Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2013 - 1 StR 178/13

bei uns veröffentlicht am06.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 178/13
vom
6. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: sexueller Nötigung u.a.
zu 2.: Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 20. Dezember 2012 unter Erstreckung auf die Mitangeklagte J. dahingehend abgeändert, dass
a) die Angeklagte N. der gefährlichen Körperverletzung und der sexuellen Nötigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) die Mitangeklagte J. der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision der Angeklagten und die Revision des Angeklagten R. werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat die Angeklagte N. und die nicht revidierende Mitangeklagte J. aufgrund verschiedener Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin u.a. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen verurteilt. Den Schuldsprüchen wegen dieses Delikts in den Fällen III.B.3. und III.B.4. der Urteilsgründe liegt folgendes tatsächliche Geschehen zugrunde:
2
1. Nachdem beide im Zusammenwirken mit dem Angeklagten R. und einem weiteren nicht revidierenden Mitangeklagten die Nebenklägerin über mehrere Stunden misshandelt und gedemütigt hatten, zwangen diese die Nebenklägerin unter Androhung von Schlägen, sich nackt in eine Badewanne zu stellen. Dort führte ihr die Mitangeklagte J. in Anwesenheit und mit Billigung der Angeklagten N. einen mit Gleitgel versehenen Vibrator in den Anus ein. Auf die dadurch hervorgerufenen Schmerzensschreie der Nebenklägerin reagierten sie mit lautem Gelächter (Fall III.B.3. der Urteilsgründe). Einige Zeit später brachten beide die Nebenklägerin unter Drohung mit Schlägen dazu, bei dem Angeklagten R. für einige Minuten den Oralverkehr auszuführen. Da sich bei diesem jedoch keine Erektion einstellte, wurde der weitere Vollzug abgebrochen (Fall III.B.4. der Urteilsgründe).
3
2. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. April 2013 zutreffend ausgeführt hat, belegen diese Feststellungen den Schuldspruch gegen die Angeklagte N. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen nicht. Nach der wesentlich auf den Wortlaut „der Täter“ in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB abstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht das genannte, eigenständig zu tenorierende Regelbeispiel nur derjenige Tatbe- teiligte, der in eigener Person eine der in der Vorschrift genannten sexuellen Handlungen verwirklicht (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2000 - 2 StR 635/99, NStZ-RR 2000, 326 und vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08, NStZ-RR 2009, 278). Tatbeteiligte, bei denen diese eigenhändige Verwirklichung nicht vorliegt, können nicht als Mittäter einer Vergewaltigung verurteilt werden (BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Die Angeklagte N. hat in keinem der beiden Fälle ein von den Sexualhandlungen der Vergewaltigung erfasstes Verhalten in eigener Person vollzogen.
4
Da jedoch nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen die Voraussetzungen einer sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB jeweils erfüllt waren, war der Schuldspruch entsprechend zu berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil die vollumfänglich geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
Angesichts der nach den festgestellten Gesamtumständen der sich über rund 24 Stunden erstreckenden Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen der Nebenklägerin ungewöhnlich niedrigen Strafe schließt der Senat aus, dass das Tatgericht zu einer noch geringeren Jugendstrafe gelangt wäre, wenn es in den Fällen III.B.3. und 4. der Urteilsgründe von sexuellen Nötigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB statt von Vergewaltigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen wäre.
6
3. Dass die Angeklagte N. im Fall III.B.3. der Urteilsgründe nicht zusätzlich wegen Nötigung gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, weil sie gemeinsam mit der Mitangeklagten J. die Nebenklägerin durch Drohung mit Misshandlungen dazu gezwungen hat, sich zeitlich vor der analen Penetration durch die Mitangeklagte J. den Vibrator selbst vaginal einzuführen, hat sich nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt.
7
4. Die Angriffe der Revision der Angeklagten N. gegen die Verhängung einer Jugendstrafe und deren Bemessung dringen nicht durch.
8
a) Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung der Revision, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17Abs. 2 JGG könne grund- sätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außerhalb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 - 3 StR 404/09, NStZ-RR 2010, 56 f. und vom 28. September 2010 - 5 StR 330/10, StV 2011, 588 f.), die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat (etwa BGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 - 4 StR 656/97, StV 1998, 332, 333; weit. Nachw. bei Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2013, Band 6, JGG § 17 Rn. 67).
9
b) Im Übrigen neigt der Senat dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungs- fähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 re. Spalte/S. 41 li. Spalte) deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestig- ten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1981 - 1 StR 634/81, StV 1982, 121; vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - 5 StR 486/97; Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derartigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f. und vom 20. März 1996 - 3 StR 10/96, StV 1998, 344; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 StR 182/96, NStZ 1996, 496 f.).
10
c) Ob faktische Erziehungsfähigkeit und rechtliche Erziehungsberechtigung (bei Heranwachsenden) notwendige Anordnungsvoraussetzungen der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld sind, bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung, weil das Tatgericht ohne Rechtsfehler ein Erziehungsbedürfnis bei der Angeklagten festgestellt hat.
11
d) Die Annahme der „Schwere der Schuld“ ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Gerade weil in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dieses Merkmal nicht anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat, sondern der charakterlichen Haltung, der Persönlichkeit und der Tatmotivation des bzw. der Jugendlichen oder Heranwachsenden beurteilt werden soll (etwa BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 5 StR 318/12, StraFo 2012, 469 f.), versteht sich das Vorliegen dieses Anordnungsgrundes des § 17 Abs. 2 JGG angesichts der getroffenen Feststellungen geradezu von selbst.
12
5. Im Fall III.B.4. der Urteilsgründe ist die Berichtigung des Schuldspruchs gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf die nicht revidierende Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Diese hat lediglich im Fall III.B.3. der Urteilsgründe durch das anale Einführen des Vibrators in eigener Person eine der in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB genannten Handlungen vorgenommen, nicht aber im Fall III.B.4. der Urteilsgründe. Die Erstreckung ist auch dann vorzunehmen , wenn sich die Schuldspruchberichtigung nicht auf den Rechtsfolgenausspruch auswirkt (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 385/03 mwN).

II.


13
Die Revision des Angeklagten R. bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 4. April 2013 ohne Erfolg.
Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 531/08
vom
21. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2009 beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 27. Juni 2008 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig ist. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO), jedoch ist die Urteilsformel dahin zu ändern, dass der Angeklagte der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist.
2
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte entsprechend dem gemeinsamen Tatplan der Geschädigten heimlich bewusstseinstrübende Mittel (sog. "K.O.-Tropfen") verabreicht und dadurch dem früheren Mitangeklagten ermöglicht, mit ihr gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr auszuüben. Das Landgericht hat dies rechtlich zutreffend als gemeinschaftlich begangene Straftat nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet. Die Bezeichnung als "Vergewaltigung" im Urteilstenor ist jedoch fehlerhaft , da der Begriff der Vergewaltigung nur die in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB genannten eigenen sexuellen Handlungen umfasst (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2008 - 2 StR 162/08; vgl. auch Fischer StGB 56. Aufl. § 177 Rdn. 75 m.w.N.). Die Urteilsformel war daher entsprechend zu berichtigen.
3
Dass das Landgericht den Angeklagten statt wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 473/08; vgl. auch Stree in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 224 Rdn. 2 c, 10, 11) nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt hat, beschwert den Angeklagten nicht.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 468/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 8. November 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten F. gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Mai 2011 wird das Urteil hinsichtlich dieser Angeklagten sowie der früheren Mitangeklagten K. dahin geändert, dass diese der sexuellen Nötigung schuldig sind.
2. Auf die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird dessen Tenor hinsichtlich dieses Angeklagten dahin geändert, dass im Schuldspruch das Wort "gemeinschaftlichen" entfällt. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen. 4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung" schuldig gesprochen und sie - teils unter Einbeziehung früher verhängter Strafen - zu (Gesamt-)Freiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten F. und W. mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen; die Verteidigerin des Angeklagten W. hat zudem eine als Ver- fahrensrüge bezeichnete Beanstandung erhoben. Die Rechtsmittel führen zu einer Änderung des Schuldspruchs, die - soweit sie auf die Revision der Angeklagten F. hin erfolgt - gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die frühere Mitangeklagte K. zu erstrecken ist.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten W. ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 22. September 2011 dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch gehört die - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, zudem nicht zutreffende - Kennzeichnung der Vergewaltigung als "gemeinschaftlich" begangen nicht in die Urteilsformel (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN). Der Senat lässt sie daher entfallen.
3
2. Das Rechtsmittel der Angeklagten F. führt ebenfalls zu einer Änderung des Schuldspruchs. Sie ist der sexuellen Nötigung (nicht der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung") schuldig. Diese Änderung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagte K. zu erstrecken. Im Übrigen hat die Revision der Angeklagten F. aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat lediglich der Angeklagte W. an dem Tatopfer eine mit dem Eindringen in dessen Körper verbundene sexuelle Handlung (Oralverkehr) vorgenommen. Zu dem vom Opfer erzwungenen "Lecken" der Angeklagten F. hat die Strafkammer ein Eindringen in deren Körper nicht festgestellt; das Einführen der Zahnbürste und der Weinflasche erfolgte durch das Opfer selbst und erfüllt deshalb nicht den Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 7 mwN). Eine Verurteilung wegen "gemeinschaftlicher Vergewaltigung" scheidet daher aus (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 50 mwN).
5
Jedoch ist die Strafkammer rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Angeklagte F. und die frühere Mitangeklagte K. den Tatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht haben. Dieser ist indes - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - im Urteilstenor als "sexuelle Nötigung" zu bezeichnen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08). Die Urteilsformel war daher entsprechend zu berichtigen.
6
Angesichts der Besonderheiten des Falles (Misshandlung und Demütigung des behinderten, die Freundschaft insbesondere der Angeklagten F. suchenden Opfers über den Zeitraum etwa einer Woche mit erheblicher Gewaltanwendung und Drohungen) und der milden (Einzel-)Strafen für die Angeklagten F. (zwei Jahre sieben Monate) und K. (zwei Jahre acht Monate ) schließt der Senat aus, dass die gegen diese Angeklagten verhängten Strafen auf der Bejahung von § 177 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB beruhen, zumal das Landgericht bei der Strafzumessung auf das Vorliegen dieser beiden Alternativen des § 177 Abs. 2 StGB nicht abgestellt, sondern sie lediglich in Zusammenhang mit der Benennung des Strafrahmens angeführt hat.
Ernemann Cierniak Franke Mutzbauer Quentin

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 404/09
vom
27. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 27. Oktober 2009 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 3. Juni 2009 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte und wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Die Strafkammer hat die Verhängung einer Jugendstrafe sowohl wegen schädlicher Neigungen des Angeklagten als auch wegen der Schwere der Schuld für erforderlich gehalten (§ 17 Abs. 2 JGG). Zur Begründung hat es jeweils u. a. darauf abgestellt, dass der Angeklagte bereits einmal für einen Ver- stoß gegen die Rechtsordnung mit jugendrechtlichen Maßnahmen belegt worden sei bzw. bereits die Folgen eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung zu spüren bekommen habe.
3
Diese Erwägung wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach war der Angeklagte zwar vor der Verurteilung in dem hiesigen Verfahren von dem Amtsgericht S. wegen des Diebstahls von 200 € aus der Klassenkasse verwarnt und mit einer Wiedergutmachungspflicht belegt worden. Die Gründe des angefochtenen Urteils lassen jedoch nicht erkennen, wann diese Tat begangen wurde und ob die Verurteilung durch das Amtsgericht vor den hier verfahrensgegenständlichen Taten, die im Jahre 2007 begangen wurden, lag. Das mitgeteilte Aktenzeichen der amtsgerichtlichen Entscheidung ( Ds - 17/08) spricht dafür, dass die dortige Sache erst nach den hier abgeurteilten Taten beim Amtsgericht anhängig wurde.
4
Mit Blick auf die näheren Umstände des vorliegenden Falles - insbesondere die Intensität der Übergriffe auf die im Tatzeitraum erst fünf Jahre alte Geschädigte - ist zwar auszuschließen, dass die Annahme der Schwere der Schuld des Angeklagten durch das Landgericht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Jedoch hat sich dieses nicht ausschließbar auch bei der konkreten Bemessung der Jugendstrafe von der nicht belegten Erwägung leiten lassen , der Angeklagte habe schon vor den hiesigen Delikten zumindest eine andere Straftat begangen und sei bereits vor Erlass des hier angefochtenen Urteils jugendrechtlich sanktioniert worden. So hat es u. a. bei der Erörterung des Erziehungsbedarfs des Angeklagten ausgeführt, die Gesamtentwicklung lasse eine deutliche Steigerung von dessen Bereitschaft erkennen, auch "schwerste" Straftaten zu begehen.
5
Der Senat vermag entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift nicht dahin zu erkennen, dass die verhängte, nicht unerhebliche Jugendstrafe trotz des Rechtsfehlers angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO ist. Diese Vorschrift gilt zwar grundsätzlich auch bei der Prüfung der Angemessenheit einer Jugendstrafe (vgl. BGH NStZ 2006, 587 f.); allerdings ist insoweit aufgrund der Besonderheiten bei der Zumessung einer jugendrechtlichen Sanktion eine gewisse Zurückhaltung des Revisionsgerichts geboten (so zu Recht Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 26 g). Insbesondere mit Blick auf die weitere Entwicklung des zur Tatzeit 16 bzw. 17 Jahre alten Angeklagten und vor dem Hintergrund der in den Urteilsgründen mitgeteilten , plausibel begründeten Ausführungen des Sachverständigen, mit weiteren Sexualstraftaten des Angeklagten sei nicht zu rechnen, muss die Bestimmung der angemessenen Rechtsfolgen hier einem neuen Tatgericht vorbehalten bleiben.
Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Schäfer
5 StR 330/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2010

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. April 2010 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Er hat jedoch die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – einen Heranwachsenden – wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen, aufgrund von Reifeverzögerung Jugendstrafrecht angewendet und ihn wegen schädlicher Neigungen und der Schwere der Schuld unter Einbeziehung zweier weiterer Verurteilungen (Jugendstrafe von sechs Monaten und Einheitsjugendstrafe von drei Jahren) zu einer einheitlichen Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts zwang der Angeklagte während der Verbüßung der dreijährigen Jugendstrafe den damals 18 Jahre alten, „offensichtlich verschüchterten“ Geschädigten, der wegen Erschleichens von Leistungen erstmals eine Jugendstrafe verbüßte, unter Einsatz von Schlägen zur Durchführung des oralen und Duldung des analen Geschlechtsverkehrs.
3
1. Die Revision zum Schuldspruch bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.
4
2. Auch die Bemessung der Jugendstrafe hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Die Urteilsgründe lassen hinreichend erkennen, dass dem Erziehungsgedanken im Rahmen der Strafzumessung die ihm zukommende Bedeutung eingeräumt worden ist und die wesentlichen erzieherischen Gesichtspunkte beachtet worden sind (§ 54 Abs. 1 Satz 1 JGG).
6
Entgegen der Ansicht der Revision bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht der ausdrücklichen Erörterung, welche erzieherischen Wirkungen die ab September 2009 vollzogene Untersuchungshaft auf den Angeklagten gehabt hat. Zwar kann eine erlittene Untersuchungshaft im Rahmen der Strafzumessung – freilich insbesondere bei bisher haftunerfahrenen Angeklagten – ein bestimmender Gesichtspunkt sein (vgl. BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und Strafzwecke 6; BGH NStZ 1984, 508; StV 1986, 68, 69; NStZ 1998, 86, 87). Deren erzieherische Bedeutung und damit korrespondierend eine mögliche Erörterungspflicht in den schriftlichen Urteilsgründen bestimmen sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls; dabei sind namentlich die Dauer der Untersuchungshaft, das Alter des Angeklagten, dessen persönliche Entwicklung und soziale Perspektiven von Bedeutung.
7
Hier stellte die mehr als sechs Monate vollzogene Untersuchungshaft insbesondere mit Blick auf die vorausgehenden bereits zweimaligen Verbüßungen von Jugendstrafen durch den im Zeitpunkt der Urteilsverkündung mehr als zwanzig Jahre alten Angeklagten, seinen auch im früheren Vollzug fortwährenden Rauschmittelkonsum und sein übriges Vollzugsverhalten sowie seine sonstige persönliche Entwicklung und seine fehlende familiäre Einbindung keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar (vgl. BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 6). Ersichtlich dauerten die tiefgreifenden Persönlichkeitsdefizite des aus zerrütteten familiären Verhältnissen stammenden (UA S. 3), ausbildungs- und beschäftigungslosen (UA S. 4) und teils erheblich wegen Gewaltdelikten vorbestraften Angeklagten trotz vorangegangenen Jugendstrafvollzugs und (wiederholt abgebrochener) Therapien auch bis unmittelbar vor Beginn der Untersuchungshaft an (UA S. 4, 11); dass die vollzogene – ohnehin faktisch begrenzte pädagogische Möglichkeiten eröffnende und in erster Linie verfahrenssichernden Zwecken dienende (vgl. BGHSt 37, 75, 77) – Untersuchungshaft nachhaltig auf den Angeklagten eingewirkt haben und deshalb eine niedrigere Jugendstrafe rechtfertigen könnte (vgl. § 18 Abs. 2 JGG; BGHSt 37, 75, 77 f.), liegt nach alledem hier fern.
8
Aus den dargestellten Gründen musste sich das Landgericht auch nicht etwa zur strengbeweislichen Einführung der die Vollstreckung der Untersuchungshaft dokumentierenden Urkunden gedrängt sehen; die insoweit erhobene Aufklärungsrüge ist daher jedenfalls unbegründet.
9
b) Zutreffend macht die Revision allerdings geltend, dass die Erledigung des Verfahrens teils in einer Weise verzögert worden ist, die mit den grundrechtlichen Gewährleistungen des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) und den konventionsrechtlichen Garantien aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK unvereinbar ist; zu einer dem Angeklagten günstigeren Rechtsfolgenbemessung führt dies gleichwohl nicht.
10
Der Senat stellt auf Grund des zutreffenden Sachvortrages der zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobenen Verfahrensrüge fest, dass die Erledigung des Verfahrens gegen den Angeklagten gegen das Zügigkeitsgebot verstoßen hat. Der mehrere Monate umfassenden Sachbehandlung nach irrtümlich beim örtlich unzuständigen Gericht erhobenen Anklage durch die Staatsanwaltschaft und der damit ersichtlich nicht korrespondierenden Verfahrensförderung durch die Strafkammer entnimmt der Senat im Ergebnis eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von sechs Monaten. Eine über diese Feststellung hinausgehende Kompensation (vgl. hierzu EGMR EuGRZ 1983, 371; BVerfG [Kammer] NJW 2003, 2225, 2226; Tepperwien NStZ 2009, 1, 3 m.w.N.) der Konventionsverletzung etwa entsprechend den vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs in dessen Beschluss vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124, 129 ff.) entwickelten Grundsätzen ist hier mit Blick auf den besonders gravierenden Vorwurf, die schwierige Beweissituation und das noch überschaubare Ausmaß der Verzögerung auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung zügigen Prozessierens im Jugendstrafverfahren nicht erforderlich.
11
Der Senat kann nach der Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung dahinstehen lassen, ob eine weitergehende Kompensation im Wege des sogenannten Vollstreckungsmodells im Jugendstrafverfahren auch dann möglich wäre, wenn die Jugendstrafe neben der Schwere der Schuld auch auf das Vorliegen schädlicher Neigungen gestützt worden ist. Eine Übertragung des sogenannten Vollstreckungsmodells auf das Jugendstrafverfahren hat er anerkannt, sofern Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld verhängt worden ist (vgl. BGH NStZ 2010, 94, 95). Anders als der 3. Strafsenat (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 30, 15; dazu aber Eisenberg, JGG 14. Aufl. § 18 Rdn. 15 f. m.w.N.) – vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen (BGHSt 52, 124) – neigt der Senat dazu, die Frage zu bejahen.
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.

(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

(1) Der Richter ahndet die Straftat mit Zuchtmitteln, wenn Jugendstrafe nicht geboten ist, dem Jugendlichen aber eindringlich zum Bewußtsein gebracht werden muß, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat.

(2) Zuchtmittel sind

1.
die Verwarnung,
2.
die Erteilung von Auflagen,
3.
der Jugendarrest.

(3) Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkungen einer Strafe.

(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.

(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

5 StR 318/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. August 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2012

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 12. März 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die beiden zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten sowie einen erwachsenen, nichtrevidierenden Mittäter wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Gegen den Angeklagten R. hat es eine Freiheitsstrafe, gegen den Angeklagten T. eine Jugendstrafe von jeweils zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die Revisionen der Angeklagten haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen führten die Angeklagten und der Nichtrevident im April 2011 aus Tschechien ca. 106 g Crystal (Wirkstoffgehalt: mindestens 75,4 g Methamphetamin-Base) ein, wobei sie in dem von T. ge- lenkten Pkw eine von ihm ebenfalls in Tschechien erworbene Machete dabei hatten; in seiner Hosentasche hatte T. überdies ein Einhandspringmesser, von dem die beiden anderen Mittäter nichts wussten.
3
2. Während die Schuldsprüche frei von Rechtsfehlern zum Nachteil der Angeklagten sind, halten die Strafaussprüche der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
4
a) Die Anwendung allgemeinen Strafrechts auf den zur Tatzeit 19 Jahre und fünf Monate alten Angeklagten R. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
Ob der Täter bei seiner Tat im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG noch einem Jugendlichen gleichstand, ist im Wesentlichen Tatfrage, wobei dem Jugendgericht ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht (BGH, Urteil vom 7. November 1988 – 1 StR 620/88, BGHSt 36, 37, 38 mwN). Den dabei anzulegenden Maßstab hat die Jugendkammer bei ihrer Entscheidung indes verkannt. Sie hat darauf abgestellt, dass „Reifeverzögerungen zum Zeitpunkt der Tat, die einen Umfang von etwa 1 ½ Jahren gehabt haben müssten, um die Gleichstellung mit einem Jugendlichen zu rechtfertigen“, nicht zu erkennen seien (UA S. 14). Maßstab für die Reifebeurteilung nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG ist jedoch nicht das Zurückbleiben hinter einem imaginären Durchschnitt von 17-jährigen Jugendlichen (vgl. Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz , 15. Aufl., § 105 Rn. 8). Ein bestimmter, sicher abgrenzbarer Typ des Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, mit dem der Heranwachsende verglichen werden könnte, ist nicht feststellbar (BGH aaO).
6
Maßgebend ist vielmehr, ob sich der einzelne Heranwachsende noch in einer für Jugendliche typischen Entwicklungsphase befindet. Für die Gleichstellung eines heranwachsenden Täters mit einem Jugendlichen ist deshalb entscheidend, ob in dem Täter noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam sind; ob er das Bild eines noch nicht 18-Jährigen bietet, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend (BGH aaO und Urteil vom 29. Mai 2002 – 2 StR 2/02, BGHR JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1 Entwicklungsstand

8).


7
Diesen Maßstab hat die Jugendkammer nicht berücksichtigt. Darüber hinaus hat sie bei der Beurteilung der Reife des Angeklagten ausschließlich auf seine äußerlich verselbständigte Lebensführung abgestellt, ohne deren indizielle Bedeutung für seine „sittliche und geistige Entwicklung“ (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG) hinreichend deutlich darzulegen.
8
b) Im Falle des Angeklagten T. sind die Verhängung und die Bemessung der Jugendstrafe nicht ausreichend begründet.
9
aa) Das Landgericht bejaht zum einen schädliche Neigungen des Angeklagten (§ 17 Abs. 2 1. Alt. JGG). Es stützt diese Beurteilung alleine auf den Umstand, dass „infolge der mangelnden Wirkung dreier Sanktionen in- nerhalb eines Zeitraums von nur 1 ½ Jahren – die letzte sogar noch etwa einen Monat vor der Tat – “ von „nachhaltigen Persönlichkeitsdefiziten“ auszugehen sei, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten begründeten (UA S. 16). Ohne Mitteilung der näheren Umstände der Taten lassen indes weder die verhängten Sanktionen (in zwei Fällen Arbeitsleistungen, in einem Fall eine geringfügige Geldstrafe) noch die mitgeteilten Bezeichnungen der Taten (in einem Fall Beihilfe zur Sachbeschädigung, in zwei Fällen Diebstahl) ohne Weiteres den Schluss auf Anlage- oder Entwicklungsschäden zu, die so schwer sind, dass deren Beseitigung sinnvoll nur in einem länger dauernden Strafvollzug versucht werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281).
10
bb) Zum anderen stützt das Landgericht die Verhängung einer Jugendstrafe auch auf den Gesichtspunkt der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 2. Alt. JGG), die jedenfalls in ihrem Ausmaß nicht ausreichend belegt ist.
Seine Begründung, dass die Verhängung der Jugendstrafe „unter Beachtung des einschlägigen Strafrahmens nach allgemeinem Strafrecht gemäß § 30a BtMG“ erforderlich sei (UA S. 16), ist rechtsfehlerhaft. Bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne von § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinem Strafrecht keine selbständige Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist nur insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281 mwN). Diese ermisst sich aus dem Gewicht der Tat und der persönlichkeitsbegründenden Beziehung des Täters zu dieser. Das wird mit dem Hinweis der Jugendkammer, dass bei dem Angeklagten T. im Gegensatz zu seinen Mittätern ein minder schwerer Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG nicht vorgelegen hätte, nur unzureichend dargelegt. Denn die von der Jugendkammer hierfür alleine genannte Begründung, dass T. neben der allen Angeklagten bekannten Machete, deren Mitführung die Qualifikation des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erst begründete, auch ein den anderen verborgenes Springmesser dabei hatte, hätte die Ablehnung eines minder schweren Falles – auch im Hinblick auf die Beurteilung des erheblich vorbestraften Nichtrevidenten – nicht getragen.
Basdorf Raum Schneider Dölp König

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 468/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 8. November 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten F. gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Mai 2011 wird das Urteil hinsichtlich dieser Angeklagten sowie der früheren Mitangeklagten K. dahin geändert, dass diese der sexuellen Nötigung schuldig sind.
2. Auf die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird dessen Tenor hinsichtlich dieses Angeklagten dahin geändert, dass im Schuldspruch das Wort "gemeinschaftlichen" entfällt. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen. 4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung" schuldig gesprochen und sie - teils unter Einbeziehung früher verhängter Strafen - zu (Gesamt-)Freiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten F. und W. mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen; die Verteidigerin des Angeklagten W. hat zudem eine als Ver- fahrensrüge bezeichnete Beanstandung erhoben. Die Rechtsmittel führen zu einer Änderung des Schuldspruchs, die - soweit sie auf die Revision der Angeklagten F. hin erfolgt - gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die frühere Mitangeklagte K. zu erstrecken ist.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten W. ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 22. September 2011 dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch gehört die - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, zudem nicht zutreffende - Kennzeichnung der Vergewaltigung als "gemeinschaftlich" begangen nicht in die Urteilsformel (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN). Der Senat lässt sie daher entfallen.
3
2. Das Rechtsmittel der Angeklagten F. führt ebenfalls zu einer Änderung des Schuldspruchs. Sie ist der sexuellen Nötigung (nicht der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung") schuldig. Diese Änderung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagte K. zu erstrecken. Im Übrigen hat die Revision der Angeklagten F. aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
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Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat lediglich der Angeklagte W. an dem Tatopfer eine mit dem Eindringen in dessen Körper verbundene sexuelle Handlung (Oralverkehr) vorgenommen. Zu dem vom Opfer erzwungenen "Lecken" der Angeklagten F. hat die Strafkammer ein Eindringen in deren Körper nicht festgestellt; das Einführen der Zahnbürste und der Weinflasche erfolgte durch das Opfer selbst und erfüllt deshalb nicht den Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 7 mwN). Eine Verurteilung wegen "gemeinschaftlicher Vergewaltigung" scheidet daher aus (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 50 mwN).
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Jedoch ist die Strafkammer rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Angeklagte F. und die frühere Mitangeklagte K. den Tatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht haben. Dieser ist indes - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - im Urteilstenor als "sexuelle Nötigung" zu bezeichnen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08). Die Urteilsformel war daher entsprechend zu berichtigen.
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Angesichts der Besonderheiten des Falles (Misshandlung und Demütigung des behinderten, die Freundschaft insbesondere der Angeklagten F. suchenden Opfers über den Zeitraum etwa einer Woche mit erheblicher Gewaltanwendung und Drohungen) und der milden (Einzel-)Strafen für die Angeklagten F. (zwei Jahre sieben Monate) und K. (zwei Jahre acht Monate ) schließt der Senat aus, dass die gegen diese Angeklagten verhängten Strafen auf der Bejahung von § 177 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB beruhen, zumal das Landgericht bei der Strafzumessung auf das Vorliegen dieser beiden Alternativen des § 177 Abs. 2 StGB nicht abgestellt, sondern sie lediglich in Zusammenhang mit der Benennung des Strafrahmens angeführt hat.
Ernemann Cierniak Franke Mutzbauer Quentin

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 385/03
vom
7. Oktober 2003
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 14. Mai 2003 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß die Verurteilung wegen tateinheitlicher bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen entfällt. Der Schuldspruch des Angeklagten P. wegen tateinheitlicher bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen wird aufgehoben. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


In den Fällen des § 30a BtMG verbindet der Bandenhandel die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinanderfolgenden Teilakte vom Erwerb bis zur Veräußerung, also auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (BGHSt 30, 28; BGHR BtMG § 30a Konkurrenzen 1). Der tateinheitliche Schuldspruch wegen Bandeneinfuhr hat daher bei allen Taten zu entfallen.
Die zugunsten des Beschwerdeführers erfolgte Schuldspruchänderung war auf den nichtrevidierenden Angeklagten P. zu erstrecken (§ 357 StPO). Von der Änderung des Schuldspruchs bleiben der Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafen und auch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe unberührt, weil das Tatunrecht unverändert bleibt (BGH, Urt. vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03 -; Beschl. vom 11. März 2003 - 1 StR 50/03). Im übrigen ist die Revision im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Nack Wahl Boetticher Schluckebier Elf