persönliche Entschuldigung gegenüber der Zeugin J1 in der Hauptverhandlung bei gleichzeitigem Angebot einer Schadenswiedergutmachung durch Arbeitsleistungen
-
-nochmalige Bekundung des Bedauerns und der Reue im letzten Wort
-
-alkoholbedingte Enthemmung zur Tatzeit - wenn auch die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit bei den Taten weder erheblich vermindert (§ 21 StGB) noch gänzlich aufgehoben (§ 20 StGB) war -, die die Tat ebenso wie die sich entwickelnde Dynamik („Aufschaukeln“) im gemeinsamen Handeln mit dem Mitangeklagten Z. begünstigt hat
-
-Tat vom 17.03.2018 ist im Versuchsstadium stecken geblieben
-
-der Angeklagte B. ist nicht vorgeahndet
-
-Zugunsten des Angeklagten B. konnte die Kammer nicht von dem Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 306 a Abs. 3 StGB ausgehen und zwar aus folgenden Erwägungen:
Bei der Prüfung dieser Frage ist zunächst eine Gesamtbetrachtung notwendig, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe bleiben in dieser Prüfungsstufe noch außer Betracht.
Insoweit hat im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zwar zugunsten des Angeklagten B. Berücksichtigung gefunden, dass er ein Geständnis abgelegt hat, auch Einsicht in sein strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt und sich persönlich bereits durch die Schreiben vom 25.09.2018 und 24.10.2018 bei Frau P., Herrn O. und Herrn K. entschuldigt hat, dann nochmals bei der Zeugin J1 im Rahmen der Hauptverhandlung; auch der Aspekt, dass die Taten durch eine alkoholbedingte Enthemmung sowie eine sich zwischen B. und Z. entwickelnde Dynamik begünstigt wurde, ist von der Kammer gewertet worden. Dem stand zur Überzeugung der Kammer aber gegenüber, dass der Angeklagte B. mehrere Straftaten - am 02.02.2018, 17.03.2018, 02.04.2018 und 11.04.2018 - und damit bei hoher Rückfallgeschwindigkeit begangen hat, vor allem aber, dass bei ihm seit längerer Zeit (mindestens November 2013) eine verfestigte rechtsextreme und ausländerfeindliche Gesinnung vorlag, die auch Motivation für alle Taten war und alle Taten nicht spontan, sondern mit einem gewissen „Vorlauf“ begangen wurden. Die Tat vom 17.03.2018 war zudem von einer hohen Gefährlichkeit, da die von beiden Angeklagten gebauten Molotow-Cocktails - darauf wies der Sachverständige Dr. St3 ausdrücklich hin - was Bauart und Qualität anbelangt „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren.
All diese Umstände sprechen nach Überzeugung der Kammer in der Gesamtschau dafür, dass das Bild der dem Angeklagten B. zur Last liegenden Tat vom 17.03.2018 insgesamt vom Regelfall nicht so weit nach unten abweicht, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene.
Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht nach Prüfung, ob gesetzlich vertypte Milderungsgründe vorliegen und bei der Frage, ob unter Berücksichtigung solcher Gründe der Ausnahmestrafrahmen heranzuziehen wäre:
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass zwar von einer alkoholbedingten Enthemmung des Angeklagten B. zur Tatzeit auszugehen, aber Aspekte, die für eine erhebliche Einschränkung oder gar Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB führen könnten, wie dargelegt, nicht ersichtlich waren.
Die Kammer konnte zugunsten des Angeklagten B. nicht den erfolgreichen Abschluss eines Täter-Opfer-Ausgleiches im Sinne von § 46 a Nr. 1 StGB annehmen:
Zunächst ist zu betonen, dass hier § 46 a Nr. 1 StGB (betrifft immateriellen Schadensausgleich, Nr. 2 demgegenüber vorrangig materiellen Schadensausgleich; vgl. BGH NStZ 2012, 439 (440)) primär geprüft wurde, wonach für den Fall, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt hat (immaterieller Schadensausgleich), das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern kann.
Das Verhalten muss dabei aber Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein, unter Respektierung der Opferrolle und Bekennung der eigenen Schuld des Täters (BGH NStZ-RR 2010, 176/177). Erforderlich ist ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer, der auf die Lösung des der Tat zugrundeliegenden Gesamtkonfliktes im Sinne des Bemühens um friedensstiftende Wirkung abzielt (BGH StV 2008, 463/464 und 2010, 303, NStZ 2012, 439/440; Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 46 a, Rn. 10 ff. m.w.N.).
Als Ausgangspunkt für die friedensstiftende Wirkung des kommunikativen Prozesses mit Verantwortungsübernahme des Täters wird aber in der Regel dessen Geständnis verlangt, insbesondere bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten (BGHSt 48, 134 (141/142)), weil gerade in diesen Deliktsbereichen das ernsthafte und freiwillige Schuldbekenntnis des Täters wichtig ist für das Opfer, um entlastet und respektiert zu werden, so die Tat verarbeiten und sich auf einen friedensstiftenden Prozess einlassen zu können. Nur, wenn dieser schon außerhalb des Strafverfahrens erfolgreich gelungen ist, kann ausnahmsweise vom Erfordernis eines Geständnisses in der Hauptverhandlung abgesehen werden (BGH StV 2008, 464).
Andererseits ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen und in wertender Betrachtung festzustellen, inwieweit der/die Täter freiwillig Verantwortung übernommen hat/haben, um nämlich einer Entwicklung des Täter-Opfer-Ausgleichs zu einem Freikauf von ehrlicher Verantwortung (und Strafe) entgegenzuwirken (BGHSt 48, 134 (142); OLG Hamm, Beschluss vom 30.08.2007, 3 Ss 266/07, NStZ-RR 2008, 71).
Schließlich ist darauf zu verweisen, dass für den Fall, dass durch eine Straftat mehrere Opfer betroffen sind, hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Alternative des § 46 a StGB erfüllt sein muss, um zur Annahme eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleiches zu gelangen (BGH, NStZ-RR 2013, 372; NStZ 2012, 439 f.).
Unter Berücksichtigung dieser, von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze, ist betreffend den Angeklagten B. festzustellen, dass es erkennbar noch nicht mit allen Betroffenen - allen Bewohnern, die am 17.03.2018 zur Tatzeit in der Asylbewerberunterkunft waren - zu einem kommunikativen Prozess gekommen ist (allenfalls beginnend betr. Herrn K. durch das Entschuldigungsschreiben vom 24.10.2018 und bzgl. der Zeugin J1, bei der der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung entschuldigte), so dass die Annahme eines umfassenden Täter-Opfer-Ausgleichs bereits daran scheitert.
Es liegt aber der gesetzlich vertpyte Milderungsgrund des §§ 22, 23 Abs. 1 StGB vor, da die Tat vom 17.03.2018 nicht zur Vollendung gelangt ist, was aber eher Glück als ein Verdienst der Angeklagten war.
Trotzdem kommt die Kammer auch unter Berücksichtigung dieses vorliegenden, gesetzlich vertypten Milderungsgrundes nicht zur Annahme, dass die Tat vom 17.03.2018 insgesamt vom Regelfall so weit nach unten abweicht, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche. Denn es ist zu sehen, dass bereits vor dem 17.03.2018 - nämlich am 02.02.2018 - und auch danach - am 02.04.2018 - und damit bei hoher Rückfallgeschwindigkeit und wiederholt die Asylbewerberunterkunft Ziel des strafrechtlich relevanten Verhaltens des Angeklagten B. wurde, alle Taten zudem Ausdruck seiner verfestigten rassistischen, fremdenfeindlichen und menschenverachtenden Gesinnung waren.
Zugunsten des Angeklagten B. konnte die Kammer entgegen der Ansicht der Verteidigung auch nicht berücksichtigen, dass er sich bereits seit fast 8 Monaten in Untersuchungshaft befindet.
Eine Berücksichtigung konnte unter Heranziehung der von der Rechtsprechung insoweit entwickelten Grundsätze (vgl. BGH StV 2009, 80; NJW 2006, 2645) deshalb nicht stattfinden, weil bei ihm keine erhöhte Haftempfindlichkeit vorliegt: Er hat während der Untersuchungshaft vielfältige persönlichen Kontakte zu Familienangehörigen und Freunden, persönlich und brieflich; es besteht auch sprachlich keine Isolationssituation zu Mitgefangenen, so dass keinerlei Aspekte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ihn die Untersuchungshaft über das gewöhnlich mit ihr einhergehende Maß besonders belastet; das psychische Tief im Juli/August 2018 war eine Haftanpassungsstörung, die er relativ bald überwunden hat
-
-Weitere Strafmilderungsaspekte konnte die Kammer nicht berücksichtigen, insbesondere lagen, wie bereits ausgeführt, außer §§ 22, 23 Abs. 1 StGB - der wie Seite 36 ausgeführt allgemein Berücksichtigung gefunden hat - keine weiteren gesetzlich vertypten Milderungsgründe vor.
-Zulasten des Angeklagten B. fiel demgegenüber Folgendes ins Gewicht:
-
-Verwirklichung mehrerer tateinheitlicher Straftatbestände bzgl. der Taten vom 02.02.2018 und 17.03.2018
-
-Motivation der Taten aus rassistischer, fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gesinnung, ohne dass die abstrakt gefährdeten Opfer auch nur einen irgendwie gearteten Anlass gegeben hätten
-
-hohe Gefährlichkeit der Tat vom 17.03.2018, da die gebauten Molotow-Cocktails, was Bauart und Qualität anbelangt, „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren
-
-die Zeugin E1 J1, unter deren Balkon einer der Molotow-Cocktails aufschlug und Feuer fing, wodurch sie, als sie den Feuerschein wahrnahm, erhebliche Angst bekam, auch um ihren kleinen Sohn und das Kind, mit dem sie damals schwanger war, hat längerfristig Angst gehabt, gleiches schildert sie auch von anderen Bewohnern
-
-bezüglich der Tat vom 02.04.2018 zu sehen ist, dass durch die erneute Explosion des Sprengsatzes unmittelbar vor dem Asylbewerberwohnheim Schrecken und Angst der Bewohner erneuert und verschärft wurden
Bei der Bemessung der unter Zugrundelegung dieser zugunsten und zulasten des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte und unter dem im Jugendstrafrecht geltenden Erziehungsgedanken zu findenden Jugendstrafe ist schließlich auch der von der Rechtsprechung anerkannte Aspekt zu berücksichtigen, dass eine Jugendstrafe nicht so gering bemessen werden darf, dass das Maß der Schuld unangemessen „verniedlicht“ und damit zugleich zwangsläufig erzieherische Zwecke verfehlt werden (BRUNNER/DÖLLING, JGG, 12. Aufl. 2011, § 18 Rn. 8 m.w.N.). Dabei ist - auch wenn hier Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt - die gesetzliche Wertung des § 306 a Abs. 1 StGB zu sehen, der betr. die Tat vom 17.03.2018 bei Verwirklichung des Tatbestandes der schweren Brandstiftung die Verhängung von Freiheitsstrafe von 1-15 Jahren vorsieht, also von einem erhöhten Strafrahmen ausgeht. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers hat auch bei der Bemessung der Jugendstrafe anerkanntermaßen Bedeutung (s.i.Ü. oben d)).
Unter Berücksichtigung all dieser genannten Aspekte ist die Kammer der Überzeugung, dass die Verhängung einer
Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig ist, um auf den Angeklagten B. erzieherisch einzuwirken und einen gerechten Schuldausgleich zu bewirken (§ 18 Abs. 2 JGG).
2.) Angeklagter Z.
a) Strafrahmen
Der Angeklagte Z. war zu den Tatzeitpunkten Erwachsener, so dass sich als Ausgangspunkt der Rechtsfolgenerwägungen für die einzelnen Taten zunächst Folgendes ergibt:
Tat vom 02.02.2018:
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen:
§ 86 a Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe
Insoweit handelt es sich um den höheren Strafrahmen im Verhältnis zu dem für die tateinheitlich verwirklichte Sachbeschädigung vorgesehenen (Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe)
Tat vom 17.03.2018:
Versuch der schweren Brandstiftung: § 306 a Abs. 1 StGB:
Freiheitsstrafe von 1-15 Jahren
Tat vom 02.04.2018:
Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen ohne Erlaubnis: §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 SprengG
Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe
b) Prüfung möglicher Strafrahmenverschiebungen:
(1)
Nach Überzeugung der Kammer konnte auch betreffend den Angeklagten Z. hinsichtlich der Tat vom 17.03.2018 - versuchte schwere Brandstiftung - nicht von einem minder schweren Fall im Sinne des § 306 a Abs. 3 StGB ausgegangen werden, und zwar aus folgenden Erwägungen:
Im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zwar zugunsten des Angeklagten Z. zwar sein Geständnis, die Entschuldigung bei Frau P. mit Schreiben vom 22.08.2018 und gegenüber der Zeugin J1 in der Hauptverhandlung zu sehen, ebenso, dass die Taten durch eine alkoholbedingte Enthemmung sowie eine sich zwischen ihm und B. entwickelnde Dynamik begünstigt wurden.
Dem stand zur Überzeugung der Kammer aber gegenüber, dass der Angeklagte Z. mehrere Straftaten - am 02.02.2018, 17.03.2018 und 02.04.2018 - und damit bei hoher Rückfallgeschwindigkeit begangen hat, vor allem aber, dass auch bei ihm eine verfestigte rechtsextreme und ausländerfeindliche Gesinnung vorlag, die auch Motivation für alle Taten war und alle Taten nicht spontan, sondern mit einem gewissen „Vorlauf“ begangen wurden. Die Tat vom 17.03.2018 war zudem von einer hohen Gefährlichkeit, da die von beiden Angeklagten gebauten Molotow-Cocktails - darauf wies der Sachverständige Dr. St3 ausdrücklich hin - was Bauart und Qualität anbelangt „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren.
All diese Umstände sprechen nach Überzeugung der Kammer in der Gesamtschau dafür, dass das Bild der dem Angeklagten Z. zur Last liegenden Tat vom 17.03.2018 insgesamt vom Regelfall nicht so weit nach unten abweicht, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene.
- Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht nach Prüfung, ob gesetzlich vertypte Milderungsgründe vorliegen und bei der Frage, ob unter Berücksichtigung solcher Gründe der Ausnahmestrafrahmen heranzuziehen wäre:
Ebenso wie beim Angeklagten B. ist zwar von einer alkoholbedingten Enthemmung des Angeklagten Z. zu den Tatzeiten auszugehen, aber Aspekte, die für eine erhebliche Einschränkung oder gar Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB führen könnten, sind aber nicht ersichtlich.
Gleichfalls scheidet die Annahme eines Täter-Opfer-Ausgleiches unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze nach § 46 a StGB aus, da es erkennbar nicht mit allen Betroffenen - allen Bewohnern, die am 17.03.2018 zur Tatzeit in der Asylbewerberunterkunft waren - zu einem kommunikativen Prozess gekommen ist (allenfalls beginnend bzgl. der Zeugin J1, bei der der Angeklagte sich entschuldigte).
Schließlich liegt - auch wenn er im Ermittlungsverfahren durchaus kooperativ war - keine Aufklärungshilfe des Angeklagten Z. nach § 46 b StGB vor, auch wenn er im Rahmen der Hauptverhandlung angab, er sei bereits einige Tage vor der Tat vom 17.03.2018 gemeinsam mit B. und einem Molotow-Cocktail zum Asylbewerberheim im H.weg 7 in N. am Inn gegangen; auch damals hätten sie gemeinsam einen Sprengsatz in Richtung des Heimes geworfen (laut KOK St4 liegen insoweit keinerlei polizeilichen Erkenntnisse vor). Denn zum einem sind dadurch keinerlei neue, sog. konnexe Taten noch Täter bekannt geworden, zum anderen wäre formal gesehen diese „Aufklärungshilfe“ präkludiert (vgl. § 46 b Abs. 3 StGB), da sie erst im Rahmen der Hauptverhandlung und damit eindeutig nach Eröffnung des Hauptverfahrens am 22.10.2018 erfolgt wäre.
Es liegt aber der gesetzlich vertpyte Milderungsgrund des §§ 22, 23 Abs. 1 StGB vor, da die Tat vom 17.03.2018 nicht zur Vollendung gelangt ist.
Trotzdem kommt die Kammer auch unter Berücksichtigung dieses vorliegenden, gesetzlich vertypten Milderungsgrundes nicht zur Annahme, dass die Tat vom 17.03.2018 insgesamt vom Regelfall so weit nach unten abweicht, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche. Denn es ist zu sehen, dass bereits vor dem 17.03.2018 - nämlich am 02.02.2018 - und auch danach - am 02.04.2018 - und damit bei hoher Rückfallgeschwindigkeit und wiederholt die Asylbewerberunterkunft Ziel des strafrechtlich relevanten Verhaltens des Angeklagten Z. wurde, alle Taten zudem Ausdruck seiner verfestigten rassistischen, fremdenfeindlichen und menschenverachtenden Gesinnung waren.
(2)
Die Kammer ist jedoch der Überzeugung, dass eine Strafrahmenverschiebung bezüglich der Tat vom 17.03.2018 im Hinblick darauf, dass sie unvollendet geblieben ist, über die §§ 22, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB geboten ist, mit der Folge, dass betreffend diese Tat Ausgangspunkt der Strafzumessung - eigentlich - ein Strafrahmen von 3 Monaten - 11 Jahren 3 Monaten Freiheitsstrafe wäre.
Da der gleichzeitig zur versuchten schweren Brandstiftung vollständig verwirklichte Tatbestand des Herstellens und Führens eines verbotenen Gegenstandes im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4. zum WaffG jedoch einen Strafrahmen von 6 Monaten - 5 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, ist wegen der Sperrwirkung (vgl. § 52 Abs. 2 S. 2 StGB) einStrafrahmen von 6 Monaten - 11 Jahren 3 Monaten Ausgangspunkt der Strafzumessung.
(3)
Weitere Aspekte für eine Strafrahmenverschiebung bzgl. auch nur einer der von dem Angeklagten Z. verwirklichten Taten haben sich für die Kammer nicht ergeben.
c) Strafzumessung im engeren Sinne, § 46 StGB:
Zugunsten des Angeklagten Z. sprachen aus Sicht der Kammer folgende Erwägungen:
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-im Sinne der festgestellten Sachverhalte abgegebenes, von ehrlicher Reue und Einsicht geprägtes Geständnis
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-persönliche Entschuldigungsschreiben an Fr. P. (Vorsitzende des Asylhelferkreises) vom 22.08.2018 sowie persönliche Entschuldigung gegenüber der Zeugin J1 im Rahmen der Hauptverhandlung
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-nochmalige Bekundung des Bedauerns und der Reue im letzten Wort
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-alkoholbedingte Enthemmung zur Tatzeit - wenn auch die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit bei den Taten weder erheblich vermindert (§ 21 StGB) noch gar gänzlich aufgehoben (§ 20 StGB) war -, die die Tat ebenso wie die sich entwickelnde Dynamik („Aufschaukeln“) im gemeinsamen Handeln mit dem Mitangeklagten Z. begünstigt hat
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-zugunsten konnte die Kammer demgegenüber - ebenso wenig wie bei B. - berücksichtigen, dass der Angeklagte Z. sich bereits seit fast 8 Monaten in Untersuchungshaft befindet, da keine Aspekte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ihn die Untersuchungshaft über das gewöhnlich mit ihr einhergehende Maß besonders belastet
Zulasten des Angeklagten Z. hat die Kammer demgegenüber Folgendes berücksichtigt:
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-Verwirklichung mehrerer tateinheitlicher Straftatbestände bzgl. der Taten vom 02.02.2018 und 17.03.2018
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-Motivation der Taten aus rassistischer, fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gesinnung, ohne dass die abstrakt gefährdeten Opfer auch nur einen irgendwie gearteten Anlass gegeben hätten
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-hohe Gefährlichkeit der Tat vom 17.03.2018, da die gebauten Molotow-Cocktails, was Bauart und Qualität anbelangt, „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren
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-die Zeugin E1 J1, unter deren Balkon einer der Molotow-Cocktails aufschlug und Feuer fing, wodurch sie, als sie den Feuerschein wahrnahm, erhebliche Angst bekam, auch um ihren kleinen Sohn und das Kind, mit dem sie damals schwanger war, hat längerfristig Angst gehabt, gleiches schildert sie auch von anderen Bewohnern
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-bezüglich der Tat vom 02.04.2018 zu sehen ist, dass durch die erneute Explosion des Sprengsatzes unmittelbar vor dem Asylbewerberwohnheim Schrecken und Angst der Bewohner erneuert und verschärft wurden
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-abweichend vom Angeklagten B. konnte beim Angeklagten Z. auch der Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung strafschärfend Berücksichtigung finden:
Der Strafzweck der Generalprävention ist in § 46 Abs. 1 StGB zwar nicht ausdrücklich genannt; es ergibt sich aber aus §§ 47 Abs. 1, 56 Abs. 3, 59 Abs. 1 Nr. 3 StGB, dass er ein wesentlicher Gesichtspunkt der Strafe ist und bei der Bemessung ihrer Höhe berücksichtigt werden kann (vgl. auch BGHSt 34, 151; NJW 1990, 195). Die Strafe hat danach auch die Aufgabe, die Geltung der durch die Tat verletzten Rechtsordnung zu bestätigen und künftigen Verletzungen durch den Täter selbst oder durch andere vorzubeugen. Dabei geht es um den Schutz der Rechtsgüter, aber auch um die Durchsetzung der Rechtsordnung selbst mit dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in den Schutz der Rechtsordnung und damit auch die Rechtstreue der Bürger zu stärken. Die Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte setzt insbesondere betreffend die straferhöhende Berücksichtigung voraus, dass eine gemeinschaftsgefährdende Zunahme von entsprechenden Straftaten festgestellt wurde (NStZ 2007, 702) und dass die Gefahr der Nachahmung besteht (vgl. Fischer, a.a.O., § 46 Rn. 10-12 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind betreffend die vom Angeklagten Z. begangenen Taten, die jeweils als Zielobjekt das von Flüchtlingen und Asylbewerbern bewohnte Heim hatten und von rassistischen, fremdenfeindlichen und menschenverachtender Gesinnung geprägt waren, gegeben; es ist allgemein aus Medien und Politik bekannt, dass die von einer derartigen Gesinnung motivierten Taten in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland in einem nicht zu akzeptierenden Ausmaß zugenommen haben.
- in gewissem Umfang hat die Kammer - aber untergeordnet - auch berücksichtigt, dass der Angeklagte Z. bisher einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist
Unter Berücksichtigung der für die einzelnen Taten jeweils zugrunde liegenden, genannten Strafrahmen, die Ausgangspunkt der Strafzumessung sind, sowie sämtlicher Strafzumessungskriterien ist die Kammer der Überzeugung, dass die Verhängung folgender Einzelstrafen tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich ist, um auf den Angeklagten Z. einzuwirken und dem Schuldausgleich gerecht zu werden:
-> Tat vom 02.02.2018 (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Mittäterschaft)
= Freiheitsstrafe von 6 Monaten
-> Tat vom 17.03.2018 (versuchte schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Herstellen und Führen eines verbotenen Gegenstandes in Mittäterschaft)
= Freiheitsstrafe von 3 Jahren
-> Tat vom 02.04.2018 (gemeinschaftlicher Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen ohne Erlaubnis)
= Freiheitsstrafe von 1 Jahr
Aus diesen Einzelstrafen war gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden.
Dabei war die Einsatzstrafe von 3 Jahren angemessen zu erhöhen. Die Kammer hat neben den für und gegen den Angeklagten Z. sprechenden Gesichtspunkten nochmals abgewogen, dass zwischen den Taten ein enger motivationaler, raum-zeitlicher und situativer Zusammenhang bestand.
Im Ergebnis hielt die Kammer daher unter Berücksichtigung des Gesamtstrafübels, aber auch der gesetzlichen Strafzwecke sowie der Vollstreckungsfolgen (BGH, Beschluss vom 29.11.2012, 5 StR 522/12, NStZ-RR 2013, 108) eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten
für tat- und schuldangemessen, erforderlich, aber auch ausreichend, also verhältnismäßig.
G. Ablehnung des Antrages auf Einziehung
Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einziehung des beim Angeklagten Z. sichergestellten Smartphones, Samsung Galaxy S8, war abzulehnen.
Gemäß § 74 Abs. 1 StGB können zwar Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel) eingezogen werden.
Damit wird dem Gericht bei der Entscheidung über die Einziehung ein Ermessensspielraum eingeräumt.
Nach Überzeugung der Kammer ist die Einziehung bereits unter Berücksichtigung der Erwägung, dass der Angeklagte Z. im Rahmen der Hauptverhandlung (vgl. Protokoll) sein Einverständnis mit der datenmäßigen Bereinigung erklärt hat, (Löschung sämtlicher gespeicherter Daten), nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig
Zudem ist gemäß § 74 Abs. 3 StGB die Einziehung nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören bzw. zustehen.
Sacheigentümer des beim Angeklagten Z. sichergestellten Smartphones, Samsung Galaxy S8, ist aber seine Freundin, Frau Ch. M2.
Die Voraussetzungen nach § 74 a StGB, wonach - ausnahmsweise - auch die Einziehung fremder, nicht im Eigentum des Angeklagten stehender Gegenstände zulässig ist, sind hier nicht erfüllt.
H. Kostenentscheidung:
Die Kostenentscheidung folgt betreffend den Angeklagten B. aus § 74 JGG, bezüglich des Angeklagten Z. aus §§ 464, 465 StPO.