Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 08. Juni 2017 - 2 S 5570/15

bei uns veröffentlicht am08.06.2017

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 25.06.2015, Az. 5 C 289/15, abgeändert wie folgt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.268,40 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.03.2015 zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 169,50 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.03.2015 zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfall vom 07.09.2014 um ca. 0.15 Uhr auf der Bundesautobahn 6, Kreuz Nürnberg-Ost, in Höhe von 40% zu ersetzen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 54%, die Beklagte 46%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger aufgrund des Urteils vorläufig vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Für die Beklagte wird die Revision gegen dieses Urteil nach Maßgabe der Entscheidungsgründe unter C. zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.964,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet (§§ 517, 519 f. ZPO). In der Sache ist das Rechtsmittel aber nur zum Teil begründet.

A. In tatsächlicher Hinsicht wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Demnach war die Beklagte durch die Autobahndirektion ... mit der Sicherung einer Autobahnbaustelle beauftragt. Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs fuhr an einer eigentlich als Ein- und Ausfahrt für Baustellenfahrzeuge gedachten Lücke in der Betonschutzplanke von der Autobahn ab. Im parallel zu den Fahrstreifen befindlichen Baustellenbereich überfuhr die Fahrerin dann eine Quer-Fräskante, wodurch das Klägerfahrzeug erheblich beschädigt wurde.

Das Amtsgericht hat die in der Hauptsache auf Zahlung von 2.714 € (Kasko-Selbstbeteiligung, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten und Unkostenpauschale) und Feststellung der vollen zukünftigen materiellen Einstandspflicht der Beklagten gerichtete Klage (zugestellt am 09.03.2015) vollumfänglich abgewiesen. Nach Ansicht des Amtsgerichts sei die Baustellenausfahrt ordnungsgemäß beschildert gewesen, so dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten nicht gegeben sei. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge – mit Ausnahme der Höhe der Verzugszinsen - in vollem Umfang weiter verfolgt.

Die Kammer hat die Vorlage der in erster Instanz von der Klägerin in Bezug genommene Video-Aufnahme („Dashcam-Aufnahme“) angeordnet (§ 142 Abs. 1 S. 1, § 371 Abs. 1 S. 2 ZPO). Das Video wurde (mit dem Sachverständigen) in Augenschein genommen. Zudem wurde Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen E und durch die Erholung eines mündlichen unfallanalytischen Sachverständigengutachtens. Insofern wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2016 (Gerichtsakte S. 105) und vom 02.03.2017 (Gerichtsakte S. 138) Bezug genommen. Im Übrigen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

B. Das Amtsgericht hat eine Haftung der Beklagten zu Unrecht abgelehnt.

I. Die Würdigung des Amtsgerichts entbehrt jeglicher Überzeugungskraft. So kann die Frage nach einer ordnungsgemäßen Beschilderung schon nicht Gegenstand eines Zeugenbeweises sein. Die Einhaltung der als Anlage B 1 vorgelegten „Verkehrsrechtlichen Anordnung“ der Autobahndirektion Nordbayern vom 28.08.2014 (im Folgenden: „Anordnung“) und der mit ihr verbundenen Vorschriften (z.B. RSA 95 – dazu sogleich) ist Rechtsfrage und deshalb alleine vom Gericht zu würdigen. Dahingehend finden sich in den knappen Urteilsgründen keinerlei Ausführungen. Auch auf eine etwaige regelmäßige Kontrolle der (unzureichenden!) Beschilderung kommt es im Streitfall nicht an (dazu z.B. OLG Brandenburg, Urteil vom 06.02.2001 – 2 U 35/00, MDR 2001, 814). Hingegen sind die Ausführungen des Amtsgerichts zum Mitverschulden der Fahrerin des Klägerfahrzeugs zutreffend (dazu unter III.) – dieses kann aber die vom Amtsgericht ausdrücklich in Abrede gestellte Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten nicht ungeschehen machen.

II.

Die Beklagte haftet der Klägerin nach den Grundsätzen der Verkehrssicherungspflichtverletzung (§§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1 BGB) dem Grunde nach zu 40%.

1. Die Beklagte ist Verantwortliche der Verkehrssicherungspflicht.

Während die Träger der Bau- und Unterhaltungslast durch das Gesetz bestimmt werden, richtet sich die Verantwortlichkeit der Verkehrssicherungspflicht für Verkehrswege nach der allgemeinen Zuordnung von Gefahrzuständigkeiten (BGH, Urteil vom 18.11.1993 – III ZR 178/92, VersR 1994, 618). Sie trifft insbesondere den, der eine Gefahr veranlasst, einen gefährlichen Verkehr eröffnet oder über den räumlichen Bereich, aus dem die Gefahr kommt, rechtlich und tatsächlich zu bestimmen hat (BGH aaO). Im Streitfall fallen sowohl Bau- und Unterhaltungslast also auch Verkehrssicherungspflicht in demselben Träger zusammen:

Nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 FStrG sind die Bundesautobahnen Bundesfernstraßen, für die nach § 5 Abs. 1 FStrG der Bund Träger der Straßenbaulast ist. Nach § 3 Abs. 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben – also auch die Absicherung einer etwaigen Baustelle. Nach § 20 Abs. 1 FStrG wird die Erfüllung der Aufgaben, die den Trägern der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen obliegen, durch die Straßenaufsicht sichergestellt, die die Länder im Auftrag des Bundes ausüben. Die nach Art. 62a Abs. 5 BayStrWG dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr als Straßenaufsichtsbehörde für die Bundesautobahnen zustehenden Befugnisse nimmt die Autobahndirektion Nordbayern als zentrale Landesbehörde des Freistaates Bayern wahr.

Die Beklagte hat die Absicherung der streitgegenständlichen Autobahnbaustelle als „Fachbetrieb für Verkehrseinrichtungen auf Straßen“ von der ursprünglich verkehrssicherungspflichtigen Autobahndirektion Nordbayern übernommen. Dies hat das Amtsgericht im Tatbestand des angegriffenen Urteils als unstreitig und damit für die Kammer bindend festgestellt (§ 314 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2015 - VI ZR 102/14, VersR 2015, 1165) festgestellt; im Übrigen ergibt sich die Übertragung der Sicherungspflicht auch aus der als Anlage B 1 vorgelegten „Verkehrsrechtlichen Anordnung“ der Autobahndirektion Nordbayern vom 28.08.2014 (im Folgenden: „Anordnung“). So heißt es etwa aaO S. 4 Abs. 5: „Verantwortliche für die Verkehrsführung während und nach der Arbeitszeit sind oben aufgeführte Personen, …“ Im Absatz darüber und auf S. 3 u. ist ausdrücklich die Beklagte bezeichnet. Mit der zulässigen Übertragung der Pflicht zur Verkehrssicherung (vgl. nur BGH, Urteil vom 14.01.1982 - III ZR 58/80, NJW 1982, 2187; BGH, Urteil vom 25.04.1989 – VI ZR 146/88, VersR 1989, 730) ist die Beklagte verantwortlich und haftungspflichtig geworden (Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 E 63 m.w.N. aus der Rspr.).

2. Mit der konkreten Beschilderung hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

a) Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Verkehrsflächen ist ein Unterfall der allgemeinen (Verkehrs-)Sicherungspflicht, wie sie für jedermann besteht, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt und gehalten ist, alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die zur Abwendung der Dritten drohenden Gefahren geboten sind (BGH, Urteil vom 01.07.1993 – III ZR 167/92, NJW 1993, 2612). Insoweit gelten für die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen als Unterfall der für jedermann bestehenden allgemeinen Sicherungspflicht die allgemeinen Grundsätze (BGH, Urteil vom 18.11.1993 – III ZR 178/92, VersR 1994, 618; BGH, Urteil vom 09.11.1967 - III ZR 98/67, NJW 1968, 443).

Die Straßenverkehrssicherungspflicht kann auch die Verpflichtung umfassen, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren durch eine außerhalb der Fahrbahn gelegene Baustelle zu warnen, wenn sie aufgrund der Straßenführung geeignet ist, Kraftfahrer über den Verlauf der Straße zu täuschen (BGH, Urteil vom 14.01.1982 – III ZR 58/80, VersR 1982, 576; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415). Ein Bauunternehmer, der eine Baustelle beschildert, haftet dann für die Folgen eines Unfalls, der durch eine falsche Beschilderung verursacht wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668).

Die Beklagte hat im Unfallbereich, der unstreitig als Baustellenausfahrt diente, zwar das nach der Anordnung S. 5 o. Punkt 2 vorgeschriebene Verkehrszeichen 209 („Rechts“), sowie das alternativ zulässige/gebotene Zeichen 205 („Vorfahrt gewähren“) angebracht. Beide Zeichen waren aber an der falschen Stelle positioniert.

aa) Nach den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 95; abrufbar z.B. unter http://www.stvzo.de/seminare/rsa/RSA_Inhalt.htm) gilt nach Teil A Nr. 2.2 Abs. 1 „Standort von Schildern“: „Alle Verkehrsschilder sind grundsätzlich am rechten Fahrbahnrand aufzustellen.“ Gleiches schreibt VwV-StVO Zu den §§ 39 bis 43 unter III. 9 vor: „Verkehrszeichen sind gut sichtbar in etwa rechtem Winkel zur Fahrbahn rechts daneben anzubringen, …“. Die Geltung der RSA für die Verkehrssicherung ist in der Anordnung ausdrücklich vorgeschrieben (aaO S. 4 Abs. 2).

Die am selben Pfosten montierten Zeichen 209 („Rechts“) und 205 („Vorfahrt gewähren“) beziehen sich bzw. sollten sich auf den ausfahrenden Baustellenverkehr beziehen. Diesem sollte zum Einfahren auf die Fahrbahn der Autobahn signalisiert werden, dass nach zu gewährendem Vorrang des Autobahnverkehrs nur nach rechts in den Fahrstreifen der Autobahn eingefahren werden darf. Aus der maßgeblichen Sicht des Baustellenverkehrs wären diese beiden Verkehrszeichen deshalb am rechten Fahrbahnrand aufzustellen gewesen. Aus Sicht des ausfahrenden (Baustellen) Verkehrs hätten diese beiden Schilder damit also am rechten Rand der Öffnung in der Betonleitplanke aufgestellt werden müssen – und nicht wie geschehen am linken Rand der Aussparung.

Gemessen am Vorstehenden sind die nach Anordnung S. 5 o. Punkt 1 für Baustelleneinfahrten vorgeschriebenen Zeichen 250 „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit Zusatzzeichen VzKat 2018-30 „Baustellenfahrzeuge frei“ als an den auf der Autobahn fahrenden Verkehr gerichtet korrekt aufgestellt, nämlich aus dessen Sicht am rechten Fahrbahnrand. Diese beiden Schilder waren jedoch durch die falsch aufgestellten Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) derart verdeckt, dass sie keine wirksame Gefahraufforderung an vorbeifahrenden Verkehr mehr bewirken konnten (dazu sogleich).

Anhaltspunkte dafür, dass die Autobahndirektion an der ganz konkreten Bau-/Unfallstelle ausdrücklich eine abweichende – nämlich die tatsächlich ausgeführte - Beschilderung vorgegeben hätte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die von der Beklagten vorgelegten Beschilderungspläne zeigen die konkrete Baustellenausfahrt nicht (vgl. auch Angabe des Sachverständigen B, Protokoll v. 02.03.2017 S. 4 o.; Gerichtsakte S. 141). Den Parteien war mit Verfügung vom 14.12.2016 (Gerichtsakte S. 121) unter Fristsetzung aufgegeben worden, die vollständige Anordnung vorzulegen. Im Gegenteil zeigen gerade auch die tatsächlich vorliegenden Beschilderungspläne vergleichbarer Baustellenausfahrten (Anhang zu Anlage B 1), dass die „Stop-Schilder“, die sich ja an den ausfahrenden Baustellenverkehr richten, rechts der „Baustellenstraße“ anzubringen sind, also letztlich neben der Autobahn. Dass dies nicht möglich gewesen sein sollte, wie die Beklagte behauptet, ist schlicht nicht nachvollziehbar - so ist etwa auf dem Dashcam-Video bei 00:13:26 ein Zeichen 205 („Vorfahrt gewähren“) korrekt am äußersten rechten Fahrbahnrand aufgestellt. Das beklagtenseits hierzu angebotene Sachverständigengutachten ist schon kein geeignetes Beweismittel, da es für diese Erkenntnis keiner besonderen Sachkunde bedarf. Die Kammer kann verstehen, dass eine Beschilderung – wie vorgeschrieben – rechts der „Baustellenstraße“ ggf. mit mehr Aufwand für die Beklagte verbunden gewesen wäre, da sich die Gegebenheiten im unmittelbaren Baustellenbereich durchaus häufig geändert haben dürften. Dass dies aber keine Rechtfertigung vom Abweichen der ausdrücklichen Vorgabe der Anordnung und damit der RSV und StVO-VV ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Zudem hätte die Beklagte, wenn durch ihre Mitarbeiter bei Durchführung der Anordnung Mängel erkannt worden wären, bei der Autobahndirektion auf Abhilfe hinzuwirken gehabt (BGH, Urteil vom 25.04.1989 – VI ZR 146/88, VersR 1989, 730).

bb) Hinzu kommt, dass die Zeichen 250 „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit Zusatzzeichen VzKat 2018-30 „Baustellenfahrzeuge frei“ ebenfalls fehlerhaft positioniert waren.

Nach RSA 95 Teil A Nr. 2.0 Abs. 3 gilt: „Auch in Arbeitsstellen gilt, dass Verkehrszeichen gut sichtbar, … aufgestellt werden müssen.“ VwV-StVO Zu den §§ 39 bis 43 unter III. 10 besagt: „Es ist darauf zu achten, dass Verkehrszeichen … insbesondere auch nicht die Sicht auf andere Verkehrszeichen … verdecken“. Ausweislich der vorliegenden Fotos (Anlage K 1 und K 11) waren die Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) an einem weiteren Pfosten in einem Abstand von maximal zwei bis drei Metern hinter den Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) montiert. Hingegen sind auf dem Video bei 00:13:32 dieselben Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) bei einer der streitgegenständlichen Öffnung in der Betonleitplanke ähnlichen Baustellenaus/einfahrt derart aufgestellt, dass sie bereits von weitem erkennbar sind.

Es bedarf an sich keiner sachverständigen Beratung, um festzustellen, dass dieser Abstand im Bereich einer Autobahnbaustelle, in dem unstreitig eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgeschildert war, mit Händen greifbar zu gering bemessen ist: Aus dem Foto K 1 lässt sich – anhand der Länge der Mittelstreifenmarkierungen (6 Meter) bzw. der Lücken dazwischen (12 Meter) - jedenfalls grob abschätzen, dass in einer Entfernung von maximal ca. 40 Metern die Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) noch praktisch vollständig von den Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) verdeckt sind. Erst aus einer Entfernung von maximal ca. 20 Metern ist der Blick auf die „hinteren“ Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) vollständig freigegeben. Da bei zulässigen 80 km/h ein Fahrzeug ca. 22 Meter pro Sekunde zurücklegt, muss nicht weiter nachgerechnet werden, um festzustellen, dass nach Berücksichtigung einer Reaktionszeit nach „Auftauchen“ der vollständigen Beschilderung ein vernünftiges Verarbeiten deren Informationsgehaltes keinesfalls gewährleistet ist. Dies umso mehr, als Warnschilder so aufgestellt werden müssen, dass sie es selbst einem sorgfältigen Kraftfahrer ermöglichen, auch bei schneller Fahrt durch einen beiläufigen Blick die volle Gefahr eindeutig und so rechtzeitig zu erfassen, dass er seine Fahrweise darauf einstellen kann (BGH, Urt. v. 07.01.1960 - III ZR 58/59, VersR 1960, 237, 238).

Lediglich klarstellend kann deshalb auf die Berechnungen des Sachverständigen B hingewiesen werden, die dieser nach Auswertung der Dashcam-Aufnahme vorgenommen hat: Demnach sind die Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) bei gefahrenen 80 km/h ca. 1,1 Sekunden vor Erreichen der Schilder vollständig zu erkennen. Dass die Zeichen 250/2018-30 damit eben nicht „gut sichtbar“ sind und die Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) „die Sicht auf andere Verkehrszeichen … verdecken“, bedarf keiner eingehenderen Erörterung.

cc) Mit der vorstehend beschriebenen fehlerhaften Beschilderung hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Durch die falsche Positionierung der beiden Schilder/Pfosten bestand die konkrete Gefahr, dass links neben bzw. parallel zur „Baustellenstraße“ herannahender Verkehr diese Beschilderung falsch verstehen und in die Baustellenausfahrt einbiegen könnte. Dies lag besonders deshalb nahe, weil ja mit abbiegebereiten Fahrern zu rechnen war, die bereits durch Überkopf-Beschilderung auf das in wenigen hundert Metern Entfernung befindliche Autobahnkreuz Nürnberg-Ost/Abfahrt nach München hingewiesen worden waren (Video-Zeitstempel 00:13:30). Ein frühzeitiger, gleichsam vorgezogener Verschwenk einer Autobahnausfahrt wäre im Bereich einer Autobahnbaustelle keine Besonderheit gewesen. Wären die Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) aus Sicht der Fahrerin des Klägerfahrzeugs erst nach (!) dem Ende der Unterbrechung in der Betonleitplanke angeordnet gewesen, wäre die Gefahr einer Verwechslung dahingehend, dass diese beiden Schilder als ein Hinweis für den auf der Autobahn befindlichen Verkehr betreffend die Ausfahrt zwischen die Betonleitplanke gemeint sein könnten, in entscheidendem Maß verringert gewesen.

Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass sie mit dem Fehlverhalten der Fahrerin des Klägerfahrzeugs nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1982 – III ZR 58/80, VersR 1982, 576). Dies ist bereits angesichts der auf den ersten Blick erkennbaren – milde ausgedrückt - „unglücklichen“ Positionierung der beiden Schilder zu bejahen. Folgerichtig hat auch der erstinstanzlich vernommene Zeuge O, bei der Beklagten für die Kontrolle der Beschilderung zuständiger Arbeiter, in bemerkenswerter Offenheit auf Vorhalt des Fotos Anlage K 1 angegeben, dass dort „die zweite Beschilderung eher schlecht zu sehen“ sei. Er würde „die Situation der Beschilderung etwas ändern“ (Protokoll AG v. 11.06.2015 S. 5 u.; Gerichtsakte S. 44). Mit dieser Erkenntnis des Zeugen O korrespondiert die Aussage des unbeteiligten Zeugen H. Dieser fuhr am Tag nach dem streitgegenständlichen Vorfall versehentlich in dieselbe Baustellenaus-/einfahrt ein und überfuhr dieselbe Fräskante, wie die Fahrerin des Klägerfahrzeugs. Der Zeuge gab an, dass in der Zeit, als er vor Ort stand (ca. 45 Minuten) „vielleicht 20 Fahrzeuge über die Fräskante“ fuhren. Es hätten bei seinem Ankommen auch bereits sechs Fahrzeuge Richtung Autobahnausfahrt gewartet (Protokoll aaO S. 3 u.; Gerichtsakte S. 42).

Auch wenn eine Vielzahl an Missverständnissen nicht alleine Beleg dafür ist, dass mit einem Fehlverhalten von Fahrern wegen der Beschilderung zu rechnen sein musste, ist es jedenfalls ein nicht unerhebliches Indiz (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.01.1982 – III ZR 58/80, VersR 1982, 576). Es handelt sich beim Schadensfall der Klägerin damit nämlich nicht um einen völlig außergewöhnlichen „Ausreißer“, sondern lediglich ein Glied in einer Kette von mehreren „Missverständnissen“ pro Stunde. Bei so einer Sachlage kann sich die Beklagte nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass die Fahrer halt besser hätten aufpassen müssen und letztlich die alleinige Verantwortung an den Schäden trügen. Dass den fehlerhaft in die Autobahnbaustelle einfahrenden Fahrzeugführern ein eigener Sorgfaltsverstoß entgegenzuhalten ist, ist unbestritten, kann die Beklagte jedoch nicht aus ihrer Haftung entlassen (dazu sogleich unter III.).

b) Dass die Beschilderung im vorgenannten Sinne fehlerhaft und unzureichend war, ist bereits durch die in erster Instanz vorgelegten und in Augenschein genommenen Fotos K 1 und K 11 belegt. Diese zeigen die Beschilderung unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Schadensfall als sog. Screenshot der Dashcam-Aufnahme aus dem Klägerfahrzeug.

Gegen die Verwertung dieser Fotos bestehen keine rechtlichen Bedenken: Die Beklagte hat deren Verwertung in erster Instanz nicht widersprochen. In zweiter Instanz bezieht sie sich zunächst selbst noch auf jene (z.B. Berufungserwiderung S. 4). In der Berufungsverhandlung 21.07.2017 (Gerichtsakte S. 107 o.) hat sich die Beklagte dann lediglich gegen die Verwertung der eingereichten Video-Aufnahme verwahrt - erst mit anschließendem Schriftsatz vom 23.11.2013 wird auch die Verwertbarkeit der Fotos gerügt. Bereits mit dem Stellen der Sachanträge erster Instanz ohne vorhergehende Rüge können die Erkenntnisse aus den Fotos aber ohne weiteres auch in der Berufungsinstanz verwertet werden (§§ 295, 534 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1957 – IV ZR 88/57 – NJW 1957, 1517; BGH, Urteil vom 19.01.1984 – III ZR 93/82, NJW 1985, 1158 vgl. auch Nugel, jurisPR-VerkR 11/2017 Anm. 2 unter Hinweis auf Greger, NZV 2015, 114). Auf die Verwertbarkeit der Videoaufnahme kommt es für eine Bejahung der Verkehrssicherungspflichtverletzung damit schon gar nicht an.

Lediglich ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Kammer gegen die Verwertung der Dashcam-Aufnahme im Streitfall keinerlei Bedenken hätte. Dabei wäre als maßgebliches Argument zu sehen, dass eine Beeinträchtigung von (Persönlichkeits-)Rechten der Beklagten in keiner Weise erkennbar ist (vgl. LG Frankenthal, Urteil vom 30.12.2015 – 4 O 358/15, BeckRS 2016, 9839). Auf der Videoaufnahme sind lediglich die Hecklichter von nicht zu identifizierenden Fahrzeugen bei Nacht zu erkennen – sowie die Betonleitplanke und die Baustelle und deren Beschilderung. Soweit der Beklagtenvertreter darauf hinweist, dass in diesem Zusammenhang die Betroffenheit in eigenen Rechten keine Rolle spiele, vermag das die Kammer nicht zu überzeugen. Wenn es den Parteien im Zivilprozess z.B. freisteht, unzulässige Beweismittel entgegen dem Willen des unmittelbar von einem Beweisverwertungsverbot „Betroffenen“ durch rügeloses Verhandeln verwertbar zu „machen“ (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1984 – III ZR 93/82, NJW 1985, 1158), kann es nicht ohne Bedeutung sein, wenn ein eigenes Recht der Partei durch die Verwertung einer Videoaufnahme in keinster Weise berührt ist. In einem solchen Fall könnte die gebotene Rechtsgüterabwägung (vgl. dazu nur LG München I, Beschluss vom 14.10.2016 – 17 S 6473/16, juris) nur zugunsten des Geschädigten ausfallen.

3. Dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten für den Schaden am Klägerfahrzeug ursächlich geworden ist, folgt bereits aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises.

In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütungsvorschriften ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verstoß für den Schadenseintritt ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegen wirken soll. Der Beweis des ersten Anscheins ist auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten geboten, die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06, r+s 2009, 35 m.w.N.).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die korrekte Beschilderung nach RSA 95 sollte „klare Verhältnisse schaffen“ und damit den Autobahnverkehr vor Missverständnissen hinsichtlich der Verkehrsführung und einem Schadenseintritt bewahren. Umstände, die die Wirkung des Anscheinsbeweises in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Eigene Sorgfaltsverstöße der Fahrerin des Klägerfahrzeugs reichen hierfür nicht aus; sie sind lediglich im Rahmen der (Mit-)Verschuldensabwägung relevant.

Dass für das „Falschabbiegen“ in die Baustellenausfahrt auch ein sog. Mitzieheffekt ursächlich gewesen sein könnte, änderte nichts. Auf dem Video ist (hier zugunsten der Beklagten verwertet) zu sehen, dass das Klägerfahrzeug einem vorausfahrenden Fahrzeug gleichsam in die Baustellenausfahrt folgt – ein bekanntes Phänomen, etwa beim Anfahren an roten Ampeln zu beobachten. Nach allgemeinem Schadensrecht stünde allerdings eine (etwaige – lediglich unterstellt, aber nicht bewiesene) Mitursächlichkeit einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich und führte trotzdem zur vollen Haftung des Schädigers (BGH, Urteil vom 20.05.2014 – VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118).

4. Die Beklagte kann sich ihrer Haftung nicht unter Hinweis auf eine eigene bzw. gleich- oder gar vorrangige Haftung der Autobahndirektion entziehen.

Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen ist nach § 823 BGB und nicht nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB zu beurteilen (BGH, Urteil vom 09.11.1967 - III ZR 98/67, NJW 1968, 443). Die Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers (§ 823 BGB) besteht zudem grundsätzlich neben der der Straßenverkehrsbehörde (§ 839 BGB; BGH, Urteil vom 08.02.1977 - VI ZR 217/74, VersR 1977, 543; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2005 - 7 U 161/03, VersR 2006, 855; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415).

Die Beklagte kann sich als vorrangig mit der Verkehrssicherung Befasste auch nicht durch den Hinweis darauf entlasten, dass die Autobahndirektion die von ihr veranlassten Maßnahmen für genügend erachtet hätte (BGH, Urteil vom 08.02.1977 – VI ZR 217/74, VersR 1977, 543). Abgesehen davon wären die durch die Autobahndirektion mit der Anordnung veranlassten Maßnahmen – Beschilderung gemäß RSA 95 - ja auch ausreichend gewesen, hätte die Beklagte sich denn – wie nicht - an jene gehalten.

III.

Die Klägerin muss sich jedoch nach § 254 Abs. 1 BGB die durch ein Mitverschulden ihrer Fahrerin erhöhte Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs entgegenhalten lassen (vgl. Staudinger/Schiemann, (2017) BGB § 254 Rn. 112, 116). Diese führt zu einer Mithaftung der Klägerin von 60%.

1. Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hat infolge Unachtsamkeit die als StVO-Zeichen 295 angebrachte Fahrbahnbegrenzung überfahren.

Aus dem vorgelegten Foto K 11 ist zu ersehen, dass - wie von der Anordnung S. 4 u. gefordert – die Baustellenausfahrt mit einer 30 cm breiten Randmarkierung vom öffentlichen Verkehr abgegrenzt war. Damit durfte diese Markierung als Fahrbahnbegrenzung i.S.d. StVO-Zeichens 295 von der Fahrerin des Klägerfahrzeugs – wie aber unstreitig geschehen - nicht überfahren werden. Die gelbe Randmarkierung war bei gehöriger Sorgfalt ohne Weiteres zu erkennen; dies lässt sich bereits den verwertbaren Fotos (s.o.) entnehmen. Dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs durch das vor ihr fahrende und ebenfalls die Randmarkierung überfahrende Fahrzeug „mitgezogen“ wurde, kann die Unaufmerksamkeit nicht entschuldigen. Jeder Fahrzeugführer ist für die Einhaltung der Verkehrsregelung selbst verantwortlich.

2. Allenfalls in geringem Umfang kann der Fahrerin des Klägerfahrzeugs eine allgemeine Unaufmerksamkeit beim Lesen und Befolgen der angebrachten – rechtzeitig erkennbaren – Zeichen 209/205 („Vorfahrt gewähren“, „Rechts“) vorgeworfen werden (§ 1 Abs. 1 StVO).

Sie muss sich – zumindest in gewissem Umfang – vorhalten lassen, dass sie das angebrachte, vermeintlich für sie geltende Zeichen 209 („Rechts“) nicht „richtigstellend“ interpretiert hat. Einem sich nähernden Fahrer mussten Zweifel kommen, ob das Rechtsabbiegegebot tatsächlich für ihn gilt; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass – unstreitig – in der vorhergehenden Annäherung durch Zeichen 101 („Gefahrstelle“) mit Zusatzzeichen Vz-Kat 1007-33 („Baustellenausfahrt“) auf das Vorausliegen einer Baustellenausfahrt hingewiesen worden war. In Kombination mit dem Zeichen 205 („Vorfahrt gewähren“) und der durchgezogenen Fahrbahnbegrenzung war bei gebotener Sorgfalt zu erkennen, dass das Gebot des Rechtsabbiegens bei gleichzeitiger Vorfahrtsgewährung und Weiterführen der 2-spurigen Autobahn so nicht „gemeint“ sein konnte. Sich nähernde Fahrer, die beabsichtigten, die in wenigen hundert Metern weiter befindliche, durch Überkopfbeschilderung bereits wahrnehmbare „reguläre“ Autobahnabzweigung zu nehmen, hätten erkennen können, dass mit den Zeichen 209/205 („Vorfahrt gewähren“, „Rechts“) zwar irgendeine Verkehrsregelung beabsichtigt war, wenn auch nicht klar war, welche. Vor diesem Hintergrund wäre in der Annäherung eine frühzeitige Geschwindigkeitsreduzierung geboten gewesen. Dann wäre insbesondere infolge der durchgehenden Fahrbahnbegrenzung klar(er) geworden, dass ein Ausfahren an der streitgegenständlichen Lücke der Betonleitplanke nicht vorgesehen war.

3. Keinen unfallursächlichen Mitverschuldensvorwurf stellt die von der Beklagten behauptete Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch die Fahrerin des Klägerfahrzeugs dar.

Geht man – an dieser Stelle zu Gunsten der Beklagten – von einer zulässigen Verwertung des Dashcam-Videos aus, so kann man eine – aufgrund nachvollziehbarer Überprüfung durch den Sachverständigen B – überhöhte Annäherungsgeschwindigkeit des Klägerfahrzeugs von ca. 90 km/h, statt zulässiger 80 km/h feststellen. Die im Video eingeblendete Geschwindigkeit stimmt mit der real gefahrenen überein. Der Sachverständige legt aber im Weiteren plausibel dar, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um lediglich 10 km/h sich nicht unfallursächlich ausgewirkt hat. Demnach hätte sich dadurch lediglich eine um 0,13 Sekunden verlängerte Erkennbarkeit der Zeichen 250/2018-30 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und „Baustellenfahrzeuge frei“) ergeben. Zwar wäre bei rechtzeitiger Erkennbarkeit dieser Zeichen (endgültig) klar geworden, dass die Einfahrt in die Baustellenausfahrt nicht zugelassen/vorgesehen sein sollte, also die unmittelbar zuvor (verdeckend) angebrachten Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) irreführend waren. Angesichts des geringen Abstands zwischen den beiden Zeichenpaaren/Pfosten, wirkt sich die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um nur 10 km/h aber praktisch nicht aus. Auch eine Erkennbarkeit von 1,13 Sekunden hätte ein Reflektieren der irreführenden Zeichen 209/205 („Rechts“ und „Vorfahrt gewähren“) nicht rechtzeitig möglich gemacht. Anderes ist jedenfalls nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen.

4. Keinen schadensursächlichen Mitverschuldensbeitrag stellt – entgegen der Ansicht der Beklagten – der Umstand dar, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs nach (falschem) Abbiegen in die Baustelle ihre Geschwindigkeit nicht maßgeblich herabgesetzt hat und deshalb mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h die Fräskanten im Baustellenbereich überfahren hat.

So ist zu bedenken, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs aus ihrer – wenn auch infolge eigener Unaufmerksamkeit – beeinträchtigten Orientierung zunächst davon ausgehen durfte, jedenfalls folgerichtig nachvollziehbar davon ausging, sich noch auf einem „regulären“ Autobahnfahrstreifen zu befinden. Dann aber war eine maßgebliche Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeit nicht geboten. Würde man das Weiterfahren trotz „Ruckelns“ wegen des z.T. abgefrästen Oberflächenbelages mit im Wesentlichen unverringerter Geschwindigkeit als eigenständigen Mitverursachungsbeitrag würdigen, käme dies zudem einer doppelten Verwertung der Unachtsamkeit beim Interpretieren der irreführenden Verkehrszeichen gleich.

Unabhängig davon legt der Sachverständige dar, dass die Schäden am Klägerfahrzeug sich beim Überfahren der Fräskante ab einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h im Wesentlichen identisch dargestellt hätten. Aus dem Video schätzt der Sachverständige die Höhe der Fräskanten nachvollziehbar auf ca. 10 cm. Aus technischer Sicht lässt sich eine solche Kante schadensfrei aber nur mit Schritttempo überfahren, d.h. allenfalls 5 km/h, damit der Reifen angemessen über die Kante hochrollen kann. Bereits bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h oder mehr, wird es zwangsläufig zu Reifen- und Felgenschäden kommen. Wahrscheinlich schon ab ca. 50 km/h wird es dann auch zu schwerwiegenden Fahrwerks- und Karosserieschäden kommen. Aus technischer Einschätzung ist das Schadensbild dann identisch einzustufen mit dem bei einem Überfahren der Kante mit 80 oder 100 km/h. Eine deutliche Schadenserweiterung wird es dann nach Einschätzung des Sachverständigen wohl nicht mehr geben. Es spielt also keine Rolle, ob die Fräskante mit 50, 80 oder 130 km/h überfahren wird.

Selbst wenn man aber von der Fahrerin des Klägerfahrzeugs ein Abbremsen wegen des „Ruckelns“ des Fahrzeugs fordern würde, könnte man kein derart rasches Abbremsen fordern, dass eine Geschwindigkeit von unter 50 km/h erreicht worden wäre. Dabei ist zum einen zu sehen, dass die Fahrbahnoberfläche nicht derart gravierend „schlecht“ war, dass sich ein sofortiges Bremsen nahezu aufgedrängt hätte – aus dem Video ergibt sich ein Fahren im abgefrästen Bereich mit massivem „Ruckeln“ lediglich für knapp 3 Sekunden (Zeitstempel ca. 00:14:00 bis 00:14:03), bevor es zum Überfahren der streitgegenständlichen Fräskante kommt; zum anderen wäre ein Abbremsen im Bereich einer Autobahnbaustelle bei möglicherweise nachfolgendem Verkehr auch mit nicht unerheblichen Gefahren verbunden gewesen, so dass es „nur“ wegen eines ungewöhnlichen „Ruckelns“ nicht gefordert werden konnte – jedenfalls nicht in einem Ausmaß, dass eine Geschwindigkeit beim Überfahren der Fräskante von derart weniger als 50 km/h erreichbar gewesen wäre, was alleine realistische Aussicht auf Verringerung des eingetretenen Fahrzeugschadens gehabt hätte.

5. Auch der Umstand, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs auf der „Baustellenstraße“ die Fräskante überfuhr und dieser nicht seitlich auswich, kann ein Mitverschulden und damit eine relevante Erhöhung der Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs nicht begründen.

Hierzu kann mit den entsprechenden Erwägungen zum Unterlassen einer Geschwindigkeitsreduzierung auf der „Baustellenstraße“ (s.o. 4.) festgehalten werden, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs ja davon ausging, sich auf einem „regulären“ Autobahnfahrstreifen zu befinden. Auf einem solchen besteht aber kein Anlass, auf ein unerwartetes Hindernis in Form von Fräskanten mit einem riskanten Ausweichmanöver ganz nah an die links befindliche Betonleitplanke heran auszuscheren (nach Berechnung des Beklagtenvertreters war die „unversehrte“ Fahrbahn dort ca. 2,50 Meter breit). Bis 3 Sekunden vor Überfahren der schadensverursachenden Fräskante befand sich das Klägerfahrzeug zudem ja auch noch auf „unversehrter“, nicht abgefräster Fahrbahnoberfläche. Hinzu kommt, dass sich die Fräskante selbst bei wiederholtem Studium der Dashcam-Aufnahme kaum vom Boden abhebt und faktisch nur erkennbar ist, wenn man weiß, dass sie gleich auftauchen wird. Nach alledem kann ein relevanter Geschwindigkeitsverstoß auch insoweit nicht festgestellt werden.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Sichtfahrgebotes des § 3 Abs. 1 S. 2 StVO. Dieses wird durch § 18 Abs. 6 StVO modifiziert. Danach muss nach der Rechtsprechung des BGH der Fahrer seine Geschwindigkeit nicht auch auf solche Hindernisse einrichten, die gemessen an den jeweils herrschenden Sichtbedingungen erst außergewöhnlich spät erkennbar werden (BGH, Urteil vom 15.05.1984 – VI ZR 161/82, VersR 1984, 741). Hierzu zählt z.B. ein nicht kenntlich gemachter und nicht beleuchteter Splitthaufen auf der Fahrbahn (BGH aaO). Nach Ansicht der Kammer kann für eine Fräskante als Vertiefung in der Fahrbahnoberfläche von ca. 10 cm, die sich – zumal bei hier gegebener Dunkelheit - lediglich durch eine abweichende Schattierung von der sonstigen Fahrbahnoberfläche abhebt nichts anderes gelten.

Nach alledem war die von der Beklagten beantragte weitere (sachverständige) Aufklärung (u.a.) zur Breite des ausgefrästen Bereichs mangels Entscheidungserheblichkeit nicht geboten. Auch die konkrete Höhe der Fräskante ist nicht entscheidungserheblich, da sie ja unstreitig schadensursächlich wirkte.

Lediglich ergänzend sei schließlich noch angemerkt, dass die vorstehenden Überlegungen zu einem etwaigen Mitverschulden nur deshalb überhaupt möglich sind, weil/wenn man das Dashcam-Video verwertet, wogegen sich die Beklagte wendet – nachdem sie noch im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 10.11.2015 (Gerichtsakte S. 85) der Klägerin vorhält, nicht das gesamte Video, sondern nur Fotos vorgelegt zu haben (!) -, aber dann daraus doch – wohl hilfsweise – für sie positive Rechtsfolgen herleiten will. Da sich auch unter Berücksichtigung des Videos eine solche für die Beklagte positive Rechtsfolge aber nicht feststellen lässt, braucht dieses prozessuale Verhalten der Beklagte weder gewürdigt, noch kommentiert zu werden.

Soweit zum Vorstehenden Erkenntnisse in tatsächlicher Hinsicht offen bleiben (müssen), geht dies zu Lasten der für ein Mitverschulden beweisbelasteten Beklagten (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 254 BGB Rn. 60 m.w.N.).

6. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung bemisst die Kammer die Haftung der Beklagten mit 40%.

Die hier durch die unzureichende Beschilderung der Beklagten geschaffene Verkehrslage war für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs unklar, was eine Schadenteilung rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668). Dabei ist zu sehen, dass die fehlerhaft und damit irreführende Beschilderung durch die Mitarbeiter der Beklagten auf einer Autobahn besonders schwer wiegt: Gerade auf einer Bundesautobahn muss sich ein Autofahrer wegen der dort üblicherweise gefahrenen hohen Geschwindigkeiten auf die Anordnungen der Straßenverkehrs- oder -baubehörde (§ 45 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, 3 StVO) und deren Beschilderung verlassen können (OLG Celle, Urteil vom 21.02.2006 – 14 U 163/05, DAR 2006, 267). Andererseits musste der Fahrerin des Klägerfahrzeugs trotz der geringen zur Verfügung stehenden „Überlegungszeit“ zumindest durch die klar erkennbare durchgezogene Fahrbahnbegrenzung klar sein, dass die unzutreffende Beschilderung nicht im von ihr verstandenen Sinne gemeint gewesen sein konnte.

In der Rechtsprechung wird – dem hiesigen Fall durchaus nicht unähnlich - z.B. einem Fahrzeugführer ein überwiegendes Mitverschulden von 2/3 zugerechnet, wenn er mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h die im Autobahnbaustellenbereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten hat und mit dem Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auch gegen das Sichtfahrgebot verstoßen hat und so reflektierende Absperrtafeln, die vor einer Baugrube aufgestellt waren, zu spät wahrgenommen hat, nachdem er veranlasst durch unzureichend aufgestellte Warnbaken in den Baustellenbereich gewechselt war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415).

Nachdem es im Streitfall aber an einem unfallkausalen Geschwindigkeitsverstoß fehlt und auch sonst außer dem Überfahren der Fahrbahnmarkierung kein maßgebliches Mitverschulden festgestellt werden kann, hält die Kammer eine leicht überwiegende Eigenhaftung der Klägerin von 60% für angemessen und ausreichend, gleichzeitig aber auch geboten.

IV.

Zum Schadensersatzanspruch der Höhe nach:

1. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfallschaden in Höhe von 758,40 €.

a) Dabei ist in tatsächlicher Hinsicht von Folgendem auszugehen:

Das beschädigte Fahrzeug der Klägerin war der Dienstwagen des Zeugen E, den dieser zum Teil auch privat nutzen konnte. Das Fahrzeug war u.a. bei Baustellenkontrollen im Einsatz. Nach dem Unfall nahm die Klägerin über die private ADAC-Mitgliedschaft der Fahrerin des Klägerfahrzeugs einen Mietwagen. Nachdem sich bei der Schadensermittlung Verzögerungen ergaben bzw. Schadenserweiterungen festgestellt wurden, wurden die betrieblich erforderlichen Fahrten bis zum Abschluss der Ersatzbeschaffung mit einem Privatwagen des Zeugen E durchgeführt, wofür bislang eine Entschädigung des Zeugen nicht getroffen wurde. Ein weiteres entsprechendes Fahrzeug, das der Zeuge E betrieblich hätte benutzen können, stand im Betrieb der Klägerin nicht zur Verfügung.

Diesen Ablauf stützt die Kammer auf die Angaben des Zeugen E, an denen – auch angesichts ihrer Kompatibilität mit den Daten des vorgelegten Schadensgutachtens (Anlage K 3) - keinerlei Zweifel angebracht und auch seitens der Beklagten nicht erhoben worden sind.

b) In einer solchen Konstellation steht auch dem Geschädigten eines gewerblich genutzten Fahrzeugs ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens zu. Auf einen eigenen Anspruch des Zeugen E wegen der auch-privaten Nutzung des Dienstwagens durch diesen kommt es nicht an, da ein solcher (abgeleiteter) Anspruch durch die Klägerin nicht geltend gemacht wird.

Nutzungsausfallentschädigung kann nach st. Rspr. jedenfalls für privat genutzte Fahrzeuge zuerkannt werden (z.B. BGH, Urteil vom 23.11.004 – VI ZR 357/03, VersR 2005, 284). Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen ist dies höchstrichterlich noch nicht gesichert (BGH, Beschluss vom 21.01.2014 – VI ZR 366/13, r+s 2014, 153): Nach der Rspr. des VI. Zivilsenats des BGH kommt sie in Betracht, falls sich die Gebrauchsentbehrung entsprechender Fahrzeuge nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages (entweder in entgangenen Einnahmen oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Unkosten) niederschlägt. Wenn im Falle der Beschädigung eines gewerblich genutzten Kfz dem Geschädigten ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht, kommt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung grundsätzlich überhaupt nur bei einer fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung in Betracht (BGH aaO r+s 2014, 153). Dient das beschädigte Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen, wie etwa bei einem Taxi oder LKW, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (BGH aaO r+s 2014, 153). Ob bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung überhaupt grundsätzlich in Betracht kommt oder sich in diesen Fällen der Schaden nur nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug bemisst, ist in der Rspr. des BGH weiterhin offen (BGH aaO r+s 2014, 153; BGH, Urteil vom 04.12.2007 – VI ZR 241/06, VersR 2008, 369).

Ob dem die Grundsatzentscheidung des Großen Senats (BGH, Beschluss vom 09.07.1986 – GSZ 1/86, VersR 1986, 1103) zur Nutzungsentschädigung für den vorübergehenden Verlust des Wohngebrauchs entgegenstünde, ist zweifelhaft (so zutreffend BGH, Urteil vom 04.12.2007 – VI ZR 241/06, VersR 2008, 369). Überwiegend herrscht die Auffassung, dass eine Nutzungsausfallentschädigung auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge bei Vorliegen der dafür geforderten Voraussetzungen möglich ist (OLG Zweibrücken, Urteil vom 11.06.2014 – 1 U 157/13, r+s 2015, 158; OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2009 - 5 U 147/07, NJW-RR 2010, 687; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.07.2006 - 3 U 62/06, NZV 2007, 414; OLG Schleswig, Urteil vom 07.07.2005 - 7 U 3/03, BeckRS 2005, 30359531).

Dem schließt sich die Kammer an: Da das beschädigte Fahrzeug nicht unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen (z.B. Taxi oder LKW) diente, hat die Klägerin keine Möglichkeit, den durch den Ausfall des Fahrzeugs entgangenen Firmenertrag konkret zu berechnen. Ein anderes Fahrzeug stand ihr nicht zu Verfügung.

Dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs (die Geschäftsführerin der Klägerin) der Klägerin ein von ihr privat über den ADAC günstig zur Verfügung gestelltes Ersatzfahrzeug und der Zeuge E als Mitarbeiter der Klägerin dieser sein Privatfahrzeug zur Verfügung stellte, kann die Beklagte grundsätzlich nicht entlasten. Es ist ein allgemeiner Rechtsgedanke, dass ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, dass der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGH, Urteil vom 08.11.2001 – IX ZR 64/01, VersR 2002, 188; vgl. § 843 Abs. 4 BGB); dies gilt so auch für den Nutzungsausfallschaden (BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 363/11, r+s 2013, 203 m.w.N.). Die Klägerin musste also letztlich die Nutzung des beschädigten Fahrzeuges entbehren. Dann aber ist nicht einzusehen – so man denn mit der st. Rspr. des BGH einen Nutzungsausfallschaden dem Grunde nach anerkennt -, warum der Schädiger davon profitieren soll, dass er „zufällig“ ein gewerblich und nicht ein rein privat genutztes Fahrzeug beschädigt hat.

c) Die Klägerin hat Anspruch auf einen Nutzungsausfallschaden für 24 Tage zu je 79,00 €.

Das Klägerfahrzeug ist nach den zur Schadensschätzung nach § 287 ZPO geeigneten Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch in die Gruppe J einzustufen. Bei einer Erstzulassung am 15.12.2011 war das Fahrzeug am Unfalltag (07.09.2014) weniger als drei Jahre alt, so dass eine Herabstufung nicht geboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2005 - VI ZR 112/04, r+s 2005, 263).

Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. im Streitfall für die notwendige Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 363/11, r+s 2013, 203).

Im Streitfall macht die Klägerin Nutzungsausfall für sechs Tage vom 07.09. (Unfalltag) bis 12.09.2014 während der Nutzung des ADAC-Mietwagens der Geschäftsführerin der Klägerin (vgl. Rechnung ADAC Anlage K 5) und für 18 Tage vom 13.09. bis 30.09.2014 (Tag der Zulassung des Ersatzfahrzeugs; vgl. Anlage K 4) während der Nutzung des Fahrzeuges des Zeugen E geltend.

Angesichts des konkreten Ablaufs der Schadensermittlung sieht die Kammer diese vollen 24 Tage als begründet an: Der Zeuge E hat nachvollziehbar geschildert, dass man zunächst angesichts der Auskünfte der Werkstatt davon ausgegangen sei, dass das Fahrzeug reparaturwürdig sei. Schließlich wurde dann aber doch (bereits) am 09.09., also zwei Tage nach dem Unfall über den eigenen Kaskoversicherer ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben (vgl. auch Angaben auf dem Gutachten carexpert, Anlage K 5). Nach Besichtigung am 11.09. wurde das Gutachten am 18.09. vom Sachverständigen unterschrieben/fertiggestellt, so dass es plausibel ist, dass es der Klägerin – wie behauptet – am 20.09. vorlag.

Grundsätzlich besteht auch für die Zeit, die bis zum Zugang des Gutachtens vergeht, Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, sofern nicht schon vorher entweder die Reparaturwürdigkeit oder andererseits der Totalschaden evident sind (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 52/07, BeckRS 2007, 18614) – dafür ist im Streitfall aber nichts ersichtlich.

In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte nicht auf ein Mitverschulden der Klägerin an der Höhe/Dauer des Nutzungsausfallschadens berufen, weil die Klägerin nicht rechtzeitig beim Sachverständigen nachgefragt habe. Zwar kann ein Unfallgeschädigter u.U. gehalten sein, sich telefonisch beim Sachverständigen nach dem Wiederbeschaffungswert zu erkundigen (BGH, Urteil vom 24.06.1986 – VI ZR 222/85, VersR 1986, 1208; vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 24.10.2007 – 14 U 85/07, VersR 2009, 276). Ein derartiger Ausnahmefall liegt aber hier nicht vor. Nach Besichtigung am 11.09. (Donnerstag) bestand Veranlassung nachzufragen frühestens eine Woche später, also am 18.09.. An diesem Tag war das Gutachten aber bereits fertiggestellt. Zudem trägt die Beklagte nichts dafür vor, dass die Klägerin bei tatsächlich gehaltener Nachfrage auch früher an das Gutachten gekommen wäre bzw. Informationen zur Reparaturwürdigkeit erlangt hätte. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist aber nur dann relevant, wenn er sich tatsächlich kausal auf die Schadenshöhe ausgewirkt hätte. Dies vorzutragen und ggf. zu beweisen ist allerdings Sache des Schädigers (BGH, Urteil vom 11.01.2007 – III ZR 116/06, NJW 2007, 1063).

Zuzubilligen ist nach Erhalt der Entscheidungsgrundlage in Form des Schadensgutachtens schließlich eine – kurze – Überlegungsfrist zum weiteren Vorgehen (BGH, Urteil vom 24.06.1986 – VI ZR 222/85, VersR 1986, 1208: drei Tage; OLG Celle, Urteil vom 24.10.2007 – 14 U 85/07, VersR 2009, 276 und OLG München, Urteil vom 24.11.2006 – 10 U 4748/06, BeckRS 2006, 14236: zwei Tage; OLG Köln, Urteil vom 29.08.2006 – 15 U 38/06, Schaden-Praxis 2007, 13: fünf Tage). Selbst wenn man der Klägerin hier nur 2 Tage zugesteht, ist angesichts einer geschätzten Wiederbeschaffungsdauer von 6 bis 8 Kalendertagen ein Nutzungsausfall bis 30.09. plausibel.

Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht lässt sich damit nicht feststellen. Der Klägerin steht deshalb Nutzungsausfallersatz für insgesamt 24 Tage zu.

d) Da es sich beim Nutzungsausfallschaden um keinen unmittelbaren Fahrzeugschaden handelt (BGH, Urteil vom 08.12.1981 – VI ZR 153/80, r+s 1982, 60), unterfällt er nicht dem Anwendungsbereich des Quotenvorrechts der Klägerin nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG (vgl. dazu grundsätzlich BGH, Beschluss vom 29.01.1985 – VI ZR 59/84, VersR 1985, 441). Nach Quote sind deshalb 758,40 € zuzusprechen (24 Tage x 79,00 €, davon 40%).

e) Soweit die Klägerin zusätzlich 53,78 € Mietwagenkosten beansprucht, da sie einen Tag trotz ADAC-Schutzbrief, der nur sechs Tage abdeckte, den Mietwagen selber zahlen musste, ist dieser Anspruch nicht schlüssig geltend gemacht: Ausweislich der Anlage K 5 ist Vertragspartnerin der Anmietung und Schuldnerin der 53,78 € (netto) die Geschäftsführerin der Klägerin als Privatperson. Damit ist aber die Klägerin nicht Forderungsinhaberin und ihr fehlt insoweit die Aktivlegitimation.

2. Die der Höhe nach mit 500,00 € unstreitige Selbstbeteiligung kann die Klägerin nach Inanspruchnahme ihres Kaskoversicherers wegen ihres Quotenvorrechts in voller Höhe geltend machen (vgl. BGH Urteil vom 03.12.1965 – VI ZR 170/64, BeckRS 1965, 30380948; OLG Brandenburg, Urteil vom 05.06.2007 – 2 U 42/06, juris Rn. 26).

3. Eine Unkostenpauschale kann die Klägerin grundsätzlich mit 25,00 € beanspruchen. Für einen letztlich durchschnittlichen Schadensfall, wie es der streitgegenständliche ist, kann nach st. Rspr. der Kammer ein höherer Betrag nicht geschätzt werden (§ 287 ZPO).

Auch bei der Unkostenpauschale handelt es sich um keinen unmittelbaren Fahrzeugschaden (BGH, Urteil vom 08.12.1981 – VI ZR 153/80, r+s 1982, 60), so dass sie nicht dem Anwendungsbereich des Quotenvorrechts unterfällt. Nach Quote sind deshalb 10,00 € zuzusprechen.

4. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten (BGH NJW 2005, 1112 m.w.N.). Diese errechnen sich nach dem berechtigten vorgerichtlichen Gegenstandswert von 1078,80 €. Vorgerichtlich waren offenbar lediglich für 18 Tage Nutzungsausfall zu je 91,00 €, Selbstbeteiligung, Mietwagenkosten zu 53,78 € und eine Unkostenpauschale mit 30,00 € geltend gemacht worden. Nach dem Vorstehenden sind hiervon aber nur 1.078,80 € berechtigt. Bei einer 1,3 Gebühr zzgl. Auslagenpauschale netto (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB) errechnen sich deshalb vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 169,50 €.

Die weiteren Einwände der Beklagten hiergegen gehen ins Leere: Mangelnde Rechnungsstellung des Rechtsanwalts gegenüber dem Geschädigten kann der Geltendmachung nicht entgegengehalten werden, da die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG nur die Einforderbarkeit der Vergütung im Mandantenverhältnis betrifft (BGH, Urt. v. 22.03.2011 − VI ZR 63/10, NJW 2011, 2509; OLG München, Beschluss vom 19.07.2006 - 10 U 2476/06, NZV 2007, 211). Mangelnde Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG schadet nicht, da auch diese Vorschrift nur für das Verhältnis zum Auftraggeber Anwendung findet (Gierl in Mayer/Kroiß, RVG 6. Aufl. § 8 Rn. 6); außerdem ist die außergerichtliche Regulierung eines Unfallschadens mit der Regulierung oder ihrem Scheitern beendet, so dass Fälligkeit des Gebührenanspruchs für die außergerichtliche Tätigkeit eintritt, wenn der Schädiger - wie hier - eindeutig zu erkennen gibt, dass eine außergerichtliche Einigung über die vom Geschädigten geltend gemachten Ansprüche für ihn nicht mehr in Betracht kommt (OLG Celle, Urteil vom 28.04.2010 – 14 U 157/09, juris).

Ebenso wenig kann i.d.R. eine fehlende Zahlung der Rechtsverfolgungskosten durch den Geschädigten dessen Anspruch ausschließen: Zwar bestünde der Schaden insoweit zunächst in einer Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber dem Rechtsanwalt, so dass nach allgemeinen Grundsätzen über § 249 BGB nur Freistellung beansprucht werden könnte. Der Freistellungsanspruch kann jedoch gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergehen. Einer Fristsetzung nach § 250 BGB bedarf es dann nicht, wenn der Schädiger – wie hier durch sein Prozessverhalten - unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er eine Naturalrestitution ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, Urteil vom 16.11.2006 – I ZR 257/03, VersR 2007, 1539). Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteil vom 13.01.2004 – XI ZR 355/02, VersR 2004, 740).

5. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige materielle Schäden geltend macht, war der Klage dem Grunde nach zu 40% stattzugeben.

Die Klägerin behauptet als zukünftigen materiellen Schaden einen sog. Rückstufungsschaden: Nimmt der Geschädigte – wie im Streitfall die Klägerin - aufgrund des Verkehrsunfalls seine Vollkaskoversicherung in Anspruch und wird er infolgedessen in seiner Schadenfreiheitsklasse zurückgestuft und mit höheren Prämien belastet, stellt dies für ihn einen unfallbedingten Fahrzeugschaden dar (BGH, Urteil vom 26.09.2006 – VI ZR 247/05, VersR 2007, 81). Da im Haftungsrecht die Mitursächlichkeit einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleichsteht, haftet der Schädiger für die Rückstufung auch bei einer nur anteiligen Schadensverursachung (BGH, Urteil vom 25.04.2006 – VI ZR 36/05, VersR 2006, 1139).

Der begehrte Anspruch auf Ersatz des Rückstufungsschadens kann insgesamt im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden. Das Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO für einen künftigen Schaden ist dann zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen des Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (BGH, Urteil vom 25.04.2006 – VI ZR 36/05, VersR 2006, 1139). Hier hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass infolge des von ihr abgeschlossenen Flottenversicherungsvertrages eine genaue Bezifferung des Rückstufungsschadens noch nicht möglich sei.

Nach dem Vorstehenden ist der Feststellungsantrag deshalb zu 40% begründet.

6. Der Anspruch auf Verzinsung der berechtigten Schadensersatzansprüche ist nach §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 1 BGB begründet.

Der Höhe nach fußt der Zinsanspruch auf § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Den noch in erster Instanz beantragten höheren Zinssatz hat die Klägerin mit der Berufung nicht mehr aufrechterhalten.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit – wegen der Revisionszulassung - auf § 708 Nr. 10, § 709 S. 1, 2, § 711 S. 1, 2, § 713 ZPO.

Der Streitwert war wie in erster Instanz festzusetzen, wobei der Feststellungsantrag mit 250,00 € bewertet wird.

Die Kammer lässt die Revision zugunsten der Beklagten zu, da die Frage nach der Möglichkeit eines Nutzungsausfallschadens für ein gewerblich genutztes Fahrzeug in der streitgegenständlichen Konstellation grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Revisionszulassung wird (zulässigerweise: BGH, Urteil vom 27.09.2011 – II ZR 221/09, MDR 2011, 2223) ausdrücklich auf die Schadenshöhe – konkret den Nutzungsausfallschaden - beschränkt.

Hinsichtlich der Verwertbarkeit des Dashcam-Videos besteht aufgrund divergierender Rechtsprechung zwar auch grundsätzlicher Klärungsbedarf, doch ist die Streitfrage hier nicht – wie erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 07.01.2003 - X ZR 82/02, NJW 2003, 1125) - entscheidungserheblich. Keine der Parteien ist durch die Verwertung des Videos beschwert: Der Klägerin gelingt der Nachweis zur Haftung der Beklagten dem Grunde nach auch ohne Video anhand der unstreitig verwertbaren Fotos, während die Beklagte selbst mit Video kein weitergehendes Mitverschulden der Fahrerin des Klägerfahrzeugs nachweisen kann.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 08. Juni 2017 - 2 S 5570/15

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 08. Juni 2017 - 2 S 5570/15 zitiert 40 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen


(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie1.zur Durchführung von A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 1 Grundregeln


(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 3 Geschwindigkeit


(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften v

Zivilprozessordnung - ZPO | § 142 Anordnung der Urkundenvorlegung


(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 843 Geldrente oder Kapitalabfindung


(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 1 Einteilung der Bundesstraßen des Fernverkehrs


(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 250 Schadensersatz in Geld nach Fristsetzung


Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn ni

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 10 Berechnung


(1) Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig. (2) In der Berechnung sin

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 5 Träger der Straßenbaulast


(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 8 Fälligkeit, Hemmung der Verjährung


(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 18 Autobahnen und Kraftfahrstraßen


(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 3 Straßenbaulast


(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis

Zivilprozessordnung - ZPO | § 371 Beweis durch Augenschein


(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 534 Verlust des Rügerechts


Die Verletzung einer das Verfahren des ersten Rechtszuges betreffenden Vorschrift kann in der Berufungsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei das Rügerecht bereits im ersten Rechtszuge nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 20 Straßenaufsicht


(1) Die Erfüllung der Aufgaben, die den Trägern der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen obliegen, wird durch die Straßenaufsicht sichergestellt. Die Länder üben die Straßenaufsicht für die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes aus, im Bereich der

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Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 08. Juni 2017 - 2 S 5570/15 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2011 - II ZR 221/09

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil II ZR 221/09 Verkündet am: 27. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 543 Abs

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2014 - VI ZR 366/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 366/13 vom 21. Januar 2014 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr beschlossen: De

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2007 - III ZR 116/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 116/06 Verkündet am: 11. Januar 2007 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 D; § 2

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2007 - VI ZR 241/06

bei uns veröffentlicht am 04.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 241/06 Verkündet am: 4. Dezember 2007 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2011 - VI ZR 63/10

bei uns veröffentlicht am 22.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 63/10 Verkündet am: 22. März 2011 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 24a

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2013 - VI ZR 363/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 363/11 Verkündet am: 5. Februar 2013 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2006 - VI ZR 36/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VI ZR 36/05 Verkündet am: 25. April 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2004 - VI ZR 357/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 357/03 Verkündet am: 23. November 2004 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2004 - XI ZR 355/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 355/02 Verkündet am: 13. Januar 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2001 - IX ZR 64/01

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 64/01 Verkündet am: 8. November 2001 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 675, 843; SGB X § 116 a) Zu den

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2003 - X ZR 82/02

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 82/02 vom 7. Januar 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Ob eine Rechtsfrage, deren Beantwortung die gegen eine Nichtzulassung der Revision beschwerdeführende Partei f

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2006 - VI ZR 247/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 247/05 Verkündet am: 26. September 2006 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Sept. 2008 - VI ZR 279/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 279/06 Verkündet am: 9. September 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2006 - I ZR 257/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 257/03 Verkündet am: 16. November 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2005 - VI ZR 112/04

bei uns veröffentlicht am 25.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 112/04 Verkündet am: 25. Januar 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 11. Juni 2014 - 1 U 157/13

bei uns veröffentlicht am 11.06.2014

Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 10. September 2013 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Unter

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13

bei uns veröffentlicht am 20.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 187/13 Verkündet am: 20. Mai 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. Juli 2006 - 3 U 62/06

bei uns veröffentlicht am 12.07.2006

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15.02.2006 im Verfahren 3 O 329/05 wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 07. Juli 2005 - 7 U 3/03

bei uns veröffentlicht am 07.07.2005

Tenor Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten wird das am 29. November 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläge

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 26. Jan. 2005 - 7 U 161/03

bei uns veröffentlicht am 26.01.2005

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin und auf die Berufung der Beklagten zu 6 und 7 wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Heidelberg vom 18.07.2003 - 2 O 104/02 - wie folgt abgeändert: 1. Der Anspruch der Klägerin

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Die Erfüllung der Aufgaben, die den Trägern der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen obliegen, wird durch die Straßenaufsicht sichergestellt. Die Länder üben die Straßenaufsicht für die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes aus, im Bereich der Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, übt sie das Fernstraßen-Bundesamt aus.

(2) Die Straßenaufsichtsbehörde kann die Durchführung der notwendigen Maßnahmen unter Setzung einer angemessenen Frist anordnen. Sie soll Maßnahmen, die mehrere Träger der Straßenbaulast durchzuführen haben, diesen rechtzeitig bekannt geben, damit sie möglichst zusammenhängend ausgeführt werden. Kommt ein Träger der Straßenbaulast der Anordnung nicht nach, kann die Straßenaufsichtsbehörde die notwendigen Maßnahmen an seiner Stelle und auf seine Kosten verfügen und vollziehen.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Die Verletzung einer das Verfahren des ersten Rechtszuges betreffenden Vorschrift kann in der Berufungsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei das Rügerecht bereits im ersten Rechtszuge nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 279/06 Verkündet am:
9. September 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verkehrssicherungspflicht bei Fahrten mit einem Quad in einem Erlebnispark.
BGH, Urteil vom 9. September 2008 - VI ZR 279/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. September 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Mai 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von vertraglichen Schutzpflichten bzw. Verkehrssicherungspflichten nach einem Unfall im Erlebnispark der Beklagten geltend.
2
Der Arbeitgeber der Klägerin veranstaltete dort am 7. Dezember 2002 ein Betriebsfest. Im Rahmen dieses Festes fand eine geführte Tour mit so genannten Quads, einsitzigen vierrädrigen, offenen Fahrzeugen, die ähnlich Motorrädern zu fahren und zu bedienen sind, statt. Die Teilnehmer der Tour fuhren nach einer Einweisung in die Bedienung der Fahrzeuge ohne Schutzhelme in einer Kolonne, die von einem Mitarbeiter der Beklagten angeführt wurde. Die Gruppe befuhr zunächst eine aus Sand künstlich hergestellte "Berglandschaft". Sodann führte ein Weg auf unebenem Waldboden nach oben, links und rechts davon befand sich eine Böschung. Die Klägerin kam vom Weg ab, fuhr in die Böschung und stürzte. Dabei geriet sie unter das Fahrzeug und erlitt eine schwere offene Nasenbeintrümmerfraktur sowie eine Septumtrümmerfraktur mit einer stark blutenden Risswunde im Stirn-/Nasenwurzelbereich.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht ein Schadensersatzanspruch weder aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen dem Arbeitgeber der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag betreffend die Ausrichtung eines Betriebfestes noch aus § 823 Abs. 1 BGB.
5
Der Beklagten sei zwar die Verletzung einer vertraglichen Schutzpflicht bzw. der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen, weil sie die Teilnehmer der Tour nicht mit einem Schutzhelm ausgestattet habe. Bei der Fahrt mit einem Quad im Gelände bestehe ein erhöhtes Risiko von Stürzen und eine Verpflichtung des Veranstalters, die Auswirkungen von Stürzen möglichst gering zu halten. Da bei einem Sturz mit einem offenen Geländefahrzeug der Kopf des Fahrers besonders gefährdet sei, sei es erforderlich und zumutbar gewesen, den Teilnehmern Schutzhelme zur Verfügung zu stellen. Es sei aber nicht notwendig gewesen, diese mit Integralhelmen (Schutzhelm mit einem das Gesicht bedeckenden Visier) auszustatten, auch wenn diese Art des Schutzhelmes gegenüber einem offenen Helm eine zusätzliche Sicherheit biete.
6
Daher hafte die Beklagte im Ergebnis nicht. Es stehe nämlich nicht fest, dass die der Beklagten vorzuwerfende Pflichtverletzung für die Verletzungen der Klägerin kausal geworden sei. Nach dem Gutachten des Brandenburgischen Landesinstituts für Rechtsmedizin wäre zwar möglicherweise bei einem tief sitzenden offenen Helm die Nasenwurzelregion durch die Breite des Helms geschützt oder zumindest die Schwere des Aufpralls vermindert worden, jedenfalls soweit das anprallende Fahrzeugteil gleichzeitig Kontakt zum Helm gehabt hätte. Die Gutachterin habe dazu mangels Angaben über das auftreffende Fahrzeugteil sowie den genauen Bewegungsablauf jedoch keine weitergehenden Feststellungen treffen können und die Möglichkeit aufgezeigt, dass ein Fahrzeugteil isoliert das Gesicht der Klägerin getroffen habe und auch durch einen offenen Helm nicht auf Abstand gehalten worden wäre.
7
Eine Beweislastumkehr sei nicht geboten. Bei der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten sei zwar bei verschiedenen Fallgruppen eine Beweislastumkehr anzuerkennen. Das vorliegende Geschehen sei jedoch keiner dieser Fallgruppen zuzuordnen. Für einen Anscheinsbeweis fehle es an einem typischen Geschehensablauf, aus dem gefolgert werden könne, dass der Eintritt der erlittenen Verletzungen beim Tragen eines offenen Helmes verhindert worden wäre.

II.

8
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte weder wegen einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten noch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für die der Klägerin durch den Unfall entstandenen Schäden haftet.
9
1. Die vertraglichen Schutzpflichten zielen im Streitfall darauf ab, eine Verletzung der Klägerin möglichst zu vermeiden und dadurch ihr Integritätsinteresse zu erhalten. Sie entsprechen mithin inhaltlich den Verkehrssicherungspflichten , so dass die dazu entwickelten Grundsätze anwendbar sind.
10
Danach ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senat, Urteile vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 294/03 - VersR 2005, 279, 280; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 - VersR 2007, 659, 660; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 - VersR 2008, 1083, Rn. 9, jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senat, Urteile vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 -, jeweils aaO). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 -; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 -, jeweils aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 -; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 -; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 -; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 -, jeweils aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. Senat, Urteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO; vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - VersR 2006, 1083, 1084; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 - aaO; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 - aaO).
11
Der Betreiber einer Sport- und Spielanlage braucht demnach zwar nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. Die Verkehrssicherungspflicht erfordert jedoch regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteile vom 25. April 1978 - VI ZR 194/76 - VersR 1978, 739; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 - aaO, Rn. 10; BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - X ZR 87/06 - NJW 2007, 2549, 2551; OLG Köln, VersR 2002, 859, 860; OLG Celle, NJW 2003, 2544).
12
2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu Recht bejaht, weil diese die Teilnehmer der Quad-Tour nicht mit einem Schutzhelm ausgestattet hat. Dies wird weder von Seiten der Revision noch der Revisionserwiderung in Frage gestellt. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen aber auch ohne Rechtsfehler eine Not- wendigkeit verneint, der Klägerin einen so genannten Integralhelm zur Verfügung zu stellen.
13
a) Im Streitfall hat die Beklagte Quadfahrten im Gelände angeboten. Auch wenn diese in Form einer geführten Gruppenausfahrt und grundsätzlich mit einer relativ geringen Geschwindigkeit durchgeführt wurden, bestand für die ungeübten Quadfahrer ein erhöhtes Risiko von Stürzen. Da bei einem solchen Sturz mit einem offenen Geländefahrzeug der Kopf des Fahrers mangels Vorhandenseins einer Knautschzone oder eines Rückhaltesystems besonders gefährdet ist, handelte es sich dabei nicht um eine anlagentypische Gefahr, die von Teilnehmern einer solchen Tour in einem "Fun-Park" in Kauf genommen wird. Infolgedessen war die Beklagte verpflichtet, den Teilnehmern Schutzhelme zur Verfügung zu stellen, um Kopfverletzungen im Falle eines Unfalls möglichst zu vermeiden.
14
b) Es war aber jedenfalls zum Zeitpunkt des Unfalls im Jahre 2002 nicht erforderlich, die Fahrer mit Integralhelmen auszustatten, auch wenn diese Art des Schutzhelms gegenüber einem offenen Helm eine zusätzliche Sicherheit geboten hätte. Das Berufungsgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass die Beklagte die Touren hat begleiten lassen, so dass zum einen die Fahrstrecke vorgegeben war und zum andern die Möglichkeit bestand, die Teilnehmer von dem Eingehen zu großer Risiken abzuhalten und sie ggf. zu unterstützen. Daher bestand grundsätzlich nicht die Gefahr, dass aufgrund einer gefährlichen Geländewahl und einer zu hohen Geschwindigkeit eine besondere Verletzungsgefahr bestand, der mit erhöhten Sicherheitsanforderungen hätte begegnet werden müssen.
15
Unter diesen Umständen gewinnt bei der Abwägung Bedeutung, dass der Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt noch keine Notwendigkeit gesehen hat, für Quads das Tragen eines Schutzhelms anzuordnen. Erst mit der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Neufassung des § 21a Abs. 2 StVO durch die Verordnung vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3716) wurden die Fahrer von "Quads" in die Schutzhelmpflicht einbezogen. Dadurch sollte das Verletzungsrisiko im Kopfbereich für die Benutzer von Quads entsprechend der bisherigen Regelung für Krafträder gemindert werden. Die Beklagte hat mithin zum Unfallzeitpunkt nicht gegen Schutzvorschriften der Straßenverkehrsordnung verstoßen, die der Gesetzgeber im Interesse der Vermeidung schwerer Verletzungen erlassen hat.
16
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird freilich nicht alleine durch gesetzliche Vorgaben bestimmt. Der zur Verkehrssicherung Verpflichtete hat vielmehr grundsätzlich selbständig zu prüfen, ob und welche Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen notwendig sind; er hat die erforderlichen Maßnahmen eigenverantwortlich zu treffen, auch wenn gesetzliche oder andere Anordnungen, Unfallverhütungsvorschriften oder technische Regeln wie DIN-Normen seine Sorgfaltspflichten durch Bestimmungen über Sicherheitsmaßnahmen konkretisieren. Solche Bestimmungen enthalten im Allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen gegenüber den Schutzgütern. Sie können aber regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden und sind deshalb für die Bestimmung des Umfangs der Verkehrssicherungspflichten durchaus von Bedeutung (vgl. Senat BGHZ 103, 338, 342; Urteile vom 29. November 1983 - VI ZR 137/82 - VersR 1984, 164, 165; vom 23. Oktober 1984 - VI ZR 85/83 - VersR 1985, 64, 65; vom 7. Oktober 1986 - VI ZR 187/85 - VersR 1987, 102, 103; vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00 - VersR 2001, 1040, 1041). Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senat, Urteile vom 21. März 2000 - VI ZR 158/99 - VersR 2000, 984 f.; vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 - aaO, Rn. 18).
17
Auch unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes würde man indes die Anforderung an die Beklagte überspannen, wenn man über die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen der nicht erfolgten Ausstattung mit offenen Schutzhelmen hinaus für das Jahr 2002 die Ausstattung mit einem so genannten Integralhelm verlangte. Immerhin hat sich der Gesetzgeber erst ca. drei Jahre nach dem hier zu beurteilenden Unfall dazu entschlossen, Fahrer eines Quads überhaupt der Schutzhelmpflicht zu unterwerfen. Im Hinblick darauf ist nicht davon auszugehen und auch von der Revision nicht dargelegt, dass die betroffenen Verkehrskreise schon im Jahre 2002 über die Notwendigkeit, einen Schutzhelm zu tragen, hinaus auch die Ausstattung von Quadfahrern mit Integralhelmen als erforderlich angesehen haben. Bei einer geführten Tour im Gelände bestand nämlich für die Teilnehmer jedenfalls kein größeres Risiko, als dies wegen der höheren gefahrenen Geschwindigkeit und der Gefährdung durch andere Straßenverkehrsteilnehmer für Motorradfahrer im öffentlichen Verkehrsbereich besteht. Bei diesen reicht zur Erfüllung der Helmpflicht das Tragen eines offenen Helms aus; es ist nicht erforderlich, einen Integralhelm zu tragen (vgl. VG Augsburg, DAR 2001, 233, 234). Unter diesen Umständen konnten die von der Revision geltend gemachten höheren Anforderungen von der Beklagten nicht erwartet werden (vgl. auch Senat, Urteil vom 30. Januar 1979 - VI ZR 144/77 - VersR 1979, 369 f.).
18
3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie meint, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Kausalität der angenommenen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden verneint, weil es übersehen habe, dass die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises vorliegen.
19
Das Berufungsgericht hat sich wegen der Ausführungen der gerichtsmedizinischen Sachverständigen keine Überzeugung bilden können, dass die der Beklagten vorzuwerfende Pflichtverletzung für die von der Klägerin erlittenen Verletzungen kausal geworden ist. Entscheidend dafür war, dass die Sachverständige wegen der fehlenden Angaben keine Feststellungen über den genauen Ablauf und das aufprallende Fahrzeugteil treffen konnte und deshalb die Möglichkeit aufgezeigt hat, dass ein Fahrzeugteil isoliert das Gesicht der Klägerin getroffen hat und auch durch einen offenen Helm nicht auf Abstand gehalten worden wäre. Das Berufungsgericht hat unter diesen Umständen neben der - von der Revision nicht angegriffenen - Ablehnung einer Beweislastumkehr einen für den Anscheinsbeweis typischen Geschehensablauf verneint, aus dem gefolgert werden könnte, dass der Eintritt der erlittenen Verletzungen beim Tragen eines offenen Helms verhindert worden wäre. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
20
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütungsvorschriften ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verstoß für den Schadenseintritt ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegen wirken soll (vgl. Senat, Urteile vom 25. Januar 1983 - VI ZR 92/81 - VersR 1983, 440 f.; vom 22. April 1986 - VI ZR 77/85 - VersR 1986, 916, 917). Der Beweis des ersten Anscheins ist auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten geboten , die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 271/92 - VersR 1994, 324, 325). Nach dem Senatsurteil vom 25. Januar 1983 spricht der Beweis des ersten Anscheins für den ursächlichen Zusam- menhang zwischen dem Nichtbenutzen eines Schutzhelms und den eingetretenen Kopfverletzungen, wenn ein Kraftfahrer, der ohne Schutzhelm fährt, bei einem Unfall Kopfverletzungen erleidet, vor denen der Schutzhelm allgemein schützen soll. Indessen ist ein Anscheinsbeweis nur möglich, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, sich also aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze der Schluss aufdrängt, die erlittenen Verletzungen seien darauf zurückzuführen , dass der Verletzte keinen (offenen) Schutzhelm getragen hat (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89 - VersR 1991, 195 m.w.N.). Diese Frage unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGHZ 115, 141, 144). Sie ist im Streitfall zu verneinen.
21
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein detaillierter Vortrag zum Unfallhergang und zur genauen Entstehung der Verletzungen nicht erfolgt. Zudem liegt eine Gesichtsverletzung vor, die dadurch verursacht wurde, dass ein Fahrzeugteil das Gesicht der Klägerin getroffen hat. Unter diesen Umständen kann nicht typischerweise darauf geschlossen werden, dass ein offener Schutzhelm den Aufprall verhindert oder zumindest vermindert hätte. Ein solcher Helm schützt zwar typischerweise den oberen Kopfteil und den Hinterkopf, kann aber nach den Ausführungen der Sachverständigen nur unter besonderen Umständen die Nasenwurzelregion und die Nase vor aufprallenden Fahrzeugteilen schützen. Daher kann man für die konkreten Verletzungen der Klägerin nicht von einem typischen Geschehensablauf ausgehen, der zu diesen Verletzungen geführt hat. Jedenfalls ist nach den Ausführungen der Sachverständigen von der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs auszugehen, so dass auch deshalb ein Anscheinsbeweis nicht angewendet werden kann.
22
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 10.11.2005 - 11 O 223/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.05.2006 - 12 U 186/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 187/13 Verkündet am:
20. Mai 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Bindungswirkung eines Grund- und Teilurteils.

b) Zur Bejahung eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens bei Mitverursachung
der Gesundheitsverletzung.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13 - OLG München in Augsburg
LG Kempten (Allgäu)
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. April 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner,
Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. März 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelfer der Beklagten zu 3 und 4. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Geburt im Krankenhaus I. Die Mutter des Klägers wurde während der Schwangerschaft vom Beklagten zu 1, der Belegarzt in dem Krankenhaus war, frauenärztlich und geburtshilflich bis zur Entbindung betreut. Der Beklagte zu 3 ist der Träger des Krankenhauses. Die Beklagte zu 2 begleitete als freie Hebamme die Geburt. Die Beklagte zu 4 versorgte den Kläger als Krankenschwester nach der Geburt in der Kinderstation des Krankenhauses.
2
Bei der Mutter des Klägers setzten am 13. Oktober 1984 gegen 20 Uhr Geburtswehen ein. Sie wurde danach in das Krankenhaus I. aufgenommen. Der Kläger kam am 14. Oktober 1984 um 10.16 Uhr zur Welt. Zwei Stunden später brachte ihn die Beklagte zu 2 auf die Kinderstation und übergab ihn der Beklagten zu 4. Am 16. Oktober 1984 veranlasste ein zu Rate gezogener Kinderarzt die Verlegung des Klägers in die Kinderklinik des Krankenhauses K. Dort lautete die Gesamtdiagnose auf ein Postasphyxie-Syndrom mit Subarachnoidalblutung und ZNS-Anfällen. Bei der Entwicklung des Klägers wurden in den folgenden Jahren schwerste körperliche und geistige Behinderungen sichtbar.
3
Der Kläger nimmt die Beklagten auf materiellen und immateriellen Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich weiterer materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Zunächst hat das Landgericht durch Urteil vom 20. November 1995 den Anspruch des Klägers "auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus der Geburt am 14.10.1984" gegen die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 18. März 2004 die Berufungen der Beklagten gegen das "als Grundurteil bezeichnete Grund- und Teilendurteil" des Landgerichts "mit folgender Klarstellung" zurückgewiesen: "1. Die Klageanträge Ziffern 1 bis 3 sind dem Grunde nach gerechtfertigt. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt am 14.10.1984 bis zum 16.10.1984 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden."
4
Der erkennende Senat hat die Beschwerden der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil zurückgewiesen.
5
Im nachfolgenden Betragsverfahren hat das Landgericht den Anträgen des Klägers weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagten verurteilt, über die bereits bezahlten Beträge von insgesamt 220.000 € hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 100.000 €, materiellen Schadensersatz von 666.156,34 €, eine Mehrbedarfsrente von monatlich 2.193,19 € und eine Erwerbsschadensrente von monatlich 1.032,73 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner nur verurteilt, an den Kläger über den bereits bezahlten Betrag hinaus weitere 52.603,13 € sowie eine Rente von vierteljährlich 2.127,54 € nebst Zinsen zu zahlen. In Bezug auf die Beklagten zu 3 und 4 hat es festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 220.000 € erledigt ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weiter- gehenden Berufungen der Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht - beschränkt auf die Frage der Abgrenzung der Schadensanteile - zugelassenen Revision verlangt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A.

6
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
7
Zwar hat das Berufungsgericht die Revision sowohl im Tenor als auch in den Gründen des angefochtenen Urteils nur beschränkt hinsichtlich der Frage der Abgrenzbarkeit der Schadensanteile zugelassen. Damit hat es die Zulassung aber in unzulässiger Weise auf eine bestimmte Rechtsfrage beschränkt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, VersR 2004, 1267, 1268; vom 28. März 2006 - VI ZR 50/05, VersR 2006, 944 Rn. 9, jeweils mwN; BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9). Die Zulassung kann auch nicht in eine Beschränkung der Revision auf den Anspruchsgrund als einen selbständig anfechtbaren Teil des Streitgegenstandes umgedeutet werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, aaO). Denn das angefochtene Urteil ist im Betragsverfahren ergangen; ihm ist bereits ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO vorausgegangen. Die Frage der Abgrenzbarkeit der Schadensanteile kann im Betragsverfahren nicht von der Schadenshöhe getrennt werden.
8
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Einwand des Mitverschuldens, auf die sich die Revisionserwiderungen der Beklagten zu 2 bis 4 berufen. Danach kann die Revisionszulassung zwar wirksam auf den Mitverschuldenseinwand beschränkt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Berufungsgericht befugt gewesen wäre, zunächst ein Grundurteil zu erlassen und die Frage des Mitverschuldens dem Betragsverfahren vorzubehalten (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 237; vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, aaO Rn. 11, jeweils mwN). Innerhalb des Betragsverfahrens ist eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung nicht zulässig.
9
Da die Revision mithin unbeschränkt zugelassen ist, ist die von dem Kläger vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, aaO Rn. 12 mwN).

B.

10
Die Revision ist nicht begründet.

I.

11
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, entgegen der Auffassung des Landgerichts führe die Bindungswirkung des Berufungsurteils vom 18. März 2004 zu einer Schadensersatzpflicht der Beklagten nur für einen Teil der geltend gemachten Schäden. In diesem Urteil sei mit Bindungswirkung für alle denkbaren Ansprüche des Klägers festgestellt, dass die Beklagten nur für diejenigen Gesundheitsschäden schadensersatzpflichtig seien, die nach der Geburt des Klägers am 14. Oktober 1984 bis zum 16. Oktober 1984 entstanden seien, und die im Urteil als "fortschreitender Schaden" bzw. als "postpartal verschlimmerter Verletzungserfolg" bezeichnet seien. Das Gericht habe die Möglichkeit einer hypoxischen Schädigung des Klägers vor der Geburt und damit im Zusammenhang stehende Versäumnisse der Beklagten zu 1 und 2 sowie Behandlungsfehler im Zusammenhang mit dem Kristellern ausgeschlossen. Es habe nur Behandlungs- bzw. Organisationsfehler im Zeitraum nach der Geburt bezüglich aller vier Beklagten bejaht, durch die eine Stabilisierung des intra partum verursachten Gesundheitsschadens versäumt worden sei.
12
Nach den bindenden Feststellungen des Urteils vom 18. März 2004 sei bei dem Kläger in den Minuten vor der Geburt ohne eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten eine Hirnblutung und damit ein Gesundheitsschaden eingetreten, der sich bis zur Verlegung am 16. Oktober 1984 in die Kinderklinik des Krankenhauses K. weiter habe ausbreiten können. Es habe sich um einen einheitlichen, kontinuierlichen biologischen Vorgang gehandelt, der sich auf eine immer größer werdende Zahl von Gehirnzellen oder Gehirnarealen ausgedehnt habe. Der entstandene Gesundheitsschaden bestehe somit aus einem schicksalhaft eingetretenen Anteil und einem weiteren, von den Beklagten gemeinsam zu verantwortenden Anteil.
13
Aufgrund der Angaben der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. hätten die Beklagten nachgewiesen, dass der größte Teil des Schadens nicht in dem Zeitraum entstanden sei, für den diese schadensersatzpflichtig seien. Zwar sei eine exakte Festlegung auf eine bestimmte Prozentzahl nicht möglich, wohl aber die Festlegung auf einen maximalen Anteil der Schädigung durch die Beklagten. Diese hätten jedenfalls den Nachweis erbracht, dass der Gesundheitsschaden zu mindestens 80 % bereits vorhanden gewesen sei, bevor sich die haftungsbegründenden Fehler der Beklagten ausgewirkt hätten. Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers seien somit, soweit sie nicht gänzlich ausschieden, nur mit einer Quote von 20 % begründet.
14
Unter Berücksichtigung aller Umstände und des eingeschränkten Haftungsanteils der Beklagten sei ein Schmerzensgeld von insgesamt 70.000 € angemessen, weil der Kläger auch ohne den Haftungsanteil der Beklagten an schwersten Behinderungen gelitten hätte. Der Schadensberechnung hinsichtlich des personellen und sachlichen Mehraufwands sei die Quote von 20 % zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Erwerbsausfallschadens und der Kosten der Pflichtpflegeeinsätze stehe dem Kläger allerdings kein Schadensersatzanspruch zu, weil er auch ohne die Vertiefung des Schadens ein Pflegefall geworden und nicht für den Arbeitsprozess in Betracht gekommen wäre.

II.

15
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
16
1. Das Berufungsgericht hat den Umfang der Bindungswirkung des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2004 zutreffend erfasst.
17
a) Die Bindungswirkung dieses Urteils (künftig: Grund- und Teilurteil) ergibt sich aus § 318 ZPO (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1965 - VI ZR 90/64, VersR 1965, 1173, 1174; BGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09, NJW 2011, 3242 Rn. 16 mwN). Ihr Umfang richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn. 9; BGH, Urteile vom 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99, NJW 2001, 78, 79; vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, NJW 2002, 3478, 3479; vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09, aaO Rn. 17, jeweils mwN; Beschluss vom 21. Februar 1994 - II ZB 13/93, NJW 1994, 1222 f.). Eine Bindung an Tatbestand und Entscheidungsgründe tritt insoweit ein, als sie den festgestellten Anspruch kennzeichnen, mithin dessen Inhalt bestimmen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, aaO; Musielak/Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 304 Rn. 11; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 304 Rn. 69). Das Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung , soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 - IX ZR 87/08, FamRZ 2009, 2075 Rn. 19; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 304 Rn. 15). Es legt fest, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände bereits - für die Parteien bindend - abschließend im Grundverfahren geklärt sind (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 1985 - III ZR 105/84, ZIP 1986, 319, 320; vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138 Rn. 17; vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09, VersR 2010, 1320 Rn. 9 mwN).
18
b) Die Auslegung des dem angefochtenen Urteil desBerufungsgerichts zugrundeliegenden Grund- und Teilurteils (vgl. § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO), welches im Tenor keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält, ist vom Revisionsgericht selbständig vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 30. September 1968 - III ZR 28/68, WM 1968, 1380, 1382; vom 14. April 1987 - IX ZR 149/86, NJW-RR 1987, 1196, 1197; vom 11. Juli 2001 - XII ZR 270/99, NJW-RR 2002, 136). Sie führt zu dem Ergebnis, dass dem Urteil nicht eine Bindungswirkung dahingehend zu entnehmen ist, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die Gesundheitsverletzung des Klägers in vollem Umfang haften. In dem Urteil ist mit Bindungswirkung nur festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die Gesundheitsschäden haften, welche auf postpartalen Pflichtversäumnissen der Beklagten beruhen, die für die Gesundheitsverletzung des Klägers mitursächlich geworden sind.
19
aa) Entgegen der Auffassung der Revision steht einer solchen Auslegung der einleitende Satz im Tenor des Grund- und Teilurteils nicht entgegen. Danach hat das Oberlandesgericht die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 20. November 1995, das den Anspruch des Klägers "auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus der Geburt am 14.10.1984" gegen die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat, "mit folgender Klarstellung" zurückgewiesen. Nachfolgend hat es den Tenor des landgerichtlichen Urteils neu gefasst. Dies war erforderlich, weil das Landgericht auch den Feststellungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hatte, obgleich dies bei einem unbezifferten Feststellungsantrag nicht zulässig ist, und es sich in Wirklichkeit um ein Grund- und Teilurteil handelte (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; vom 4. Oktober 2000 - VII ZR 109/99, NJW 2001, 155 mwN). Mehr ergibt sich aus dem einleitenden Satz nicht.
20
bb) In Nr. I. 1 des Tenors des Grund- und Teilurteils hat das Oberlandesgericht die damaligen Zahlungsanträge des Klägers - wie zuvor das Landgericht - zwar ohne Einschränkung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und damit zugleich die Kausalität der Versäumnisse der Beklagten für die Gesund- heitsverletzung des Klägers festgestellt, weil die haftungsbegründende Kausalität zum Anspruchsgrund gehört. Daraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten für die Gesundheitsverletzung in vollem Umfang angenommen hat. Nach allgemeinem Schadensrecht steht nämlich eine Mitursächlichkeit, und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit grundsätzlich haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99, VersR 2000, 1282, 1283; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00, VersR 2002, 200, 201; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946; vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09, VersR 2010, 627 Rn. 12; Senatsbeschluss vom 13. November 2007 - VI ZR 155/07, juris). Mithin lässt sich aus Nr. I. 1 des Tenors keine Bindungswirkung hinsichtlich des gesamten Gesundheitsschadens ableiten.
21
cc) Aus Nr. I. 2 des Tenors, auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Grund- und Teilurteils maßgeblich gestützt hat, ergibt sich vielmehr , dass diesem nur eine eingeschränkte Bindungswirkung zukommt. Das Oberlandesgericht hat nämlich festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner "verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt am 14.10.1984 bis zum 16.10.1984 entstanden sind und noch entstehen werden". Es ist damit bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 hinter dem Feststellungsantrag des Klägers zurückgeblieben , der hinsichtlich dieser Beklagten beantragt hatte festzustellen, dass sie verpflichtet sind, sämtliche Schäden zu ersetzen, "die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung ….vor, während und nach seiner Geburt" entstanden sind und noch entstehen werden. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Beklagten zu 3 und 4 hatte sich ohnehin nur auf die Behandlung "im Zeit- raum vom 14. bis zum 16.10.1984 nach seiner Geburt am 14.10.1984" bezogen.
22
Auch die Aufnahme der Wörter "anlässlich und" spricht nicht dafür, dass der Feststellungsausspruch nicht nur die nach der Geburt entstandenen Gesundheitsschäden erfassen sollte. Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass der Kläger hinsichtlich aller Beklagten schon in seinem Feststellungsantrag die Wörter "anlässlich und aufgrund der [bzw. seiner] Behandlung" aufgenommen hat, also auch in den Antrag hinsichtlich der Beklagten zu 3 und 4, der sich nur auf den Zeitraum nach der Geburt bezog. Im Grund- und Teilurteil ist mithin nur die vom Kläger vorgegebene Fassung übernommen worden. Im Hinblick darauf ist von maßgeblicher Bedeutung, dass das Oberlandesgericht dem Feststellungsantrag abweichend vom Antrag des Klägers bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 nur hinsichtlich der Behandlung nach seiner Geburt entsprochen hat. Dies entspricht den Entscheidungsgründen des Grund- und Teilurteils, in denen das Oberlandesgericht die Haftung der Beklagten nur auf Versäumnisse gestützt hat, die sich erst nach der Geburt ereignet oder - im Fall des Beklagten zu 3 - ausgewirkt haben und die die Gesundheitsverletzung nicht allein verursacht , sondern nur vertieft haben. Eine Beschränkung des Haftungsgrunds auf den "Vertiefungsschaden" kommt auch darin zum Ausdruck, dass in den Entscheidungsgründen des Grund- und Teilurteils wiederholt von den Beklagten als Urhebern des "gesamten nachgeburtlich vertieften Schadens" oder des "postpartal verschlimmerten Verletzungserfolgs" die Rede ist. Auch dies zeigt, dass als Haftungsgrund nur Versäumnisse der Beklagten in der Zeit nach der Geburt angenommen wurden, die für die Gesundheitsverletzung des Klägers mitursächlich geworden sind. Dadurch wird der festgestellte Anspruch gekennzeichnet und mithin dessen Inhalt bestimmt. Infolgedessen ist auch nur insoweit eine Bindungswirkung eingetreten.
23
Hinsichtlich des Umfangs einer sich aus der Mitverursachung der Gesundheitsverletzung ergebenden Haftung liegt eine Bindungswirkung nicht vor. Denn bei vernünftigem Verständnis des Grundurteils ist ihm mit Rücksicht auf den bisherigen Prozessverlauf zu entnehmen, dass der Prüfung im Betragsverfahren vorbehalten bleiben sollte, in welchem Umfang die Beklagten wegen ihrer Versäumnisse haften (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1990 - VIII ZR 314/88, BGHZ 110, 196, 204). Im Grund- und Teilurteil finden sich dazu keine Ausführungen. Das Oberlandesgericht hat vielmehr zum Feststellungsanspruch eine Teilabweisung nicht als veranlasst gesehen, weil für Fehler im nachgeburtlichen Zeitabschnitt eine Mitverursachung ausreiche und über die Höhe des materiellen und immateriellen Schadens "nicht zu befinden" war.
24
2. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Umfang der Haftung halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten rechtsfehlerfrei auf einen Haftungsanteil von 20 % begrenzt.
25
a) Auch wenn eine Mitursächlichkeit der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich grundsätzlich in vollem Umfang gleichsteht (vgl. oben unter II 1 b bb), ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wenn feststeht, dass der Behandlungsfehler nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat, also eine sogenannte abgrenzbare Teilkausalität vorliegt (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, VersR 1997, 362, 363; vom 8. Februar 2000 - VI ZR 325/98, VersR 2000, 1107, 1108; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942; Senatsbeschluss vom 13. November 2007 - VI ZR 155/07, juris). Erforderlich ist, dass sich der Schadensbeitrag des Behandlungsfehlers einwandfrei von dem anderen Schadensbeitrag - etwa einer Vorschädigung des Patienten - abgrenzen und damit der Haftungsanteil des Arztes bestimmen lässt (G. Müller, VersR 2006, 1289, 1296). Andernfalls verbleibt es bei der Ein- standspflicht für den gesamten Schaden, auch wenn dieser durch andere, schicksalhafte Umstände wesentlich mitverursacht worden ist (vgl. OLG Schleswig, OLGR Schleswig 2005, 273, 275; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., B Rn. 217).
26
b) Einen solchen abgrenzbaren Teil des Schadens hat das Berufungsgericht im Streitfall nach dem dafür erforderlichen Beweismaß des § 286 ZPO (vgl. G. Müller, aaO) festgestellt.
27
Nach Überzeugung des Berufungsgerichts haben die Beklagten den Nachweis erbracht, dass der größte Teil des Gesundheitsschadens nicht in dem Zeitraum entstanden ist, für den sie nach dem Urteil vom 18. März 2004 schadensersatzpflichtig sind, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits vorhanden war. Nach den bindenden Feststellungen des Grund- und Teilurteils ist beim Kläger in den Minuten vor der Geburt ohne eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten eine Hirnblutung und damit eine Gesundheitsverletzung eingetreten, die sich bis zur Verlegung am 16. Oktober 1984 in die Kinderklinik des Krankenhauses K. weiter ausgebreitet hat. Der - durch das nicht pflichtwidrige Kristellern - verursachte traumatische Schaden ist bereits intra partum irreparabel eingetreten, so dass es auch bei seiner frühzeitigen Feststellung bei der nachgeburtlichen Betreuung und Behandlung nur noch um die postpartale Stabilisierung des Zustands des Klägers ging. Den durch das Ereignis in den Minuten vor der Geburt verursachten schicksalhaft eingetretenen Schadensanteil hat das Berufungsgericht aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. mit mindestens 80 % angenommen und demgemäß den Haftungsanteil der Beklagten auf maximal 20 % beschränkt.
28
Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisions- rechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16, jeweils mwN).
29
c) Nach diesen Grundsätzen ist die Feststellung eines bereits vor den nachgeburtlichen Pflichtversäumnissen der Beklagten eingetretenen abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
30
Keinen Erfolg hat die Revision zunächst, soweit ihr Vortrag auf etwaige Behandlungsfehler während der Geburt abstellt, weil dem Berufungsgericht aufgrund der Bindungswirkung des Grund- und Teilurteils neue Feststellungen zu Behandlungsfehlern der Beklagten verwehrt sind.
31
Auch soweit die Revision auf Vorbehalte der medizinischen Sachverständigen gegen die Festlegung prozentualer Schädigungsanteile verweist, steht das der Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Die Würdigung des Berufungsgerichts hat in der auf den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. beruhenden Feststellung, dass der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung im Wesentlichen abgeschlossen war, eine hinreichende Grundlage. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der sachverständigen Ausführungen zu Lasten der Beklagten für diese eine Verursachungsquote von maximal 20 % angenommen. Es hat dabei berücksichtigt, dass der Sachverständige Prof. Dr. B. erklärt hat, die von ihm genannten Zahlen, wonach der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 bis 90 % abgeschlossen gewesen sei, seien medizi- nisch nicht fundiert. Das Berufungsgericht konnte sich auf weitere vom Sachverständigen genannte konkrete Anhaltspunkte zur "medizinischen Unterscheidung der Schadensanteile" stützen. Dieser hat ausgeführt, der Kläger wäre auch bei Annahme einer unverzüglichen Verlegung nach der Geburt in die Kinderklinik auf jeden Fall ein Pflegefall gewesen und für den Arbeitsprozess nicht in Frage gekommen. Der Kläger wäre nicht in der Lage gewesen, ein selbständiges Leben zu führen, vielleicht wären die Lähmungserscheinungen geringfügiger ausgeprägt gewesen und auch die Fähigkeit zur Artikulation. Die mentale Behinderung hätte in jedem Fall auch bestanden. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen in tatrichterlicher Würdigung zur Überzeugung gelangt ist, der Schädigungsprozess sei zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 % abgeschlossen gewesen, ist dies nicht zu beanstanden und reicht für die Annahme eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens aus.
32
Die Revision rügt erfolglos, das Berufungsgericht habe einen Widerspruch in den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. B. außer Betracht gelassen. Zwar hat der Sachverständige ausgeführt, während Kinder mit Krampfanfällen im Rahmen einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie sich in etwa 50 % der Fälle normal entwickelten, liege der Wert bei Neugeborenen mit Krampfanfällen im Rahmen einer primären Subarachnoidalblutung bei mindestens 90 %. Diese statistischen Prozentsätze stehen jedoch nicht in Widerspruch zu der Annahme des Sachverständigen, dass unter den konkreten Umständen des Streitfalls, in dem der Eintritt schwerster körperlicher und geistiger Behinderungen feststeht, der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 bis 90 % abgeschlossen gewesen sei.
33
Die weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
34
3. Konkrete Einwände gegen die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes im Übrigen hat die Revision nicht vorgebracht. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 20.01.2011 - 3 O 2613/92 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 28.03.2013 - 24 U 671/11 -

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin und auf die Berufung der Beklagten zu 6 und 7 wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Heidelberg vom 18.07.2003 - 2 O 104/02 - wie folgt abgeändert:

1. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung des materiellen Schadens (Klageantrag 1. b) einschließlich des Anspruchs auf Erstattung des auf den Haushaltsführungsschaden entfallenen Zinsschadens (Antrag 1. c) sowie der Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes (Antrag 2.) ist hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 5, die insoweit als Gesamtschuldner haften, dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin in Höhe von 1/2 berechtigt.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1 bis 5 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 1/2 den künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 10.05.1999 in Höhe des Anwesens S.-Str. in H. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufungen der Beklagten zu 1, 2 und 5 werden zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin 9/14 und die Beklagten zu 1, 2, 3, 4 und 5 als Gesamtschuldner 5/14.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1, 2, 3, 4 und 5 im Berufungsrechtszug trägt die Klägerin jeweils die Hälfte. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsrechtszug tragen die Beklagten zu 1, 2, 3, 4 und 5 als Gesamtschuldner 5/14. Im Übrigen tragen die Klägerin und die Beklagten zu 1, 2, 3, 4 und 5 ihre außergerichtlichen Kosten im Berufungsrechtszug selbst.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 6 und 7 in beiden Rechtszügen. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszugs dem landgerichtlichen Schlussurteil vorbehalten.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die Klägerin, die am 10.05.1999 im Bereich des Anwesens S.-Str. in H. in eine Baugrube gestürzt ist, begehrt von den Beklagten mit der Behauptung, sie hätten die ihnen obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihr aufgrund der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen entstanden ist. Das Landgericht, auf dessen Grund- und Teilurteil hinsichtlich des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug und der dort getroffenen Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 (Baufirma), 2 (Stadt), 5 (Bauleiter der Beklagten zu 1), 6 (Mitarbeiter der Beklagten zu 2) und 7 (Mitarbeiter der Beklagten zu 2) unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 1/2 dem Grunde nach stattgegeben, in diesem Umfang auch die Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden ausgesprochen und die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 3 (Auftraggeber der Bauarbeiten) und 4 (verantwortlicher Mitarbeiter der Beklagten zu 3) abgewiesen.
Mit ihrer zulässigen Berufung wendet sich die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug gegen die Annahme eines Mitverschuldens und gegen die Verneinung der Haftung der Beklagten zu 3 und 4, die gegen die unzureichende Absicherung der Baugrube durch die Beklagte zu 1 hätten einschreiten müssen, und verfolgt ihr Begehren wie im ersten Rechtszug in vollem Umfang weiter. Die Beklagten zu 1, 2 und 5 bis 7 greifen mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im ersten Rechtszug die dem landgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden Annahme einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht insbesondere mit der Erwägung an, Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht werde durch die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (künftig: RSA) abschließend und bindend bestimmt und die Absicherung der Baustelle habe den Vorgaben der RSA entsprochen, sodass eine Haftung ausscheide. Die Beklagten zu 2, 6 und 7 weisen zudem darauf hin, dass die Vorgaben der RSA für sie bindend seien und deshalb eine Abweichung nicht in Betracht komme. Im Übrigen seien sie als Straßenverkehrsbehörde tätig geworden, sodass eine Haftung aufgrund des Verweisungsprivilegs aus § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausscheide. Alle Beklagten sind der Auffassung, dass der Sorgfaltsverstoß der Klägerin so gewichtig sei, dass diese gem. § 254 Abs. 1 BGB ihren Schaden allein tragen müsse, selbst wenn man von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ausgehen wollte.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur zum Teil, die zulässige Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 5 hat keinen Erfolg, die zulässige Berufung der Beklagten zu 6 und 7 hat Erfolg:
I. Die Beklagten zu 1 - 5 haben die ihnen obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie die zum Schutz des Verkehrs erforderlichen Sicherungsmaßnahmen nicht ergriffen haben bzw. nicht haben ergreifen lassen.
1. Verkehrssicherungspflichtig für die Baugrube im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB waren sowohl die Beklagten zu 1 und 2 (diese nach § 839 BGB) als auch die Beklagten zu 3 bis 5. Hinsichtlich der Beklagten zu 6 und 7 kann dies offen bleiben, denn ihre Haftung scheidet in jedem Fall aus Rechtsgründen aus.
a) Bei einer Baustelle im Bereich des öffentlichen Verkehrsraums ist zunächst der Bauunternehmer verkehrssicherungspflichtig und hat die Baustelle deutlich erkennbar zu machen und abzusichern. Dessen Pflicht leitet sich aus dem allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsatz her, dass jeder, der eine Gefahrenquelle für den Verkehrs schafft, alles ihm Zumutbare zu tun hat, um eine Verwirklichung dieser Gefahr zu verhindern (BGH VersR 1977, 543, 544 = MDR 1977, 656; NJW-RR 1989, 918, 919; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2001 - 22 U 150/00, OLGR Düsseldorf 2001, 224 jeweils speziell zu Baumaßnahmen im Straßenraum). Diese Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 1 besteht neben einer evtl. Verkehrssicherungspflicht der Straßenverkehrsbehörde bzw. des Straßenbaulastträgers und unabhängig von dieser. Aufgrund dieser eigenverantwortlichen Stellung des Bauunternehmers ist er von der Wahrnehmung seiner Pflicht zur Verkehrssicherung nicht deshalb entbunden, weil daneben die zuständigen Behörden Maßnahmen angeordnet oder getroffen haben oder die von dem Bauunternehmer getroffenen Maßnahmen gebilligt haben (BGH VersR 1977, 543, 544 = MDR 1977, 656).
Für Versäumnisse bei der Wahrnehmung ihrer deliktischen Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 5 hat sich die Beklagte zu 3 nicht gem. § 831 BGB entlastet.
b) Neben der Beklagten zu 1 war nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts (§ 529 Abs. 1 ZPO) auch der Beklagte zu 5 deliktisch verkehrssicherungspflichtig, denn dieser nahm nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin die aus der deliktischen Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 1 erwachsenen Aufgaben eigenverantwortlich für diese wahr. Dies begründet seine Haftung (BGH a.a.O. und BGH NJW-RR 1989, 918, 919 speziell zu Baumaßnahmen im Straßenraum; allgemein zur Verkehrssicherungspflicht des Bauleiters BGH, Urt. v. 28.10.1986 - VI ZR 254/85, VersR 1987, 159, 160; Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, VersR 1997, 249, 250; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.03.1999 - 2 U 74/98, OLGR Stuttgart 1999, 245, 247).
c) Auch die Beklagte zu 2 ist nach § 839 Abs. 1 BGB verkehrssicherungspflichtig.
10 
(1) Zwar weist die Beklagte zu 2 zutreffend darauf hin, dass sie als Straßenverkehrsbehörde im Sinne von § 44 Abs. 1 StVO und damit in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Regelung des Verkehrs bei der Durchführung von Straßenbauarbeiten gem. § 45 Abs. 2, 3 StVO nicht in Wahrnehmung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht sondern in Wahrnehmung einer besonderen öffentlich rechtlich ausgestalteten Verkehrssicherungspflicht tätig wird und deshalb in diesem Bereich nach Maßgabe von § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht haftet (BGH NJW 1977, 2220, 2221; BGHZ 91, 48, 51; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1443). Auch die Klägerin stellt nicht (jedenfalls nicht mit Substanz) in Abrede, dass die Beklagte zu 2 bei Erlass des Bescheids vom 30.03.1999 als Straßenverkehrsbehörde im Sinne von §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 2, 3 StVO gehandelt hat. Dies ergibt sich im Übrigen aus dem Inhalt des Bescheids und dem angegebenen Regelungsgegenstand „Straßenverkehr“.
11 
(2) Darin erschöpft sich die Pflichtenstellung der Beklagten zu 2 bei Baumaßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum allerdings nicht. Neben der sich aus den Normen der StVO abzuleitenden öffentlich-rechtlichen Verkehrsregelungspflicht traf die Beklagte zu 2 als Straßenbaulastträgerin für die in ihrer Verwaltung befindliche Straße (§ 5 Abs. 2 FernStrG) die allgemeine Pflicht, für die Sicherheit des öffentlichen Verkehrsraums zu sorgen und die von diesem für die Verkehrsteilnehmer ausgehenden Gefahren abzuwehren. Diese Pflicht entspricht inhaltlich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (BGHZ 75, 134, 138; 118, 368, 371 f.; BGH NJW-RR 1989, 918, 919; NJW 1993, 2612, 2613; VersR 1994, 618, 620; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.1989 - 18 U 124/89, NZV 1990, 310, 311; OLG Stuttgart, Urt. v. 08.12.1989 - 2 U 326/88, NZV 1990, 268).
12 
Zwar stellen die der Beklagten zu 2 insoweit obliegenden Aufgaben nach § 59 des Straßengesetzes Baden-Württemberg Amtspflichten in Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit dar und begründen somit die Anwendung von § 839 BGB. Dies führt gleichwohl nicht zu einer Haftungsbefreiung der Beklagten zu 2, weil im Bereich der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Verweisungsprivileg aus § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht eingreift (Vgl. BGHZ 75, 134, 136; BGHZ 91, 48, 52; BGHZ 118, 368, 370; BGH NJW 1993, 2612, 2613).
13 
(3) Die aus den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen sich ergebende haftungsrechtliche Verantwortung ist voneinander unabhängig. Der Haftungsausschluss aus § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Handeln als Verkehrsregelungsbehörde (Straßenverkehrsbehörde) erstreckt sich nicht auf den Bereich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Dies gilt selbst dann, wenn ein und dasselbe Handeln beiden Bereichen zuordnen ist (BGH NJW 1996, 3208, 3210 ; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.1989 - 18 U 124/89, NZV 1990, 310, 311).
14 
d) Eine Haftung der Beklagten zu 6 und 7 (unstreitig Beamte der Beklagten zu 2 im statusrechtlichen Sinne) scheidet hingegen nach Art. 34 GG aus. Nach dem unwiderlegten Vortrag dieser Beklagten (und der Beklagten zu 2) wurden sie lediglich in Wahrnehmung der Aufgaben der Beklagten zu 2 als Straßenverkehrsbehörde gem. §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 2, 3 StVO tätig, sodass die Überwachung der Baustelle vor Ort in Wahrnehmung der sich daraus ergebenden hoheitlichen Tätigkeit erfolgte und dem gemäß eine persönliche Inanspruchnahme der Beklagten zu 6 und 7 ausscheidet. Im übrigen könnten die Beklagten zu 6 und 7 sich - wie bereits dargelegt wurde - insoweit auch auf das Verweisungsprivileg gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB stützen, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Haftung ausscheiden würde. Umstände, die ausnahmsweise zu einer Haftung der Beklagten zu 6 und 7 führen könnten, hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
15 
Selbst wenn man, was die Klägerin nicht (jedenfalls nicht erkennbar) tut, entgegen ihrem Vortrag annehmen wollte, sie seien auch in Wahrnehmung der Aufgaben der Beklagten zu 2 im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht tätig geworden, ist ihre Haftung nach Art. 34 GG ausgeschlossen, da auch diese Tätigkeit in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes erfolgt wäre, denn § 59 des Straßengesetzes Baden-Württemberg qualifiziert auch diese Pflichten als Amtspflichten in Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit.
16 
e) Das Landgericht geht auch zu Recht von einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 3 nach § 823 Abs. 1 BGB aus. Die Beklagte zu 3 war als Bauherrin und Auftraggeberin der Beklagten zu 1 selbst verkehrssicherungspflichtig, da sie durch den Auftrag zur Durchführung der Bauarbeiten die Gefahrenquelle miteröffnet hat (BGH, Urt. v. 14.01.1982 - III ZR 58/80, VersR 1982, 577 = NJW 1982, 2187; Urt. v. 11.12.1984 - VI ZR 292/82, VersR 1985, 360; Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, VersR 1997, 249, 250; OLG Hamm, Urt. v. 03.07.1998 - 9 U 38/98, OLGR Hamm 1998, 325). Die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht für die Baustelle auf die Beklagte zu 1 entband die Beklagte zu 3 nicht völlig von ihren Pflichten, denn sie blieb gehalten, die Beklagte zu 1 zu kontrollieren und in diesem Rahmen zu überprüfen, ob diese ihrer Verpflichtung zur Verkehrssicherung in ausreichendem Umfang nachkam (BGH, Urt. v. 14.01.1982 - III ZR 58/80, VersR 1982, 577 = NJW 1982, 2187; OLG Hamm, Urt. v. 03.07.1998 - 9 U 38/98, OLGR Hamm 1998, 325; OLG Hamm, Urt. v. 09.06.1998 - 9 U 129/97, NVwZ-RR 1999, 223, 224; OLG Brandenburg, Urt. v. 02.02.2001 - 2 U 35/00, OLG-NL 2001, 147; vgl. allgemein zur Kontrollpflicht BGH, Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91, NJW 1993, 1647, 1648; BGHZ 118, 368, 373). Auch die behauptete Kompetenz der Beklagten zu 1 für die Durchführung derartiger Baumaßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum ließ diese Verpflichtung nicht vollständig entfallen. Die - nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin - ebenfalls sach- und fachkundige Beklagte zu 3 musste vielmehr einschreiten, wenn ihr bei diesen Kontrollen Versäumnisse der Beklagten zu 1 auffielen (BGH, Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91, NJW 1993, 1647, 1648; Urt. v. 04.07. 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374; Urt. v. 23.02.2001 - V ZR 389/99, NJW 2001, 1865, 1866; OLG Zweibrücken, Urt. v. 13.09.2002 - 1 U 248/01, BauR 2003, 1742; OLG Koblenz, Urt. v. 17.07. 2003 - 5 U 18/03, BauR 2004, 107, 108; näher dazu unter 2. d).
17 
Die Regelungen in den Vergabebedingungen und im Leistungsverzeichnis, die dem Auftrag der Beklagten zu 3 an die Beklagte zu 1 zugrunde lagen, ändern an der deliktischen Verantwortlichkeit nichts (BGH, Urt. v. 14.01.1982 - III ZR 58/80, VersR 1982, 577 = NJW 1982, 2187). Durch Vereinbarungen, wonach im Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien allein die Beklagte zu 1 haften solle und die Beklagte zu 3 von eventuellen Ansprüchen Dritter freizustellen sei, konnte die Beklagte zu 3 ihre deliktische Verantwortlichkeit nicht zu Lasten der Klägerin einschränken.
18 
Ebenso ist es ohne Bedeutung, ob und in welchem Umfang die Beklagte zu 3 Funktionen einer örtlichen Bauleitung wahrnahm. Ihre deliktische Verantwortlichkeit für die Absicherung der Baustelle ergibt sich bereits aus ihrer Stellung als Bauherrin.
19 
Für Versäumnisse bei der Wahrnehmung ihrer deliktischen Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 4 hat sich die Beklagte zu 3 nicht gem. § 831 BGB entlastet.
20 
f) Die deliktische Verantwortlichkeit des Beklagten zu 4 gem. § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich daraus, dass er nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin die Aufgaben der Überwachung der Bauarbeiten der Beklagten zu 1 eigenverantwortlich wahrnahm und deshalb deliktisch in gleichem Umfang wie die Beklagte zu 3 für die Einhaltung der Erfordernisse der Verkehrssicherheit verantwortlich ist.
21 
2. Die Beklagten zu 1 bis 5 haben die ihnen obliegende Verkehrssicherungspflicht auch verletzt.
22 
a) Die den Beklagten zu 1 bis 5 obliegende Pflicht, für die Sicherheit im Straßenverkehr gegenüber den Verkehrsteilnehmern zu sorgen, wird nach Inhalt und Umfang durch die konkreten örtlichen Verhältnisse und das ihnen innewohnende Gefahrenpotenzial und von der Art und Weise der Benutzung des jeweiligen Verkehrsraums bestimmt. In diesem Rahmen sind die Verkehrsflächen so auszugestalten, dass sie möglichst gefahrlos benutzt werden können, der Pflichtige muss also in geeigneter und zumutbarer Weise alle Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls so zeitig und erkennbar vor ihnen warnen, dass sich der Benutzer rechtzeitig darauf einstellen kann (BGH, Urt. v. 26.03.1981 - III ZR 106/80, NJW 1981, 2120, 2121; Urt. v. 19.12.1991 - III ZR 1/91, BGHR BGB § 839 Abs. 1 S 1; Urt. v. 01.07.1993 - III ZR 167/92, NJW 1993, 2612, 2613; OLG Celle, Urt. v. 28.03.1990 - 9 U 65/89, NJW-RR 1990, 1249; OLG Hamm, Urt. v. 05.05.1995 - 9 U 14/95, NZV 1995, 484). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schaden zu bewahren (BGH, Urt. v. 03.02.2004 - VI ZR 95/03, BGHReport 2004, 736 = NJW 2004, 1449). Dabei ist unerheblich, dass diese Pflicht der Beklagten zu 2 als öffentlich rechtlich ausgestaltete Amtspflicht obliegt, denn diese Amtspflicht entspricht inhaltlich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (BGHZ 60, 54, 62; BGHZ 75, 134, 138; BGHZ 91, 48, 52; BGHZ 118, 368, 370; BGH NJW 1993, 2612, 2613).
23 
Diesen Anforderungen genügen die von der Beklagten zu 1 und dem Beklagten zu 5 zur Absicherung der Baugrube ergriffenen Maßnahmen nicht. Angesichts des Umstandes, dass sich in unmittelbarer Nähe zu dem angelegten Radweg in einem Abstand von lediglich 40 cm eine Baugrube mit einer Tiefe von ca. 3,5 m befand, genügte die angebrachte Absperrung, die lediglich aus in vierkantige Metallrohrpfosten eingehängten Absperrbrettern bestand, die in dafür vorgesehene Füße eingestellt waren, nicht, um der Gefahr eines Sturzes in die Grube wirksam zu begegnen. Denn eine Person, die aus welchen Gründen auch immer gegen die Absperrung fiel, konnte durch diese instabile Konstruktion nicht vor einem Sturz in die Grube bewahrt werden. Aufgrund der beengten örtlichen Verhältnisse bei der Ausgestaltung des Radweges, der sich unmittelbar neben dem nicht durch bauliche Maßnahmen abgetrennten Gehweg befand, bestand die Gefahr, dass es (und sei es aufgrund eines unachtsamen Verhaltens eines der Verkehrsteilnehmer) zu einer Situation kommen konnte, in der ein gegen die Absperrung fahrender Radfahrer in die Baugrube stürzte. Diese naheliegende und für den betroffenen Verkehrsteilnehmer überaus schadensträchtige Gefahr war abzuwenden. Außerdem mussten die Beklagten zu 1 - 5 damit rechnen, dass - wie immer wieder zu beobachten ist - Radfahrer trotz des Verbots (§ 2 Abs. 2 StVO; vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. Rn. 67a 67b zu § 2 StVO) den Radweg entgegen der Fahrtrichtung in südlicher Richtung (Richtung Bismarckplatz) befuhren, sodass es im Bereich der Baustelle zu einer Begegnung mit nordwärts fahrenden Radfahrern kommen konnte, die dann Ausweichbewegungen nötig machte. Der lediglich 1,25 m breite Radweg bot nicht ausreichend Platz, um in einem solchen Fall ein gefahrloses Passieren zu ermöglichen. Zum Schutz des Radverkehrs hätte deshalb durch geeignete Sicherungsmaßnahmen (bspw. durch einen festverankerten Bauzaun) die Gefahr eines Sturzes in die Baugrube abgewandt werden müssen.
24 
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 und 5 wurde ihre Verkehrssicherungspflicht weder durch die behauptete Anordnung der Beklagten zu 2 betreffend die Verlegung des Radweges hin zur Baugrube noch durch die behauptete Einhaltung der Vorgaben der Richtlinien für die Sicherungen von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) inhaltlich begrenzt.
25 
(1) Weder durch die Anordnung betreffend die Verlegung des Radweges noch durch den Bescheid der Beklagten zu 2 vom 30.03.1999 wurden die Beklagten zu 1 und 5 von einer eigenen Prüfungspflicht befreit. Die Genehmigung der Inanspruchnahme einer öffentlichen Verkehrsfläche und die Vorgaben zur Absicherung der Baustelle entsprechend dem vorgelegten Beschilderungsplan gemäß Bescheid vom 30.03.1999 verfolgten andere Zwecke als die auf den Vertrauenserwartungen des Verkehrs beruhende und auf den Integritätsschutz gefährdeter Personen ausgerichtete und deshalb in ihrer Zielsetzung umfassendere Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 1 und 5 (BGH, Urt. v. 31.05.1994 - VI ZR 233/93, NJW 1994, 2232, 2233; Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, NJW 1997, 582, 583). Damit wurde lediglich die Inanspruchnahme fremden Grund und Bodens (nämlich des Grund und Bodens der Beklagten zu 2) und die durch diesen Eingriff notwendig gewordenen verkehrsregelnden Maßnahmen nach § 45 Abs. 3 StVO gebilligt. Es wurde jedoch nicht - was für die Beklagten zu 1 und 5 auch erkennbar war - eine sie inhaltlich bindende abschließende Festlegung der aus Gründen der (daneben bestehenden) allgemeinen Verkehrssicherungspflicht notwendigen Maßnahmen getroffen (vgl. auch BGH NJW 1985, 620, 621 zur Wirkung einer Genehmigung).
26 
(2) Auch die, von der Klägerin bestrittene, Einhaltung der Vorgaben der RSA kann die Beklagten zu 1 und 5 nicht entlasten.
27 
aa) Im Verhältnis zu den Beklagten zu 1 und 5 beinhalten die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen keine verbindlichen mit dem Gehalt von Rechtsnormen versehene Handlungsanweisungen. Die RSA betrifft vielmehr, wie sich aus den allgemeinen Regelungen in Teil A ergibt, lediglich die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen (Teil A 1) und regelt verkehrsrechtliche Grundsätze und Zuständigkeiten für alle verkehrslenkenden, - beschränkenden oder - verbietenden Maßnahmen auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Maßgabe der StVO (Teil A 1.3.1 (1)). Die RSA verweist angesichts dieses eingeschränkten Regelungsbereichs ausdrücklich darauf, dass neben den speziellen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts auch die Bestimmungen des BGB zu beachten sind (Teil A 1.3.3 (1) und (6)). Dementsprechend legt die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30.03.1999 lediglich die Maßnahmen für die Beschilderung und Absperrung in diesem Rahmen fest (vgl. Teil A 1.4 (1)) und enthält keine verbindliche Umschreibung der von den Beklagten zu 1 und 5 im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zu ergreifenden Maßnahmen. Diese bestimmen sich vielmehr nach den bereits dargestellten Erfordernissen des Verkehrs und den diesem drohenden Gefahren.
28 
bb) Zudem und unabhängig von der fehlenden Bindungswirkung der RSA hinsichtlich der Erfüllung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht für die Beklagten zu 1 und 5 ist zu beachten, dass allgemeine Regeln und Richtlinien wie beispielsweise Unfallverhütungsvorschriften oder DIN-Normen im allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen zur Erfüllung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht enthalten. Es ist vielmehr anerkannt, dass der Umfang der zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlichen Maßnahmen stets von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls abhängt und deshalb über solche Verhaltensanforderungen hinaus gehen kann (BGH, Urteil vom 13.03.2001, VI ZR 142/00, VersR 2001, 1040, 1041; Urteil vom 03.02.2004, VI ZR 95/03, BGHReport 2004, 736, 737 = NJW 2004, 1449, 1450). Dies gilt insbesondere auch im vorliegenden Fall, denn die nach der RSA zu ergreifenden Maßnahmen beziehen sich auf die Regelung des Verkehrs, während die allgemeine Absicherung einer Baustelle zur Vermeidung von Unfällen aufgrund der allgemeinen Gefährlichkeit einer Baugrube davon nicht erfasst wird. Diesen Grundsatz bestätigt die RSA mit der Regelung in Teil A 1.3.3 (6).
29 
(3) Die eingeschränkte Regelungswirkung der RSA ergibt sich im übrigen auch aus den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen (ZTV-SA Ausgabe 1997), die neben der verkehrstechnischen Sicherung auch Vorgaben für die bautechnische Sicherung von Arbeitsstellen enthalten (unter 3. der Richtlinien). Diese Richtlinien sehen zusätzliche bauliche und technische Maßnahmen zur Unterstützung der durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen angeordneten Maßnahmen vor (unter 4.3) und bestimmen unter 6.11.3, dass bei Baugruben, die neben Verkehrsflächen für Fußgänger und Radfahrer liegen, Absicherungen gegen den Absturz dieser Verkehrsteilnehmer vorzunehmen sind, die bei Baugrubentiefen ab 1,25 m zwingend in einer Absturzsicherung bestehen müssen (unter 6.11.3). Unabhängig von der Frage, ob die ZTV-SA 97 zum Zeitpunkt des Unfalls bereits verbindlich eingeführt worden waren (durch Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr vom 12.08.1997 wurde dies lediglich empfohlen), lassen sich der ZTV-SA 97 Anhaltspunkte für die nach den Vorstellungen der betroffenen Verkehrskreise erforderlichen Sicherungsmaßnahmen entnehmen. Ähnlich wie eine DIN-Norm ist eine solche Richtlinie zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer Gebotenen geeignet, insbesondere wenn sie wie hier ausdrücklich auf die allgemeine bautechnische Absicherung von Baustellen abzielt und damit den Schutz der durch die Baumaßnahme gefährdenden Personen bezweckt (vgl. zu den DIN-Normen insbesondere BGH, Urt. v. 01.03.1988 - VI ZR 190/87, BGHZ 103, 338, 341; BGH Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, NJW 1997, 582, 583; Urteil vom 03.02.2004, VI ZR 95/03, BGHReport 2004, 736, 737 = NJW 2004, 1449, 1450; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 05.05.1995 - 9 U 14/95, NZV 1995, 484, 485). Aus diesem Grund kommt es auf die förmliche Inkraftsetzung im Verhältnis zur Beklagten zu 2 nicht an. Im Verhältnis zu den Beklagten zu 1 und 5 ist dies ferner deshalb nicht maßgebend, weil sich die ZTV-SA 97 nicht an sie richtet, sie nicht Normadressaten sind, und durch sie auch nicht verpflichtet werden konnten.
30 
Gleiches ergibt sich auch den Unfallverhütungsvorschriften Bauarbeiten, BGV C 22 (vormals VBG 37), auf die die RSA in Teil A Ziffer 1.1 (7) ausdrücklich verweist, die in § 12 Abs. 1 ebenfalls Absturzsicherungen vorschreibt.
31 
(4) Da es aus den dargelegten Gründen nicht darauf ankommt, ob die von der Beklagten zu 1 und 5 ergriffenen Maßnahmen zur Absicherung der Baustelle den Vorgaben der RSA entsprachen, bedarf es keiner Aufklärung der zwischen den Parteien umstrittenen Frage, ob die Beschilderung und die Absperrmaßnahmen den Anforderungen genügten oder nicht. Die dazu jeweils angebotenen Sachverständigengutachten sind nicht zu erheben.
32 
(5) Den Beklagten zu 1 und 5 war der Pflichtenverstoß bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt auch erkennbar, zumal Bewertungszweifel über die Pflichtmäßigkeit oder die Pflichtwidrigkeit des schädigenden Verhaltens zu ihren Lasten gehen (vgl. BGH NJW 1985, 620, 621). Bereits der Wortlaut der RSA gab den fachkundigen Beklagten zu 1 und 5 deutliche Hinweise darauf, dass dort lediglich die verkehrsrechtliche Absicherung der Baustelle geregelt war, nicht hingegen Maßnahmen zur Erfüllung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht beschrieben oder gar verbindlich angeordnet wurden. Es lag im Übrigen, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, auf der Hand, dass die vorgenommenen Absperrungen ungeeignet waren, einen Absturz in die Baugrube zu verhindern. Damit war für sie ohne weiteres erkennbar, dass Maßnahmen zur Abwendung dieser naheliegenden Gefahr fehlten.
33 
c) Aufgrund der gleichen Erwägungen kann sich auch die Beklagte zu 2 nicht auf die behauptete Erfüllung der Anforderungen der RSA berufen. Diese betrifft allein ihr Tätigwerden als Straßenverkehrsbehörde gem. §§ 44, 45 Abs. 2, 3 StVO, und damit den Teilaspekt ihres Handelns, der dem Bescheid vom 30.03.1999 zugrunde liegt. Hier hingegen geht es um die Erfüllung der daneben bestehenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Verkehrsraum. Die danach erforderlichen Maßnahmen bestimmen sich nach den gleichen Grundsätzen wie die allgemeine Verkehrssicherungspflicht sonstiger Personen (BGHZ 60, 54, 62; BGHZ 75, 134, 138; BGHZ 91, 48, 52; BGHZ 118, 368, 370; BGH NJW 1993, 2612, 2613), sodass Art und Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen vor der konkreten Gefahrensituation im Einzelfall abhängt. Dies hätte hier die Errichtung einer wirksamen Absturzsicherung gefordert.
34 
(1) Die Beklagte zu 2 kann sich nicht damit entlasten, dass mit der Beklagten zu 1 eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet wurde. Vielmehr verblieb bei ihr die Pflicht zu Überwachung der zur Sicherung getroffenen Maßnahmen (BGH, Urt. v. 14.01.1982 - III ZR 58/80, VersR 1982, 577 = NJW 1982, 2187; OLG Hamm, Urt. v. 03.07.1998 - 9 U 38/98, OLGR Hamm 1998, 325; OLG Hamm, Urt. v. 09.06.1998 - 9 U 129/97, NVwZ-RR 1999, 223, 224; OLG Brandenburg, Urt. v. 02.02.2001 - 2 U 35/00, OLG-NL 2001, 147; vgl. allgemein zur Kontrollpflicht BGH, Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91, NJW 1993, 1647, 1648; BGHZ 118, 368, 373). Im Rahmen dieser Kontroll- und Überwachungspflicht hatte die Beklagte zu 2 dafür Sorge zu tragen, dass die mit der Durchführung der Baumaßnahmen betraute Beklagte zu 1 die Baustelle ausreichend absichert. Wenn die Beklagte zu 2 erkannte oder hätte erkennen können und müssen, dass die Beklagte zu 1 der erhöhten Gefahrenlage nicht ausreichend Rechnung trug, blieb sie zu einem Eingreifen unabhängig von der Fachkunde der Beklagten zu 1 verpflichtet (BGH, Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91, NJW 1993, 1647, 1648; Urt. v. 04.07. 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374; Urt. v. 23.02.2001 - V ZR 389/99, NJW 2001, 1865, 1866; OLG Zweibrücken, Urt. v. 13.09.2002 - 1 U 248/01, BauR 2003, 1742; OLG Koblenz, Urt. v. 17.07. 2003 - 5 U 18/03, BauR 2004, 107, 108).
35 
(2) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Denn es war klar zu erkennen, dass keine Maßnahmen ergriffen waren, um die Gefahr eines Sturzes in die Baugrube zuverlässig abzuwenden. Auch für einen Laien war offensichtlich, dass die Verkehrsteilnehmer der Gefahr eines Sturzes in die Baugrube schutzlos preisgegeben waren. Besonderer Fachkunde bedurfte es nicht, um zu erkennen, dass die angebrachten Absperrbretter einen Absturz in die Baugrube nicht verhindern konnten, weil sie nicht verankert waren, und dass die Gefahr eines Sturzes wegen des Verkehrs auf dem Radweg bei Begegnungen bestehen musste. Die Beklagte zu 2 hätte daher, um der bei ihr verbliebenen Verkehrssicherungspflicht zu genügen, dafür Sorge tragen müssen, dass effektive Absturzsicherungen angebracht wurden.
36 
d) Aufgrund der gleichen Erwägungen haften auch die Beklagten zu 3 und 4. Die behauptete Einhaltung der Vorgaben der RSA ist - wie bereits dargelegt - unerheblich, denn Inhalt und Umfang der Beklagten zu 3 und 4 obliegenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht wurde dadurch weder begrenzt noch bestimmt. Ebenso unerheblich ist, ob der Beklagten zu 3 oder dem für diese handelnden Beklagten zu 4 die örtliche Bauleitung oblag, denn ihre Verkehrssicherungspflicht folgt unabhängig davon bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 3 Bauherrin des Vorhabens war und dem Beklagte zu 4 die Aufgaben der Beklagten zu 3 im Rahmen ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht als Bauherrin zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen waren. Auch die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Beklagte zu 1 gemäß den Regelungen in den dem Vertrag zwischen der Beklagten zu 3 und der Beklagten zu 1 zugrunde liegenden Vergabebedingungen und des Leistungsverzeichnisses ändert ebenso wie bei der Beklagten zu 2 nichts daran, dass bei ihr eine beschränkte Verkehrssicherungspflicht verblieb und sie in diesem Rahmen verpflichtet war, die Beklagte zu 1 darauf hin zu überwachen, ob die von ihr ergriffenen Maßnahmen ausreichend waren. Aus den bereits im Verhältnis zur Beklagten zu 2 dargelegten Gründen waren auch die Beklagten zu 3 und 4 gehalten, auf ausreichende Sicherungsmaßnahmen hinzuwirken. Dass Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr des Absturzes eines Verkehrsteilnehmers in die Baugrube fehlten, war für einen Laien erkennbar (vgl. zu Pflicht zum Eingreifen in solchen Fällen BGH, Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91, NJW 1993, 1647, 1648; Urt. v. 04.07. 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374; Urt. v. 23.02.2001 - V ZR 389/99, NJW 2001, 1865, 1866; OLG Zweibrücken, Urt. v. 13.09.2002 - 1 U 248/01, BauR 2003, 1742; OLG Koblenz, Urt. v. 17.07. 2003 - 5 U 18/03, BauR 2004, 107, 108).
37 
3.) Unbestritten waren die fehlenden Sicherungsmaßnahmen für den Sturz der Klägerin in die Baugrube und damit die Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagten zu 1 - 5 ursächlich und haben die Schädigungen der Klägerin zumindest mitverursacht.
38 
II. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Klägerin gem. § 254 Abs. 1 BGB ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen muss. Sowohl die Angriffe der Klägerin, die sich gegen die Annahme eines Mitverschuldens wendet, als auch die Angriffe der Beklagten zu 1 bis 5, die eine eigene Haftung aufgrund eines überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin verneinen, haben keinen Erfolg:
39 
1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei und für den Senat bindend (§ 529 Abs. 1 ZPO) festgestellt, dass die Klägerin den Radweg verbotswidrig entgegen der zulässigen Fahrtrichtung (§ 2 Abs. 2 StVO; vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. Rn. 67a 67b zu § 2 StVO) in Richtung Süden (Richtung Bismarckplatz) befahren hat. Dies steht auch für den Senat, der der Beweiswürdigung des Landgerichts beitritt, aufgrund der Angaben der Zeugen J. und K. fest. Dies greift die Klägerin auch nicht (jedenfalls nicht ausdrücklich) an. Das Landgericht ist auch zu Recht von der Mitursächlichkeit dieses Verkehrsverstoßes für das Unfallereignis ausgegangen. Zwar ergibt sich aus der Aussage des Zeugen J. nicht, dass die Klägerin schon beim Versuch, ihm auszuweichen, in die Baugrube gefahren ist. Allein deshalb kann jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen ihrem Pflichtenverstoß und dem Unfall nicht verneint werden. Nach den Angaben des Zeugen konnte die Klägerin ihn zwar noch aufgrund eines von ihm eingeleiteten Ausweichmanövers kollisionsfrei passieren. Unmittelbar danach kam sie jedoch ins Schlingern, versuchte sich an der Bretterabsperrung abzustützen und fiel in die Baugrube hinein (Protokoll vom 12.06.2003, I 325 f.). Danach ist auch nach Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass die Fahrbewegungen der Klägerin, die letztendlich zum Absturz in die Baugrube führten, im Zusammenhang mit dem Versuch standen, eine Kollision mit dem entgegenkommenden Zeugen J. zu vermeiden, auch wenn sich die von ihr durch ihr pflichtwidriges Verhalten herauf beschworene Gefahr erst nach dem Passieren des Zeugen J. verwirklichte, weil sie erst dann die Situation nicht mehr beherrschte. Damit wurde ihr Verkehrsverstoß zumindest mitursächlich.
40 
Der weiter erhobene Einwand, zu einem Mitverschulden könne man nur dann kommen, wenn die Beklagten die Baugrube ordnungsgemäß abgesichert hätten (S. 7 der Berufungsbegründung, II 73), geht fehl. Hätten die Beklagten die Baugrube ordnungsgemäß abgesichert, würden sie nicht haften und die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin würde sich überhaupt nicht stellen.
41 
2. Die von beiden Seiten erhobenen Einwendungen gegen die Mitverschuldensquote überzeugen ebenfalls nicht.
42 
a) Die Klägerin hat entgegen der Fahrtrichtung einen für einen gefahrlosen Begegnungsverkehrs von Radfahrern nicht ausreichend breiten Fahrradweg befahren, obwohl sie mit Gegenverkehr rechnen musste und obwohl für sie erkennbar durch die Absperrbretter ein Sturz in die Baugrube mit der Gefahr erheblicher Verletzungen nicht verhindert werden konnte. Trotz all dieser Umstände hat sie sich für das verbotswidrige Befahren des Radweges entschlossen, dadurch in ganz erheblichem Umfang die Gefahr eigener Verletzungen begründet und damit in einem Ausmaß gegen die in eigenen Belangen üblicherweise zur Vermeidung einer Schädigung anzuwendenden Sorgfalt verstoßen, die die Annahme einer Mitverschuldensquote in Höhe von 50 % rechtfertigt. Sie hat sich sehenden Auges ohne Not in Gefahr begeben. Dabei kommt es für das Gewicht ihres Pflichtenverstoßes nicht entscheidend darauf an, ob sie erkennen konnte, dass die Baugrube ca. 3,5 m tief war, denn auch Sturz in eine weniger tiefe Grube oder ein Sturz in einem anderen Bereich der Baustelle hätte, wie die Lichtbilder in den beigezogenen Strafakten zeigen, zu ganz erheblichen Verletzungen führen können.
43 
b) Ob die ergriffenen Absperrmaßnahmen den Vorgaben der RSA entsprachen, ist - wie bereits dargelegt - nicht aufzuklären, da dies unerheblich ist. Auch im Zusammenhang mit der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge besteht dazu keine Notwendigkeit. Die Annahme der Beklagten, bei Einhaltung der Vorgaben der RSA könne ihnen kein so hoher bei der Abwägung zu berücksichtigender Verursachungs- und Verschuldensanteil zur Last gelegt werden, überzeugt nicht. Der Unfall der Klägerin steht in keinem Zusammenhang mit den verkehrsrechtlichen Regelungen und Vorgaben. Diese haben den Sturz der Klägerin in die Baugrube weder verursacht noch begünstigt. Unfallursächlich wurde allein die fehlende Sicherung gegen einen Absturz in die Baugrube, die durch die RSA nicht gefordert wurde, sondern aufgrund der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht geboten war. Deshalb ist auch nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht dargelegt, weshalb ein Verstoß gegen die Vorgaben der RSA den Verursachungs- und Verschuldensbeitrag der Beklagten zu 1 bis 5 hätte erhöhen können. Auch unter diesem Aspekt bedarf es deshalb keiner Beweiserhebung zur Einhaltung der Vorgabe der RSA.
44 
c) Die Annahme der Beklagten zu 1 bis 5, die Klägerin habe durch ihr verbotswidriges Befahren des Radweges den Unfall im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB allein verursacht, überzeugt ebenfalls nicht. Die Beklagten haben durch das Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen gegen den Sturz in die Baugrube eine naheliegende und ganz erhebliche Gefährdung der Verkehrsteilnehmer nicht abgewendet, obwohl dies ohne weiteres mit zumutbaren Mitteln möglich gewesen wäre und obwohl sie aufgrund allgemeiner Erfahrung mit einem Verkehrsverstoß, wie ihn die Klägerin begangen hat, rechnen mussten. Der Verursachungs- und Verschuldensbeitrag der Beklagten zu 1 bis 5, die eine auch für einen Laien erkennbar notwendige Sicherungsmaßnahme unterlassen haben, kommt in seinem Gewicht dem Sorgfaltsverstoß der Klägerin gleich und begründet und rechtfertigt auch nach Auffassung des Senats einen Haftungsquote zu Lasten der Beklagten zu 1 bis 5 in Höhe von 50 %.
45 
III. Die Berufung der Klägerin ist daher hinsichtlich der Beklagten zu 3 und 4 teilweise und im übrigen nicht begründet, die Berufung der Beklagten 1,2 und 5 ist nicht, die der Beklagten zu 6 und 7 ist begründet. Zur Klarstellung hat der Senat den Tenor des landgerichtlichen Urteils wie aus dem Tenor ersichtlich neu gefasst. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen

1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
2.
außerhalb geschlossener Ortschaften
a)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger,
cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie
dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
80 km/h,
b)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t,
bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie
cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t100 km/h.Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.

(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.

(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für diese. Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(2) Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen (Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen oder Einmündungen.

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

(4) (weggefallen)

(5) Auf Autobahnen darf innerhalb geschlossener Ortschaften schneller als 50 km/h gefahren werden. Auf ihnen sowie außerhalb geschlossener Ortschaften auf Kraftfahrstraßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen

1.
für
a)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
b)
Personenkraftwagen mit Anhänger, Lastkraftwagen mit Anhänger, Wohnmobile mit Anhänger und Zugmaschinen mit Anhänger sowie
c)
Kraftomnibusse ohne Anhänger oder mit Gepäckanhänger
80 km/h,
2.
für
a)
Krafträder mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit Anhänger,
b)
Zugmaschinen mit zwei Anhängern sowie
c)
Kraftomnibusse mit Anhänger oder mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
3.
für Kraftomnibusse ohne Anhänger, die
a)
nach Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I für eine Höchstgeschwindigkeit von100 km/hzugelassen sind,
b)
hauptsächlich für die Beförderung von sitzenden Fahrgästen gebaut und die Fahrgastsitze als Reisebestuhlung ausgeführt sind,
c)
auf allen Sitzen sowie auf Rollstuhlplätzen, wenn auf ihnen Rollstuhlfahrer befördert werden, mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind,
d)
mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet sind, der auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 100 km/h (Vset) eingestellt ist,
e)
den Vorschriften der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und97/27/EG(ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1) in der jeweils zum Zeitpunkt der Erstzulassung des jeweiligen Kraftomnibusses geltenden Fassung entsprechen und
f)
auf der vorderen Lenkachse nicht mit nachgeschnittenen Reifen ausgerüstet sind, oder
g)
für nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kraftomnibusse, wenn jeweils eine behördliche Bestätigung des Zulassungsstaates in deutscher Sprache über die Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und über jährlich stattgefundene Untersuchungen mindestens im Umfang der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann,
100 km/h.

(6) Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1.
die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder
2.
der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind.

(7) Wenden und Rückwärtsfahren sind verboten.

(8) Halten, auch auf Seitenstreifen, ist verboten.

(9) Zu Fuß Gehende dürfen Autobahnen nicht betreten. Kraftfahrstraßen dürfen sie nur an Kreuzungen, Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschreiten; sonst ist jedes Betreten verboten.

(10) Die Ausfahrt von Autobahnen ist nur an Stellen erlaubt, die durch die Ausfahrttafel (Zeichen 332) und durch das Pfeilzeichen (Zeichen 333) oder durch eins dieser Zeichen gekennzeichnet sind. Die Ausfahrt von Kraftfahrstraßen ist nur an Kreuzungen oder Einmündungen erlaubt.

(11) Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, sowie Zugmaschinen dürfen, wenn die Sichtweite durch erheblichen Schneefall oder Regen auf 50 m oder weniger eingeschränkt ist, sowie bei Schneeglätte oder Glatteis den äußerst linken Fahrstreifen nicht benutzen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 357/03 Verkündet am:
23. November 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung und des merkantilen Minderwerts
bei einem älteren Kraftfahrzeug.
BGH, Urteil vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03 - LG Kiel
AG Rendsburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 6. November 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1 als Kfz-Versicherer und die Beklagte zu 2 als Fahrerin des gegnerischen Fahrzeuges restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 25. Mai 2002 geltend. Dabei wurde der PKW der Klägerin, ein zum Unfallzeitpunkt 16 Jahre alter Mercedes Benz 200 D mit einer Laufleistung von ca. 164.000 km, beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten noch um die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sowie um einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalls. Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin für 10 Tage Nutzungsausfall lediglich eine Entschädigung für Vorhaltekosten in Höhe von 25 € pro Tag, insgesamt 250 €, gezahlt. Das
Amtsgericht hat das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer 404,50 € für den Nutzungsausfall und auf Zahlung von 248,68 € für einen merkantilen Minderwert abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat ihr das Landgericht weitere 90 € als Nutzungsausfallentschädigung zuerkannt. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit ihm das Berufungsgericht nicht entsprochen hat.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Anspruch der Klägerin auf Nutzungsausfallentschädigung für ihr Fahrzeug, das sich zum Unfallzeitpunkt nach Einschätzung des Gutachters in einem guten Pflegezustand befunden habe, sei trotz seines Alters und seiner Laufleistung nicht auf Ersatz der Vorhaltekosten beschränkt, sondern richte sich nach den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch. Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, daß der Berechnung der Nutzungswerte der dort aufgeführten Fahrzeuggruppen Mietsätze für Neufahrzeuge zugrundegelegt seien, die ihrem Nutzer den Vorteil höherer Sicherheit und geringeren Kraftstoffverbrauches böten. Deshalb sei gemäß § 287 ZPO in der Tabelle eine Herabstufung um zwei Gruppen gerechtfertigt , wodurch sich die Nutzungsausfallentschädigung für das Fahrzeug der Klägerin nicht nach der Gruppe E, sondern nach der Gruppe C mit einem Tagessatz von 34 € richte. Abzüglich der bereits gezahlten 250 € stehe der Klägerin mithin für 10 Tage Nutzungsausfall ein weiterer Betrag von 9 € pro Tag, also insgesamt 90 € zu. Ein Anspruch auf Ausgleich eines merkantilen Minderwerts könne der Klägerin angesichts des hohen Alters, der hohen Laufleistung und des geringen Wiederbeschaffungswertes von 2.100 € trotz des
guten Pflegezustandes ihres Fahrzeuges nicht zuerkannt werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der Schaden nur nicht tragende Teile des Fahrzeugs betroffen habe.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. 1. Soweit die Revision meint, das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil sich aus ihm die Anträge der Klägerin nicht ergäben, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kann auch nach neuem Recht auf die Aufnahme der Berufungsanträge grundsätzlich nicht verzichtet werden. Eine wörtliche Wiedergabe ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt, daß aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (vgl. BGHZ 154, 99, 100 f.; 156, 97, 99; Senatsurteile vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - VersR 2004, 259, 260; und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881, 882 m.w.N.; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - NJW-RR 2004, 573, 574 m.w.N.). Das Begehren der Klägerin in der Berufungsinstanz ist hier eindeutig dem Satz des Berufungsurteils zu entnehmen: "Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag auf Zahlung von 653,18 € weiter". 2. Entgegen der Auffassung der Revision läßt das Berufungsurteil hinsichtlich der zugesprochenen Nutzungsausfallentschädigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Eigentümer eines privat genutzten PKW, der durch einen Eingriff die Möglichkeit
zur Nutzung verliert, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens zusteht (vgl. Senatsurteile BGHZ 45, 212 ff.; 56, 214, 215 f.; GSZ BGHZ 98, 212 f.; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - NJW 1988, 484, 485 f.). Die Bemessung der Höhe des Anspruchs ist dabei in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode bindend vorzuschreiben, zumal einzelne Faktoren der speziellen Schadensberechnung zeitbedingt sind. Soweit es sich allerdings um typische Fälle handelt, muß die Schätzung im Interesse gleichmäßiger Handhabung rechtlich daraufhin überprüft werden, ob sie den Gegenstand des zu entschädigenden Vermögensnachteils beachtet und nicht zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führt (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 214, 218). Als eine in diesem Sinne geeignete Methode der Schadensschätzung hat der Bundesgerichtshof die von der Rechtsprechung herangezogenen Tabellen von Sanden/Danner (jetzt: Sanden/Danner/Küppersbusch) anerkannt (vgl. Senatsurteile BGHZ 56, 214, 217, 219 f.; vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - VersR 1969, 828, 830; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - aaO). Die Tabellen gehen von durchschnittlichen Mietsätzen für PKW aus als einem vom Markt anerkannten Maßstab für die Bewertung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges. Da bei der Nutzungsausfallentschädigung jedoch lediglich entgangene Gebrauchsvorteile für die "eigenwirtschaftliche Verwendungsplanung" zu ersetzen sind (Senatsurteil BGHZ 56, 214, 215; GSZ BGHZ 98, 212, 225), es also um Kompensation und nicht um die Wahrung des Integritätsinteresses geht, müssen die Mietpreise um die spezifisch die erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zuverlässig bereinigt werden (vgl. GSZ BGHZ 98, 212, 214, 225; Senatsurteile BGHZ 45, 212, 220 und vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - aaO, 829). Diesen Anforderungen wird in den Tabellen von
Sanden/Danner/Küppersbusch dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß die Mietpreise um die Gewinnspannen des Vermieters und die bei einer privaten Nutzung nicht anfallenden Kosten für Verwaltung, Vermittlungsprovisionen, erhöhte Abnutzung und erhöhte Versicherungsprämien gekürzt werden. Der danach verbleibende Betrag liegt bei 35 bis 40% der üblichen Miete und 200 bis 400% der Vorhaltekosten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Vorbemerkung vor § 249 Rdn. 23; Wussow/Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rdn. 44; Born, NZV 1993, 1, 5; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002). Der Senat hat zwar in einer älteren Entscheidung vom 18. Mai 1971 (BGHZ 56, 214, 221) ausgeführt, daß die Nutzungsausfallentschädigung die Vorhaltekosten nur maßvoll übersteigen soll und eine reichliche Verdoppelung der Vorhaltekosten zu hoch sei (vgl. auch GSZ BGHZ 98, 212, 226). Dies beruhte jedoch auf anderen tatsächlichen Grundlagen, als sie heute vorzufinden sind. Während im Jahre 1975 beispielsweise nach der Tabelle von Sanden/Danner in der Regel eine Verdoppelung der Vorhaltekosten knapp verfehlt wurde (vgl. VersR 1975, 972 ff.), gelangen die aktuellen Tabellen nach demselben Berechnungsmodell zu höheren Ergebnissen, was im wesentlichen auf die im Vergleich zu den Vorhaltekosten stärker gestiegenen Mietwagenpreise zurückzuführen sein dürfte. Diese Marktentwicklung darf bei der Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung nicht unberücksichtigt bleiben, weil den Mietwagenpreisen Anhaltspunkte für den Wert der Gebrauchsmöglichkeit entnommen werden können (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - aaO sowie die Nachweise bei GSZ BGHZ 98, 212, 214 und 225).
b) Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, wie die Nutzungsausfallentschädigung bei älteren PKW - wie im Streitfall - zu bemessen ist. Zum Teil wird in der Rechtsprechung und Literatur eine pauschale, allein am Alter orientierte Herabstufung älterer Fahrzeuge abgelehnt. Entweder wird
auf einen Abschlag von der Nutzungsausfallentschädigung für ein vergleichbares Neufahrzeug prinzipiell verzichtet oder es werden Abstriche nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls bei Vorliegen besonderer Umstände gemacht, etwa bei erheblichen Mängeln oder bei sonstigen erheblichen Einschränkungen des Nutzungswertes (vgl. OLG Celle, VersR 1973, 281; KG, VersR 1981, 536; OLG Frankfurt, DAR 1983, 165; OLG Stuttgart, VersR 1988, 851; KG, VRS 86, 24, 28 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1989, 269, 270; OLG Schleswig, VersR 1993, 1124, 1125; OLG Naumburg, ZfS 1995, 254, 255; OLG Hamm, DAR 2000, 265, 267; LG Bad Kreuznach, NJW-RR 1988, 1303). Häufig wird auch zusätzlich zur Vermeidung einer Herabstufung berücksichtigt, ob sich das Fahrzeug in einem guten Erhaltungszustand befindet (OLG Koblenz, ZfS 1989, 300, 301; OLG Schleswig, VersR 1993, 1124, 1125; LG Berlin, DAR 1998, 354, 355; LG Kiel, NJW-RR 2001, 1606, 1607; Becker-Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 22. Aufl., D 68; Hillmann, ZfS 2001, 341, 342). Diese Auffassungen werden im wesentlichen damit begründet, daß auch ein älteres Kraftfahrzeug in einem entsprechenden Erhaltungszustand für den Eigentümer den gleichen Nutzen im Rahmen der eigenwirtschaftlichen Lebensführung haben könne wie ein Neufahrzeug. Eine andere Meinung in der Rechtsprechung und Literatur befürwortet demgegenüber - ebenso wie die Bearbeiter der Tabelle selbst (vgl. Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 f.; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002, S. 3; DAR 2004, 1 ff.) - eine Herabstufung innerhalb der Gruppen der Tabelle und zwar bei PKW, die älter als fünf Jahre sind, um eine Gruppe und bei Fahrzeugen mit einem Alter von über 10 Jahren um eine weitere Gruppe (vgl. OLG Frankfurt, DAR 1985, 58; OLG Schleswig, NJW-RR 1986, 775, 776; OLG München, ZfS 1988, 312; OLG Karlsruhe, VersR 1989, 58, 59; ZfS 1993, 304; OLG Hamm, DAR 1994, 24, 26; DAR 1996, 400, 401; OLG Celle, Urteil
vom 26. April 2001 - 14 U 130/00 - insoweit nicht veröffentlicht in OLGR Celle, 2001, 237; LG Koblenz, ZfS 1990, 10; LG Memmingen, VersR 1990, 864, 865; LG Tübingen, DAR 1991, 183, 184; LG Duisburg, SP 1992, 17; LG Berlin, SP 1992, 341; LG Gießen, SP 1997, 471; LG Hannover, DAR 1999, 211; LG Mainz, VersR 2000, 111; Münchener Kommentar zum BGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rdn. 75 m.w.N.; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rdn. 241; Wenker, VersR 2000, 1082, 1083; 111; Wussow/Karczewski, aaO, Kap. 41 Rdn. 44 m.w.N. sowie die Nachweise bei Küppersbusch, Beilage zu NJW-Heft 10/2002, S. 3 und die Darstellung DAR 2004, 1 ff.). Dies wird sowohl mit Gesichtspunkten der Abschreibung als auch damit begründet, daß der Nutzungswert eines entsprechend älteren Fahrzeuges in der Regel gegenüber demjenigen eines neueren Fahrzeuges aufgrund der Fortentwicklung der Fahrzeugtechnik wesentlich geringer sei.
c) Der Bundesgerichtshof hat bisher nur in einer Entscheidung des X. Zivilsenats vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - (NJW 1988, 484) zu dem Problem der Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung für ein im Rahmen eines Werkvertrages zurückbehaltenes älteres Fahrzeug der Tabelle von Sanden/Danner die Eignung als Schätzungsgrundlage versagt und nur einen Betrag etwa in Höhe der - im Einzelfall angemessen erhöhten - Vorhaltekosten zugrundegelegt. Der Entscheidung lag jedoch eine mit der vorliegenden nicht vergleichbare Fallgestaltung zugrunde, weil neben dem Alter von nahezu 10 Jahren ausschlaggebend war, daß das Fahrzeug mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet war, welche den Nutzungswert wesentlich beeinträchtigten. Lediglich zusätzlich wurde darauf abgehoben, daß der dort zu beurteilende Fahrzeugtyp (Fiat 500) in der Liste von Sanden und Danner nicht mehr aufgeführt war, sondern lediglich das stärker motorisierte und deutlich komfortablere Nachfolgemodell (Fiat 126).

d) Spielt hingegen - wie im vorliegenden Fall - das Alter des PKW eine wesentliche Rolle, so ist der Tatrichter aus Rechtsgründen nicht gehalten, in jedem Einzelfall bei der Beurteilung der entgangenen Gebrauchsvorteile eine aufwendige Berechnung anzustellen, sondern darf grundsätzlich im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO bei der Schadensschätzung eingeräumten Ermessens aus Gründen der Praktikabilität und der gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle weiterhin mit den in der Praxis anerkannten Tabellen arbeiten, selbst wenn das Fahrzeug darin nicht mehr aufgeführt ist (vgl. auch OLG Frankfurt, DAR 1985, 58; Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11, 12). Das Berufungsgericht geht dabei zutreffend davon aus, daß in diesen Tabellen bei der Berechnung der Nutzungswerte Mietsätze für Neufahrzeuge zugrundegelegt sind, die durch die Entwicklung der Fahrzeugtechnik gegenüber Vorgängermodellen teilweise erhebliche Nutzungsvorteile wie größere Sicherheit (z.B. durch Airbag, ABS, ESP usw.), geringeren Kraftstoffverbrauch trotz besserer Fahrleistungen und höheren (Fahr-)Komfort bieten. Diese Veränderungen spiegeln sich im Kaufpreis und dem hierauf wesentlich basierenden Mietpreis wieder, der wiederum Grundlage der Tabellen und damit Anhaltspunkt für die Bemessung der Entschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit darstellt. Die Bearbeiter der Tabellen weisen zudem darauf hin, daß es keinen verbreiteten Vermietermarkt für ausgelaufene Modelle gibt und solche Fahrzeuge - im Falle einer Vermietung - billiger angeboten werden müßten, um konkurrenzfähig zu sein (vgl. Danner/Küppersbusch, aaO, S. 12). Da sich in den um erwerbswirtschaftliche Faktoren bereinigten Mietpreisen die Bewertung der Gebrauchsvorteile für die eigenwirtschaftliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges wiederspiegeln (vgl. Senat BGHZ 56, 214, 215; GSZ BGHZ 98, 212, 225), würde es regelmäßig zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führen (vgl. BGHZ 56, 214, 218), wollte man ihn für die entgangenen Gebrauchsvorteile seines in den Tabellen nicht mehr
aufgeführten, nicht mehr hergestellten Fahrzeuges so entschädigen, als handelte es sich um ein Neufahrzeug.
e) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß solchen Veränderungen des Nutzungswertes durch eine Herabstufung in den jeweiligen Fahrzeuggruppen der Tabellen Rechnung getragen werden kann, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Ab welchem Alter und um wie viele Stufen dies zu geschehen hat, ob alternativ auch die letzte Tabelle herangezogen werden kann, in der das beschädigte Kfz noch aufgeführt worden ist (vgl. Danner/Küppersbusch, aaO, S. 12 m.w.N.) und ab welchem Alter nur noch von den Vorhaltekosten auszugehen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Unter den Umständen des vorliegenden Falles, in dem das zu beurteilende Fahrzeug älter als 15 Jahre ist und das Berufungsgericht im Rahmen seines ihm durch § 287 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessens nicht nur - wie das Amtsgericht - von den Vorhaltekosten ausgegangen ist, sondern lediglich eine Herabstufung in den Tabellen von Sanden /Danner/Küppersbusch um zwei Gruppen vorgenommen hat, ist jedenfalls ein Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin nicht erkennbar. 3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalles verneint.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich beim merkantilen Minderwert um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden , eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbe-
schädigter Kraftfahrzeuge besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen unmittelbaren Sachschaden dar (vgl. Senatsurteile BGHZ 27, 181, 182, 184 f.; 35, 396, 397 f.; vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - VersR 1961, 707, 708; vom 2. Dezember 1966 - VI ZR 72/65 - VersR 1967, 183; vgl. auch BGHZ 82, 338, 343 f.). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat trotz kritischer Stimmen im Schrifttum (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 251 Rdn. 15; Staudinger/Schiemann, BGB, 13. Aufl., § 251 Rdn. 37 sowie die Nachweise bei von Gerlach, DAR 2003, 49, 52 und Huber, Festschrift Rudolf Welser, S. 303, 309 f.) fest. Der Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung, daß auf dem Gebrauchtwagenmarkt Unfallfahrzeuge einen geringeren Preis erzielen als unfallfreie (so auch Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rdn. 119; Splitter, DAR 2000, 49), weil verborgene technische Mängel nicht auszuschließen sind und das Risiko höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur besteht (so bereits Senatsurteile BGHZ 35, 396, 398 und vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - aaO), trifft trotz aller Fortschritte der Reparaturtechnik nach wie vor zu, zumal die technische Entwicklung im Fahrzeugbau insoweit auch höhere Anforderungen stellt (vgl. Eggert, VersR 2004, 280, 282; von Gerlach, aaO, 52 f. m.w.N.; Hörl, ZfS 1999, 46, 47; ders., NZV 2001, 175, 176; Huber, aaO, 312 ff., 334).
b) Der Senat hat bisher nicht abschließend entschieden, bis zu welchem Alter eines Fahrzeuges bzw. bis zu welcher Laufleistung ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. In einem älteren Urteil vom 3. Oktober 1961 (BGHZ 35, 396, 399) hat der Senat die Zubilligung eines merkantilen Minderwerts bei einem Fahrzeug mit einer Fahrleistung von über 100.000 km zwar nicht beanstandet. Die entsprechenden Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts beruhten jedoch auf sachverständiger Beratung und ließen keinen Rechtsfehler erkennen. In einer späteren Entscheidung vom 18. September 1979 - VI ZR 16/79 - (VersR 1980, 46, 47) hat der Senat zwar erwogen, bei
Personenkraftwagen könne im allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts angesetzt werden. Diese Einschätzung stützte sich jedoch unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse auf dem Gebrauchtwagenmarkt auf die Überlegung, daß solche PKW im allgemeinen nur noch einen derart geringen Handelswert hätten, daß ein meßbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintrete (vgl. Senatsurteil vom 18. September 1979 - VI ZR 16/79 - aaO). Die Beurteilung war mithin nicht allein auf die Laufleistung des Fahrzeuges bezogen , sondern maßgeblich auf deren Bedeutung für seine Bewertung auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Diese Bedeutung kann sich im Laufe der Zeit mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge (z.B. infolge längerer Haltbarkeit von Motoren, vollverzinkter Karosserien etc.) ändern. Ein entsprechender Wandel auf dem Gebrauchtwagenmarkt spiegelt sich insbesondere in der Bewertung von Gebrauchtfahrzeugen durch Schätzorganisationen wie Schwacke und DAT wieder, die in ihren Notierungen inzwischen bis auf 12 Jahre zurückgehen und ausdrücklich darauf hinweisen, daß sich sämtliche Marktdotierungen auf unfallfreie Fahrzeuge beziehen (vgl. OLG Karlsruhe, ZfS 1986, 366; OLG Düsseldorf, VersR 1988, 1026; LG Tübingen, ZfS 1983, 264; LG Koblenz, ZfS 1990, 49, 50; LG Oldenburg, ZfS 1990, 50; ZfS 1999, 335, 336; Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Kap. 3 Rdn. 64; Palandt/Heinrichs, aaO, § 251 Rdn. 14; Sanden/Völtz, aaO, Rdn. 125; Wussow/Karczewski, aaO, Kap. 41 Rdn. 34; Zeisberger/Neugebauer-Püster vormals Halbgewachs, Der merkantile Minderwert, 13. Aufl., S. 34 f.; Darkow, DAR 1977, 62, 64; Hörl, ZfS 1999, 46, 47; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1403; Otting, ZfS 1994, 434; Rasche, DAR 2000, 332, 333).
c) Der vorliegende Fall nötigt den Senat nicht zu einer abschließenden Stellungnahme, bis zu welcher Grenze nach heutigen Maßstäben ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. Das Berufungsgericht hat berücksich-
tigt, daß sich das Fahrzeug der Klägerin zwar in einem guten Pflegezustand befand, aber eine Laufleistung von 164.000 km auswies und 16 Jahre alt war, wodurch sich der Wiederbeschaffungswert auf (nur) 2.100 € reduzierte. Bei dieser Sachlage ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO zustehenden Ermessens die tatrichterliche Überzeugung gebildet hat, bei einem solchen Marktpreis werde sich ein Unfallschaden, der zudem erkennbar nur nicht tragende Teile des Kraftfahrzeuges betroffen habe, nicht mehr wertmindernd auswirken.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 366/13
vom
21. Januar 2014
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Juli 2013 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsfrage, die das Berufungsgericht veranlasst hat, die Revision zuzulassen, ist durch das Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 (VI ZR 241/06, VersR 2008, 369) geklärt. Danach kommt, wenn im Falle der Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs dem Geschädigten ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht, ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung grundsätzlich nur bei einer fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung in Betracht. Dient das beschädigte Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen, wie etwa bei einem Taxi oder LKW, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (vgl. Senatsurteil vom 10. Januar 1978 - VI ZR 164/75, BGHZ 70, 199, 203).
2
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht einen Anspruch auf weitere Nutzungsentschädigung versagt.
3
a) Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht mit der Begründung versagt werden, der bei dem Verkehrsunfall beschädigte VW-Bus diene unmittelbar der Erbringung gewerblicher Leistungen. Wie die Revision mit Recht geltend macht, wird ein Kraftfahrzeug nur dann im Sinne der Rechtsprechung des Senats unmittelbar zur Gewinnerzielung genutzt, wenn der Gewinn, wie bei einem Taxi, einem Reisebus oder einem Lkw, unmittelbar mit Transportleistungen erzielt wird. Ist dies der Fall, hat der Geschädigte den ihm durch den Ausfall des Fahrzeugs entgangenen Gewinn konkret zu berechnen. Im Streitfall erzielt der Kläger seinen Gewinn dagegen nicht aus Transportleistungen, sondern aus einer anderen gewerblichen Tätigkeit. Soweit er hierfür auf ein Kraftfahrzeug angewiesen ist und dieses unfallbedingt ausfällt, kann sich der Ertrag zwar verringern , doch schlägt sich die Gebrauchsentbehrung hier nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrags nieder.
4
b) Ob bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung überhaupt in Betracht kommt oder sich in diesen Fällen der Schaden nur nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug bemisst, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und auch in der Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 241/06 aaO Rn. 9 mwN). Der Senat hat diese Frage bisher nicht abschließend entschieden. Sie kann auch im Streitfall offen bleiben.
5
Da es sich bei dem beschädigten VW-Bus um ein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug handelt, kann eine Nutzungsentschädigung des Klägers nur bei einer durch den Ausfall eingetretenen fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung in Betracht kommen. Davon kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden. Die Revision zeigt auch nicht auf, dass der Kläger dazu hinreichenden Sachvortrag gehalten habe. Sie macht zwar geltend, der Kläger habe dargelegt, dass er durch den Ausfall des VW-Busses "erheblich und fühlbar wirtschaftlich beeinträchtigt" gewesen sei; er habe Aufträge zurückgestellt und einen Gewinnausfall durch vermehrte Anstrengungen kompensiert, indem er seinen zweiten Bus vermehrt eingesetzt und erhebliche zeitaufwendige logistische Anstrengungen unternommen habe, um seinen Betrieb weiterzuführen. Mit diesem Vorbringen wird der Kläger seiner Darlegungslast jedoch nicht gerecht. Konkrete - im Falle des Bestreitens einer Beweisaufnahme zugängliche - Umstände, denen sich eine fühlbare wirtschaftliche Beeinträchtigung entnehmen ließe, zeigt die Revision nämlich nicht auf. Bei dieser Sachlage kommt schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nicht in Betracht.
6
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanzen:
AG Nürnberg, Entscheidung vom 24.02.2012 - 21 C 8144/11 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 24.07.2013 - 8 S 2097/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 241/06 Verkündet am:
4. Dezember 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Steht nach Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs dem Geschädigten
ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung und werden ihm die Kosten
für dessen Anmietung erstattet, so kann ihm eine Nutzungsentschädigung schon
mangels eines fühlbaren wirtschaftlichen Nachteils nicht zugebilligt werden.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 241/06 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Dezember 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt Nutzungsausfallentschädigung nach einem Unfall vom 6. April 2003, für den die Beklagten dem Grunde nach uneingeschränkt haften.
2
Bei dem Unfall wurde ein der Klägerin gehörender Firmenwagen beschädigt , der als Geschäftsführerfahrzeug benutzt und zum Unfallzeitpunkt vom Ehemann der Geschäftsführerin gefahren wurde. Das stark beschädigte Fahrzeug wurde in der Zeit vom 22. April 2003 bis 27. Juni 2003 in einem Autohaus repariert. Dieses hatte der Klägerin am 11. April 2003 ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt, welches die Klägerin bis zum 30. Juni 2003 genutzt hat. Hierfür wurden ihr 1.500 € brutto pauschal in Rechnung gestellt.
3
Die Klägerin hat u.a. eine Nutzungsausfallentschädigung für 82 Tage á 91 € abzüglich vorprozessual gezahlter 1.109,63 € geltend gemacht. Das Landgericht hat ihr für den Zeitraum des Nutzungsausfalls eine Entschädigung für fünf Tage und die von ihr gezahlten Mietwagenkosten abzüglich des vorprozessual gezahlten Betrages zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der diese nur den erstinstanzlich geltend gemachten Nutzungsausfall in voller Höhe weiterverfolgt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin für den gewerblich genutzten PKW schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Beim Ausfall eines gewerblich genutzten Fahrzeugs bemesse sich der Schaden allein nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder der Miete eines Ersatzfahrzeugs. Da die entgangene Nutzungsmöglichkeit unter den in § 252 BGB genannten Voraussetzungen als entgangener Gewinn ersatzfähig sei, bestehe für eine Fortbildung des Gesetzes - anders als bei eigenwirtschaftlich genutzten Fahrzeugen - methodisch kein Raum. Die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten (Mietwagen zu einem "Freundschaftspreis") habe das Landgericht zuerkannt. Soweit das beschädigte Fahrzeug auch privat - durch den Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin - genutzt worden sei, fehle es an einem Schaden der Klägerin. Darauf, ob wegen der Nutzung eines Mietwagens, eine fühlbare Beeinträchtigung als Voraussetzung einer Nutzungsausfallentschädigung gefehlt habe, und ob die Zurverfügungstellung eines Mietfahrzeugs zu einem "Freundschaftspreis" dem Schädiger zugute kommen könne, komme es somit nicht an.

II.

5
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine Entschädigung für zeitweise entzogene Gebrauchsvorteile auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen in Betracht, falls sich deren Gebrauchsentbehrung nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages (entweder in entgangenen Einnahmen oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Unkosten) niederschlägt (vgl. Senatsurteile BGHZ 70, 199, 203 f.; vom 26. März 1985 - VI ZR 267/83 - VersR 1985, 736, 737). Wo das Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, wie etwa bei einem Taxi oder LKW, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (vgl. Senatsurteil BGHZ 70, 199, 203). Wenn aber kein konkret bezifferbarer Verdienstentgang vorliegt, ist es dem Geschädigten grundsätzlich nicht verwehrt, an Stelle des Verdienstentgangs eine Nutzungsentschädigung zu verlangen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil für den Geschädigten eingetreten ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 239, 249; vom 26. März 1985 - VI ZR 267/83 - aaO; vgl. auch BGHZ 40, 345, 353).
7
2. Mit dem Nutzungsausfall befasst sich auch eine später ergangene Entscheidung des Großen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Dort heißt es, dass über die Fälle der Eigennutzung eines Kraftfahrzeugs hinaus jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Eigentümers derart angewiesen sei wie auf das von ihm selbst bewohnte Haus, der zeitweise Verlust der Möglichkeit zum eigenen Gebrauch infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum bereits ein ersatzfähiger Vermögensschaden sein könne, sofern der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls entsprechend genutzt hätte (BGHZ [GSZ] 98, 212, 216 ff.). Bei erwerbswirtschaftlichem , produktivem Einsatz einer Sache werde die Verkürzung ihres Nutzungswerts im Wesentlichen durch einen Gewinnentgang ausgewiesen , dessen Ersatz § 252 Satz 1 BGB ausdrücklich anordne. Diese Vorschrift unterstreiche die schadensrechtliche Bedeutung, die der Gesetzgeber Ausfällen im erwerbswirtschaftlichen, vermögensmehrenden Einsatz von Wirtschaftsgütern beigemessen habe; eine entsprechende Vorschrift für die eigenwirtschaftliche Nutzung des Vermögens fehle. Hieraus könne indes nicht gefolgert werden, dass das Gesetz sich gegen den Geldersatz für Einbußen im eigenwirtschaftlichen Einsatz von Wirtschaftsgütern entschieden habe, die sich nicht in einem Gewinnentgang niederschlügen. Deshalb sei eine Fortentwicklung des Gesetzes zulässig, wenn gewährleistet bleibe, dass der Ersatz nicht zur abstrakten Nutzungsentschädigung werde, die das Bürgerliche Gesetzbuch nur ausnahmsweise zulasse. Dem trage die Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge Rechnung, indem sie mit dem Begriff des "fühlbaren" Schadens an den Ersatz das Erfordernis knüpfe, dass der Geschädigte zur Nutzung des Kraftfahrzeugs willens und fähig gewesen wäre. Freilich müsse eine derartige Ergänzung des Gesetzes auf Sachen beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen sei (vgl. BGHZ [GSZ] 98, 212, 219 f., 222).
8
Hervorzuheben ist, dass mit dieser Entscheidung die bisherige Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung bei Kraftfahrzeugschäden in keiner Weise in Frage gestellt oder eingeschränkt, sondern im Gegenteil als Grundla- ge für die Gewährung von Nutzungsentschädigung für vergleichbare Sachen herangezogen wird, die für die hierauf zugeschnittene Lebenshaltung unentbehrlich sind. Dies wird am Beispiel des privaten Nutzers eines Kraftfahrzeugs erläutert, für den die Einsatzfähigkeit seines Fahrzeugs häufig die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit seiner hierauf zugeschnittenen Lebenshaltung sei, insbesondere wenn er als Berufstätiger auf das Kraftfahrzeug angewiesen sei (vgl. BGHZ [GSZ] 98, 212, 218).
9
3. a) Gleichwohl wird die Entscheidung vielfach dahin verstanden, dass bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung nicht in Betracht komme, sondern sich in diesen Fällen der Schaden nur nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug bemesse, die jeweils konkret darzulegen und nachzuweisen seien (vgl. OLG Brandenburg OLGR 1996, 76; OLG Köln VersR 1997, 506; OLG Düsseldorf NZV 1999, 472; OLG Hamm OLGR 2000, 169, 170 und OLGR 2000, 211, 213; OLG Düsseldorf NJW 2002, 971; OLG Hamm VersR 2004, 1572 f.; OLG Karlsruhe OLGR 2006, 659, 660 f.; LG Halle VersR 2002, 1525, 1527; Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 27; Anwalts -Handbuch Verkehrsrecht/Lemcke, 2003, Teil 3 Rz. 267; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 25 Rn. 52; Himmelreich/Halm/ Schmelcher, Handbuch des Fachanwalts für Verkehrsrecht, 2006, Kap. 5 Rn. 54 f.; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 58 ff., 64; Palandt/ Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 24a; Staudinger/Schieman, BGB, Neubearbeitung 2005, § 251 Rn. 81, 85; Wenker VersR 2000, 1082, 1083). Andere sind der Auffassung, die Entscheidung schließe eine Nutzungsausfallentschädigung auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge bei Vorliegen der dafür geforderten Voraussetzungen nicht aus (vgl. OLG Hamm NZV 1994, 227, 228; OLG Köln VersR 1995, 719, 720; OLG Düsseldorf OLGR 2001, 453 f.; OLG Stuttgart NZV 2005, 309; OLG Schleswig OLGR 2005, 601, 602; OLG Stuttgart NZV 2007, 414, 415 f.; Diehl zfs 2001, 546 f.; Erman/Kuckuk, BGB, 11. Aufl., § 249 Rn. 58; Reitenspiess DAR 1993, 142, 144 ff.; Deutscher Verkehrsgerichtstag 1993, Arbeitskreis VI, NZV 1993, 102, 104; Zeuner NZV 1990, 349 f.).
10
b) Der Senat neigt der letztgenannten Auffassung zu, braucht aber diese Frage im vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine Nutzungsentschädigung nicht in Betracht, weil es an einer fühlbaren Beeinträchtigung der Klägerin fehlt. Nach den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen stand der Klägerin nämlich für den hier maßgeblichen Zeitraum ein gleichwertiger Mietwagen zur Verfügung. Infolgedessen liegt weder ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil für die Klägerin noch überhaupt ein Schaden vor, nachdem ihr die Mietwagenkosten zugesprochen worden sind. Darauf, ob das Fahrzeug zu einem "Freundschaftspreis" zur Verfügung gestellt wurde, kommt es nicht an. Eine andere Betrachtung widerspräche dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern, weil der Geschädigte am Schadensfall nicht "verdienen" soll (vgl. Senatsurteil BGHZ 162, 161, 165 m.w.N.).
11
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 10.01.2006 - 11 O 105/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.10.2006 - 10 U 25/06 -

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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 10. September 2013 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt,

1. an den Kläger 1.365,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2012 zu zahlen;

2. an den Kläger zu Händen der Rechtsanwälte … vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 97,46 € zu zahlen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 78 % und der Beklagten 22 % auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger, Inhaber einer … Firma, begehrt von der Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 10. August 2012. Die volle Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach außer Streit.

2

Bei dem Unfall wurde der erstmals am 18. Oktober 2011 auf die Firma des Klägers zugelassenen BMW … beschädigt. Im Schadensgutachten vom 16. August 2012 schätzte der Sachverständige die Kosten einer Reparatur des Fahrzeugs auf 11.484,56 € brutto, dessen Wiederbeschaffungswert auf 38.700,00 € und die merkantile Wertminderung auf 1.750,00 €. Die voraussichtliche Reparaturdauer gab er mit 7 bis 8 Arbeitstagen an. Der Kläger verkaufte den Unfallwagen am 30. August 2012. Am 15. November 2012 ließ er ein Ersatzfahrzeug zu.

3

Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten für die Zeit vom 10. August 2012 bis 15. November 2012 eine Nutzungsausfallentschädigung von 6.305,00 € (97 Tage x 65,00 €), hilfsweise - unter Berücksichtigung von von der Beklagten übernommener Kosten für einen in der Zeit vom 31. Oktober 2012 bis 4. November 2012 genommenen Mietwagen - 5.980,00 € (92 Tage x 65,00 €), jeweils nebst Zinsen, sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 316,18 € begehrt.

4

Die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 10. September 2013 mit der Begründung abgewiesen, der Unfallwagen des Klägers sei gewerblich genutzt worden und die Voraussetzungen für eine Nutzungsentschädigung für gewerblich genutzte Fahrzeuge sei nicht dargetan.

5

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

6

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter; die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II.

7

Die Berufung ist teilweise begründet. Entgegen der Ansicht der Erstrichterin hat der Kläger auch einen Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens. Dieser beträgt indes nicht 6.305,00 € sondern nur 1.365,00 €. Die weitergehende Berufung hat deshalb keinen Erfolg.

8

1. Unter den Parteien ist nicht im Streit, dass der zeitweise Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch eines Kraftfahrzeugs infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum bereits ein ersatzfähiger Vermögensschaden im Sinn des § 249 Abs. 2 BGB sein kann, sofern der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls entsprechend genutzt hätte (vgl. BGHZ [GSZ] 98, 212; VersR 2008, 1086). Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen scheidet ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung allerdings dann aus, wenn das Kraftfahrzeug unmittelbar der Gewinnerzielung dient, d.h. der Gewinn, wie bei einem Taxi, einem Reisebus oder einem Lkw, unmittelbar mit Transportleistungen erzielt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 – VI ZR 366/13, juris). Ob bei sonstigen gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung in Betracht kommt oder ob – wie die Erstrichterin angenommen hat – sich in diesen Fällen der Schaden nur nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug bemisst, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und auch in der Literatur unterschiedlich beurteilt worden (vgl. BGH a.a.O.; Urteil vom 04.12.2007 – VI ZR 241/06, VersR 2008, 369 = juris m.w.N.). Wird das Fahrzeug sowohl gewerblich als auch privat genutzt, wird zum Teil eine Nutzungsausfallentschädigung (allein) für den entgangenen privaten Anteil der Nutzung für möglich gehalten (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 26.07.2012 – 55 C 10/12, juris m.w.N.; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl.,3. Kapitel Rn. 102 m.w.N.).

9

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird jedoch zunehmend die Ansicht vertreten, dass auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsausfallentschädigung zugebilligt werden kann, wenn der Nutzungswille und die Nutzungsmöglichkeit sowie die fühlbare Beeinträchtigung durch den Nutzungsausfall gegeben waren (vgl. z. B. OLG Naumburg, NJW 2008, 2511; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2010, 687; OLG Oldenburg, Schaden-Praxis 2011, 450; siehe auch: Fielenbach NZV 2013, 265). Eine Entscheidung des BGH hierzu steht - soweit ersichtlich - noch aus (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 - VI ZR 366/13, juris, Rn. 4). Allerdings hat er in seinem Urteil vom 4. Dezember 2007 (VI ZR 241/06, a.a.O.) in einer nicht tragenden Erwägung ausgeführt, er "neige" der Auffassung zu, dass die gewerbliche Nutzung eines Fahrzeugs den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nicht ausschließe.

10

2. Auch der Senat ist der Auffassung, dass eine Nutzungsausfallentschädigung nicht bereits deshalb ausscheidet, weil der Kläger den Unfallwagen gewerblich nutzte und ohne den Unfall weiterhin gewerblich genutzt hätte. Der Kläger setzte den Unfallwagen nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung sondern als Verkehrsmittel ein, mit dessen Hilfe er die Orte erreichte, an denen er einen Gewinn erwirtschaften wollte. Bei dieser Sachlage ist ein Gewinnrückgang wegen des unfallbedingten Ausfalls des Verkehrsmittels "Firmen-Pkw" mit hoher Wahrscheinlichkeit nur schwer zu beziffern. Das gilt umso mehr dann, wenn – wie er im Schriftsatz vom 14.06.2013 vorgetragen hat – der Kläger den Nutzungsausfall durch zeitweisen Rückgriff auf das Fahrzeug seiner Ehefrau oder den zeitweiligen Einsatz eines Firmen-Lkw als Ersatzfahrzeug ausgeglichen hat.

11

Die Überlassung eines Ersatzwagens durch die Ehefrau hat den eingetretenen Schaden nicht beseitigt. Nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB wird der Schädiger nicht durch (freiwillige) Leistungen Dritter entlastet, die ihm nach dem Sinn der schadensrechtlichen Vorschriften nicht zugutekommen sollen; dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (vgl. BGH, VersR 2013, 471). Der vom Kläger in der Ausfallzeit gelegentlich eingesetzte Firmen-Lkw stellte kein Zweitfahrzeug dar, das mit dem Unfallwagen BMW … annähernd vergleichbar war und dessen Einsatz ihm deshalb zuzumuten gewesen wäre (vgl. BGH, a.a.O.; NJW 1976, 286).

12

3. Die Höhe des Nutzungsausfallschadens beläuft sich auf 1.365,00 €. Entgegen seiner Ansicht kann der Kläger für dessen Bemessung nicht auf die Zeit bis zur Zulassung eines Ersatzwagens abstellen. Maßgeblich sind vielmehr der Zeitraum, in dem er sich für die Art der Schadensbehebung (Reparatur oder Ersatzbeschaffung) zu entscheiden hatte, und die im Schadensgutachten angenommene voraussichtliche Reparaturdauer von 7 bis 8 Arbeitstagen. Insgesamt sind hierfür nicht mehr als 21 Tage in Ansatz zu bringen, so dass der Nutzungsausfallschaden bei einem unstreitigen Tagessatz von 65,00 € insgesamt 1.365,00 € beträgt.

13

a) Dem Geschädigten stehen im allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution im Sinn des § 249 BGB zur Verfügung: Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines „gleichwertigen“ Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch den Schadenersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfalls nicht „verdienen“ (vgl. BGH, VersR 2013, 471 = juris Rn. 11 m.w.N.).

14

b) Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot hätte sich der Kläger für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen. Der Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens des am 18.10.2011 erstmals zugelassenen Unfallwagens BMW … mit einem Wiederbeschaffungswert von 38.700,00 € lag bei den vom Schadensgutachter angenommenen Reparaturkosten von 11.484,56 € und einer Wertminderung von 1.750,00 € offensichtlich nicht vor. Jedoch steht es dem Geschädigten frei, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. In diesem Fall kann er aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot den aufgrund der Ersatzbeschaffung tatsächlich entstandenen Nutzungsausfall nur bis zur Höhe des Nutzungsausfalls verlangen, der bei Durchführung der Reparatur entstanden wäre. Denn die Reparatur hätte den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erfordert (BGH, a.a.O. Rn. 12 zu Kosten der Ersatzbeschaffung).

15

Der Kläger hat nicht schlüssig dargetan, dass die Ausfallzeit des Unfallwagens auch bei Durchführung einer Reparatur deshalb vergleichbar lang gewesen wäre, weil er die Reparaturkosten nicht habe vorfinanzieren können. Seine Behauptung in der Klageschrift, er sei zu einer Vorfinanzierung nicht in der Lage gewesen, bezieht sich angesichts der weiteren Behauptung, eine frühere Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs sei nicht möglich gewesen, ersichtlich auf die Kosten der Ersatzbeschaffung und nicht auf die Reparaturkosten. Nach seiner Anhörung im Termin am 28. Mai 2013 verkaufte der Kläger den Unfallwagen und bestellte sich ein "neues Auto". Seine weitere Erklärung, das Auto habe er nicht abholen können, weil er kein Geld gehabt habe, um es zu bezahlen, betrifft nicht die Reparaturkosten, sondern den Kaufpreis für das Ersatzfahrzeug. Wie hoch dieser war, und welcher Betrag ihm noch fehlte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sein Vorbringen im Schriftsatz vom 14. Juni 2013 verhält sich gleichfalls nur zur Finanzierung der Ersatzbeschaffung.

16

Auch nach Erörterung dieser Fragen in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2014 hat der Kläger seinen Vortrag dazu nicht ergänzt. Einen Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht hat zwar die Beklagte darzulegen und zu beweisen. Den Kläger trifft jedoch die sekundäre Darlegungslast insoweit, als die Beklagte Näheres nicht vortragen kann, also insbesondere hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse (BGH, NJW-RR 2006, 394; vgl. auch OLGR Naumburg, 2004, 390 und juris m.w.N.).

17

Soweit der Kläger meint, dass ihm (auch) eine (mögliche) Vorfinanzierung der Reparaturkosten nicht habe abverlangt werden können, trifft dies nicht zu. Er ist nach § 254 Abs. 2 BGB im Rahmen seiner Möglichkeiten verpflichtet, den Schadensumfang gering zu halten und bei der Wiederherstellung der beschädigten Sache die Interessen des Schädigers mit zu bedenken (vgl. z.B.: BeckOK BGB – Unberath, § 254 Rn. 34 und 35; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl.,2. Kapitel Rn. 49). Dazu gehört die Vorfinanzierung der Reparaturkosten, wenn ihm dies anhand flüssiger Mittel ohne weiteres möglich ist oder wenn er einen entsprechenden Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann. Auf eine vorherige Zusage des Schädigers oder dessen Haftpflichtversicherer, Kreditkosten zu übernehmen, kommt es nicht an.

18

Abgesehen davon, hat die Beklagte in der Klageerwiderung vom 2. April 2013 darauf hingewiesen, dass der Kläger bei einer Entscheidung für die Reparatur des Unfallwagens eine Reparaturkostenübernahmebestätigung durch die Beklagte hätte einholen können, wenn er zur Bezahlung der Reparaturkostenrechnung nicht in der Lage gewesen wäre. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Hätte eine solche Kostenübernahmeerklärung der Beklagten vorgelegen, hätte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 Abs. 1 ZPO) die Werkstatt den Reparaturauftrag angenommen, die Reparatur durchgeführt und danach dem Kläger das Fahrzeug ausgehändigt.

19

c) Bei einer Entscheidung des Klägers für die nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu wählende Schadensbeseitigung in Form der Reparatur des Unfallwagens hätte er nach Sachlage in Anbetracht des Umstands, dass der Unfallschaden offensichtlich nicht zu einem wirtschaftlichen Totalschaden des Fahrzeugs führte, bereits ab dem Tag des Unfalls am Freitag, den 10. August 2012 bis zur Vorlage des schriftlichen Schadensgutachtens am Donnerstag, den 16. August 2012 über die Frage einer Reparatur des Unfallwagens oder einer Ersatzbeschaffung nachdenken und nach Erhalt des Gutachtens spätesten bis zum Sonntag, den 19. August 2012 eine Entscheidung treffen können. Weshalb ihm vorliegend eine längere Überlegungsfrist zuzubilligen wäre, hat der Kläger nicht schlüssig dargetan.

20

Bei einem Reparaturauftrag am Montag, den 20. August 2012 hätte er nach Ablauf von 7-8 Arbeitstagen unter Berücksichtigung des Wochenendes (25./26. August 2012) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit spätestens am 30. August 2012 den reparierten Unfallwagen aus der Werkstatt abholen können. Mithin ist der nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot berücksichtigungsfähige Nutzungsausfallschaden des Klägers nur für die Zeit vom 10. August bis 30. August 2012 = 21 Tage beachtlich.

21

d) Der Nutzungsausfallschaden von 1.365,00 € ist nicht um die von der Beklagten übernommenen Kosten von 219,50 € für einen Mietwagen zu kürzen, den der Kläger in der Zeit vom 21. Oktober 2012 bis 4. November 2012 genommen hatte. Der Anrechnung steht entgegen, dass es an der notwendigen zeitlichen Kongruenz zwischen einem Nutzungsausfallschaden bis 30. August 2012 und der Ersatzleistung für die Zeit vom 31. Oktober 2012 bis 4. November 2012 fehlt.

22

4. Angesichts einer begründeten Hauptforderung von noch 1.365,00 € betragen die vom Kläger hierfür geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei der von ihm in Ansatz gebrachten 0,65 Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert bis 1.500,00 € 97,46 € (68,25 € als 0,65 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG + 13,65 € gem. Nr. 7002 VV RVG + 15,56 € Umsatzsteuer).

III.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

24

Die Revision wird insoweit zugelassen, als die unterschiedlichen Auffassungen dazu, ob eine Nutzungsausfallentschädigung auch für solche Kraftfahrzeuge ausscheidet, die gewerblich genutzt werden ohne dabei der unmittelbaren Gewinnerzielung zu dienen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15.02.2006 im Verfahren 3 O 329/05 wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert der Berufung: 3.318,24 EUR 

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten nach einem Verkehrsunfall über die Haftungsquote und die Ersatzpflicht hinsichtlich des Nutzungsausfalls bei einem auch für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit genutzten Fahrzeug. Zwischen dem Kläger und der Beklagten Ziff.1 kam es am 28.06.2005 gegen 15.10 Uhr in im Bereich der Einmündungen Straße/ Straße zu einem Verkehrsunfall. Die Beklagte Ziff.1 befuhr die Straße, eine bevorrechtigte Bundesstraße, und wollte von dieser nach links in die Straße abbiegen. Zu diesem Zweck überfuhr sie die durchgezogene linke Begrenzungslinie der Linksabbiegerspur in der Straße bereits 10 bis 12 Meter vor deren Ende und fuhr auf die aus ihrer Sicht linke Richtungsfahrbahn der als Einmündungstrichter verbreiterten Straße ein. Als sie sich jedenfalls mit der Fahrzeugfront bereits auf der für sie entgegengesetzten Richtungsfahrbahn der Straße befand, kollidierte sie dort mit ihrer Fahrzeugfront mit dem vom Kläger geführten PKW Daimler Chrysler E 320. Der Kläger war vor der Kollision aus der untergeordneten Straße nach rechts in die Straße eingebogen mit dem Ziel, sodann die Straße wiederum nach rechts in die Straße zu verlassen. Wegen des genaueren Ablaufs wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils mit den dortigen Verweisungen Bezug genommen.
Der Kläger begehrt den Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Höhe von 100 %.
Der Kläger macht u.a. Nutzungsausfall in Höhe von 845,-- EUR, nämlich 13 Tage zu je 65,-- EUR, orientiert an der Tabelle von Sanden u.a., für sein Unfallfahrzeug geltend. Das Landgericht hat insoweit im Tatbestand festgestellt, dass der Kläger ein Dentallabor betreibt, vorsteuerabzugsberechtigt ist und das beschädigte Fahrzeug sowohl privat als auch betrieblich nutzt. Wegen des weiteren Vortrags zur Höhe des Schadens wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat den geltend gemachten Anspruch vollumfänglich zugesprochen. Die Beklagte Ziff.1 habe den Unfall durch einen Fehler beim Linksabbiegen verschuldet, indem sie auf die falsche Fahrbahnhälfte der Straße eingebogen sei. Dagegen treffe den Kläger kein Verschulden. Dieser habe darauf vertrauen dürfen, dass ihm auf seiner Fahrspur kein Fahrzeug entgegenkomme und er habe vor dem Abbiegen in die Straße nicht den von der Straße aus seiner Sicht von rechts in die Straße abbiegenden Verkehr abwarten müssen. Vor seinem Einbiegen in die Straße habe er nicht erkennen können, dass die Beklagte Ziff.1 die Kurve schneiden und auf seine Fahrbahn der Straße einbiegen werde. Weil die Beklagte Ziff.1 mit zumindest 20 bis 25 km/h fuhr und ihre Richtungsfahrbahn der Straße bereits 10 bis 12 Meter vor der Haltelinie nach links verlassen hatte, habe sie die Linksabbiegerspur ca. 2 Sekunden vor der Kollision verlassen. Unter Berücksichtigung der Erkennbarkeit dieses rechtswidrigen Abbiegevorganges und der dem Kläger zuzubilligenden Reaktionszeit habe dieser unabhängig von seiner eigenen Geschwindigkeit keine Möglichkeit mehr gehabt, seine Fahrweise auf dieses Fahrverhalten einzustellen. Weil der Kläger auch das Rechtsfahrgebot beachtet habe, das Verschulden der Beklagten Ziff.1 aber besonders grob sei, trete die Betriebsgefahr des Klägers zurück mit der Folge der 100%igen Haftung der Beklagten.
Obwohl der Kläger bei teilweiser gewerblicher Nutzung seines Kfz nicht zu entgangenem Gewinn vorgetragen habe, sei der Nutzungsentgang nach der Tabelle von Sanden u.a. zu berechnen, weil auch dem Kläger durch die Beeinträchtigung der Mobilität ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil entstanden sei.  Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die in zweiter Instanz eine Haftungsbeteiligung des Klägers in Höhe von 40 % und eine vollumfängliche Abweisung der Klage, soweit diese auf Nutzungsentschädigung gerichtet ist, anstreben. Die Beklagten tragen vor, die Sachverhaltsfeststellung des Landgerichts sei fehlerhaft, weil dieses entgegen dem Antrag der Beklagten keinen Augenschein eingenommen habe. Das Landgericht wäre ansonsten nach Ansicht der Beklagten mit Wahrscheinlichkeit zu der Auffassung gelangt, dass ein einheitlicher Einmündungstrichter hinsichtlich aller drei Straßen vorliege, auf den sich insgesamt das Vorfahrtsrecht der Beklagten Ziff.1 erstreckt habe. Deshalb habe das Berufungsgericht einen Augenschein einzunehmen.
Der Kläger habe einen Vorfahrtverstoß begangen, indem er sich im Zeitpunkt der Kollision mittig auf der gedachten Linie zwischen den Endpunkten des Einmündungstrichters der - in die Straße befunden habe. Als die Beklagte Ziff.1 zum Linksabbiegen angesetzt habe und dies vom Kläger bemerkt werden konnte (Gefahrenpunkt), hätte der Kläger noch ausreichend Reaktionszeit gehabt. Er habe sein Fahrzeug noch in der Straße vor Einbiegen in die Straße anhalten können angesichts der verkehrswidrigen, weil gegen das Rechtsfahrgebot und § 1 Abs.2 StVO verstoßenden Fahrweise der Beklagten Ziff.1. Das Fahrverhalten der Beklagten Ziff.1 sei an der Unfallstelle durchaus üblich.
Indem er einen Abstand von 0,8 bis 1 Meter vom rechten Seitenrand einhielt, habe der Kläger auch gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen.
Dagegen sei der Verstoß der Beklagten Ziff.1 gegen das Rechtsfahrgebot nicht haftungsrelevant, weil dieses Verbot nicht dem Schutz derer diene, die, wie der Kläger, erst in diese Fahrbahn einbiegen wollten. Auch deshalb habe sich das Vorfahrtrecht der Beklagten Ziff.1 auf die beiden Fahrspuren auch der Straße bezogen. Es bleibe deshalb bei der Beklagten Ziff.1 nur ein Verstoß gegen § 1 Abs.2 StVO. Dieser könne aber keinesfalls ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zur Folge haben. Vielmehr sei die Beklagte Ziff.1 im Rahmen der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung zu 60 % verantwortlich, der Kläger zu 40 %.
Bei der Schadenshöhe habe das Landgericht fälschlich nicht berücksichtigt, dass eine Abrechnung nach der Tabelle von Sanden nicht in Betracht komme beim überwiegend gewerblich genutzten Fahrzeug. Außerdem habe der Kläger nach seiner eigenen Einlassung im Termin zwei weitere Fahrzeuge zur Verfügung. Ihm sei die Nutzung des Botenfahrzeuges zumutbar gewesen, darüber hinaus habe ihm der PKW seiner Gattin zur Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Beklagten beantragen,
10 
1. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15. Februar 2006 - AZ: 3 O 329/05 - wird abgeändert.
11 
2. Die Klage wird in Höhe von EUR 3.318,24 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23. August 2005 sowie vorgerichtlicher Anwaltsvergütung in Höhe von EUR 115,12 abgewiesen.
12 
3. Die Kosten des Verfahrens I. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Der Kläger/Berufungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Hilfsweise für den Fall der Ablehnung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung:
16 
Die Revision zuzulassen.
17 
Der Kläger trägt vor,
18 
das Landgericht habe sich aufgrund der dem Gutachten beiliegenden Skizze und durch vorhandene Fotos ohne Augenscheinseinnahme ausreichende Gewissheit über die Gestalt des Einmündungstrichters verschaffen können.
19 
Das Verschulden der Beklagten Ziff.1 sei grob. Bei ordnungsgemäßer Nutzung des Linksabbiegerstreifens auf der Straße bestehe überhaupt nicht die Gefahr, auf die linke Fahrspur der Straße zu gelangen.  Die Ausführungen der Beklagten zum Gefahrenpunkt seien nicht nachvollziehbar, weil zu Beginn des Ausschervorgangs nach den Darlegungen des Sachverständigen in erster Instanz noch keine Reaktionsaufforderung an den Kläger durch ein Gefahrenmoment vorlag.
20 
Der Einmündungstrichter beziehe sich stets nur auf die nächste Straße. Außerdem habe der Kläger bei jeder denkbaren Konstellation die Straße bereits genutzt, als die Beklagte Ziff.1 durch Schneiden auf diese eingefahren sei.
21 
Nach alledem sei der Unfall für den Kläger unvermeidbar gewesen. Jedenfalls trete, wenn man dies nicht bejahe, seine Betriebsgefahr zurück.
22 
Die Nutzungsentschädigung sei geschuldet. Beim freien Beruf würden sich private und gewerbliche Nutzung auch tagsüber ständig abwechseln. Nach Hinweis des Senats, dass in erster Instanz Vortrag zur fühlbaren Beeinträchtigung als Voraussetzung für einen Ersatzanspruch fehlte, trägt der Kläger nunmehr unter Beweisantritt mit als Zeugen vor, er habe einen jederzeitigen Nutzungswillen gehabt. Er arbeite nämlich als Zahntechniker auf Abruf von Zahnärzten, werde also mehrfach täglich von Zahnärzten kurzfristig während laufender Behandlungen zugezogen. Dabei könne sich der Kläger nicht auf die Verfügbarkeit des Botenfahrzeuges verlassen, das täglich um 8.15 Uhr seine erste Botentour in mehrere Orte beginne und dann tagsüber bedarfsmäßig für Abholungen und Anlieferungen eingesetzt werde. Seine Ehefrau benötige ihr Fahrzeug selbst für Fahrten zu ihrer Arbeitsstätte als Realschullehrerin. Das Unfallfahrzeug werde darüber hinaus für Unternehmungen und Fahrten mit Geschäftspartnern und Freunden, auch für „repräsentative“ Fahrten zu Ärzten oder Vereinen und im übrigen privat genutzt. Steuerlich werde von der 1%-Regelung Gebrauch gemacht, die aber nichts über die tatsächliche Nutzungsquote aussage.
23 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht ging das Landgericht von einer vollumfänglichen Haftung der Beklagten aus und sprach auch die geltend gemachte Nutzungsentschädigung, die der Höhe nach nicht bestritten war, zu.
25 
1. Die landgerichtlichen Feststellungen zum Unfallablauf und zu den Örtlichkeiten sind der Entscheidung zugrundezulegen. Das Unterlassen der Einholung eines Augenscheins begründet keine Zweifel an der Tatsachenfeststellung im Sinne von § 529 Abs.1 Ziff.1 ZPO. Dem Landgericht lag die Skizze des Sachverständigen vor, aus der sich die Verhältnisse jedenfalls in Kombination mit den vorhandenen Fotos deutlich ersehen lassen.
26 
2. Die Beklagten haften nach §§ 7, 17 StVG, die Beklagte Ziff. 2 i.V.m. § 3 Ziff. 1 PflVG, zu 100 % für den beim Unfall eingetretenen Schaden.
27 
Die Haftungsvoraussetzungen des § 7 StVG liegen auf Seiten der Beklagten Ziff. 1 vor.
28 
Der Unfall war für die Beklagte Ziff.1 nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs.3 StVG. Bejaht man nicht bereits die Unabwendbarkeit für den Kläger, führt jedenfalls die Haftungsabwägung nach § 17 Abs.2 StVG i.V.m. § 17 Abs.1 StVG zu einer Alleinhaftung der Beklagten. Entscheidend für diese Abwägung ist das Maß der Verursachung der Schadensentstehung, das Verschulden ist dabei nur ein Faktor der Abwägung (BGH NJW 2003, 1929 ff). Dem Kläger ist kein Verschulden am Unfall anzulasten. Sein nicht durch ein Verschulden erhöhter Beitrag zur Unfallverursachung tritt hinter dem gravierenden der Beklagten Ziff.1 vorzuwerfenden Verschulden bzw. ihrem hohem Maß an unfallkausalem Verhalten komplett zurück. Würde man ein Verschulden des Klägers bejahen, wäre dieses wegen der konkreten Verkehrssituation so gering, dass es nichts an der kompletten Haftung der Beklagten ändern würde.
29 
a) Zu Recht hat das Landgericht ein Verschulden am Unfall durch die Beklagte Ziff.1 festgestellt. Dieses resultiert jedenfalls aus § 1 Abs.2 StVO und wiegt schwer.
30 
Beim Einbiegen in eine Straße, deren Einmündung trichterförmig erweitert ist, muss grundsätzlich der Mittelpunkt der Trichterbreite rechts umfahren werden (grundlegend BGHSt 16, 255/260). Vorliegend war der Beklagten Ziff.1 der von ihr einzuhaltende Fahrweg außerdem durch die die Linksabbiegerspur auf der Straße begrenzenden Linien und die auf der Straße eingezeichnete Mittellinie deutlich vor Augen geführt. Sie hat sich bereits in erheblicher Entfernung von der Kreuzung, nämlich zumindest 10 Meter vor Ende der Linksabbiegerspur, über die dort befindliche ununterbrochene Linie und damit über das Zeichen 295 zu § 41 StVO hinweggesetzt. Das Zeichen 295 darf nicht überfahren werden, es ist rechts von dieser Linie zu fahren. Bereits dieses Verhalten stellt sich als erheblich verkehrswidrig dar. Das deutlich zu frühe Verlassen ihrer Richtungsfahrbahn war für die Beklagte Ziff.1 zweifelsfrei erkennbar, sie hat, selbst wenn man annimmt, dass das Rechtsfahrgebot den Kläger als erst das Einbiegen in die Straße Planenden nicht schützen würde, hiermit gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht nach § 1 Abs. 2 StVO verstoßen (dazu auch Thür. OLG, DAR 2000, 570f.). Sodann bog die Beklagte Ziff.1 an dieses Verhalten anknüpfend auf die Straße nicht auf der für sie vorgesehenen Richtungsfahrbahn, sondern unter Nutzung der Gegenfahrbahn ein. Ihr Fahrverhalten stellte sich damit auch für den Gegenverkehr auf der Straße, zu dem der Kläger gehörte, als in hohem Maße gefährdend im Sinne des § 1 Abs.2 StVO dar.
31 
b) Dahingestellt bleiben kann, ob der Unfall für den Kläger unabwendbar im Sinne des § 17 Abs.3 StVG war. Dagegen spricht, dass ein besonders sorgsamer Fahrer, insbesondere falls ihm bekannt war, dass in dem Bereich häufiger die Fahrbahnen nicht korrekt eingehalten werden, u.U. noch weiter rechts gefahren wäre, um einem Unfall in besonders sorgfältiger Weise entgegenzuwirken.
32 
c) Jedenfalls traf den Kläger kein Verschulden am Unfall, weder in Form eines Vorfahrtverstoßes, noch in Form eines Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot.
33 
Zur Kollision zwischen den Fahrzeugen kam es, wie der Sachverständige eindeutig feststellte, auf der Straße (Gutachten S.12). Dass das Beklagtenfahrzeug dabei die Straße ggf. noch nicht vollständig verlassen hatte, bleibt ohne Relevanz, weil auf die genaue Kollisionsstelle und damit auf die an dieser Stelle befindlichen Fahrzeugteile, nicht auf das Gesamtfahrzeug, abgestellt werden muss. Ebenfalls nach dem Sachverständigengutachten eindeutig und für das Gericht nachvollziehbar befand sich das klägerische Fahrzeug in diesem Moment in seiner kompletten Länge auf der Straße.
34 
aa) Betrachtet man die Kreuzung der Straße mit der Straße getrennt von der Kreuzung der Straße mit der Straße, liegt kein Vorfahrtverstoß des Klägers vor. Er befand sich dann nämlich im Moment der Kollision im Verhältnis zur Straße, von der die Beklagte Ziff.1 abbog, noch in der untergeordneten Straße auf seiner Fahrspur, nicht aber in dem Kreuzungsbereich, für den die Vorfahrtberechtigung der Beklagten Ziff.1 gilt.
35 
Dieser Vorfahrtbereich ist begrenzt auf die gesamte Straße und die aus Sicht des Klägers linke Richtungsfahrbahn der Straße (OLG Düsseldorf, VRS 58, 269 ff; KG, DAR 1978, 20/21; OLG Saarbrücken, VRS 30, 229/230), die Vorfahrt ging der Beklagten Ziff.1 nicht durch die Nutzung der falschen Richtungsfahrbahn verloren (BGHSt 34, 127 ff). Der Kläger durfte an die Einmündung zur Straße bis zur Haltelinie in der Straße heranfahren, denn ein Wartepflichtiger darf darauf vertrauen, dass ein Vorfahrtberechtigter nicht aus der Vorfahrtstraße auf die für ihn linke Fahrbahnseite der untergeordneten Straße achtlos einfährt (BGHSt 20, 238/241). Dementsprechend hat er sich, wie das Landgericht aufgrund der Angaben des Sachverständigen nachvollziehbar darlegte, verhalten.
36 
bb) Die Beklagte Ziff.1 zielt darauf ab, die Kreuzung von der Straße bis zur Straße als einheitlich zu betrachten und deshalb ihre Vorfahrtberechtigung gegenüber dem Kläger auch auf den gesamten Bereich der Straße, den der Kläger zu durchfahren hatte, zu erstrecken.
37 
Diese Betrachtungsweise ist unzulässig. Eine Einmündung liegt vor beim Zusammentreffen von Straßen mit nur einer Fortsetzung (BGH NJW 1974, 949). Deutlich wird, entsprechend der Definition der Kreuzung (BGH VRS 27, 350/352), auf das tatsächliche Zusammentreffen zweier Straßen abgestellt. Eine Erweiterung kommt nur in Betracht, wenn sich die Fahrlinien einander hemmend nähern (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38.A., 2005, § 8 StVO, Rz. 27). Dies ist vorliegend nicht zu bejahen.
38 
Auch wenn die Einmündungen kurz hintereinander liegen, was aus der Skizze des Sachverständigen, die das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde legte, deutlich hervorgeht, so bleibt es doch dabei, dass die Straße auf ihrer gesamten Breite zunächst in die Straße mündet und jeder Verkehrsteilnehmer diese Straße zunächst, wie aus dem Sachverständigengutachten ersichtlich, über die Strecke von zumindest mehr als einer PKW-Länge befahren muss, bevor er ggf. nach rechts in die Straße einmünden kann. Die Straße und die Straße haben also keinen gemeinsamen Berührungspunkt. Der aus der Straße einfahrende Verkehrsteilnehmer muss sich zunächst am Verkehr in der Straße orientieren, kann dann bei entsprechend freier Verkehrslage in diese Straße einbiegen und muss sich dann anschließend unter Einhalten einer weiteren Haltelinie erneut gegenüber der Straße orientieren, bevor er unter Beachtung der dort bevorrechtigten Fahrzeuge in diese Straße einfährt. Dementsprechend sind auch zwei Verkehrszeichen 205 aufgestellt. Ebenso muss sich ein aus der Straße abbiegender Verkehrsteilnehmer daran orientieren, dass für die aus seiner Sicht linke Fahrbahn der Straße sein Vorrang nicht gilt. Wäre der Kläger nicht aus der Straße eingebogen, sondern hätte sich bereits länger in der Straße befunden, so wäre die Beklagte Ziff.1 ihm gegenüber an der Kollisionsstelle auf keinen Fall vorfahrtberechtigt. Ein erweiterter Schutz der Beklagten Ziff.1 gegenüber dieser Situation erscheint bei den konkreten Örtlichkeiten nicht angemessen.
39 
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch bei der von der Beklagten angestrebten einheitlichen Betrachtungsweise ein Vorfahrtverstoß des Klägers nicht nachweisbar wäre.
40 
Ein Wartepflichtiger, der nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, darf grundsätzlich davon ausgehen, er werde keinen der vorfahrtberechtigten Fahrer in der Weiterfahrt behindern, wenn beim Beginn des Einbiegens sich nicht nur von links keine Fahrzeuge nähern, sondern auch die für ihn rechte Straßenseite frei ist und keine Anzeichen dafür sprechen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln werde (BGH, NJW 1982, 2668/2669). Weil Zweifel bestehe, ob für den Kläger beim Einfahren von der Straße in die Straße bereits das regelwidrige Fahrverhalten der Beklagten Ziff.1 erkennbar war, scheidet damit ein Vorfahrtverstoß aus. Nach den Berechnungen des Sachverständigen begann die Beklagte Ziff.1, falls sie vor der Kollision überhaupt nicht mehr verlangsamte, frühestens 2 Sekunden vor der Kollision, die Mittellinie der Straße im Zuge des Beginns des vorzeitig eingeleiteten Abbiegevorgangs zu überschreiten. In diesem Moment aber hatte der Kläger die Haltelinie der Straße bereits überschritten, falls er sich dem Kollisionspunkt mit gleich bleibender Geschwindigkeit näherte.
41 
Der Anscheinsbeweis streitet nicht für die Beklagte Ziff.1 und gegen den Kläger jedenfalls aufgrund der Sondersituation der Kollision auf der aus Sicht des Klägers rechten Richtungsfahrbahn (BGH, NJW 1982, 2668/2669).
42 
cc) Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht einen schuldhaften Verstoß des Klägers gegen das Rechtsfahrgebot verneint. Darauf wird verwiesen.
43 
dd) Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass dem Kläger kein Verstoß gegen § 1 Abs.2 StVO nachzuweisen ist. Es bleibt nämlich zumindest fraglich, ob für den Kläger das Fahrverhalten der Beklagten Ziff.1 zu einem Zeitpunkt als gefahrträchtig zu erkennen war, wo ihm noch eine den Unfall vermeidende Reaktion möglich und diese von ihm zu fordern gewesen wäre.
44 
Über die Darlegungen des Landgerichts hinaus bleibt möglich, dass die Beklagte, was der Sachverständige nicht ausschließen konnte und was nach Ansicht des Senats keineswegs unwahrscheinlich ist, vor dem Unfall nicht mit konstanter Geschwindigkeit gefahren war sondern eine höhere Ausgangsgeschwindigkeit z.B. von 50 km/h einhielt. In diesem Fall hätte sie nach den Darlegungen des Sachverständigen erst 1 Sekunde vor der Kollision mit dem frühzeitigen Verlassen ihrer Linksabbiegerspur begonnen. Unter Beachtung der Reaktionszeit verblieb dem Kläger, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Straße befand, in dieser denkbaren, von Beklagtenseite nicht widerlegten Variante keine Möglichkeit mehr zur Unfallvermeidung.
45 
ee) Die Abwägung nach § 17 StVG führt bei dieser Sachlage, die geprägt ist durch das einzig nachgewiesene schwere Verschulden der Beklagten Ziff.1, zum Entfallen der Haftung auf Klägerseite (zu dieser Möglichkeit auch OLG Saarbrücken, VRS 47, 26).
46 
3. Ebenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht dem Kläger die geltend gemachte Nutzungsentschädigung zugesprochen.
47 
a) Im Jahre 1985 hatte der BGH (NJW 1985, 2471 ff) zur Beschädigung eines als Krankentransportwagen eingerichteten LKW der Bundeswehr entschieden, dass Nutzungsausfall beansprucht werden kann, wenn Nutzungsmöglichkeit und Nutzungswillen bestanden, auch soweit sich die Gebrauchsentbehrung nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages niederschlägt. Er hat damit deutlich gemacht, dass § 252 BGB bei gewerblichen Fahrzeugen zur Schadensberechnung keine Norm mit Ausschließlichkeitscharakter darstellt. Entgegen einer vielfach vertretenen Ansicht geht der vorliegend entscheidende Senat nicht davon aus, dass der BGH von dieser Rechtsprechung durch die Entscheidung des Großen Senats (NJW 1987, 50 ff.) abweichen wollte.
48 
Dem Großen Senat war die Frage des Nutzungsentgangs eines Wohnhauses und damit nur die Frage der Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls bei einem privat genutzten Objekt vorgelegt. Der Große Senat konstatierte, dass jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Eigentümers derart angewiesen sei wie bei einem von ihm selbst bewohnten Haus, der zeitweise Gebrauchsmöglichkeitsverlust einen ersatzfähiger Vermögensschaden darstelle, wenn die Sache ansonsten entsprechend genutzt worden wäre. Die normalerweise bei der Schadensberechnung anzuwendende Differenzmethode enthebe als wertneutrale Rechenoperation nicht davon, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in der Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen. Das Wesen und die Bedeutung des Vermögens würden sich nicht in einem „Haben“ erschöpfen, sondern auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten umfassen, dass der Vermögensträger es zur Verwirklichung seiner Lebensziele nutzt. So sei auch für den privaten Nutzer die Einsatzfähigkeit seines Fahrzeugs Grundlage für die Wirtschaftlichkeit seiner hierauf zugeschnittenen Lebenshaltung. Zwar werde beim erwerbswirtschaftlichen, produktiven Einsatz der Sache die Verkürzung ihres Nutzungswertes im Wesentlichen durch den Gewinnentgang ausgewiesen, dessen Ersatz § 252 BGB ausdrücklich anordnet. Daraus, dass eine entsprechende Vorschrift für die eigenwirtschaftliche Nutzung von Vermögen fehle, könne nicht gefolgert werden, dass sich das Gesetz gegen Geldersatz, der sich nicht in Gewinnentgang niederschlage, entschieden habe. § 252 BGB diene dem Grundsatz des vollen Schadensausgleichs aus § 249 BGB, § 252 Satz 2 BGB sei eine Regel der Beweiserleichterung. Jedenfalls für eine ganz der eigenwirtschaftlichen Sphäre verhaftete Verwendungsplanung müsse ein rein an der Differenzrechnung ohne Ergänzung orientierter Ausgleich als unangemessene schadensrechtliche Benachteiligung des Geschädigten gegenüber einem erwerbswirtschaftlichen Sacheinsatz erscheinen. Deshalb sei auf dem bei der Kfz-Nutzungsentschädigung eingeschlagenen Weg fortzufahren. Freilich müsse die Ergänzung des Gesetzes auf Sachen beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist.
49 
Auf diese Entscheidung Bezug nehmend wird z.T. die Nutzungsentschädigung für gewerblich genutzte Fahrzeuge abgelehnt (Grüneberg in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, Stand 4/2004, § 249, Rz.60), weil danach eine eigenwirtschaftliche Nutzung des Fahrzeuges Voraussetzung für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung sei und solche beim gewerblichen KfZ fehle. Ähnlich an den Großen Senat anschließend wird § 252 BGB entnommen, dass für die Gesetzesfortbildung bei erwerbswirtschaftlich genutzten Gegenständen kein Raum sei (Oetker im Münchner Kommentar zum BGB, 4.A., 2003, § 249, Rz.64). Das OLG Düsseldorf (NZV 1999, 472 f.) entschied, dass bei der Beschädigung eines Krans verwehrt sei, den Schaden abstrakt zu berechnen, maßgeblich sei der entgangene Gewinn bzw. Vorhaltekosten eines Reservefahrzeuges oder Mietkosten eines Ersatzfahrzeuges. Zu einem Ausfall eines Krankenwagens vertrat das OLG Hamm (NJW-RR 2004, 1094 f.), es handele sich um ein Behördenfahrzeug, für das nach der Entscheidung des Großen Senats nicht abstrakt Nutzungsentschädigung gefordert werden könne, weil diese nur ausnahmsweise zugelassen sei und nach dem BGH die Ergänzung auf Sachen beschränkt bleiben müsse, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen sei, es müsse eine signifikante Auswirkung auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung vorliegen und diese Kriterien seien letztlich nur bei Privatpersonen erfüllt. Hinsichtlich eines PKW, der zu 77 % gegenüber dem Finanzamt als gewerblich eingesetzt gemeldet war, erklärte das OLG Hamm, die erwerbswirtschaftliche Nutzung sei das Gegenteil einer eigenwirtschaftlichen Nutzung, sie sei nicht über eine abstrakte Nutzungsentschädigung, sondern über eine Schadensberechnung nach § 252 BGB nur in Form entgangenen Gewinns oder erhöhter Betriebskosten auszugleichen. Nur die anteilige private Nutzung sei über die Sätze nach der Tabelle von Sanden auszugleichen. Als Quote biete sich die steuerliche Geltendmachung an (NJW-RR 1989. 1194 f.), der Große Senat habe maßgeblich den erwerbswirtschaftlichen produktiven Einsatz gewerblicher Fahrzeuge dem eigenwirtschaftlichen Einsatz gegenübergestellt (NJW-RR 2001, 165 f.).
50 
Dagegen lehnte das OLG Köln bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug einen Anspruch nicht bereits wegen dieser Nutzungsart ab, sondern weil nach dem eigenen Vortrag der klagenden Partei das Fahrzeug in der geltend gemachten Zeit nicht benötigt worden wäre, weshalb keine fühlbare wirtschaftliche Benachteiligung eingetreten sei (OLG Köln, NZV 1995, 401). Im Umkehrschluss ist die Entscheidung dahin zu verstehen, dass bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug grundsätzlich Nutzungsentschädigung geschuldet sein kann. Dieser Ansicht sind auch das OLG München (NZV 1990, 348 ff) und Becker/Böhme (Der Haftpflichtschaden, 22.A., Rz. D 75). Der 10. Senat des OLG Stuttgart (NZV 2005, 309) hielt bei einem Behördenfahrzeug eine Nutzungsentschädigung für möglich, wenn sich die im Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug liegende Entbehrung für die Behörde als fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil auswirkte, mit der Begründung, dass sonst einer Behörde, würde sie kein Ersatzfahrzeug anmieten, nie abstrakte Nutzungsentschädigung zustünde, weil sie keinen Nutzungsausfall konkret nachzuweisen vermag mangels erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates.
51 
b) Jedenfalls bezogen auf den konkreten Einzelfall eines Selbstständigen, hier eines Zahntechnikers, der das Fahrzeug für Fahrten zu Kunden genutzt hätte, sich nunmehr anderweitig behilft und in der Folge keinen konkreten Ausfallschaden nachzuweisen in der Lage ist, erscheint auch unter Beachtung der Rechtsprechung des Großen Senats die Zuerkennung der Nutzungsentschädigung als notwendig.
52 
Der in zweiter Instanz erstmals gehaltene Vortrag zur fühlbaren Beeinträchtigung durch den Fahrzeugentzug war nach § 529 Abs.2 i.V.m. § 531 Abs.2 ZPO zu berücksichtigen. Das erstinstanzlich tätige Gericht hatte der Frage keine Bedeutung beigemessen. Hätte es die Bedeutung erkannt, hätte es den Kläger darauf hinweisen müssen.
53 
Nach der in 2. Instanz durchgeführten Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass der Kläger das Unfallfahrzeug, wäre es nicht beschädigt worden, in einem eine Nutzungsentschädigung rechtfertigendem Maße gebraucht und genutzt hätte. Der als Zeuge vernommene Sohn des Klägers, der im Unfallzeitpunkt in dessen Betrieb mitarbeitete, bestätigte glaubwürdig, dass der Kläger das Unfallfahrzeug üblicherweise, so lange er täglich in der Praxis tätig war, zur Verfügung haben musste, um kurzfristig Zahnärzte zu Patientenbesprechungen aufsuchen zu können. Auf das in dem Labor auch vorhandene Botenfahrzeug kann der Kläger für diese Fahrt nicht verwiesen werden, weil dies, wie die Beweisaufnahme ebenfalls ergab, anderweitig benötigt wird. Das auf die Ehefrau des Klägers zugelassene Fahrzeug wird von dieser selbst genutzt.
54 
Weil das Fahrzeug, anders als z.B. ein Bus oder ein Taxi, nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung eingesetzt wird, wäre dem Kläger der konkrete Nachweis, dass er gerade wegen der fehlenden Möglichkeit, einen Ort anzufahren, an dem er ein Geschäft abwickeln wollte, einen Schaden erlitt, auch unter Beachtung der Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB kaum möglich. Als Selbstständiger mit einem kleinen Betrieb wäre es für ihn auch unangemessen, ein Ersatzfahrzeug vorzuhalten, weshalb die Abrechnung über Vorhaltekosten ausscheidet. Würde man die Nutzungsentschädigung ablehnen, würde dies im Ergebnis bedeutet, dass der Selbstständige, der sich insoweit in einer absolut vergleichbaren Position mit einer Person befindet, die ihr Fahrzeug nur privat nutzt, dieser Person gegenüber benachteiligt und der Schädiger insoweit unbillig entlastet wäre.
55 
Der Senat sieht sich an dieser Einschätzung durch die Entscheidung des Großen Senats nicht gehindert. Dieser hatte sich, wie bereits dargelegt, ausdrücklich nur zu erklären zu einem eigenwirtschaftlich genutzten Objekt, es ging in der Vorlagefrage nicht primär um die Abgrenzung zum gewerblich genutzten Objekt. Er ordnete sodann, nachdem er die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten, diese zur Verwirklichung der Lebensziele zu nutzen, als Vermögensteil eingestuft hatte, den zeitweise Gebrauchsmöglichkeitsverlust trotz Nutzungswillens als ersatzfähigen Vermögensschaden ein. Dieser Vermögensschaden betrifft den Kläger zumindest in gleicher Weise, wenn nicht als Freiberufler sogar in schwerwiegenderer Weise wie einen rein privaten Pkw-Nutzer. Der entscheidende Senat legt die Entscheidung des Großen Senats gerade nicht in der Weise aus, dass danach Gewerbetreibende auf die Abrechnung nach § 252 BGB beschränkt seien. Dagegen spricht die Entscheidung des BGH zum Krankentransporter (NJW 1985, a.a.O.) und auch die Formulierung der Entscheidung des Großen Senats in der Richtung, dass § 252 BGB den Schadensersatzumfang nur komplettieren und damit im Umkehrschluss gerade nicht einschränken solle. Der BGH spricht auch ausdrücklich davon, dass die Verkürzung des Nutzungswerts bei erwerbswirtschaftlichen produktiven Einsatz „im Wesentlichen“ durch den Gewinnentgang ausgewiesen werde, formuliert insoweit also bewusst nicht abschließend. Letztlich spricht der BGH auch vom Bereich „jedenfalls der ganz eigenwirtschaftlichen Sphäre“ und vermeidet auch damit eine strikte Ausgrenzung des Gewerblichen. Im letzten Teil seiner Begründung deutet die Aussage des BGH, dass der Anwendungsbereich der Gesetzesergänzung beschränkt sein müsse auf Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist, nicht auf eine bewusste Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit hin. Berücksichtigt man die rein auf die Privatnutzung zielende an den Großen Senat gerichtete Fragestellung, liegt das Schwergewicht der Aussage nicht auf dem Begriff der eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung, sondern auf der Abgrenzung zu Dingen, deren Nutzungsmöglichkeit vermögensmäßig nicht zu fassen ist, weil es sich um Luxus- oder Liebhaberobjekte handelt, das Schwergewicht liegt also in der Abgrenzung zur typischerweise dort nicht gegebenen Angewiesenheit auf deren Verfügbarkeit.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegen §§ 708 Nr.10, 711 ZPO zugrunde. Beschränkt auf die Frage der Nutzungsentschädigung war die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen. Sie dient wegen der dargestellten insoweit unterschiedlichen Ansichten mehrerer Gerichte der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten wird das am 29. November 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.869,58 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. März 2002 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin 31 % und die Beklagte 69 %.

Von den außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge trägt die Beklagte von denen der Klägerin 59 % und die Klägerin selbst 41 %,

die Klägerin von denen der Beklagten 31 % und die Beklagte selbst 69 %,

die Beklagte von denen des Drittwiderbeklagten 100 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

Die Berufung ist teilweise begründet; die Beklagte hat an die Klägerin Schadensersatz in Höhe der Hälfte der geltend gemachten Schadenspositionen zu leisten (Nutzungsausfall 40 Tage x 179,00 DM = 7.160,00 DM = 3.660,85 €, statt beantragter 7.954,00 DM; merkantiler Minderwert 1.533,88 €, wie beantragt; Kaskoselbstbeteiligung 650,00 DM = 332,34 €, wie beantragt; Prämienmehrbelastung Kaskoversicherung 192,09 €, wie beantragt; Auslagenpauschale 20,00 €, wie beantragt; insgesamt 5.739,16 € : 2 = 2.869,58 €; die geltend gemachte Prämienmehrbelastung in der Haftpflichtversicherung von 950,04 € ist nicht ersatzpflichtig); die Widerklage der Beklagten ist infolge Aufrechnung nicht begründet.

2

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile an dem Verkehrsunfall am 18. Juli 2001 in Kampen/Sylt führt zu einer Haftungsquote von 50 % : 50 %; die Anteile der beiden beteiligten Fahrzeugführer und Fahrzeuge am Zustandekommen des Unfalls wiegen gleich schwer.

3

Das vom Senat eingeholte schriftliche verkehrstechnische Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. kommt im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis:

4

Der Zeuge L. hätte den durch den Drittwiderbeklagten gelenkten Porsche unmittelbar vor dem Abbiegebeginn im linken Außenspiegel erkennen und durch Abbruch des Abbiegevorgangs die Kollision vermeiden können.

5

Der Drittwiderbeklagte hätte den linken Fahrtrichtungsanzeiger der Kehrmaschine, soweit dieser eingeschaltet war, im Zuge des Ausschervorgangs erkennen und den Verkehrsunfall durch eine nachfolgende Bremsung vermeiden können.

6

In einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme präzisiert der Sachverständige: Der Drittwiderbeklagte hätte den Fahrtrichtungsanzeiger der Kehrmaschine nach seinem Wechsel auf die linke Fahrspur spätestens in einer Entfernung von ca. 36,5 m zum Kollisionsort sehen können. Auch bei höchstmöglicher Beschleunigung wäre es ihm nach dem Erkennen des Blinkers, soweit dieser eingeschaltet war, möglich gewesen, den Verkehrsunfall durch eine Gefahrbremsung zu verhindern. Die insoweit angestellte Vermeidbarkeitsbetrachtung berücksichtigt eine Reaktionszeit von 1,0 Sekunden zugunsten des Drittwiderbeklagten inkl. einer Zeit von 0,2 Sekunden für evtl. erforderliche Blickzuwendungen. Eine längere Reaktionszeit ist aus technischer Sicht für den Ablauf des Unfalls, der sich bei Tageslicht und trockener Witterung zugetragen hat, nicht anzusetzen.

7

Bei Annäherung an die linksseitige Einmündung zur Mülldeponie ergeben sich keine Kennzeichen für die Zufahrt zu dieser. Die Zufahrt ist nur schwer zu erkennen. Die Fahrbahnbegrenzungslinien sind auch im Bereich der Zufahrt durchgezogen. Die Unterbrechung der Böschung im Anschluss an den Geh- und Radweg lässt sich nicht ohne weiteres erkennen. Allenfalls ergibt sich eine Erkennbarkeit der Zuwegung durch den unterbrochenen Grünstreifen zwischen dem Radweg und der Fahrbahn.

8

Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens war der Verkehrsunfall weder für den Zeugen L. als Fahrer der Kehrmaschine der Beklagten noch für den Drittwiderbeklagten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG (a. F.).

9

Dem Zeugen wäre es möglich gewesen, die Kollision bei Anwendung gebotener Sorgfalt zu vermeiden, indem er unmittelbar vor dem Abbiegebeginn seiner Rückschaupflicht genügt und die Querung der linken Fahrspur unterlassen hätte. Der Drittwiderbeklagte hätte bei sorgfaltsgemäßem Verhalten den Fahrtrichtungsanzeiger der Kehrmaschine während des Überholvorgangs erkennen und den Unfall durch eine Bremsung vermeiden können (auch wenn sich der Fahrtrichtungsanzeiger unten im Stoßfängerbereich befindet).

10

Dass der linke Fahrtrichtungsanzeiger der Kehrmaschine durch den Zeugen rechtzeitig betätigt worden war, steht nach dessen Aussage sowie nach der Aussage der Zeugin S. vor dem Landgericht fest; die Bekundungen stimmen jeweils mit den schriftlichen Stellungnahmen gegenüber der Polizeistation Wenningstedt innerhalb des Bußgeldverfahrens überein. Aus der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen B. ergeben sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte, er hat den Blinker aufgrund des vor ihm fahrenden BMW der Zeugin S. nicht sehen können.

11

Den Zeugen L. trifft ein Verschulden; als Linksabbieger war er gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO verpflichtet, vor dem Einordnen als auch erneut vor dem Abbiegen Rückschau zu halten; darüber hinaus hatte sich der Zeuge gemäß § 9 Abs. 5 StVO insgesamt so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Wann ein „Grundstück“ dieser Regelung unterfällt, bestimmt sich funktionell danach, ob der Fahrzeugführer durch das Abbiegen auf die betreffende Fläche den fließenden Verkehr verlässt; als fließend ist dabei der Verkehr zu qualifizieren, der dem Bestreben nach einer zügigen Ortsveränderung dient; ein solcher fließender Verkehr bestand auf der Zuwegung zur Mülldeponie nicht.

12

Der Zeuge durfte trotz erfolgter Einordnung zur Fahrbahnmitte und trotz Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers nicht darauf vertrauen, dass sämtliche hinter der Kehrmaschine befindlichen Verkehrsteilnehmer seine Abbiegeabsicht erkennen würden, zumal die Zuwegung zur Mülldeponie durch andere Verkehrsteilnehmer nur schwer ausgemacht werden konnte. Auf der Landesstraße befand sich im Bereich des Kollisionsortes kein Überholverbot. Die Sicht war zum Unfallzeitpunkt gut. Die Straße verläuft an der Unfallstelle geradeaus. Dass Gegenverkehr herrschte, ist nicht ersichtlich.

13

Den Drittwiderbeklagten trifft gleichfalls ein Verschulden; er hat trotz unklarer Verkehrslage zum Überholen angesetzt.

14

Unklar ist eine Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO, wenn nach allen Umständen mit ungefährdendem Überholen nicht gerechnet werden darf; dieses ist zwar noch nicht allein deshalb der Fall, weil ein vorausfahrendes Fahrzeug langsam fährt; jedoch liegt eine unklare Verkehrslage dann vor, wenn sich insgesamt nicht verlässlich beurteilen lässt, was Vorausfahrende sogleich tun werden (vgl. OLG Schleswig NZV 1994, 30, 31).

15

Der Drittwiderbeklagte konnte und musste vor Beginn seines Überholmanövers erkennen, dass vor dem von ihm gelenkten Porsche zwei Fahrzeuge hinter der Kehrmaschine herfuhren, ohne diese zu überholen, obgleich ihre Fahrtgeschwindigkeit nur ca. 20 km/h betrug, obgleich die Sichtverhältnisse gut waren, die Straße geradeaus verlief, kein Überholverbot bestand und kein Gegenverkehr herrschte. Soweit der Drittbeklagte nach seiner Einlassung nicht erkannte, dass der Zeuge den Fahrtrichtungsanzeiger nach links gesetzt hatte, hätte er zumindest durch das Fahrverhalten der zwischen ihm und der Kehrmaschine befindlichen Fahrzeuge darauf schließen müssen, dass deren Fahrer ein Überholen aus bestimmten Gründen für untunlich hielten.

16

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile führt zu einer Haftungsquote von 50 % zu 50 %; die Anteile der beiden beteiligten Fahrzeugführer und Fahrzeuge am Zustandekommen des Unfalls wiegen gleich schwer:

17

Dem Zeugen oblagen besondere Sorgfaltspflichten bei der Durchführung des Abbiegemanövers (zweite Rückschau und Ausschluss der Gefährdung anderer); der Drittwiderbeklagte durfte in der konkreten Situation nicht überholen (unklare Verkehrslage und damit ein Überholverbot), zudem hätte er nach den Ausführungen des Sachverständigen auch noch während des rechtswidrig begonnenen Überholmanövers den Fahrtrichtungsanzeiger der Kehrmaschine erkennen und bremsen können.

18

Die Betriebsgefahren der Fahrzeuge wiegen ebenfalls gleich schwer, auf der einen Seite die Größe, das Gewicht und die damit einhergehende Schwierigkeit der Beherrschung der Kehrmaschine, auf der anderen Seite die erhebliche Motorleistung des Porsche mit der beim Überholvorgang erheblich gesteigerten Beschleunigung (s. zu der Haftungsquote die ähnlichen Sachverhaltskonstellationen KG VRS 62, 95, 97; OLG Celle, OLG Report 2003, 39).

19

Beim Nutzungsausfall ist eine differenzierte Betrachtung sachgerecht:

20

Für den Ausfall eines gewerblichen Fahrzeugs, das unmittelbar der Gewinnerzielung dient (Beispiel Taxi, LKW, Traktor), ist ein Nutzungsausfallschaden nur anhand einer konkreten Berechnung anzuerkennen. Wird ein gewerblich genutztes Fahrzeug dagegen nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung eingesetzt (Beispiel Direktionswagen), muss ein Nutzungsausfall auch abstrakt bzw. pauschaliert geltend gemacht werden können.

21

Diese Sichtweise ist mit der Entscheidung des Großen Senats vom 09. Juli 1986 (BGH GSZ, NJW 1987, 50) vereinbar: Dieser hat die Anerkennung des Nutzungsausfalls von privaten Fahrzeugen u. a. damit begründet, dass „für den privaten Benutzer sein Kfz nicht nur oft der gewichtigste Bestandteil seines Vermögens, sondern die Einsatzfähigkeit des Fahrzeugs häufig die (!) Grundlage für die Wirtschaftlichkeit seiner hierauf zugeschnittenen Lebenshaltung ist, insbesondere wenn er als Berufstätiger auf das Kfz angewiesen ist“. Wirtschaftliche Aspekte überwiegen beim Erwerb und Unterhalt eines, teilweise gewerblich genutzten, Fahrzeugs sogar noch; weshalb dieser Vermögensposition, auch wenn sie nicht unmittelbar der Gewinnerzielung dient und ihre Nichtbenutzbarkeit deshalb zu keinem Schaden im Sinne von § 252 BGB führt, schadensrechtlich die Anerkennung entzogen werden soll, erschließt sich nicht. Das Interesse des privaten Autobenutzers an der ständigen Zugriffsmöglichkeit ist mit dem des Gewerbebetriebes/Inhabers an Mobilität durchaus vergleichbar. Wenn darüber hinaus, mit der Auswahl des Fahrzeugs, ein über die Mobilität hinausgehender Aspekt verbunden wird, insbesondere durch die Verwendung eines repräsentativen Wagens, dann entzieht sich dieser Gesichtspunkt einer rechtlichen Beurteilung und muss daher als autonome Entscheidung des Eigentümers hingenommen werden. Der Sinn oder Unsinn einer solchen Entscheidung verschließt sich einer rechtlichen Bewertung genauso wie die Frage, ob ein privater Autobenutzer „überhaupt ein Auto braucht“, und ist für die Frage des Schadensersatzes daher unerheblich.

22

Mithin ist bei dem gewerblich genutzten Porsche, der nur mittelbar der Gewinnerzielung dient, bei dessen Nutzungsausfall eine pauschale Entschädigung zu gewähren (vgl. OLG Düsseldorf, zsf 2001, 546; BGH NJW 1985, 2471). Eine solche Entscheidung steht nicht in Widerspruch zu anderen Entscheidungen der Obergerichte, weil es in deren Entscheidungen um den Ausfall eines Traktors bzw. einer Zugmaschine ging, die unmittelbar der Gewinnerzielung dienten.

23

Aus der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch/Seifert/Splitter folgt eine Nutzungsausfallpauschale von 179,00 DM/Tag; die Anwendung der Tabelle ist auch für die gewerbliche Nutzung von Pkws angemessen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).

24

Nach dem von der Klägerin eingereichten Schreiben der Reparaturwerkstatt war diese in der Zeit zwischen Auftragserteilung und Reparaturbeginn mit der Teileorder, der Bestellung eines Miet-Richtsatzes sowie der Terminierung der Karosseriewerkstatt beschäftigt, weshalb sie erst am 02. August 2001 mit der Arbeit beginnen konnte.

25

Eine Zurechnung gemäß §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Reparaturwerkstatt nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist, weil sie nicht in Erfüllung einer dem Schädiger gegenüber bestehenden Verbindlichkeit tätig wird; sie wird nicht in erster Linie in Erfüllung von Obliegenheiten zur Schadensminderung, sondern zur Beseitigung des Schadens zugezogen.

26

Der Klägerin fällt auch kein eigenes Verschulden zur Last. Eine Verzögerung des Arbeitsbeginns fällt nach der Ablieferung des Fahrzeugs ausschließlich in den Machtbereich der Werkstatt und liegt außerhalb des Einflussbereichs der Klägerin; diese darf darauf vertrauen, dass die Werkstatt den Auftrag pflichtgemäß und ohne Verzögerung ausführen wird. Eine Überwachungspflicht der Klägerin mit dem Inhalt, für eine schnellstmögliche Ausführung des Auftrags sorgen zu müssen, besteht generell nicht und erst recht nicht im Verhältnis zur Beklagten.

27

Für den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Reparatur und der Rechnungsstellung gilt gleiches entsprechend.

28

Die Klägerin musste den Porsche auch nicht von sich aus früher von der Werkstatt abholen. Sie hatte schon keinen Anspruch auf Herausgabe des Porsche, weil das aus dem Werkvertrag resultierende Recht zum Besitz des Werkstattinhabers bis zur Bezahlung der Werklohnforderung fortbesteht und gem. § 647 BGB durch das Unternehmerpfandrecht geschützt ist.

29

Aus dem von der Klägerin eingereichten Schreiben der Reparaturwerkstatt folgt zudem, dass sich die Rechnungsstellung deshalb verzögerte, weil die Fremdrechnungen für die Richtsatzmiete und Lackierung abgewartet worden waren; zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Arbeiten am 21. August 2001 war der Umfang der Werklohnforderung mithin noch nicht exakt bezifferbar. Dies machte eine Bezahlung durch die Klägerin mit der Folge des Erlöschens des Werkunternehmerpfandrechts unmöglich. Zwar mag diese Verzögerung durch den Werkstattinhaber verschuldet sein, und hierfür spricht in der Tat einiges, insbesondere hätte er die Fremdrechnungen schon früher anfordern können; an der Tatsache, dass ihm zum Zeitpunkt der Fertigstellung ein Pfandrecht und damit ein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 Abs. 1 BGB zustand, ändert dieser Vorwurf hingegen nichts. Die Klägerin hätte daher den Wagen gar nicht früher herausverlangen können. Für eine Handlung, die rechtlich nicht durchsetzbar ist, kann ihr im Falle des Unterlassens kein Verschuldensvorwurf gemacht werden. Dass eine Nachfrage der Klägerin zu einer früheren Herausgabe des Wagens geführt hätte, ist nicht gesichert.

30

Im Übrigen konnte die Klägerin auch darauf vertrauen, dass sie den Porsche so schnell als möglich wiedererlangen würde, also mit Fertigstellung, weil es auch im Interesse des Werkunternehmers liegt, die Werklohnforderung durch Abnahme des Werkes gem. § 641 Abs. 1 BGB fällig werden zu lassen.

31

Die Klägerin hat mithin einen Anspruch auf Nutzungsersatz vom 18. Juli bis einschließlich 26. August 2001 (40 Tage), bei 179,00 DM/Tag.

32

Der von der Klägerin geltend gemachte merkantile Minderwert in Höhe von 1.533,88 € ist berechtigt. Der Wiederbeschaffungswert zum Zeitpunkt des Unfalls betrug 59.310,00 €. Die Reparaturkosten betrugen 14.171,64 € (27.717,32 DM), das sind rund 23 % des Wiederbeschaffungswertes. Zur Zeit des Unfalls befand sich der Porsche im zweiten Zulassungsjahr und war 25.145 km gelaufen.

33

Die Klägerin hat die Kaskoselbstbeteiligung in Höhe von 332,34 € (= 650,00 DM) belegt.

34

Ein Ersatz für die Mehrbelastung mit erhöhten Haftpflichtversicherungsprämien ist ausgeschlossen.

35

Die Rückstufung in der Haftpflichtversicherung beruht nicht auf der Tatsache, dass der durch die Klägerin versicherte Porsche durch einen anderen Verkehrsteilnehmer beschädigt wurde, sondern allein darauf, dass von dem Porsche die Beschädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers ausging. Wenn sich dadurch die Prämie erhöht, kann das nicht dem durch den Versicherungsnehmer Geschädigten, der Beklagten, angelastet werden; denn der Höherstufungsschaden beruht nicht adäquat kausal auf ihrem Fehlverhalten.

36

Der Höherstufungsschaden betreffend die Kaskoversicherung ist ein durch die Beklagte zu erstattender Vermögensfolgeschaden.

37

Die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung durch die Klägerin und die hieraus resultierende Prämienerhöhung beruhten zumindest auch adäquat kausal auf einem der Beklagten zurechenbaren Fehlverhalten. Die Klägerin macht bislang nur für das Jahr 2002 eine Differenz von 192,09 € geltend.

38

Die Widerklage der Beklagten ist nicht begründet; der Anspruch wegen des Schadens an der Kehrmaschine ist durch Aufrechnung erloschen.

39

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug gegen den Schadensersatzanspruch der Beklagten den Einwand der Aufrechnung erhoben und als Gegenforderung auf einen Schadensersatzanspruch wegen unfallbedingter Reparaturkosten für den Porsche in Höhe von 13.662,64 € verwiesen. Das blieb beim Urteil des Landgerichts konsequenterweise unberücksichtigt, weil das Landgericht von einer 100 %igen Haftung des Drittwiderbeklagten und der Klägerin ausging.

40

Die Aufrechnung ist nach dem Vortrag der Klägerin am 11. Januar 2002 durch ihre Haftpflicht- und Kaskoversicherung gegenüber der Beklagten erklärt worden. Die Beklagte hat dem nicht widersprochen.

41

Der Kaskoversicherung der Klägerin stand ein Gegenanspruch in Höhe von 7.085,82 € zu (50 % von den Reparaturkosten des Porsche nach dem Gutachten des Ing.-Büros W. in Höhe von 14.171,64 €, = 27.717,32 DM). Als die Kaskoversicherung der Klägerin 13.662,64 € zur Reparatur an die Klägerin zahlte, ging deren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe der 7.085,82 € gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Kaskoversicherung über.

42

Die erklärte Aufrechnung führte zum Erlöschen des Schadensersatzanspruchs der Beklagten (der ohnehin nur in Höhe von 50 % ersatzfähig war (3.316,71 € = 1.658,36 €)). In der Konsequenz ist der Beklagten auf ihre erstinstanzliche Widerklage hin kein Zahlungsanspruch gegen die Klägerin und den Drittwiderbeklagten zuzuerkennen.

43

Unproblematisch steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Auslagenpauschale in Höhe von 40,00 DM (20,00 €) zu.

44

Unproblematisch steht der Klägerin ein Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.

45

Das Schreiben des Kommunalen Schadensausgleichs Schleswig-Holstein vom 08. August 2001 ist nicht zu Lasten der Beklagten verzugsbegründend, weil sich daraus weder ergibt, dass die Klägerin die Beklagte gemahnt hat, noch dass die Beklagte eine Schadensersatzleistung gegenüber der Klägerin endgültig verweigert hat. Anders ist es mit dem Schreiben vom 13. März 2002, sodass Verzugszinsen seit dem 14. März 2002 zuzuerkennen sind (§ 187 Abs. 1 BGB).

46

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 64/01
Verkündet am:
8. November 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluß eines
Abfindungsvergleichs berät.

b) Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse
sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens
nicht kongruent (im Anschluß an BGH NJW 1997,
256).
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser auf die
mündliche Verhandlung vom 8. November 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagten - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jährige, verheiratete Klägerin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit
dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klägerin ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klägerin vor dem Unfall jemals einen selbständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klägerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klägerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Klägerin und deren Sohn versorgt.
Anfang 1995 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Beklagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50.000 DM. Anschlieûend bemühte sich der Beklagte zu 2 um eine abschlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klägerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Klägerin wegen aller Ersatzansprüche aus dem Scha-
densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 96.000 DM abzüglich bereits bezahlter 50.000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, daû der Klägerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müûte) für abgefunden.
Die Klägerin wirft den Beklagten vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt , daû sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Beklagten hätten ihr den Abschluû des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.
Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Es spreche zwar einiges dafür, daû die Beklagten die Klägerin nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klägerin bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wären.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.

a) Die Klägerin ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.
aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmächtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie über die Vorund Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).
bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die Beklagten dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.
Danach haben die Beklagten zunächst die Erwartungshaltung der Klägerin durch ein Schreiben vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 1] geprägt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klägerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kin-
derbetreuung werde ein gröûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klägerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es möglich erscheinen, daû der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin , Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsgericht hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukturierte Klägerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungsund Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklärungsdefizit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten (dazu Näheres unter b ee).
cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan.


b) Nach dem Vortrag der Klägerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klägerin überhaupt den Abschluû des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Klägerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû.
aa) Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemäû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begründet der bloûe Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Klägerin auch schon
vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäû auch nie getan hätte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klägerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klägerin das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, daû die Klägerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.
bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131).
cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen.
Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM)
und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialämter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zählung]. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Klägerin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.
dd) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klägerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.).
ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Beklagten , als sie der Klägerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Klägerin, die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Klägerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klägerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch später festgehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16. März 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausführen: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûanspruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung]: "Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau ... (Klägerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche aufgrund der vorgenannten Rechtsvor-
schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau ... (Klägerin) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvortrag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gemäû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen."
Selbst wenn die Beklagten im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klägerin könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140).
Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.
ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 ergangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder
eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Versicherung ) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zählung].
2. Hatte die Klägerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfähige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.

a) Allerdings muû sich die Versicherung möglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klägerin, sondern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Beklagten [GA II 85] könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung ]).
Falls danach noch ein Anspruch der Klägerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klägerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klägerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreichenden Vortrag "für einen konkreten Schaden ... erbracht".
Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, für die richterlicher Überzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als ent-
gangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen , mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klägerin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klägerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäûer Beratung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier hätten die Beklagten den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, daû es der Klägerin darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäûer Aufklärung über dessen weittragende Folgen abgeschlossen hätte.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufungsgericht zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klägerin habe zunächst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemäûer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] übersehen.
Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klägerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden , daû die Klägerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klägerin - wenn die Beklagten ihr gesagt hätten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten,
die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen , daû die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Klägerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klägerin offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar , daû die Klägerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klägerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemäû deutlich gemacht hätten , daû wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Klägerin bei pflichtgemäûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ungewissem Ausgang" hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.

III.


Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1
ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob die Klägerin ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 363/11 Verkündet am:
5. Februar 2013
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem
Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht
, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung
eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer
zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.
Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung
der notwendigen Reparatur angefallen wäre.
BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11 - LG Potsdam
AG Luckenwalde
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 10. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter
Galke, den Richter Zoll, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 16. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig den bei einem Verkehrsunfall am 20. Dezember 2009 entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit geltend gemachter Umsatzsteuer, Nutzungsausfallentschädigung und Standkosten.
2
Das Fahrzeug des Klägers war nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit und nicht mehr verkehrssicher. Die Scheiben waren zerbrochen. Es wurde, nachdem es zunächst bis zum 22. Dezember 2009 von der Polizei sichergestellt und untergestellt worden war, in eine Werkstatt geschleppt und dort zur Begutachtung und Schadensfeststellung durch einen Sachverständigen belassen. Der Kläger beauftragte den Sachverständigen am 23. Dezember 2009.
Das vom Sachverständigen erstellte Gutachten erreichte den Kläger am 4. oder 5. Januar 2010. In dem Gutachten wurden Reparaturkosten in Höhe von 9.768,94 € netto zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € kalkuliert. Der Sachverständige bezifferte den Restwert auf 12.600 € und den Wiederbeschaf- fungswert auf 30.000 € (brutto). Der Kläger ließ sein Fahrzeug nicht reparieren, sondern verkaufte es und erwarb unter dem 7. Januar 2010 ein Ersatzfahrzeug zum Kaufpreis von 25.592,44 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 €. Die Beklagte regulierte den Fahrzeugschaden auf der Basis der Nettorepara- turkosten und zahlte für 16 Tage Nutzungsausfall in Höhe von täglich 59 €.
3
Der Kläger hat Zahlung der auf Reparaturkostenbasis kalkulierten Um- satzsteuer (1.856,10 €), restliche Standgebühren in Höhe von 71,39 € und Nut- zungsausfall für weitere 10 Tage in Höhe von 590 € verlangt.
4
Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
6
Der Kläger habe einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich aufgewendeten Umsatzsteuerbeträge seien auch dann erstattungsfähig , wenn keine Umsatzsteuer auf die Reparatur angefallen sei, weil der Geschädigte auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließe der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer zwar nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung sei die Umsatzsteuer aber bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden zu ersetzen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne die Restitution durch Herstellung der beschädigten Sache selbst oder durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache erfolgen. Erforderlich sei lediglich, dass die Umsatzsteuer zur Herstellung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angefallen sei. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Art und Weise der Herstellung enthalte die Vorschrift nicht. Nach der Gesetzesbegründung solle der Geschädigte den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer auch dann nicht verlieren , wenn er das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletze und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wähle, der den geringsten Aufwand erfordere , wenn auch auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfalle. So liege der Fall hier. Der Anspruch sei jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Wahl des wirtschaftlich günstigeren Weges angefallen wäre.
7
Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für weitere zehn Tage, nämlich für den Zeitraum vom 6. bis zum 15. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 590 €. Der Geschädigte, der das Fahrzeug nicht reparieren lasse, sondern auf Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne , könne nur für den Zeitraum eines tatsächlichen Ausfalls Entschädigung verlangen , wenn ein Nutzungswille bestehe. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht fahrbereit und deshalb tatsächlich nicht nutzbar gewesen. Es habe auch ein Nutzungswille bestanden. Insoweit habe sich der Kläger zumindest konkludent die Aussage der Zeugin N. zu Eigen gemacht, wonach ein Kraftfahrzeug benötigt worden sei und sich der Kläger und die Zeugin nur durch Überlassung des Fahrzeugs des Vaters hätten behelfen können. Der Anspruch habe für die im Gutachten angegebene Reparaturdauer, beginnend ab Zugang des Gutach- tens, bestanden. Bei fiktiver Schadensberechnung könne der Geschädigte für die im Gutachten veranschlagte Zeit Nutzungsentschädigung verlangen. Der Kläger habe jedoch zunächst den Zugang des Gutachtens abwarten können, um zu entscheiden, ob er das Fahrzeug reparieren lasse oder Ersatz beschaffe. Für den Zeitraum bis zum Zugang des Gutachtens könne er unabhängig davon, welche Art des Schadensersatzes er am Ende wähle, Entschädigung verlangen. Ausgehend vom Zugang des Gutachtens am Montag, dem 4. Januar 2010, und einer Reparaturdauer von acht Werktagen laut Gutachten stehe ihm eine Nutzungsentschädigung mindestens bis einschließlich 15. Januar 2010 zu (acht Arbeitstage zzgl. Wochenende).
8
Auch die Standgebühren in Höhe von 71,39 € seien zu ersetzen. Die Standgebühren stellten einen unfallbedingten Schaden dar. Der Kläger habe das Fahrzeug, welches nicht mehr fahrbereit gewesen sei und dessen Scheiben zerstört gewesen seien, nicht auf der Straße stehenlassen können, sondern habe es unterstellen müssen. Dabei sei es naheliegend gewesen, das Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen. Dass der Kläger von vornherein nicht vorgehabt hätte, das Fahrzeug reparieren zu lassen, sei Spekulation.

II.

9
Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet.
10
1. Mit Recht bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer.
11
a) Nach der Rechtsprechung des Senats stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines "gleichwertigen" Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht "verdienen" (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 164 f.; vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04, BGHZ 163, 180, 184; vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287 Rn. 6; vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 7).
12
b) Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot hätte sich der Kläger für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen. Allerdings steht es dem Geschädigten frei, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. In diesem Fall kann er aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot die (tatsächlich angefallenen) Kosten der Ersatzbeschaffung nur bis zur Höhe der Reparaturkosten verlangen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderte.
13
c) Damit ist allerdings die Frage, ob der Kläger unter den Umständen des vorliegenden Falls den Ersatz anteiliger Umsatzsteuer verlangen kann, noch nicht beantwortet.
14
Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat.
15
Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen entfällt nach der Absicht des Gesetzgebers die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten. Umsatzsteuer soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt.
16
Fällt dafür allerdings tatsächlich Umsatzsteuer an, so ist diese im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 11 mwN).
17
d) So liegt der Streitfall indes nicht. Hier handelt es sich um eine konkrete Schadensabrechnung auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Zuzüglich zum Kaufpreis in Höhe von 25.592,44 € hat der Kläger darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 € bezahlt. Zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist also tatsächlich Umsatzsteuer angefallen. Zwar ist der tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuerbetrag höher als der, der bei Durchführung der Reparatur angefallen wäre. Der Kläger verlangt aber auch nicht Ersatz dieses höheren Betrages, sondern nur Ersatz der Umsatzsteuer, die bei Durchführung einer Reparatur angefallen wäre (vgl. zu dieser Fallgestaltung z.B. LG Arnsberg, NJW 2011, 158 f.; LG Aschaffenburg, zfs 2011, 563 f.; LG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2010 - 13 S 5/10, juris Rn. 20 ff.; BeckOK BGB/Schubert, Stand: 1. März 2011, § 249 Rn. 242; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 468; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 249 Rn. 26; Jahnke in Burmann/Hess/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 Rn. 267; K. Schneider in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 30. ErgLief., 5. Sachschaden/B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 73; Schiemann/Haug, VersR 2006, 160, 165 f. bei Fn. 53, 54).
18
e) Unter den Umständen des Streitfalls ist dies nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision findet keine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung statt. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/7752 S. 24): "Nach der Neuregelung bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dem von der Rechtsprechung konkretisierten Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern eine andere Art der Wiederherstellung zu wählen und auf der Basis der wirtschaftlich gebotenen Wiederherstellung fiktiv abzurechnen. So kann der Geschädigte nach wie vor etwa eine höherwertige Ersatzsache anschaffen. Er kann auch statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur Ersatz beschaffen oder statt einer wirtschaftlich gebotenen Ersatzbeschaffung eine Reparatur vornehmen. In jedem Fall kann er jedoch wie bisher nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangen. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat. Auch wenn der Geschädigte das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wählt, der den geringeren Aufwand erfordert, so verliert er damit nicht den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfällt. Sein Anspruch ist jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei dem wirtschaftlich günstigeren Weg angefallen wäre: Fällt bei der konkreten Wiederherstellung Umsatzsteuer auf das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (§ 10 Abs. 1 UStG), kann sie bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages verlangt werden, der bei der wirtschaftlich günstigeren Wiederherstellung angefallen wäre, gleichviel, ob bei dieser Abrechnung auf der Basis des wirtschaftlich günstigeren Weges ebenfalls das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung (§ 10 Abs. 1 UStG) oder die Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis (§ 25a UStG) als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird."
19
Im Streitfall war die Reparatur die wirtschaftlich günstigere Wiederherstellung. Deshalb kann der Kläger Ersatz der Umsatzsteuer in der begehrten Höhe verlangen.
20
2. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz weiteren Nutzungsausfallschadens.
21
a) Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger für eine zügige Regulierung des Unfalls unter Berücksichtigung der Weihnachtstage und des Jahreswechsels das Erforderliche getan.
22
Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 BGB Rn. 167 ff. mwN). Die vom Berufungsgericht angenommene Ausfallzeit bis zum 15. Januar 2010 ist angesichts der getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und die Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht Parteivortrag auf, wonach das Ersatzfahrzeug dem Kläger - abweichend von der von ihm behaupteten Ausfallzeit - bereits früher zur Verfügung stand. Dem Vortrag der Beklagten, auf den die Revision verweist, lässt sich auch nicht entnehmen, dass für den Kläger die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen am 23. Dezember 2009 eine ausreichend sichere Beurteilungsgrundlage bildeten, die ihn hätten veranlassen müssen, auch ohne schriftliches Gutachten die Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Reparaturauftrag zu erteilen oder ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen war.
23
b) Dass, wie die Revision geltend macht, der Kläger die Möglichkeit hatte , zur Überbrückung des Fahrzeugausfalls kostenfrei auf das Fahrzeug seines Vaters zuzugreifen, beseitigt den eingetretenen Schaden nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB wird der Schädiger nicht durch eine (freiwillige) Leistung Dritter entlastet, die ihm nach dem Sinn der schadensrechtlichen Vorschriften nicht zugute kommen soll. Dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 - VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120, 1122; vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, VersR 1975, 261, 262; OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 80 f.). Insofern ist die Senatsrechtsprechung, wonach Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug nicht fordern kann, wer (selbst) über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist (Senatsurteil vom 14. Oktober 1975 - VI ZR 255/74, NJW 1976, 286), nicht einschlägig (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, aaO).
24
3. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der restlichen Standkosten.
25
Mit Recht stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass ein nicht mehr fahrbereites Kraftfahrzeug mit zerstörten Scheiben nicht irgendwo auf der Straße abgestellt werden kann, sondern untergestellt werden muss. Das sichere Unterstellen in einer Kfz-Werkstatt ist eine nahe liegende und angemessene Maßnahme. Die dafür anfallenden Kosten sind erstattungsfähig. Dass sie diejenigen übersteigen, die für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit, etwa in einem Parkhaus, angefallen wären, hat die für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch mit der Revision nicht konkret vorgetragen. Entgegen den Ausführungen der Revision ist es nicht Sache des Klägers, insoweit Ermittlungen anzustellen und de- ren Ergebnis vorzutragen. Der Zeitraum des Verbleibs des Fahrzeugs ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts angesichts der Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und der Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr

Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 07.04.2011 - 12 C 414/10 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.11.2011 - 7 S 49/11 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 112/04 Verkündet am:
25. Januar 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung bei einem älteren Kraftfahrzeug
(im Anschluß an das Senatsurteil vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03 - zur Veröffentlichung
in BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - VI ZR 112/04 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. März 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 9. Juli 2001, bei dem sein Pkw, ein 9 1/2 Jahre alter Renault 25 V 6 mit einer Laufleistung von ca. 160.000 km, durch einen niederländischen Lkw beschädigt wurde. Die volle Haftung des Unfallgegners steht dem Grunde nach außer Streit. Der Pkw war nicht mehr fahrbereit. Ein Sachverständiger schätzte die Reparaturkosten auf 2.793,13 € und den Wiederbeschaffungswert auf 2.812,11 €. Der Kläger wies das Regulierungsbüro am 3. August 2001 darauf hin, daß er zur Vorfinanzierung der Reparatur nicht in der Lage sei. Er meldete den Pkw am 29. Oktober 2001 ab. Der Haftpflichtversicherer ersetzte am 15. November 2001 die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten von 2.626,70 €. Als Nutzungsausfallentschädigung erstattete er dem Kläger weitere
601,28 € (14 Tage à 84 DM). Am 26. November 2001 ließ der Kläger ein Ersatzfahrzeug zu. Der Kläger hat eine weitere Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 7.235,29 € verlangt (131 Tage à 117 DM abzüglich gezahlter 601,28 €). Dabei hat er für die Berechnung des Tagessatzes die Tabellen von Sanden/Danner zugrunde gelegt und das Fahrzeug wegen seines Alters um eine Gruppe herabgestuft. Das Landgericht hat den Nutzungsausfall auf der Grundlage der Vorhaltekosten in Höhe von 15,74 € pro Tag ermittelt und unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 30 % dem Kläger weitere 2.058,52 € zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat eine Nutzungsausfallentschädigung von insgesamt 7.175,47 € (130 Tage à 117 DM abzüglich gezahlter 601,28 €) für gerechtfertigt erachtet und der Klage in Höhe weiterer 5.116,95 € stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, auch ein länger andauernder Nutzungsausfall könne auf der Grundlage der Tabellen von Sanden/Danner (jetzt: Sanden/Danner/Küppersbusch) ermittelt werden. Unerheblich sei, ob für diesen Zeitraum normalerweise ein Fahrzeug angemietet worden wäre und ob hierbei gegebenenfalls ein günstigerer Mietzins hätte vereinbart werden können. Dieser Gesichtspunkt betreffe allein die Schadensminderungspflicht, die der Kläger nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts aber nicht verletzt habe. Da er den Versicherer auf seine finanzielle Lage hingewiesen habe, hätte dieser es in der Hand gehabt, zur Abwendung eines größeren Nutzungsausfallschadens einen Vorschuß zu leisten und dadurch den
Kauf eines Ersatzfahrzeugs zu einem früheren Zeitpunkt zu ermöglichen. Der Kläger brauche sich wegen des Alters seines Fahrzeugs auch nicht auf die - eventuell um einen Zuschlag zu erhöhenden - Vorhaltekosten verweisen zu lassen. Insoweit genüge vielmehr eine Herabstufung in der Tabelle um eine Gruppe. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sei schließlich auch nicht durch den Wert des Fahrzeugs begrenzt.

II.

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Revision wendet sich allein gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , daß dem Kläger für das im Unfallzeitpunkt fast zehn Jahre alte Fahrzeug für die Ausfallzeit von 130 Tagen ein Tagessatz von 59,82 € zuzubilligen sei. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Die Ermittlung der Schadenshöhe liegt gemäß § 287 Abs. 1 ZPO im freien tatrichterlichen Ermessen und ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 322, 330 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. 1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß eine Schadensschätzung auf der Grundlage der Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch eine zwar mögliche, aber keine verbindliche Methode der Schadensermittlung ist. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils geht hervor, daß das Berufungsgericht sich seines Ermessens sehr wohl bewußt war. Es hat nämlich im einzelnen dargelegt, weshalb es vorliegend eine Schadensermittlung anhand der Tabellen trotz der wegen der
Dauer des Nutzungsausfalls und des Alters des Fahrzeugs gegebenen Besonderheiten für sachgerecht erachtet. Einer weitergehenden Darlegung bedurfte es nicht. 2. Die Heranziehung der Tabellen läßt vorliegend keinen Rechtsfehler erkennen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Tatrichter auch bei älteren Fahrzeugen nicht gehalten, in jedem Einzelfall bei der Beurteilung der entgangenen Gebrauchsvorteile eine aufwendige Berechnung anzustellen. Vielmehr darf er im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO bei der Schadensschätzung eingeräumten Ermessens aus Gründen der Praktikabilität und der gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle auch bei älteren Fahrzeugen mit den in der Praxis anerkannten Tabellen arbeiten (Senatsurteil vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03 - Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Aus Rechtsgründen ist auch nichts dagegen zu erinnern, daß das Berufungsgericht dem Alter des Fahrzeugs durch eine Herabstufung um eine Gruppe Rechnung getragen hat (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03, Umdruck S. 10). 3. Einer Schadensschätzung auf der Grundlage der Tabellen von Sander /Danner/Küppersbusch steht vorliegend auch nicht die lange Dauer des Nutzungsausfalls entgegen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch insoweit die Grundsätze der Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO nicht verkannt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung nicht etwa schematisch durch den Wert des Fahrzeugs begrenzt ist (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - NJW 1988, 484, 486). Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die Gebrauchsvorteile, die dem Kläger durch die Beschädigung seines Fahrzeugs täglich entgangen sind, während der Zeit des Nutzungsausfalls vermindert hät-
ten. Dafür, daß die Höhe der Ausfallentschädigung letztlich den Wert des Fahrzeugs erheblich übersteigt, ist im vorliegenden Fall nicht der Geschädigte, sondern allein der Schädiger verantwortlich, denn dieser hätte es in der Hand gehabt , den Kläger durch eine schnellere Ersatzleistung oder aber durch Zahlung eines Vorschusses finanziell in die Lage zu versetzen, eine Reparatur oder eine Ersatzbeschaffung zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) ist im Streitfall nicht ersichtlich und wird von der Revision ausdrücklich auch nicht geltend gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 363/11 Verkündet am:
5. Februar 2013
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem
Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht
, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung
eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer
zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.
Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung
der notwendigen Reparatur angefallen wäre.
BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11 - LG Potsdam
AG Luckenwalde
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 10. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter
Galke, den Richter Zoll, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 16. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig den bei einem Verkehrsunfall am 20. Dezember 2009 entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit geltend gemachter Umsatzsteuer, Nutzungsausfallentschädigung und Standkosten.
2
Das Fahrzeug des Klägers war nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit und nicht mehr verkehrssicher. Die Scheiben waren zerbrochen. Es wurde, nachdem es zunächst bis zum 22. Dezember 2009 von der Polizei sichergestellt und untergestellt worden war, in eine Werkstatt geschleppt und dort zur Begutachtung und Schadensfeststellung durch einen Sachverständigen belassen. Der Kläger beauftragte den Sachverständigen am 23. Dezember 2009.
Das vom Sachverständigen erstellte Gutachten erreichte den Kläger am 4. oder 5. Januar 2010. In dem Gutachten wurden Reparaturkosten in Höhe von 9.768,94 € netto zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € kalkuliert. Der Sachverständige bezifferte den Restwert auf 12.600 € und den Wiederbeschaf- fungswert auf 30.000 € (brutto). Der Kläger ließ sein Fahrzeug nicht reparieren, sondern verkaufte es und erwarb unter dem 7. Januar 2010 ein Ersatzfahrzeug zum Kaufpreis von 25.592,44 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 €. Die Beklagte regulierte den Fahrzeugschaden auf der Basis der Nettorepara- turkosten und zahlte für 16 Tage Nutzungsausfall in Höhe von täglich 59 €.
3
Der Kläger hat Zahlung der auf Reparaturkostenbasis kalkulierten Um- satzsteuer (1.856,10 €), restliche Standgebühren in Höhe von 71,39 € und Nut- zungsausfall für weitere 10 Tage in Höhe von 590 € verlangt.
4
Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
6
Der Kläger habe einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich aufgewendeten Umsatzsteuerbeträge seien auch dann erstattungsfähig , wenn keine Umsatzsteuer auf die Reparatur angefallen sei, weil der Geschädigte auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließe der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer zwar nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung sei die Umsatzsteuer aber bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden zu ersetzen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne die Restitution durch Herstellung der beschädigten Sache selbst oder durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache erfolgen. Erforderlich sei lediglich, dass die Umsatzsteuer zur Herstellung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angefallen sei. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Art und Weise der Herstellung enthalte die Vorschrift nicht. Nach der Gesetzesbegründung solle der Geschädigte den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer auch dann nicht verlieren , wenn er das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletze und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wähle, der den geringsten Aufwand erfordere , wenn auch auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfalle. So liege der Fall hier. Der Anspruch sei jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Wahl des wirtschaftlich günstigeren Weges angefallen wäre.
7
Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für weitere zehn Tage, nämlich für den Zeitraum vom 6. bis zum 15. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 590 €. Der Geschädigte, der das Fahrzeug nicht reparieren lasse, sondern auf Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne , könne nur für den Zeitraum eines tatsächlichen Ausfalls Entschädigung verlangen , wenn ein Nutzungswille bestehe. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht fahrbereit und deshalb tatsächlich nicht nutzbar gewesen. Es habe auch ein Nutzungswille bestanden. Insoweit habe sich der Kläger zumindest konkludent die Aussage der Zeugin N. zu Eigen gemacht, wonach ein Kraftfahrzeug benötigt worden sei und sich der Kläger und die Zeugin nur durch Überlassung des Fahrzeugs des Vaters hätten behelfen können. Der Anspruch habe für die im Gutachten angegebene Reparaturdauer, beginnend ab Zugang des Gutach- tens, bestanden. Bei fiktiver Schadensberechnung könne der Geschädigte für die im Gutachten veranschlagte Zeit Nutzungsentschädigung verlangen. Der Kläger habe jedoch zunächst den Zugang des Gutachtens abwarten können, um zu entscheiden, ob er das Fahrzeug reparieren lasse oder Ersatz beschaffe. Für den Zeitraum bis zum Zugang des Gutachtens könne er unabhängig davon, welche Art des Schadensersatzes er am Ende wähle, Entschädigung verlangen. Ausgehend vom Zugang des Gutachtens am Montag, dem 4. Januar 2010, und einer Reparaturdauer von acht Werktagen laut Gutachten stehe ihm eine Nutzungsentschädigung mindestens bis einschließlich 15. Januar 2010 zu (acht Arbeitstage zzgl. Wochenende).
8
Auch die Standgebühren in Höhe von 71,39 € seien zu ersetzen. Die Standgebühren stellten einen unfallbedingten Schaden dar. Der Kläger habe das Fahrzeug, welches nicht mehr fahrbereit gewesen sei und dessen Scheiben zerstört gewesen seien, nicht auf der Straße stehenlassen können, sondern habe es unterstellen müssen. Dabei sei es naheliegend gewesen, das Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen. Dass der Kläger von vornherein nicht vorgehabt hätte, das Fahrzeug reparieren zu lassen, sei Spekulation.

II.

9
Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet.
10
1. Mit Recht bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer.
11
a) Nach der Rechtsprechung des Senats stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines "gleichwertigen" Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht "verdienen" (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 164 f.; vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04, BGHZ 163, 180, 184; vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287 Rn. 6; vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 7).
12
b) Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot hätte sich der Kläger für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen. Allerdings steht es dem Geschädigten frei, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. In diesem Fall kann er aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot die (tatsächlich angefallenen) Kosten der Ersatzbeschaffung nur bis zur Höhe der Reparaturkosten verlangen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderte.
13
c) Damit ist allerdings die Frage, ob der Kläger unter den Umständen des vorliegenden Falls den Ersatz anteiliger Umsatzsteuer verlangen kann, noch nicht beantwortet.
14
Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat.
15
Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen entfällt nach der Absicht des Gesetzgebers die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten. Umsatzsteuer soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt.
16
Fällt dafür allerdings tatsächlich Umsatzsteuer an, so ist diese im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 11 mwN).
17
d) So liegt der Streitfall indes nicht. Hier handelt es sich um eine konkrete Schadensabrechnung auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Zuzüglich zum Kaufpreis in Höhe von 25.592,44 € hat der Kläger darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 € bezahlt. Zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist also tatsächlich Umsatzsteuer angefallen. Zwar ist der tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuerbetrag höher als der, der bei Durchführung der Reparatur angefallen wäre. Der Kläger verlangt aber auch nicht Ersatz dieses höheren Betrages, sondern nur Ersatz der Umsatzsteuer, die bei Durchführung einer Reparatur angefallen wäre (vgl. zu dieser Fallgestaltung z.B. LG Arnsberg, NJW 2011, 158 f.; LG Aschaffenburg, zfs 2011, 563 f.; LG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2010 - 13 S 5/10, juris Rn. 20 ff.; BeckOK BGB/Schubert, Stand: 1. März 2011, § 249 Rn. 242; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 468; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 249 Rn. 26; Jahnke in Burmann/Hess/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 Rn. 267; K. Schneider in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 30. ErgLief., 5. Sachschaden/B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 73; Schiemann/Haug, VersR 2006, 160, 165 f. bei Fn. 53, 54).
18
e) Unter den Umständen des Streitfalls ist dies nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision findet keine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung statt. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/7752 S. 24): "Nach der Neuregelung bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dem von der Rechtsprechung konkretisierten Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern eine andere Art der Wiederherstellung zu wählen und auf der Basis der wirtschaftlich gebotenen Wiederherstellung fiktiv abzurechnen. So kann der Geschädigte nach wie vor etwa eine höherwertige Ersatzsache anschaffen. Er kann auch statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur Ersatz beschaffen oder statt einer wirtschaftlich gebotenen Ersatzbeschaffung eine Reparatur vornehmen. In jedem Fall kann er jedoch wie bisher nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangen. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat. Auch wenn der Geschädigte das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wählt, der den geringeren Aufwand erfordert, so verliert er damit nicht den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfällt. Sein Anspruch ist jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei dem wirtschaftlich günstigeren Weg angefallen wäre: Fällt bei der konkreten Wiederherstellung Umsatzsteuer auf das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (§ 10 Abs. 1 UStG), kann sie bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages verlangt werden, der bei der wirtschaftlich günstigeren Wiederherstellung angefallen wäre, gleichviel, ob bei dieser Abrechnung auf der Basis des wirtschaftlich günstigeren Weges ebenfalls das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung (§ 10 Abs. 1 UStG) oder die Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis (§ 25a UStG) als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird."
19
Im Streitfall war die Reparatur die wirtschaftlich günstigere Wiederherstellung. Deshalb kann der Kläger Ersatz der Umsatzsteuer in der begehrten Höhe verlangen.
20
2. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz weiteren Nutzungsausfallschadens.
21
a) Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger für eine zügige Regulierung des Unfalls unter Berücksichtigung der Weihnachtstage und des Jahreswechsels das Erforderliche getan.
22
Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 BGB Rn. 167 ff. mwN). Die vom Berufungsgericht angenommene Ausfallzeit bis zum 15. Januar 2010 ist angesichts der getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und die Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht Parteivortrag auf, wonach das Ersatzfahrzeug dem Kläger - abweichend von der von ihm behaupteten Ausfallzeit - bereits früher zur Verfügung stand. Dem Vortrag der Beklagten, auf den die Revision verweist, lässt sich auch nicht entnehmen, dass für den Kläger die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen am 23. Dezember 2009 eine ausreichend sichere Beurteilungsgrundlage bildeten, die ihn hätten veranlassen müssen, auch ohne schriftliches Gutachten die Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Reparaturauftrag zu erteilen oder ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen war.
23
b) Dass, wie die Revision geltend macht, der Kläger die Möglichkeit hatte , zur Überbrückung des Fahrzeugausfalls kostenfrei auf das Fahrzeug seines Vaters zuzugreifen, beseitigt den eingetretenen Schaden nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB wird der Schädiger nicht durch eine (freiwillige) Leistung Dritter entlastet, die ihm nach dem Sinn der schadensrechtlichen Vorschriften nicht zugute kommen soll. Dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 - VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120, 1122; vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, VersR 1975, 261, 262; OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 80 f.). Insofern ist die Senatsrechtsprechung, wonach Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug nicht fordern kann, wer (selbst) über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist (Senatsurteil vom 14. Oktober 1975 - VI ZR 255/74, NJW 1976, 286), nicht einschlägig (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, aaO).
24
3. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der restlichen Standkosten.
25
Mit Recht stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass ein nicht mehr fahrbereites Kraftfahrzeug mit zerstörten Scheiben nicht irgendwo auf der Straße abgestellt werden kann, sondern untergestellt werden muss. Das sichere Unterstellen in einer Kfz-Werkstatt ist eine nahe liegende und angemessene Maßnahme. Die dafür anfallenden Kosten sind erstattungsfähig. Dass sie diejenigen übersteigen, die für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit, etwa in einem Parkhaus, angefallen wären, hat die für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch mit der Revision nicht konkret vorgetragen. Entgegen den Ausführungen der Revision ist es nicht Sache des Klägers, insoweit Ermittlungen anzustellen und de- ren Ergebnis vorzutragen. Der Zeitraum des Verbleibs des Fahrzeugs ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts angesichts der Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und der Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr

Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 07.04.2011 - 12 C 414/10 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.11.2011 - 7 S 49/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 116/06
Verkündet am:
11. Januar 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 D; § 254 Cb, Dc
Zum (hier verneinten) Mitverschulden eines Bauherrn, der es unterlassen
hat, die Bauaufsichtsbehörde nach Rücknahme einer bestandskräftigen
Baugenehmigung auf ihm günstige Stellungnahmen der übergeordneten Behörde
hinzuweisen.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 116/06 - OLG Koblenz
LG Trier
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, mit Ausnahme der Entscheidung über die Zinsmehrforderung.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 31. Mai 2005 weiter abgeändert.
Der beklagte Landkreis wird verurteilt, an die Klägerin insgesamt 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Januar 2005 zu zahlen.
Wegen der Zinsmehrforderung bleibt die Klage abgewiesen und werden die Rechtsmittel der Klägerin zurückgewiesen.
Der beklagte Landkreis hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin war kraft abgetretenen Rechts Inhaberin von bestandskräftigen Baugenehmigungen des beklagten Landkreises für die Errichtung von drei Photovoltaikmodulträgern an drei Windkraftanlagen. Einer ihrer Rechtsvorgängerinnen lagen außerdem eine Stellungnahme der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord des Landes Rheinland-Pfalz, der übergeordneten Behörde des beklagten Landkreises, vom 5. September 2002 und ein eine andere Anlage betreffender Feststellungsbescheid nach § 15 Abs. 2 BImSchG vom 2. September 2004 vor, in denen bestätigt wurde, dass die Errichtung eines Photovoltaikmodulträgers keiner Genehmigung nach § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bedürfe. Zur Realisierung des Projekts schloss die Klägerin Verträge mit verschiedenen Unternehmen, darunter am 30. August 2004 einen solchen mit der Firma A. Elektrotechnik GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma A. ). In diesem Vertrag war unter anderem vereinbart: § 6 Rücktrittsrecht Im Bereich des benannten Vorhabens haben diverse rechtliche Hindernisse zu Verzögerungen bei der Ausführung der existenten WKA [Windkraftanlage] geführt. Auch Nachbarschaftseinwendungen sind möglich. Daher werden in dieser Frage und der damit einhergehend möglichen Kostenrisiken präventiv folgende Regelungen getroffen. 1. … 2. Im Falle behördlicher Eingriffe in die Genehmigung oder erschwerter behördlicher Auflagen hinsichtlich der Bauausführung hat der DL [Firma A. ] zwischen der Baubeginnsanzeige durch den BH [die Klägerin] bis zum Baubeginn der Modulträger das Recht, mit sofortiger Wirkung vom Vertrag zurückzutreten, wenn Erkenntnisse oder Ereignisse die Umsetzung verzögern oder zu verzögern drohen. Der DL hat eine Klärung über den Rechtsweg nicht abzuwarten, da dessen Ausgang ungewiss und zeitlich unbestimmt ist. 3. Im Falle des Rücktrittes des DL gemäß § 6 Abs. 2 ist der BH zu einem pauschalen Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 Euro verpflichtet, der die entgangene Auftragsannahme durch den DL in Erwartung der hindernisfreien Ausführung der rechtskräftigen Baugenehmigung des hier gegenständlichen Vorhabens eingeplant hat und in der Folge auf die Auftragsannahme dritter Projekte im Jahresendgeschäft verzichtet hat.
2
Am 10. September 2004 zeigte die Klägerin dem Beklagten den Baubeginn zum 24. September 2004 an. Mit Bescheid vom 21. September 2004 hob der Beklagte die Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Photovoltaikmodulträgern mit der Begründung auf, beim Anbringen dieser Modulträger an die Türme der jeweiligen Windkraftanlagen handele es sich um wesentliche Bestandteile einer insgesamt nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftigen Anlage.
3
Die Klägerin legte am nächsten Tage Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und unterrichtete zugleich die Firma A. von der Aufhebung der Baugenehmigung. Die Firma A. erklärte daraufhin mit Schreiben vom 22. September 2004 wegen der Aufhebung der Baugenehmigung und der daraus resultierenden Planungsunsicherheiten den Rücktritt vom Vertrag und behielt sich die Rechte aus dessen § 6 vor. Im Laufe des Monats Oktober zahlte die Klägerin an die Firma A. den vereinbarten Pauschalbetrag von 10.000 €. Mit Bescheid vom 3. November 2004 hob der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 21. September 2004 wieder auf. In der Begründung führte er unter anderem aus, dass ihm die beiden Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 5. September 2002 und vom 2. September 2004 nicht bekannt gewesen seien. Hätte die Klägerin diese Schreiben sofort nach Erhalt der Aufhebungsbescheide bzw. mit Einlegung der Widersprüche eingereicht, wäre der Beklagte in die Lage versetzt worden, bereits viel früher den Fortbestand der Aufhebungen vom 21. September 2004 zu überdenken.
4
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung auf Ersatz der an die Firma A. geleisteten Schadenspauschale in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klageabweisung wegen eines hälftigen Mitverschuldens der Klägerin bestätigt. Mit der zu ihren Gunsten zur Klärung der Mitverschuldensfrage zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung des Beklagten in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe


5
Das Berufungsgericht hat die ausschließlich zugunsten der Klägerin zugelassene Revision auf die Frage einer Anspruchsminderung wegen mitwirkenden Verschuldens beschränkt. Diese Beschränkung ist wirksam, weil sich vorliegend der Einwand des Mitverschuldens (unterlassene Unterrichtung des Landkreises und der Firma A. ) vom Grund der Haftung (Aufhebung der Baugenehmigung ) trennen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2001 - I ZR 264/99 = NJW-RR 2002, 1148 f und vom 30. September 1980 - VII ZR 213/79 = NJW 1981, 887 f). Damit ist der Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen den beklagten Landkreis dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt; es geht nur noch um eine etwaige, der Klägerin anzulastende Minderung der Anspruchshöhe.

6
In der Sache hat die Revision im Wesentlichen Erfolg. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der Klägerin mitgewirkt habe (§ 254 Abs. 1 BGB), hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Die Frage, ob und inwieweit im Sinne von § 254 BGB einerseits die Amtspflichtverletzung des Beklagten und andererseits das Verhalten der Klägerin den Schaden verursacht haben, ist in Anwendung des § 287 ZPO zu beurteilen (BGHZ 121, 210, 214). Die hiernach vorzunehmende Abwägung der Verantwortlichkeiten von Schädiger und Geschädigtem gehört in den Bereich der tatrichterlichen Würdigung; sie ist deshalb mit der Revision nur begrenzt angreifbar. Das Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (BGH, Urteile vom 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87 = VersR 1988, 1238, 1239 und vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04 = NJW 2006, 896, 897, jeweils m.zahlr.w.N.).
8
2. Vom rechtlichen Ansatzpunkt zutreffend zieht das Berufungsgericht hier eine Obliegenheit der Klägerin in Betracht, den Beklagten über die Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 5. September 2002 und vom 2. September 2004 zu unterrichten.
9
a) Der Senat hat bereits mit Urteil vom 28. Oktober 1963 (III ZR 153/62 = NJW 1964, 195, 196) ausgesprochen, ebenso wie der Beamte als "Helfer des Staatsbürgers" dem von ihm betreuten Personenkreis durch Belehrung und Aufklärung im Rahmen des Möglichen und Zulässigen behilflich sein solle, was er zu erreichen wünsche, zu erreichen, so sei auch der Staatsbürger im Inte- resse eines gedeihlichen Zusammenlebens aller gehalten, im Rahmen des Zumutbaren das Seine zur Vermeidung von Schwierigkeiten zu tun.
10
Eine b) Anspruchsminderung wegen mitwirkenden Verschuldens aufgrund der nicht rechtzeitigen Erfüllung dieser Informationsobliegenheit hätte indessen vorausgesetzt, dass die Klägerin insoweit schuldhaft gehandelt hätte und dass der Schaden bei rechtzeitiger Unterrichtung der Behörde vermieden oder gemindert worden wäre.
11
aa) Insoweit weist die Revision mit Recht darauf hin, dass der Klägerin eine ausreichende Frist eingeräumt werden musste, um Überlegungen darüber anzustellen, welche Maßnahmen zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung , insbesondere zur Begründung des bereits am 22. September 2004 eingelegten Widerspruchs gegen den Rücknahmebescheid vom 21. September 2004, ergriffen werden mussten. Über die Dauer einer derartigen, der Klägerin zuzubilligenden Überlegungsfrist trifft das Berufungsgericht keine Feststellungen ; solche sind auch nicht mehr zu erwarten. Keinesfalls war die Klägerin, wie das Berufungsgericht anscheinend meint, verpflichtet, auf die Schreiben und deren Inhalt bereits bei Einlegung des Widerspruchs vom 22. September 2004 hinzuweisen; die Überlegungsfrist war - auch unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit der Sache angesichts des geplanten Baubeginns am 24. September 2004 - auf zumindest mehrere Tage zu bemessen. Hierbei kann insbesondere auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte die Klägerin vor dem Erlass des Bescheids vom 21. September 2004 nicht einmal - wie geboten (vgl. § 28 Abs. 1 VwVfG) - angehört und sich damit selbst der Chance begeben hatte , von der Klägerin bereits im Vorfeld der zu treffenden Entscheidung über die Rechtsauffassung der übergeordneten Behörde unterrichtet zu werden.
12
bb) Deswegen ist nicht erkennbar, dass die Klägerin bei Ausschöpfung dieser Überlegungsfrist ihre Vertragspartnerin, die Firma A. , von einem Rücktritt hätte abhalten können. Die vertraglichen Voraussetzungen für den Rücktritt der A. und die daraus resultierende Schadensersatzpflicht der Klägerin nach § 6 Abs. 2 und 3 des Vertrags lagen vor.
13
3. Dementsprechend kommt als weiterer - vom Berufungsgericht auch so gesehener - Anknüpfungspunkt für ein Mitverschulden noch in Betracht, dass die Klägerin nicht versucht hat, die Firma A. von dem Rücktritt vom Vertrag abzuhalten bzw. zu einer Rücknahme dieser Maßnahme zu bewegen. Aufgrund der Aussage des Geschäftsführers der Firma A. in der Beweisaufnahme vermochte das Berufungsgericht indessen nicht festzustellen, dass die Klägerin damit Erfolg gehabt hätte. Das Berufungsgericht hält es lediglich für möglich, dass die Firma A. mit dem Rücktritt noch zugewartet hätte. Diese bloße Hypothese reicht indessen für eine richterliche Überzeugungsbildung, auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen des § 287 ZPO, nicht aus.
14
4. Für ein Mitverschulden der Klägerin und dessen Ursächlichkeit bei der Entstehung des Schadens ist der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 91, 243, 260; BGH, Urteil vom 26. Mai 1994 - IX ZR 39/93 = NJW 1994, 3103, 3105; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, Vorbem. zu §§ 249 ff Rn. 91; MünchKomm/Oetker, BGB 4. Aufl [2003] § 254 Rn. 145, jeweils m.w.N.). Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen. Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten. Die Sache ist daher im Sinne einer vollen Haftung des Beklagten entscheidungsreif, ohne dass es einer Zurückverweisung bedarf.
15
5. Die Revision wendet sich auch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Kürzung des von der Klägerin geltend gemachten Zinsanspruchs. Insoweit handelt es sich jedoch um einen selbständigen Teil des Streitgegenstandes , der von der Revisionszulassung nicht erfasst wird. Schon aus diesem Grunde hatte es bei der Abweisung der Zinsmehrforderung zu verbleiben.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Trier, Entscheidung vom 31.05.2005 - 11 O 440/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.04.2006 - 1 U 749/05 -

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig.

(2) In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags.

(3) Hat der Auftraggeber die Vergütung gezahlt, ohne die Berechnung erhalten zu haben, kann er die Mitteilung der Berechnung noch fordern, solange der Rechtsanwalt zur Aufbewahrung der Handakten verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 63/10
Verkündet am:
22. März 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 24a; RVG VV Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1
Zur Berechnung eines Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auf Freistellung
von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, wenn der Schädiger
die in einem anschließenden, denselben Gegenstand betreffenden einstweiligen
Verfügungsverfahren angefallene Verfahrensgebühr bereits ausgeglichen
hat.
BGH, Urteil vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 15. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke,
die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 24. Februar 2010 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 37 %, die Beklagte 63 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte die Erstattung restlichen Anwaltshonorars geltend.
2
Am 26. März 2008 erschien in der Printausgabe und in dem OnlineAngebot der von der Beklagten verlegten taz ein Artikel, der aus Sicht des Klägers drei unwahre Tatsachenbehauptungen über seine Organisation enthielt. Der Kläger beauftragte daher am 27. März 2008 seinen Rechtsanwalt und späteren instanzgerichtlichen Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen be- züglich dieser drei Behauptungen. Mit Schreiben vom 1. April 2008 übermittelte der Anwalt des Klägers der Beklagten eine entsprechende, auf den 31. März 2008 datierte Gegendarstellung zu den drei beanstandeten Behauptungen und forderte die Beklagte auf, diese bis 4. April 2008 zu veröffentlichen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte veröffentlichte bereits am 1. April 2008 in der Online-Ausgabe und am 3. April 2008 in der Printausgabe ihrer Zeitung eine "Berichtigung", in der ihre ursprüngliche Berichterstattung vom 26. März 2008 in zwei der drei strittigen Punkte richtiggestellt wurde. Daraufhin leitete der Anwalt des Klägers mit Schreiben vom 10. April 2008 der Beklagten ein erneutes Gegendarstellungsverlangen hinsichtlich der einen verbliebenen Behauptung zu mit der Aufforderung zur Veröffentlichung. Nach Weigerung der Beklagten erwirkte der Kläger beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung, durch die die Beklagte zum Abdruck der Gegendarstellung verpflichtet wurde. Diese einstweilige Verfügung wurde durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Berlin bestätigt. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurde diesbezüglich eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 12.000 € festgesetzt.
3
Daneben erwirkte der Kläger beim Landgericht München I eine einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten eine Wiederholung der verbliebenen Behauptung untersagt wurde. Im dortigen Kostenfestsetzungsverfahren wurde eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 8.000 € festgesetzt. Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 und 9. Juli 2008 forderte der Anwalt des Klägers die Beklagte auf, die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I als endgültige Regelung anzuerkennen. Die Beklagte kam dieser Forderung mit (Abschluss-)Schreiben vom 17. Juli 2008 nach.
4
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 3.668,76 € geltend. Eine entsprechende Rechnungsstellung an den Kläger ist bisher noch nicht erfolgt. Das Amtsgericht hat der ursprünglichen Zahlungsklage zunächst im Wege eines Teilversäumnisurteils in Höhe von 2.831,24 € stattgegeben und sie im Übrigen im Wege eines Endurteils abgewiesen. Auf den Einspruch der Beklagten hat es das Teilversäumnisurteil aufrechterhalten. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landgericht die Endurteile des Amtsgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger von Honoraransprüchen seines Rechtsanwalts in Höhe von 1.812,54 € freizustellen. Im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Freistellungsbegehren in Höhe von weiteren 1.060,30 € und die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger könne - solange sein Anwalt den Vergütungsanspruch noch nicht in Rechnung gestellt habe - diesen Anspruch nicht im Wege einer Zahlungsklage, sondern im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG lediglich im Wege einer Freistellungsklage geltend machen. Was die Berechnung der Anwaltsgebühren anbelangt, hat das Berufungsgericht das Tätigwerden des Klägervertreters im Zusammenhang mit der (dreigliedrigen) Gegendarstellung vom 31. März 2008, der (eingliedrigen) Gegendarstellung vom 10. April 2008 und dem Unterlassungsbegehren als dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG behandelt, deren Wert sich aus den einzelnen Gegenstandswerten für die dreigliedrige Gegendarstellung in Höhe von 25.000 €, die eingliedrige Gegendarstellung in Höhe von 12.000 € und die Abmahnung in Bezug auf die (dreigliedrige) Unterlassungsverpflichtung in Höhe von 25.000 € zusammensetze. Aus dem sich hieraus errechnenden Gegenstandswert in Höhe von insgesamt 62.000 € ergebe sich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr in Höhe von 1.459,90 €. Zusammen mit einer Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und der Umsatzsteuer in Höhe von 281,18 € errechne sich ein Betrag von insgesamt 1.761,08 €. Auf diese Gebühr seien die in den einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Berlin und dem Landgericht München I festgesetzten Verfahrensgebühren entsprechend der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG anzurechnen. Dabei sei die Geschäftsgebühr im vorliegenden Verfahren in der Höhe zu kürzen, in der sie in den einstweiligen Verfügungsverfahren auf die dort festgesetzten Verfahrensgebühren hätte angerechnet werden können. Im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Berlin betreffend die verbliebene Gegendarstellung sei eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 12.000 €, mithin 683,80 € festgesetzt worden. In Höhe von 341,90 € hätte deshalb die Geschäftsgebühr in diesem Verfahren auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden können. Im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht München I betreffend den (verbliebenen) Unterlassungsanspruch sei eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 8.000 € festgesetzt worden, mithin 535,60 €. In Höhe von 267,80 € hätte deshalb die Geschäftsgebühr in diesem Verfahren auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden können. Der Kläger müsse sich somit insgesamt 609,70 € der bereits gezahlten Verfahrensgebühren auf die offene Geschäftsgebühr anrechnen lassen, so dass er von der Beklagten noch 1.151,38 € erstattet verlangen könne. Eine selbständige Angelegenheit bilde allerdings das Tätigwerden des Klägervertreters zur Erlangung der Abschlusserklärung nach dem gerichtlichen Unterlassungsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz. Der Kläger könne daher von der Beklagten zusätzlich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr , die für die Tätigkeit angemessen sei, aus einem Streitwert von 8.000 € in Höhe von 535,60 € verlangen nebst 20 € Auslagenpauschale und einer 19%igen Umsatzsteuer in Höhe von 105,56 €, in der Summe also 661,16 €. Insgesamt habe der Kläger mithin einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.812,54 €.

II.

6
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Parteien haben keinen Erfolg.
A. Zur Revision des Klägers
7
Die Revision des Klägers greift das Berufungsurteil lediglich insoweit an, als das Berufungsgericht die mit der Aufforderung zur drei- und eingliedrigen Gegendarstellung und mit der dreigliedrigen Abmahnung angefallene Geschäftsgebühr um den Betrag gekürzt hat (341,90 €), in dem sie in dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin auf die Verfahrensgebühr hätte angerechnet werden müssen und soweit es die zweite (eingliedrige) Gegendarstellung vom 10. April 2008 nicht als eine gegenüber der ersten (mehrgliedrigen) Gegendarstellung vom 31. März 2008 neue selbständige Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 1 RVG behandelt hat. Beide Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
8
1. Die Bemessung der Höhe des vorliegenden Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt , wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 154; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 18; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, NJW 2010, 3035 Rn. 13 und vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, WRP 2011, 353 Rn. 10, jeweils mwN). Derartige Rechtsfehler sind vorliegend - entgegen der Auffassung der Revision des Klägers - nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat insbesondere nicht gegen Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verstoßen.
9
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgebenden Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO Rn. 20; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO Rn. 14 und vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10 aaO Rn. 11 jeweils mwN). Diese Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht beachtet.
10
b) Es begegnet keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Gegendarstellung , zu der der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte erfolglos mit Schreiben vom 10. April 2008 aufforderte und deretwegen er später die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin erwirkte, als "de(n)selben Gegenstand" (Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG) innerhalb "derselben Angelegenheit" (§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG) angesehen hat.
11
aa) Entgegen der Auffassung der Revision des Klägers handelt es sich dabei nicht um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 RVG. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beauftragte der Kläger am 27. März 2008 seinen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs - und Richtigstellungsansprüchen hinsichtlich der drei beanstandeten Behauptungen. Soweit die Revision des Klägers nunmehr geltend macht, der Auftrag sei zunächst "vor allem" auf die Anfertigung einer Gegendarstellung gerichtet gewesen, nicht aber deren Zuleitung an die Beklagte bzw. deren prozessuale Durchsetzung, steht dies nicht im Einklang mit den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Kläger seinen Anwalt mit der "Geltendmachung" von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen beauftragt hat. Übergangenes Vorbringen des Klägers zeigt seine Revision hierzu nicht auf. Dann aber durfte das Berufungsgericht unter einer "Geltendmachung" des Gegendarstellungsanspruchs im weiteren Sinne ohne Rechtsfehler auch dessen spätere prozessuale Durchsetzung verstehen.
12
bb) Entgegen der Auffassung der Revision des Klägers begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht in dem (eingliedrigen ) Gegendarstellungsverlangen vom 10. April 2008 gegenüber dem ursprünglich (dreigliedrigen) Gegendarstellungsverlangen vom 26. März 2008 keine neue Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 5 RVG gesehen hat. Denn der Rechtsanwalt des Klägers hat damit lediglich das Gegendarstellungsverlan- gen hinsichtlich einer der drei Behauptungen weiterverfolgt, welche die Beklagte in ihrer Folgeberichterstattung vom 1. bzw. 3. April 2008 noch nicht "berichtigt" hatte. Das Gegendarstellungsverlangen vom 10. April 2008 bezog sich auch nicht auf die "Berichtigung" in der Folgeberichterstattung, sondern wiederholte lediglich das bisher noch nicht erfüllte Gegendarstellungsverlangen vom 31. März 2008 hinsichtlich der verbliebenen Behauptung aus der Ausgangsberichterstattung vom 26. März 2009. Unter diesen Umständen ist es aber aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in dem Gegendarstellungsverlangen vom 10. April 2008 keine neue Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne gesehen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Rechtsanwalt des Klägers bei der Abfassung des ursprünglichen Gegendarstellungsverlangens nicht voraussehen konnte, ob und inwieweit dieses von der Beklagten erfüllt werden würde. Eine einheitliche Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne kann auch dann vorliegen, wenn der Anwalt erst nach teilweiser Erfüllung des vorprozessualen Begehrens mit der prozessualen Weiterverfolgung der verbliebenen Restforderung beauftragt wird (vgl. Senatsurteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, AfP 2010, 469, 472).
13
2. Die Höhe der Kostenfreistellung, die die Beklagte dem Kläger als Schadensersatz schuldet, bestimmt sich nach der (Rest-)Vergütungsforderung, die dem für den Kläger außergerichtlich tätigen Rechtsanwalt nach § 15a RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG zusteht. Sie beträgt in Bezug auf die (eingliedrige ) Gegendarstellung, wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig gesehen hat, 341,90 €.
14
a) Der Rechtsanwalt kann, weil er den Gegendarstellungsanspruch des Klägers außergerichtlich mit Schreiben vom 10. April 2008 verfolgte, die 1,3fache Geschäftsgebühr verlangen, ferner steht ihm für die Vertretung des Klägers in dem denselben Gegenstand betreffenden Verfahren der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Berlin eine 1,3-fache Verfahrensgebühr zu. Insoweit ist jedoch die Anrechnungsregel des § 15a Abs. 1 RVG zu beachten. Danach kann der Rechtsanwalt beide (denselben Gegenstand betreffenden) Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den - gemäß Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG zu ermittelnden Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Im Streitfall konnte der Rechtsanwalt mithin - jeweils von einem Geschäftswert in Höhe von 12.000 € - eine 1,95-fache Gebühr beanspruchen (1,3-fache Geschäftsgebühr + 1,3-fache Verfahrensgebühr - 0,65 <= 1,3:2> Anrechnung = 1,95; vgl. Gerold/Schmidt aaO § 15a Rn. 9). Diesen Gebührenanspruch hat der Beklagte bezüglich der 1,3-fache Verfahrensgebühr bereits ausgeglichen, so dass der Kläger seinem Rechtsanwalt noch eine 0,65fache Gebühr (= 1,95-fache Gebühr - 1,3-fache Gebühr ) in Höhe von 341,90 € von einem Gegenstandswert von 12.000 € schuldet und hiervon durch den Beklagten freizustellen ist.
15
b) Der Beklagte kann sich als Dritter auf die vorbeschriebene Anrechnung berufen, weil er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren - hier auf die Verfahrensgebühr - erfüllt hat (§ 15a Abs. 2 Fall 1 RVG).
B. Zur Revision der Beklagten
16
Die Revision der Beklagten ist zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen und nicht nur zugunsten des Klägers. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Urteils. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen (dazu: BGH, Urteil vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt; Be- schluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351 Rn. 16 und Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 58/08, VersR 2010, 270 Rn. 7).
17
Die Angriffe der Beklagten gegen das Berufungsurteil haben jedoch in der Sache ebenfalls keinen Erfolg.
18
1. Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht einen Freistellungsanspruch des Klägers bejaht. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG der Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern kann. Diese Bestimmung betrifft jedoch lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr von dem Mandanten einforderbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1984 - III ZR 136/83, AnwBl. 1985, 257 f. Fraunholz in Riedel/Sußbauer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Aufl., § 10 Rn. 3; Hartung/Schons/Enders, RVG § 10 Rn. 1). Hiervon zu unterscheiden ist der im Streitfall geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch. Der Gegner kann hier nicht einwenden, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil ihm keine Berechnung vorgelegt worden sei, die den Anforderungen der §§ 10 RVG, 14 UStG entspreche (vgl. etwa Hartung/Schons/Enders aaO § 10 Rn. 49). Dies betrifft lediglich das Innenverhältnis zum Mandanten. Dem Gebührenanspruch fehlt insoweit auch nicht - wie die Revision der Beklagten weiter meint - die Bestimmbarkeit der Höhe des Gebührenanspruchs. Denn jedenfalls unter den Umständen des Streitfalls, in welchem der mit der zugrunde liegenden Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt den materiell-rechtlichen Gebührenanspruch für seinen Mandanten einklagt, hat er in der von ihm selbst verfassten Klageschrift von seinem Bestimmungsrecht im Sinne des § 14 RVG hinreichend Gebrauch gemacht.
19
2. Auch soweit das Berufungsgericht für die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung betreffend das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Landgericht München I eine Regelgebühr von 1,3 als gerechtfertigt erachtet hat, sind - entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten - keine Rechtsfehler erkennbar.
20
a) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Anforderung der Abschlusserklärung hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr zum vorangegangenen Eilverfahren, sondern zur Hauptsacheklage gehört und das Abschlussschreiben daher als eine neue, selbständig zu honorierende Angelegenheit i.S. des § 17 Nr. 4 Buchst. b RVG anzusehen ist. Fordert der Rechtsanwalt im Auftrag seines Mandanten nach Erwirkung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung den Anspruchsgegner dazu auf, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und auf die Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO zu verzichten, so will er auf diese Weise die Klaglosstellung seines Mandanten und damit ein Ergebnis erzielen, wie es nur mit dem Hauptsacheprozess erreicht werden kann. Aus diesem Grund gehört die von ihm entfaltete weitere Tätigkeit sachlich zum Hauptsacheprozess und damit zu einer nach § 17 Nr. 4 Buchst. b RVG vom Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verschiedenen Angelegenheit (vgl. Senatsurteil vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07, VersR 2008, 985 Rn. 9; BGH, Urteil vom 12. März 2009 - IX ZR 10/08, NJW 2009, 2068 Rn. 8 und vom 4. Februar 2010 - I ZR 30/08, WRP 2010, 1169, 1171). Die Zuordnung eines Abschlussschreibens zum Hauptsacheverfahren setzt nicht voraus, dass bereits ein Auftrag zur Hauptsacheklage erteilt worden ist. Vielmehr genügt es, dass der Mandant dem Rechtsanwalt einen über die Vertretung im Eilverfahren hinausgehenden Auftrag erteilt hat (BGH, Urteil vom 12. März 2009 - IX ZR 10/08, aaO Rn. 11).
21
b) Auch gegen die Höhe der vom Berufungsgericht als gerechtfertigt erachteten Geschäftsgebühr ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.
22
aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebühr, die von einem Dritten zu ersetzen ist, nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Eine entsprechende Überprüfung ist in erster Linie Sache des Tatrichters und deshalb revisionsrechtlicher Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich. Rechts- bzw. Verfahrensfehler sind dabei im Streitfall nicht ersichtlich.
23
bb) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass es sich bei einem Abschlussschreiben in der Regel nicht um ein Schreiben einfacher Art i.S. von Nr. 2302 RVG VV handele, so dass die dafür anfallende Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV zu bemessen sei (1,3 Geschäftsgebühr: OLG Hamm, Urteil vom 2. Juli 2009 - 4 U 39/09, juris Rn. 7; KG, Urteil vom 3. April 2008 - 10 U 245/07, OLG-Report 2008, 920, 922; OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2007 - 4 U 1/07, WRP 2008, 135; 0,8 Geschäftsgebühr : OLG Hamburg, Magazindienst 2009, 762, 765; OLG Hamburg, Urteil vom 21. Mai 2008 - 5 U 75/07, ZUM-RD 2009, 382, 386, OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2007 - 20 U 52/07, InstGE 9, 35, 38; LG Hamburg, Urteil vom 2. Oktober 2009 - 324 O 174/09, AfP 2010, 185, 187).
24
cc) Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 4. Februar 2010 - I ZR 30/08, aaO S. 1172) ist die für ein Abschlussschreiben entstehende Geschäftsgebühr im Allgemeinen auf der Grundlage von Nr. 2300 RVG VV zu berechnen, die einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vorsieht. Ein Abschlussschreiben erschöpft sich in der Regel nicht in einer bloßen Bezugnahme auf die bereits ergangene einstweilige Verfügung, sondern verfolgt insbesondere das Ziel, einen Verzicht des Antragsgegners auf sämtliche Gegen- rechte herbeizuführen. Der Schwierigkeitsgrad eines solchen Schreibens ist daher in der Regel höher anzusetzen als bei bloßen Zahlungsaufforderungen, Mahnungen oder Einwohnermeldeamtsanfragen, die anerkanntermaßen der Nr. 2302 RVG VV unterfallen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., Nr. 2302 RVG VV Rn. 3). Zudem bedarf es nach Zugang der Abschlusserklärung im Regelfall einer Prüfung, ob die abgegebene Erklärung zur Erreichung des Sicherungsziels inhaltlich ausreicht (vgl. Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess , 6. Aufl., S. 1162).
25
dd) Im Streitfall hat das Berufungsgericht unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles insbesondere auch darauf abgestellt, dass es hier mit einem isolierten Aufforderungsschreiben zur Abgabe einer Abschlusserklärung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - I ZR 30/08, aaO) nicht getan war. Die Revisionserwiderung weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass der Anwalt des Klägers seine Aufforderung vom 30. Mai 2008, das Ergebnis des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht München I als endgültige Regelung anzuerkennen, am 9. Juli 2008 wiederholen musste, nachdem die Beklagte eine solche Erklärung zunächst nicht abgegeben und stattdessen vor dem Landgericht Berlin bzw. dem Kammergericht einen Fehler in ihrer entsprechenden Berichterstattung bestritten hatte. Unter diesen Umständen begegnet es revisionsrechtlich keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der wiederholten Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung nicht als einfache Routineangelegenheit angesehen, sondern eine Regelgebühr für gerechtfertigt erachtet hat. In diesem Zusammenhang hilft der Revision der Beklagten auch der Hinweis auf das Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05, VersR 2007, 506 nicht weiter. Denn dort ging es um die Frage, ob ein rechtserfahrener Kläger - dort ein Rechtsanwalt - Gebühren für eine Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung im außerwettbewerbsrechtlichen Bereich gel- tend machen kann. Dies wurde ihm nur deshalb versagt, weil er selbst hinreichend sachkundig war und mit der Aufforderung keinen Rechtsanwalt hätte beauftragen müssen. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 03.08.2009 - 142 C 29864/08 -
LG München I, Entscheidung vom 24.02.2010 - 9 S 16724/09 -

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.

(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 257/03 Verkündet am:
16. November 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Ein Schadensersatzanspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit setzt voraus
, dass der Anspruchsteller tatsächlich mit dieser Verbindlichkeit beschwert
ist. Solange der Anspruchsteller die Forderung, von der er Befreiung verlangt,
selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, hat er kein berechtigtes Interesse daran
, von seinem Schuldner bereits Zahlung zu verlangen. In einem solchen Fall
ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg.
BGH, Urt. v. 16. November 2006 - I ZR 257/03 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert
und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die einen Verlag betreibt, nimmt das beklagte Paketdienstunternehmen auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen in Anspruch, die der Berufsfotograf Andreas S. wegen des Verlustes von 351 Diapositiven gegen sie geltend macht.
2
Die Klägerin steht mit der Beklagten in laufender Geschäftsbeziehung. Die Parteien haben am 13. Juli 2001 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung liegen den Vertragsverhältnissen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde. Diese enthalten u.a. folgende Regelungen: 3. Beförderungsausschluss 3.1 Von der speditionellen Behandlung im Paketdienst sind ausgeschlossen : 3.1.2 Güter von besonderem Wert, insbesondere Edelmetalle, echter Schmuck, Edelsteine, echte Perlen, Antiquitäten, Kunstgegenstände ; … 3.1.5 sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. … 3.3 D. ist berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossen ist. 3.4 Die Übernahme von gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossenen Gütern stellt keinen Verzicht auf den Beförderungsausschluss dar. 4. Leistungsumfang 4.1 Die speditionelle Leistung umfasst: 4.1.2 Bei Nichtantreffen einen zweiten und falls notwendig einen dritten Zustellungsversuch. 4.1.3 Die Aushändigung an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wird und die Sendung entgegennimmt, wobei keine Verpflichtung besteht, eine Empfangsberechtigung zu überprüfen.
… 6. Haftung 6.1 Auftragnehmer haftet für Schäden, die zwischen der Übernahme und der Ablieferung des Paketes eingetreten sind, bei speditioneller Behandlung nach Maßgabe der ADSp - neueste Fassung; 6.2 Die Haftung für Verlust oder Beschädigung von Paketen ist neben den gesetzlich geregelten Fällen ausgeschlossen, wenn deren Beförderung gemäß Ziffer 3.1 ausgeschlossen ist.
3
Die Klägerin übergab der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete zur Beförderung zu dem in München wohnhaften Fotografen S. Dieser hatte der Klägerin im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive zur Auswahl für geplante Vogelbücher zur Verfügung gestellt. Nach dem Vortrag der Klägerin befanden sich in den vier der Beklagten übergebenen Paketen 351 Dias, die nicht für eine Veröffentlichung ausgewählt worden waren. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr versandten Diapositive hätten den Fotografen S. nicht erreicht. Diesem sei dadurch ein Schaden in Höhe von 175.500 € (500 € je Diapositiv) entstanden. Der Fotograf S. hat diesen Betrag mit einem Mahnbescheid gegenüber der Klägerin geltend gemacht, die dagegen Widerspruch eingelegt hat.
4
Die Klägerin hat behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Sendung unterschlagen oder entsorgt und durch Fälschung der Empfangsquittung die Ablieferung der Pakete vorgespiegelt. Für diese vorsätzliche Pflichtverletzung ihres Erfüllungsgehilfen müsse die Beklagte einstehen. Da sie, die Klägerin, gegenüber dem Fotografen S. für den Verlust der Diapositive hafte, habe die Beklagte sie von dieser Verpflichtung freizustellen. Wegen der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Auslieferungsfahrers erstrecke sich die Haftung der Beklagten auf den vollen Schaden. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse stünden einer Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen, weil insbesondere die in Ziffer 3.1.5 vorgesehene Wertgrenze von 13.000 € pro Paket nicht erreicht sei.
5
Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen Ansprüchen des Herrn Andreas S. (es folgt die genaue Anschrift ) freizustellen, die dieser wegen des Verlustes der mit den Paketen Nr. 17154821341, Nr. 17154821342, Nr. 17154821343 und Nr. 17154821344 vom 14. März 2002 verschickten 351 Dias gegen die Klägerin geltend macht.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Inhalt der Pakete bestritten. Ferner hat sie behauptet, der Auslieferungsfahrer habe die Pakete an einen zur Entgegennahme bereiten Nachbarn des Adressaten S. übergeben , der die Pakete anschließend vor die Haustür des Empfängers gestellt habe. Das Anwesen befinde sich in einer ruhigen, überschaubaren, gut bürgerlichen Wohngegend und sei mit einem Tor versehen. Bei dieser Sachlage habe sich der Auslieferungsfahrer nicht leichtfertig i.S. von § 435 HGB verhalten.
7
Die von dem Fotografen S. geltend gemachte Schadensersatzforderung sei zudem weit überhöht. Die Klägerin zahle - ebenso wie andere Verlage - für die Veröffentlichung eines Bildes lediglich ein Honorar von 31 €. Falls die Wertangaben des Fotografen S. zutreffen sollten, stünden einer Haftung die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse entgegen. Zumindest sei ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wertdeklaration gegeben, das zu einem vollständigen Haftungsausschluss führe.
8
Das Landgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass sich die Freistellungsverpflichtung der Beklagten nur auf Ansprüche erstreckt, die der Fotograf S. berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 610).
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
11
Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin der Beklagten am 13. März 2002 vier Pakete mit insgesamt 351 Diapositiven ohne Wertangabe übergeben habe. Der von dem Empfänger der Sendung behauptete Wert der Diapositive sei der Klägerin nicht bekannt gewesen. Die Ablieferung der Pakete habe der Auslieferungsfahrer selbst in der vom Empfänger zu unterzeichnenden Empfangsbestätigung mit unleserlicher Unterschrift quittiert. Eine Person, die die Pakete entgegengenommen habe, sei nicht aufzufinden.
12
Ein Feststellungsinteresse für das von der Klägerin geltend gemachte Freistellungsbegehren sei gegeben.
13
Der Anspruch der Klägerin sei auch begründet. Die Parteien hätten - zumindest konkludent - einen Frachtvertrag i.S. von § 407 HGB abgeschlos- sen. Die Beklagte habe den Transport der ihr übergebenen Pakete übernommen , hierfür Beförderungsentgelt erhalten und das Transportgut ihren eigenen Angaben zufolge an eine - wenn auch nicht feststellbare - Person ausgeliefert. Die Klauseln in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stünden der Annahme eines Vertragsschlusses nicht entgegen. Die Beklagte hafte nach § 425 HGB für den Verlust der Diapositive, weil davon auszugehen sei, dass die Sendung den Adressaten S. nicht erreicht habe. Sie habe für den Verlust der Sendung in vollem Umfang ohne Haftungsbegrenzung einzustehen. Denn der Auslieferungsfahrer, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, habe die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den Verlust herbeigeführt. Auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil diese wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 i.V. mit § 449 Abs. 1 HGB unwirksam seien.
14
Ein Mitverschulden der Klägerin wegen der unterlassenen Angabe des Wertes der Sendung sei nicht gegeben. Dies treffe auch dann zu, wenn der von dem Fotografen S. geltend gemachte Schaden der Höhe nach richtig wäre. Es stehe fest, dass die Klägerin den nunmehr behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Sie habe auch keine Veranlassung gehabt, sich über deren Wert kundig zu machen, da sie die Diapositive auf dem Postweg von dem Fotografen übersandt erhalten habe. Auf den wirklichen Wert der in Verlust geratenen Diapositive komme es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Dieser sei vielmehr in dem Verfahren zwischen dem Fotografen S. und der Klägerin zu klären.
15
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nur insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin bei der Entstehung des Schadens verneint hat.

16
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Revision rügt ohne Erfolg, für den von der Klägerin erhobenen Klageanspruch fehle es an einem Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse.
17
a) Entgegen der Auffassung der Revision braucht sich die Klägerin nicht darauf verweisen zu lassen, dass sie einen dem Eigentümer durch den Verlust der Diapositive entstandenen Schaden von der Beklagten im Wege der Drittschadensliquidation hätte ersetzt verlangen können. Denn der Klägerin steht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, der gegenwärtig noch nicht beziffert werden kann.
18
b) Das Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse für den geltend gemachten Feststellungsantrag entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin auf Freistellung und damit auf Leistung klagen könnte.
19
aa) Die Klägerin wird von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive selbst auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Dieser Anspruch kann - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Der Fotograf S. hatte der Klägerin aufgrund eines Leihvertrags im Mai 2001 insgesamt 383 Diapositive überlassen. Aus diesem Vertragsverhältnis bestand für die Klägerin die Verpflichtung zur Rückgabe der nicht für eine Veröffentlichung ausgewählten Aufnahmen. Der Leistungsort für die Rückgabeverpflichtung der Klägerin war bei der hier gegebenen Fallgestaltung der Sitz des Eigentümers in München (BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 343/98, TranspR 2002, 365, 367 = GRUR 2002, 282 - Bildagentur ). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin für ein Verschulden des Trans- portunternehmens nach § 278 BGB haftet und sich bei einem Verlust der Diapositive insofern gemäß § 280 Abs. 1 BGB entlasten muss (vgl. BGH TranspR 2002, 365, 367), was nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts bislang nicht geschehen ist. Danach kommt ein Schadensersatzanspruch des Eigentümers der in Verlust geratenen Diapositive gegen die Klägerin dem Grunde nach ernsthaft in Betracht.
20
bb) Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden besteht allein in ihrer Belastung mit einer Verbindlichkeit. Der zunächst auf Befreiung von dieser Schuld gerichtete Anspruch geht gemäß § 250 Satz 2 BGB zwar in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Schädiger - wie im Streitfall - die Leistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (BGH, Urt. v. 10.12.1992 - IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137, 1138 m.w.N.). Das setzt aber voraus, dass die Klägerin tatsächlich mit einer Verbindlichkeit beschwert ist, die Schadensersatzforderung des Eigentümers der verlorengegangenen Diapositive also erfüllen muss (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.1986 - VIII ZR 153/85, NJW-RR 1987, 43, 44; Urt. v. 9.11.1988 - VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215, 1216). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gegen den von dem Fotografen S. erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Wer die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, bringt dadurch grundsätzlich zum Ausdruck, dass er deren Beseitigung noch für möglich, den Anspruch des Dritten also für nicht endgültig gesichert hält. Solange die Klägerin gegen die von dem Eigentümer der abhanden gekommenen Diapositive erhobene Schadensersatzforderung vorgeht, hat sie kein berechtigtes Interesse daran, von ihrem Schuldner bereits Zahlung zu erhalten. In einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers der richtige Weg (vgl. BGHZ 79, 76, 78; BGH NJW 1993, 1137, 1139 m.w.N.). Im Übrigen kann, solange die Höhe der Verbindlichkeit, von der Befreiung verlangt wird, nicht feststeht, nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung geklagt werden (vgl. MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 253 Rdn. 146; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 256 Rdn. 29).
21
2. Die Klage ist dem Grunde nach auch gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber ein Mitverschulden der Klägerin in Betracht kommen.
22
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach den §§ 407, 425 Abs. 1 HGB bejaht hat.
23
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten durch die Übernahme und die Beförderung der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Die Verbotsgutklauseln unter Ziffer 3.1 der AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Klauseln gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und deshalb unwirksam sind. Denn bereits die vorrangige Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der AGB aus der Sicht eines verständigen Versenders ergibt, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Klauseln unter Ziffer 3.1 einen Vertrag schließen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, TranspR 2006, 254, 255, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 64 vorgesehen).
24
bb) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f.; BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, Tz 17).
25
cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348; BGH TranspR 2006, 254, 255). Diese Grundsätze gelten auch für leistungsbeschreibende Klauseln (vgl. Staudinger /Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., Band 2a § 307 Rdn. 19).
26
dd) Die Beklagte will nach dem Wortlaut von Ziffer 3.1.2 ihrer AGB bei Gütern mit besonderem Wert, insbesondere Edelmetallen, echtem Schmuck, Edelsteinen, echten Perlen, Antiquitäten und Kunstgegenständen, keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Gleiches gilt gemäß Ziffer 3.1.5 der AGB für sonstige Güter, sofern sie einen höheren Wert als 13.000 € besitzen. Diese Regelungen sind jedoch nicht isoliert zu betrachten, sondern im systematischen Zusammenhang mit Ziffer 3.3, 3.4 und Ziffer 6 (Haftung) der AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Nach Ziffer 3.3 der AGB ist die Beklagte berechtigt, die Übernahme oder Weiterbeförderung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Paket von der speditionellen Behandlung gemäß Ziffer 3.1 der AGB ausgeschlossen ist. In Ziffer 6 der AGB ist unter anderem die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern geregelt.
27
Diese Regelungen ergeben aus der Sicht eines verständigen Versenders nur dann einen Sinn, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus den Regelungen in Ziffer 3.1 daher nicht entnommen werden, dass die Beklagte - handelnd durch ihre Mitarbeiter - das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über so genannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 255 f.).
28
ee) Die vorstehende Beurteilung der Klauseln entspricht im Übrigen auch der herrschenden Auffassung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lieferung 1/97, § 54 EVO Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
29
ff) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Im Streitfall führte eine von der Klägerin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Wert der Sendung aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.). Dadurch, dass die AGB-Regelungen auch auf den Fall zutreffen, dass entgegen Ziffer 3.1 ein Beförderungsvertrag über Verbotsgut abgeschlossen wird, machen sie deutlich, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht über den Wert des Transportguts den Vertragsschluss nicht als solchen unterbinden soll (vgl. oben Ziffer 2 a dd). Der Vertragsschluss selbst ist daher auch nicht als Schaden der Beklagten anzusehen (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256).
30
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte für einen der Klägerin entstandenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt haftet.
31
aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Auslieferungsfahrer , für dessen Handlungen die Beklagte gemäß § 428 HGB einzustehen hat, die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich nach § 435 HGB verletzt und dadurch den streitgegenständlichen Verlust herbeigeführt hat. Der Auslieferungsfahrer durfte das Transportgut nach den Zustellvorschriften der Beklagten (Ziffer 4.1.3 AGB) nur an den Empfänger oder eine andere erwachsene Person, die unter der Zustelladresse angetroffen wurde, aushändigen. Gegen diese Bestimmung , die der Sicherung des Transportgutes dient, hat der Auslieferungsfahrer , dem die Zustellvorschriften bekannt sein mussten, unstreitig verstoßen. Denn nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Auslieferungsfahrer die in Verlust geratenen Pakete weder dem Empfänger selbst noch einer unter der Zustelladresse angetroffenen erwachsenen Person übergeben. Das behauptet die Beklagte auch selbst nicht. Sie trägt vielmehr vor, die Pakete seien einem Nachbarn des Empfängers übergeben worden. Das stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten der Beklagten dar.
32
Diese vorsätzliche Pflichtverletzung rechtfertigt für sich allein schon die Annahme eines qualifizierten Verschuldens gemäß § 435 HGB (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314 = VersR 2006, 814). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 435 HGB ein qualifiziertes Verschulden nur in Bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 22 = VersR 1999, 254; BGH TranspR 2005, 311, 314). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es der Beklagten, im Prozess solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Bei einem bewussten Verstoß gegen eine der Sicherung des Transportgutes dienende Bestimmung spricht eine Vermutung dafür, dass die Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und dass dem Handelnden dies auch bewusst sein musste. In einem solchen Fall ist es Sache des Frachtführers, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität des Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Solche die Beklagte entlastenden Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt.
33
bb) Einer unbeschränkten Haftung der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie nach Ziffer 6.2 AGB für den Verlust einer gemäß Ziffer 3.1 AGB von der Beförderung ausgeschlossenen Sendung nicht haften will. Bei Ziffer 6.2 AGB handelt es sich nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f. = NJW-RR 2006, 758 m.w.N.), sondern um einen Haftungsausschluss. Die Klausel schränkt nach ihrem eindeutigen Wortlaut die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256). Das Berufungsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass die in Rede stehende Klausel gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt und damit unwirksam ist. Die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs, denen § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB Rechnung trägt, sind entgegen der Ansicht der Revision im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der zwischen den Parteien geschlossene Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hatte.
34
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
35
aa) Für die Beurteilung der Frage des Mitverschuldens ist seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes die Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB maßgeblich. Die Vorschrift greift jedoch den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8454, S. 60). Auf die zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen kann daher ohne weiteres zurückgegriffen werden (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206).
36
bb) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behan- delt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz beansprucht (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570). Hätte der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur kennen müssen, kann auch das für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eines eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121, 122 = VersR 2006, 953; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23).
37
cc) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum Wert der abhanden gekommenen Diapositive getroffen. In der Revisionsinstanz ist daher von dem von dem Fotografen S. behaupteten Wert (500 € je Einzelstück) auszugehen.
38
Das Berufungsgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens verneint, weil feststehe, dass sie den von dem Fotografen S. behaupteten Wert der Diapositive nicht gekannt habe. Die Klägerin habe auch keine Veranlassung gehabt, sich vor der Versendung über den Wert der Diapositive zu informieren, da sie diese von dem Fotografen zuvor auf dem Postweg erhalten habe.
39
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Fachverlag, der häufig mit Aufnahmen von Berufsfotografen befasst ist. Der Klägerin musste daher bewusst sein, dass ein Diapositiv, wenn es sich um ein Unikat handelt, für den Fotografen nicht nur den Wert verkörpert, der als Vergütung für die Nutzung der Aufnahme zu entrichten ist. Sie hätte sich somit bei dem Fotografen zumindest darüber vergewissern müssen, ob es sich bei den ihr überlassenen Diapositiven um Unikate gehandelt hat. Auch wenn der Klägerin die Aufnahmen nicht mit einem Wertpaket übersandt worden waren, hätte sie in Betracht ziehen müssen, dass die Diapositive für den Eigentümer einen die einzelne Nutzungsvergütung erheblich übersteigenden Wert haben könnten und deshalb eine Versendung mittels Wertpaket erfolgen musste. Das Berufungsgericht durfte danach den Wert der von der Klägerin an den Fotografen S. übersandten Diapositive nicht offenlassen.
40
dd) Die von der Klägerin unterlassene Wertangabe kann auch für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen sein. Dies setzt zwar grundsätzlich voraus , dass das Transportunternehmen bei zutreffender Inhalts- und Wertangabe seine Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626). Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch liegt im Streitfall die Besonderheit vor, dass die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe der Klägerin jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung im einfachen Paketdienst zu verweigern (Ziffer 3.1 AGB).
41
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Gröning
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.04.2003 - 36 O 171/02 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.11.2003 - 3 U 137/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 355/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 249 (Fb), 250, 276 (Hb, Hc)

a) Empfiehlt eine kreditgebende Bank einem Anlageinteressenten eine Beteiligung
an einem Bauherrenmodell, so muß sie ihn ungefragt informieren,
wenn die erzielten Mieterträge der in einem steuersparenden Bauherrenmodell
bereits erstellten Eigentumswohnungen nicht den im Anlageprospekt
prognostizierten Mieten entsprechen und die Vermietung der Wohnungen
Schwierigkeiten bereitet.

b) Ein Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten
um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert.

c) Zur Berechnung und Abwicklung des dem Anleger und Kreditnehmer entstandenen
Schadens.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.

2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.

b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.

c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).

d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.

f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.

b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.


Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 247/05
Verkündet am:
26. September 2006
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 249 Bb, 254 Cb
Bei einer anteiligen Haftung muss der Geschädigte vor Inanspruchnahme seiner
Vollkaskoversicherung grundsätzlich nicht die Mitteilung über die Regulierungsbereitschaft
des Haftpflichtversicherers seines Unfallgegners abwarten.
BGH, Urteil vom 26. September 2006 - VI ZR 247/05 - LG Mainz
AG Mainz
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2006 im
schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 1. August 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 26. Oktober 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem Fahrzeug der Beklagten zu 2, das bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversichert ist, kam es am 7. Juli 2003 zu einem Verkehrsunfall. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu einer Quote von 50 % ist dem Grunde nach unstreitig.
2
Der Kläger rechnete seinen Schaden über seine Vollkaskoversicherung ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18. Juli 2003 an die Beklagte zu 1 teilte er mit, dass für das Kraftfahrzeug eine Kraftfahrzeugvollversicherung bestehe, die in Anspruch genommen werde, und bat, nicht später als zum 15. August 2003 den Umfang der Regulierungsbereitschaft anzuzeigen.
3
Wegen der Erhöhung der Versicherungsprämie auf 100 % übernahm der Kläger das Unfallfahrzeug in einen anderen Vollkaskoversicherungsvertrag, der zu 30 % geführt wird. Mit der Klage begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner zu 50 % für sämtliche Schäden, die aus der Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung resultieren.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann es auf sich beruhen, ob der Kläger einen Verlust seines Schadensfreiheitsrabattes erlitten hat, weil er das Unfallfahrzeug in einen anderen Vollkaskovertrag übernommen habe. Es könne auch dahinstehen, ob eine Ersatzpflicht zu versagen sei, weil der Kläger selbst anteilig zu 50 % hafte, also aufgrund seiner Mithaftung für den Unfall ohnehin zurückgestuft worden wäre.
6
Die Berufung sei schon deswegen unbegründet, weil der Geschädigte dem Schädiger grundsätzlich Gelegenheit geben müsse, die entstehenden Kosten durch Regulierung abzuwenden, bevor er seinen Kaskoversicherer in Anspruch nehme. Warte der Geschädigte - wie hier - nicht die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers des Schädigers ab, liege regelmäßig ein Ver- stoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Dies führe dazu, dass die Aufwendungen , die aus der Rückstufung entstünden, nicht erforderlich gewesen und deshalb nicht zu ersetzen seien.

II.

7
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
8
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens (vgl. Senatsurteile BGHZ 44, 382, 387 und vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - VersR 2006, 1139, 1140; BGH, Urteil vom 14. Juni 1976 - III ZR 35/74 - VersR 1976, 1066, 1067, insoweit in BGHZ 66, 398 nicht abgedruckt; BVerwGE 95, 98, 102 f.). Die umstrittene Frage, ob der Schädiger auch bei nur anteiliger Schadensverursachung für den Rückstufungsschaden haftet, hat der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 25. April 2006 (VI ZR 36/05, aaO) entschieden. Wie der erkennende Senat in diesem Urteil näher ausgeführt hat, gilt dieser Grundsatz auch dann, wenn der Rückstufungsschaden auch infolge der Regulierung des vom Geschädigten selbst zu tragenden Schadensanteils eintritt. Das folgt aus dem Grundsatz, dass eine Mitursächlichkeit einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleichsteht (vgl. Senatsurteile vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - aaO; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - VersR 2005, 945, 946; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283 und vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862).
9
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Ersatzanspruch des Klägers auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor der Inanspruchnahme seiner Vollkas- koversicherung nicht die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers des Beklagten zu 2 abgewartet hat.
10
Zwar wird die Auffassung vertreten, es liege regelmäßig ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte nicht die Regulierungsbereitschaft des Schädigers (Versicherers) abwarte, weil die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens nicht erforderlich sei, wenn der Schädiger die Schadensregulierung unverzüglich anbiete (vgl. OLG Hamm VersR 1993, 1544; Böhme/Biela, Kraftverkehrshaftpflichtschäden , 23. Aufl., Rn. D 105; Klunzinger NJW 1969, 2113, 2114; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rn. 176). Darauf kommt es jedoch dann nicht an, wenn der Geschädigte - wie hier - wegen einer Mithaftung einen Teil seines Schadens selbst tragen muss (vgl. OLG Hamm, aaO, 1545). In solchen Fällen wird der Kaskoversicherte regelmäßig seine Kaskoversicherung jedenfalls zur Abdeckung des selbstverschuldeten Schadensanteils in Anspruch nehmen, auch wenn der Unfallgegner bzw. sein Haftpflichtversicherer unverzüglich die Regulierung seines eigenen Schadensanteils anbietet. Anders als in den Fällen, in denen der Geschädigte voll haftet, verbleibt nämlich bei der Mithaftung in jedem Fall ein Teil des Schadens bei dem Geschädigten. Hinsichtlich dieses Teils liegt aber eine Mitverursachung durch den Unfallgegner auch hinsichtlich des Rückstufungsschadens in der Vollkaskoversicherung vor (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - aaO). Deshalb ist es unerheblich, ob der Geschädigte die Mitteilung über die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers seines Unfallgegners für dessen Haftungsanteil abwartet und sich dann an seine Kaskoversicherung wendet, oder ob er dies sogleich tut und dann der Schaden quotenmäßig - hier zu 50 % - ausgeglichen wird. In beiden Fällen tritt der Rückstufungsschaden ein mit der Folge, dass in derartigen Fällen der Rückstufungsschaden vom Schädi- ger unabhängig von dessen Regulierungsverhalten regelmäßig anteilig zu ersetzen ist (vgl. OLG Hamm aaO, 1545; LG Aachen DAR 2000, 36).

III.

11
Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger einen Verlust seines Schadensfreiheitsrabattes erlitten hat oder noch erleiden kann, weil er das Unfallfahrzeug in einen anderen Vollkaskovertrag übernahm und deshalb bei Abschluss eines neuen Vertrages ein Schaden eintreten kann, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 10.12.2004 - 70 C 34/04 -
LG Mainz, Entscheidung vom 26.10.2005 - 3 S 10/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 36/05 Verkündet am:
25. April 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Bb., 254 Cb
Auch bei nur anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger für den
Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung
in Anspruch nimmt.
BGH, Versäumnisurteil vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - LG Berlin
AG Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 58 des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2005 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Mitte - 106 C 3486/03 - vom 7. Oktober 2004 im Kostenausspruch und insoweit abgeändert, als die Klage abgewiesen worden ist. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 50 % sämtliche Schäden zu ersetzen , die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der IDUNA Versicherung AG aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 23. November 2002 entstanden sind und entstehen werden. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Eigentümerin eines PKW, der am 23. November 2002 in einen Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten und von der Beklagten zu 2 geführten PKW verwickelt worden ist. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu einer Quote von 50 % ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner zu 50 % für sämtliche Schäden, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung zur Schadensregulierung resultieren.
2
Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den bei der Klägerin durch die Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung eingetretenen Prämiennachteilen nicht um einen adäquat kausalen Schaden des streitgegenständlichen Unfallereignisses, für welche die Beklagten eine (anteilige) Haftung treffe. Ausschlaggebend für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung durch den Geschädigten sei im Falle seiner anteiligen Mithaftung nicht die Regulierung der durch den Schädiger verursachten Schäden, sondern der Ausgleich der vom Geschädigten selbst zu tragenden Schäden. Auf dieser Grund- lage träten die Prämiennachteile bereits ihrem gesamten Umfang nach ein (so auch AG Altenkirchen VersR 2002, 116).

II.

4
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
5
1. Da die Beklagten und Revisionsbeklagten in der Revisionsverhandlung trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten waren, ist über die Revision der Klägerin antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81; BGH, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647, 648).
6
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin die beantragte Feststellung verlangen.
7
a) Sie kann ihren Anspruch insgesamt im Wege der Feststellungsklage geltend machen. Das hierfür erforderliche und von Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist für den künftigen Schaden jedenfalls zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen der Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 140/91 - VersR 1992, 244). Soweit der Antrag der Klägerin den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung betrifft, könnte die Klägerin den Schaden zwar beziffern. Doch ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig , weil sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befindet (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89 - VersR 1991, 788 f.).
8
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung trotz des anteiligen Mitverschuldens des Geschädigten eine adäquate Folge des Unfalls.
9
aa) Anders als beim Verlust des Schadensfreiheitsrabattes in der Haftpflichtversicherung , bei dem es sich lediglich um einen allgemeinen Vermögensnachteil in der Form des Sachfolgeschadens handelt (BGHZ 66, 398, 400 m.w.N.; vgl. BVerwGE 95, 98, 101; BAG NJW 1993, 1028), ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387; ebenso BGH, Urteil vom 14. Juni 1976 - III ZR 35/74 - VersR 1976, 1066, 1067, insoweit in BGHZ 66, 398 nicht abgedruckt; BVerwGE 95, 98, 102 f.; vgl. zur Gebäudekaskoversicherung Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558, 559). Für den Fall der vollen Haftung des Schädigers stellt dies auch das Berufungsgericht nicht in Frage.
10
bb) Doch liegt der Auffassung des Berufungsgerichts, dass im Falle anteiliger Mithaftung des Geschädigten der Prämienschaden allein infolge der Regulierung der durch den Geschädigten selbst zu tragenden Schäden eintrete, ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des Ursachenzusammenhangs im Haftungsrecht zugrunde. Es kommt nicht darauf an, ob ein Ereignis die "ausschließliche" oder "alleinige" Ursache des Schadens ist; auch eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur "Auslöser" neben erheblichen anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - VersR 2005, 945, 946; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283 und vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862). Auch bei anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger dementsprechend für den Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung in Anspruch nimmt.
11
cc) Im Streitfall hat die Abrechnung des gesamten Unfallschadens über die Vollkaskoversicherung den Rückstufungsschaden der Klägerin zur Folge, der durch die Beklagte zu 2 mitverursacht worden ist. Dass die Klägerin eine hälftige Mithaftung trifft, ändert daran nichts. Der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung trat, unabhängig von der Schuldfrage, allein dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Da der Unfall als das den Schaden begründende Ereignis teils von der Beklagten zu 2, teils von der Klägerin zu vertreten ist, ist auch der Rückstufungsschaden hälftig zu teilen (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1992, 67, 68; LG Ulm, VersR 1993, 334; vgl. Klunzinger, NJW 1969, 2113, 2116; Becker /Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden, 22. Aufl., D 84; GeigelSchlegelmilch , Haftpflichtprozess, 24. Aufl., § 13 Rn. 88).
12
c) Die Fragen, ob und inwieweit die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens erforderlich ist, wenn der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer die Regulierung ihres Schadensanteils sofort angeboten haben (vgl. zur Erforderlichkeit von Rechtsanwaltsgebühren als Rechtsverfolgungskosten Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - aaO; zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung Becker/Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden , 22. Aufl., Rn. D 84) oder ob der Geschädigte bei geringer Fremdbeteiligung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt (verneinend OLG Hamm, VersR 1993, 1545; LG Aachen, DAR 2000, 36; AG Gießen , DAR 1995, 29; AG Münster, VersR 2001, 781, 782), wirft der Streitfall nicht auf, weil die Beklagten nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen die Haftung zunächst dem Grunde nach bestritten haben. Jedenfalls unter diesen Umständen war die Klägerin berechtigt, die Versicherung in Anspruch zu nehmen.
13
3. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen waren, konnte der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Mitte, Entscheidung vom 07.10.2004 - 106 C 3486/03 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.01.2005 - 58 S 384/04 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 36/05 Verkündet am:
25. April 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Bb., 254 Cb
Auch bei nur anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger für den
Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung
in Anspruch nimmt.
BGH, Versäumnisurteil vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - LG Berlin
AG Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 58 des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2005 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Mitte - 106 C 3486/03 - vom 7. Oktober 2004 im Kostenausspruch und insoweit abgeändert, als die Klage abgewiesen worden ist. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 50 % sämtliche Schäden zu ersetzen , die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der IDUNA Versicherung AG aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 23. November 2002 entstanden sind und entstehen werden. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Eigentümerin eines PKW, der am 23. November 2002 in einen Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten und von der Beklagten zu 2 geführten PKW verwickelt worden ist. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu einer Quote von 50 % ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner zu 50 % für sämtliche Schäden, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung zur Schadensregulierung resultieren.
2
Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den bei der Klägerin durch die Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung eingetretenen Prämiennachteilen nicht um einen adäquat kausalen Schaden des streitgegenständlichen Unfallereignisses, für welche die Beklagten eine (anteilige) Haftung treffe. Ausschlaggebend für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung durch den Geschädigten sei im Falle seiner anteiligen Mithaftung nicht die Regulierung der durch den Schädiger verursachten Schäden, sondern der Ausgleich der vom Geschädigten selbst zu tragenden Schäden. Auf dieser Grund- lage träten die Prämiennachteile bereits ihrem gesamten Umfang nach ein (so auch AG Altenkirchen VersR 2002, 116).

II.

4
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
5
1. Da die Beklagten und Revisionsbeklagten in der Revisionsverhandlung trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten waren, ist über die Revision der Klägerin antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81; BGH, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647, 648).
6
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin die beantragte Feststellung verlangen.
7
a) Sie kann ihren Anspruch insgesamt im Wege der Feststellungsklage geltend machen. Das hierfür erforderliche und von Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist für den künftigen Schaden jedenfalls zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen der Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 140/91 - VersR 1992, 244). Soweit der Antrag der Klägerin den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung betrifft, könnte die Klägerin den Schaden zwar beziffern. Doch ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig , weil sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befindet (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89 - VersR 1991, 788 f.).
8
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung trotz des anteiligen Mitverschuldens des Geschädigten eine adäquate Folge des Unfalls.
9
aa) Anders als beim Verlust des Schadensfreiheitsrabattes in der Haftpflichtversicherung , bei dem es sich lediglich um einen allgemeinen Vermögensnachteil in der Form des Sachfolgeschadens handelt (BGHZ 66, 398, 400 m.w.N.; vgl. BVerwGE 95, 98, 101; BAG NJW 1993, 1028), ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387; ebenso BGH, Urteil vom 14. Juni 1976 - III ZR 35/74 - VersR 1976, 1066, 1067, insoweit in BGHZ 66, 398 nicht abgedruckt; BVerwGE 95, 98, 102 f.; vgl. zur Gebäudekaskoversicherung Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558, 559). Für den Fall der vollen Haftung des Schädigers stellt dies auch das Berufungsgericht nicht in Frage.
10
bb) Doch liegt der Auffassung des Berufungsgerichts, dass im Falle anteiliger Mithaftung des Geschädigten der Prämienschaden allein infolge der Regulierung der durch den Geschädigten selbst zu tragenden Schäden eintrete, ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des Ursachenzusammenhangs im Haftungsrecht zugrunde. Es kommt nicht darauf an, ob ein Ereignis die "ausschließliche" oder "alleinige" Ursache des Schadens ist; auch eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur "Auslöser" neben erheblichen anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - VersR 2005, 945, 946; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283 und vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862). Auch bei anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger dementsprechend für den Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung in Anspruch nimmt.
11
cc) Im Streitfall hat die Abrechnung des gesamten Unfallschadens über die Vollkaskoversicherung den Rückstufungsschaden der Klägerin zur Folge, der durch die Beklagte zu 2 mitverursacht worden ist. Dass die Klägerin eine hälftige Mithaftung trifft, ändert daran nichts. Der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung trat, unabhängig von der Schuldfrage, allein dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Da der Unfall als das den Schaden begründende Ereignis teils von der Beklagten zu 2, teils von der Klägerin zu vertreten ist, ist auch der Rückstufungsschaden hälftig zu teilen (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1992, 67, 68; LG Ulm, VersR 1993, 334; vgl. Klunzinger, NJW 1969, 2113, 2116; Becker /Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden, 22. Aufl., D 84; GeigelSchlegelmilch , Haftpflichtprozess, 24. Aufl., § 13 Rn. 88).
12
c) Die Fragen, ob und inwieweit die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens erforderlich ist, wenn der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer die Regulierung ihres Schadensanteils sofort angeboten haben (vgl. zur Erforderlichkeit von Rechtsanwaltsgebühren als Rechtsverfolgungskosten Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - aaO; zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung Becker/Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden , 22. Aufl., Rn. D 84) oder ob der Geschädigte bei geringer Fremdbeteiligung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt (verneinend OLG Hamm, VersR 1993, 1545; LG Aachen, DAR 2000, 36; AG Gießen , DAR 1995, 29; AG Münster, VersR 2001, 781, 782), wirft der Streitfall nicht auf, weil die Beklagten nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen die Haftung zunächst dem Grunde nach bestritten haben. Jedenfalls unter diesen Umständen war die Klägerin berechtigt, die Versicherung in Anspruch zu nehmen.
13
3. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen waren, konnte der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Mitte, Entscheidung vom 07.10.2004 - 106 C 3486/03 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.01.2005 - 58 S 384/04 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 221/09
Verkündet am:
27. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Zulassung der Revision kann - auch in den Gründen des Urteils - auf die Höhe
des Anspruchs beschränkt werden.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann und
den Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter
Dr. Drescher und Born

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. August 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Juni 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Immobilienfonds G. GbR (im Folgenden: GbR), einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand der Gesellschaft war der Erwerb und die Bebauung der Grundstücke G. Straße 52-55 und B. B. -Straße 9 in B. mit einem Mehrfamilienhaus bzw. einem Geschäftshaus und deren anschließende Vermietung. Der Beklagte unterzeichnete am 30. September 1992 eine Zeichnungserklärung über eine Beteiligung von 100.000 DM an der GbR. In dieser bevollmächtigte er die S. GmbH, die nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte , u.a., „für ihn alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die für seinen Beitritt und den Beitritt weiterer Gesellschafter zur Gesellschaft erforder- lich sind“ sowie den - dem Prospekt beigefügten - Geschäftsführungsvertrag einschließlich des Grundbuchtreuhandvertrags mit der Dr. G. GmbH abzuschließen.
2
Weiter heißt es in der Zeichnungserklärung: Mir/uns sind insbesondere auch die in dem Geschäftsführungsvertrag zu erteilenden Vollmachten bekannt, von denen als wichtigste hervorgehoben werden : Vorbehaltlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung - … - … - das Grundvermögen in voller Höhe der unbeschränkten Haftung zu unterwerfen , Grundpfandrechte einschließlich der dinglichen Unterwerfungserklärung auch in der Form des § 800 ZPO zu erklären - für die Gesellschafter auch die persönliche Haftung, jedoch nur quotal entsprechend der Beteiligungsquote zu erklären und sie insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen.
3
Nach § 3 Abs. 1 des dem Fondsprospekt als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrags haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen quotal entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital. Die Beteiligungsquote des Beklagten beträgt 0,64977258 %.
4
Die Dr. G. GmbH bestätigte am 21. Oktober 1992 die Annahme der Zeichnungserklärung des Beklagten. Am 26. Oktober 1992 vereinbarten die Gründungsgesellschafter der GbR mit der S. GmbH als Vertreterin des Beklagten und anderer Anleger in notarieller Form deren Beitritt zur GbR. In derselben Urkunde bestellten die durch die S. GmbH vertretenen Gesellschafter entsprechend der Vorgabe in § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags die Dr. G. GmbH als gemeinsam bevollmächtigte Geschäftsbesorgerin und bestätigten die Fortsetzung des mit ihr bereits bestehenden Grundbuchtreuhandvertrags. Die Geschäftsbesorgerin, die ebenfalls über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, wurde anstelle der GbR als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen und hielt die Grundstücke treuhänderisch für die GbR. Nach § 1 Abs. 4 des Geschäftsbesorgungsvertrags war die Geschäftsbesorgerin bevollmächtigt, das Gesamthandsvermögen der GbR in voller Höhe der unbeschränkten Haftung zu unterwerfen und die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu verpflichten. In § 4 Abs. 2 bevollmächtigten die Gesellschafter die Geschäftsbesorgerin darüber hinaus, sie in diesem Umfang der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen als Teilschuldner zu unterwerfen.
5
Die GbR, vertreten durch die Dr. G. GmbH, hatte bereits am 22. Oktober 1992 mit der B. Sparkasse, einer Abteilung der Landesbank B. , drei Darlehensverträge über einen Gesamtbetrag von 20.600.000 DM geschlossen. Die Verträge wurden seitens der GbR jeweils mit dem Zusatz „mit teilschuldnerischer Haftung der Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen“ unterzeichnet. Die GbR bestellte Sicherungsgrundschulden in entsprechender Höhe zugunsten der Darlehensgläubigerin.
6
Nach den insoweit gleichlautenden Darlehensverträgen haften mehrere Darlehensnehmer „als Teilschuldner entsprechend der gesellschaftlichen Beteiligung“. Unter der Überschrift „Erfüllung“ ist bestimmt: Sie [die Bank] ist berechtigt, die Zahlungen nach eigenem Ermessen auf die geschuldeten Leistungen zu verrechnen und wenn mehrere Schuldverhältnisse mit ihr bestehen, zu bestimmen, auf welches Schuldverhältnis und auf welche geschuldeten Leistungen Zahlungen zu verrechnen sind.
7
Die Darlehensverträge nehmen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Darlehensgläubigerin Bezug. Darin heißt es unter „22. Verwertung von Sicherheiten“: Wenn der Kunde seinen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit nicht nachkommt, ist die Sparkasse berechtigt, die Sicherheiten ohne gerichtliches Verfahren unter tunlichster Rücksichtnahme auf den Kunden zu beliebiger Zeit an einem ihr geeignet erscheinenden Ort auf einmal oder nach und nach zu verwerten … Unter mehreren Sicherheiten hat die Sparkasse die Wahl. Sie darf zunächst aus dem sonstigen Vermögen des Kunden Befriedigung suchen.
8
Mit Schreiben vom 18. Mai 2003 kündigte der Beklagte das Gesellschaftsverhältnis fristlos und berief sich darauf, mangels Wirksamkeit der erteilten Vollmacht der GbR nicht wirksam beigetreten zu sein.
9
Die Darlehensgläubigerin erhob im Dezember 2003 Klage gegen die GbR und den Beklagten dieses Rechtsstreits mit dem Antrag auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus ungerechtfertigter Bereicherung, hilfsweise beantragte sie die Feststellung, dass die Darlehensverträge wirksam seien. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. November 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Februar 2005 gab das Landgericht Berlin (Az. 4 O 1/04) unter Klageabweisung im Übrigen dem Hilfsantrag statt.
10
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 kündigte die Darlehensgläubigerin die Darlehen wegen Zahlungsverzugs und stellte den Gesamtsaldo der Darlehen einschließlich aufgelaufener Zinsen in Höhe von 11.186.877,52 € fällig. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte sie den Beklagten unter Fristsetzung zum 20. Dezember 2004 auf, entsprechend seiner Beteiligung am Gesamtkapital der GbR 72.689,26 € an sie zu zahlen.
11
Die Darlehensgläubigerin reichte im Dezember 2007 wegen dieser Forderung gegen den Beklagten Klage ein, obwohl zu diesem Zeitpunkt über das Vermögen der GbR bereits das Insolvenzverfahren eröffnet war. Noch vor deren Zustellung hat der Kläger den Rechtsstreit übernommen.
12
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben , das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
14
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
15
Die Klage sei zulässig. Die Rechtskraft des im Rechtsstreit zwischen der Darlehensgläubigerin einerseits und der GbR sowie dem Beklagten andererseits vom Landgericht Berlin erlassenen Urteils stehe nicht entgegen, da unterschiedliche Streitgegenstände vorlägen. Die Haftung des Beklagten folge aus §§ 128, 130 HGB analog i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nF (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB). Einwendungen aus dem Recht der GbR gegen die Wirksamkeit der Darlehensverträge seien gem. § 129 HGB analog infolge des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Berlin ausgeschlossen. Ob die der S. GmbH erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, könne dahinstehen, da der Beitritt nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft wirksam sei. Der Beklagte hafte für die vor seinem Beitritt eingegangenen Verbindlichkeiten der GbR, weil diese für ihn erkennbar gewe- sen seien. Zwar sei die kraft Gesetzes bestehende gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten auf seine Quote an dem Gesellschaftsvermögen beschränkt worden. Die Quote berechne sich aber nicht aus dem jeweiligen Stand der Darlehensforderungen. Weder freiwillige Tilgungsleistungen der Gesellschaft noch im Wege der Zwangsvollstreckung erzielte Erlöse verringerten den Haftungsumfang. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der Darlehensverträge unter Berücksichtigung der im Gesellschaftsvertrag geregelten Haftung.
16
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand.
17
1. Die Revision ist, soweit sie sich gegen den Grund des vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruchs richtet, unstatthaft und damit unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen ist.
18
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf die Höhe des gegen den Beklagten bestehenden Zahlungsanspruchs zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, aber, was ausreichend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2007 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, 3177; BGH, Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11), aus den Urteilsgründen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung für die Zulassung der Revision zielt auf die Frage ab, ob und in welchem Umfang bei einer vereinbarten quotalen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen die Haftung der Gesellschafter mindern und ob die im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1996 aufgestellten Grundsätze trotz Änderung der Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiter Gültigkeit haben. Diese Frage betrifft lediglich die Höhe des eingeklagten Anspruchs. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe ist möglich (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98, NJW 1999, 500; vgl. auch Beschluss vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77, NJW 1979, 551; Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11 zur Beschränkung auf den Anspruchsgrund; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 543 Rn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 543 Rn. 23). Es handelt sich um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs, auf den der Beklagte selbst seine Revision hätte begrenzen können. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung so auszulegen , dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen hat (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4).
19
2. Soweit die Revision zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg.
20
a) Die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Berlin vom 17. November 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Februar 2005 (Az. 4 O 1/04) steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, da nicht über denselben prozessualen Anspruch entschieden worden ist. Auch wenn die Zulassung der Revision beschränkt ist, hat das Revisionsgericht hinsichtlich des Teils, für den die Revision zugelassen ist, die Zulässigkeit der Klage zu prüfen (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 543 Rn. 20).
21
Der Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits erschließt sich bei einem - hier hinsichtlich des Hauptantrags - klageabweisenden Urteil, dessen Urteilsformel keine Aufschlüsse zulässt, stets erst aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen einschließlich des in Bezug genommenen Parteivorbringens. Allerdings können die Parteien den Streitgegenstand nicht durch Gestaltung ihres Vortrags willkürlich begrenzen. Der Streitgegenstand wird vielmehr durch den prozessualen Anspruch und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bestimmt, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht. Von ihm erfasst werden sämtliche materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt herleiten lassen (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, WM 2009, 501 Rn. 45, insoweit nicht in BGHZ 179, 146; Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 53). Infolgedessen hat die Rechtskraft des Urteils im ersten Prozess nicht nur die Präklusion der dort vorgetragenen Tatsachen , sondern auch der nicht vorgetragenen, zu dem Lebenssachverhalt gehörenden Tatsachen zur Folge, sofern sie nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind (BGH, Urteil vom 17. März 1995 - V ZR 178/93, MDR 1995, 1062 f.) oder der Entscheidung unmissverständlich der Wille des Gerichts zu entnehmen ist, über den zu Grunde liegenden Anspruch nicht abschließend zu erkennen und dem Kläger so eine erneute Klage zu diesem Anspruch auf der gleichen tatsächlichen Grundlage und aufgrund von bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegenden Umständen vorzubehalten (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, WM 2009, 501 Rn. 45, insoweit nicht in BGHZ 179, 146).
22
Nach diesen Maßstäben hat die Rechtskraft des - den Zahlungsantrag abweisenden - Urteils des Landgerichts Berlin im Vorprozess nicht die Unzulässigkeit der nunmehr erhobenen Klage auf anteilige Rückzahlung des offenen Darlehenssaldos nach Kündigung des Darlehens zur Folge. Die Darlehensgläubigerin und Klägerin des Vorprozesses hat die Darlehensverträge erst nach dem Abschluss des Vorprozesses gekündigt, in dem sie den Zahlungsanspruch noch auf die Unwirksamkeit der Darlehensverträge gestützt hatte. Bei einem wirksamen Darlehensvertrag setzt der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta vor Ablauf der Laufzeit des Darlehens eine Kündigung voraus. Da die Kündigung nicht Gegenstand des zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhaltes war, konnte die Gläubigerin diese nachholen. Im Übrigen ergibt sich auch aus den Entscheidungsgründen mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass das Gericht des Vorprozesses Ansprüche, die eine noch zu erklärende Kündigung voraussetzen, nicht zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht hat .
23
Soweit das Landgericht in seinem Urteil im Vorprozess auch einen möglichen Anspruch auf rückständige Raten angesprochen hat, hat es über diesen Anspruch ersichtlich nicht entscheiden wollen, wie sich aus dem insoweit eindeutigen Eingang der Entscheidungsgründe ergibt. Zu dem Anspruch auf rückständige Raten ist lediglich ausgeführt, dass zu deren Höhe nicht vorgetragen sei. Nur in der Klageschrift sei auf den Betrag der ausgereichten Darlehensvaluta hingewiesen und seien die geleisteten Zahlungen betragsmäßig genannt. Anhaltspunkte, in welcher konkreten Höhe Raten offen stünden, fehlten. Diese Ausführungen sind ersichtlich so zu verstehen, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die Klägerin wolle ihren mit dem Hauptantrag gestellten, aus Bereicherungsrecht hergeleiteten Zahlungsantrag nicht (auch) auf einen Anspruch auf rückständige Raten stützen und es habe daher auch nicht über einen solchen Anspruch zu entscheiden.
24
Die Auffassung, die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess habe nicht die Unzulässigkeit der Klage zur Folge, steht, anders als die Revision meint, nicht in Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2002 (XI ZR 90/02, BGHZ 153, 239, 242). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass die Rechtskraft eines klageabweisenden Versäumnisurteils die erneute Geltendmachung des Klageanspruchs in jedem Fall unzulässig macht. Dies gilt jedoch nicht gleichermaßen, wenn - wie hier - die Klage im ersten Prozess durch streitiges Urteil abgewiesen wurde. Denn anders als in diesem Fall lässt sich bei einer allein auf der Säumnis des Klägers beruhenden Abweisung der Klage gemäß § 330 ZPO nicht feststellen, ob die Klage wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals, das im neuen Prozess vorgetra- gen wird, abgewiesen wurde oder ob das Gericht nur eine eingeschränkte Entscheidung treffen wollte.
25
b) Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte für die Darlehensverbindlichkeiten der GbR analog §§ 128, 130 HGB i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nF haftet und der Kläger gemäß § 93 InsO berechtigt ist, die persönliche Haftung des Beklagten geltend zu machen. Dies unterliegt nicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung, weil die Zulassung der Revision, wie dargelegt, wirksam auf die Anspruchshöhe beschränkt ist.
26
c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte dem Kläger anteilige Rückzahlung der Darlehensbeträge in der geltend gemachten Höhe schuldet. Die quotale Haftung des Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der GbR bemisst sich nach den ursprünglichen Darlehensbeträgen zuzüglich Zinsen und Kosten. Die im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch offene Darlehensschuld ist wegen des Grundsatzes der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung zwar gleichfalls zu berücksichtigen. Sie bildet aber lediglich die Obergrenze seiner Haftung. Da diese Obergrenze nicht überschritten ist, verringern die aus der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung der Gesellschaftsgrundstücke erzielten Erlöse die persönliche Haftung des Beklagten nicht.
27
aa) Der Beklagte, der noch unter der Geltung der Doppelverpflichtungstheorie der Fondsgesellschaft beigetreten ist, haftet für die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt auf den seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Teilbetrag der Verbindlichkeiten. Seine kraft Gesetzes (§ 128 HGB analog) unbeschränkte persönliche Haftung als Gesellschafter wurde in den Darlehensverträgen zwischen der GbR und der Darlehensgeberin ausdrücklich auf den seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Teilbetrag der Darlehen nebst Zinsen und Kosten be- schränkt. Unabhängig davon können sich Gesellschafter geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die - wie der Beklagte - der Gesellschaft zu einer Zeit beigetreten sind, als nach der Lehre von der Doppelverpflichtung die Haftung der Gesellschafter rechtsgeschäftlich vereinbart werden musste, auch nach der Änderung der Rechtsprechung zur Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 27. September 1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315; Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) aus Gründen des Vertrauensschutzes für die davor geschlossenen Verträge weiterhin auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung unter der Voraussetzung berufen, dass die Haftungsbeschränkung dem Vertragspartner mindestens erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Prospekt und Gesellschaftsvertrag weisen deutlich auf die nur quotale Haftung der künftig beitretenden Gesellschafter hin. Dass der Beklagte nur quotal entsprechend seiner Beteiligung an der GbR haftet , wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
28
bb) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 26 ff.; Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 45), sind Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen nicht kraft Gesetzes auf die Haftungsanteile anzurechnen. Aus der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung als akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 358) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Grundsatz der Akzessorietät von Gesellschaftsschuld und Gesellschafterhaftung besagt lediglich, dass der Bestand der Gesellschaftsschuld die Obergrenze für die jeweilige persönliche Haftung der Gesellschafter bildet. Ob und in welchem Umfang Leistungen aus dem Ge- sellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nicht nur die Schuld der Gesellschaft, sondern auch den Haftungsbetrag jedes einzelnen Gesellschafters verringern, beurteilt sich ausschließlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung.
29
cc) Den zwischen der GbR und der Darlehensgeberin (Schuldnerin) geschlossenen Vereinbarungen lässt sich eine Beschränkung der Haftung der Gesellschafter dahingehend, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung den Haftungsbetrag des quotal haftenden Gesellschafters unmittelbar verringern, nicht entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Parteivereinbarungen ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass die Parteien die Haftung des Beklagten auf den seiner Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Anteil am Nominalbetrag des Darlehens zuzüglich Zinsen und Kosten beschränkt haben und sich dieser Haftungsbetrag durch Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht verändern sollte, solange er den Bestand der Schuld der Gesellschaft übersteigt.
30
Die Auslegung des Berufungsgerichts berücksichtigt die anerkannten Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157). Sie steht entgegen der Auffassung der Revision mit dem Wortlaut der Darlehensverträge in Einklang. Die Formulierung , dass die Gesellschafter als Teilschuldner entsprechend der gesellschaftlichen Beteiligung für die Darlehensbeträge haften, besagt ebenso wenig wie der Begriff der quotalen Haftung etwas darüber, ob sich die anteilige Haftung auf das ursprüngliche Darlehen oder auf die nach Verrechnung der Erlöse aus der Zwangsverwaltung und Verwertung des Gesellschaftsgrundstücks verbleibende Darlehensschuld beziehen soll. Die wortgleiche Regelung in allen drei Darle- hensverträgen unter der Überschrift „Erfüllung“, mit der § 366 BGB abbedungen wird, stützt die Auslegung des Berufungsgerichts. Dabei kann dahin stehen, ob diese Klausel gem. § 9 AGBG aF (§ 307 Abs. 1 BGB) nichtig ist, weil sie, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln sollte, den Vertrags- partner unangemessen benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1999 - XI ZR 155/98, ZIP 1999, 744, 745; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 366 Rn. 8). Jedenfalls schließt sie einen übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien aus, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen die Haftung der Gesellschafter ohne weiteres vermindern sollten. Denn nach der beabsichtigten Regelung sollte allein die finanzierende Bank entscheiden können, worauf Zahlungen angerechnet werden.
31
Das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis ist interessengerecht. Die persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter entspricht dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen , weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt (BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 373). Sie ist, da in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts jegliche Kapitalerhaltungsregeln fehlen, neben dem Gesellschaftsvermögen wesentliche Grundlage für die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft. Nach dem gesetzlichen Regelfall ist der Kreditgeber neben dem Gesellschaftsvermögen zusätzlich durch die persönliche Haftung der Gesellschafter gesichert. Begnügt er sich abweichend von der nach dem Gesetz regelmäßig eintretenden gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter mit deren teilschuldnerischen Haftung entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, sollen jedoch darüber hinaus Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen die vom ursprünglichen Darlehen berechneten Haftungsbeträge der Gesellschafter vermindern , bedarf dies, nimmt man § 128 HGB in den Blick, einer - hier nicht gegebenen - eindeutigen Vereinbarung (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 34; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 53).
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Werden Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen auf die Haftungsbeträge der Gesellschafter nicht angerechnet, besteht nicht die Ge- fahr, dass die Gesellschafter für eine Verbindlichkeit haften, obwohl die Gesellschaftsschuld erloschen ist. Vielmehr scheidet eine doppelte Befriedigung der Gläubigerin wegen der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung von vornherein aus. Erlangt die Beklagte Zahlung in Höhe der noch offenen Darlehensschuld und erlischt diese, schulden auch die Gesellschafter nichts mehr (§ 129 HGB).
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dd) Eine abweichende Beurteilung der quotalen Haftung des Beklagten ergibt sich weder aus dem Fondsprospekt noch aus dem Gesellschaftsvertrag.
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Zwar richtet sich grundsätzlich ausschließlich nach den Darlehensverträgen , ob und in welchem Umfang die Haftung des Beklagten als Gesellschafter gegenüber der gesetzlichen Haftung nach § 128 HGB beschränkt wurde. Wie oben (II. 2. c) aa)) ausgeführt, können aber die Kläger, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge noch nicht Gesellschafter waren, der Beklagten jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung entgegenhalten, sofern diese für die Beklagte mindestens erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5). Gleiches gilt für den Fondsprospekt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 56).
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Indes kann weder dem Prospekt noch dem Gesellschaftsvertrag entnommen werden, dass Zahlungen der Gesellschaft und Erlöse aus der Verwertung der Fondsgrundstücke die jeweiligen Haftungsanteile der Gesellschafter verringern sollten. Die Formulierungen des Fondsprospekts ebenso wie diejenigen des Gesellschaftsvertrags betonen lediglich die quotale Haftung der Gesellschafter ; sie legen aber nicht fest, dass der jeweilige Haftungsbetrag des einzelnen Gesellschafters nicht nach dem ursprünglichen Darlehensbetrag, sondern nach der - um die Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen - verringerten , zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch offenen Darlehensschuld zu berechnen wäre.
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3. Gegen die Höhe der vom Kläger errechneten Darlehensschuld bei Kündigung des Darlehens wendet sich die Revision nicht.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.03.2009 - 38 O 6/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.08.2009 - 24 U 50/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 82/02
vom
7. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Ob eine Rechtsfrage, deren Beantwortung die gegen eine Nichtzulassung der
Revision beschwerdeführende Partei für grundsätzlich hält, entscheidungserheblich
ist, kann der Bundesgerichtshof im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
nur auf der Grundlage der Erkenntnisse beurteilen, die ihm in diesem Verfahrensabschnitt
zulässigerweise hierzu zur Verfügung stehen.
BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003 - X ZR 82/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin
Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
am 7. Januar 2003

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem am 22. Januar 2002 verkündeten Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.032.075,70

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt den beklagten Landschaftsverband auf Schadensersatz in Anspruch, weil er 1998 einen im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland als Auftraggeberin zu vergebenden und vergebenen Auftrag auf Anweisung des Bundesministeriums für Verkehr nicht ihr, sondern einem anderen Bieter erteilte. Die Klage und die Berufung der Klägerin sind
erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten bei der Ausschreibung (c.i.c.) verneint, weil der Beklagte nicht der öffentliche Auftraggeber habe sein sollen und er auch weder am Vertragsschluß ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt, noch die Vertragsverhandlungen durch Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens beeinflußt habe, wie es die Rechtsprechung für eine persönliche Haftung eines Vertreters oder eines Verhandlungsgehilfen verlange. Auch einen deliktischen Schadensersatzanspruch hat das Berufungsgericht verneint, und zwar, weil der nicht durch ein Organ des Beklagten ausgesprochene Zuschlag nicht auf einer eigenen Entscheidung von Mitarbeitern des Beklagten, sondern auf einer den Beklagten bindenden Weisung des Bundesverkehrsministeriums beruht habe und daher nach § 831 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a.F.) eine Haftung des Beklagten ausscheide. Das Berufungsgericht hat deshalb die in der Instanz streitig erörterte Frage offengelassen, ob der mit der Klage gerügte Verstoß gegen vor dem 1. Januar 1999 zu beachtende Vergaberegeln überhaupt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB a.F. betreffe , und die wegen dieser Rechtsfrage angeregte Zulassung der Revision nicht ausgesprochen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie macht eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache geltend, die gegeben sei, weil das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, an einer deliktischen Haftung des Beklagten fehle es jedenfalls wegen §§ 831, 89 BGB a.F.. Nach näher angegebenem tatsächlichen Vorbringen der Parteien in den Tatsacheninstanzen, das vom Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, könne der Entlastungsbeweis nach § 831 BGB a.F. nicht
als erbracht angesehen werden. Deshalb stelle sich die Frage nach dem Schutzgesetzcharakter von vor dem 1. Januar 1999 geltenden Vergabevor- schriften, die in Rechtsprechung und Literatur umstritten, aber höchstrichterlich nicht entschieden sei und höchstrichterlicher Klärung bedürfe, weil sie in einer Vielzahl von Fällen entscheidende Bedeutung erlangen könne.
II. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. a) Im Rahmen dieses Rechtsmittels prüft der Bundesgerichtshof nur den dargelegten Zulassungsgrund (BGH, Beschl. v. 23.07.2002 - VI ZR 91/02, NJW 2002, 3334). Da hinsichtlich der Auffassung des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe - soweit er auf unerlaubte Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB a.F.) gestützt sei - deshalb nicht, weil die Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Zuordnung nach den §§ 89, 831 BGB a.F. nicht gegeben seien, ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist, hat der Senat im vorliegenden Verfahren hiervon auszugehen.

b) Dann aber besteht wegen der Frage, ob bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des Vergaberechts im GWB am 1. Januar 1999 zu beachtende Vergaberechtsregeln Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB a.F. waren , eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht. Grundsätzliche Bedeutung kann einer Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (BGH, Beschl. v. 01.10.2002 - XI ZR 71/02, ZIP 2002, 2148). Voraussetzung ist dabei nicht allein, daß eine klärungsbedürftige Frage dieser Art überhaupt besteht (vgl. May, Die Revision, IV Rdn. 63); sie
muß auch in dem anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden sein (vgl. Zöller/ Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 11 m.w.N.), sie muß – mit anderen Worten – entscheidungserheblich sein (Wenzel, NJW 2002, 3353, 3354. Denn auch ein Revisionsgericht hat nicht die Aufgabe, abstrakte Rechtsfragen zu beantworten ; auch ein Revisionsgericht kann nur wegen einer Streitfrage angerufen werden, die sich im konkreten Rechtsstreit stellt. Der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, daß sich wegen einer Rechtsfrage, deren abschließende Beantwortung durch eine übergeordnete Instanz zur Beseitigung bestehender Zweifel im Interesse der Rechtssicherheit liegen kann, diese Instanz mit dem zugrundeliegenden Rechtsstreit sachlich nur zu befassen hat, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage im Hinblick auf die Entscheidung in diesem Rechtsstreit notwendig ist, liegt auch der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anrufung des Großen Senats und der Vereinigten Großen Senate zugrunde. Insoweit ist anerkannt, daß es auf die Rechtserheblichkeit der streitigen (vorgelegten ) Rechtsfrage ankommt (BGH Vereinigte Große Senate, Beschl. v. 05.05.1994 - VGS 1-4/93, BGHZ 126, 63).

c) Ob eine Rechtsfrage, deren Beantwortung die gegen eine Nichtzulassung der Revision beschwerdeführende Partei für grundsätzlich hält, entscheidungserheblich ist, kann der Bundesgerichtshof im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur auf der Grundlage der Erkenntnisse beurteilen, die ihm in diesem Verfahrensabschnitt zulässigerweise hierzu zur Verfügung stehen. Da der Senat im derzeitigen Verfahrensstand - wie ausgeführt - davon auszugehen hat, daß die Klage ohnehin abzuweisen ist, geht diese Erkenntnis hier jedoch dahin, daß sich die als grundsätzlich angesehene Frage im vorliegenden Fall nicht stellt.

d) Hiernach reicht es für die Annahme grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache durch den Bundesgerichtshof nicht aus, daß im Falle der Zulassung der Revision wegen der in diesem Falle weiterreichenden Überprüfungsmöglichkeiten eine Rechtsfrage durchaus noch entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen kann, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten oder deren Beantwortung wegen anderer Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren kann. An dieser Auslegung von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Senat nicht durch frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehindert, wonach eine Rechtssache auch dann grundsätzliche Bedeutung haben kann, wenn das Berufungsgericht die Rechtsfrage, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung für wünschenswert erachtet wird, nicht zum Nachteil der aus anderen Gründen unterlegenen Partei entschieden hat, wenn also die unterlegene Partei durch die Behandlung dieser besonderen Rechtsfrage in der Begründung des angefochtenen Urteils nicht beschwert ist (BGH, Urt. v. 26.10.1953 - I ZR 114/52, NJW 1954, 110). Denn diese Rechtsprechung betraf die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht, die hier nicht vorliegt und an die der Senat nach § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO gebunden wäre. Es kann deshalb hier auch dahinstehen , ob für den seit dem 1. Januar 2002 geltenden Rechtszustand dieser Rechtsprechung beigetreten werden könnte, insbesondere vor dem Hintergrund , daß es ein Anliegen der ZPO-Reform ist, die Letztentscheidungskompetenz grundsätzlich den Berufungsgerichten zuzuweisen und die Rechtskontrolle , die der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht zu leisten hat, auf die Fälle zu konzentrieren, in denen dies unbedingt nötig erscheint.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck