Landgericht München II Endurteil, 01. März 2019 - 11 O 4716/17 Fin
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 95.743,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.038,66 € ab dem 5.01.2014, aus 10.077,32 € ab dem 5.02.2014, aus 15.115,98 € ab dem 5.03.2014, aus 20.154,64 € ab dem 5.04.2014, aus 25.193,30 € ab dem 5.05.2014, aus 30.231,96 € ab dem 5.06.2014, aus 35.270,62 € ab dem 5.07.2014, aus 40.309,28 € ab dem 5.08.2014, aus 45.347,94 € ab dem 5.09.2014, aus 50.386,60 € ab dem 5.10.2014, aus 55.425,26 € ab dem 5.11.2014, aus 60.463,92 € ab dem 5.12.2014, aus 65.502,58 € ab dem 5.01.2015, aus 70.541,24 € ab dem 5.02.2015, aus 75.579,90 € ab dem 5.03.2015, aus 80.618,56 € ab dem 5.04.2015, aus 85.657,22 € ab dem 5.05.2015, aus 90.695,88 € ab dem 5.06.2015 und aus 95.734,54 € ab dem 5.07.2015 zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 95.743,54 zuzüglich gesetzlicher Zinsen auf EUR 5.038,66 ab dem 5. Januar 2014 auf EUR 10.077,32 ab dem 5. Februar 2014 auf EUR 15.115,98 ab dem 5. März 2014 auf EUR 20.154,64 ab dem 5. April 2014 auf EUR 25.193,30 ab dem 5. Mai 2014 auf EUR 30.231,96 ab dem 5. Juni 2014 auf EUR 35.270,62 ab dem 5. Juli 2014 auf EUR 40.309,28 ab dem 5. August 2014 auf EUR 45.347,94 ab dem 5. September 2014 auf EUR 50.386,60 ab dem 5. Oktober 2014 auf EUR 55.425,26 ab dem 5. November 2014 auf EUR 60.463,92 ab dem 5. Dezember 2014 auf EUR 65.502,58 ab dem 5. Januar 2015 auf EUR 70.541,24 ab dem 5. Februar 2015 auf EUR 75.579,90 ab dem 5. März 2015 auf EUR 80.618,56 ab dem 5. April 2015 auf EUR 85.657,22 ab dem 5. Mai 2015 auf EUR 90.695,88 ab dem 5. Juni 2015 und auf EUR 95.734,54 ab dem 5. Juli 2015 zu zahlen.
Klageabweisung
Gründe
I.
II.
A)
B)
C)
D)
III.
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(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.
(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.
(2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig
- 1.
für die Ansprüche, die auf Grund der Beamtengesetze gegen den Fiskus erhoben werden; - 2.
für die Ansprüche gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen; - 3.
für Ansprüche, die auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation, auf die Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder auf die Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, gestützt werden; - 4.
für Verfahren nach - a)
(weggefallen) - b)
den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes, - c)
§ 26 des SE-Ausführungsgesetzes, - d)
§ 10 des Umwandlungsgesetzes, - e)
dem Spruchverfahrensgesetz, - f)
den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes;
- 5.
in Streitigkeiten - a)
über das Anordnungsrecht des Bestellers gemäß § 650b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - b)
über die Höhe des Vergütungsanspruchs infolge einer Anordnung des Bestellers (§ 650c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
- 6.
für Ansprüche aus dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.
(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließlich zuzuweisen.
(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidungen in Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e und Nummer 5 einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zu übertragen. In Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e darf die Übertragung nur erfolgen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2014 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger 65% und die Beklagte 35%.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung jeweils abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
7. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.815,60 € festgesetzt.
Gründe
Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit
die Klage abzuweisen.
1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth
2. Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
- Zwar haben die Kläger in der Zeit vom
- In der (vollständigen) Rückführung des Darlehens kann ein ein Vertrauen der Bank erzeugendes Umstandsmoment nicht gesehen werden, da die Rückzahlung erst nach Erklärung des Widerrufs erfolgt ist.
- Es bestand für die Beklagte die Möglichkeit der Nachbelehrung. Jedenfalls während der Laufzeit des Darlehens war es ihr zuzumuten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, weil der Mangel der Widerrufsbelehrung aus ihrer Sphäre herrührte und sie der gesetzlichen Verpflichtung unterlag, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen.
- Davon, dass die Kläger der Beklagten zu verstehen gegeben haben, ihr (fortbestehendes) Widerrufsrecht zu kennen, es aber nicht ausüben zu wollen, kann nach dem Parteivorbringen nicht ausgegangen werden.
- Unerheblich ist, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt ist, da eine Vertrauensbildung auf Seiten der beklagten Bank nicht von den - ihr auch in der Regel unbekannten - Motiven ihrer Kunden abhängen kann.
|
Darlehensvaluta zum Monatsende |
Gebrauchsvorteil i. H. v. 5,71% |
April 2008 |
49.875,00 € |
237,32 € |
Mai 2008 |
49.749,38 € |
236,72 € |
Juni 2008 |
49.623,12 € |
236,12 € |
Juli 2008 |
49.496,24 € |
235,52 € |
August 2008 |
49.368,72 € |
234,91 € |
September 2008 |
49.240,56 € |
243,90 € |
Oktober 2008 |
49.111,77 € |
233,69 € |
November 2008 |
48.982,32 € |
233,07 € |
Dezember 2008 |
48.852,24 € |
232,46 € |
Januar 2009 |
48.721,50 € |
231,83 € |
Februar 2009 |
48.590,10 € |
231,21 € |
März 2009 |
48.458,05 € |
230,58 € |
April 2009 |
48.325,34 € |
229,95 € |
Mai 2009 |
48.191,97 € |
229,31 € |
Juni 2009 |
48.057,93 € |
228,68 € |
Juli 2009 |
47.923,22 € |
228,03 € |
August 2009 |
47.787,84 € |
227,39 € |
September 2009 |
47.651,78 € |
226,74 € |
Oktober 2009 |
47.515,04 € |
226,09 € |
November 2009 |
47.377,61 € |
225,44 € |
Dezember 2009 |
47.239,50 € |
224,78 € |
Januar 2010 |
47.100,70 € |
224,12 € |
Februar 2010 |
46.961,20 € |
223,46 € |
März 2010 |
46.821,01 € |
222,79 € |
April 2010 |
46.680,11 € |
222,12 € |
Mai 2010 |
46.538,51 € |
221,45 € |
Juni 2010 |
46.396,20 € |
220,77 € |
Juli 2010 |
46.253,18 € |
220,09 € |
August 2010 |
46.109,45 € |
219,40 € |
September 2010 |
45.965,00 € |
218,72 € |
Oktober 2010 |
45.819,82 € |
218,03 € |
November 2010 |
45.673,92 € |
217,33 € |
Dezember 2010 |
45.527,29 € |
216,63 € |
Januar 2011 |
45.379,93 € |
215,93 € |
Februar 2011 |
45.231,83 € |
215,23 € |
März 2011 |
45.082,99 € |
214,52 € |
April 2011 |
44.933,40 € |
213,81 € |
Mai 2011 |
44.783,07 € |
213,09 € |
Juni 2011 |
44.631,98 € |
212,37 € |
Juli 2011 |
44.480,14 € |
211,65 € |
August 2011 |
44.327,54 € |
210,93 € |
September 2011 |
44.174,18 € |
210,20 € |
Oktober 2011 |
44.020,05 € |
209,46 € |
November 2011 |
43.865,15 € |
208,73 € |
Dezember 2011 |
43.709,48 € |
207,98 € |
Januar 2012 |
43.553,03 € |
207,24 € |
Februar 2012 |
43.395,79 € |
206,49 € |
März 2012 |
43.237,77 € |
205,74 € |
April 2012 |
43.078,96 € |
204,98 € |
Mai 2012 |
42.919,35 € |
204,22 € |
Juni 2012 |
42.758,95 € |
203,46 € |
Juli 2012 |
42.597,75 € |
202,69 € |
August 2012 |
42.435,73 € |
201,92 € |
September 2012 |
42.272,91 € |
201,15 € |
Oktober 2012 |
42.109,28 € |
200,37 € |
November 2012 |
41.944,82 € |
199,59 € |
Dezember 2012 |
41.779,55 € |
198,80 € |
Januar 2013 |
41.613,45 € |
198,01 € |
Februar 2013 |
41.446,51 € |
197,22 € |
März 2013 |
41.278,75 € |
196,42 € |
April 2013 |
41.110,34 € |
195,62 € |
Mai 2013 |
41.110,34 € |
156,49 € |
|
|
13.423,38 € |
|
Zum Monatsende entrichtete Zins- und Tilgungsleistungen |
Hierauf bezogene Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz |
April 2008 |
125,00 € |
0,61 € |
Mai 2008 |
500,00 € |
2,43 € |
Juni 2008 |
875,00 € |
4,15 € |
Juli 2008 |
1.250,00 € |
5,93 € |
August 2008 |
1.625,00 € |
7,71 € |
September 2008 |
2.000,00 € |
9,48 € |
Oktober 2008 |
2.375,00 € |
11,26 € |
November 2008 |
2.750,00 € |
13,04 € |
Dezember 2008 |
3.125,00 € |
10,73 € |
Januar 2009 |
3.500,00 € |
12,02 € |
Februar 2009 |
3.875,00 € |
13,30 € |
März 2009 |
4.250,00 € |
14,59 € |
April 2009 |
4.625,00 € |
15,88 € |
Mai 2009 |
5.000,00 € |
17,17 € |
Juni 2009 |
5.375,00 € |
11,74 € |
Juli 2009 |
5.750,00 € |
12,55 € |
August 2009 |
6.125,00 € |
13,37 € |
September 2009 |
6.500,00 € |
14,19 € |
Oktober 2009 |
6.875,00 € |
15,01 € |
November 2009 |
7.250,00 € |
15,83 € |
Dezember 2009 |
7.625,00 € |
16,65 € |
Januar 2010 |
8.000,00 € |
17,47 € |
Februar 2010 |
8.375,00 € |
18,29 € |
März 2010 |
8.750,00 € |
19,10 € |
April 2010 |
9.125,00 € |
19,92 € |
Mai 2010 |
9.500,00 € |
20,74 € |
Juni 2010 |
9.875,00 € |
21,56 € |
Juli 2010 |
10.250,00 € |
22,38 € |
August 2010 |
10.625,00 € |
23,20 € |
September 2010 |
11.000,00 € |
24,02 € |
Oktober 2010 |
11.375,00 € |
24,84 € |
November 2010 |
11.750,00 € |
25,65 € |
Dezember 2010 |
12.125,00 € |
26,47 € |
Januar 2011 |
12.500,00 € |
27,29 € |
Februar 2011 |
12.875,00 € |
28,11 € |
März 2011 |
13.250,00 € |
28,93 € |
April 2011 |
13.625,00 € |
29,75 € |
Mai 2011 |
14.000,00 € |
30,57 € |
Juni 2011 |
14.375,00 € |
34,38 € |
Juli 2011 |
14.750,00 € |
35,28 € |
August 2011 |
15.125,00 € |
36,17 € |
September 2011 |
15.500,00 € |
37,07 € |
Oktober 2011 |
15.875,00 € |
37,97 € |
November 2011 |
16.250,00 € |
38,86 € |
Dezember 2011 |
16.625,00 € |
36,30 € |
Januar 2012 |
17.000,00 € |
37,12 € |
Februar 2012 |
17.375,00 € |
37,94 € |
März 2012 |
17.750,00 € |
38,75 € |
April 2012 |
18.125,00 € |
39,57 € |
Mai 2012 |
18.500,00 € |
40,39 € |
Juni 2012 |
18.875,00 € |
41,21 € |
Juli 2012 |
19.250,00 € |
42,03 € |
August 2012 |
19.625,00 € |
42,85 € |
September 2012 |
20.000,00 € |
43,67 € |
Oktober 2012 |
20.375,00 € |
44,49 € |
November 2012 |
20.750,00 € |
45,30 € |
Dezember 2012 |
21.125,00 € |
41,72 € |
Januar 2013 |
21.500,00 € |
42,46 € |
Februar 2013 |
21.875,00 € |
43,20 € |
März 2013 |
22.250,00 € |
43,94 € |
April 2013 |
22.625,00 € |
44,68 € |
Mai 2013 |
22.625,00 € |
35,75 € |
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1.607,02 € |
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für Verbraucherdarlehensverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist. Verbraucherdarlehensverträge sind Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.
(2) Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,
- 1.
bei denen der Nettodarlehensbetrag (Artikel 247 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) weniger als 200 Euro beträgt, - 2.
bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt, - 3.
bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen binnen drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind, - 4.
die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins (§ 6 der Preisangabenverordnung) abgeschlossen werden und anderen Personen nicht angeboten werden, - 5.
die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind, - 6.
bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge oder Immobilienverzehrkreditverträge gemäß Absatz 3 handelt.
(3) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die
- 1.
durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder - 2.
für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.
- 1.
pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und - 2.
erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.
(4) § 358 Abs. 2 und 4 sowie die §§ 491a bis 495 und 505a bis 505e sind nicht auf Darlehensverträge anzuwenden, die in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes gerichtliches Protokoll aufgenommen oder durch einen gerichtlichen Beschluss über das Zustandekommen und den Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt sind, wenn in das Protokoll oder den Beschluss der Sollzinssatz, die bei Abschluss des Vertrags in Rechnung gestellten Kosten des Darlehens sowie die Voraussetzungen aufgenommen worden sind, unter denen der Sollzinssatz oder die Kosten angepasst werden können.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sowie 505a bis 505e sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Bezieht sich der entgeltliche Zahlungsaufschub oder die sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe auf den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder auf den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten oder ist der Anspruch des Unternehmers durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert, so sind die für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge geltenden, in Satz 1 genannten Vorschriften sowie § 503 entsprechend anwendbar. Ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub gilt als entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß Satz 2, wenn er davon abhängig gemacht wird, dass die Forderung durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert wird.
(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass
- 1.
der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist, - 2.
der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder - 3.
der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
(3) Für Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben (Teilzahlungsgeschäfte), gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 zusätzlich die in den §§ 507 und 508 geregelten Besonderheiten.
(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind in dem in § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bestimmten Umfang nicht anzuwenden. Soweit nach der Vertragsart ein Nettodarlehensbetrag (§ 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1) nicht vorhanden ist, tritt an seine Stelle der Barzahlungspreis oder, wenn der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben hat, der Anschaffungspreis.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sowie 505a bis 505e sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Bezieht sich der entgeltliche Zahlungsaufschub oder die sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe auf den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder auf den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten oder ist der Anspruch des Unternehmers durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert, so sind die für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge geltenden, in Satz 1 genannten Vorschriften sowie § 503 entsprechend anwendbar. Ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub gilt als entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß Satz 2, wenn er davon abhängig gemacht wird, dass die Forderung durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert wird.
(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass
- 1.
der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist, - 2.
der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder - 3.
der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
(3) Für Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben (Teilzahlungsgeschäfte), gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 zusätzlich die in den §§ 507 und 508 geregelten Besonderheiten.
(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind in dem in § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bestimmten Umfang nicht anzuwenden. Soweit nach der Vertragsart ein Nettodarlehensbetrag (§ 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1) nicht vorhanden ist, tritt an seine Stelle der Barzahlungspreis oder, wenn der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben hat, der Anschaffungspreis.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Rückforderungs- und Feststellungsansprüche im Hinblick auf ein Darlehen zur Finanzierung der mittelbaren Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Die Klägerin und ihr Ehemann wurden Ende 1997/Anfang 1998 von einem Vermittler geworben, sich mit einer Anteilssumme von 120.000 DM zuzüglich 5% Agio über einen Treuhänder an der V. GbR zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts gewährte die Beklagte den Eheleuten mit Vertrag vom 30. Dezember 1997/26. Januar 1998 ein Darlehen über einen Nennbetrag von 140.000 DM mit einer Zinsfestschreibung bis zum 30. Januar 2003. Dem Darlehensvertrag war eine von den Eheleuten gesondert unterzeichnete "Belehrung über gesetzliches Widerrufsrecht" beigefügt.
- 3
- Nachdem das Darlehen zwischenzeitlich bereits einmal prolongiert worden war, unterbreitete die Beklagte den Eheleuten mit Schreiben vom 16. Januar 2008 unter Hinweis auf die am 30. Januar 2008 auslaufende vertraglich vereinbarte Zinsbindungsfrist ein Angebot zur Prolongation des Darlehens ("Angebot 1 zur Prolongation"), wobei sie alternativ den Abschluss einer zusätzlichen Zahlungsausfallversicherung anbot ("Angebot 2 zur Prolongation"). Dem Schreiben waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, die als "Widerrufsbelehrung" bzw. als "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" bezeichnet waren und dieselbe Darlehensvertragsnummer enthielten. Die "Widerrufsbelehrung" trug zusätzlich die Bezeichnung "Anlage zur Prolongation". Die "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" lautet auszugsweise wie folgt: "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb eines Monats ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen - eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und - die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurde."
- 4
- In dem Anschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 heißt es unter anderem: "Unterzeichnen Sie bitte das von Ihnen gewählte Prolongationsangebot …sowie die angeheftete Widerrufsbelehrung an den jeweils hierfür vorgesehenen Stellen und senden Sie es uns bis spätestens zum 15.02.2008 zurück. … Losgelöst hiervon, erhalten Sie in der Anlage die Widerrufsbelehrung zu Ihrer ursprünglichen Vertragserklärung, verbunden mit der Bitte, diese zur Kenntnis zu nehmen und zu Ihren Akten zu nehmen. Beabsichtigen Sie keines unserer Angebote anzunehmen, so ist das von Ihnen in Anspruch genommene Darlehen zurückzubezahlen. Den unter der Position "Darlehensstand per 30.01.2008" ausgewiesenen Betrag überweisen Sie bitte bis spätestens zum 30.01.2008 auf das oben genannte Darlehenskonto. … In der Hoffnung auf eine weiterhin angenehme Geschäftsverbindung verbleiben wir…"
- 5
- Die Eheleute nahmen keines der beiden Prolongationsangebote an, sondern erklärten mit Anwaltsschreiben vom 6. Februar 2008 gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.
- 6
- Mit ihrer aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt in der Hauptsache die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 37.707,28 € (48.846,86 € seit Vertragsabschluss geleistete Zinsraten abzüglich 11.139,28 € erhaltene Fondsausschüttungen) nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an dem Fondsanteil beantragt , des Weiteren die Feststellung, dass keine Rückzahlungsansprüche der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag bestehen und die Beklagte auch zum Ersatz des weiteren Vermögensschadens im Zusammenhang mit Erwerb und Finanzierung des Gesellschaftsanteils verpflichtet ist, sowie schließlich die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten in Bezug auf die Abtretung der Rechte am Gesellschaftsanteil. Hilfsweise hat sie die Neuberechnung der geleisteten Teilzahlungen mit einem Zinssatz von 4% nebst Erstattung der überzahlten Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass sie und ihr Ehemann aus dem Darlehensvertrag anstelle der vertraglich vereinbarten Zinsen lediglich solche in Höhe von 4% schulden. Sie hat die Auffassung vertreten , die Klageforderungen fänden ihre Grundlage sowohl in dem Widerruf der Darlehensvertragserklärungen der Eheleute als auch in Schadensersatzansprüchen wegen einer arglistigen Täuschung durch den Anlageberater, die der Beklagten, die mit den Fondsinitiatoren institutionalisiert zusammengearbeitet habe, nach den Grundsätzen des verbundenen Geschäfts zuzurechnen sei.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage nach den zuletzt gestellten Hauptanträgen - mit Ausnahme des auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des weiteren Vermögensschadens gerichteten Antrags, den es für unzulässig erachtet hat - stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Eheleute hätten durch die Widerrufserklärung vom 6. Februar 2008 wirksam von einem vertraglichen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht. Die Beklagte habe ihnen durch die Übersendung der Widerrufsbelehrung mit Schreiben vom 16. Januar 2008 die Vereinbarung eines Widerrufsrechts angeboten. In der Ausübung des Widerrufs liege die Annahmeerklärung.
- 11
- Das Begleitschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 enthalte, abgesehen von dem Hinweis, dass die Übersendung der Belehrung "losgelöst" vom Prolongationsangebot erfolge, keinerlei Erläuterung in Bezug auf die "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung". Die Widerrufsbelehrung sei als empfangsbedürftige Willenserklärung so auszulegen, wie sie die Eheleute als Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte hätten verstehen müssen. Entscheidend sei dabei nicht der Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens. Weder in der "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" noch im Begleitschreiben werde die Widerrufsbelehrung als "Nachbelehrung" bezeichnet oder würden Umstände bzw. Bedingungen benannt , bei deren Vorliegen die Widerrufsbelehrung Gültigkeit haben solle. Die Beklagte habe auch nicht etwa ausgeführt, dass die Übersendung der neuerlichen Belehrung aufgrund bei ihr entstandener Zweifel an der Wirksamkeit der Erstbelehrung erfolge. Davon, dass die neue Belehrung "vorsorglich" oder "fürsorglich" erfolge, sei keine Rede. Die Widerrufsbelehrung sei vielmehr einschränkungslos dahin formuliert, dass die Eheleute ihre Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen widerrufen könnten. Insgesamt verhalte die Belehrung sich allein zu den Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts ohne die Widerruflichkeit als solche einzuschränken.
- 12
- Weder sei erkennbar, dass die Eheleute tatsächlich gewusst hätten, dass allgemein oder bei der Beklagten rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der ursprünglich verwendeten Widerrufsbelehrung aufgekommen waren, noch sei ersichtlich, dass die Beklagte Anlass gehabt habe, bei der Klägerin und ihrem Ehemann eine solche Kenntnis anzunehmen oder die Beklagte überhaupt von einer derartigen Kenntnis ausgegangen sei. Die Eheleute hätten keinen Anlass zu der Annahme gehabt, die Widerrufsbelehrung solle nur vorsorglich erfolgen, während der Beklagten eine entsprechende Klarstellung ohne Weiteres möglich gewesen sei. Nur im Falle einer solchen - hier jedoch fehlenden - Klarstellung, dass die neue Widerrufsbelehrung lediglich gelten solle, sofern zum einen die alte Belehrung unwirksam sei und zum anderen bei Abschluss des Darlehensvertrages eine kausale Haustürsituation vorgelegen habe, könne eine Unmissverständlichkeit der Erklärung aus der Sicht eines unbefangenen Verbrauchers vorliegen, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung sie fordere. Daher hätten die Eheleute davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte ihnen ein von weiteren Voraussetzungen unabhängiges Widerrufsrecht habe einräumen wollen.
- 13
- Die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, die Klägerin und ihr Ehemann hätten nicht annehmen dürfen, ihnen solle ein Verzicht der Bank auf deren darlehensvertragliche Rechte angeboten werden. Weder die Widerrufsbelehrung noch das Begleitschreiben enthielten Hinweise darauf, dass der Sache nach ein solches Angebot unterbreitet werden solle. Vielmehr hätten die Eheleute nach der Belehrung über die Widerrufsfolgen davon ausgehen können , dass sie innerhalb von 30 Tagen empfangene Leistungen zurück zu gewähren und Zinsen als gezogene Nutzungen herauszugeben hätten. Für den Fall eines verbundenen Geschäfts, zu dessen Vorliegen die Belehrung keine Angaben enthalte, werde allein darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch an den anderen Vertrag nicht gebunden sei.
II.
- 14
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin und ihr Ehemann können den am 6. Februar 2008 erklärten Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mit Erfolg auf ein vertragliches Widerrufsrecht stützen. Ein solches Recht der Eheleute haben die Parteien nicht vereinbart. Der Abschluss einer derartigen Vereinbarung ist den Eheleuten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst beigefügter "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" angeboten worden.
- 15
- 1. Allerdings kann nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., Vor § 355 Rn. 5; Bamberger /Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; AnwK-BGB/Ring, § 355 Rn. 26; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl. Rn. 487; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).
- 16
- Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 15. Oktober 1980 (VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt) offen gelassen, ob die bei unklarer Rechtslage in einen (Bierlieferungs-)Vertrag aufgenommene "Belehrung über das Widerrufsrecht" als Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts auszulegen ist. In einem weiteren Urteil vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027) hat er angenommen, aus dem in einem auf Bargeschäfte zugeschnittenen Formularvertrag enthaltenen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit nach dem Abzahlungsgesetz ergebe sich für den Kunden ein vertragliches Rücktrittsrecht. Aus dieser Entscheidung wird im Schrifttum gefolgert, durch die Erteilung einer Widerrufsbelehrung an den Vertragspartner , dem nach den gesetzlichen Regelungen mangels Erfüllung der persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen kein Widerrufsrecht zustehe , werde im Zweifel ein vertragliches Widerrufsrecht begründet (MünchKommBGB /Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 58; vgl. auch Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; einschränkend OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; aA Münscher, WuB I E 1.-5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244).
- 17
- Ob immer dann, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts geschlossen werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht mehr ankäme und die betreffenden Vorschriften letztlich leer liefen. Ein solches Ergebnis dürfte mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen des Widerrufsrechts, die an bestimmte tatbestandliche Merkmale anknüpfen, zumindest Bedenken begegnen.
- 18
- 2. Im Streitfall bedürfen diese Zweifel keiner abschließenden Klärung, weil es sich vorliegend ohnehin nicht um die erstmalige Erteilung einer Widerrufsbelehrung handelt. Vielmehr enthielt bereits der Darlehensvertrag zwischen den Eheleuten und der Beklagten vom 30. Dezember 1997/26. Januar 1998 eine Widerrufsbelehrung ("Belehrung über gesetzliches Widerrufsrecht"), zu deren Wirksamkeit die Parteien in den Vorinstanzen entgegengesetzte Standpunkte eingenommen haben.
- 19
- a) Ob die Erteilung einer - objektiv nicht erforderlichen - nachträglichen Widerrufsbelehrung als Einräumung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts verstanden werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur ebenfalls umstritten. Im Schrifttum wird teilweise angenommen, für die nachträgliche Belehrung könne insoweit nichts anderes gelten als für die Erstbelehrung (Maier, VuR 2011, 225, 226; im Ergebnis ebenso Lindner, EWiR 2011, 43, 44; differenzierend hingegen Ebnet, NJW 2011, 1029, 1031). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sind mit dem hier streitgegenständlichen Anschreiben nebst Widerrufsbelehrung übereinstimmende nachträgliche Belehrungen der Beklagten zum Teil als Angebote auf Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts angesehen worden (OLG Dresden, Urteil vom 28. Mai 2009 - 8 U 1530/08, juris Rn. 27 f.), zum Teil ist eine solche Auslegung abgelehnt worden (OLG Nürnberg, WM 2011, 114 ff.). Das OLG München (WM 2003, 1324, 1326 f.) hat in der von einer Bank aus Unsicherheit über die Rechtslage nachträglich erteilten Erstbelehrung über ein - objektiv nicht bestehendes - Widerrufsrecht keine Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts gesehen (zustimmend Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1031; Münscher, WuB I E 1.-5.03).
- 20
- b) Unter welchen Voraussetzungen ein vertragliches Widerrufsrecht gegebenenfalls auch nachträglich vereinbart werden kann, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls das Begleitschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst der beigefügten "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" stellt sich bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts dar.
- 21
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das seiner rechtlichen Bewertung die Grundsätze über den durch normative Auslegung zu ermittelnden objektiven Erklärungswert von Individualerklärungen zugrunde gelegt hat, bestimmt sich der Auslegungsmaßstab allerdings vorliegend nicht nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB. Maßgebend ist vielmehr der für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltende Grundsatz der objektiven Auslegung. Auch nach diesem Maßstab erweist sich das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis jedoch als unzutreffend.
- 22
- (1) Vorformulierte Widerrufsbelehrungen der in Rede stehenden Art sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16; Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 141/09, juris Rn. 13; s. auch schon BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027) Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB (früher § 1 AGBG). Bestandteil der Widerrufsbelehrung ist vorliegend zudem, wie der erkennende Senat für ein insoweit gleichlautendes Anschreiben der Beklagten nebst identischer Widerrufsbelehrung entschieden hat (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 16), der den Bezug zu der ursprünglichen Vertragserklärung herstellende Passus des Begleitschreibens ("Losgelöst hiervon, erhalten Sie in der Anlage die Widerrufsbelehrung zu Ihrer ursprünglichen Vertragserklärung, verbunden mit der Bitte, diese zur Kenntnis zu nehmen und zu Ihren Akten zu nehmen.").
- 23
- (2) Nach ständiger Rechtsprechung gilt im Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung. Da- nach sind diese ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Außer Betracht zu bleiben haben dabei Verständnismöglichkeiten , die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind. Nur wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) zur Anwendung (BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 14 und Senatsurteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 29, jeweils mwN).
- 24
- bb) Im Streitfall ist das Begleitschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst der beigefügten "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen. Diese Auslegung kann der erkennende Senat, dem die über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinausgehende Verwendung der jeweils gleichlautenden Texte von Anschreiben bzw. Widerrufsbelehrung durch dieBeklagte aus mehreren Verfahren bekannt ist, selbst vornehmen (Senatsurteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 29 mwN).
- 25
- (1) Allerdings genügte das Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 an die Eheleute nebst der beigefügten "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" - wie der erkennende Senat mit Beschluss vom 15. Februar 2011 (XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 13 ff.) für ein gleichlautendes Anschreiben der Beklagten mit identischer Widerrufsbelehrung entschieden hat - nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nachbelehrung i.S.v. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB. Zum einen ist das von der Beklagten für die Widerrufsbelehrung verwendete Belehrungsformular aufgrund seiner missverständlichen Fassung objektiv geeignet, den Verbraucher - hier die Klägerin und ihren Ehemann - über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig zu informieren (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 13 unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 ff.). Zum anderen wird die Textstelle des Begleitschreibens der Beklagten , die überhaupt erst den Bezug zur ursprünglichen Vertragserklärung der Darlehensnehmer herstellt ("Losgelöst hiervon …"), dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht gerecht, weil sie weder drucktechnisch deutlich gestaltet noch ihr unmissverständlich zu entnehmen ist, dass der Kunde seine ursprüngliche Vertragserklärung - noch - widerrufen kann (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 14 - 16).
- 26
- Daraus, dass die betreffende Formulierung des Begleitschreibens nebst dem Text der Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen an eine Nachbelehrung über ein etwa ursprünglich bestehendes Widerrufsrecht nicht genügt, folgt indes nicht, dass umgekehrt die als solche unzureichende Nachbelehrung aus der Sicht eines juristisch nicht vorgebildeten Durchschnittskunden sich sogar als Einräumung eines neuen, eigenständigen Widerrufsrechts hinsichtlich seiner ursprünglichen Vertragserklärung darstellt. Das verkennt das Berufungsgericht, das sein Auslegungsergebnis im Wesentlichen nur damit begründet hat, weder das Begleitschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 noch die beigefügte "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" seien als "Nachbelehrung" bezeichnet bzw. enthielten eine entsprechende Erläuterung oder Klarstellung. Hierdurch allein wird indes der maßgebliche Auslegungsstoff nicht ausgeschöpft.
- 27
- (2) Zwar besteht nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung ein an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Recht zum Widerruf innerhalb eines Monats und beginnt der Lauf dieser Frist einen Tag nach Zurverfügungstellung "dieser" Widerrufsbelehrung. Indes wurde nach der ausdrücklichen Formulierung im Begleitschreiben die Widerrufsbelehrung dem Kunden lediglich mit der Bitte übersandt, sie "zur Kenntnis zu nehmen", was die Einordnung dieses Vorgangs als Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung jedenfalls nicht nahelegt. Die Frage nach dem zutreffenden Verständnis der Widerrufsbelehrung sowie des Anschreibens der Beklagten vom 16. Januar 2008 aus objektiver Kundensicht kann aber ohnehin nicht mit Blick allein auf den Wortlaut dieser Erklärungen, sondern nur unter Berücksichtigung des Vertragsverhältnisses der Parteien insgesamt beantwortet werden. Denn nur in diesem Rahmen hat die Beklagte die fragliche Belehrung erteilt und wollte sie diese - auch aus Sicht des Darlehensnehmers - erteilen.
- 28
- (a) Hinsichtlich des Darlehensvertrags der Parteien aber hatte die Beklagte den Eheleuten schon bei Vertragsabschluss am 30. Dezember 1997/ 26. Januar 1998 eine Widerrufsbelehrung erteilt. Insoweit unterscheidet der Streitfall sich grundlegend von dem Sachverhalt, der dem Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027) zugrunde lag. Die dort vorgenommene Auslegung hatte eine Erstbelehrung der Kundin zum Gegenstand. Vorliegend indes wurde das Vertragsverhältnis zu dem Zeitpunkt, als die Eheleute mit dem Begleitschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 die diesem beigefügte Widerrufserklärung erhielten, von den Parteien bereits seit nahezu zehn Jahren vollzogen. Irgendein tatsächlicher Anhaltspunkt, der aus objektiver Sicht eines Darlehensnehmers die Annahme hätte begründen können, die darlehensgebende Bank wolle ihm derart lange Zeit nach dem Vertragsschluss aus freien Stücken und ohne jeden äußeren Anlass, also gewissermaßen "aus heiterem Himmel", ein neues - selbständiges - Recht einräumen, sich nunmehr voraussetzungslos aus dem laufenden Vertragsverhältnis zu lösen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein solches Verhalten wäre unter den - selbst dem unbefangenen Durchschnittskunden geläufigen - Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens auch derart außergewöhnlich, dass auf einen entsprechenden Vertragswillen des anderen Teils regelmäßig nicht ohne weiteres, sondern nur beim Vorliegen besonderer , eine solche Annahme rechtfertigender Umstände geschlossen werden kann, an denen es hier jedoch fehlt.
- 29
- (b) Für den Streitfall gilt dies umso mehr, als die streitigenachträgliche Widerrufsbelehrung der Beklagten ausdrücklich mit zwei Prolongationsangeboten in Bezug auf den Darlehensvertrag verbunden war. Zwar erfolgte die Zurverfügungstellung der Widerrufsbelehrung zur ursprünglichen Vertragserklärung nach dem Anschreiben vom 16. Januar 2008 "losgelöst" von diesen Angeboten. Es war den Eheleuten als Darlehensnehmern zudem unbenommen, keines dieser Angebote anzunehmen, mit der Folge, dass das Vertragsverhältnis der Parteien dann gleichfalls - jedoch unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen - sein Ende gefunden hätte. Den Prolongationsangeboten war aber gleichwohl auch aus Laiensicht unzweifelhaft der ausdrückliche Wunsch der Beklagten zu entnehmen, den Darlehensvertrag mit den Eheleuten gerade nicht zu beenden, sondern vielmehr fortzusetzen. Weshalb die Beklagte ihren Darlehensnehmern gewissermaßen "im selben Atemzug" einerseits die Vertragsfortsetzung hätte anbieten und ihnen andererseits das Recht hätte einräumen sollen, sich durch Widerruf ihrer Vertragserklärungen voraussetzungslos vom Vertrag zu lösen, ist daher nicht erkennbar. Auch aus der Sicht eines rechtsunkundigen Kunden sowie unter Berücksichtigung seines allgemeinen Erfahrungswissens bei der Abwicklung geschlossener Verträge ergibt ein solches Verhalten des Darlehensgebers letztlich keinen Sinn.
- 30
- (c) Darüber hinaus läuft die Rechtswirkung, die das Berufungsgericht dem Anschreiben vom 16. Januar 2008 nebst beigefügter "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" in Gestalt der Auslegung als Angebot auf Einräumung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts beigemessen hat, auf eine Erweiterung der Rechtsstellung der Eheleute hinaus. Dass nämlich schon die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 30. Dezember 1997/ 26. Januar 1998 ein voraussetzungsloses (vertragliches) Widerrufsrecht zum Gegenstand gehabt hätte, macht die Klägerin selbst nicht geltend. Hiergegen spricht auch der Umstand, dass die dortige Widerrufsbelehrung ausdrücklich auf ein "gesetzliches Widerrufsrecht" bezogen war. Weshalb aber die Beklagte den Eheleuten fast zehn Jahre nach Vertragsschluss sogar ein über deren ursprüngliche Rechtsstellung hinausgehendes freies Widerrufsrecht hätte einräumen sollen, ist erst recht nicht ersichtlich. Die Annahme eines solchen Vertragswillens des Darlehensgebers liegt - ohne diesbezügliche Anhaltspunkte, die hier nicht erkennbar sind - auch aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Darlehensnehmers fern.
- 31
- (d) Selbst vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus ergibt sich im Streitfall aus - im angefochtenen Urteil unberücksichtigt gebliebenem - unstreitigem Parteivorbringen, dass die Eheleute das Anschreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst beigefügter "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" seinerzeit auch tatsächlich gar nicht als Angebot auf Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts verstanden und sie mit dem Anwaltsschreiben vom 6. Februar 2008 ein solches - vertragliches - Widerrufsrecht nicht ausgeübt haben. Bereits die (neben Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Anlageberatung ) ausdrücklich nur auf "Rückabwicklungsansprüche wegen eines etwaigen Haustürwiderrufes" bezogene Abtretungsvereinbarung der Eheleute vom 5. Februar 2008 zeigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann nicht davon ausgingen, durch das ihnen knapp drei Wochen zuvor zugesandte Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst Widerrufserklärung sei ihnen die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts angeboten worden. In der Klageschrift vom 25. Juni 2008 hat die Klägerin zudem selbst vorgetragen, die Beklagte habe mit Schreiben vom 16. Januar 2008 eine "Nachbelehrung zum ursprünglichen Darlehensvertrag" übersandt. Hierdurch habe der Versuch unternommen werden sollen, in den Fällen, in denen die ursprüngliche Widerrufsbelehrung unwirksam gewesen sei, eine "neue Belehrung hinterher zu senden". Mit dem durch das Schreiben vom 6. Februar 2008 ausgesprochenen "Widerruf des Darlehensvertrages gemäß HaustürWG" sei dieser Vertrag endgültig nichtig. Die Klägerin ist also noch bei der Klageerhebung davon ausgegangen, ihr sowie ihrem Ehemann stehe lediglich ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgrund einer Haustürsituation zu. Erstmals in einem späteren erstinstanzlichen Schriftsatz hat die Klägerin sodann unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts E. die Ansicht vertreten, den Eheleuten sei ein vertragliches Widerrufsrecht unabhängig von einer Haustürsituation eingeräumt worden.
- 32
- (e) Bei dieser Sachlage kommt eine Auslegung des Anschreibens der Beklagten vom 16. Januar 2008 nebst beigefügter "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts nicht in Betracht. Insbesondere ist auch für eine Anwendung der Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB; früher § 5 AGBG) kein Raum.
- 33
- d) Soweit im Schrifttum (Lindner, EWiR 2011, 43, 44) in Bezug aufdie - den Gegenstand des parallel gelagerten Revisionsverfahrens XI ZR 442/10 bildende - Entscheidung des OLG Nürnberg, WM 2011, 114, die Ansicht vertreten worden ist, der Bundesgerichtshof werde eine vorsorglich erteilte Widerrufsbelehrung ohne bestehendes Widerrufsrecht "schwerlich sanktionslos" lassen , ist der Hinweis veranlasst, dass eine wie hier dem Deutlichkeitsgebot nach § 355 Abs. 2, § 360 Abs. 1 BGB nicht genügende nachträgliche Widerrufsbelehrung schon deshalb nicht sanktionslos bleibt, weil sie die Widerrufsfrist eines - etwaigen - gesetzlichen Widerrufsrechts nicht im Nachhinein in Gang zu setzen vermag. Stand dem Darlehensnehmer ohnehin kein gesetzliches Widerrufsrecht zu bzw. kann er dessen tatbestandliche Voraussetzungen nicht hinreichend darlegen, ist erst recht nicht ersichtlich, weshalb eine in diesem Falle von vornherein ins Leere gehende, vom Vertragspartner möglicherweise nur vorsorglich erteilte, "Nachbelehrung" zu der noch weitergehenden Sanktion eines sogar voraussetzungslosen Widerrufsrechts führen sollte.
III.
- 34
- Das Berufungsurteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht dazu, ob der streitgegenständliche Darlehensvertrag - wie von der Klägerin behauptet - in einer Haustürsituation angebahnt wurde und ob die Eheleute ein ihnen etwa deshalb zustehendes Widerrufsrecht fristgerecht ausgeübt haben, sowie zu den von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Schadensersatzansprüchen, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist daher nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.07.2009 - 6 O 260/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.09.2010 - I-31 U 125/09 -
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 2. November 2016 eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte auf negative Feststellung und Zahlung nach Widerruf ihrer auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung in Anspruch.
- 2
- Die Parteien schlossen im August 2010 einen Verbraucherdarlehensvertrag über endfällig 273.000 € mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2026. Sie schrieben für zehn Jahre eine Verzinsung in Höhe von 3,95% p.a. fest. Den effektiven Jahreszins gab die Beklagte mit 3,78% p.a. an. Sie erteilte unter Nr. 14 des Vertrags folgende Widerrufsinformation:
- 3
- Als Sicherheit bestellten die Kläger eine Grundschuld. Die Beklagte stellte den Klägern die Darlehensvaluta zur Verfügung. Mit Schreiben vom 29. August 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
- 4
- Ihre Klage auf Feststellung, dass sie der Beklagten "aus dem widerrufenen Darlehensvertrag" lediglich 265.737,99 € abzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32.778,30 € seit dem 30. September 2013 schulden, und auf Leistung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
- 5
- Die Revision ist, weil vollumfänglich zugelassen, insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Aus der Entscheidungsformel des Berufungsurteils ergibt sich keine Einschränkung. Soweit das Berufungsgericht in den Gründen eine Abweichung von einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 21. Mai 2015 (17 U 334/15, juris) genannt hat, hat es lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die revisionsrechtliche Nachprüfung auf einen bestimmten Aspekt der Gestaltung der Widerrufsinformation zu beschränken.
- 6
- Die von den Klägern vorsorglich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist gegenstandslos (Senatsurteile vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, BB 2005, 1470, 1471 und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 9).
B.
- 7
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt, die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation genüge den maßgeblichen gesetzlichen Anforderungen , so dass bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist lange abgelaufen gewesen sei. Die Widerrufsinformation werde dem Gebot deutlicher Gestaltung gerecht. Sie sei auch nicht wegen der Ankreuzvarianten verwirrend und daher unwirksam.
II.
- 9
- Das hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass den Klägern bei Abschluss des Darlehensvertrags im August 2010 gemäß § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BGB in der hier nach Art. 229 § 32 Abs. 1, § 38 EGBGB weiter maßgeblichen, zwischen dem 30. Juli 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) nicht begann, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB in der seit dem 30. Juli 2010 geltenden Fassung erhalten hatten. Zu diesen Pflichtangaben gehörte nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB - hier: in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 3. August 2011 geltenden Fassung - und Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 EGBGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF) die Erteilung einer wirksamen Widerrufsinformation.
- 11
- 2. Im Ergebnis richtig ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Kläger wirksam über das ihnen zustehende Widerrufsrecht informiert.
- 12
- a) In Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 23. Februar 2016 (XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 24 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ), das dasselbe Formular des Deutschen Sparkassenverlags betraf, hat das Berufungsgericht geurteilt, die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation habe den gesetzlichen Anforderungen genügt.
- 13
- b) Die Widerrufsinformation unterrichtete die Kläger auch zureichend über den Beginn der Widerrufsfrist.
- 14
- aa) Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsab- schluss noch einmal zu überdenken. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend , unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Leitbild ist für das hier maßgebliche Recht, das vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzt, der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher (Senatsurteil vom 23. Februar 2016 - XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 32 ff.).
- 15
- bb) Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher konnte die Bedingungen, unter denen die Widerrufsfrist anlaufen sollte, aus der von der Beklagten erteilten Widerrufsinformation erschließen.
- 16
- (1) Auch für sich klar und verständlich ist die Wendung, die Widerrufsfrist beginne "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB […] erhalten hat" (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2015 - I-16 U 151/14, juris Rn. 11 a.E.; OLG Hamm, Beschluss vom 2. März 2016 - 31 U 7/16, juris Rn. 13; Beschluss vom 7. März 2016 - 31 U 15/16, juris Rn. 15; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. November 2015 - 6 U 171/15, juris Rn. 35 ff. mit Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 6 U 171/15, juris Rn. 10; Urteil vom 17. Mai 2016 - 6 U 163/15, juris Rn. 41; Urteil vom 24. Mai 2016 - 6 U 222/15, juris Rn. 44 ff.; Urteil vom 11. Oktober 2016 - 6 U 78/16, juris Rn. 30 ff.; dagegen OLG Koblenz, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - 8 U 241/15, juris Rn. 27; OLG München, Urteil vom 21. Mai 2015 - 17 U 334/15, juris Rn. 33 f.; OLG Nürnberg, Urteil vom 1. August 2016 - 14 U 1780/15, juris Rn. 96 ff.; offen OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Januar 2016 - I-17 U 83/15, juris Rn. 21).
- 17
- (a) Mit der Passage "nach Abschluss des Vertrags" übernahm die Beklagte den Gesetzestext aus § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BGB aF. Eine weitere Präzisierung oder Paraphrasierung des dort gemeinten Zeitpunkts konnte von ihr nicht verlangt werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. März 2016 - 31 U 15/16, juris Rn. 14; a.A. OLG Koblenz, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - 8 U 241/15, juris Rn. 28). Der Unternehmer muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst (Senatsbeschluss vom 27. September 2016 - XI ZR 309/15, juris Rn. 8). Insoweit liegt der Fall anders als der, der Gegenstand des Senatsurteils vom 24. März 2009 (XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 14) war.
- 18
- (b) Ebenso klar und verständlich ist die Bezugnahme der Beklagten auf § 492 Abs. 2 BGB.
- 19
- Eine Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift stellt, wie der Senat für den vergleichbaren Fall einer Verweisung auf § 31d WpHG in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank entschieden hat, keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 26 ff.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesetzestext - wie in dem vom Senat entschiedenen Fall das Wertpapierhandelsgesetz und hier das Bürgerliche Gesetzbuch und Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche - für jedermann ohne weiteres zugänglich ist. Ohne solche Verweisungen könnten allzu detaillierte, unübersichtliche, nur schwer durchschaubare oder auch unvollständige Klauselwerke entstehen. Es überspannte die Anforderungen des Verständlichkeitsgebots, verlangte man den gesonderten Abdruck oder die Aushändigung einer für den Geschäftszweig geltenden Vorschrift, die der Kunde unschwer einsehen kann.
- 20
- Diese im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätze sind auf vorformulierte Widerrufsbelehrungen und Widerrufsinformationen der hier in Rede stehenden Art, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 22 f. mwN) Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB sind, übertragbar.
- 21
- (2) Die Information zum Beginn der Widerrufsfrist leidet in ihrer Klarheit und Verständlichkeit auch nicht aufgrund des Umstands, dass die Beklagte den Regelungsgehalt des § 492 Abs. 2 BGB anhand von Beispielen erläuterte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2015 - I-16 U 151/14, juris Rn. 11 a.E.; OLG Hamm, Beschluss vom 2. März 2016 - 31 U 7/16, juris Rn. 13; Beschluss vom 7. März 2016 - 31 U 15/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. November 2015 - 6 U 171/15, juris Rn. 35 ff.; Urteil vom 17. Mai 2016 - 6 U 163/15, juris Rn. 41; Urteil vom 24. Mai 2016 - 6 U 222/15, juris Rn. 46 ff.; Urteil vom 11. Oktober 2016 - 6 U 78/16, juris Rn. 30 ff.; a.A. OLG Koblenz, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - 8 U 241/15, juris Rn. 27; OLG München, Urteil vom 21. Mai 2015 - 17 U 334/15, juris Rn. 33 f.; OLG Nürnberg, Urteil vom 1. August 2016 - 14 U 1780/15, juris Rn. 97).
- 22
- Aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Materialien der zum 30. Juli 2010 in Kraft getretenen Änderungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergibt sich, dass der Gesetzgeber selbst eine Erläuterung des Gehalts des § 492 Abs. 2 BGB anhand von Beispielen für sinnvoll erachtete (BT-Drucks. 17/1394, S. 25 f. und BT-Drucks. 17/2095, S. 17). Das entspricht dem im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsatz, dass Beispiele den Regelungsgehalt einer Klausel erläutern und verständlich machen können (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2000 - IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132, 1134). Eine nicht nur beispielhafte, sondern auf Vollständigkeit bedachte Auflistung der Pflichtangaben führte dagegen dazu, dass dem Verbraucher anstelle der von der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L Nr. 133 vom 22. Mai 2008, S. 66) geforderten knappen und prägnanten eine redundante und kaum mehr lesbare "Information" erteilt werden müsste (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 2. März 2016 - 31 U 7/16, juris Rn. 15; Beschluss vom 7. März 2016 - 31 U 15/16, juris Rn. 17; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. November 2015 - 6 U 171/15, juris Rn. 37; Urteil vom 24. Mai 2016 - 6 U 222/15, juris Rn. 47, 53; Urteil vom 11. Oktober 2016 - 6 U 78/16, juris Rn. 32; Hölldampf, CRP 2016, 227, 228 f.).
- 23
- (3) Die von der Beklagten konkret ausgewählten Beispiele gingen zwar über die Pflichtangaben bei Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags hinaus. Die Widerrufsinformation ist deshalb aber nicht unwirksam. Vielmehr haben die Parteien das Anlaufen der Widerrufsfrist gültig von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht.
- 24
- (a) Im Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Parteien einen Immobiliardarlehensvertrag im Sinne des § 503 Abs. 1 BGB in der hier maßgeblichen , zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF) geschlossen haben. Nicht nur hat das Berufungsgericht - ohne allerdings die Voraussetzungen des § 503 Abs. 1 BGB aF ausdrücklich zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen - das Zustandekommen eines "Immobiliardarlehens" bzw. eines "endfälligen Immobiliarkredit[s]" als unstreitig festgestellt. Die Voraussetzungen des § 503 Abs. 1 BGB aF sind auch, was der Senat selbst feststellen kann (Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 17), unzweifelhaft erfüllt. Aus dem zu den Akten gegebenen Vertragsformular - dort unter 4. - ergibt sich, dass "die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig" war. Laut MFI-Zinsstatistik für das Neugeschäft der deutschen Banken - Wohnungsbaukredite an private Haushalte (Quelle: www.bundesbank.de) be- trug der durchschnittliche effektive Jahreszins für festverzinsliche Hypothekarkredite bei Vertragsschluss auf Wohngrundstücke mit einer Laufzeit von über fünf bis zehn Jahren 3,72% p.a. und mit einer Laufzeit von über zehn Jahren 3,75% p.a. Der zwischen den Parteien vereinbarte Zins lag nur geringfügig über dem Vergleichswert der MFI-Zinsstatistik. Damit hat die Beklagte den Klägern das Darlehen zu Bedingungen gewährt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge üblich waren.
- 25
- (b) Bei den von der Beklagten im Anschluss an das Zitat des § 492 Abs. 2 BGB aufgeführten Beispielen handelte es sich nicht sämtlich um Pflichtangaben bei Immobiliardarlehensverträgen, so dass die Beklagte bei ihrer Auflistung die Gesetzeslage nicht richtig wiedergegeben hat.
- 26
- Ein Verbraucherdarlehensvertrag muss nach § 492 Abs. 2 BGB die für ihn vorgeschriebenen Angaben nach Art. 247 § 6 bis 13 EGBGB enthalten. Dies umfasst nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB Angaben zum effektiven Jahreszins, nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF) Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB aF Angaben zu der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde.
- 27
- Nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 EGBGB aF galten bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 503 BGB aF über § 492 Abs. 2 BGB indessen reduzierte Mitteilungspflichten. Abweichend von Art. 247 §§ 3 bis 8, 12 und 13 EGBGB in der hier maßgeblichen Fassung waren nur die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB sowie nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB und nach Art. 247 § 8 EGBGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geltenden Fassung zwingend. Der Immobiliardar- lehensvertrag musste ferner wie oben ausgeführt die Angaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB - hier wiederum: in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 3. August 2011 geltenden Fassung - enthalten. Die für die Beklagte als Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde und das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags gehörten folglich nicht zu den Pflichtangaben bei Immobiliardarlehensverträgen im Sinne des § 492 Abs. 2 BGB. Denn der Gesetzgeber wollte mit § 492 Abs. 2 BGB - wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen (BT-Drucks. 17/1394, S. 14) - die Pflichtangaben in Abhängigkeit "von dem jeweiligen Verbraucherdarlehensvertrag" definieren.
- 28
- Dieses gesetzgeberische Konzept hat die Beklagte nicht mitvollzogen. Sie hat - ersichtlich in dem Bestreben, dem gesetzgeberischen Willen zu entsprechen - die Beispielsangaben aus dem Regierungsentwurf (BTDrucks. 17/1394, S. 8) übernommen und dabei ebenso wenig wie der Regierungsentwurf reflektiert, dass die dortige Auflistung von für bestimmte Vertragstypen irrelevanten "Pflichtangaben" mit § 492 Abs. 2 BGB nicht in Übereinstimmung stand. Die Korrektur der Pflichtangaben durch den Rechtsausschuss des Bundestages (BT-Drucks. 17/2095, S. 17) entsprechend der ursprünglichen Intention des Regierungsentwurfs, "stets relevant[e]" Beispiele aufzulisten (BTDrucks. 17/1394, S. 26), hat die Beklagte nicht mehr mitvollzogen. Sie hat damit den Inhalt des § 492 Abs. 2 BGB nicht korrekt abgebildet.
- 29
- (c) Durch die beispielhafte Auflistung von "Pflichtangaben", bei denen es sich tatsächlich nicht um Pflichtangaben im technischen Sinne handelte, haben die Parteien indessen einverständlich und wirksam die bei Immobiliardarlehensverträgen entbehrlichen Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 5 EGBGB aF zu zusätzlichen Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist gemacht.
- 30
- Der Klammerzusatz nach der Angabe "§ 492 Abs. 2 BGB" ist Teil der vorformulierten Widerrufsinformation, den der Senat selbst daraufhin untersuchen kann, welche Bedeutung ihm aus der Sicht des üblicherweise angesprochenen Kundenkreises unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zukommt (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16). Er enthält den Antrag, die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist auf vertraglicher Grundlage zu erweitern. Ohne den Klammerzusatz wäre gemäß den gesetzlichen Vorgaben Bedingung für das Anlaufen der Widerrufsfrist (nur) die Erteilung der für Immobiliardarlehensverträge relevanten Pflichtangaben gewesen. Mit dem Klammerzusatz bot die Beklagte ihren Vertragspartnern an, den Beginn der Widerrufsfrist nicht lediglich vom Erhalt der für Immobiliardarlehensverträge gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben, sondern außerdem von der Angabe des einzuhaltenden Verfahrens bei der Kündigung des Vertrags und von der Angabe der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde abhängig zu machen. Zugleich trug die Beklagte ihren Vertragspartnern an, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der Erteilung dieser Angaben in der für gesetzliche Pflichtangaben vorgeschriebenen Form bei Vertragsschluss (vgl. MünchKommBGB /Schürnbrand, 7. Aufl., § 492 Rn. 24; PWW/Nobbe, BGB, 11. Aufl., § 492 Rn. 9) und nicht lediglich im Zuge der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB - hier: in der vom 10. Juni 2010 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung - abhängig zu machen.
- 31
- Dieses - weil ihnen günstig unbedenkliche - Angebot haben die Kläger durch Unterzeichnung des Darlehensvertrags angenommen. Dass die Verlängerung der Widerrufsfrist und die Information über die Voraussetzungen ihres Anlaufens in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsinformation nicht (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 17).
- 32
- c) Im Übrigen unterrichtete die von der Beklagten verwandte Widerrufsinformation , ohne dass die Revision dies in Frage stellt, den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher gemäß den gesetzlichen Vorgaben inhaltlich klar und verständlich über die Bedingungen seines Widerrufsrechts.
- 33
- 3. Gleichwohl lief die Widerrufsfrist, was das Berufungsgericht übersehen hat, im August 2010 nicht an mit der Folge, dass die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung noch im August 2013 widerrufen konnten. Denn die Beklagte hat die Kläger entgegen der von ihr vertraglich übernommenen weiteren Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht im Darlehensvertrag über die für sie zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet. Damit hat sie nicht sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen.
III.
- 34
- Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - zu einem Rechtsmissbrauch der Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts nach Maßgabe des Senatsurteils vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 42 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Der Senat verweist sie daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 14.10.2014 - 2 O 168/14 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.08.2015 - 17 U 179/14 -
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
BGB § 355 Abs. 2 Satz 2 (Fassung vom 23. Juli 2002) Mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote "Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann" im Anschluss an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" macht der Verwender einer Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt. BGH, Urteil vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16 - OLG Koblenz LG Mainz
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des vom Kläger, einem Bankkaufmann , erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss von vier Verbraucherdarlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen.
- 2
- Die Parteien schlossen im Jahr 2007 vier Immobiliardarlehensverträge, denen jeweils folgende, bis auf die Vertragsdaten gleichlautende Widerrufsbelehrung beigegeben war:
- 3
- Der Kläger löste sämtliche Darlehen auf eigenen Wunsch gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € zum 2. Mai 2012 ab. Unter dem 30. Oktober 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen, wobei er darauf hinwies, er habe "im Vorfeld rechtlichen Rat" unter anderem bei seinem Rechtsanwalt eingeholt.
- 4
- In der von ihm bei dem Landgericht anhängig gemachten Klage hat er die Beklagte als " bank eG, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzende [n] H. ", bezeichnet. Die Klage ist an die " bank eG, v.d.d. Vorstand", zugestellt und dort an einen Prokuristen als Leiter des Bereichs "Sonderaufgaben Kredit und Recht" weitergegeben worden. Dieser Prokurist und eine Mitarbeiterin, die zusammen zur Erteilung von Prozessvollmachten für die Beklagte ermächtigt sind, haben unter dem Betreff "Neues Mandat: S. ./. bank eG" den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juli 2015 "um Übernahme des im Betreff genannten Mandates" gebeten. Der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 31. Juli 2015 "die Vertretung und Verteidigungsbereitschaft der Beklagten" angezeigt.
- 5
- Das Landgericht hat die Angabe des Klägers zum gesetzlichen Vertreter der Beklagten in das Rubrum übernommen und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Beibehaltung des Rubrums antragsgemäß festgestellt, dass die vier näher bezeichneten Darle- hensverträge "durch wirksamen Widerruf […] in ein Abwicklungsverhältnis um- gewandelt" worden seien. Außerdem hat es die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € nebst Zinsen und vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten in Höhe von 928,80 € verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
- 6
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die der durch den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestellte drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte in Übernahme des Rubrums der Vorinstanzen eingelegt und begründet hat, erstrebt die Beklagte unter Verweis auf einen Mangel ihrer gesetzlichen Vertretung bei Klageerhebung in erster Linie eine Abweisung der Klage als unzulässig. In zweiter Linie begehrt sie die vollständige Zurückweisung der Berufung, weil das Berufungsgericht zu Unrecht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint habe.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist zulässig. Die Prozessführung in dritter Instanz ist dem gemäß § 24 Abs. 1 GenG zur gerichtlichen Vertretung der Beklagten berufenen Vorstand zuzurechnen. Der drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist gemäß § 81 ZPO wirksam durch deren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten , den wiederum ein Prokurist im Verein mit einer Mitarbeiterin aufgrund seiner vom Vorstand abgeleiteten Vertretungsmacht (Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 42 Rn. 2) mandatiert hat, bestellt worden (vgl. BGH, Urteile vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 156 und vom 15. März 2006 - XII ZR 138/01, NJW 2006, 2334 Rn. 14).
B.
- 8
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Feststellungsklage sei zulässig. Zwar genieße eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang. Bei einer Bank sei indessen ohne weiteres davon auszugehen , dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde.
- 11
- Der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen Ende 2014 widerrufen können, weil mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht an- und abgelaufen sei. So hätten die Widerrufsbelehrungen der Beklagten zu der Fehlvorstellung verleitet, die Widerrufsfrist beginne bereits mit der Aushändigung einer Vertragserklärung der Beklagten ohne Rücksicht auf die Vertragserklärung des Klägers. Darauf, ob wegen der konkreten Situation des Vertragsschlusses dieses Missverständnis ausgeräumt gewesen sei, komme es nicht an, weil auch bei einem Präsenzgeschäft über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung allein anhand der objektiven Auslegung zu entscheiden sei. Da die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung des Verordnungsgebers nicht verwendet habe, könne sie sich auch nicht auf dessen Gesetzlichkeitsfiktion berufen. An der Widerruflichkeit der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen habe sich durch deren vorzeitige Abwicklung nichts geändert.
- 12
- Die Grundsätze von Treu und Glauben stünden der Ausübung des Widerrufsrechts nicht entgegen. Das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt, da das Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Der Kläger habe die Darlehen zwar mehrere Jahre ordnungsgemäß bedient und sie dann im Jahr 2012 auf eigenen Wunsch vorzeitig abgelöst. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass er dies alles in Kenntnis seines fortbestehenden Widerrufsrechts getan habe. Jedenfalls ge- nügten diese Aspekte nicht, um das Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen , der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben. Berufliches Sonderwissen des Klägers vermöge ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten ebenfalls nicht zu begründen, zumal nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe festgestellt werden können, dass ihm die rechtliche Problematik des "ewigen" Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen vor Abgabe seiner Willenserklärungen bekannt gewesen sei. Darauf, ob der Kläger mit dem Widerruf "ein berechtigtes Interesse" verfolge, komme es nicht an. Für ein arglistiges Verhalten sei nichts ersichtlich. Es bestünden ferner keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die schutzwürdig auf das Unterbleiben des Widerrufs vertrauende Beklagte tatsächlich so disponiert habe, dass der Widerruf für sie eine unzumutbare Belastung darstelle. Auch im Übrigen liege in der Ausübung des Widerrufsrechts keine unzulässige Rechtsausübung. Dass der Kläger überhaupt - wenn auch fehlerhaft - über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei, sei ohne Belang. Gleichfalls unerheblich sei, dass der Widerruf für den Kläger wirtschaftlich vorteilhaft sei, während die Beklagte aufgrund des erheblich gesunkenen Zinsniveaus finanzielle Einbußen erleide.
- 13
- Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung zu. Herausgabe vermutlich gezogener Nutzungen könne er indessen nur in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht wie beantragt in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Schließlich könne der Kläger als Verzugsschaden den Ersatz vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten beanspruchen.
II.
- 14
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 15
- 1. Allerdings ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen , die Klage sei in Gänze zulässig gegen die Beklagte erhoben worden.
- 16
- Zwar ist die Klage in Fällen, in denen ein Kläger, der selbst zu einem Organ einer Gesellschaft gehört, den gesetzlichen Vertreter der beklagten Gesellschaft - im Falle einer Genossenschaft: das nach § 24 Abs. 1, § 39 GenG zu ihrer gerichtlichen Vertretung berufene Organ - nicht nur irrtümlich falsch bezeichnet hat (dazu BGH, Urteile vom 9. Oktober 1986 - II ZR 284/85, WM 1986, 1411, 1412 und vom 16. Februar 2009 - II ZR 282/07, WM 2009, 702 Rn. 10) und in denen an diesen vermeintlichen gesetzlichen Vertreter mit Willen des Klägers zugestellt worden ist, unzulässig (BGH, Urteile vom 26. Juni 1995 - II ZR 122/94, BGHZ 130, 108, 110 ff., vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 154 und vom 16. Februar 2009 aaO Rn. 4; vgl. auch Beuthien, GenG, 15. Aufl., § 39 Rn. 6 a.E.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 39 Rn. 10; Hopt/Roth in GroßKomm AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 112; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 112 Rn. 13; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 112 Rn. 13; MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl., § 112 Rn. 33; Grigoleit/ Tomasic, AktG, 2013, § 112 Rn. 17).
- 17
- Anderes gilt aber, wenn in der Klageschrift der gesetzliche Vertreter lediglich irrtümlich fehlerhaft angegeben wird, sich - auch durch das Revisionsgericht (BGH, Urteile vom 24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 335, vom 24. November 1980 - VIII ZR 208/79, WM 1981, 46, 47 und vom 16. Dezember 1997 - VI ZR 279/96, NJW 1998, 1496, 1497) - das Gemeinte ermitteln lässt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1986 - II ZR 284/85, WM 1986, 1411, 1412; Gehle, MDR 2011, 957 f.; auch Musielak/Voit/Weth, ZPO, 13. Aufl., § 51 Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 51 Rn. 7) und die Zustellung der Klageschrift tatsächlich an den richtigen gesetzlichen Vertreter bewirkt wird. In diesem Fall ist die Klage zulässig erhoben und entsteht das Prozessrechtsverhältnis zu dem ordnungsgemäß gesetzlich vertretenen Beklagten.
- 18
- So verhält es sich hier. Bei der Angabe des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten als ihres gesetzlichen Vertreters in der Klageschrift handelte es sich offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung, mit der keine positive Aussage über die gesellschaftsrechtlichen Vertretungsverhältnisse und insbesondere über die Reichweite des § 39 Abs. 1 Satz 1 GenG getroffen werden sollte. Entsprechend hat die Geschäftsstelle des Landgerichts, die die Zustellung der Klageschrift nach § 166 Abs. 2, §§ 168, 170 ZPO zu bewirken hatte , die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters ausgelegt und die Zustellung an den (nicht notwendig namentlich zu benennenden, vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93, WM 1993, 1818, 1821) Vorstand der Beklagten als deren gesetzlichen Vertreter bewirkt, so dass das Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten wirksam zustande gekommen ist. Dass die unrichtige, aber offenbar fehlerhafte Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters sowohl in die Berufungsschrift als auch in die Entscheidungen der Vorinstanzen übergegangen ist, ändert daran nichts.
- 19
- 2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, die Feststellungsklage sei zulässig, weil das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben sei. Das trifft nicht zu. Der Kläger kann und muss vielmehr vorrangig insgesamt (und nicht nur die Vorfälligkeitsentschädigung betreffend) mit der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgehen (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 13 ff.).
- 20
- 3. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung überdies nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € nebst Zinsen verurteilt hat. Das Berufungsgericht hat die rechtlichen Maßgaben verkannt, unter denen nach den Senatsurteilen vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 38 ff. und XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 33 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) sowie vom 11. Oktober 2016 (XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 29 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) die Verwirkung des Widerrufsrechts steht.
- 21
- a) Richtig hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt angenommen, dem Kläger habe ursprünglich ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB zugestanden , über das die Beklagte ihn gemäß § 355 BGB in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) habe belehren müssen.
- 22
- b) Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, die Widerrufsbelehrungen der Beklagten hätten den Kläger nicht hinreichend deutlich überdie Voraussetzungen seines Widerrufsrechts unterrichtet.
- 23
- aa) Allerdings belehrte die Beklagte, was das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, hinreichend deutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Mittels der hier erkennbar an den Verbraucher gerichteten (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 19) Fußnote im Anschluss an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" machte die Beklagte ausreichend klar, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhing. Dabei orientierte sie sich zulässig am Wortlaut des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. Zugleich machte sie das Gemeinte durch die ausdrückliche Benennung der Vorschrift deutlich (Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, WM 2017, 427 Rn. 19). Der Zusatz in der Fußnote "bzw. werden kann" war nicht geeignet, den Hinweis zu verunklaren (a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 175/15, juris Rn. 16; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 21. Dezember 2016 - 24 U 151/15, juris Rn. 42; OLG Hamm, Urteil vom 18. Juli 2016 - 31 U 284/15, juris Rn. 40 ff.; OLG Zweibrücken, Urteile vom 16. Dezember 2016 - 7 U 119/15, juris Rn. 91 ff. und - 7 U 133/15, juris Rn. 85 ff.). Eine so gestaltete Sammelbelehrung - hier: für die ursprüngliche und die Nachbelehrung - ist nach allgemeinen Grundsätzen zulässig (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 51 f.; Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 - XI ZR 66/16, juris Rn. 11).
- 24
- bb) Das Berufungsgericht hat indessen zutreffend erkannt, dass die Beklagte mittels der Wendung "der schriftliche Vertragsantrag" nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck brachte, dass Bedingung für das Anlaufen der Widerrufsfrist die Vertragserklärung des Klägers war (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, n.n.v. Rn. 13 ff. mwN). Auf die Umstände der Erteilung der Belehrung kommt es, wie der Senat zuletzt mit Senatsurteil vom 21. Februar 2017 (aaO Rn. 16 ff.) klargestellt hat, nicht an. Die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung kommt der Beklagten nicht zugute. Die Abweichungen der Belehrungen gegenüber der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 geltenden Fassung gingen über das Maß hinaus, das der Senat als für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlich angesehen hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 20 ff.).
- 25
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 28) erkannt, dass die auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auch noch nach dessen vorzeitiger Beendigung widerrufen werden kann.
- 26
- d) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halten dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts.
- 27
- Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment , für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen , der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN). Die Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, aaO Rn. 18 und - XI ZR 564/15, aaO Rn. 43 mwN). Nach diesen Maßstäben liegt hier ein revisionsrechtlich relevanter Rechtsfehler vor.
- 28
- Wie der Senat mit Urteilen vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 41) und vom 11. Oktober 2016 (XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30) ausgeführt hat, ist bei beendeten Verträgen bei der Bewertung, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht verwirkt hat, mit zu berücksichtigen, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben. Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung der für und gegen eine Verwirkung des Widerrufsrechts sprechenden Umstände zwar erwähnt, aber als unmaßgeblich außer Acht gelassen.
- 29
- 4. Das Berufungsurteil unterliegt schließlich der Aufhebung, soweit das Berufungsgericht dem Kläger auf seine Berufung vorgerichtlich verauslagte Anwaltskosten zuerkannt hat. Wie der Senat mit Senatsurteil vom 21. Februar 2017 (XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 27 ff.) näher ausgeführt hat, setzt eine Erstattung solcher Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens voraus, dass der Kläger seinerseits die von ihm nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründenden Weise angeboten hat. Das war hier nicht der Fall.
III.
- 30
- Soweit das Berufungsgericht Anwaltskosten zuerkannt hat, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung zurückweisen, weil dem Kläger auch unter keinem sonstigen Gesichtspunkt, insbesondere nicht dem des Schadensersatzes wegen einer Verletzung der Pflicht zur richtigen Belehrung über sein Widerrufsrecht, ein Anspruch zusteht. Der Zahlungsantrag ist daher abweisungsreif (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 37 mwN). Im Übrigen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt.
- 31
- 1. Nicht abweisungsreif ist der Feststellungsantrag.
- 32
- a) Der Senat kann auf die Revision der Beklagten die Feststellungsklage nicht als unzulässig abweisen. Denn das Berufungsgericht hätte, wenn es die Unzulässigkeit des Feststellungsantrags erkannt hätte, auf diese Tatsache hinweisen müssen. In solchen Fällen muss, sofern dies - wie hier - noch möglich ist, dem Kläger durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben werden , eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 39).
- 33
- b) Der Senat kann aber auch nicht auf die Unbegründetheit der Feststellungsklage erkennen. Freilich ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 41 mwN). Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage indessen nicht in der Sache abweisungsreif , weil nicht feststeht, dass der Kläger sein Widerrufsrecht verwirkt hat.
- 34
- 2. Aus denselben Gründen ist die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht abweisungsreif, weil nicht feststeht, ob sich aufgrund des Widerrufs des Klägers die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.
IV.
- 35
- Der Senat weist deshalb die Sache in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang an das Berufungsgericht zurück, § 563 Abs. 1 ZPO, damit es dem Kläger Gelegenheit zur Anpassung seiner Klageanträge gibt und die zur Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts erforderlichen Feststellungen nachholt.
LG Mainz, Entscheidung vom 24.02.2016 - 5 O 122/15 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 19.08.2016 - 8 U 369/16 -
BUNDESGERICHTSHOF
c) Dem Erfordernis einer gesonderten Unterschrift im Sinne des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung ist nicht genügt, wenn sich die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und eine Empfangsbestätigung bezieht (Fortführung Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
d) Zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung und zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei beendeten Haustürgeschäften. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15 - Hanseatisches OLG Hamburg LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags.
- 2
- Der Kläger schloss - nach seiner Behauptung dazu an seinem Arbeitsplatz von einem Mitarbeiter der A. GmbH als Vertriebspartner der Fondsgesellschaft bestimmt - am 25. November 2001 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) einen Darlehensvertrag über 8.000 €, der der Finanzierung einer über einen Treuhänder vermittelten Beteiligung an der M. GmbH & Co. KG (künftig einheitlich: Fondsgesellschaft) diente. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung folgenden Inhalts beigefügt: "Widerrufsbelehrung Ich bin darüber belehrt worden, dass ich an meine auf die Beantragung des Darlehens gerichtete Willenserklärung und die hieraus resultierende Verpflichtung zur Zinszahlung und zur Rückzahlung des Darlehens nicht mehr gebunden bin, wenn ich meine Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen widerrufe. Der Widerruf muss von mir entweder schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erklärt werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Kommunikationsmedium, mit dem ich meine Widerrufserklärung so abgebe, dass sie dem Widerrufsempfänger in einer Urkunde oder einer anderen lesbaren Form zugeht, die ihm für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäftes entsprechenden Zeit deren inhaltlich unveränderte Wiedergabe erlaubt (z.B. Telefax). Der Widerruf muss keine Gründe enthalten. Diese Widerrufsfrist beginnt, wenn die von mir handschriftlich zu unterschreibende oder mit meiner ‚qualifizierten elektronischen Signatur‘ verseheneWiderrufsbelehrung zur Verfügung gestellt und mir der schriftliche Darlehensvertrag ausgehändigt wurde, nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung. Fristbeginn ist der Beginn des dem Eintritt des genannten Ereignisses nachfolgenden Tages. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung meines Widerrufs. Im Falle des Widerrufs kommt auch der Beitritt zur […] [Fondsgesellschaft] als Kom- manditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten […] nicht wirksam zustande. Ist das Darlehen bereits ausbezahlt worden, ist die Rückzahlung des Darlehensbetrages nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerrufs. Der Widerruf ist zu senden an die: A. GmbH […] als Bevollmächtigte der […] [Beklagte] Die vorstehende Belehrung habe ich zur Kenntnis genommen und ist mir ausgehändigt worden: [Ort, Datum] [Unterschrift des Darlehensnehmers]".
- 3
- Der Kläger führte das Darlehen bis zum 15. Januar 2007 vollständig zurück. Die Fondsgesellschaft wurde ab 2009 liquidiert. Ihre Firma ist nach Beendigung der Liquidation Ende 2013 erloschen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
- 4
- Seine auf Zahlung und Freistellung Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung und auf Feststellung gerichtete Klage, die der Kläger wegen der Anrechnung von Ausschüttungen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens teilweise zurückgenommen hat, hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BeckRS 2016, 08820) im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Unabhängig davon, ob dem Kläger ein Widerrufsrecht zugestanden habe , sei sein am 20. Juni 2014 erklärter Widerruf jedenfalls treuwidrig. Zwar finde das Institut der Verwirkung auf Fälle, in denen die Parteien über das Bestehen eines "ewigen" Widerrufsrechts stritten, keine Anwendung. Es fehle das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment, weil der Darlehensgeber durch eine unzureichende Belehrung das Fortbestehen des Widerrufs selbst verursacht habe und deshalb grundsätzlich nicht auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts vertrauen könne. In der Erklärung des Widerrufs liege indessen, was eine umfassende Interessenabwägung ergebe, eine unzulässige Rechtsausübung. Der Gesetzgeber habe dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt, um ihm die Ermittlung günstigerer Angebote zu ermöglichen und mittels der Einräumung einer Bedenkzeit diejenige Störung der Vertragsparität auszugleichen , die darin liege, dass Darlehensverträge oft komplexe und schwer zu durchschauende Regelungen enthielten. Dem Kläger gehe es dagegen darum, sich von wohlüberlegt und sehenden Auges eingegangenen Risiken zu befreien , für die etwaige Mängel der Widerrufsbelehrung völlig irrelevant gewesen seien. Neben dieser Motivlage sei in die Gesamtabwägung der ganz erhebliche Zeitablauf und der Umstand einzubeziehen, dass die Beklagte den Kläger über sein Widerrufsrecht dem Grunde nach durchaus belehrt habe. Der rechtsmissbräuchliche Widerruf sei unwirksam.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 9
- 1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klage nicht "mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzuweisen", weil ein "Zug-um-Zug herauszugebende [r] Gesellschaftsanteil nicht mehr existiert", "die vom Kläger begehrte Zug-um-Zug-Verurteilung auf etwas Unmögliches gerichtet" wäre und ein klagestattgebendes Urteil "keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte". Der Kläger hat sich ausweislich der von den Parteien vorgelegten und zum Gegenstand der landgerichtlichen Feststellungen gemachten Anlagen über einen Treuhänder an der Fondsgesellschaft beteiligt. Sein Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen "Abtretung der Beteiligung" an der Fondsgesellschaft ist, was der Senat durch Auslegung selbst ermitteln kann, weil es sich um eine Prozesserklärung handelt (Senatsurteil vom 12. März 1991 - XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; BGH, Urteil vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11 mwN), so zu verstehen, der Kläger biete die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - XI ZR 272/10, WM 2012, 1589 Rn. 11; Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11, BKR 2013, 158 Rn. 1 und vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 29; Beschluss vom 27. August 2015 - III ZR 65/15, juris Rn. 4). Dass solche Rechte, die mit der Beendigung der Liquidation nicht automatisch in Fortfall geraten sein müssen, nicht mehr bestehen, trägt die Revisionserwiderung weder vor noch sind dafür sonst Anhaltspunkte ersichtlich.
- 10
- 2. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis auch richtig davon ausgegangen , im Falle der Anbahnung des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation und der unzureichenden Belehrung des Klägers über sein Widerrufsrecht habe die auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Klägers noch im Juni 2014 widerruflich sein können.
- 11
- a) Dabei ist revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass er zur Abgabe seiner Vertragserklärung in einer Haustürsituation bestimmt worden ist. Maßgebend für die rechtliche Bewertung des im Juni 2014 erklärten Widerrufs ist das im November 2001 geltende Recht, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 2, 9 Abs. 3 HWiG und § 361a BGB jeweils in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB. Aus Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ergibt sich nichts anderes. Vielmehr blieb das im Zeitpunkt des Entstehens des Schuldverhältnisses geltende und die Widerruflichkeit der Verbrauchervertragserklärung regelnde Recht unbeschadet dieser Vorschrift über den 31. Dezember 2002 hinaus maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 10 ff., 14 f.).
- 12
- b) Das unterstellte Widerrufsrecht des Klägers war auch dann nicht nach § 5 Abs. 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB in Verbindung mit § 9 Abs. 3 HWiG ausgeschlossen , wenn der Darlehensvertrag zugleich ein Geschäft nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG in der vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung darstellte. § 5 Abs. 2 HWiG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (Senatsurteile vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 253 ff., vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 334 f., vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 39, vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 9, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176, vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1580 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221). An einem gleich weit reichenden Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz fehlte es, weil das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers und damit bereits im November 2002 erloschen war.
- 13
- c) Ein unterstelltes Widerrufsrecht des Klägers war im Juni 2014 auch nicht nach § 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erloschen. § 2 HWiG verknüpft das Widerrufsrecht mit der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung, wobei insoweit auch bei einem verbundenen Geschäft allein auf das Rechtsgeschäft - hier den Darlehensvertrag - abzustellen ist, in dem ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz begründet ist, und nicht auf das verbundene Geschäft, hier die Fondsbeteiligung (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 16 und 20, vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2331, vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 27 und vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 15). Zum Zeitpunkt der vollständigen Ablösung des Darlehens im Januar 2007 war § 2 HWiG nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, der nicht durch Art. 229 § 9 EGBGB verdrängt wird, nicht mehr anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 24. November 2009 aaO Rn. 16 f.).
- 14
- 3. Dagegen halten die Erwägungen, die das Berufungsgericht zu dem Ergebnis geführt haben, in der Ausübung des - unterstellt fortbestehenden - Widerrufsrechts habe ein Verstoß gegen § 242 BGB gelegen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- a) Noch richtig ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, Unionsrecht stehe der Anwendung des § 242 BGB im konkreten Fall nicht entgegen.
- 16
- Die Richtlinie 85/577/EWG machte in Konstellationen wie der vorliegenden keine entgegenstehenden Vorgaben. Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG setzte ihre Anwendung voraus, dass der Vertrag selbst in der Haustürsituation abgeschlossen wurde. Dieser Fall liegt selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht vor, der lediglich eine Vertragsanbahnung in einer Haustürsituation behauptet. Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (künftig: Gerichtshof) die missbräuchliche Berufung auf Unionsrecht nicht gestattet (EuGH Slg. 1996, I-2357 Rn. 24 f.; Slg. 1998, I-2843 Rn. 20 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 33 f.; Slg. 2006, I-1609 Rn. 68; vgl. auch Domke, BB 2005, 1582, 1583). Die nationalen Gerichte können mithin ein missbräuchliches Verhalten nach objektiven Kriterien in Rechnung stellen, um dem Verbraucher die Berufung auf Bestimmungen des Uni- onsrechts zu verwehren, solange nationale Vorschriften wie § 242 BGB die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes nicht beeinträchtigen (EuGH Slg. 1996, I-1347 Rn. 68; Slg. 1998, I-2843 Rn. 22 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 34 f.; Slg. 2009, I-7315 Rn. 26, 29; EuGH, GRUR 2014, 368 Rn. 42, 49 mwN; vgl. auch BVerfG, WM 2015, 514, 518).
- 17
- b) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht demgegenüber auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, die Erklärung des Widerrufs sei rechtsmissbräuchlich.
- 18
- aa) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch in Widerrufsfällen Anwendung findet. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 179/96, BGHZ 135, 333, 337; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 7). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht , alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 aaO und vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09, WM 2011, 470 Rn. 17 mwN).
- 19
- bb) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens bejaht.
- 20
- Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 40 und vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, WM 2013, 47 Rn. 12). Ein widersprüchliches Verhalten in diesem Sinne hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr den Rechtssatz aufgestellt, dass ein widersprüchliches Verhalten bereits dann vorliege , wenn das Motiv für den Widerruf nichts mit dem Schutzzweck des Widerrufsrechts zu tun habe. Damit ist es von einem revisionsrechtlich beachtlichen falschen Wertungsmaßstab ausgegangen.
- 21
- Nach dem Wortlaut des § 361a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB musste der Widerruf keine Begründung enthalten. Der Verzicht darauf, dem Verbraucher eine Rechtfertigung für seine Erklärung abzuverlangen, beruhte auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung (BT-Drucks. 14/2658, S. 47). Mit ihm führte der Gesetzgeber ein Regelungsmodell fort, das schon vor Inkrafttreten des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) gegolten hatte.
- 22
- Zwar enthielten weder § 1b AbzG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung noch § 7 VerbrKrG und § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung einen entsprechenden Zusatz. Schon zu § 1b AbzG war indessen anerkannt (BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 135, vom 29. Januar 1986 - VIII ZR 49/85, WM 1986, 480, 483 und vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 143/91, WM 1993, 416, 417; Beschluss vom 13. Januar 1983-- III ZR 30/82, WM 1983, 317, 318), dass das Wirksamwerden der Willenserklärung des Käufers mangels fristgemäßen Widerrufs von seinem freien Willen abhängen sollte, also der Widerruf nach dieser Vorschrift einer Rechtfertigung nicht bedurfte. Diesen Ansatz übernahm der Gesetzgeber des Haustürwiderrufsgesetzes, der in der amtlichen Begründung ausdrücklich festhielt, der "Kunde" könne das Widerrufsrecht als "Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben" (BT-Drucks. 10/2876, S. 11; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005, 547, 548). Auch der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes stellte sich auf den Standpunkt, "[d]er Verbraucher […] [könne] sein Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben", sofern nicht das Gesetz selbst einschränkende Regelungen enthalte (BT-Drucks. 11/5462, S. 22). An diesen Grundsätzen sollte sich durch die Einführung des § 361a BGB nichts ändern. Im Gegenteil bestätigte der Gesetzgeber , indem er den Verzicht auf ein Begründungserfordernis in das Bürgerliche Gesetzbuch übernahm, die bis dahin gültigen Grundsätze.
- 23
- Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).
III.
- 25
- 1. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung genügte - revisionsrechtlich das Anbahnen des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation unterstellt - nicht den gesetzlichen Vorgaben der § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a BGB.
- 26
- a) Zwar war der Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne mit Aushändigung der Widerrufsbelehrung und des "schriftliche[n] Darlehensvertrag[s]", "nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung", für sich ordnungsgemäß.
- 27
- aa) Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien unterlag als Verbraucherkreditvertrag dem Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung. Die Widerrufsfrist begann bei Verträgen, die schriftlich abzuschließen waren, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB mit der Aushändigung der Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags des Verbrauchers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags. Ihr Anlaufen setzte mithin die Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers voraus.
- 28
- bb) Über diese Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist war der Kläger zu belehren. Da § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG ohne Einschränkung auf § 361a BGB verwies, musste gemäß dieser Vorschrift auch eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz einen § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB entsprechenden Zusatz enthalten.
- 29
- cc) Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist war auch hinreichend deutlich, § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB. Soweit der I. Zivilsenat ähnlich gestaltete Widerrufsbelehrungen an dieser, im konkreten Fall § 355 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung entnommenen Anforderung hat scheitern lassen (BGH, Urteile vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 f. und - I ZR 81/00, juris Rn. 25 ff.; dazu auch BGH, Urteil vom 23. September 2010 - VII ZR 6/10, BGHZ 187, 97 Rn. 14), wurde die Widerrufsbelehrung - mit dem hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht vergleichbar - in einem Vertragsverhältnis erteilt, das nicht der gesetzlichen Schriftform unterlag. Hier dagegen richteten sich die Vorgaben an die Belehrung nach Vorschriften, die einen schriftlichen Vertragsschluss voraussetzten. Übernimmt in einem solchen Fall der Unternehmer die gesetzlichen Anforderungen in den Belehrungstext, fällt ihm ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot nicht zur Last, zumal wenn er - wie hier die Beklagte - die Widerrufsbelehrung - so wie schon ursprünglich in § 1b Abs. 2 Satz 2 AbzG vorgesehen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 aaO S. 1992) - standardmäßig in den Darlehensvertrag integriert. Dann war auch Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG Genüge getan (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und - XI ZXI ZR 509/07, jeweils juris Rn. 18).
- 30
- b) Ein das Anlaufen der Widerrufsfrist hindernder Belehrungsfehler lag überdies nicht in dem Hinweis, im Falle des Widerrufs komme der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande.
- 31
- aa) Dieser Zusatz verstieß nicht gegen Vorgaben der für Haustürgeschäfte geltenden Vorschriften. Die Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erforderte keinen Hinweis auf mögliche nachteilige Folgen des Widerrufs. Anderes folgte auch nicht aus § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG, weil die Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht nach dieser Vorschrift zu beurteilen war (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 16 mwN).
- 32
- bb) Die Ergänzung war für das Anlaufen der Widerrufsfrist auch nicht deshalb schädlich, weil sie zwar lediglich eine gesetzlich nicht geforderte Zusatzinformation , diese aber in undeutlicher Form vermittelte. Grundsätzlich gilt zwar, dass der Unternehmer, wenn er einen an sich nicht erforderlichen Zusatz in eine Widerrufsbelehrung aufnimmt, mittels dieses Zusatzes nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen darf (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17). Der Zusatz, im Falle des Widerrufs komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande, verstieß indessen nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB:
- 33
- (1) Zu § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung hat der Senat wiederholt entschieden, der Hinweis, im Falle des Widerrufs des Darlehens komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande, sei auch unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht unrichtig. Der Darlehensnehmer war bei einem verbundenen Geschäft, von dessen Vorliegen zugunsten des Klägers revisionsrechtlich auszugehen ist, nach dem Schutzzweck des § 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung von der darlehensgebenden Bank grundsätzlich so zu stellen, als ob er der Fondsgesellschaft nie beigetreten wäre , d.h. als ob der Beitritt nie wirksam gewesen wäre. Dieser Befund durfte in einem Zusatz der beschriebenen Art zum Ausdruck gebracht werden (Senatsurteile vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 18 und 20, vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 15, vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65 Rn. 11 und vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 16).
- 34
- (2) An der Richtigkeit dieser Bewertung hat sich auch nach Änderung des § 2 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) und Aufhebung des § 3 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 dieses Gesetzes nichts geändert. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bis auf die in seinem Absatz 1 Satz 4 getroffene Regelung in § 361a Abs. 1 BGB und § 3 HWiG in § 361a Abs. 2 BGB auf (BT-Drucks. 14/2658, S. 60). Damit war, auch wenn sich wegen der Änderung der Konzeption des Widerrufsrechts die Rechtsfolgen nicht mehr nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, sondern nach Rücktrittsrecht richteten, für das Verbundgeschäft keine inhaltliche Veränderung intendiert.
- 35
- c) Die Widerrufsbelehrung verstieß aber gegen § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB, weil sie die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und auf eine unmittelbar an den Belehrungstext anschließende Empfangsbestätigung bezog.
- 36
- aa) Nach § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB war die ihm erteilte Widerrufsbelehrung vom Verbraucher "gesondert zu unterschreiben oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen". Diese gesonderte Unterschrift durfte sich nicht gleichzeitig auf beweislaständernde Tatsachenbestätigungen beziehen , wie sie Empfangsbestätigungen angesichts der Beweisregel des § 361a Abs. 1 Satz 6 BGB enthielten (zu § 1b Abs. 2 Satz 3 und 4 AbzG vgl. BGH, Urteile vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91, BGHZ 119, 283, 296 und vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 f.; zu § 361a BGB Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 33; vgl. auch Wallner, BKR 2016, 177, 180).
- 37
- bb) Diesen Anforderungen des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB wird die dem Kläger erteilte Belehrung nicht gerecht. Denn die ihm abverlangte Bestätigung, die "vorstehende Belehrung" sei ihm "ausgehändigt worden", war aufgrund der textlichen Gestaltung zugleich mit der Widerrufsbelehrung als solcher zu unterzeichnen. Damit konnte die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht in Gang setzen (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
- 38
- 2. Von einer Verwirkung kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts, das die Anwendung dieses Instituts rechtsfehlerhaft ausgeschlossen hat, nicht ausgehen.
- 39
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das angenommen hat, das Institut der Verwirkung finde auf das "ewige" Widerrufsrecht keine Anwendung , kann das Widerrufsrecht verwirkt werden (vgl. zum Widerruf nach dem Abzahlungsgesetz BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f. und vom 14. Juni 1989 - VIII ZR 176/88, WM 1989, 1387, 1388; zum Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz Senatsurteile vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, WM 2007, 114 Rn. 26, vom 10. November 2009 - XI ZR 232/08, juris Rn. 14 und - XI ZR 163/09, juris Rn. 18 sowie vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 36; BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494, vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; außerdem Armbrüster, VersR 2012, 513, 517 ff.; Borowski, BKR 2014, 361, 364 f.; Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Bülow, WM 2015, 1829 ff.; Domke, BB 2005, 1582, 1584 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1035; Edelmann/Krümmel, BKR 2003, 99, 102; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 150 f.; Gansel/ Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 357 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 107; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749 ff.; Henning, CRP 2015, 80, 83 f.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 280 ff.; Lechner, WM 2015, 2165, 2171 f.; Lippe/Voigt, NZG 2010, 1258, 1259; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 84 ff.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 ff.; Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2015 Anm. 5; Omlor, NJW 2016, 1265, 1266; Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 134 f.; Peters, WM 2014, 2145, 2152 f.; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; Rohlfing, MDR 2010, 552, 554; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 ff.; Wahlers, WM 2015, 1043 ff.; a.A. OLG Karlsruhe, WM 2006, 676, 678). Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BTDrucks. 18/7584, S. 147; Omlor, NJW 2016, 1265, 1268).
- 40
- b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
- 41
- Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt.
- 42
- c) Dass das Widerrufsrecht des Klägers gemäß den genannten Voraussetzungen verwirkt ist, ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zweifelsfrei. Der Senat kann daher der tatrichterlichen Würdigung der erforderlichen Umstände nicht vorgreifen, zumal die Parteien aufgrund des vom Berufungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkts bisher nicht hinreichend Gelegenheit hatten, insbesondere zum Umstandsmoment abschließend vorzutragen.
IV.
- 43
- Der Senat kann umgekehrt nicht zugunsten des Klägers in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nicht nur kann der Senat nicht ausschließen , dass aufgrund einer fehlerfreien tatrichterlichen Würdigung die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen oder das Wi- derrufsrecht verwirkt ist. Der Senat kann auch nicht das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts dahinstehen lassen, weil unbeschadet der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG davon auszugehen wäre, die Beklagte habe dem Kläger ein denselben Bedingungen unterliegendes vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt. Im Streitfall ist, was der Senat aufgrund der gebotenen objektiven Auslegung selbst feststellen kann (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 24), die Widerrufsbelehrung der Beklagten aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen. Entsprechend hat auch der Kläger selbst mit seinem Widerruf eine unzureichende Unterrichtung nicht über ein vertragliches, sondern über ein gesetzliches Widerrufsrecht geltend gemacht.
V.
- 44
- Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die von der Revision vorrangig beantragte Zurückverweisung an das Landgericht kommt nicht in Betracht. Eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht ist nur dann als ersetzende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO möglich, wenn auch das Berufungsgericht bei richtiger Entscheidung gemäß § 538 Abs. 2 ZPO hätte zurückverweisen können und müssen (Senatsurteile vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, WM 2007, 67 Rn. 36 mwN, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 170, 18, und vom 17. Juni 2014 - XI ZR 514/11, juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall. Da die Beweisaufnahme und Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich dem Berufungsgericht obliegen, ist die Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch grö- ßeren Nachteilen für die Parteien führte als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (BGH, Urteil vom 5. November 2014 - IV ZR 8/13, WM 2015, 204 Rn. 21). Dafür ist nichts ersichtlich.
- 45
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 46
- Das Berufungsgericht wird zur Klärung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG die erforderlichen Beweise zu erheben und Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob - was das Landgericht, ohne die Frage endgültig zu entscheiden, in den Raum gestellt hat - ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Kläger mit den Finanzierungsverhandlungen eine Person seines Vertrauens beauftragt hat, die nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausschließlich in seinem "Lager" stand und auch wirtschaftlich nicht im entferntesten Sinne im Namen oder für Rechnung der Beklagten handelte (Senatsurteile vom 20. Juni 2006 - XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 Rn. 15, vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 24 und vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 17). Außerdem wird sich das Berufungsgericht nach Maßgabe der oben genannten Grundsätze mit dem Einwand der treuwidrigen Ausübung des Widerrufsrechts und dessen Verwirkung zu befassen haben.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2015 - 301 O 156/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.10.2015 - 13 U 45/15 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags.
- 2
- Der inzwischen verstorbene frühere Kläger zu 1 und die Klägerin, seine Alleinerbin, (künftig einheitlich: die Kläger) schlossen aufgrund ihrer Vertragserklärung vom 9. April 2008 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 50.000 € und einen Zinssatz von 6% p.a. Als Sicherheit der Beklagten dienten Grundpfandrechte. Die Beklagte belehrte die Kläger am 9. April 2008 über ihr Widerrufsrecht wie folgt:
1
Widerrufsbelehrung zu zum Darlehensvertrag Nr. … über 50.000,-- € Widerrufsrecht2
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet -Adresse). Sparkasse … E-Mail: … Fax: Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren , müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen. Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen.Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären. Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen , was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind auf Kosten und Gefahr Ihres Vertragspartners zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Wenn Ihrem Vertragspartner das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist, können Sie sich wegen der Rückabwicklung nicht nur an diesen , sondern auch an uns halten. Ort, Datum Unterschrift des Verbrauchers H. , 09.04.2008 F. Ihre Sparkasse Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.
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- Exemplar(e) heute Datum, Unterschrift des Sach- Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts. an Verbraucher bearbeiters (mit Pers.-Nr.) z.B. Darlehensvertrag vom … ausgehändigt 2 [Unterschrift] 25.4.08 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.
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- Die Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen. Unter dem 24. Juni 2013 widerriefen sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Sie leisteten an die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht weitere 40.625,33 €.
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- Ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zwischen diesem Betrag und dem von ihnen als der Beklagten bei Wirksamwerden des Widerrufs noch geschuldet berechneten Betrag von 34.809,73 €, folglich auf Zahlung von 5.815,60 €, hat das Landgericht abgewiesen. Auf ihre Berufung hat das Berufungsgericht ihnen einen Teil der Klageforderung in Höhe von 2.015,55 € zuerkannt und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen.
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- Mit der zu ihren Gunsten vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision macht die Klägerin - zugleich als Rechtsnachfolgerin des früheren Klägers zu 1 - die Entscheidung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen zum Gegenstand des Revisionsverfahrens, soweit das Berufungsgericht hinter den Klageanträgen zurückgeblieben ist.
Entscheidungsgründe:
A. Revision der Beklagten
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- Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
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- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BKR 2016, 205 ff.), soweit im Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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- Die Kläger hätten in Höhe des zugesprochenen Teilbetrags eine Leistung ohne rechtlichen Grund an die Beklagte erbracht. Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien habe sich aufgrund des Widerrufs der Kläger in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Auf die resultierende Forderung der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis hätten die Kläger zu viel bezahlt.
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- Die Kläger hätten ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung im Juni 2013 noch widerrufen können, weil die Widerrufsfrist mangels deutlicher Belehrung der Beklagten nicht angelaufen sei. Eine Belehrung , die sich - wie im konkreten Fall - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränke, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", sei nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß der BGB-Informationspflichten-Verordnung - hier nach Maßgabe der Überleitungsregelung für an der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters orientierte Belehrungen - könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die von ihr verwandte Widerrufsbelehrung dem Muster nicht vollständig entsprochen habe. Die Beklagte habe nach der die Länge der Widerrufsfrist kennzeichnenden Passage - "innerhalb von zwei Wochen" - eine hochgestellte "2" eingefügt, die zu einer nach der Unterschrift des Verbrauchers am unteren Seitenrand des Formulars abgedruckten Fußnote geführt habe. Mittels des in dieser Fußnote abgedruckten Textes "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" sei die Beklagte von der Musterwiderrufsbelehrung abgewichen. Überdies sei die mit dieser Fußnote versehene Widerrufsbelehrung geeignet gewesen, beim Verbraucher den (unzutreffenden) Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende ) Prüfung seines Einzelfalls könne - abhängig von ihm in der Widerrufsbelehrung nicht aufgezeigten Umständen - zur Bestimmung einer Widerrufsfrist von weniger oder von mehr als zwei Wochen führen.
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- Die Kläger hätten das Widerrufsrecht nicht verwirkt. Genügende Umstände , die das Vertrauen der Beklagten darauf gerechtfertigt hätten, die Kläger würden von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen, lägen nicht vor.
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- Die Beklagte habe den Klägern aufgrund des nach Widerruf zwischen den Parteien entstandenen Rückabwicklungsverhältnisses unter anderem auch Herausgabe der von ihr aus Tilgungsleistungen gezogenen Nutzungen geschuldet.
II.
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- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
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- 1. Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend erkannt, den Klägern sei gemäß § 495 Abs. 1 BGB in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) das Recht zugekommen, ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nach näherer Maßgabe des § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig : aF) zu widerrufen. Es hat weiter richtig angenommen, das Anlaufen der Zweiwochenfrist für den Widerruf habe eine Unterrichtung der Kläger über ihr Widerrufsrecht vorausgesetzt.
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- 2. Bei Ausübung des Widerrufsrechts am 24. Juni 2013 war die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen. Die dem Darlehensvertrag beigegebene Widerrufsbelehrung entsprach, was der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 22 f.; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 15), nicht den gesetzlichen Vorgaben.
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- a) Allerdings war die Widerrufsbelehrung nicht deshalb gesetzeswidrig, weil sie als Anschrift der Beklagten eine Postfachanschrift nannte. Unter dem Begriff der "Anschrift" im Sinne des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF war nicht die Hausanschrift, sondern die Postanschrift und dementsprechend auch die Postfachanschrift zu verstehen (BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 306/99, WM 2002, 1352, 1353 f.). Die Mitteilung einer Postfachanschrift des Widerrufsadressaten setzte den Verbraucher in gleicher Weise wie die Mitteilung der Hausanschrift in die Lage, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu brin- gen (vgl. BGH, Urteile vom 11. April 2002 aaO und vom 25. Januar 2012 - VIII ZR 95/11, WM 2012, 561 Rn. 13). Soweit § 14 Abs. 4 BGB-InfoV aF im hier maßgeblichen Zeitraum festhielt, der Unternehmer müsse, sofern er den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 oder 3 über sein Widerrufs - oder Rückgaberecht belehre, in der Belehrung seine "ladungsfähige Anschrift" angeben, konnte der Verordnungsgeber wirksam keine dem Gesetzeswortlaut widerstreitenden Anforderungen festlegen.
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- b) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung entsprach aber nicht dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF.
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- aa) Zum einen informierte die Widerrufsbelehrung mittels des Einschubs des Worts "frühestens" unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34; BGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - III ZR 252/11, BGHZ 194, 150 Rn. 13, vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9, vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 15, vom 25. September 2014 - III ZR 440/13, WM 2015, 193 Rn. 18 und vom 12. November 2015 - I ZR 168/14, WM 2016, 968 Rn. 15; Beschluss vom 10. Februar 2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 14; aA Schmidt-Kessel/Gläser, WM 2014, 965, 970 f.).
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- bb) Zum anderen unterrichtete die Widerrufsbelehrung in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gab sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB aF grundsätzlich richtig mit "zwei Wochen" an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" vermittelte die Belehrung indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers, die in seinem Fall geltende Frist selbst festzustellen (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2016 - I-6 U 296/14, juris Rn. 19; OLG Köln, Beschluss vom 13. April 2016 - 13 U 241/15, juris Rn. 6; OLG München, Urteil vom 21. Oktober 2013 - 19 U 1208/13, juris Rn. 37; aA OLG Bamberg, Beschluss vom 1. Juni 2015 - 6 U 13/15, juris Rn. 82 ff.; OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 411; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 5 U 175/14, juris Rn. 23). Dieses Fehlverständnis verhinderte weder der Umstand, dass sich der Zusatz in einer Fußnote befand, noch die Tatsache, dass der Fußnotentext neben dem Unterschriftsfeld des "Sachbearbeiters" der Beklagten angebracht war. Vorformulierte Widerrufsbelehrungen der in Rede stehenden Art sind Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB (Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 22). Fußnoten zu vorformulierten Vertragsklauseln sind Teil der vom Verwender an den Kunden gerichteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, Urteile vom 15. März 2006 - VIII ZR 134/05, NJW 2006, 1867 Rn. 12 ff. sowie vom 10. März 2004 - VIII ZR 34/03, WuM 2004, 275, 276 und - VIII ZR 64/03, NJW 2004, 1447, 1448). Die Stellung des Fußnotentextes neben dem Unterschriftsfeld für den "Sachbearbeiter" ändert daran nichts. Zum einen war dieses Unterschriftsfeld durch eine Trennlinie deutlich vom Fußnotentext geschieden. Zum anderen war der Fußnotentext über die hochgestellte "2" in den Belehrungstext einbezogen, so dass er sich erkennbar an den Gegner des Verwenders und nicht an dessen Mitarbeiter richtete (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteile vom 21. Januar 2016 aaO und vom 13. Mai 2016 - I-17 U 182/15, juris Rn. 20; OLG München, Urteil vom 21. Oktober 2013 aaO).
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- c) Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF nicht zugute.
- 21
- aa) Mittels der Einführung des Art. 245 EGBGB aF hat der Gesetzgeber den Verordnungsgeber der BGB-Informationspflichten-Verordnung ermächtigt, das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung einem Streit über seine Gesetzmäßigkeit zu entziehen (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 15 f. unter Verweis auf BT-Drucks. 14/7052, S. 208; vgl. zuvor schon Bodendiek, MDR 2003, 1, 3; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 14 BGB-InfoV Rn. 6). Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist mithin § 14 BGB-InfoV aF - im konkreten Fall in Verbindung mit § 16 BGB-InfoV - zu entnehmen.
- 22
- bb) § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass "das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird". Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF darf der Unternehmer allerdings, sofern er das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, "in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen". Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (so auch ausdrücklich BT-Drucks. 17/1394, S. 22, zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 4 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 [BGBl. I S. 977]). Entsprechend kann sich der Unternehmer auf die Schutzwirkungen des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet , das dem Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung in den Grenzen des § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteile vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 13, vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15 und vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 36 ff.; BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 19. Juli 2012 - III ZR 252/11, BGHZ 194, 150 Rn. 15, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17, vom 18. März 2014 - II ZR 109/13, WM 2014, 887 Rn. 15, vom 25. September 2014 - III ZR 440/13, WM 2015, 193 Rn. 18 und vom 12. November 2015 - I ZR 168/14, WM 2016, 968 Rn. 18; Beschluss vom 10. Februar 2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8). Unterzieht der Unternehmer dagegen das vom Verordnungsgeber entworfene Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, die über das nach § 14 Abs. 3 BGBInfoV aF Erlaubte hinausgeht, verliert er die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF.
- 23
- Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst nach Art. 245 EGBGB, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zuordnet oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht.
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- Greift der Unternehmer dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF verloren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Unternehmer Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise - auch in Form von Fußnoten - in den Belehrungstext übernimmt oder auf die Angabe der vom Verordnungsgeber - insofern ohne Verstoß gegen höherrangiges Gesetzesrecht - für das Muster im Gestaltungshinweis 3 verbindlich vorgegebenen ladungsfähigen Anschrift verzichtet. Aus dem Beschluss des II. Zivilsenats vom 20. November 2012 (II ZR 264/10, GuT 2013, 133), der eine Anpassung des Musters an § 187 Abs. 1 BGB zum Gegenstand hatte, folgt insofern nichts anderes.
- 25
- cc) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung , was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (Senatsurteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 40; BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 23; Beschluss vom 10. Februar 2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 9), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie hat unter der Überschrift "Widerrufsrecht" den Gestaltungshinweis 3 kursiv gesetzt in den Text übernommen. Das anschließende Feld enthält entgegen den Vorgaben des Gestaltungshinweises 3 nicht ihre ladungsfähige Anschrift. Unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" hat die Beklagte den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt.
- 26
- d) Auf die Kausalität der unter b) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 25; vgl. auch Domke, BB 2005, 1582, 1583). Dem war hier so.
- 27
- e) Mangels einer gesetzeskonformen Belehrung stand den Klägern, wovon das Berufungsgericht richtig ausgegangen ist, ein sogenanntes "ewiges" Widerrufsrecht zu, das sie noch im Juni 2013 ausüben konnten.
- 28
- aa) Für den hier maßgeblichen Zeitraum und die hier maßgebliche Vertragssituation , in der die Kläger den Widerruf im Jahr 2013 erklärt haben, hat der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich dahin optiert, eine automatische zeitliche Begrenzung für das Widerrufsrecht im Falle einer unzureichenden Belehrung des Verbrauchers nicht vorzusehen. Nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) sollten ursprünglich sämtliche Verbraucherwiderrufsrechte ohne Rücksicht auf ihren Entstehungsgrund spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss erlöschen. Der Gesetzgeber erstrebte damit eine Vereinheitlichung der bis dahin in § 3 Abs. 1 Satz 3 FernAbsG, § 7 Abs. 2 VerbrKrG, § 2 HWiG und § 5 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 TzWrG uneinheitlich gestalteten Regelungen zum Erlöschen der nebengesetzlich normierten Widerrufsrechte (BT-Drucks. 14/6040, S. 198). Von diesem Konzept hat sich der Gesetzgeber mit der Einführung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der Fassung des OLGVertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) schon wenige Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts wieder verabschiedet. Nach § 355 Abs. 3 BGB in der hier maßgeblichen Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes erlosch das Recht des Verbrauchers , seine auf Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung zu widerrufen, unabhängig vom Vertragsinhalt oder den Modalitäten seines Zustandekommens nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
- 29
- bb) Mit seiner Korrektur des § 355 Abs. 3 BGB im Sinne einer (zeitlich gestaffelten, Art. 229 § 9 Abs. 1 EGBGB) Rücknahme des dem Gesetz zur Mo- dernisierung des Schuldrechts zugrunde liegenden Gedankens durch das OLGVertretungsänderungsgesetz ging der deutsche Gesetzgeber einer Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages folgend im Interesse der Übersichtlichkeit der gesetzlichen Regelungen geflissentlich über die Vorgaben hinaus, die man aus dem allein Haustürgeschäfte betreffenden Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (künftig: Gerichtshof) vom 13. Dezember 2001 (EuGH, Slg. 2001, I-9945 Rn. 44 ff.) herauslesen konnte (BT-Drucks. 14/9266, S. 45). Befürchtete Härten für die Unternehmer, die dem den Ansatz einer einheitlichen Regelung "aus systematischen Gründen" grundsätzlich billigenden Bundesrat mit Anlass waren, den Vermittlungsausschuss anzurufen (BT-Drucks. 14/9531, S. 2 f.), hat der Gesetzgeber neben der Einführung eines Musters für die Widerrufsbelehrung mittels einer Präzisierung der Modalitäten einer Nachbelehrung kompensiert (vgl. Lechner, WM 2015, 2165, 2166 f.; zur Nachbelehrung früher schon BGH, Urteile vom 20. Dezember 1989 - VIII ZR 145/88, WM 1990, 315, 318 und vom 8. Oktober 1992 - IX ZR 98/91, WM 1993, 420, 423; Münstermann/Hannes, VerbrKrG, 1991, § 7 VerbrKrG Rn. 357; Seibert, Handbuch zum Gesetz über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze, 1991, § 7 VerbrKrG Rn. 12; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 50; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 7 VerbrKrG Rn. 39).
- 30
- cc) Selbst nach Bekanntwerden des Urteils des Gerichtshofs vom 10. April 2008 (EuGH, Slg. 2008, I-2383 Rn. 47 ff.) zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer Befristung des Widerrufsrechts wie in § 2 HWiG vorgesehen hat der Gesetzgeber die mit dem OLG-Vertretungsänderungsgesetz getroffene Grundentscheidung nicht aufgegeben (vgl. Lechner, WM 2015, 2165, 2168). Für den hier konkret zur Entscheidung gestellten Fall hat er nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags, aber vor Ausübung des Widerrufsrechts anderes auch nicht mit dem Gesetz zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts bestimmt. Insbesondere hat er mittels des § 495 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 30. Juli 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung nicht zum Nachteil der Beklagten die Möglichkeit einer Nachbelehrung beseitigt. Mangels besonderer anderer Anordnung im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche gelten für die Anwendung der Vorschriften des Gesetzes vom 24. Juli 2010 die allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Rechts. Mithin blieb es für den am 9. April 2008 geschlossenen Darlehensvertrag bei dem Grundsatz, dass er nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen und damit auch in Bezug auf die Regeln über die Nachbelehrung dem Recht untersteht, das zur Zeit seiner Entstehung galt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 Rn. 20 und vom 6. März 2012 - II ZR 56/10, BGHZ 192, 341 Rn. 30). Eine Nachbelehrung hat die Beklagte nicht erteilt, so dass es bei dem "ewigen Widerrufsrecht" der Kläger blieb.
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- 3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht weder verwirkt noch sonst unzulässig ausgeübt, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 32
- a) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis richtig davon ausgegangen, Unionsrecht stehe der Anwendung des § 242 BGB nicht entgegen. Für den zwischen den Parteien geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag fehlen von vornherein unionsrechtliche Vorgaben, die hinderten, die Ausübung des Widerrufsrechts anhand des § 242 BGB zu überprüfen. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. L 42 vom 12. Februar 1987, S. 48), die gemäß Art. 29 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66) in ihrer berichtigten Fassung (ABl. L 207 vom 11. August 2009, S. 14) bis zum 10. Juni 2010 galt, war gemäß ihrem Art. 2 Abs. 1 Buchst. a nicht nur nicht auf Immobiliarkredite anwendbar. Sie sah auch zugunsten des Verbrauchers ein Widerrufsrecht nicht vor (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 751).
- 33
- b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Verwirkung des Widerrufsrechts liege nicht vor, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
- 34
- aa) Das Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB aF kann verwirkt werden (vgl. zum Widerruf nach dem Abzahlungsgesetz BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f. und vom 14. Juni 1989 - VIII ZR 176/88, WM 1989, 1387, 1388; zum Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz Senatsurteile vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, WM 2007, 114 Rn. 26, vom 10. November 2009 - XI ZR 232/08, juris Rn. 14 und - XI ZR 163/09, juris Rn. 18 sowie vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 36; BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494, vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; außerdem Armbrüster, VersR 2012, 513, 517 ff.; Borowski, BKR 2014, 361, 364 f.; Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Bülow, WM 2015, 1829 ff.; Domke, BB 2005, 1582, 1584 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1035; Edelmann/ Krümmel, BKR 2003, 99, 102; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 150 f.; Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 357 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 107; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749 ff.; Henning, CRP 2015, 80, 83 f.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 280 ff.; Lechner, WM 2015, 2165, 2171 f.; Lippe/Voigt, NZG 2010, 1258, 1259; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 84 ff.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 ff.; Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2015 Anm. 5; Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 134 f.; Peters, WM 2014, 2145, 2152 f.; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; Rohlfing, MDR 2010, 552, 554; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 ff.; Wahlers, WM 2015, 1043 ff.; aA OLG Karlsruhe, WM 2006, 676, 678). Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben , diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; Omlor, NJW 2016, 1265, 1268).
- 35
- Die Unverzichtbarkeit des Widerrufsrechts nach § 506 Satz 1 BGB in der zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung hindert die Anwendung des Instituts der Verwirkung nicht. Die Verwirkung knüpft nicht an eine ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung an, sondern an eine gesetzliche Wertung anderweitiger Umstände (BGH, Urteil vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 282; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 751; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 86 aE; zweifelnd Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141).
- 36
- bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, das Widerrufsrecht sei im konkreten Fall nicht verwirkt, hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
- 37
- (1) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
- 38
- (2) Nach diesen Maßstäben lässt die Einschätzung des Berufungsgerichts , das Umstandsmoment der Verwirkung sei nicht erfüllt, Rechtsfehler nicht erkennen.
- 39
- (aa) Allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers kann der Unternehmer ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 16. April 1986 - VIII ZR 79/85, BGHZ 97, 351, 359, vom 3. Juli 1991 - VIII ZR 201/90, WM 1991, 1675, 1677, vom 22. Januar 1992 - VIII ZR 374/89, WM 1992, 951, 955 f. und vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 222; Borowski, BKR 2014, 361, 365; Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Domke, BB 2005, 1582, 1584; Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 360; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2149; weniger eindeutig Duchstein, NJW 2015, 1409, 1410; aA Dawirs, NJW 2016, 439, 441; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1665; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 285 f.; Scholz/Schmidt/ Ditté, ZIP 2015, 605, 612).
- 40
- (bb) Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Der Verbraucher ist entweder ordnungsgemäß belehrt oder nicht (vgl. schon EuGH, Slg. 2008, I-2383 Rn. 35; außerdem Bülow, WM 2015, 1829, 1830; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; aA Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Domke, BB 2005, 1582, 1585; Duchstein, NJW 2015, 1409, 1413; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f.; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 754 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2014, 1599; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10. März 2014 - 17 W 11/14, juris Rn. 14 ff.; OLG Köln, WM 2012, 1532, 1534). Den Vorschlag des Zentralen Kreditausschusses zum Entwurf der Bundesregierung für ein "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen" vom 28. Januar 2004 (dort unter IV 3 S. 8 f.), innerhalb des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der dann zum 8. Dezember 2004 in Kraft gesetzten Fassung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Belehrungsmängeln zu unterscheiden und das "ewige" Widerrufsrecht bei unwesentlichen Belehrungsmängeln einzuschränken, hat der Gesetzgeber nicht übernommen (vgl. Domke, BB 2005, 1582, 1583 f.). Das Risiko, dass ein Fehler der Widerrufsbelehrung erst nachträglich aufgedeckt wird, trägt nicht der Ver- braucher, sondern die Bank. Im Gegenteil wird es dem Verbraucher aus der maßgeblichen Sicht der Bank schwerer fallen, das Fortbestehen des Widerrufsrechts zu erkennen, wenn die Widerrufsbelehrung den Anschein der Richtigkeit und Vollständigkeit erweckt (Borowski, BKR 2014, 361, 365). Daher spielt es für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank keine Rolle, dass sie den Verbraucher überhaupt belehrt hat (für eine Differenzierung zwischen fehlender, erheblich fehlerhafter und bloß geringfügig fehlerhafter Widerrufsbelehrung dagegen Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 150; Henning, CRP 2015, 80, 84; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 281, 285 ff.; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 615; Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 134 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1047, 1049).
- 41
- Die Bank wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar , durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers - hier: gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB aF in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB - die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Bülow, WM 2015, 1829, 1831; Domke, BB 2005, 1582, 1584). Die für Fälle wie den hier dem Senat zur Entscheidung unterbreiteten unvermindert gültige Entscheidung des Gesetzgebers, gegen das unbefristete Widerrufsrecht die Nachbelehrung zu setzen, ist auch bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verwirkung eines vor Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags ausgeübten Widerrufsrechts beachtlich (vgl. Borowski, BKR 2014, 361, 364; Duchstein, NJW 2015, 1409, 1410; Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 359; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 107; Habersack/ Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 751, 756; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 88; Rohlfing, MDR 2010, 552, 554; aA Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 151; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1665 f.; Peters, WM 2014, 2145, 2152 f.; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 613, 616).
- 42
- c) Die vom Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung geprüften Umstände können auch nicht als unzulässige Rechtsausübung gewertet werden.
- 43
- aa) Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 20). Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 179/96, BGHZ 135, 333, 337; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 7). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 aaO und vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09, WM 2011, 470 Rn. 17 mwN).
- 44
- bb) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Kläger müssten sich den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht gefallen lassen, ist auch nach diesen Maßgaben rechtsfehlerfrei.
- 45
- (1) Die Ausübung des Widerrufsrechts ist entgegen der Auffassungder Revision nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht durch den Schutzzweck des Verbraucherwiderrufsrechts motiviert ist.
- 46
- Schon zu § 1b AbzG war anerkannt (BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 135, vom 29. Januar 1986 - VIII ZR 49/85, WM 1986, 480, 483 und vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 143/91, WM 1993, 416, 417; Beschluss vom 13. Januar 1983 - III ZR 30/82, WM 1983, 317, 318), dass das Wirksamwerden der Willenserklärung des Käufers mangels fristgemäßen Widerrufs von seinem freien Willen abhängen sollte, also der Widerruf nach dieser Vorschrift einer Rechtfertigung nicht bedurfte. Auch der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes stellte sich auf diesen Standpunkt. Zwar sollte das Verbraucherkreditgesetz den Verbraucher in erster Linie "vor unüberlegten Vertragsentschließungen" bewahren (BT-Drucks. 11/5462, S. 12). Weder § 7 VerbrKrG noch später § 495 BGB aF ließ sich indessen entnehmen, andere Gesichtspunkte dürften bei der Entscheidung für oder gegen die Ausübung des Widerrufsrechts keine Berücksichtigung finden. Vielmehr legte der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes fest, "[d]er Verbraucher […] [könne] sein Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben", sofern nicht das Gesetz selbst einschränkende Regelungen enthalte (BT-Drucks. 11/5462, S. 22). An diesen Grundsätzen sollte sich durch die Einführung des § 361a BGB und später des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB nichts ändern. Im Gegenteil bestätigte der Gesetzgeber, indem er den Verzicht auf ein Begründungserfordernis in das Bürgerliche Gesetzbuch übernahm, die bis dahin gültigen Grundsätze.
- 47
- Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; aA Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).
- 48
- (2) Dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer nach Maßgabe der § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF), § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB zur Herausgabe von Nutzungsersatz verpflichtet sein kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, ZIP 2016, 109 Rn. 7 und vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 18 ff.), ist, soweit sich - wie hier - nach Maßgabe des Art. 229 § 32 EGBGB die Rechtsfolgen des Widerrufs noch nach den §§ 346 ff. BGB bestimmen, regelmäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs. Dass der Widerruf diese Rechtsfolgen zeitigt, macht ihn nicht rechtsmissbräuchlich.
- 49
- (3) Gleiches gilt für die gesamtwirtschaftlichen Folgen der vermehrten Ausübung von Verbraucherwiderrufsrechten. Dass sich die Kreditwirtschaft aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinsphase oder des gehäuften wirtschaftlichen Scheiterns darlehensfinanzierter Beteiligungskonzepte - immerhin aufgrund eigener Belehrungsfehler - der massenhaften Ausübung von Widerrufsrechten gegenüber sieht, ist - unbeschadet der Frage, ob dies die Rechtsposition der Kläger im konkreten Fall überhaupt beeinflussen könnte - generell kein Kriterium , das bei der Anwendung des § 242 BGB auf das Widerrufsrecht von Verbrauchern Berücksichtigung finden kann. Dass Widerrufsrechte wie das der Kläger in einer Vielzahl von Fällen zeitlich unbefristet geltend gemacht werden konnten, beruht - wie oben ausgeführt - auf einer bewussten Entscheidung des deutschen Gesetzgebers. Sie kann nicht durch eine extensive Anwendung des § 242 BGB unterlaufen werden, um so empfundene vermeintliche Defizite bei einem sachgerechten Ausgleich der Interessen der Vertragsparteien aufzuwägen (vgl. Lechner, WM 2015, 2165, 2171).
- 50
- 4. Schließlich lässt die Entscheidung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen Rechtsfehler zulasten der Beklagten nicht erkennen. Das gilt entgegen den Angriffen der Revision, die sich darauf beschränkt, das Ergebnis in Frage zu stellen, ohne sich mit den Argumenten des Senats im Einzelnen auseinander zu setzen, auch, soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Herausgabe widerleglich vermutet gezogener Nutzungen auf die von den Klägern erbrachten Tilgungsleistungen für verpflichtet erachtet hat. Dies entspricht den Grundsätzen, die der Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 18 ff.) nochmals ausführlich verdeutlicht hat. Erwägungen, die den Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung veranlassen könnten, stellt die Revision nicht an.
- 51
- Die Anschlussrevision der Klägerin hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
I.
- 52
- Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
- 53
- Nach Umwandlung des Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis hätten die Kläger Herausgabe der Darlehensvaluta nebst Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta geschuldet, bei deren Bemessung eine bei Ausreichung des Darlehens im April 2008 marktübliche Verzinsung von 5,71% p.a. - nicht wie von den Klägern eingeführt von 5,25% p.a. - zugrunde zu legen sei. Dies ergebe einen Gesamtbetrag von 63.423,38 €. Die Kläger hätten von der Beklagten Rückerstattung der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 22.625 € verlangen können. Außerdem habe ihnen ein Anspruch auf Herausgabe der von der Beklagten aus den Zins- und Tilgungsleistungen gezogenen Nutzungen zugestanden. Widerleglich sei zu vermuten, dass die Beklagte aus Zins- und Tilgungsleistungen, die sie aus dem grundpfandrechtlich gesicherten und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge übli- chen Bedingungen ausgegebenen Darlehen erlangt habe, Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz - nicht, wie von den Klägern geltend gemacht, von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz - gezogen habe. Die Kläger hätten zu höheren und die Beklagte zu geringeren Nutzungen nicht vorgetragen. Zu erstatten habe die Beklagte schließlich eine vereinnahmte "Schätzgebühr" samt hieraus gezogener Nutzungen. Mit der sich daraus ergebenden Gesamtforderung in Höhe von 24.813,60 € hätten die Kläger gegen die Forderung der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis aufgerechnet, so dass sich zugunsten der Beklagten noch ein Saldo von 38.609,78 € ergeben habe. Da die Kläger weitere 40.625,33 € an die Beklagte gezahlt hätten, sei die Beklagte in Höhe von 2.015,55 € ungerechtfertigt bereichert.
II.
- 54
- Die Anschlussrevision ist erfolgreich, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die unstreitige Zahlung einer "volle[n] Annuität" zum 30. April 2008 bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Im Übrigen hält das Berufungsurteil den Angriffen der Anschlussrevision stand.
- 55
- 1. Soweit das Berufungsgericht zugunsten der Kläger zum 30. April 2008 lediglich eine Zahlung in Höhe von 125 € statt von 375 € veranschlagt hat, hat es, was die Anschlussrevision mit einer hinreichend ausgeführten Verfahrensrüge geltend macht, unter Verstoß gegen § 286 ZPO die Anforderungen an die Substantiierung des klägerischen Vortrags überspannt. Die Kläger haben in den Vorinstanzen hinreichend substantiiert zur Zahlung von nicht nur 125 €, sondern von 375 € zum 30. April 2008 vorgetragen. Mehr als den Umstand als solchen , der unstreitig geblieben ist, konnten und mussten sie nicht geltend ma- chen. Da die Kläger mit dem Angebot einer vollständigen Rate zum 30. April 2008 und die Beklagte mit deren Annahme eine ursprünglich etwa anders lautende vertragliche Vereinbarung abbedungen haben, war es rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht aufgrund des von den Klägern vorgelegten Vertragstextes von einem widersprüchlichen Vortrag der Kläger ausging.
- 56
- 2. Im Übrigen ist das Berufungsurteil, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Kläger entschieden hat, rechtsfehlerfrei.
- 57
- a) Soweit die Anschlussrevision mit einer Verfahrensrüge die Behandlung von unstreitigem als streitiges Vorbringen beanstandet, hätte eine etwaige Unrichtigkeit der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil nur in einem Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden können. Einen Berichtigungsantrag haben die Kläger nicht gestellt. Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO kommt ohne Rücksicht darauf, ob sie hier hinreichend ausgeführt ist, zur Korrektur der tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht (vgl. Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 12, vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 40, vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 18, vom 1. Oktober 2013 - XI ZR 28/12, WM 2013, 2121 Rn. 44 und vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 24).
- 58
- b) Die Anschlussrevision scheitert auch, soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht sei verfehlt davon ausgegangen, es sei widerleglich zu vermuten , dass die Beklagte aus ihr von den Klägern überlassenen Zins- und Tilgungsraten Nutzungen lediglich in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen habe. Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruch- baren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien. Die hier maßgebliche Regelung war nach Art. 229 § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB im ausschlaggebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung, da das Berufungsgericht von der Anschlussrevision nicht angegriffen das Zustandekommen eines Immobiliardarlehensvertrags im Sinne des § 492 Abs. 1a Satz 2 Halbsatz 1 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung festgestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1327 und vom 18. Februar 1992 - XI ZR 134/91, WM 1992, 566, 567; außerdem Senatsurteil vom 19. September 2006 - XI ZR 242/05, WM 2006, 2303 Rn. 14; Wallner, BKR 2016, 177, 178). Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kläger hätten konkret zu höheren Nutzungen der Beklagten nicht vorgetragen, erinnert die Anschlussrevision nichts.
III.
- 59
- Das Berufungsurteil unterliegt demgemäß unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Aufhebung, soweit das Berufungsgericht eine Zahlung von weiteren 250 € zum 30. April 2008 außer Acht gelassen hat. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hatte gegen die Kläger aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.423,38 €. Die Kläger konnten von der Beklagten die Erstattung geleisteter Zins- und Tilgungsraten in Höhe von richtig 22.875 € - nicht nur 22.625 € -, Herausgabe hieraus bis zum 24. Juni 2013 gezogener Nutzungen in Höhe von richtig 1.646,64 € - nicht nur 1.607,02 € -, Erstattung der vereinnahmten Schätzgebühr in Höhe von 500 € und Herausgabe hieraus gezogener Nutzungen in Höhe von 81,58 €, mithin insgesamt 25.103,22 €, verlangen. Unter Berücksichtigung der von den Klägern geleisteten Zahlung in Höhe von 40.625,33 € und der vom Berufungsgericht festgestellten Aufrechnung der Kläger ergibt sich eine Überzahlung der Beklagten in Höhe von 2.305,17 €, um die die Beklagte ungerechtfertigt bereichert ist und die sie nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB herauszugeben hat.
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 27.10.2014 - 10 O 3952/14 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 11.11.2015 - 14 U 2439/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 564/15
vom
19. September 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:190916BXIZR564.15.0
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die
Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
am 19. September 2016
beschlossen:
Das Urteil vom 12. Juli 2016 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wegen
offenbarer Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass es im Tenor hinter
den Worten "Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom" statt
"22. September 2014"
richtig heißen muss:
"27. Oktober 2014 in der Fassung des Beschlusses vom
1. Dezember 2014".
Ellenberger Joeres Matthias
Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 27.10.2014 - 10 O 3952/14 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 11.11.2015 - 14 U 2439/14 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 15. März 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
- 2
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
- 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Widerrufsfrist sei abgelaufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche zwar nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. i.V.m. dem Muster der Anlage 2 hierzu berufen.
- 4
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Wegen einer inhaltlichen Bearbeitung der Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen.
- 5
Die Kläger beantragen,
- 6
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger € 19.009,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2014 zu zahlen.
- 7
2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei XXX in Höhe von 1.878,06 € freizustellen.
- 8
Die Beklagte beantragt,
- 9
die Berufung zurückzuweisen.
- 10
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt überdies die Auffassung, der Widerruf sei nicht wirksam gewesen, weil der durch die Prozessbevollmächtigten erklärte Widerruf wegen der fehlenden Originalvollmacht gerügt worden sei. Die Ausübung des Widerrufs stelle auch eine unzulässige Rechtsausübung dar.
- 11
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 12
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Der Widerruf der Kläger war zwar wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht verfristet (1.). Er war auch wirksam erklärt worden (2.). Das Widerrufsrecht der Kläger ist aber verwirkt (3.). Auf die Frage, ob die Ausübung des Widerrufs im Übrigen rechtsmissbräuchlich war, kommt es deshalb nicht mehr an (4.). Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hätten die Kläger ohnehin nicht (5.).
1.
- 13
Den Klägern stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 28. April 2014 (Widerruf der Kläger) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung haben die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters berufen (b).
a)
- 14
Die Belehrung entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F., weil die Belehrung über den Fristlauf mit der Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht dem Deutlichkeitsgebot genügte (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, Rn. 9 m.w.N.).
b)
- 15
Aus der BGB-InfoV kann die Beklagte keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten, weil sie gegenüber dem Muster erhebliche Änderungen vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 20 ff.; vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 31).
2.
- 16
Die Widerrufserklärung der Kläger, die sie durch ihren Bevollmächtigten am 28. April 2014 haben erklären lassen, war auch wirksam. Eine Unwirksamkeit gemäß § 174 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ unverzüglich zurückgewiesen.
a)
- 17
Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das Bevollmächtigte gegenüber anderen vornehmen, unwirksam, wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird und der oder die andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung muss mithin - „aus diesem Grunde“ - gerade wegen des fehlenden Vollmachtsnachweises erklärt werden. Dabei muss die fehlende Vollmachtsvorlage nicht ausdrücklich beanstandet werden. Es reicht aus, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner oder die Vertragspartnerin erkennbar ist (BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 980/78, juris Rn. 25; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12, juris Rn. 9).
b)
- 18
Danach hat die Beklagte den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ im Sinne von § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Anlage B1, Bl. 220 GA) werden die Bevollmächtigten der Kläger im letzten Satz zwar aufgefordert, „zunächst“ eine Vollmacht im Original vorzulegen. Diese Aussage, in der - wenn überhaupt - eine Zurückweisung gesehen werden könnte, wird jedoch durch den Beginn des Schreibens relativiert. Denn dort heißt es, das Schreiben sei (bereits) „zur Bearbeitung“ an die Rechtsabteilung übergeben worden. Nach dem Gesamteindruck liegt darin nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keine Zurückweisung, sondern allein die Bitte, nachträglich noch die - bereits unterstellt vorhandene - Vollmacht der bloßen Form halber bzw. für die Akten einzureichen.
- 19
Aus dem Schreiben wird zudem schon nicht deutlich, dass überhaupt zurückgewiesen wird, also der Widerruf nicht wirksam sein soll. Die andere Vertragspartei muss aber erkennen können, dass das einseitige Rechtsgeschäft nicht anerkannt wird; das ist hier nicht der Fall, denn das Nachschieben der Originalvollmacht würde an der Unwirksamkeit nach § 174 Satz 1 BGB nichts ändern. Überdies kann die andere Vertragspartei aus dem Schreiben auch nicht erkennen, ob die Bank die fehlende Vollmachtsvorlage (§ 174 BGB) oder das Fehlen der Vertretungsmacht überhaupt (dann § 180 BGB) beanstandet.
- 20
Überdies wäre zumindest in der Klageerhebung - konkludent - die Erklärung des Widerrufs zu sehen.
3.
- 21
Es liegt jedoch ein Ausschluss des - nach dem Gesagten zum Zeitpunkt des erfolgten Widerrufs noch bestehenden - Widerrufsrechts wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor.
a)
- 22
Das Widerrufsrecht der Kläger ist verwirkt.
aa)
- 23
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner oder die Schuldnerin wegen der Untätigkeit ihres Gläubigers oder ihrer Gläubigerin über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03; Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).
- 24
Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39).
- 25
Erteilen der Unternehmer oder die Unternehmerin eine unrichtige Widerrufsbelehrung, dürfen sie sich allerdings regelmäßig nicht darauf einrichten, dass die Berechtigten von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 - III ZR 30/82, juris Rn. 4; Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, juris Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Ein schutzwürdiges Vertrauen können der Unternehmer oder die Unternehmerin grundsätzlich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt haben, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt haben (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39).
bb)
- 26
Vorliegend kann die beklagte Sparkasse sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen (1). Deren Voraussetzungen sind erfüllt (2).
(1)
- 27
Die Beklagte kann sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen.
- 28
Zwar kommt eine Verwirkung nach dem Vorstehenden regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Unternehmerin, hier die Beklagte, dem Verbraucher oder der Verbraucherin, hier den Klägern, eine falsche Widerrufsbelehrung erteilt. Gleichwohl darf sich die Unternehmerin in Einzelfällen darauf einrichten, dass der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht. Dies namentlich dann, wenn der Darlehensvertrag vollständig abgewickelt ist (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers oder der Verbraucherin zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für diese keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 29
An diesen Maßstäben gemessen, kann sich die Beklagte vorliegend ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen. Der zwischen den Parteien geschlossene Verbraucherdarlehensvertrag ist nach Kündigung durch die Kläger am 4. März 2013 spätestens mit Zahlung des von der Beklagten im Schreiben vom 14. April 2013 geforderten Ablösebetrags, der bis zum 16. September 2013 zu zahlen war und unstreitig gezahlt wurde, beendet.
- 30
Der Umstand, dass durch eine vorzeitige Abwicklung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht die vertragliche Bindung beseitigt wird, sondern lediglich die geschuldete Leistung vorzeitig erbracht wird (BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, juris Rn. 18), ändert an der Beendigung nichts. Denn mit der Erbringung der geschuldeten Leistung - ob vorzeitig oder nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit - ist der (ggf. modifizierte) Vertrag beendet. Davon zu unterscheiden ist die aus dieser Rechtsprechung resultierende Folge, dass das Widerrufsrecht von einer Kündigung oder sonstigen vorzeitigen Ablösung des Darlehens unberührt bleibt (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 34).
(2)
- 31
Die Voraussetzungen der Verwirkung, die im Übrigen vorliegen müssen (OLG Celle, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Leitsatz 2 und Rn. 50; Senat, Beschluss vom 16. Februar 2015 - 5 U 110/14, n.v.; OLG Celle, Urteil vom 21. Mai 2015 - 13 U 38/14, juris Rn. 70 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 2015 - 17 U 202/14, juris Rn. 35 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 32; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 33), sind erfüllt.
- 32
Sowohl das Zeitmoment (a) als auch das Umstandsmoment sind erfüllt (b).
(a)
- 33
Das Zeitmoment ist erfüllt.
- 34
Die für das Zeitmoment maßgebliche Frist beginnt mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).
- 35
Die Dauer des Zeitmoments richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von den Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestands und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit der Verpflichteten (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93). Es muss jedenfalls eine längere Zeit verstrichen sein (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93); die Regelverjährung von drei Jahren muss den Berechtigten regelmäßig ungekürzt zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 22; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13; Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12, Rn. 50).
- 36
An diesen Maßstäben gemessen ist im hier vorliegenden Einzelfall das Zeitmoment erfüllt. Nach dem Vertragsschluss im November 2006 vergingen bis zum Widerruf mit Schreiben vom 28. April 2014 knapp siebeneinhalb Jahre. Diese Zeitspanne reicht für das Zeitmoment aus. Mit der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages, sei es durch Kündigung, durch Aufhebung oder durch Rückzahlung, reduziert sich die Bedeutung des Widerrufsrechts auf Seiten der Berechtigten. Der mit dem Widerrufsrecht an und für sich beabsichtigte Zweck, der Übereilungsschutz, hat sich, obwohl das Widerrufsrecht weiterhin besteht, tatsächlich erledigt (vg. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Mit der Beendigung erhöht sich demgegenüber die Schutzbedürftigkeit der beklagten Sparkasse. Diese stellt sich, wenn auch im rechtlichen Ergebnis zu Unrecht, tatsächlich auf die Beendigung des Darlehensvertrages ein. In dieser Situation reicht der hier vorliegende Zeitraum von knapp siebeneinhalb Jahren aus, um das Zeitmoment zu bejahen.
(b)
- 37
Auch das Umstandsmoment liegt vor.
- 38
Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn die Verpflichteten bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten der Berechtigten entnehmen durften, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen werden, sich deshalb hierauf eingerichtet haben und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, Rn. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13). Gerade im Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten ist dies - wie bereits dargelegt - zwar grundsätzlich möglich (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, juris Rn. 24 ff.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39), es sind jedoch grundsätzlich strenge Anforderungen an eine Verwirkung zu stellen.
- 39
So reicht beispielsweise die einverständliche Abänderung der Konditionen des Darlehensvertrages für sich genommen regelmäßig nicht aus, für die Sparkasse einen konkreten Vertrauenstatbestand zu schaffen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, Rn. 25). Allerdings kann der Zeitablauf wegen der Wechselwirkung von Zeit- und Umstandsmoment umso kürzer sein, je gravierender die Umstände sind, und umgekehrt sind an die Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 50; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 31; OLG Bremen, Urteil vom 26. Februar 2016 - 2 U 92/15, juris Rn. 36).
- 40
Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 41
Löst der Verbraucher oder die Verbraucherin ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - zu bejahen. Denn der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin beendet willentlich das Vertragsverhältnis und die Sparkasse darf sich umgekehrt darauf einrichten, den Vorgang bei sich abzuschließen. Für die Annahme einer tatsächlichen Vermutung muss allerdings hinzukommen, dass nach Ablösung des Darlehens (erneut) eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate - verstreicht. In diesem Fall ist das Vertrauen der Sparkasse als Verpflichtete gerechtfertigt, der Kunde oder die Kundin als Berechtigte werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 13 U 30/11, juris Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 - 14 U 55/13, juris Rn. 20; gegen eine Mindestzeitspanne zwischen Vertragsbeendigung und Widerruf: OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 46). Denn die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin zeitigt keine mehr in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belastenden Rechtsfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 42
Die Voraussetzungen dieser vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung sind erfüllt. Die Kläger haben den Darlehensvertrag gekündigt und eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte gezahlt. Der Darlehensvertrag aus November 2006 wurde bereits im Jahr 2013 gekündigt und die Kläger zahlten bis zum 16. September 2013 den streitgegenständlichen Betrag als Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte und lösten damit den Darlehensvertrag vollständig ab. Den Widerruf erklärten sie erst (mindestens; den genauen Zeitpunkt der Zahlung haben die Kläger nicht mitgeteilt) sieben Monate später, am 28. April 2014, und damit mehr als sechs Monate nach der vollständigen Rückzahlung der Valuta.
- 43
Überdies hat sich die Beklagte auch unabhängig von der vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung - bei einer Betrachtung des Einzelfalls - darauf eingerichtet, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden und sie durfte hierauf auch vertrauen. Der Darlehensvertrag war bereits seit (spätestens) September 2013 vollständig abgewickelt. Die Kläger haben den Widerruf erst mit Schreiben vom 28. April 2014, also (mindestens) sieben Monate später, erklärt. Der Lebenssachverhalt ist abgeschlossen. Nach der Lebenserfahrung hat die Beklagte die an sie zurückgezahlte Valuta verwandt, um mit ihr zu arbeiten.
4.
- 44
Auf die Frage, ob sich die Kläger im Übrigen mit ihrem Widerruf rechtsmissbräuchlich verhalten, etwa wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2016 - 6 U 296/14, juris Rn. 21; OLG Hamburg, Urteil vom 16. März 2016 - 13 U 86/15, juris Rn. 14), kommt es nicht mehr an.
5.
- 45
Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stünde den Klägern bereits mangels Anspruchsgrundlage nicht zu. Ein Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, § 280 Abs. 1 BGB (a), noch aus Verzugsgesichtspunkten, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (b).
a)
- 46
Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht aus dem Darlehensvertrag durch die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung oder die nachfolgende Weigerung, den Widerruf anzuerkennen. § 280 BGB ist zwar neben den in §§ 346 ff. BGB normierten Rücktrittsfolgen anwendbar (aa). Die Beklagte hat eine mögliche vertragliche Pflichtverletzung aber nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten (bb). Überdies fällt die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht (cc).
aa)
- 47
Ein Schadensersatzanspruch der Kläger ist nicht wegen einer abschließenden Regelung der §§ 346 ff. BGB, die gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf die Rückabwicklung nach Widerruf entsprechende Anwendung finden, ausgeschlossen.
- 48
Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags ist eine Rechtspflicht der Darlehensgeberin. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung begründet daher eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, BeckRS 2016, 10256, Rn. 25 m.w.N.; Fritsche in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 361 Rn. 9). Die Sperrklausel des § 357 Abs. 4 BGB a.F. steht nicht entgegen. Diese bezieht sich auf die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts, hindert aber nicht die Geltendmachung von schon im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durch Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung entstandenen Schäden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, juris Rn. 30 m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2015 - 17 U 72/14, BeckRS 2016, 05030, Rn. 12). Auch die Sperrklausel des § 361 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen; sie ist erst seit dem 13. Juni 2014 in Kraft. Danach sind nunmehr die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung in den §§ 355 ff. BGB abschließend geregelt (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 361 Rn. 1; a.A. AG Bad Segeberg, Urteil vom 13. April 2014 - 17 C 230/14, NJW-RR 2015, 921, 924).
bb)
- 49
Die Beklagte hat den geltend gemachten Vermögensschaden jedoch nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten.
- 50
Die Weigerung der Beklagten, den Widerruf des Darlehensvertrags durch die Kläger anzuerkennen, war zwar sachlich unbegründet und insoweit im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB objektiv pflichtwidrig. Eine Haftung der Beklagten scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil sie dabei nicht im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB sorgfaltswidrig gehandelt hat. Dasselbe gilt für die - vorgelagerte - Erteilung einer falschen Widerrufsbelehrung.
(1)
- 51
Fahrlässig handeln Schuldnerinnen und Schuldner nicht bereits dann, wenn sie nicht erkennen, dass die Forderung in der Sache berechtigt ist. Sie müssen grundsätzlich auch für einen Rechtsirrtum nur einstehen, wenn sie fahrlässig gehandelt haben (BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, juris Rn. 20; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 276 Rn. 22). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt können Schuldnerinnen und Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann genügen, wenn die von ihnen zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und sie sorgfältig prüfen, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob die gerügte Pflichtverletzung vorliegt, dürfen Schuldnerinnen und Schuldner eine ihnen von der Gläubigerin oder dem Gläubiger abverlangte Leistung zurückweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich ihr Rechtsstandpunkt in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (vgl. für Pflichtverletzungen des Gläubigers BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, Rn. 20 und 26; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, Rn. 31).
(2)
- 52
Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte weder die fehlerhafte Widerrufsbelehrung noch ihr vorgerichtliches Zurückweisen des Widerrufs der Kläger zu vertreten. Die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, in welchem Umfang Bearbeitungen des Musters der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zulässig sind, ohne dass die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt, war bis zum klärenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15) uneinheitlich.
- 53
So wurde in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise angenommen, die Gesetzlichkeitsfiktion entfalle nur bei solchen Abweichungen vom Muster der Anlage 2, die sich konkret zum Nachteil des Verbrauchers oder der Verbraucherin auswirken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 9 U 111/08, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 9 U 52/11, juris Rn. 32; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Juni 2012 - 4 U 262/11, juris Rn. 54) oder die sein bzw. ihr Verständnis erschweren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2012 - 17 U 139/11, juris Rn. 38). Nach anderer Auffassung sollen zumindest solche Abweichungen, die für die Ausübung des Widerrufsrechts ohne Bedeutung sind, unschädlich sein (OLG Hamburg, Beschluss vom 24. März 2014 - 13 U 52/14, juris Rn. 6). Andererseits wird angenommen, jede sprachliche Abweichung lasse die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen (OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 - 6 U 79/11, juris Rn. 34; OLG München, Urteil vom 17. Januar 2012 - 5 U 2167/11, juris Rn. 46; OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 217/11, juris Rn. 24).
- 54
In Anbetracht dessen kann der Beklagten, die sich vorprozessual auf die ihr günstige Instanzrechtsprechung verlassen hat, ein sorgfaltswidriges Verhalten weder bei der Erteilung der Widerrufsbelehrung noch bei der Zurückweisung des von der klägerischen Partei erklärten Widerrufs und der geforderten Rückabwicklung des Darlehensvertrags zur Last gelegt werden (vgl. zum fehlenden Verschulden in diesen Fällen OLG Hamm, Urteil vom 20. Februar 2008 - 31 U 51/07, juris Rn. 61; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 19. August 2014 - 1 O 78/13, juris Rn. 31).
cc)
- 55
Die Belastung mit Rechtsanwaltskosten, die bei der Geltendmachung des trotz der fehlerhaften Widerrufsbelehrung erklärten Widerrufs entstehen, fällt überdies nicht in den Schutzbereich der Verpflichtung, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Eine Schadensersatzverpflichtung kommt etwa dann in Betracht, wenn Verbraucher oder Verbraucherinnen wegen der fehlerhaften Belehrung von der (früheren) Geltendmachung eines Widerrufs abgehalten werden, nicht hingegen, wenn sie gleichwohl von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten als Schaden ist nicht auf Grund der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung entstanden, sondern auf Grund der Weigerung der Beklagten, diese sowie das Rückabwicklungsverlangen anzuerkennen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10. November 2014 - 6 O 4120/14, juris Rn. 56 ff.; LG Landau (Pfalz), Urteil vom 28. Juli 2015 - 4 O 297/14, juris Rn. 61).
- 56
Diese Weigerung der Beklagten, das Rückabwicklungsverlangen als berechtigt anzuerkennen, ist allerdings nicht kausal für die angefallenen vorgerichtlichen Kosten. Der Widerruf wurde mit anwaltlichem Schreiben erklärt (Anlage K4, Anlagenband). Damit waren die vorgerichtlichen Kosten bereits angefallen, bevor die Beklagte verpflichtet sein konnte, die aus dem Widerruf resultierenden Rechtsfolgen anerkennen zu müssen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 8. März 2011 - 322 O 395/10, juris Rn. 157).
b)
- 57
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB.
aa)
- 58
Die Beklagte hat den Verzug nicht zu vertreten, § 286 Abs. 4 BGB. Insofern kann auf die obigen Ausführungen unter a) bb) verwiesen werden. Aufgrund der unklaren Rechtslage und der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Widerrufsbelehrungen durfte sie sich auf ihren in erster Instanz bestätigten Rechtsstandpunkt verlassen und die Forderung der Kläger ablehnen, den Vertrag rückabzuwickeln.
bb)
- 59
Überdies machen die Kläger keinen durch den Verzug bedingten Schaden geltend. Ein kausaler Schaden liegt nicht vor, da die Prozessbevollmächtigten bereits vor der Erklärung des Widerrufs beauftragt wurden.
6.
- 60
Die Revision ist zuzulassen.
- 61
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
- 62
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, juris Rn. 4; Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juni 2016 - 1 BvR 873/15, Rn. 34).
- 63
Der Senat stellt für die Annahme des Umstandsmoments einen Rechtssatz auf. Dieser Rechtssatz, das Umstandsmoment sei bei Kündigung des Verbraucherdarlehensvertrages und Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Zahlung regelmäßig erfüllt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass er den Rechtsstreit auch aufgrund der Betrachtung des Einzelfalls entscheidet. Der von dem Senat aufgestellte Rechtssatz wird gleichwohl entscheidungserheblich, weil die Einzelfallentscheidung zumindest teilweise auf den tatbestandlichen Voraussetzungen des Rechtssatzes beruht.
BUNDESGERICHTSHOF
c) Dem Erfordernis einer gesonderten Unterschrift im Sinne des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung ist nicht genügt, wenn sich die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und eine Empfangsbestätigung bezieht (Fortführung Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
d) Zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung und zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei beendeten Haustürgeschäften. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15 - Hanseatisches OLG Hamburg LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags.
- 2
- Der Kläger schloss - nach seiner Behauptung dazu an seinem Arbeitsplatz von einem Mitarbeiter der A. GmbH als Vertriebspartner der Fondsgesellschaft bestimmt - am 25. November 2001 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) einen Darlehensvertrag über 8.000 €, der der Finanzierung einer über einen Treuhänder vermittelten Beteiligung an der M. GmbH & Co. KG (künftig einheitlich: Fondsgesellschaft) diente. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung folgenden Inhalts beigefügt: "Widerrufsbelehrung Ich bin darüber belehrt worden, dass ich an meine auf die Beantragung des Darlehens gerichtete Willenserklärung und die hieraus resultierende Verpflichtung zur Zinszahlung und zur Rückzahlung des Darlehens nicht mehr gebunden bin, wenn ich meine Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen widerrufe. Der Widerruf muss von mir entweder schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erklärt werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Kommunikationsmedium, mit dem ich meine Widerrufserklärung so abgebe, dass sie dem Widerrufsempfänger in einer Urkunde oder einer anderen lesbaren Form zugeht, die ihm für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäftes entsprechenden Zeit deren inhaltlich unveränderte Wiedergabe erlaubt (z.B. Telefax). Der Widerruf muss keine Gründe enthalten. Diese Widerrufsfrist beginnt, wenn die von mir handschriftlich zu unterschreibende oder mit meiner ‚qualifizierten elektronischen Signatur‘ verseheneWiderrufsbelehrung zur Verfügung gestellt und mir der schriftliche Darlehensvertrag ausgehändigt wurde, nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung. Fristbeginn ist der Beginn des dem Eintritt des genannten Ereignisses nachfolgenden Tages. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung meines Widerrufs. Im Falle des Widerrufs kommt auch der Beitritt zur […] [Fondsgesellschaft] als Kom- manditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten […] nicht wirksam zustande. Ist das Darlehen bereits ausbezahlt worden, ist die Rückzahlung des Darlehensbetrages nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerrufs. Der Widerruf ist zu senden an die: A. GmbH […] als Bevollmächtigte der […] [Beklagte] Die vorstehende Belehrung habe ich zur Kenntnis genommen und ist mir ausgehändigt worden: [Ort, Datum] [Unterschrift des Darlehensnehmers]".
- 3
- Der Kläger führte das Darlehen bis zum 15. Januar 2007 vollständig zurück. Die Fondsgesellschaft wurde ab 2009 liquidiert. Ihre Firma ist nach Beendigung der Liquidation Ende 2013 erloschen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
- 4
- Seine auf Zahlung und Freistellung Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung und auf Feststellung gerichtete Klage, die der Kläger wegen der Anrechnung von Ausschüttungen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens teilweise zurückgenommen hat, hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BeckRS 2016, 08820) im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Unabhängig davon, ob dem Kläger ein Widerrufsrecht zugestanden habe , sei sein am 20. Juni 2014 erklärter Widerruf jedenfalls treuwidrig. Zwar finde das Institut der Verwirkung auf Fälle, in denen die Parteien über das Bestehen eines "ewigen" Widerrufsrechts stritten, keine Anwendung. Es fehle das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment, weil der Darlehensgeber durch eine unzureichende Belehrung das Fortbestehen des Widerrufs selbst verursacht habe und deshalb grundsätzlich nicht auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts vertrauen könne. In der Erklärung des Widerrufs liege indessen, was eine umfassende Interessenabwägung ergebe, eine unzulässige Rechtsausübung. Der Gesetzgeber habe dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt, um ihm die Ermittlung günstigerer Angebote zu ermöglichen und mittels der Einräumung einer Bedenkzeit diejenige Störung der Vertragsparität auszugleichen , die darin liege, dass Darlehensverträge oft komplexe und schwer zu durchschauende Regelungen enthielten. Dem Kläger gehe es dagegen darum, sich von wohlüberlegt und sehenden Auges eingegangenen Risiken zu befreien , für die etwaige Mängel der Widerrufsbelehrung völlig irrelevant gewesen seien. Neben dieser Motivlage sei in die Gesamtabwägung der ganz erhebliche Zeitablauf und der Umstand einzubeziehen, dass die Beklagte den Kläger über sein Widerrufsrecht dem Grunde nach durchaus belehrt habe. Der rechtsmissbräuchliche Widerruf sei unwirksam.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 9
- 1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klage nicht "mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzuweisen", weil ein "Zug-um-Zug herauszugebende [r] Gesellschaftsanteil nicht mehr existiert", "die vom Kläger begehrte Zug-um-Zug-Verurteilung auf etwas Unmögliches gerichtet" wäre und ein klagestattgebendes Urteil "keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte". Der Kläger hat sich ausweislich der von den Parteien vorgelegten und zum Gegenstand der landgerichtlichen Feststellungen gemachten Anlagen über einen Treuhänder an der Fondsgesellschaft beteiligt. Sein Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen "Abtretung der Beteiligung" an der Fondsgesellschaft ist, was der Senat durch Auslegung selbst ermitteln kann, weil es sich um eine Prozesserklärung handelt (Senatsurteil vom 12. März 1991 - XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; BGH, Urteil vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11 mwN), so zu verstehen, der Kläger biete die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - XI ZR 272/10, WM 2012, 1589 Rn. 11; Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11, BKR 2013, 158 Rn. 1 und vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 29; Beschluss vom 27. August 2015 - III ZR 65/15, juris Rn. 4). Dass solche Rechte, die mit der Beendigung der Liquidation nicht automatisch in Fortfall geraten sein müssen, nicht mehr bestehen, trägt die Revisionserwiderung weder vor noch sind dafür sonst Anhaltspunkte ersichtlich.
- 10
- 2. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis auch richtig davon ausgegangen , im Falle der Anbahnung des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation und der unzureichenden Belehrung des Klägers über sein Widerrufsrecht habe die auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Klägers noch im Juni 2014 widerruflich sein können.
- 11
- a) Dabei ist revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass er zur Abgabe seiner Vertragserklärung in einer Haustürsituation bestimmt worden ist. Maßgebend für die rechtliche Bewertung des im Juni 2014 erklärten Widerrufs ist das im November 2001 geltende Recht, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 2, 9 Abs. 3 HWiG und § 361a BGB jeweils in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB. Aus Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ergibt sich nichts anderes. Vielmehr blieb das im Zeitpunkt des Entstehens des Schuldverhältnisses geltende und die Widerruflichkeit der Verbrauchervertragserklärung regelnde Recht unbeschadet dieser Vorschrift über den 31. Dezember 2002 hinaus maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 10 ff., 14 f.).
- 12
- b) Das unterstellte Widerrufsrecht des Klägers war auch dann nicht nach § 5 Abs. 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB in Verbindung mit § 9 Abs. 3 HWiG ausgeschlossen , wenn der Darlehensvertrag zugleich ein Geschäft nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG in der vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung darstellte. § 5 Abs. 2 HWiG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (Senatsurteile vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 253 ff., vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 334 f., vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 39, vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 9, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176, vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1580 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221). An einem gleich weit reichenden Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz fehlte es, weil das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers und damit bereits im November 2002 erloschen war.
- 13
- c) Ein unterstelltes Widerrufsrecht des Klägers war im Juni 2014 auch nicht nach § 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erloschen. § 2 HWiG verknüpft das Widerrufsrecht mit der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung, wobei insoweit auch bei einem verbundenen Geschäft allein auf das Rechtsgeschäft - hier den Darlehensvertrag - abzustellen ist, in dem ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz begründet ist, und nicht auf das verbundene Geschäft, hier die Fondsbeteiligung (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 16 und 20, vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2331, vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 27 und vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 15). Zum Zeitpunkt der vollständigen Ablösung des Darlehens im Januar 2007 war § 2 HWiG nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, der nicht durch Art. 229 § 9 EGBGB verdrängt wird, nicht mehr anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 24. November 2009 aaO Rn. 16 f.).
- 14
- 3. Dagegen halten die Erwägungen, die das Berufungsgericht zu dem Ergebnis geführt haben, in der Ausübung des - unterstellt fortbestehenden - Widerrufsrechts habe ein Verstoß gegen § 242 BGB gelegen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- a) Noch richtig ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, Unionsrecht stehe der Anwendung des § 242 BGB im konkreten Fall nicht entgegen.
- 16
- Die Richtlinie 85/577/EWG machte in Konstellationen wie der vorliegenden keine entgegenstehenden Vorgaben. Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG setzte ihre Anwendung voraus, dass der Vertrag selbst in der Haustürsituation abgeschlossen wurde. Dieser Fall liegt selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht vor, der lediglich eine Vertragsanbahnung in einer Haustürsituation behauptet. Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (künftig: Gerichtshof) die missbräuchliche Berufung auf Unionsrecht nicht gestattet (EuGH Slg. 1996, I-2357 Rn. 24 f.; Slg. 1998, I-2843 Rn. 20 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 33 f.; Slg. 2006, I-1609 Rn. 68; vgl. auch Domke, BB 2005, 1582, 1583). Die nationalen Gerichte können mithin ein missbräuchliches Verhalten nach objektiven Kriterien in Rechnung stellen, um dem Verbraucher die Berufung auf Bestimmungen des Uni- onsrechts zu verwehren, solange nationale Vorschriften wie § 242 BGB die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes nicht beeinträchtigen (EuGH Slg. 1996, I-1347 Rn. 68; Slg. 1998, I-2843 Rn. 22 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 34 f.; Slg. 2009, I-7315 Rn. 26, 29; EuGH, GRUR 2014, 368 Rn. 42, 49 mwN; vgl. auch BVerfG, WM 2015, 514, 518).
- 17
- b) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht demgegenüber auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, die Erklärung des Widerrufs sei rechtsmissbräuchlich.
- 18
- aa) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch in Widerrufsfällen Anwendung findet. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 179/96, BGHZ 135, 333, 337; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 7). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht , alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 aaO und vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09, WM 2011, 470 Rn. 17 mwN).
- 19
- bb) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens bejaht.
- 20
- Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 40 und vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, WM 2013, 47 Rn. 12). Ein widersprüchliches Verhalten in diesem Sinne hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr den Rechtssatz aufgestellt, dass ein widersprüchliches Verhalten bereits dann vorliege , wenn das Motiv für den Widerruf nichts mit dem Schutzzweck des Widerrufsrechts zu tun habe. Damit ist es von einem revisionsrechtlich beachtlichen falschen Wertungsmaßstab ausgegangen.
- 21
- Nach dem Wortlaut des § 361a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB musste der Widerruf keine Begründung enthalten. Der Verzicht darauf, dem Verbraucher eine Rechtfertigung für seine Erklärung abzuverlangen, beruhte auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung (BT-Drucks. 14/2658, S. 47). Mit ihm führte der Gesetzgeber ein Regelungsmodell fort, das schon vor Inkrafttreten des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) gegolten hatte.
- 22
- Zwar enthielten weder § 1b AbzG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung noch § 7 VerbrKrG und § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung einen entsprechenden Zusatz. Schon zu § 1b AbzG war indessen anerkannt (BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 135, vom 29. Januar 1986 - VIII ZR 49/85, WM 1986, 480, 483 und vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 143/91, WM 1993, 416, 417; Beschluss vom 13. Januar 1983-- III ZR 30/82, WM 1983, 317, 318), dass das Wirksamwerden der Willenserklärung des Käufers mangels fristgemäßen Widerrufs von seinem freien Willen abhängen sollte, also der Widerruf nach dieser Vorschrift einer Rechtfertigung nicht bedurfte. Diesen Ansatz übernahm der Gesetzgeber des Haustürwiderrufsgesetzes, der in der amtlichen Begründung ausdrücklich festhielt, der "Kunde" könne das Widerrufsrecht als "Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben" (BT-Drucks. 10/2876, S. 11; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005, 547, 548). Auch der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes stellte sich auf den Standpunkt, "[d]er Verbraucher […] [könne] sein Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben", sofern nicht das Gesetz selbst einschränkende Regelungen enthalte (BT-Drucks. 11/5462, S. 22). An diesen Grundsätzen sollte sich durch die Einführung des § 361a BGB nichts ändern. Im Gegenteil bestätigte der Gesetzgeber , indem er den Verzicht auf ein Begründungserfordernis in das Bürgerliche Gesetzbuch übernahm, die bis dahin gültigen Grundsätze.
- 23
- Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).
III.
- 25
- 1. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung genügte - revisionsrechtlich das Anbahnen des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation unterstellt - nicht den gesetzlichen Vorgaben der § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a BGB.
- 26
- a) Zwar war der Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne mit Aushändigung der Widerrufsbelehrung und des "schriftliche[n] Darlehensvertrag[s]", "nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung", für sich ordnungsgemäß.
- 27
- aa) Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien unterlag als Verbraucherkreditvertrag dem Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung. Die Widerrufsfrist begann bei Verträgen, die schriftlich abzuschließen waren, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB mit der Aushändigung der Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags des Verbrauchers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags. Ihr Anlaufen setzte mithin die Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers voraus.
- 28
- bb) Über diese Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist war der Kläger zu belehren. Da § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG ohne Einschränkung auf § 361a BGB verwies, musste gemäß dieser Vorschrift auch eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz einen § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB entsprechenden Zusatz enthalten.
- 29
- cc) Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist war auch hinreichend deutlich, § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB. Soweit der I. Zivilsenat ähnlich gestaltete Widerrufsbelehrungen an dieser, im konkreten Fall § 355 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung entnommenen Anforderung hat scheitern lassen (BGH, Urteile vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 f. und - I ZR 81/00, juris Rn. 25 ff.; dazu auch BGH, Urteil vom 23. September 2010 - VII ZR 6/10, BGHZ 187, 97 Rn. 14), wurde die Widerrufsbelehrung - mit dem hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht vergleichbar - in einem Vertragsverhältnis erteilt, das nicht der gesetzlichen Schriftform unterlag. Hier dagegen richteten sich die Vorgaben an die Belehrung nach Vorschriften, die einen schriftlichen Vertragsschluss voraussetzten. Übernimmt in einem solchen Fall der Unternehmer die gesetzlichen Anforderungen in den Belehrungstext, fällt ihm ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot nicht zur Last, zumal wenn er - wie hier die Beklagte - die Widerrufsbelehrung - so wie schon ursprünglich in § 1b Abs. 2 Satz 2 AbzG vorgesehen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 aaO S. 1992) - standardmäßig in den Darlehensvertrag integriert. Dann war auch Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG Genüge getan (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und - XI ZXI ZR 509/07, jeweils juris Rn. 18).
- 30
- b) Ein das Anlaufen der Widerrufsfrist hindernder Belehrungsfehler lag überdies nicht in dem Hinweis, im Falle des Widerrufs komme der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande.
- 31
- aa) Dieser Zusatz verstieß nicht gegen Vorgaben der für Haustürgeschäfte geltenden Vorschriften. Die Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erforderte keinen Hinweis auf mögliche nachteilige Folgen des Widerrufs. Anderes folgte auch nicht aus § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG, weil die Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht nach dieser Vorschrift zu beurteilen war (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 16 mwN).
- 32
- bb) Die Ergänzung war für das Anlaufen der Widerrufsfrist auch nicht deshalb schädlich, weil sie zwar lediglich eine gesetzlich nicht geforderte Zusatzinformation , diese aber in undeutlicher Form vermittelte. Grundsätzlich gilt zwar, dass der Unternehmer, wenn er einen an sich nicht erforderlichen Zusatz in eine Widerrufsbelehrung aufnimmt, mittels dieses Zusatzes nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen darf (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17). Der Zusatz, im Falle des Widerrufs komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande, verstieß indessen nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB:
- 33
- (1) Zu § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung hat der Senat wiederholt entschieden, der Hinweis, im Falle des Widerrufs des Darlehens komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande, sei auch unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht unrichtig. Der Darlehensnehmer war bei einem verbundenen Geschäft, von dessen Vorliegen zugunsten des Klägers revisionsrechtlich auszugehen ist, nach dem Schutzzweck des § 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung von der darlehensgebenden Bank grundsätzlich so zu stellen, als ob er der Fondsgesellschaft nie beigetreten wäre , d.h. als ob der Beitritt nie wirksam gewesen wäre. Dieser Befund durfte in einem Zusatz der beschriebenen Art zum Ausdruck gebracht werden (Senatsurteile vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 18 und 20, vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 15, vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65 Rn. 11 und vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 16).
- 34
- (2) An der Richtigkeit dieser Bewertung hat sich auch nach Änderung des § 2 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) und Aufhebung des § 3 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 dieses Gesetzes nichts geändert. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bis auf die in seinem Absatz 1 Satz 4 getroffene Regelung in § 361a Abs. 1 BGB und § 3 HWiG in § 361a Abs. 2 BGB auf (BT-Drucks. 14/2658, S. 60). Damit war, auch wenn sich wegen der Änderung der Konzeption des Widerrufsrechts die Rechtsfolgen nicht mehr nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, sondern nach Rücktrittsrecht richteten, für das Verbundgeschäft keine inhaltliche Veränderung intendiert.
- 35
- c) Die Widerrufsbelehrung verstieß aber gegen § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB, weil sie die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und auf eine unmittelbar an den Belehrungstext anschließende Empfangsbestätigung bezog.
- 36
- aa) Nach § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB war die ihm erteilte Widerrufsbelehrung vom Verbraucher "gesondert zu unterschreiben oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen". Diese gesonderte Unterschrift durfte sich nicht gleichzeitig auf beweislaständernde Tatsachenbestätigungen beziehen , wie sie Empfangsbestätigungen angesichts der Beweisregel des § 361a Abs. 1 Satz 6 BGB enthielten (zu § 1b Abs. 2 Satz 3 und 4 AbzG vgl. BGH, Urteile vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91, BGHZ 119, 283, 296 und vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 f.; zu § 361a BGB Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 33; vgl. auch Wallner, BKR 2016, 177, 180).
- 37
- bb) Diesen Anforderungen des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB wird die dem Kläger erteilte Belehrung nicht gerecht. Denn die ihm abverlangte Bestätigung, die "vorstehende Belehrung" sei ihm "ausgehändigt worden", war aufgrund der textlichen Gestaltung zugleich mit der Widerrufsbelehrung als solcher zu unterzeichnen. Damit konnte die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht in Gang setzen (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
- 38
- 2. Von einer Verwirkung kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts, das die Anwendung dieses Instituts rechtsfehlerhaft ausgeschlossen hat, nicht ausgehen.
- 39
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das angenommen hat, das Institut der Verwirkung finde auf das "ewige" Widerrufsrecht keine Anwendung , kann das Widerrufsrecht verwirkt werden (vgl. zum Widerruf nach dem Abzahlungsgesetz BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f. und vom 14. Juni 1989 - VIII ZR 176/88, WM 1989, 1387, 1388; zum Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz Senatsurteile vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, WM 2007, 114 Rn. 26, vom 10. November 2009 - XI ZR 232/08, juris Rn. 14 und - XI ZR 163/09, juris Rn. 18 sowie vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 36; BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494, vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; außerdem Armbrüster, VersR 2012, 513, 517 ff.; Borowski, BKR 2014, 361, 364 f.; Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Bülow, WM 2015, 1829 ff.; Domke, BB 2005, 1582, 1584 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1035; Edelmann/Krümmel, BKR 2003, 99, 102; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 150 f.; Gansel/ Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 357 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 107; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749 ff.; Henning, CRP 2015, 80, 83 f.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 280 ff.; Lechner, WM 2015, 2165, 2171 f.; Lippe/Voigt, NZG 2010, 1258, 1259; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 84 ff.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 ff.; Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2015 Anm. 5; Omlor, NJW 2016, 1265, 1266; Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 134 f.; Peters, WM 2014, 2145, 2152 f.; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; Rohlfing, MDR 2010, 552, 554; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 ff.; Wahlers, WM 2015, 1043 ff.; a.A. OLG Karlsruhe, WM 2006, 676, 678). Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BTDrucks. 18/7584, S. 147; Omlor, NJW 2016, 1265, 1268).
- 40
- b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
- 41
- Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt.
- 42
- c) Dass das Widerrufsrecht des Klägers gemäß den genannten Voraussetzungen verwirkt ist, ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zweifelsfrei. Der Senat kann daher der tatrichterlichen Würdigung der erforderlichen Umstände nicht vorgreifen, zumal die Parteien aufgrund des vom Berufungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkts bisher nicht hinreichend Gelegenheit hatten, insbesondere zum Umstandsmoment abschließend vorzutragen.
IV.
- 43
- Der Senat kann umgekehrt nicht zugunsten des Klägers in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nicht nur kann der Senat nicht ausschließen , dass aufgrund einer fehlerfreien tatrichterlichen Würdigung die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen oder das Wi- derrufsrecht verwirkt ist. Der Senat kann auch nicht das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts dahinstehen lassen, weil unbeschadet der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG davon auszugehen wäre, die Beklagte habe dem Kläger ein denselben Bedingungen unterliegendes vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt. Im Streitfall ist, was der Senat aufgrund der gebotenen objektiven Auslegung selbst feststellen kann (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 24), die Widerrufsbelehrung der Beklagten aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen. Entsprechend hat auch der Kläger selbst mit seinem Widerruf eine unzureichende Unterrichtung nicht über ein vertragliches, sondern über ein gesetzliches Widerrufsrecht geltend gemacht.
V.
- 44
- Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die von der Revision vorrangig beantragte Zurückverweisung an das Landgericht kommt nicht in Betracht. Eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht ist nur dann als ersetzende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO möglich, wenn auch das Berufungsgericht bei richtiger Entscheidung gemäß § 538 Abs. 2 ZPO hätte zurückverweisen können und müssen (Senatsurteile vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, WM 2007, 67 Rn. 36 mwN, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 170, 18, und vom 17. Juni 2014 - XI ZR 514/11, juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall. Da die Beweisaufnahme und Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich dem Berufungsgericht obliegen, ist die Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch grö- ßeren Nachteilen für die Parteien führte als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (BGH, Urteil vom 5. November 2014 - IV ZR 8/13, WM 2015, 204 Rn. 21). Dafür ist nichts ersichtlich.
- 45
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 46
- Das Berufungsgericht wird zur Klärung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG die erforderlichen Beweise zu erheben und Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob - was das Landgericht, ohne die Frage endgültig zu entscheiden, in den Raum gestellt hat - ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Kläger mit den Finanzierungsverhandlungen eine Person seines Vertrauens beauftragt hat, die nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausschließlich in seinem "Lager" stand und auch wirtschaftlich nicht im entferntesten Sinne im Namen oder für Rechnung der Beklagten handelte (Senatsurteile vom 20. Juni 2006 - XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 Rn. 15, vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 24 und vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 17). Außerdem wird sich das Berufungsgericht nach Maßgabe der oben genannten Grundsätze mit dem Einwand der treuwidrigen Ausübung des Widerrufsrechts und dessen Verwirkung zu befassen haben.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2015 - 301 O 156/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.10.2015 - 13 U 45/15 -
BUNDESGERICHTSHOF
c) Der Ausübung eines mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht befristeten Widerrufsrechts steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Parteien den Verbraucherdarlehensvertrag zuvor gegen Leistung eines Aufhebungsentgelts einverständlich beendet haben.
d) Zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei vorzeitig einvernehmlich beendeten Verbraucherdarlehensverträgen. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - OLG Stuttgart LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger, zwei Piloten, nehmen die beklagte Bank auf Erstattung geleisteter Aufhebungsentgelte nach Widerruf von Darlehensverträgen in Anspruch.
- 2
- Zum Zwecke der Umschuldung eines Immobiliarkredits bei einer dritten Bank schlossen die Parteien im März und April 2004 Verbraucherdarlehensverträge über insgesamt 997.000 €. Den Darlehensverträgen war mit einer hier nicht abgedruckten Ergänzung um ein Datum folgende Widerrufsbelehrung beigefügt : ECLI:DE:BGH:2016:111016UXIZR482.15.0
- 3
- Im Jahr 2012 nahmen die Kläger die Veräußerung der Immobilie in Aussicht. Die Beklagte bot ihnen daraufhin unter dem 13. April 2012 die Aufhebung der Darlehensverträge gegen Zahlung von Aufhebungsentgelten an. Die Kläger nahmen das Angebot am 17. April 2012 an und zahlten an die Beklagte 64.670,64 €. Unter dem 9. Oktober 2013 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
- 4
- Ihrer auf Erstattung der geleisteten Aufhebungsentgelte nebst Zinsen und Herausgabe gezogener Nutzungen gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung hinsichtlich der beanspruchten Nutzungen reduziert und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Kläger begehren mit der Anschlussrevision die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
A.
- 5
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Zwischen den Parteien seien Verbraucherdarlehensverträge zustande gekommen, so dass den Klägern das Recht zugestanden habe, ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen zu widerrufen.
- 8
- Durch die Verwendung des Wortes "frühestens" bei der Beschreibung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist habe die Beklagte die Kläger über die Bedingungen des Widerrufs undeutlich unterrichtet. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung nach der maßgeblichen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie die Deutlichkeit der Belehrung mindernd vom Muster abgewichen sei. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung sei die Widerrufsfrist nicht angelaufen, so dass die Kläger den Widerruf noch Ende 2013 hätten erklären können. Dass die Parteien vor Ausübung des Widerrufsrechts einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, stehe weder dem Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen noch einem Anspruch auf Erstattung der Aufhebungsentgelte entgegen. Durch diese Vereinbarung hätten die Parteien die Darlehensverträge nicht beseitigt, sondern lediglich die Bedingungen für deren Beendigung modifiziert. Einen selbständigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Aufhebungsentgelte habe der Aufhebungsvertrag nicht geschaffen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht weder rechtsmissbräuchlich ausgeübt noch verwirkt.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Richtig hat das Berufungsgericht allerdings erkannt, dass das Widerrufsrecht der Kläger nach § 495 Abs. 1 BGB in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) im Oktober 2013 fortbestanden hat.
- 11
- a) Die tatrichterliche Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten - weil lediglich mit der Verwaltung eigenen Vermögens befasst - als Verbraucher gehandelt, greift die Revision nicht erheblich an. Sie lässt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86 f. und vom 17. Mai 2011 - XI ZR 280/09, juris Rn. 23 mwN).
- 12
- b) Die den Darlehensverträgen beigegebene Widerrufsbelehrung entsprach , was der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 15 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ), nicht den gesetzlichen Vorgaben, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist im März und April 2004 nicht anlief.
- 13
- aa) Entgegen den Einwänden der Revisionserwiderung informierte die Widerrufsbelehrung allerdings, ohne dass dafür freilich eine Notwendigkeit bestand , inhaltlich richtig darüber, jeder Darlehensnehmer könne seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ohne Rücksicht auf das Schicksal der Vertragserklärung des anderen Darlehensnehmers widerrufen.
- 14
- (1) Das Verbraucherwiderrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 355 Rn. 2). Dieses Bedürfnis besteht ohne Rücksicht darauf, ob der Verbraucher allein oder mit anderen Verbrauchern einen Verbrauchervertrag schließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 f.; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 338 f.). Dass sich der Widerruf eines Verbrauchers auf den Bestand des Verbrauchervertrags auch im Verhältnis zu anderen auf seiner Seite kontrahierenden Verbrauchern auswirken kann, steht dem nicht entgegen (anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Denn der Übereilungsschutz jedes einzelnen Verbrauchers überwiegt das Interesse aller anderen am Fortbestand des Verbrauchervertrags (vgl. Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 21).
- 15
- Dass Gegenstand eines Verbraucherdarlehensvertrags eine unteilbare Leistung ist, führt in Fällen, in denen Vertragspartner eines Unternehmers als Darlehensgebers neben einem Verbraucher ein weiterer Unternehmer als Darlehensnehmer ist, nicht dazu, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen ist (Knops/Martens WM 2015, 2025; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; Samhat/Zeelen, EWiR 2016, 193, 194; zur Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf nur einen der Darlehensnehmer Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710; zum Finanzierungsleasing BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - VIII ZR 240/99, BGHZ 144, 370, 380 ff.). In solchen Fällen kann der Verbraucher seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, obwohl seinem Mitdarlehensnehmer ein Widerrufsrecht nicht zusteht. Aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergibt sich nichts anderes, wenn Mitdarlehensnehmer nicht ein Unternehmer, sondern ein zweiter Verbraucher ist. Das mit der Einheitlichkeit des Darlehensvertrags begründete Urteil des Senats vom 9. Juli 2002 (XI ZR 323/01, WM 2002, 1764) betraf dessen Kündigung, nicht den Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Auf das Widerrufsrecht, dessen Schutzzweck Vorrang genießt, sind die dort angewandten Grundsätze nicht übertragbar.
- 16
- (2) Für eine Widerrufsbefugnis jedes einzelnen Verbrauchers spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers.
- 17
- Vor Schaffung des § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) entsprach es herrschender Meinung, dass der Verbraucher das nach dem Verbraucherkreditgesetz eingeräumte Widerrufsrecht isoliert - allein bezogen auf seine Willenserklärung - und ohne Rücksicht darauf ausüben könne, ob noch ein anderer Verbraucher neben ihm Vertragspartner des Unternehmers sei (Bruchner/ Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 13; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Metz, VerbrKrG, 1999, § 7 Rn. 6; Pickert, Das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz, 1995, S. 71; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Steppeler, VerbrKrG, 2. Aufl., S. 169; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/ Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525; Graf von Westphalen/ Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 6; zum Abzahlungsgesetz OLG Düsseldorf, WM 1984, 1220, 1221; OLG Koblenz, OLGR 1998, 437 f.).
- 18
- Mit der Einführung des - später in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) übernommenen (BT-Drucks. 14/6040, S. 199) - § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB änderte sich am Grundsatz der Einzelbefugnis nichts (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364 mit Fn. 21; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 7 Rn. 98, § 19 Rn. 23; Grundstein, FAArbR 2003, 41, 44; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 16, § 1 HWiG Rn. 30; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 491 Rn. 20; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; anders - für die Anwendung des § 356 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung [künftig: a.F.] und jetzt des § 351 BGB auf den Verbraucherwiderruf - Löhnig, FamRZ 2001, 135, 137; SchmidtKessel /Gläser, WM 2014, 965, 977; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 25; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 19 U 222/15, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, WM 2016, 1036, 1038 f.). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers entsprach die Anwendung der "Vorschriften des Rücktritts […] der bisherigen Rechtslage" (BT-Drucks. 14/2658, S. 47).
- 19
- Insbesondere beseitigte die Neukonzeption des Widerrufsrechts als eines Gestaltungsrechts anstelle einer rechtshindernden Einwendung ("besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht", BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, WM 2004, 2451, 2452; vgl. dagegen zum früheren Recht BGH, Urteil vom 16. Oktober 1995 - II ZR 298/94, BGHZ 131, 82, 85 f.) die Einzelbefugnis nicht (Wallner, BKR 2016, 177, 180; anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Die einheitliche Ausübung mehrerer Berechtigter auf einer Vertragsseite wird zwar für bestimmte Gestaltungsrechte gesetzlich angeordnet (so in § 351 Satz 1, § 441 Abs. 2, §§ 472, 638 Abs. 2 BGB; vgl. Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 340). Es besteht aber - was §§ 425, 429 Abs. 3 BGB zeigen - kein allgemeiner Grundsatz, der die Ausübung von Gestaltungsrechten durch nur einen der auf einer Seite kontrahierenden Vertragspartner generell ausschließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 18; Martens, aaO; MünchKommBGB/Gaier, BGB, 6. Aufl., § 351 Rn. 7; Erman/ Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Wallner, aaO; zur Anfechtung RGZ 65, 399, 405; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 143 Rn. 4; gegen eine Erstreckung des § 351 Satz 1 BGB auf alle Gestaltungsrechte auch Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 351 Rn. 3).
- 20
- (3) Die Einzelbefugnis zur Ausübung des Widerrufsrechts wird auch nicht durch § 351 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Zwar fanden nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (wie zuvor nach § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB) auf das Widerrufsrecht die Vorschriften des Titels über den Rücktritt entsprechende Anwendung, soweit anderes nicht bestimmt war. Ein anderes konnte sich aber nicht nur aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sondern auch aus der Natur des Verbraucherwiderrufsrechts ergeben (a.A. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43; wohl auch Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1090). Dies ist hier mit Blick auf § 351 BGB nach Sinn und Zweck des Widerrufsrechts - wie oben dargelegt - der Fall:
- 21
- Die entsprechende Geltung des § 351 BGB und damit auch seines Satzes 2 (zuvor: § 356 Satz 2 BGB a.F.) hätte dazu geführt, dass mit dem Wegfall des Widerrufsrechts für einen Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts widersprechend - das Widerrufsrecht für sämtliche anderen entfallen wäre (dagegen noch unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - VIII ZR 213/95, BGHZ 133, 220, 226). Dies wiederum hätte zur Konsequenz gehabt, dass nicht nur - eine ordnungsgemäße, aber zeitlich gestaffelte Belehrung der auf einer Seite kontrahierenden Verbraucher unterstellt - der zuletzt belehrte Verbraucher die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) nicht mehr voll hätte ausschöpfen können (so in der Tat Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 32; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 45). Überdies hätte der Unternehmer - erst über § 242 BGB korrigierbar - auch gegenüber einem unzureichend belehrten Verbraucher einwenden können , er habe (wenigstens) einen seiner Vertragspartner ordnungsgemäß belehrt , so dass der Verbraucher - obwohl weder ordnungsgemäß belehrt noch nachbelehrt - aus dem Belehrungsmangel nach Ablauf der Widerrufsfrist für den weiteren Vertragspartner keine Folgerungen mehr hätte ziehen können (vgl. im Einzelnen Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 339; für eine Einschränkung der Geltung des § 356 BGB a.F. in diesen Fällen auch MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 26; für eine Anwendung des § 351 Satz 2 BGB dagegen Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26). In beiden Konstellationen wäre das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Gesetzeszweck verkürzt worden, ohne dass sich § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dafür etwas entnehmen ließ. In gleicher Weise stand der individuell gewährte Übereilungsschutz einer entsprechenden Anwendung des die Einzelbefugnis einschränkenden § 351 Satz 1 BGB entgegen.
- 22
- bb) Die Widerrufsbelehrung klärte entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch richtig über die Rechtsfolgen des Widerrufs auf, wobei es einer Differenzierung zwischen den Folgen des Widerrufs nur eines Verbrauchers oder sämtlicher Darlehensnehmer - deren Verbrauchereigenschaft unterstellt - nicht bedurfte. Zwar wirkt der Widerruf nur eines Verbrauchers nicht zugleich für und gegen die anderen, weil der Widerruf nicht unter die Sondervorschriften der §§ 422 ff. BGB fällt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2027). Nach § 139 BGB führt er aber regelmäßig dazu, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag im Verhältnis zu sämtlichen Darlehensnehmern in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 19 Rn. 23; Bülow/Artz, ZIP 1998, 629, 632; Cebulla/Pützhoven, FamRZ 1996, 1124, 1128 f.; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Knops/Martens, aaO; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 341; Staudinger/ Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 19, § 1 HWiG Rn. 30; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 118; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/ Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525). Gibt die Widerrufsbelehrung dies wie hier der Sache nach wieder, ist sie ordnungsgemäß und wirksam.
- 23
- cc) Gleichwohl bestand das Widerrufsrecht der Kläger im Jahr 2013 fort. Denn die Widerrufsbelehrung informierte entgegen dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mittels des Einschubs des Worts "frühestens" unzureichend über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 18 mwN). Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 aaO Rn. 26 mwN).
- 24
- dd) Der Beklagten kommt, was das Berufungsgericht gesehen hat, die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen ursprünglichen, zwischen dem 1. September 2002 und dem 7. Dezember 2004 geltenden Fassung nicht zugute.
- 25
- (1) § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass "das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird". Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. darf der Unternehmer allerdings, sofern er das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, "in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen". Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen. Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst nach Art. 245 EGBGB, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Greift der Unternehmer dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 22 ff. mwN).
- 26
- (2) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung , was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 25 mwN), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGBInfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Unschädliche hinausgeht.
- 27
- Zwar führt allein der Zusatz, "[b]ei mehreren Darlehensnehmern" könne "jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen", nicht zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion. Insoweit handelt es sich um eine inhaltlich zutreffende Vervollständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, GuT 2013, 133; dazu Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 24), die über die vom Muster für die Widerrufsbelehrung behandelten Themen hinaus lediglich ergänzende und rechtlich richtige Informationen vermittelt, ohne in den Text des Musters einzugreifen oder auf ihn bezogene Angaben zu machen. Ein solcher Eingriff liegt aber vor, soweit die Beklagte sowohl die Zwischenüberschrift "Widerrufsrecht" des Musters für die Widerrufsbelehrung ausgelassen als auch unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" die Mustertexte für Darlehensverträge und den finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts entgegen den Vorgaben des Gestaltungshinweises kombiniert hat. Dabei ist für den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion ohne Belang, dass es sich bei den von den Klägern aufgenommenen Darlehen nicht um verbundene Geschäfte handelte, so dass Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gab, auf Hinweise für finanzierte Geschäfte zu verzichten (Senatsurteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 39).
- 28
- c) Das Berufungsgericht hat entgegen den Angriffen der Revision schließlich zutreffend gesehen, dass die auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Kläger auch noch nach "Aufhebung" dieser Verträge - streng genommen: nach deren vorzeitiger Beendigung - widerrufen werden konnten. Zweck des Widerrufsrechts ist, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Widerruf zu lösen, ohne die mit sonstigen Nichtigkeits- oder Beendigungsgründen verbundenen, gegebenenfalls weniger günstigen Rechtswirkungen in Kauf nehmen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17). Deshalb kann der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn der Vertrag zuvor gekündigt wurde (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 f.; BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 36, vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, ZIP 2014, 732 Rn. 24 und vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14, WM 2015, 1614 Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts einvernehmlich beendet haben, ohne sich zugleich über das Widerrufsrecht zu vergleichen (vgl. dazu MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 779 Rn. 11).
- 29
- 2. Revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand halten aber die Erwägungen , mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint hat.
- 30
- a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für die Verwirkung des Verbraucherwiderrufsrechts verdeutlicht und präzisiert hat (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN), neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untä- tigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 aaO), ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei wie hier beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann, was der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, aaO Rn. 41) näher dargelegt hat, das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht.
- 31
- b) Nach diesen Maßgaben erweist sich das Berufungsurteil als rechtsfehlerhaft. Nicht nur hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Zeitmoments den maßgeblichen Zeitpunkt - Zustandekommen des Verbrauchervertrags - nicht in den Blick genommen. Es hat auch gegen eine Verwirkung das Fehlen einer Nachbelehrung ins Feld geführt, die von der Beklagten nach Beendigung der Verträge nicht mehr erwartet werden konnte. Außerdem hat es dem Umstand selbst, dass die Parteien die Darlehensverträge einverständlich beendet haben, unzutreffend kein Gewicht beigemessen.
- 32
- 3. Dagegen wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger die Aufhebungsentgelte in Erfüllung einer sich aus den Darlehensverträgen ergebenden Verpflichtung erbracht haben, so dass sie im Falle eines wirksamen Widerrufs der Darlehensverträge als empfangene Leistungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren sind.
- 33
- a) Maßgeblich dafür, ob die Parteien im April 2012 für die Aufhebungsentgelte einen neuen Schuldgrund geschaffen haben, ist ihr aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnder Wille, der seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Die Feststellung des Parteiwillens ist Auslegungsfrage, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 28 und vom 27. November 2012 - XI ZR 144/11, WM 2013, 261 Rn. 13). Dabei ist davon auszugehen, dass der von einer Vertragspartei an die andere herangetragene Wunsch nach einer vorzeitigen Abwicklung gegen Zahlung eines angemessenen Aufhebungsentgelts nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel hat. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung des Aufhebungsentgelts im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die angestrebte Änderung des Darlehensvertrags erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten - Erfüllungssperre, d.h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts (Senatsurteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161, 166).
- 34
- b) Damit in Übereinstimmung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Kläger hätten die Aufhebungsentgelte in Erfüllung von sich aus den modifizierten Darlehensverträgen ergebenden Forderungen geleistet. Auf das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Beklagten, die Aufhebungsentgelte hätten "nicht lediglich die rechtlich geschützten Zinserwartungen und einen etwaigen Verwaltungsaufwand der Bank, sondern auch die Möglichkeit der einvernehmlichen sofortigen Vertragsbeendigung ohne dreimonatige Kündigungsfrist vergütet", kommt es für diese Einschätzung nicht an. Denn auch dann, wenn sich die Parteien, um die Darlehensverträge zu beenden, wechselseitig mehr zugestanden haben sollten, als sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags nach dem Gesetz hätten verlangen können, bleibt es dabei, dass die Bedingungen einer vorzeitigen Erfüllung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB Gegenstand der Vereinbarung waren und die Kläger die Aufhebungsentgelte auf eine aus den Darlehensverträgen resultierende Verpflichtung erbracht haben.
III.
- 35
- Das Berufungsurteil unterliegt wegen der rechtsfehlerhaften Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verwirkung der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
B.
- 36
- Die Anschlussrevision der Kläger hat dagegen keinen Erfolg.
I.
- 37
- Das Berufungsgericht hat die Anschlussrevision betreffend ausgeführt:
- 38
- Aufgrund des Widerrufs hätten sich die Schuldverhältnisse der Parteien in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Die Beklagte schulde Erstattung der Aufhebungsentgelte. Außerdem sei sie zur Leistung von Nutzungser- satz verpflichtet. Mangels Vortrags der Beklagten zur Verwendung der von den Klägern erlangten Zahlungen sei davon auszugehen, dass die Beklagte tatsächlich Nutzungen gezogen habe, deren Wert einer Verzinsung des Aufhebungsentgelts mit einem Zinssatz von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entspreche.
II.
- 39
- Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
- 40
- Das Berufungsgericht ist von der Anschlussrevision unangegriffen davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinne des gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB im ausschlaggebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen § 492 Abs. 1a Satz 2 Halbsatz 1 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung zustande gekommen. Bei Immobiliardarlehensverträgen ist in Anlehnung an § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen , zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung widerleglich zu vermuten, dass die beklagte Bank aus ihr von den Klägern überlassenen Zins- und Tilgungsraten Nutzungen lediglich in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 58). Dass die Kläger in den Vorinstanzen Vortrag gehalten hätten, der umfangreichere Nutzungen der Beklagten ergab, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 17.10.2014 - 12 O 262/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.10.2015 - 6 U 174/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
BGB § 355 Abs. 2 Satz 2 (Fassung vom 23. Juli 2002) Mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote "Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann" im Anschluss an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" macht der Verwender einer Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt. BGH, Urteil vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16 - OLG Koblenz LG Mainz
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des vom Kläger, einem Bankkaufmann , erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss von vier Verbraucherdarlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen.
- 2
- Die Parteien schlossen im Jahr 2007 vier Immobiliardarlehensverträge, denen jeweils folgende, bis auf die Vertragsdaten gleichlautende Widerrufsbelehrung beigegeben war:
- 3
- Der Kläger löste sämtliche Darlehen auf eigenen Wunsch gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € zum 2. Mai 2012 ab. Unter dem 30. Oktober 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen, wobei er darauf hinwies, er habe "im Vorfeld rechtlichen Rat" unter anderem bei seinem Rechtsanwalt eingeholt.
- 4
- In der von ihm bei dem Landgericht anhängig gemachten Klage hat er die Beklagte als " bank eG, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzende [n] H. ", bezeichnet. Die Klage ist an die " bank eG, v.d.d. Vorstand", zugestellt und dort an einen Prokuristen als Leiter des Bereichs "Sonderaufgaben Kredit und Recht" weitergegeben worden. Dieser Prokurist und eine Mitarbeiterin, die zusammen zur Erteilung von Prozessvollmachten für die Beklagte ermächtigt sind, haben unter dem Betreff "Neues Mandat: S. ./. bank eG" den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juli 2015 "um Übernahme des im Betreff genannten Mandates" gebeten. Der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 31. Juli 2015 "die Vertretung und Verteidigungsbereitschaft der Beklagten" angezeigt.
- 5
- Das Landgericht hat die Angabe des Klägers zum gesetzlichen Vertreter der Beklagten in das Rubrum übernommen und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Beibehaltung des Rubrums antragsgemäß festgestellt, dass die vier näher bezeichneten Darle- hensverträge "durch wirksamen Widerruf […] in ein Abwicklungsverhältnis um- gewandelt" worden seien. Außerdem hat es die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € nebst Zinsen und vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten in Höhe von 928,80 € verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
- 6
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die der durch den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestellte drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte in Übernahme des Rubrums der Vorinstanzen eingelegt und begründet hat, erstrebt die Beklagte unter Verweis auf einen Mangel ihrer gesetzlichen Vertretung bei Klageerhebung in erster Linie eine Abweisung der Klage als unzulässig. In zweiter Linie begehrt sie die vollständige Zurückweisung der Berufung, weil das Berufungsgericht zu Unrecht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint habe.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Die Revision ist zulässig. Die Prozessführung in dritter Instanz ist dem gemäß § 24 Abs. 1 GenG zur gerichtlichen Vertretung der Beklagten berufenen Vorstand zuzurechnen. Der drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist gemäß § 81 ZPO wirksam durch deren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten , den wiederum ein Prokurist im Verein mit einer Mitarbeiterin aufgrund seiner vom Vorstand abgeleiteten Vertretungsmacht (Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 42 Rn. 2) mandatiert hat, bestellt worden (vgl. BGH, Urteile vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 156 und vom 15. März 2006 - XII ZR 138/01, NJW 2006, 2334 Rn. 14).
B.
- 8
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Feststellungsklage sei zulässig. Zwar genieße eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang. Bei einer Bank sei indessen ohne weiteres davon auszugehen , dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde.
- 11
- Der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen Ende 2014 widerrufen können, weil mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht an- und abgelaufen sei. So hätten die Widerrufsbelehrungen der Beklagten zu der Fehlvorstellung verleitet, die Widerrufsfrist beginne bereits mit der Aushändigung einer Vertragserklärung der Beklagten ohne Rücksicht auf die Vertragserklärung des Klägers. Darauf, ob wegen der konkreten Situation des Vertragsschlusses dieses Missverständnis ausgeräumt gewesen sei, komme es nicht an, weil auch bei einem Präsenzgeschäft über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung allein anhand der objektiven Auslegung zu entscheiden sei. Da die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung des Verordnungsgebers nicht verwendet habe, könne sie sich auch nicht auf dessen Gesetzlichkeitsfiktion berufen. An der Widerruflichkeit der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen habe sich durch deren vorzeitige Abwicklung nichts geändert.
- 12
- Die Grundsätze von Treu und Glauben stünden der Ausübung des Widerrufsrechts nicht entgegen. Das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt, da das Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Der Kläger habe die Darlehen zwar mehrere Jahre ordnungsgemäß bedient und sie dann im Jahr 2012 auf eigenen Wunsch vorzeitig abgelöst. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass er dies alles in Kenntnis seines fortbestehenden Widerrufsrechts getan habe. Jedenfalls ge- nügten diese Aspekte nicht, um das Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen , der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben. Berufliches Sonderwissen des Klägers vermöge ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten ebenfalls nicht zu begründen, zumal nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe festgestellt werden können, dass ihm die rechtliche Problematik des "ewigen" Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen vor Abgabe seiner Willenserklärungen bekannt gewesen sei. Darauf, ob der Kläger mit dem Widerruf "ein berechtigtes Interesse" verfolge, komme es nicht an. Für ein arglistiges Verhalten sei nichts ersichtlich. Es bestünden ferner keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die schutzwürdig auf das Unterbleiben des Widerrufs vertrauende Beklagte tatsächlich so disponiert habe, dass der Widerruf für sie eine unzumutbare Belastung darstelle. Auch im Übrigen liege in der Ausübung des Widerrufsrechts keine unzulässige Rechtsausübung. Dass der Kläger überhaupt - wenn auch fehlerhaft - über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei, sei ohne Belang. Gleichfalls unerheblich sei, dass der Widerruf für den Kläger wirtschaftlich vorteilhaft sei, während die Beklagte aufgrund des erheblich gesunkenen Zinsniveaus finanzielle Einbußen erleide.
- 13
- Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung zu. Herausgabe vermutlich gezogener Nutzungen könne er indessen nur in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht wie beantragt in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Schließlich könne der Kläger als Verzugsschaden den Ersatz vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten beanspruchen.
II.
- 14
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 15
- 1. Allerdings ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen , die Klage sei in Gänze zulässig gegen die Beklagte erhoben worden.
- 16
- Zwar ist die Klage in Fällen, in denen ein Kläger, der selbst zu einem Organ einer Gesellschaft gehört, den gesetzlichen Vertreter der beklagten Gesellschaft - im Falle einer Genossenschaft: das nach § 24 Abs. 1, § 39 GenG zu ihrer gerichtlichen Vertretung berufene Organ - nicht nur irrtümlich falsch bezeichnet hat (dazu BGH, Urteile vom 9. Oktober 1986 - II ZR 284/85, WM 1986, 1411, 1412 und vom 16. Februar 2009 - II ZR 282/07, WM 2009, 702 Rn. 10) und in denen an diesen vermeintlichen gesetzlichen Vertreter mit Willen des Klägers zugestellt worden ist, unzulässig (BGH, Urteile vom 26. Juni 1995 - II ZR 122/94, BGHZ 130, 108, 110 ff., vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 154 und vom 16. Februar 2009 aaO Rn. 4; vgl. auch Beuthien, GenG, 15. Aufl., § 39 Rn. 6 a.E.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 39 Rn. 10; Hopt/Roth in GroßKomm AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 112; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 112 Rn. 13; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 112 Rn. 13; MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl., § 112 Rn. 33; Grigoleit/ Tomasic, AktG, 2013, § 112 Rn. 17).
- 17
- Anderes gilt aber, wenn in der Klageschrift der gesetzliche Vertreter lediglich irrtümlich fehlerhaft angegeben wird, sich - auch durch das Revisionsgericht (BGH, Urteile vom 24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 335, vom 24. November 1980 - VIII ZR 208/79, WM 1981, 46, 47 und vom 16. Dezember 1997 - VI ZR 279/96, NJW 1998, 1496, 1497) - das Gemeinte ermitteln lässt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1986 - II ZR 284/85, WM 1986, 1411, 1412; Gehle, MDR 2011, 957 f.; auch Musielak/Voit/Weth, ZPO, 13. Aufl., § 51 Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 51 Rn. 7) und die Zustellung der Klageschrift tatsächlich an den richtigen gesetzlichen Vertreter bewirkt wird. In diesem Fall ist die Klage zulässig erhoben und entsteht das Prozessrechtsverhältnis zu dem ordnungsgemäß gesetzlich vertretenen Beklagten.
- 18
- So verhält es sich hier. Bei der Angabe des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten als ihres gesetzlichen Vertreters in der Klageschrift handelte es sich offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung, mit der keine positive Aussage über die gesellschaftsrechtlichen Vertretungsverhältnisse und insbesondere über die Reichweite des § 39 Abs. 1 Satz 1 GenG getroffen werden sollte. Entsprechend hat die Geschäftsstelle des Landgerichts, die die Zustellung der Klageschrift nach § 166 Abs. 2, §§ 168, 170 ZPO zu bewirken hatte , die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters ausgelegt und die Zustellung an den (nicht notwendig namentlich zu benennenden, vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93, WM 1993, 1818, 1821) Vorstand der Beklagten als deren gesetzlichen Vertreter bewirkt, so dass das Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten wirksam zustande gekommen ist. Dass die unrichtige, aber offenbar fehlerhafte Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters sowohl in die Berufungsschrift als auch in die Entscheidungen der Vorinstanzen übergegangen ist, ändert daran nichts.
- 19
- 2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, die Feststellungsklage sei zulässig, weil das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben sei. Das trifft nicht zu. Der Kläger kann und muss vielmehr vorrangig insgesamt (und nicht nur die Vorfälligkeitsentschädigung betreffend) mit der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgehen (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 13 ff.).
- 20
- 3. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung überdies nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72 € nebst Zinsen verurteilt hat. Das Berufungsgericht hat die rechtlichen Maßgaben verkannt, unter denen nach den Senatsurteilen vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 38 ff. und XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 33 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) sowie vom 11. Oktober 2016 (XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 29 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) die Verwirkung des Widerrufsrechts steht.
- 21
- a) Richtig hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt angenommen, dem Kläger habe ursprünglich ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB zugestanden , über das die Beklagte ihn gemäß § 355 BGB in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) habe belehren müssen.
- 22
- b) Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, die Widerrufsbelehrungen der Beklagten hätten den Kläger nicht hinreichend deutlich überdie Voraussetzungen seines Widerrufsrechts unterrichtet.
- 23
- aa) Allerdings belehrte die Beklagte, was das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, hinreichend deutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Mittels der hier erkennbar an den Verbraucher gerichteten (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 19) Fußnote im Anschluss an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" machte die Beklagte ausreichend klar, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhing. Dabei orientierte sie sich zulässig am Wortlaut des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. Zugleich machte sie das Gemeinte durch die ausdrückliche Benennung der Vorschrift deutlich (Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, WM 2017, 427 Rn. 19). Der Zusatz in der Fußnote "bzw. werden kann" war nicht geeignet, den Hinweis zu verunklaren (a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 175/15, juris Rn. 16; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 21. Dezember 2016 - 24 U 151/15, juris Rn. 42; OLG Hamm, Urteil vom 18. Juli 2016 - 31 U 284/15, juris Rn. 40 ff.; OLG Zweibrücken, Urteile vom 16. Dezember 2016 - 7 U 119/15, juris Rn. 91 ff. und - 7 U 133/15, juris Rn. 85 ff.). Eine so gestaltete Sammelbelehrung - hier: für die ursprüngliche und die Nachbelehrung - ist nach allgemeinen Grundsätzen zulässig (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 51 f.; Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 - XI ZR 66/16, juris Rn. 11).
- 24
- bb) Das Berufungsgericht hat indessen zutreffend erkannt, dass die Beklagte mittels der Wendung "der schriftliche Vertragsantrag" nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck brachte, dass Bedingung für das Anlaufen der Widerrufsfrist die Vertragserklärung des Klägers war (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, n.n.v. Rn. 13 ff. mwN). Auf die Umstände der Erteilung der Belehrung kommt es, wie der Senat zuletzt mit Senatsurteil vom 21. Februar 2017 (aaO Rn. 16 ff.) klargestellt hat, nicht an. Die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung kommt der Beklagten nicht zugute. Die Abweichungen der Belehrungen gegenüber der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 geltenden Fassung gingen über das Maß hinaus, das der Senat als für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlich angesehen hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 20 ff.).
- 25
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 28) erkannt, dass die auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auch noch nach dessen vorzeitiger Beendigung widerrufen werden kann.
- 26
- d) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halten dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts.
- 27
- Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment , für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen , der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN). Die Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, aaO Rn. 18 und - XI ZR 564/15, aaO Rn. 43 mwN). Nach diesen Maßstäben liegt hier ein revisionsrechtlich relevanter Rechtsfehler vor.
- 28
- Wie der Senat mit Urteilen vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 41) und vom 11. Oktober 2016 (XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30) ausgeführt hat, ist bei beendeten Verträgen bei der Bewertung, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht verwirkt hat, mit zu berücksichtigen, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben. Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung der für und gegen eine Verwirkung des Widerrufsrechts sprechenden Umstände zwar erwähnt, aber als unmaßgeblich außer Acht gelassen.
- 29
- 4. Das Berufungsurteil unterliegt schließlich der Aufhebung, soweit das Berufungsgericht dem Kläger auf seine Berufung vorgerichtlich verauslagte Anwaltskosten zuerkannt hat. Wie der Senat mit Senatsurteil vom 21. Februar 2017 (XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 27 ff.) näher ausgeführt hat, setzt eine Erstattung solcher Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens voraus, dass der Kläger seinerseits die von ihm nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründenden Weise angeboten hat. Das war hier nicht der Fall.
III.
- 30
- Soweit das Berufungsgericht Anwaltskosten zuerkannt hat, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung zurückweisen, weil dem Kläger auch unter keinem sonstigen Gesichtspunkt, insbesondere nicht dem des Schadensersatzes wegen einer Verletzung der Pflicht zur richtigen Belehrung über sein Widerrufsrecht, ein Anspruch zusteht. Der Zahlungsantrag ist daher abweisungsreif (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 37 mwN). Im Übrigen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt.
- 31
- 1. Nicht abweisungsreif ist der Feststellungsantrag.
- 32
- a) Der Senat kann auf die Revision der Beklagten die Feststellungsklage nicht als unzulässig abweisen. Denn das Berufungsgericht hätte, wenn es die Unzulässigkeit des Feststellungsantrags erkannt hätte, auf diese Tatsache hinweisen müssen. In solchen Fällen muss, sofern dies - wie hier - noch möglich ist, dem Kläger durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben werden , eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 39).
- 33
- b) Der Senat kann aber auch nicht auf die Unbegründetheit der Feststellungsklage erkennen. Freilich ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, n.n.v. Rn. 41 mwN). Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage indessen nicht in der Sache abweisungsreif , weil nicht feststeht, dass der Kläger sein Widerrufsrecht verwirkt hat.
- 34
- 2. Aus denselben Gründen ist die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht abweisungsreif, weil nicht feststeht, ob sich aufgrund des Widerrufs des Klägers die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.
IV.
- 35
- Der Senat weist deshalb die Sache in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang an das Berufungsgericht zurück, § 563 Abs. 1 ZPO, damit es dem Kläger Gelegenheit zur Anpassung seiner Klageanträge gibt und die zur Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts erforderlichen Feststellungen nachholt.
LG Mainz, Entscheidung vom 24.02.2016 - 5 O 122/15 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 19.08.2016 - 8 U 369/16 -
BUNDESGERICHTSHOF
c) Dem Erfordernis einer gesonderten Unterschrift im Sinne des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung ist nicht genügt, wenn sich die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und eine Empfangsbestätigung bezieht (Fortführung Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
d) Zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung und zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei beendeten Haustürgeschäften. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15 - Hanseatisches OLG Hamburg LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags.
- 2
- Der Kläger schloss - nach seiner Behauptung dazu an seinem Arbeitsplatz von einem Mitarbeiter der A. GmbH als Vertriebspartner der Fondsgesellschaft bestimmt - am 25. November 2001 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) einen Darlehensvertrag über 8.000 €, der der Finanzierung einer über einen Treuhänder vermittelten Beteiligung an der M. GmbH & Co. KG (künftig einheitlich: Fondsgesellschaft) diente. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung folgenden Inhalts beigefügt: "Widerrufsbelehrung Ich bin darüber belehrt worden, dass ich an meine auf die Beantragung des Darlehens gerichtete Willenserklärung und die hieraus resultierende Verpflichtung zur Zinszahlung und zur Rückzahlung des Darlehens nicht mehr gebunden bin, wenn ich meine Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen widerrufe. Der Widerruf muss von mir entweder schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erklärt werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Kommunikationsmedium, mit dem ich meine Widerrufserklärung so abgebe, dass sie dem Widerrufsempfänger in einer Urkunde oder einer anderen lesbaren Form zugeht, die ihm für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäftes entsprechenden Zeit deren inhaltlich unveränderte Wiedergabe erlaubt (z.B. Telefax). Der Widerruf muss keine Gründe enthalten. Diese Widerrufsfrist beginnt, wenn die von mir handschriftlich zu unterschreibende oder mit meiner ‚qualifizierten elektronischen Signatur‘ verseheneWiderrufsbelehrung zur Verfügung gestellt und mir der schriftliche Darlehensvertrag ausgehändigt wurde, nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung. Fristbeginn ist der Beginn des dem Eintritt des genannten Ereignisses nachfolgenden Tages. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung meines Widerrufs. Im Falle des Widerrufs kommt auch der Beitritt zur […] [Fondsgesellschaft] als Kom- manditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten […] nicht wirksam zustande. Ist das Darlehen bereits ausbezahlt worden, ist die Rückzahlung des Darlehensbetrages nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerrufs. Der Widerruf ist zu senden an die: A. GmbH […] als Bevollmächtigte der […] [Beklagte] Die vorstehende Belehrung habe ich zur Kenntnis genommen und ist mir ausgehändigt worden: [Ort, Datum] [Unterschrift des Darlehensnehmers]".
- 3
- Der Kläger führte das Darlehen bis zum 15. Januar 2007 vollständig zurück. Die Fondsgesellschaft wurde ab 2009 liquidiert. Ihre Firma ist nach Beendigung der Liquidation Ende 2013 erloschen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
- 4
- Seine auf Zahlung und Freistellung Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung und auf Feststellung gerichtete Klage, die der Kläger wegen der Anrechnung von Ausschüttungen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens teilweise zurückgenommen hat, hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BeckRS 2016, 08820) im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Unabhängig davon, ob dem Kläger ein Widerrufsrecht zugestanden habe , sei sein am 20. Juni 2014 erklärter Widerruf jedenfalls treuwidrig. Zwar finde das Institut der Verwirkung auf Fälle, in denen die Parteien über das Bestehen eines "ewigen" Widerrufsrechts stritten, keine Anwendung. Es fehle das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment, weil der Darlehensgeber durch eine unzureichende Belehrung das Fortbestehen des Widerrufs selbst verursacht habe und deshalb grundsätzlich nicht auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts vertrauen könne. In der Erklärung des Widerrufs liege indessen, was eine umfassende Interessenabwägung ergebe, eine unzulässige Rechtsausübung. Der Gesetzgeber habe dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt, um ihm die Ermittlung günstigerer Angebote zu ermöglichen und mittels der Einräumung einer Bedenkzeit diejenige Störung der Vertragsparität auszugleichen , die darin liege, dass Darlehensverträge oft komplexe und schwer zu durchschauende Regelungen enthielten. Dem Kläger gehe es dagegen darum, sich von wohlüberlegt und sehenden Auges eingegangenen Risiken zu befreien , für die etwaige Mängel der Widerrufsbelehrung völlig irrelevant gewesen seien. Neben dieser Motivlage sei in die Gesamtabwägung der ganz erhebliche Zeitablauf und der Umstand einzubeziehen, dass die Beklagte den Kläger über sein Widerrufsrecht dem Grunde nach durchaus belehrt habe. Der rechtsmissbräuchliche Widerruf sei unwirksam.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 9
- 1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klage nicht "mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzuweisen", weil ein "Zug-um-Zug herauszugebende [r] Gesellschaftsanteil nicht mehr existiert", "die vom Kläger begehrte Zug-um-Zug-Verurteilung auf etwas Unmögliches gerichtet" wäre und ein klagestattgebendes Urteil "keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte". Der Kläger hat sich ausweislich der von den Parteien vorgelegten und zum Gegenstand der landgerichtlichen Feststellungen gemachten Anlagen über einen Treuhänder an der Fondsgesellschaft beteiligt. Sein Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen "Abtretung der Beteiligung" an der Fondsgesellschaft ist, was der Senat durch Auslegung selbst ermitteln kann, weil es sich um eine Prozesserklärung handelt (Senatsurteil vom 12. März 1991 - XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; BGH, Urteil vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11 mwN), so zu verstehen, der Kläger biete die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - XI ZR 272/10, WM 2012, 1589 Rn. 11; Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11, BKR 2013, 158 Rn. 1 und vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 29; Beschluss vom 27. August 2015 - III ZR 65/15, juris Rn. 4). Dass solche Rechte, die mit der Beendigung der Liquidation nicht automatisch in Fortfall geraten sein müssen, nicht mehr bestehen, trägt die Revisionserwiderung weder vor noch sind dafür sonst Anhaltspunkte ersichtlich.
- 10
- 2. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis auch richtig davon ausgegangen , im Falle der Anbahnung des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation und der unzureichenden Belehrung des Klägers über sein Widerrufsrecht habe die auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Klägers noch im Juni 2014 widerruflich sein können.
- 11
- a) Dabei ist revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass er zur Abgabe seiner Vertragserklärung in einer Haustürsituation bestimmt worden ist. Maßgebend für die rechtliche Bewertung des im Juni 2014 erklärten Widerrufs ist das im November 2001 geltende Recht, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 2, 9 Abs. 3 HWiG und § 361a BGB jeweils in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB. Aus Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ergibt sich nichts anderes. Vielmehr blieb das im Zeitpunkt des Entstehens des Schuldverhältnisses geltende und die Widerruflichkeit der Verbrauchervertragserklärung regelnde Recht unbeschadet dieser Vorschrift über den 31. Dezember 2002 hinaus maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 10 ff., 14 f.).
- 12
- b) Das unterstellte Widerrufsrecht des Klägers war auch dann nicht nach § 5 Abs. 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB in Verbindung mit § 9 Abs. 3 HWiG ausgeschlossen , wenn der Darlehensvertrag zugleich ein Geschäft nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG in der vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung darstellte. § 5 Abs. 2 HWiG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (Senatsurteile vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 253 ff., vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 334 f., vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 39, vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 9, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176, vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1580 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221). An einem gleich weit reichenden Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz fehlte es, weil das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers und damit bereits im November 2002 erloschen war.
- 13
- c) Ein unterstelltes Widerrufsrecht des Klägers war im Juni 2014 auch nicht nach § 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erloschen. § 2 HWiG verknüpft das Widerrufsrecht mit der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung, wobei insoweit auch bei einem verbundenen Geschäft allein auf das Rechtsgeschäft - hier den Darlehensvertrag - abzustellen ist, in dem ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz begründet ist, und nicht auf das verbundene Geschäft, hier die Fondsbeteiligung (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 16 und 20, vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2331, vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 27 und vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 15). Zum Zeitpunkt der vollständigen Ablösung des Darlehens im Januar 2007 war § 2 HWiG nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, der nicht durch Art. 229 § 9 EGBGB verdrängt wird, nicht mehr anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 24. November 2009 aaO Rn. 16 f.).
- 14
- 3. Dagegen halten die Erwägungen, die das Berufungsgericht zu dem Ergebnis geführt haben, in der Ausübung des - unterstellt fortbestehenden - Widerrufsrechts habe ein Verstoß gegen § 242 BGB gelegen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- a) Noch richtig ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, Unionsrecht stehe der Anwendung des § 242 BGB im konkreten Fall nicht entgegen.
- 16
- Die Richtlinie 85/577/EWG machte in Konstellationen wie der vorliegenden keine entgegenstehenden Vorgaben. Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG setzte ihre Anwendung voraus, dass der Vertrag selbst in der Haustürsituation abgeschlossen wurde. Dieser Fall liegt selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht vor, der lediglich eine Vertragsanbahnung in einer Haustürsituation behauptet. Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (künftig: Gerichtshof) die missbräuchliche Berufung auf Unionsrecht nicht gestattet (EuGH Slg. 1996, I-2357 Rn. 24 f.; Slg. 1998, I-2843 Rn. 20 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 33 f.; Slg. 2006, I-1609 Rn. 68; vgl. auch Domke, BB 2005, 1582, 1583). Die nationalen Gerichte können mithin ein missbräuchliches Verhalten nach objektiven Kriterien in Rechnung stellen, um dem Verbraucher die Berufung auf Bestimmungen des Uni- onsrechts zu verwehren, solange nationale Vorschriften wie § 242 BGB die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes nicht beeinträchtigen (EuGH Slg. 1996, I-1347 Rn. 68; Slg. 1998, I-2843 Rn. 22 f.; Slg. 2000, I-1705 Rn. 34 f.; Slg. 2009, I-7315 Rn. 26, 29; EuGH, GRUR 2014, 368 Rn. 42, 49 mwN; vgl. auch BVerfG, WM 2015, 514, 518).
- 17
- b) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht demgegenüber auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, die Erklärung des Widerrufs sei rechtsmissbräuchlich.
- 18
- aa) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch in Widerrufsfällen Anwendung findet. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 179/96, BGHZ 135, 333, 337; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 7). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht , alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 aaO und vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09, WM 2011, 470 Rn. 17 mwN).
- 19
- bb) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens bejaht.
- 20
- Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 40 und vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, WM 2013, 47 Rn. 12). Ein widersprüchliches Verhalten in diesem Sinne hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr den Rechtssatz aufgestellt, dass ein widersprüchliches Verhalten bereits dann vorliege , wenn das Motiv für den Widerruf nichts mit dem Schutzzweck des Widerrufsrechts zu tun habe. Damit ist es von einem revisionsrechtlich beachtlichen falschen Wertungsmaßstab ausgegangen.
- 21
- Nach dem Wortlaut des § 361a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB musste der Widerruf keine Begründung enthalten. Der Verzicht darauf, dem Verbraucher eine Rechtfertigung für seine Erklärung abzuverlangen, beruhte auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung (BT-Drucks. 14/2658, S. 47). Mit ihm führte der Gesetzgeber ein Regelungsmodell fort, das schon vor Inkrafttreten des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) gegolten hatte.
- 22
- Zwar enthielten weder § 1b AbzG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung noch § 7 VerbrKrG und § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung einen entsprechenden Zusatz. Schon zu § 1b AbzG war indessen anerkannt (BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 135, vom 29. Januar 1986 - VIII ZR 49/85, WM 1986, 480, 483 und vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 143/91, WM 1993, 416, 417; Beschluss vom 13. Januar 1983-- III ZR 30/82, WM 1983, 317, 318), dass das Wirksamwerden der Willenserklärung des Käufers mangels fristgemäßen Widerrufs von seinem freien Willen abhängen sollte, also der Widerruf nach dieser Vorschrift einer Rechtfertigung nicht bedurfte. Diesen Ansatz übernahm der Gesetzgeber des Haustürwiderrufsgesetzes, der in der amtlichen Begründung ausdrücklich festhielt, der "Kunde" könne das Widerrufsrecht als "Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben" (BT-Drucks. 10/2876, S. 11; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005, 547, 548). Auch der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes stellte sich auf den Standpunkt, "[d]er Verbraucher […] [könne] sein Gestaltungsrecht nach freiem Belieben und ohne Angabe von Gründen ausüben", sofern nicht das Gesetz selbst einschränkende Regelungen enthalte (BT-Drucks. 11/5462, S. 22). An diesen Grundsätzen sollte sich durch die Einführung des § 361a BGB nichts ändern. Im Gegenteil bestätigte der Gesetzgeber , indem er den Verzicht auf ein Begründungserfordernis in das Bürgerliche Gesetzbuch übernahm, die bis dahin gültigen Grundsätze.
- 23
- Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz - wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f., vom 12. Juni 1991 - VIII ZR 256/90, BGHZ 114, 393, 399 f. und vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, WM 2016, 1103 Rn. 19 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Engelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im BGB, Diss. 2001, S. 164 f.; Gansel/Huth/ Knorr, BKR 2014, 353, 356; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749, 756; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145, 2148; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; a.A. Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 149 f., 153; Henning, CRP 2015, 80, 84; Hölldampf, WM 2014, 1659, 1660, 1662 ff.; Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 f.; Wahlers, WM 2015, 1043, 1049; wohl auch Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 135). Gerade weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht, sah sich der Gesetzgeber zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB veranlasst (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 146).
III.
- 25
- 1. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung genügte - revisionsrechtlich das Anbahnen des Vertragsschlusses in einer Haustürsituation unterstellt - nicht den gesetzlichen Vorgaben der § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a BGB.
- 26
- a) Zwar war der Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne mit Aushändigung der Widerrufsbelehrung und des "schriftliche[n] Darlehensvertrag[s]", "nicht jedoch vor der Abgabe meiner Willenserklärung", für sich ordnungsgemäß.
- 27
- aa) Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien unterlag als Verbraucherkreditvertrag dem Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung. Die Widerrufsfrist begann bei Verträgen, die schriftlich abzuschließen waren, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB mit der Aushändigung der Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags des Verbrauchers oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags. Ihr Anlaufen setzte mithin die Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers voraus.
- 28
- bb) Über diese Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist war der Kläger zu belehren. Da § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG ohne Einschränkung auf § 361a BGB verwies, musste gemäß dieser Vorschrift auch eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz einen § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB entsprechenden Zusatz enthalten.
- 29
- cc) Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist war auch hinreichend deutlich, § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG, § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB. Soweit der I. Zivilsenat ähnlich gestaltete Widerrufsbelehrungen an dieser, im konkreten Fall § 355 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung entnommenen Anforderung hat scheitern lassen (BGH, Urteile vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991 f. und - I ZR 81/00, juris Rn. 25 ff.; dazu auch BGH, Urteil vom 23. September 2010 - VII ZR 6/10, BGHZ 187, 97 Rn. 14), wurde die Widerrufsbelehrung - mit dem hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht vergleichbar - in einem Vertragsverhältnis erteilt, das nicht der gesetzlichen Schriftform unterlag. Hier dagegen richteten sich die Vorgaben an die Belehrung nach Vorschriften, die einen schriftlichen Vertragsschluss voraussetzten. Übernimmt in einem solchen Fall der Unternehmer die gesetzlichen Anforderungen in den Belehrungstext, fällt ihm ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot nicht zur Last, zumal wenn er - wie hier die Beklagte - die Widerrufsbelehrung - so wie schon ursprünglich in § 1b Abs. 2 Satz 2 AbzG vorgesehen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 aaO S. 1992) - standardmäßig in den Darlehensvertrag integriert. Dann war auch Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG Genüge getan (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und - XI ZXI ZR 509/07, jeweils juris Rn. 18).
- 30
- b) Ein das Anlaufen der Widerrufsfrist hindernder Belehrungsfehler lag überdies nicht in dem Hinweis, im Falle des Widerrufs komme der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande.
- 31
- aa) Dieser Zusatz verstieß nicht gegen Vorgaben der für Haustürgeschäfte geltenden Vorschriften. Die Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erforderte keinen Hinweis auf mögliche nachteilige Folgen des Widerrufs. Anderes folgte auch nicht aus § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG, weil die Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht nach dieser Vorschrift zu beurteilen war (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 Rn. 16 mwN).
- 32
- bb) Die Ergänzung war für das Anlaufen der Widerrufsfrist auch nicht deshalb schädlich, weil sie zwar lediglich eine gesetzlich nicht geforderte Zusatzinformation , diese aber in undeutlicher Form vermittelte. Grundsätzlich gilt zwar, dass der Unternehmer, wenn er einen an sich nicht erforderlichen Zusatz in eine Widerrufsbelehrung aufnimmt, mittels dieses Zusatzes nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen darf (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17). Der Zusatz, im Falle des Widerrufs komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft als Kommanditist bzw. Treugeber über den Treuhandkommanditisten nicht wirksam zustande, verstieß indessen nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 361a Abs. 1 Satz 3 BGB:
- 33
- (1) Zu § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung hat der Senat wiederholt entschieden, der Hinweis, im Falle des Widerrufs des Darlehens komme auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande, sei auch unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht unrichtig. Der Darlehensnehmer war bei einem verbundenen Geschäft, von dessen Vorliegen zugunsten des Klägers revisionsrechtlich auszugehen ist, nach dem Schutzzweck des § 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung von der darlehensgebenden Bank grundsätzlich so zu stellen, als ob er der Fondsgesellschaft nie beigetreten wäre , d.h. als ob der Beitritt nie wirksam gewesen wäre. Dieser Befund durfte in einem Zusatz der beschriebenen Art zum Ausdruck gebracht werden (Senatsurteile vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157 Rn. 18 und 20, vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 15, vom 11. November 2008 - XI ZR 269/06, WM 2009, 65 Rn. 11 und vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 16).
- 34
- (2) An der Richtigkeit dieser Bewertung hat sich auch nach Änderung des § 2 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) und Aufhebung des § 3 HWiG durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 dieses Gesetzes nichts geändert. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging § 2 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bis auf die in seinem Absatz 1 Satz 4 getroffene Regelung in § 361a Abs. 1 BGB und § 3 HWiG in § 361a Abs. 2 BGB auf (BT-Drucks. 14/2658, S. 60). Damit war, auch wenn sich wegen der Änderung der Konzeption des Widerrufsrechts die Rechtsfolgen nicht mehr nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, sondern nach Rücktrittsrecht richteten, für das Verbundgeschäft keine inhaltliche Veränderung intendiert.
- 35
- c) Die Widerrufsbelehrung verstieß aber gegen § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB, weil sie die Unterschrift des Verbrauchers zugleich auf die Widerrufsbelehrung und auf eine unmittelbar an den Belehrungstext anschließende Empfangsbestätigung bezog.
- 36
- aa) Nach § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB war die ihm erteilte Widerrufsbelehrung vom Verbraucher "gesondert zu unterschreiben oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen". Diese gesonderte Unterschrift durfte sich nicht gleichzeitig auf beweislaständernde Tatsachenbestätigungen beziehen , wie sie Empfangsbestätigungen angesichts der Beweisregel des § 361a Abs. 1 Satz 6 BGB enthielten (zu § 1b Abs. 2 Satz 3 und 4 AbzG vgl. BGH, Urteile vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91, BGHZ 119, 283, 296 und vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 f.; zu § 361a BGB Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 33; vgl. auch Wallner, BKR 2016, 177, 180).
- 37
- bb) Diesen Anforderungen des § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB wird die dem Kläger erteilte Belehrung nicht gerecht. Denn die ihm abverlangte Bestätigung, die "vorstehende Belehrung" sei ihm "ausgehändigt worden", war aufgrund der textlichen Gestaltung zugleich mit der Widerrufsbelehrung als solcher zu unterzeichnen. Damit konnte die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht in Gang setzen (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 20, vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 17 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 24 f., - XI ZR 47/08, BKR 2009, 167 Rn. 23 f., - XI ZR 508/07, juris Rn. 21 f., - XI ZR 509/07, juris Rn. 21 f. sowie - XI ZR 54/08, juris Rn. 23 f.).
- 38
- 2. Von einer Verwirkung kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts, das die Anwendung dieses Instituts rechtsfehlerhaft ausgeschlossen hat, nicht ausgehen.
- 39
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das angenommen hat, das Institut der Verwirkung finde auf das "ewige" Widerrufsrecht keine Anwendung , kann das Widerrufsrecht verwirkt werden (vgl. zum Widerruf nach dem Abzahlungsgesetz BGH, Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, BGHZ 97, 127, 134 f. und vom 14. Juni 1989 - VIII ZR 176/88, WM 1989, 1387, 1388; zum Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz Senatsurteile vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, WM 2007, 114 Rn. 26, vom 10. November 2009 - XI ZR 232/08, juris Rn. 14 und - XI ZR 163/09, juris Rn. 18 sowie vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 36; BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494, vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; außerdem Armbrüster, VersR 2012, 513, 517 ff.; Borowski, BKR 2014, 361, 364 f.; Braunschmidt, NJW 2014, 1558, 1560; Bülow, WM 2015, 1829 ff.; Domke, BB 2005, 1582, 1584 f.; Duchstein, NJW 2015, 1409; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1035; Edelmann/Krümmel, BKR 2003, 99, 102; Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 150 f.; Gansel/ Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 357 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 107; Habersack/Schürnbrand, ZIP 2014, 749 ff.; Henning, CRP 2015, 80, 83 f.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999 mit Fn. 7; Homberger, EWiR 2014, 537, 538; Kropf, WM 2013, 2250, 2254; Lang/Schulz, ZBB 2014, 273, 280 ff.; Lechner, WM 2015, 2165, 2171 f.; Lippe/Voigt, NZG 2010, 1258, 1259; Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 84 ff.; Müggenborg/Horbach, NJW 2015, 2145 ff.; Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2015 Anm. 5; Omlor, NJW 2016, 1265, 1266; Ott/Schäfer, FS Lwowski, 2014, S. 103, 134 f.; Peters, WM 2014, 2145, 2152 f.; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 141; Rohlfing, MDR 2010, 552, 554; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 614 ff.; Wahlers, WM 2015, 1043 ff.; a.A. OLG Karlsruhe, WM 2006, 676, 678). Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BTDrucks. 18/7584, S. 147; Omlor, NJW 2016, 1265, 1268).
- 40
- b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
- 41
- Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt.
- 42
- c) Dass das Widerrufsrecht des Klägers gemäß den genannten Voraussetzungen verwirkt ist, ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zweifelsfrei. Der Senat kann daher der tatrichterlichen Würdigung der erforderlichen Umstände nicht vorgreifen, zumal die Parteien aufgrund des vom Berufungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkts bisher nicht hinreichend Gelegenheit hatten, insbesondere zum Umstandsmoment abschließend vorzutragen.
IV.
- 43
- Der Senat kann umgekehrt nicht zugunsten des Klägers in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nicht nur kann der Senat nicht ausschließen , dass aufgrund einer fehlerfreien tatrichterlichen Würdigung die Ausübung des Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich anzusehen oder das Wi- derrufsrecht verwirkt ist. Der Senat kann auch nicht das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts dahinstehen lassen, weil unbeschadet der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG davon auszugehen wäre, die Beklagte habe dem Kläger ein denselben Bedingungen unterliegendes vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt. Im Streitfall ist, was der Senat aufgrund der gebotenen objektiven Auslegung selbst feststellen kann (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 24), die Widerrufsbelehrung der Beklagten aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen. Entsprechend hat auch der Kläger selbst mit seinem Widerruf eine unzureichende Unterrichtung nicht über ein vertragliches, sondern über ein gesetzliches Widerrufsrecht geltend gemacht.
V.
- 44
- Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die von der Revision vorrangig beantragte Zurückverweisung an das Landgericht kommt nicht in Betracht. Eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht ist nur dann als ersetzende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO möglich, wenn auch das Berufungsgericht bei richtiger Entscheidung gemäß § 538 Abs. 2 ZPO hätte zurückverweisen können und müssen (Senatsurteile vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, WM 2007, 67 Rn. 36 mwN, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 170, 18, und vom 17. Juni 2014 - XI ZR 514/11, juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall. Da die Beweisaufnahme und Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich dem Berufungsgericht obliegen, ist die Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch grö- ßeren Nachteilen für die Parteien führte als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (BGH, Urteil vom 5. November 2014 - IV ZR 8/13, WM 2015, 204 Rn. 21). Dafür ist nichts ersichtlich.
- 45
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
- 46
- Das Berufungsgericht wird zur Klärung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG die erforderlichen Beweise zu erheben und Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob - was das Landgericht, ohne die Frage endgültig zu entscheiden, in den Raum gestellt hat - ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Kläger mit den Finanzierungsverhandlungen eine Person seines Vertrauens beauftragt hat, die nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausschließlich in seinem "Lager" stand und auch wirtschaftlich nicht im entferntesten Sinne im Namen oder für Rechnung der Beklagten handelte (Senatsurteile vom 20. Juni 2006 - XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 Rn. 15, vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 24 und vom 23. September 2008 - XI ZR 266/07, WM 2008, 2162 Rn. 17). Außerdem wird sich das Berufungsgericht nach Maßgabe der oben genannten Grundsätze mit dem Einwand der treuwidrigen Ausübung des Widerrufsrechts und dessen Verwirkung zu befassen haben.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2015 - 301 O 156/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.10.2015 - 13 U 45/15 -
BUNDESGERICHTSHOF
c) Der Ausübung eines mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht befristeten Widerrufsrechts steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Parteien den Verbraucherdarlehensvertrag zuvor gegen Leistung eines Aufhebungsentgelts einverständlich beendet haben.
d) Zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei vorzeitig einvernehmlich beendeten Verbraucherdarlehensverträgen. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - OLG Stuttgart LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger, zwei Piloten, nehmen die beklagte Bank auf Erstattung geleisteter Aufhebungsentgelte nach Widerruf von Darlehensverträgen in Anspruch.
- 2
- Zum Zwecke der Umschuldung eines Immobiliarkredits bei einer dritten Bank schlossen die Parteien im März und April 2004 Verbraucherdarlehensverträge über insgesamt 997.000 €. Den Darlehensverträgen war mit einer hier nicht abgedruckten Ergänzung um ein Datum folgende Widerrufsbelehrung beigefügt : ECLI:DE:BGH:2016:111016UXIZR482.15.0
- 3
- Im Jahr 2012 nahmen die Kläger die Veräußerung der Immobilie in Aussicht. Die Beklagte bot ihnen daraufhin unter dem 13. April 2012 die Aufhebung der Darlehensverträge gegen Zahlung von Aufhebungsentgelten an. Die Kläger nahmen das Angebot am 17. April 2012 an und zahlten an die Beklagte 64.670,64 €. Unter dem 9. Oktober 2013 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
- 4
- Ihrer auf Erstattung der geleisteten Aufhebungsentgelte nebst Zinsen und Herausgabe gezogener Nutzungen gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung hinsichtlich der beanspruchten Nutzungen reduziert und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Kläger begehren mit der Anschlussrevision die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
A.
- 5
- Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Zwischen den Parteien seien Verbraucherdarlehensverträge zustande gekommen, so dass den Klägern das Recht zugestanden habe, ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen zu widerrufen.
- 8
- Durch die Verwendung des Wortes "frühestens" bei der Beschreibung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist habe die Beklagte die Kläger über die Bedingungen des Widerrufs undeutlich unterrichtet. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung nach der maßgeblichen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie die Deutlichkeit der Belehrung mindernd vom Muster abgewichen sei. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung sei die Widerrufsfrist nicht angelaufen, so dass die Kläger den Widerruf noch Ende 2013 hätten erklären können. Dass die Parteien vor Ausübung des Widerrufsrechts einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, stehe weder dem Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen noch einem Anspruch auf Erstattung der Aufhebungsentgelte entgegen. Durch diese Vereinbarung hätten die Parteien die Darlehensverträge nicht beseitigt, sondern lediglich die Bedingungen für deren Beendigung modifiziert. Einen selbständigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Aufhebungsentgelte habe der Aufhebungsvertrag nicht geschaffen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht weder rechtsmissbräuchlich ausgeübt noch verwirkt.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Richtig hat das Berufungsgericht allerdings erkannt, dass das Widerrufsrecht der Kläger nach § 495 Abs. 1 BGB in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) im Oktober 2013 fortbestanden hat.
- 11
- a) Die tatrichterliche Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten - weil lediglich mit der Verwaltung eigenen Vermögens befasst - als Verbraucher gehandelt, greift die Revision nicht erheblich an. Sie lässt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86 f. und vom 17. Mai 2011 - XI ZR 280/09, juris Rn. 23 mwN).
- 12
- b) Die den Darlehensverträgen beigegebene Widerrufsbelehrung entsprach , was der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 15 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ), nicht den gesetzlichen Vorgaben, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist im März und April 2004 nicht anlief.
- 13
- aa) Entgegen den Einwänden der Revisionserwiderung informierte die Widerrufsbelehrung allerdings, ohne dass dafür freilich eine Notwendigkeit bestand , inhaltlich richtig darüber, jeder Darlehensnehmer könne seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ohne Rücksicht auf das Schicksal der Vertragserklärung des anderen Darlehensnehmers widerrufen.
- 14
- (1) Das Verbraucherwiderrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 355 Rn. 2). Dieses Bedürfnis besteht ohne Rücksicht darauf, ob der Verbraucher allein oder mit anderen Verbrauchern einen Verbrauchervertrag schließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 f.; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 338 f.). Dass sich der Widerruf eines Verbrauchers auf den Bestand des Verbrauchervertrags auch im Verhältnis zu anderen auf seiner Seite kontrahierenden Verbrauchern auswirken kann, steht dem nicht entgegen (anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Denn der Übereilungsschutz jedes einzelnen Verbrauchers überwiegt das Interesse aller anderen am Fortbestand des Verbrauchervertrags (vgl. Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 21).
- 15
- Dass Gegenstand eines Verbraucherdarlehensvertrags eine unteilbare Leistung ist, führt in Fällen, in denen Vertragspartner eines Unternehmers als Darlehensgebers neben einem Verbraucher ein weiterer Unternehmer als Darlehensnehmer ist, nicht dazu, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen ist (Knops/Martens WM 2015, 2025; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; Samhat/Zeelen, EWiR 2016, 193, 194; zur Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf nur einen der Darlehensnehmer Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710; zum Finanzierungsleasing BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - VIII ZR 240/99, BGHZ 144, 370, 380 ff.). In solchen Fällen kann der Verbraucher seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, obwohl seinem Mitdarlehensnehmer ein Widerrufsrecht nicht zusteht. Aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergibt sich nichts anderes, wenn Mitdarlehensnehmer nicht ein Unternehmer, sondern ein zweiter Verbraucher ist. Das mit der Einheitlichkeit des Darlehensvertrags begründete Urteil des Senats vom 9. Juli 2002 (XI ZR 323/01, WM 2002, 1764) betraf dessen Kündigung, nicht den Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Auf das Widerrufsrecht, dessen Schutzzweck Vorrang genießt, sind die dort angewandten Grundsätze nicht übertragbar.
- 16
- (2) Für eine Widerrufsbefugnis jedes einzelnen Verbrauchers spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers.
- 17
- Vor Schaffung des § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) entsprach es herrschender Meinung, dass der Verbraucher das nach dem Verbraucherkreditgesetz eingeräumte Widerrufsrecht isoliert - allein bezogen auf seine Willenserklärung - und ohne Rücksicht darauf ausüben könne, ob noch ein anderer Verbraucher neben ihm Vertragspartner des Unternehmers sei (Bruchner/ Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 13; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Metz, VerbrKrG, 1999, § 7 Rn. 6; Pickert, Das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz, 1995, S. 71; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Steppeler, VerbrKrG, 2. Aufl., S. 169; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/ Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525; Graf von Westphalen/ Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 6; zum Abzahlungsgesetz OLG Düsseldorf, WM 1984, 1220, 1221; OLG Koblenz, OLGR 1998, 437 f.).
- 18
- Mit der Einführung des - später in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) übernommenen (BT-Drucks. 14/6040, S. 199) - § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB änderte sich am Grundsatz der Einzelbefugnis nichts (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364 mit Fn. 21; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 7 Rn. 98, § 19 Rn. 23; Grundstein, FAArbR 2003, 41, 44; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 16, § 1 HWiG Rn. 30; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 491 Rn. 20; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; anders - für die Anwendung des § 356 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung [künftig: a.F.] und jetzt des § 351 BGB auf den Verbraucherwiderruf - Löhnig, FamRZ 2001, 135, 137; SchmidtKessel /Gläser, WM 2014, 965, 977; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 25; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 19 U 222/15, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, WM 2016, 1036, 1038 f.). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers entsprach die Anwendung der "Vorschriften des Rücktritts […] der bisherigen Rechtslage" (BT-Drucks. 14/2658, S. 47).
- 19
- Insbesondere beseitigte die Neukonzeption des Widerrufsrechts als eines Gestaltungsrechts anstelle einer rechtshindernden Einwendung ("besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht", BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, WM 2004, 2451, 2452; vgl. dagegen zum früheren Recht BGH, Urteil vom 16. Oktober 1995 - II ZR 298/94, BGHZ 131, 82, 85 f.) die Einzelbefugnis nicht (Wallner, BKR 2016, 177, 180; anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Die einheitliche Ausübung mehrerer Berechtigter auf einer Vertragsseite wird zwar für bestimmte Gestaltungsrechte gesetzlich angeordnet (so in § 351 Satz 1, § 441 Abs. 2, §§ 472, 638 Abs. 2 BGB; vgl. Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 340). Es besteht aber - was §§ 425, 429 Abs. 3 BGB zeigen - kein allgemeiner Grundsatz, der die Ausübung von Gestaltungsrechten durch nur einen der auf einer Seite kontrahierenden Vertragspartner generell ausschließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 18; Martens, aaO; MünchKommBGB/Gaier, BGB, 6. Aufl., § 351 Rn. 7; Erman/ Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Wallner, aaO; zur Anfechtung RGZ 65, 399, 405; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 143 Rn. 4; gegen eine Erstreckung des § 351 Satz 1 BGB auf alle Gestaltungsrechte auch Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 351 Rn. 3).
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- (3) Die Einzelbefugnis zur Ausübung des Widerrufsrechts wird auch nicht durch § 351 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Zwar fanden nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (wie zuvor nach § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB) auf das Widerrufsrecht die Vorschriften des Titels über den Rücktritt entsprechende Anwendung, soweit anderes nicht bestimmt war. Ein anderes konnte sich aber nicht nur aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sondern auch aus der Natur des Verbraucherwiderrufsrechts ergeben (a.A. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43; wohl auch Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1090). Dies ist hier mit Blick auf § 351 BGB nach Sinn und Zweck des Widerrufsrechts - wie oben dargelegt - der Fall:
- 21
- Die entsprechende Geltung des § 351 BGB und damit auch seines Satzes 2 (zuvor: § 356 Satz 2 BGB a.F.) hätte dazu geführt, dass mit dem Wegfall des Widerrufsrechts für einen Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts widersprechend - das Widerrufsrecht für sämtliche anderen entfallen wäre (dagegen noch unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - VIII ZR 213/95, BGHZ 133, 220, 226). Dies wiederum hätte zur Konsequenz gehabt, dass nicht nur - eine ordnungsgemäße, aber zeitlich gestaffelte Belehrung der auf einer Seite kontrahierenden Verbraucher unterstellt - der zuletzt belehrte Verbraucher die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) nicht mehr voll hätte ausschöpfen können (so in der Tat Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 32; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 45). Überdies hätte der Unternehmer - erst über § 242 BGB korrigierbar - auch gegenüber einem unzureichend belehrten Verbraucher einwenden können , er habe (wenigstens) einen seiner Vertragspartner ordnungsgemäß belehrt , so dass der Verbraucher - obwohl weder ordnungsgemäß belehrt noch nachbelehrt - aus dem Belehrungsmangel nach Ablauf der Widerrufsfrist für den weiteren Vertragspartner keine Folgerungen mehr hätte ziehen können (vgl. im Einzelnen Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 339; für eine Einschränkung der Geltung des § 356 BGB a.F. in diesen Fällen auch MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 26; für eine Anwendung des § 351 Satz 2 BGB dagegen Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26). In beiden Konstellationen wäre das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Gesetzeszweck verkürzt worden, ohne dass sich § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dafür etwas entnehmen ließ. In gleicher Weise stand der individuell gewährte Übereilungsschutz einer entsprechenden Anwendung des die Einzelbefugnis einschränkenden § 351 Satz 1 BGB entgegen.
- 22
- bb) Die Widerrufsbelehrung klärte entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch richtig über die Rechtsfolgen des Widerrufs auf, wobei es einer Differenzierung zwischen den Folgen des Widerrufs nur eines Verbrauchers oder sämtlicher Darlehensnehmer - deren Verbrauchereigenschaft unterstellt - nicht bedurfte. Zwar wirkt der Widerruf nur eines Verbrauchers nicht zugleich für und gegen die anderen, weil der Widerruf nicht unter die Sondervorschriften der §§ 422 ff. BGB fällt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2027). Nach § 139 BGB führt er aber regelmäßig dazu, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag im Verhältnis zu sämtlichen Darlehensnehmern in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 19 Rn. 23; Bülow/Artz, ZIP 1998, 629, 632; Cebulla/Pützhoven, FamRZ 1996, 1124, 1128 f.; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Knops/Martens, aaO; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 341; Staudinger/ Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 19, § 1 HWiG Rn. 30; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 118; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/ Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525). Gibt die Widerrufsbelehrung dies wie hier der Sache nach wieder, ist sie ordnungsgemäß und wirksam.
- 23
- cc) Gleichwohl bestand das Widerrufsrecht der Kläger im Jahr 2013 fort. Denn die Widerrufsbelehrung informierte entgegen dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mittels des Einschubs des Worts "frühestens" unzureichend über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 18 mwN). Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 aaO Rn. 26 mwN).
- 24
- dd) Der Beklagten kommt, was das Berufungsgericht gesehen hat, die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen ursprünglichen, zwischen dem 1. September 2002 und dem 7. Dezember 2004 geltenden Fassung nicht zugute.
- 25
- (1) § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass "das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird". Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. darf der Unternehmer allerdings, sofern er das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, "in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen". Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen. Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst nach Art. 245 EGBGB, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Greift der Unternehmer dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 22 ff. mwN).
- 26
- (2) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung , was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 25 mwN), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGBInfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Unschädliche hinausgeht.
- 27
- Zwar führt allein der Zusatz, "[b]ei mehreren Darlehensnehmern" könne "jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen", nicht zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion. Insoweit handelt es sich um eine inhaltlich zutreffende Vervollständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, GuT 2013, 133; dazu Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 24), die über die vom Muster für die Widerrufsbelehrung behandelten Themen hinaus lediglich ergänzende und rechtlich richtige Informationen vermittelt, ohne in den Text des Musters einzugreifen oder auf ihn bezogene Angaben zu machen. Ein solcher Eingriff liegt aber vor, soweit die Beklagte sowohl die Zwischenüberschrift "Widerrufsrecht" des Musters für die Widerrufsbelehrung ausgelassen als auch unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" die Mustertexte für Darlehensverträge und den finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts entgegen den Vorgaben des Gestaltungshinweises kombiniert hat. Dabei ist für den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion ohne Belang, dass es sich bei den von den Klägern aufgenommenen Darlehen nicht um verbundene Geschäfte handelte, so dass Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gab, auf Hinweise für finanzierte Geschäfte zu verzichten (Senatsurteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 39).
- 28
- c) Das Berufungsgericht hat entgegen den Angriffen der Revision schließlich zutreffend gesehen, dass die auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Kläger auch noch nach "Aufhebung" dieser Verträge - streng genommen: nach deren vorzeitiger Beendigung - widerrufen werden konnten. Zweck des Widerrufsrechts ist, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Widerruf zu lösen, ohne die mit sonstigen Nichtigkeits- oder Beendigungsgründen verbundenen, gegebenenfalls weniger günstigen Rechtswirkungen in Kauf nehmen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17). Deshalb kann der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn der Vertrag zuvor gekündigt wurde (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 f.; BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 36, vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, ZIP 2014, 732 Rn. 24 und vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14, WM 2015, 1614 Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts einvernehmlich beendet haben, ohne sich zugleich über das Widerrufsrecht zu vergleichen (vgl. dazu MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 779 Rn. 11).
- 29
- 2. Revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand halten aber die Erwägungen , mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint hat.
- 30
- a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für die Verwirkung des Verbraucherwiderrufsrechts verdeutlicht und präzisiert hat (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN), neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untä- tigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 aaO), ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei wie hier beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann, was der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, aaO Rn. 41) näher dargelegt hat, das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht.
- 31
- b) Nach diesen Maßgaben erweist sich das Berufungsurteil als rechtsfehlerhaft. Nicht nur hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Zeitmoments den maßgeblichen Zeitpunkt - Zustandekommen des Verbrauchervertrags - nicht in den Blick genommen. Es hat auch gegen eine Verwirkung das Fehlen einer Nachbelehrung ins Feld geführt, die von der Beklagten nach Beendigung der Verträge nicht mehr erwartet werden konnte. Außerdem hat es dem Umstand selbst, dass die Parteien die Darlehensverträge einverständlich beendet haben, unzutreffend kein Gewicht beigemessen.
- 32
- 3. Dagegen wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger die Aufhebungsentgelte in Erfüllung einer sich aus den Darlehensverträgen ergebenden Verpflichtung erbracht haben, so dass sie im Falle eines wirksamen Widerrufs der Darlehensverträge als empfangene Leistungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren sind.
- 33
- a) Maßgeblich dafür, ob die Parteien im April 2012 für die Aufhebungsentgelte einen neuen Schuldgrund geschaffen haben, ist ihr aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnder Wille, der seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Die Feststellung des Parteiwillens ist Auslegungsfrage, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 28 und vom 27. November 2012 - XI ZR 144/11, WM 2013, 261 Rn. 13). Dabei ist davon auszugehen, dass der von einer Vertragspartei an die andere herangetragene Wunsch nach einer vorzeitigen Abwicklung gegen Zahlung eines angemessenen Aufhebungsentgelts nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel hat. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung des Aufhebungsentgelts im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die angestrebte Änderung des Darlehensvertrags erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten - Erfüllungssperre, d.h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts (Senatsurteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161, 166).
- 34
- b) Damit in Übereinstimmung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Kläger hätten die Aufhebungsentgelte in Erfüllung von sich aus den modifizierten Darlehensverträgen ergebenden Forderungen geleistet. Auf das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Beklagten, die Aufhebungsentgelte hätten "nicht lediglich die rechtlich geschützten Zinserwartungen und einen etwaigen Verwaltungsaufwand der Bank, sondern auch die Möglichkeit der einvernehmlichen sofortigen Vertragsbeendigung ohne dreimonatige Kündigungsfrist vergütet", kommt es für diese Einschätzung nicht an. Denn auch dann, wenn sich die Parteien, um die Darlehensverträge zu beenden, wechselseitig mehr zugestanden haben sollten, als sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags nach dem Gesetz hätten verlangen können, bleibt es dabei, dass die Bedingungen einer vorzeitigen Erfüllung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB Gegenstand der Vereinbarung waren und die Kläger die Aufhebungsentgelte auf eine aus den Darlehensverträgen resultierende Verpflichtung erbracht haben.
III.
- 35
- Das Berufungsurteil unterliegt wegen der rechtsfehlerhaften Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verwirkung der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
B.
- 36
- Die Anschlussrevision der Kläger hat dagegen keinen Erfolg.
I.
- 37
- Das Berufungsgericht hat die Anschlussrevision betreffend ausgeführt:
- 38
- Aufgrund des Widerrufs hätten sich die Schuldverhältnisse der Parteien in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Die Beklagte schulde Erstattung der Aufhebungsentgelte. Außerdem sei sie zur Leistung von Nutzungser- satz verpflichtet. Mangels Vortrags der Beklagten zur Verwendung der von den Klägern erlangten Zahlungen sei davon auszugehen, dass die Beklagte tatsächlich Nutzungen gezogen habe, deren Wert einer Verzinsung des Aufhebungsentgelts mit einem Zinssatz von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entspreche.
II.
- 39
- Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
- 40
- Das Berufungsgericht ist von der Anschlussrevision unangegriffen davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinne des gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB im ausschlaggebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen § 492 Abs. 1a Satz 2 Halbsatz 1 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung zustande gekommen. Bei Immobiliardarlehensverträgen ist in Anlehnung an § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen , zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung widerleglich zu vermuten, dass die beklagte Bank aus ihr von den Klägern überlassenen Zins- und Tilgungsraten Nutzungen lediglich in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 58). Dass die Kläger in den Vorinstanzen Vortrag gehalten hätten, der umfangreichere Nutzungen der Beklagten ergab, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 17.10.2014 - 12 O 262/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.10.2015 - 6 U 174/14 -
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 15.01.2016, Az. 23 O 83/15, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagten haben Gelegenheit, hierzu bis zum 27.06.2016 Stellung zu nehmen.
Gründe
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 15.240,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr in Höhe von 442,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Klageabweisung.
Das Urteil des LG Aschaffenburg 23 O 83/15 aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 15. März 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
- 2
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
- 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Widerrufsfrist sei abgelaufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche zwar nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. i.V.m. dem Muster der Anlage 2 hierzu berufen.
- 4
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Wegen einer inhaltlichen Bearbeitung der Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen.
- 5
Die Kläger beantragen,
- 6
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger € 19.009,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2014 zu zahlen.
- 7
2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei XXX in Höhe von 1.878,06 € freizustellen.
- 8
Die Beklagte beantragt,
- 9
die Berufung zurückzuweisen.
- 10
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt überdies die Auffassung, der Widerruf sei nicht wirksam gewesen, weil der durch die Prozessbevollmächtigten erklärte Widerruf wegen der fehlenden Originalvollmacht gerügt worden sei. Die Ausübung des Widerrufs stelle auch eine unzulässige Rechtsausübung dar.
- 11
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 12
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Der Widerruf der Kläger war zwar wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht verfristet (1.). Er war auch wirksam erklärt worden (2.). Das Widerrufsrecht der Kläger ist aber verwirkt (3.). Auf die Frage, ob die Ausübung des Widerrufs im Übrigen rechtsmissbräuchlich war, kommt es deshalb nicht mehr an (4.). Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hätten die Kläger ohnehin nicht (5.).
1.
- 13
Den Klägern stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 28. April 2014 (Widerruf der Kläger) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung haben die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters berufen (b).
a)
- 14
Die Belehrung entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F., weil die Belehrung über den Fristlauf mit der Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht dem Deutlichkeitsgebot genügte (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, Rn. 9 m.w.N.).
b)
- 15
Aus der BGB-InfoV kann die Beklagte keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten, weil sie gegenüber dem Muster erhebliche Änderungen vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 20 ff.; vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 31).
2.
- 16
Die Widerrufserklärung der Kläger, die sie durch ihren Bevollmächtigten am 28. April 2014 haben erklären lassen, war auch wirksam. Eine Unwirksamkeit gemäß § 174 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ unverzüglich zurückgewiesen.
a)
- 17
Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das Bevollmächtigte gegenüber anderen vornehmen, unwirksam, wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird und der oder die andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung muss mithin - „aus diesem Grunde“ - gerade wegen des fehlenden Vollmachtsnachweises erklärt werden. Dabei muss die fehlende Vollmachtsvorlage nicht ausdrücklich beanstandet werden. Es reicht aus, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner oder die Vertragspartnerin erkennbar ist (BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 980/78, juris Rn. 25; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12, juris Rn. 9).
b)
- 18
Danach hat die Beklagte den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ im Sinne von § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Anlage B1, Bl. 220 GA) werden die Bevollmächtigten der Kläger im letzten Satz zwar aufgefordert, „zunächst“ eine Vollmacht im Original vorzulegen. Diese Aussage, in der - wenn überhaupt - eine Zurückweisung gesehen werden könnte, wird jedoch durch den Beginn des Schreibens relativiert. Denn dort heißt es, das Schreiben sei (bereits) „zur Bearbeitung“ an die Rechtsabteilung übergeben worden. Nach dem Gesamteindruck liegt darin nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keine Zurückweisung, sondern allein die Bitte, nachträglich noch die - bereits unterstellt vorhandene - Vollmacht der bloßen Form halber bzw. für die Akten einzureichen.
- 19
Aus dem Schreiben wird zudem schon nicht deutlich, dass überhaupt zurückgewiesen wird, also der Widerruf nicht wirksam sein soll. Die andere Vertragspartei muss aber erkennen können, dass das einseitige Rechtsgeschäft nicht anerkannt wird; das ist hier nicht der Fall, denn das Nachschieben der Originalvollmacht würde an der Unwirksamkeit nach § 174 Satz 1 BGB nichts ändern. Überdies kann die andere Vertragspartei aus dem Schreiben auch nicht erkennen, ob die Bank die fehlende Vollmachtsvorlage (§ 174 BGB) oder das Fehlen der Vertretungsmacht überhaupt (dann § 180 BGB) beanstandet.
- 20
Überdies wäre zumindest in der Klageerhebung - konkludent - die Erklärung des Widerrufs zu sehen.
3.
- 21
Es liegt jedoch ein Ausschluss des - nach dem Gesagten zum Zeitpunkt des erfolgten Widerrufs noch bestehenden - Widerrufsrechts wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor.
a)
- 22
Das Widerrufsrecht der Kläger ist verwirkt.
aa)
- 23
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner oder die Schuldnerin wegen der Untätigkeit ihres Gläubigers oder ihrer Gläubigerin über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03; Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).
- 24
Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39).
- 25
Erteilen der Unternehmer oder die Unternehmerin eine unrichtige Widerrufsbelehrung, dürfen sie sich allerdings regelmäßig nicht darauf einrichten, dass die Berechtigten von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 - III ZR 30/82, juris Rn. 4; Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, juris Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Ein schutzwürdiges Vertrauen können der Unternehmer oder die Unternehmerin grundsätzlich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt haben, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt haben (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39).
bb)
- 26
Vorliegend kann die beklagte Sparkasse sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen (1). Deren Voraussetzungen sind erfüllt (2).
(1)
- 27
Die Beklagte kann sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen.
- 28
Zwar kommt eine Verwirkung nach dem Vorstehenden regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Unternehmerin, hier die Beklagte, dem Verbraucher oder der Verbraucherin, hier den Klägern, eine falsche Widerrufsbelehrung erteilt. Gleichwohl darf sich die Unternehmerin in Einzelfällen darauf einrichten, dass der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht. Dies namentlich dann, wenn der Darlehensvertrag vollständig abgewickelt ist (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers oder der Verbraucherin zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für diese keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 29
An diesen Maßstäben gemessen, kann sich die Beklagte vorliegend ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen. Der zwischen den Parteien geschlossene Verbraucherdarlehensvertrag ist nach Kündigung durch die Kläger am 4. März 2013 spätestens mit Zahlung des von der Beklagten im Schreiben vom 14. April 2013 geforderten Ablösebetrags, der bis zum 16. September 2013 zu zahlen war und unstreitig gezahlt wurde, beendet.
- 30
Der Umstand, dass durch eine vorzeitige Abwicklung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht die vertragliche Bindung beseitigt wird, sondern lediglich die geschuldete Leistung vorzeitig erbracht wird (BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, juris Rn. 18), ändert an der Beendigung nichts. Denn mit der Erbringung der geschuldeten Leistung - ob vorzeitig oder nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit - ist der (ggf. modifizierte) Vertrag beendet. Davon zu unterscheiden ist die aus dieser Rechtsprechung resultierende Folge, dass das Widerrufsrecht von einer Kündigung oder sonstigen vorzeitigen Ablösung des Darlehens unberührt bleibt (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 34).
(2)
- 31
Die Voraussetzungen der Verwirkung, die im Übrigen vorliegen müssen (OLG Celle, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Leitsatz 2 und Rn. 50; Senat, Beschluss vom 16. Februar 2015 - 5 U 110/14, n.v.; OLG Celle, Urteil vom 21. Mai 2015 - 13 U 38/14, juris Rn. 70 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 2015 - 17 U 202/14, juris Rn. 35 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 32; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 33), sind erfüllt.
- 32
Sowohl das Zeitmoment (a) als auch das Umstandsmoment sind erfüllt (b).
(a)
- 33
Das Zeitmoment ist erfüllt.
- 34
Die für das Zeitmoment maßgebliche Frist beginnt mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).
- 35
Die Dauer des Zeitmoments richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von den Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestands und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit der Verpflichteten (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93). Es muss jedenfalls eine längere Zeit verstrichen sein (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93); die Regelverjährung von drei Jahren muss den Berechtigten regelmäßig ungekürzt zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 22; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13; Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12, Rn. 50).
- 36
An diesen Maßstäben gemessen ist im hier vorliegenden Einzelfall das Zeitmoment erfüllt. Nach dem Vertragsschluss im November 2006 vergingen bis zum Widerruf mit Schreiben vom 28. April 2014 knapp siebeneinhalb Jahre. Diese Zeitspanne reicht für das Zeitmoment aus. Mit der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages, sei es durch Kündigung, durch Aufhebung oder durch Rückzahlung, reduziert sich die Bedeutung des Widerrufsrechts auf Seiten der Berechtigten. Der mit dem Widerrufsrecht an und für sich beabsichtigte Zweck, der Übereilungsschutz, hat sich, obwohl das Widerrufsrecht weiterhin besteht, tatsächlich erledigt (vg. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Mit der Beendigung erhöht sich demgegenüber die Schutzbedürftigkeit der beklagten Sparkasse. Diese stellt sich, wenn auch im rechtlichen Ergebnis zu Unrecht, tatsächlich auf die Beendigung des Darlehensvertrages ein. In dieser Situation reicht der hier vorliegende Zeitraum von knapp siebeneinhalb Jahren aus, um das Zeitmoment zu bejahen.
(b)
- 37
Auch das Umstandsmoment liegt vor.
- 38
Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn die Verpflichteten bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten der Berechtigten entnehmen durften, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen werden, sich deshalb hierauf eingerichtet haben und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, Rn. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13). Gerade im Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten ist dies - wie bereits dargelegt - zwar grundsätzlich möglich (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, juris Rn. 24 ff.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39), es sind jedoch grundsätzlich strenge Anforderungen an eine Verwirkung zu stellen.
- 39
So reicht beispielsweise die einverständliche Abänderung der Konditionen des Darlehensvertrages für sich genommen regelmäßig nicht aus, für die Sparkasse einen konkreten Vertrauenstatbestand zu schaffen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, Rn. 25). Allerdings kann der Zeitablauf wegen der Wechselwirkung von Zeit- und Umstandsmoment umso kürzer sein, je gravierender die Umstände sind, und umgekehrt sind an die Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 50; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 31; OLG Bremen, Urteil vom 26. Februar 2016 - 2 U 92/15, juris Rn. 36).
- 40
Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 41
Löst der Verbraucher oder die Verbraucherin ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - zu bejahen. Denn der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin beendet willentlich das Vertragsverhältnis und die Sparkasse darf sich umgekehrt darauf einrichten, den Vorgang bei sich abzuschließen. Für die Annahme einer tatsächlichen Vermutung muss allerdings hinzukommen, dass nach Ablösung des Darlehens (erneut) eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate - verstreicht. In diesem Fall ist das Vertrauen der Sparkasse als Verpflichtete gerechtfertigt, der Kunde oder die Kundin als Berechtigte werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 13 U 30/11, juris Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 - 14 U 55/13, juris Rn. 20; gegen eine Mindestzeitspanne zwischen Vertragsbeendigung und Widerruf: OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 46). Denn die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin zeitigt keine mehr in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belastenden Rechtsfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 42
Die Voraussetzungen dieser vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung sind erfüllt. Die Kläger haben den Darlehensvertrag gekündigt und eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte gezahlt. Der Darlehensvertrag aus November 2006 wurde bereits im Jahr 2013 gekündigt und die Kläger zahlten bis zum 16. September 2013 den streitgegenständlichen Betrag als Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte und lösten damit den Darlehensvertrag vollständig ab. Den Widerruf erklärten sie erst (mindestens; den genauen Zeitpunkt der Zahlung haben die Kläger nicht mitgeteilt) sieben Monate später, am 28. April 2014, und damit mehr als sechs Monate nach der vollständigen Rückzahlung der Valuta.
- 43
Überdies hat sich die Beklagte auch unabhängig von der vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung - bei einer Betrachtung des Einzelfalls - darauf eingerichtet, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden und sie durfte hierauf auch vertrauen. Der Darlehensvertrag war bereits seit (spätestens) September 2013 vollständig abgewickelt. Die Kläger haben den Widerruf erst mit Schreiben vom 28. April 2014, also (mindestens) sieben Monate später, erklärt. Der Lebenssachverhalt ist abgeschlossen. Nach der Lebenserfahrung hat die Beklagte die an sie zurückgezahlte Valuta verwandt, um mit ihr zu arbeiten.
4.
- 44
Auf die Frage, ob sich die Kläger im Übrigen mit ihrem Widerruf rechtsmissbräuchlich verhalten, etwa wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2016 - 6 U 296/14, juris Rn. 21; OLG Hamburg, Urteil vom 16. März 2016 - 13 U 86/15, juris Rn. 14), kommt es nicht mehr an.
5.
- 45
Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stünde den Klägern bereits mangels Anspruchsgrundlage nicht zu. Ein Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, § 280 Abs. 1 BGB (a), noch aus Verzugsgesichtspunkten, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (b).
a)
- 46
Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht aus dem Darlehensvertrag durch die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung oder die nachfolgende Weigerung, den Widerruf anzuerkennen. § 280 BGB ist zwar neben den in §§ 346 ff. BGB normierten Rücktrittsfolgen anwendbar (aa). Die Beklagte hat eine mögliche vertragliche Pflichtverletzung aber nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten (bb). Überdies fällt die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht (cc).
aa)
- 47
Ein Schadensersatzanspruch der Kläger ist nicht wegen einer abschließenden Regelung der §§ 346 ff. BGB, die gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf die Rückabwicklung nach Widerruf entsprechende Anwendung finden, ausgeschlossen.
- 48
Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags ist eine Rechtspflicht der Darlehensgeberin. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung begründet daher eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, BeckRS 2016, 10256, Rn. 25 m.w.N.; Fritsche in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 361 Rn. 9). Die Sperrklausel des § 357 Abs. 4 BGB a.F. steht nicht entgegen. Diese bezieht sich auf die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts, hindert aber nicht die Geltendmachung von schon im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durch Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung entstandenen Schäden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, juris Rn. 30 m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2015 - 17 U 72/14, BeckRS 2016, 05030, Rn. 12). Auch die Sperrklausel des § 361 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen; sie ist erst seit dem 13. Juni 2014 in Kraft. Danach sind nunmehr die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung in den §§ 355 ff. BGB abschließend geregelt (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 361 Rn. 1; a.A. AG Bad Segeberg, Urteil vom 13. April 2014 - 17 C 230/14, NJW-RR 2015, 921, 924).
bb)
- 49
Die Beklagte hat den geltend gemachten Vermögensschaden jedoch nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten.
- 50
Die Weigerung der Beklagten, den Widerruf des Darlehensvertrags durch die Kläger anzuerkennen, war zwar sachlich unbegründet und insoweit im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB objektiv pflichtwidrig. Eine Haftung der Beklagten scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil sie dabei nicht im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB sorgfaltswidrig gehandelt hat. Dasselbe gilt für die - vorgelagerte - Erteilung einer falschen Widerrufsbelehrung.
(1)
- 51
Fahrlässig handeln Schuldnerinnen und Schuldner nicht bereits dann, wenn sie nicht erkennen, dass die Forderung in der Sache berechtigt ist. Sie müssen grundsätzlich auch für einen Rechtsirrtum nur einstehen, wenn sie fahrlässig gehandelt haben (BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, juris Rn. 20; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 276 Rn. 22). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt können Schuldnerinnen und Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann genügen, wenn die von ihnen zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und sie sorgfältig prüfen, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob die gerügte Pflichtverletzung vorliegt, dürfen Schuldnerinnen und Schuldner eine ihnen von der Gläubigerin oder dem Gläubiger abverlangte Leistung zurückweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich ihr Rechtsstandpunkt in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (vgl. für Pflichtverletzungen des Gläubigers BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, Rn. 20 und 26; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, Rn. 31).
(2)
- 52
Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte weder die fehlerhafte Widerrufsbelehrung noch ihr vorgerichtliches Zurückweisen des Widerrufs der Kläger zu vertreten. Die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, in welchem Umfang Bearbeitungen des Musters der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zulässig sind, ohne dass die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt, war bis zum klärenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15) uneinheitlich.
- 53
So wurde in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise angenommen, die Gesetzlichkeitsfiktion entfalle nur bei solchen Abweichungen vom Muster der Anlage 2, die sich konkret zum Nachteil des Verbrauchers oder der Verbraucherin auswirken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 9 U 111/08, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 9 U 52/11, juris Rn. 32; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Juni 2012 - 4 U 262/11, juris Rn. 54) oder die sein bzw. ihr Verständnis erschweren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2012 - 17 U 139/11, juris Rn. 38). Nach anderer Auffassung sollen zumindest solche Abweichungen, die für die Ausübung des Widerrufsrechts ohne Bedeutung sind, unschädlich sein (OLG Hamburg, Beschluss vom 24. März 2014 - 13 U 52/14, juris Rn. 6). Andererseits wird angenommen, jede sprachliche Abweichung lasse die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen (OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 - 6 U 79/11, juris Rn. 34; OLG München, Urteil vom 17. Januar 2012 - 5 U 2167/11, juris Rn. 46; OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 217/11, juris Rn. 24).
- 54
In Anbetracht dessen kann der Beklagten, die sich vorprozessual auf die ihr günstige Instanzrechtsprechung verlassen hat, ein sorgfaltswidriges Verhalten weder bei der Erteilung der Widerrufsbelehrung noch bei der Zurückweisung des von der klägerischen Partei erklärten Widerrufs und der geforderten Rückabwicklung des Darlehensvertrags zur Last gelegt werden (vgl. zum fehlenden Verschulden in diesen Fällen OLG Hamm, Urteil vom 20. Februar 2008 - 31 U 51/07, juris Rn. 61; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 19. August 2014 - 1 O 78/13, juris Rn. 31).
cc)
- 55
Die Belastung mit Rechtsanwaltskosten, die bei der Geltendmachung des trotz der fehlerhaften Widerrufsbelehrung erklärten Widerrufs entstehen, fällt überdies nicht in den Schutzbereich der Verpflichtung, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Eine Schadensersatzverpflichtung kommt etwa dann in Betracht, wenn Verbraucher oder Verbraucherinnen wegen der fehlerhaften Belehrung von der (früheren) Geltendmachung eines Widerrufs abgehalten werden, nicht hingegen, wenn sie gleichwohl von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten als Schaden ist nicht auf Grund der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung entstanden, sondern auf Grund der Weigerung der Beklagten, diese sowie das Rückabwicklungsverlangen anzuerkennen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10. November 2014 - 6 O 4120/14, juris Rn. 56 ff.; LG Landau (Pfalz), Urteil vom 28. Juli 2015 - 4 O 297/14, juris Rn. 61).
- 56
Diese Weigerung der Beklagten, das Rückabwicklungsverlangen als berechtigt anzuerkennen, ist allerdings nicht kausal für die angefallenen vorgerichtlichen Kosten. Der Widerruf wurde mit anwaltlichem Schreiben erklärt (Anlage K4, Anlagenband). Damit waren die vorgerichtlichen Kosten bereits angefallen, bevor die Beklagte verpflichtet sein konnte, die aus dem Widerruf resultierenden Rechtsfolgen anerkennen zu müssen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 8. März 2011 - 322 O 395/10, juris Rn. 157).
b)
- 57
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB.
aa)
- 58
Die Beklagte hat den Verzug nicht zu vertreten, § 286 Abs. 4 BGB. Insofern kann auf die obigen Ausführungen unter a) bb) verwiesen werden. Aufgrund der unklaren Rechtslage und der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Widerrufsbelehrungen durfte sie sich auf ihren in erster Instanz bestätigten Rechtsstandpunkt verlassen und die Forderung der Kläger ablehnen, den Vertrag rückabzuwickeln.
bb)
- 59
Überdies machen die Kläger keinen durch den Verzug bedingten Schaden geltend. Ein kausaler Schaden liegt nicht vor, da die Prozessbevollmächtigten bereits vor der Erklärung des Widerrufs beauftragt wurden.
6.
- 60
Die Revision ist zuzulassen.
- 61
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
- 62
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, juris Rn. 4; Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juni 2016 - 1 BvR 873/15, Rn. 34).
- 63
Der Senat stellt für die Annahme des Umstandsmoments einen Rechtssatz auf. Dieser Rechtssatz, das Umstandsmoment sei bei Kündigung des Verbraucherdarlehensvertrages und Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Zahlung regelmäßig erfüllt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass er den Rechtsstreit auch aufgrund der Betrachtung des Einzelfalls entscheidet. Der von dem Senat aufgestellte Rechtssatz wird gleichwohl entscheidungserheblich, weil die Einzelfallentscheidung zumindest teilweise auf den tatbestandlichen Voraussetzungen des Rechtssatzes beruht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 14. Januar 2014 über die Website der Beklagten, die mit einer "Tiefpreisgarantie" warb, zwei Taschenfederkernmatratzen zum Preis von insgesamt 417,10 € (inklusive Lieferung). Die Matratzen wurden am 24. und 27. Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger bezahlt. In der Folgezeit bat der Kläger unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters zum Preis von 192,06 € je Matratze (zuzüglich 10 € Versand) um Erstattung des von ihm errechneten Differenzbetrags in Höhe von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe.
- 2
- Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin mit E-Mail vom 2. Februar 2014 und sandte die Matratzen zurück. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe widerrufen, um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen und sich damit rechtsmissbräuchlich verhalten.
- 3
- Die auf Rückzahlung des Kaufpreises von 417,10 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der vom Kläger erklärte Widerruf des Kaufvertrags sei wirksam, so dass ihm gegen die Beklagte der Zahlungsanspruch in Höhe von 417,10 € nebst Zinsen zustehe. Auf den Kaufvertrag fänden die §§ 312b, 312d, 355 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit § 346 BGB Anwendung. Es handele sich um einen Fernabsatzvertrag gemäß § 312b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB aF. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des Widerrufs seien, was von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen werde, erfüllt.
- 7
- Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht aufgrund des mit der Einräumung eines Widerrufsrechts verfolgten Sinns und Zwecks ausgeschlossen.
- 8
- Von diesem Motiv des Gesetzgebers für die Einräumung eines Widerrufsrechts zu trennen sei jedoch die Frage, aus welchen Gründen der Verbraucher von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen dürfe. Diesbezüglich habe der Gesetzgeber in § 355 BGB aF bewusst davon abgesehen , vom Verbraucher eine Begründung für den Widerruf zu verlangen. Hiermit hätten insbesondere auch spätere Diskussionen darüber vermieden werden sollen, ob eine vom Verbraucher gegebene Begründung für den Widerruf genügend sei oder nicht.
- 9
- Sei der Verbraucher mithin nicht gehalten, vor Ausübung seines Widerrufsrechts eine Begründung anzugeben, so könne es ihm auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn aus seinem übrigen Verhalten ein Motiv für die Ausübung des Widerrufs zutage trete, welches mit dem Sinn und Zweck der Einräumung des Widerrufsrechts nicht (vollständig) in Einklang zu bringen sei.
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- Dem vom Kläger erklärten Widerruf stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Zwar könne der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich auch bei Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 355 BGB aF erhoben werden; insoweit seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Unter Abwägung sämtlicher Umstände des Falles erweise sich vorliegend die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger (noch) nicht als rechtsmissbräuchlich. Dass der Kläger mögliche Ansprüche aus der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten habe durchsetzen wollen, könne für sich genommen nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen.
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- Etwas anderes folge hier auch nicht daraus, dass der Kläger die gleichen Matratzen nochmals bei einem anderen Anbieter zu einem günstigeren Kaufpreis bestellt habe. Dass der Kläger dann - unter Berufung auf die von der Beklagten abgegebene Tiefpreisgarantie - unter Hinweis auf das ihm zustehende Widerrufsrecht bei der Klägerin um Erstattung der Kaufpreisdifferenz nachgesucht und insoweit nach Ansicht der Beklagten weiter "Druck ausgeübt" habe, sei keine unzulässige Rechtsausübung.
II.
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- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis für die Matratzen zu erstatten, nachdem dieser den im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrag wirksam widerrufen hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
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- 1. Auf den Kaufvertrag der Parteien finden, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die vorgenannten Regelungen über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung Anwendung. Dass der Kläger von seinem danach bestehenden Widerrufsrecht form- und fristgerecht Gebrauch gemacht hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Insbesondere bedurfte der Widerruf keiner Begründung (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF).
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- Aufgrund der Ausübung des Widerrufs ist der Kläger nicht mehr an seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung gebunden (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Damit hat er Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 Abs. 1 BGB).
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- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dem Anspruch des Klägers stehe der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen, weil er das Widerrufsrecht in sachfremder Weise zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche aus einer "Tiefpreisgarantie" der Beklagten eingesetzt habe.
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- a) Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17 mwN). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, aaO Rn. 20).
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- Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Widerruf ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Klägers, etwa dass es ihm darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren. Im Gegenteil hat der Kläger lediglich versucht, mit Hilfe der ihm zustehenden (Verbraucher-) Rechte für sich selbst günstigere Vertragsbedingungen auszuhandeln. Ein sol- ches Verhalten steht im Einklang mit den vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers.
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- Insbesondere ist es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, ob der Kläger - wie die Revision geltend macht - die Nichtausübung des Widerrufs von der Gewährung eines nach der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten nicht in voller Höhe berechtigten Nachlasses abhängig gemacht hat. Ebenso kommt es auch - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Kläger Matratzen bei einem weiteren Anbieter bestellt und dies zum Anlass von Nachverhandlungen mit der Beklagten genommen hat. Mit einem solchen Verhalten nutzt der Käufer schlicht zu seinem Vorteil das ihm eingeräumte und an keine weiteren Voraussetzungen gebundene Widerrufsrecht. Die Grenze zur Arglist oder Schikane ist dabei - offensichtlich - nicht überschritten.
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- b) Der Einwand der Revision, der Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall seien mit Rücksicht auf dessen (eingeschränkten) Schutzzweck nach § 242 BGB Schranken gesetzt, geht schon im Ansatz fehl. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung beschränkt sich der Zweck des bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen Widerrufsrechts nicht darauf, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware zu prüfen und bei Nichtgefallen zurückzugeben.
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- Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts - wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt - nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft. Nur dieses Verständnis wird dem oben genannten Sinn des Widerrufsrechts beim Fernab- satzvertrag, dem Verbraucher ein einfaches und effektives Recht zur Lösung von einem im Fernabsatzgeschäft geschlossenen Vertrag an die Hand zu geben , gerecht.
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- Dass ein Verbraucher - wie hier der Kläger - nach der Bestellung Preise vergleicht und mit dem Verkäufer darüber verhandelt, bei Zahlung einer Preisdifferenz vom Widerruf des Vertrages Abstand zu nehmen, ist lediglich eine Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation. Diese darf der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen, ohne sich dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Kosziol
AG Rottweil, Entscheidung vom 30.10.2014 - 1 C 194/14 -
LG Rottweil, Entscheidung vom 10.06.2015 - 1 S 124/14 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.