Landgericht Düsseldorf Urteil, 15. Nov. 2016 - 4a O 70/15
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Einrichtungen zum Installieren von Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum einer Schule, mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System, das Aufnahmen in Form von in Längsrichtung des Raumes verlaufenden Kanälen unterhalb der Decke eines Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anzuordnende Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen aufweist, die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen verbunden sind, die in nach unten gerichteten, Arbeitsplätzen zugeordneten Säulen angeordnet sind,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Säulen um eine unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare, im Bereich der Kanäle befindliche, horizontale Achse zwischen einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe befinden, und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sind, die Versorgungsanschlüsse einer Säule in einem Anschlusskasten zusammengefasst sind, die Versorgungsanschlüsse an einer ersten Seite des Anschlusskastens angeordnet sind und in der horizontalen Stellung der Säulen die erste Seite des Anschlusskastens mit den Versorgungsanschlüssen dem Kanal zugewandt ist;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zulegen, in welchem Umfang er die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 09.09.2012 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der Einkaufspreise,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer und der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Kopien von Auftragsbestätigungen und Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Kopien von Lieferscheinen vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
wobei dem Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften seiner nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern der Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, wobei dieser Wirtschaftsprüfervorbehalt sich nicht auf die öffentliche Hand bezieht;
3. die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 09.09.2012 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch den Beklagten oder mit dessen Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE X erkannt hat ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an den Beklagten zurückzugeben und ihm für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird;
4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/ oder Eigentum des Beklagten befindlichen unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl des Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten des Beklagten herauszugeben.
II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und A durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 09.09.2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 250.000,00 vorläufig vollstreckbar. Daneben ist das Urteil hinsichtlich der Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I. 2. des Tenors) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 28.000,00, weiterhin ist der Kostenpunkt gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung des deutschen Patents X (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin die Klägerin seit dem 05.06.2015 ist (vgl. Mitteilung des DPMA v. 05.06.2015, Anlage rop 1), auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
3Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 18.04.2000 am 15.02.2001 angemeldet. Am 02.10.2008 wurde die Patenterteilung veröffentlicht. Eingetragener Patentinhaber war zunächst Herr A. Mit Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 20.05.2015 wurde das Klagepatent auf die Klägerin übertragen und ihr das Recht zur Geltendmachung etwaiger Ansprüche des früheren Patentinhabers eingeräumt. Wegen des konkreten Inhalts der Vereinbarung (Anlage rop 16) wird auf diese Bezug genommen.
4Im Rahmen eines Einspruchsverfahrens ist das Klagepatent, das eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen betrifft, in dem Umfang, in dem es die als Anlage rop 2 vorgelegte geänderte Patentschrift erkennen lässt, aufrechterhalten worden. Wegen des genauen Entscheidungsinhalts wird auf den Beschluss des DPMA vom 01.07.2010 (Anlage rop 4) verwiesen.
5Der Klagepatentanspruch 1 lautet danach:
6„Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze,
7mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System,
8das Aufnahmen in Form von Kanälen unterhalb der Decke eines Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anzuordnende Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen aufweist,
9die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen verbunden sind, die in nach unten gerichteten, Arbeitsplätzen zugeordneten Säulen angeordnet sind,
10dadurch gekennzeichnet, dass die Säulen (21) um eine unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare, im Bereich der Kanäle (18) befindliche horizontale Achse (53) zwischen einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse (23) in Greifhöhe befinden und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sind.“
11Ein mit dem Klagepatent inhaltsgleiches Gebrauchsmuster, DE X (im Folgenden: DE ‘X ), wurde im Rahmen eines Löschungsverfahrens vernichtet (vgl. Beschluss des BPatG vom 09.06.2010, Az.: 35 W (pat) 429/09, Anlage B 3). Ein im Hinblick auf diese Entscheidung beim BGH anhängiges Rechtsbeschwerdeverfahren wurde von den Parteien wegen Ablaufs der Schutzdauer des Gebrauchsmusters übereinstimmend für erledigt erklärt.
12Auf die von dem Beklagten am 08.12.2014 erhobene Nichtigkeitsklage, Az.: 6 Ni 79/14, hat das Bundespatentgericht, nachdem es am 12.04.2016 einen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG (Anlage B 8) erteilt hat, das Klagepatent entsprechend eines von der Klägerin gestellten Hilfsantrags 3 (gesondert vorgelegt als Anlage rop 15) mit Urteil vom 14.09.2016 beschränkt aufrechterhalten. Die beschränkte Fassung des Anspruchs 1 lautet wie folgt (in den Anspruch aufgenommene Ergänzungen sind fett gedruckt):
13„Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum einer Schule
14mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System,
15das Aufnahmen in Form von in Längsrichtung des Raumes verlaufenden Kanälen für unterhalb der Decke eines Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anzuordnende Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen aufweist,
16die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen verbunden sind, die in nach unten gerichteten, Arbeitsplätzen zugeordneten Säulen angeordnet sind, wobei
17 die Säulen (21) um eine unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare, im Bereich der Kanäle (18) befindliche horizontale Achse (53) zwischen einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse (23) in Greifhöhe befinden, und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sind,
18 die Versorgungsanschlüsse (23) einer Säule (21) in einem Anschlusskasten (22) zusammengefasst sind,
19 die Versorgungsanschlüsse (23) an einer ersten Seite des Anschlusskastens (22) angeordnet sind und
20 in der horizontalen Stellung der Säulen (21) die erste Seite des Anschlusskastens (22) mit den Versorgungsanschlüssen (23) dem Kanal (18) zugewandt ist.“
21Wegen der übrigen Ansprüche des beschränkten Klagepatents, die lediglich im Hinblick auf ihre Nummerierung eine Änderung erfahren haben, wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 14.09.2016 (Anlage rop 14) Bezug genommen. Eine Begründung des Urteils steht noch aus.
22Eine bevorzugte Ausführungsform der klagepatentgemäßen Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen ist mit der Fig. 1 nachfolgend in verkleinerter Form eingeblendet:
23 24Die Figur 1 zeigt die Seitenansicht eines Raumes, an dessen Decke 12 sich ein gerüstartig aufgebautes System im Sinne des Klagepatents befindet, durch welches die Installation von Versorgungsleitungen zu in dem Raum befindlichen Computer-Arbeitsplätzen (einzelne Bestandteile sind mit den Kennziffern 13 – 17 markiert) realisiert ist. Das gerüstartig aufgebaute System weist mindestens einen in Längsrichtung des Raumes verlaufenden Kanal 18 auf, indem sich die Versorgungsleitungen befinden und der mit Hängehaltern 19 an der Decke 12 aufgehängt ist. Das Ende des Kanals 18 ist mit einem Halter 20 an der Rückwand 11 des Raumes befestigt. An jedem Computer-Arbeitsplatz zweigt von dem Kanal 18 eine Säule 21 ab, an deren Anschlusskasten 22 sich Versorgungsanschlüsse 23 (Kennziffer in dieser Abbildung nicht vorhanden; siehe nachfolgend Fig. 4) befinden. In die Versorgungsanschlüsse 23 sind Anschlusselemente von Leitungen 24 eingesteckt, die zu den Computer-Arbeitsplätzen führen, und über die die einzelnen Arbeitsplätze miteinander verbunden werden können.
25Eine Detailansicht eines Kanals 18 und der Säule 21 mit den dargestellten Elementen wird nachfolgend verkleinert mit der Fig. 4 abgebildet:
26 27Der Beklagte bietet an und vertreibt das nachfolgend eingeblendete „Decken-Medienversorgungssystem mit abschwenkbaren Modulen“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) zum Einsatz in Schulräumen:
28 29Die vertikale Position, in die die Säulen maximal verschenkt werden können, liegt bei etwa 60°. Die Neigung der Säulen gegenüber der horizontalen Stellung liegt im Bereich von ca. 5°. Der an der Säule der angegriffenen Ausführungsform befindliche Anschlusskasten weist eine sechseckige Form auf. Die Versorgungsanschlüsse der angegriffenen Ausführungsform sind an dem Anschlusskasten, wie nachfolgend mit dem Lichtbild Ziff. 4 der Anlage rop 10 gezeigt, platziert:
30 31Weitere Abbildungen des Systems können dem als Anlage rop 9 vorgelegten screenshot von der Internetseite des Beklagten mit der Adresse www.weber-kurz.de sowie den weiteren Lichtbildern (Anlage rop 10) entnommen werden.
32Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von dem Hauptanspruch 1 des Klagepatents, wie er durch die Entscheidung des BPatG in dem Nichtigkeitsverfahren, Az.: 6 Ni 79/14, durch Urteil vom 14.09.2016 beschränkt aufrechterhalten worden ist, unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
33Insbesondere seien die Säulen der angegriffenen Ausführungsform auch im Sinne des Klagepatents zwischen einer vertikalen und einer horizontalen Stellung verschwenkbar. Die technische Lehre des Klagepatents setze keine Verschwenkbarkeit in die vertikel Stellung um eine bestimmte Winkelstellung voraus. Allein maßgeblich sei, dass die Versorgungsanschlüsse durch die Verschwenkbarkeit der Säule um die anspruchsgemäße horizontale Achse in Greifhöhe gebracht werden könne.
34Nachdem das Klagepatent nur noch in einer beschränkten Anspruchsfassung aufrechterhalten worden ist, hat die Klägerin ihren ursprünglichen Unterlassungsantrag mit Schriftsatz vom 21.09.2016 an die beschränkte Anspruchsfassung angepasst.
35Die Klägerin beantragt:
36wie erkannt.
37Der Beklagte beantragt:
38die Klage abzuweisen;
39hilfsweise:
40der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits jedenfalls hinsichtlich des zurückgenommenen Teils aufzuerlegen;
41weiter hilfsweise:
42ihm Vollstreckungsschutz zu gewähren, erforderlichenfalls gegen Sicherheitsleistung;
43weiter hilfsweise:
44den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzten.
45Der Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent nicht.
46Dies zum einen deshalb, weil die Säule der angegriffenen Ausführungsform nicht aus einer vollständig horizontalen in eine vollständig vertikale Stellung verschwenkt werden kann – was die Lehre des Klagepatents jedoch verlange. Zum anderen deshalb, weil sich die Versorgungsanschlüsse nicht lediglich an einer Seite des sechseckig ausgestalteten Anschlusskastens, sondern an drei Seiten desselben befinden.
47Selbst dann, wenn von einer Verletzung des Klagepatents auszugehen sei, fehle es im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch jedenfalls an seinem, des Beklagten, Verschulden. Insoweit exkulpiere es ihn jedenfalls, dass das Gebrauchsmuster durch den Beschluss des BPatG vom 09.06.2010 (Anlage B 3) gelöscht worden sei.
48Auch werde eine – noch zu erhebende – Nichtigkeitsberufung Erfolg haben. Neben einer fehlenden erfinderischen Tätigkeit werde sich das Klagepatent insbesondere deshalb als nicht rechtsbeständig erweisen, weil die im Rahmen des erstinstanzlichen Nichtigkeitsverfahrens ergänzten Merkmale g2) und g3) in der ursprünglichen Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörig seien.
49Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 13.10.2016 Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die zulässige Klage ist begründet.
52Da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.
53I.
54Gegenstand des Klagepatents ist eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen.
55Versorgungsleitungen werden unter anderem in Schulen, Hochschulen, in Instituten für Erwachsenenbildung und in Laboren oder dergleichen benötigt, wobei dort insbesondere ein Bedarf besteht, zu einzelnen Lern- und Arbeitsplätzen oder zu einer Gruppe von Lern- und Arbeitsplätzen Computer mit den zugehörigen Versorgungsleitungen zuzuordnen (Abs. [0002]). Hier besteht darüber hinaus häufig auch ein Bedürfnis, die Computer untereinander oder einen Computer mit einem Beamer zu vernetzen (Abs. [0002]).
56In dem Stand der Technik, den das Klagepatent einleitend schildert, sind sog. Deckenampeln oder Flügel zum Verfügbarhalten von Versorgungsleitungen bekannt (Abs. [0003]). Hieran kritisiert das Klagepatent, dass diese knapp oberhalb der Greifhöhe einer erwachsenen Person angebracht sind, weshalb der Anschluss eines Endverbrauchsgeräts an diese Versorgungsleitungen erfordert, dass sich der Nutzer entweder über die normale Greifhöhe hinaus streckt oder Hilfsmittel wie Leiter oder Hocker benutzt (Abs. [0003]). Für hochgewachsene Personen können die Vorrichtungen dennoch eine gewisse Gefahr bedeuten, weil sie für diese in Kopfhöhe oder nur knapp darüber angeordnet sind (Abs. [0003]). Des Weiteren können die vorbekannten Vorrichtungen, die eine Breite von 30 cm bis 60 cm aufweisen, die Raumbeleuchtung behindern oder Schatten werfen, was eine zusätzliche Beleuchtung aus den Versorgungseinheiten heraus, notwendig macht (Abs. [0003]).
57Das Klagepatent greift weiter auch die in der DE X (Gebrauchsmusterschrift vorgelegt als Anlage rop 3) offenbarte Einrichtung auf, bei der sich die Versorgungsanschlüsse in Säulen befinden, die wiederum fest mit einem im Bereich der Decke eines Raumes angeordneten Kanal und/ oder mit dem Boden des Raumes verbunden sind.
58Eine weitere vorbekannte Einrichtung enthält die US X (Patentschrift vorgelegt als Anlage rop 6), die für die Anwendung in Operationssälen vorgesehen ist (Abs. [0005]). Auch bei dieser Vorrichtung ist eine starre Säule vorgesehen, die mit Bedienknöpfen und Versorgungsanschlüssen ausgestattet ist (Abs. [0005]). Aus der Säule, die sich in Greifhöhe befindet, ist eine Stange ausfahrbar, die chirurgische Instrumente aufnehmen kann (Abs. [0005]). Aus der Stange ist ein weiterer Gehäuseteil nach unten beweglich, so dass Versorgungsanschlüsse und Bedienknöpfe aus der Greifhöhe noch niedriger verfahrbar sind (Abs. [0005]).
59Nach der DE X ist im Stand der Technik auch ein Deckenstativ bekannt, das an seinem unteren Ende eine Säule aufweist, an die ein elektromedizinisches Gerät so angebracht werden kann, dass es sich in Greifhöhe befindet (Abs. [0006]). Die Säule ist durch einen in einem Rahmen eingesetzten Schlitten horizontal beweglich gehalten, wobei der Rahmen seinerseits quer zur Verfahrrichtung des Schlittens über Schienen verfahrbar ist (Abs. [00006]).
60Diesen Stand der Technik, den das Klagepatent über die bereits dargestellten Nachteile hinaus, nicht weiter ausdrücklich kritisiert, berücksichtigend, strebt das Klagepatent die Bereitstellung einer Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen an, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen ist und die zu möglichst geringen Behinderungen führt (Abs. [0007]).
61II.
62Diese Aufgabe (technisches Problem) soll durch eine Einrichtung nach Anspruch 1 gelöst werden (Abs. [0008]), der wie folgt gegliedert werden kann, wobei in der nachfolgenden Gliederung auch die im Rahmen der Nichtigkeitsentscheidung ergänzten Merkmale (fett gedruckt) aufgenommen sind:
63a) Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze
64a.1) in einem Raum einer Schule
65b) mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System,
66c) das Aufnahmen in Form von
67c.1) in Längsrichtung des Raums verlaufenden
68c.2) Kanälen für unterhalb der Decke eines Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anzuordnende Versorgungsleitungen und/ oder Datenleitungen aufweist,
69d) die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen verbunden sind,
70e) die in nach unten gerichteten, Arbeitsplätzen zugeordneten Säulen angeordnet sind,
71dadurch gekennzeichnet, dass
72f) die Säulen um eine unterhalb der Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare, im Bereich der Kanäle befindliche, horizontale Achse zwischen einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe befinden, und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sind,
73g) die Versorgungsanschlüsse einer Säule
74g.1) in einem Anschlusskasten zusammengefasst sind,
75g.2) die Versorgungsanschlüsse an einer ersten Seite des Anschlusskastens angeordnet sind und
76g.3) in der horizontalen Stellung der Säulen die erste Seite des Anschlusskastens mit den Versorgungsanschlüssen dem Kanal zugewandt ist.
77Nach der Lehre des Klagepatents werden die erfindungswesentlichen Vorteile eines leichten Zugriffs auf die Versorgungsleitungen und eines flexiblen Auf- und Abbaus derselben, ohne dass es zu größeren Behinderungen kommt, durch einen gerüstartigen Aufbau der Installationseinrichtung erzielt (Abs. [0009]: „[…] Der besondere Vorteil des gerüstartigen Systems, […].“; für ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel beschrieben in: Abs. [0032]). Bestandteile dieses gerüstartigen Aufbaus sind die Kanäle, die deutlich außerhalb der normalen Greifhöhe liegen, sowie die von diesen abgehenden Säulen mit den Versorgungsleitungen (Abs. [0009] am Anfang), die – wie der Anspruchswortlaut mit dem Merkmal f) und der Merkmalsgruppe g) zeigt – in einer bestimmten Art und Weise angeordnet und ausgestattet sind.
78III.
79Es liegt eine Verletzung Klagepatents durch den Beklagten im Sinne von § 9 Satz 2 PatG vor.
80Die angegriffene Ausführungsform macht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Mit Ausnahme des Merkmals f) und des Merkmals g2) steht dies zwischen den Parteien außer Streit. Der Benutzungstatbestand begegnet insoweit keinen Bedenken. Aber auch die zwischen den Parteien streitigen Merkmale sind auf der Grundlage der unter Ziff. III. dargestellten Auslegung des Klagepatents bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
81Gem. § 14 Satz 1 PatG wird der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt, wobei auch die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind (§ 14 Satz 2 PatG). Dabei ist bei der für die Bestimmung des Schutzbereichs gebotenen Auslegung des Patentanspruchs nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv für den von dem Klagepatent angesprochenen Fachmann aus dem Patent ergeben (BGH, GRUR 1975, 422 (424) – Streckwalze). Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (BGH, GRUR 2007, 410 (413) – Kettenradanordnung).
821.
83Nach dem Anspruchswortlaut des Merkmals f),
84„die Säulen um eine unterhalb der Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare, im Bereich der Kanäle befindliche, horizontale Achse zwischen einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe befinden, und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sind“,
85ist die vertikale Stellung, die die Achse nach dem Verschwenken aus der horizontalen Stellung einnehmen soll, dadurch gekennzeichnet, dass sich die in der Säule befindlichen Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe befinden („[…] einer vertikalen Stellung, in der sich die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe befinden, […]“).
86Dafür, dass diese Greifhöhe nach der Lehre des Klagepatents nur bei einer vollständig exakten vertikalen Ausrichtung der Säule erreicht werden kann, bestehen aus der Sicht des Fachmannes, einem Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, der Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen plant und konstruiert, auch bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung keine Anhaltspunkte.
87Nach der Lehre des Klagepatents ist der Verschwenkbarkeit der Säulen in eine vertikale Position die Funktion zugewiesen, einen Zugriff auf die Versorgungsanschlüsse mit dem Ziel der Energieversorgung des Computers oder dessen Kopplung mit anderen Medien zu ermöglichen, und zwar auf eine Art und Weise, die keine weiteren Hilfsmittel – etwa wie im Stand der Technik in der Form eines Hockers oder einer Leiter – erfordert:
88„Das Verbringen von Energie und/ oder Medien in den Greifraum oberhalb von Tischplatten der Arbeitsplätze verläuft gesichert innerhalb der Säulen zu den Versorgungsanschlüssen, die in einer Höhe von etwa 160 cm bis 180 cm angeordnet sind. Dort können sie auch von Kindern oder kleingewachsenen Personen gut erreicht werden.“ (Abs. [0009]).
89Aus diesen Angaben leitet der Fachmann ab, dass für die einfache Zugriffsmöglichkeit die Höhe der Säulen, nachdem sie in ihre vertikale Stellung verbracht worden sind, maßgeblich ist. Das Erreichen einer Greifhöhe hängt jedoch neben dem Grad der Verschwenkung auch davon ab, in welcher Höhe außerhalb der normalen Greifhöhe sich die Kanäle befinden (in den Abschnitten [0009] und [0028] wird beispielsweise eine Höhe von 250 cm genannt), denn auf dieser Höhe liegt nach dem Anspruchswortlaut auch die horizontale Achse, um die die Säulen verschwenkbar sein sollen, und wie lang die Säule selbst ist. Die genaue Ausgestaltung dieser Faktoren für eine Zugriffsmöglichkeit auf die Säule überlässt das Klagepatent dem Fachmann.
90Zwar darf – was der Fachmann berücksichtigen wird – die Verschwenkbarkeit der Säule in die vertikale Position nicht so gering sein, dass ein Zugriff auf die Versorgungsleitungen, die sich – wie die Merkmalsgrupp g) erkennen lässt – in einem Anschlusskasten an der Säule befinden, dass sich die Säule zwar in Greifhöhe befindet, die Position des Anschlusskastens aber so ungünstig liegt, dass die Anschlüsse für die Versorgungsleitungen nach oben, in Richtung Säule zeigen. Denn dies würde einer einfachen Bedienbarkeit entgegenstehen. Aber insoweit enthält der Fachmann aus der Beschreibung des Klagepatents einen Hinweis, wenn es in Abschnitt [0031] heißt:
91„Darüber hinaus wird bevorzugt vorgesehen, dass der Anschlusskasten 22 um annähernd 360° verdrehbar ist, so dass er jeweils in die günstigste Position ausrichtbar ist.“
92Eine weitere Beschreibung der Verdrehbarkeit des Anschlusskastens in diesem Sinne befindet sich in Abs. [0036]. Diese ist des Weiteren in dem Unteranspruch 2 unter Schutz gestellt.
93Aus diesen Beschreibungsstellen leitet der Fachmann ab, dass zwar das Verbringen der Säule in eine Greifhöhe durch ein Verschwenken in ihre vertikale Position herbeigeführt werden muss. Der einfache Zugriff des Anschlusskastens, der sich bereits in Greifhöhe befindet, kann jedoch auch durch die flexible Ausrichtung des Anschlusskastens bewirkt werden.
94Die horizontale Stellung, die der Patentanspruch in seinem Wortlaut in Bezug nimmt, dient der Abgrenzung zu der vertikalen Position, in der sich die Säule in Greifhöhe befindet. Die horizontale Position ist mithin dadurch gekennzeichnet, dass die Säule sich außerhalb der Greifhöhe, das heißt außerhalb einer Höhe befindet, in der sie für den Nutzer eine Gefahr darstellt. Vor diesem Hintergrund spricht der Anspruchswortlaut auch davon, dass die horizontale Stellung der Achse sich an einer horizontalen Achse im Bereich der Kanäle orientiert.
95Das Verschwenken in eine horizontale Position dient darüber hinaus auch dem Erreichen des erfindungswesentlichen Vorteils, die Raumbeleuchtung durch das Installationssystem möglichst wenig zu beeinträchtigen. Denn die horizontale Stellung gleicht sich der Deckenflucht an, während ein in den Raum ragender Gegenstand eher geeignet ist, einen Schattenwurf oder ein Versperren vorhandener Lichtquellen zu verursachen.
96Ein anderes Verständnis ergibt sich für den Fachmann auch nicht daraus, dass in den Fig. 8 – 10 und den dazugehörigen Beschreibungsstellen Abs. [0042], [0043] Säulen gezeigt und beschrieben werden, die in eine vollständig vertikale Position verschwenkbar sind. Denn dabei handelt es sich lediglich um Ausführungsbeispiele, auf die die Lehre des Klagepatents grundsätzlich nicht beschränkt werden kann (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).
97Auch sofern – worauf der Beklagte hinweist – die Einspruchsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes in seiner Einspruchsentscheidung über das Klagepatent vom 01.07.2010 (Anlage rop 4) zu erkennen gegeben hat, dass die Lehre des Klagepatents die vollständige vertikale Ausrichtung der Säule verlange,
98„[…], denn eine Säule ist nach allgemeinen Verständnis ein auf seiner gesamten Länge vertikal ausgerichteter Körper (vgl. Anspruch 1/ Merkmal e) „nach unten gerichtete Säule“). Somit kann im vorliegenden Fall nur ein solcher Körper als Säule bezeichnet werden, bei dem zumindest zeitweise (d.h. im vorliegenden Fall entweder in der Arbeits- oder Ruheposition) dessen senkrechte Ausrichtung vorgesehen ist.“ (Beschluss v. 01.07.2010, S. 10, Anlage rop 4),
99veranlasst dies die Kammer zu keiner anderen Auslegung.
100Der dargestellte Beschlussinhalt bindet das Verletzungsgericht vorliegend jedenfalls nicht, denn es ist bereits eine neue, die Einspruchsentscheidung berücksichtigende Patentschrift veröffentlicht worden (vgl. Anlage rop 2), anhand derer eine Auslegung vorliegend auch erfolgt (vgl. dazu Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Auflage, 2016, Kap. A., Rn. 77). Die Entscheidungsbegründung ist dennoch zwar als fachkundige Äußerung zu berücksichtigen (vgl. insoweit (BGH, GRUR 1998, 895 – Regenbogenbecken; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Auflage, 2016, Kap. A., Rn. 74), es ist jedoch davon auszugehen, dass der Fachmann auch das von der Einspruchsabteilung zur Begründung ihrer Auffassung herangezogene Merkmal e) in das bereits dargestellte Verständnis von der klagepatentgemäßen Lehre einordnen wird. Die Säulen dienen in diesem Zusammenhang dazu, den Weg zwischen den Kanälen, die in einiger Entfernung zu den zu versorgenden Arbeitsplätzen oberhalb der Greifhöhe angeordnet sind, zu überbrücken, und eine Verbindung zu ermöglichen. Dies kann jedoch – wie bereits dargestellt – auch dann geschehen, wenn die Säulen nicht in eine vollständig vertikale Position verbracht werden.
101Eine Stützte für dieses Verständnis ist auch dem gerichtlichen Hinweises des BPatG vom 12.04.2016 zu entnehmen. In diesem heißt es (auf S. 6 unter Pkt. 2.6, Anlage B 8):
102„Der Begriff der Säule ist im Kontext der Streitpatentschrift nicht auf vertikal angeordnete Konstruktionsteile beschränkt, da die Säule erfindungsgemäß zwischen einer vertikalen und einer horizontalen Stellung verschwenkbar sein soll.“
103Diesen ebenfalls als sachverständige Stellungnahme zu berücksichtigenden Ausführungen ist zwar nicht zwingend zu entnehmen, dass eine vertikale Anordnung der Säule nicht jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt verlangt wird, eine Abgrenzung zu dem allgemeinen Fachverständnis scheint vielmehr zunächst nur derart zu erfolgen, dass eine Säule nicht stets eine vertikale Anordnung voraussetzt. Jedoch geben die Ausführungen einen Anhaltspunkt dafür, dass der Fachmann von dem allgemeinen Fachverständnis einer Säule als vertikal angeordneter Vorrichtung, welches die Einspruchsabteilung zugrunde gelegt hat, im Zusammenhang mit der Lehre des Klagepatents abweicht.
104Weiter wird die Ansicht der Einspruchsabteilung dadurch relativiert, dass auch das BPatG in seiner Beschwerdeentscheidung über die Löschung des parallelen Gebrauchsmusters ‘X wie folgt ausgeführt hat:
105„Unter nach unten gerichteten Säulen (Merkmal f) sind im Gegensatz zur Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung […] nicht notwendig senkrecht ausgerichtete Säulen zu verstehen. Diese verworrene Annahme der Gebrauchsmusterabteilung ist nicht begründet, da es in der Technik auch Säulen gibt, die nicht senkrecht verlaufen, […]. Nach Auffassung des Senats kann eine Säule nicht durch ihre Lage oder Richtung definiert werden, damit ist auch die von der Gebrauchsmusterabteilung […] getroffene Unterscheidung zwischen Arm und Säule hinfällig.“ (vgl. BPatG, Beschl. v. 09.06.2010, Az.: 35 W 429/09, S. 10, Anlage B 3).
106Letztlich ist für das hier dargelegte Auslegungsergebnis auch unerheblich, ob die D13 des Nichtigkeitsverfahrens (Druckschrift DVE 8031/32/ Deckungsversorgungseinheiten, Dräger Medizintechnik GmbH, Lübeck, Druckvermerk 9048294/PP6923.54D/059E; vorgelegt als Anlage B 4; Bezeichnung stimmt mit der Bezeichnung im Löschungs- und Einspruchsverfahren überein) in eine Schrägstellung wie vorliegend angenommen, bereits vorwegnimmt. Denn es existiert kein Auslegungsgrundsatz dahingehend, dass ein Patent stets so ausgelegt werden muss, dass es sich von dem vorbekannten Stand der Technik abgrenzt.
107Wie das Lichtbild Ziff. 4. der Anlage rop 10 erkennen lässt, ist die Säule der angegriffenen Ausführungsform mit dem Anschlusskasten in eine vertikale Position so verschwenkbar, dass ein Zugriff auf die Versorgungsanschlüsse durch den Nutzer ohne weitere Hilfsmittel möglich ist. Sofern der Beklagte vorträgt, dass die Säule in ihrer maximalen horizontalen Position nicht vollständig horizontal angeordnet ist, sondern sich eine Neigung von 5° ergibt, so bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dies dem Erreichen des von der Erfindung erzielten Vorteils entgegensteht. Das Lichtbild Ziff. 3 (Anlage rop 10) lässt im Gegenteil vermuten, dass die Neigung eher gering ist und eine etwaige Raumbeleuchtung durch sie nicht wesentlichen beeinträchtigt wird.
108Die Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform entspricht mithin einer im Sinne des Klagepatents von einer horizontalen in eine vertikale Position verschwenkbaren Säule.
1092.
110Merkmal g2) setzt voraus, dass
111„die Versorgungsanschlüsse an einer ersten Seite des Anschlusskastens angeordnet sind“.
112Mit dieser Vorgabe macht der Anspruchswortlaut – wie sich bei einer Gesamtbetrachtung mit den Merkmalen der Merkmalsgruppe g) ergibt – räumlich-körperliche Vorgaben zur Anordnung der Versorgungsanschlüsse an der Säule. Die Anordnung der Versorgungsanschlüsse der angegriffenen Ausführungsform auf drei Seiten der sechseckigen Form führt aus dieser klagepatentgemäßen Anordnung nicht heraus. Wie das Merkmal g3),
113„in der horizontalen Stellung der Säulen die erste Seite des Anschlusskastens mit den Versorgungsanschlüssen dem Kanal zugewandt ist“,
114erkennen lässt, hat das Klagepatent eine Seiteneinteilung vor Augen, die an der Position des Kanals, der sich wiederum – orientiert an der Raumeinteilung – im Deckenbereich befindet (Merkmal c2.)), ausgerichtet ist. Eine Unterteilung der in horizontaler Stellung der Säule zur Decke neigenden Seite derart, dass deren Seitenbereiche abgeschrägt sind, steht der Anordnung der Versorgungsanschlüsse an dieser Seite des Anschlusskastens vor diesem Hintergrund nicht entgegen. Denn die Beklagte trägt nicht vor und die von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern von der angegriffenen Ausführungsform (Anlage rop 9, Anlage rop 10) lassen dies auch nicht erkennen, dass eine Schrägstellung der Seiten des Anschlusskastens um 30° dazu führt, dass die Versorgungsanschlüsse nicht mehr dem Kanal zugewandt sind. Vielmehr sind diese auf dem Lichtbild Ziff. 3 der Anlage rop 10 weiterhin in Richtung des Kanals der angegriffenen Ausführungsform gelegen.
115Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auch Verletzungshandlungen der Beklagten im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG vorliegen.
116IV.
117Da die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletzt, stehen der Klägerin die aus dem Tenor ersichtlichen Ansprüche gegen den Beklagten zu.
1181.
119Der Beklagte ist gem. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet.
1202.
121Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche stehen der Klägerin in dem begehrten Umfang gem. § 140b Abs. 1, 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu, damit sie in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch (vgl. Ziff. 4.) zu beziffern.
122Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Ansprüche insbesondere auch aktivlegitimiert. Insoweit gelten die Ausführungen zur Sachlegitimation hinsichtlich des Schadensersatzfeststellunsantrags unter Ziff. 4. entsprechend.
123Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben auch angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Der Beklagte wird durch die von der Klägerin verlangte Auskunft auch nicht erkennbar unzumutbar belastet.
1243.
125Der Rückrufanspruch steht der Klägerin gem. § 140a Abs. 1 Satz 2 PatG, der Vernichtungsanspruch gem. § 140a Abs. 3 Satz 1 PatG zu.
126Tatsachen, die die Unverhältnismäßigkeit der Vernichtung bzw. des Rückrufs der angegriffenen Ausführungsform begründen, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
1274.
128Der Beklagte ist gem. § 139 Abs. 2 PatG dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.
129Soweit die Klägerin Schadensersatzansprüche für Handlungen geltend macht, die in einen Zeitraum fallen, zu dem sie ausweislich Ziff. I., II. Satz 1 des Abtretungs- und Übertragungsvertrags (Anlage rop 16) selbst Inhaberin des Klagepatents war (ab dem 20.05.2015), hat sie die für die Geltendmachung der Ansprüche erforderliche Sachlegitimation (vgl. auch BGH, GRUR 2013, 713, Rn. 54 – Fräsverfahren). Zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen Schäden, die Herrn Schaffitzel durch Handlungen vor dem 20.05.2015 entstanden sind, ist die Klägerin gem. Ziff. I., II. Satz 2, 3 des Vertrages durch die zwischen den Parteien vereinbarte Abtretung berechtigt.
130Als Fachunternehmer hätte es dem Beklagten oblegen, zu prüfen, ob die angebotenen und gelieferten Produkte bei ihren Abnehmern im Rahmen des durch das Klagepatent beanspruchen Verfahrens angewendet werden. Bei einer entsprechenden Überprüfung wäre dies für sie auch ohne weiteres zu erkennen gewesen. Indem sie eine entsprechende Prüfung unterließ, hat der Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet, § 276 Abs. 2 BGB.
131Der Beklagte kann sich auch nicht deshalb exkulpieren, weil das parallele Gebrauchsmuster mit Beschluss des BPatG vom 09.06.2010, Az.: 354 W (pat) 429/09 (Anlage B 3) gelöscht worden ist, und der BGH diese Löschungsentscheidung zumindest inzident im Rahmen der späteren Kostenentscheidung in dem Rechtsbeschwerdeverfahren (Beschluss v. 20.12.2011, Az.: X ZB 6/10, Anlage B 5) bestätigt hat.
132In der Regel ist die Benutzung einer patentierten und damit geprüften Erfindung auch bei einem Irrtum über deren Rechtsbeständigkeit als schuldhaft anzusehen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Auflage, 2016, Kap. D., Fn. 344). Zur Exkulpation des rechtsirrig vom mangelnden Rechtsbestand eines Patents ausgehenden Verletzers reichen auch (nicht rechtskräftige) Nichtigkeitsentscheidungen von Kollegialgerichten, die einen für den Irrenden günstigen Inhalt haben, nicht ohne weiteres aus (a. a. O.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, dem irrig Handelnden ungünstigen Beurteilung durch die Gerichte nicht gerechnet werden brauchte (Kühnen, ebd., Kap. D., Rn. 345).
133Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor.
134Zwar ist das parallele Gebrauchsmuster mit Beschluss des BPatG vom 09.06.2010 (Anlage B 3) gelöscht worden, und ist das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH, Az.: X ZB 6/10, nach Ablauf der höchstmöglichen Schutzdauer Ende Februar 2011 übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Jedoch lag zu diesem Zeitpunkt ein Beschluss des DPMA vom 01.07.2010 (Anlage rop 4) im Hinblick auf das Einspruchsverfahren das Klagepatent betreffend vor, durch den das Klagepatent beschränkt aufrechterhalten wurde. Dies berücksichtigend konnte der Beklagte gerade nicht davon ausgehen, dass im Hinblick auf das Klagepatent eine ihn benachteiligende Beurteilung nicht mehr vorgenommen werden würde.
135Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung auch das erforderliche rechtliche Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Die Entstehung eines Schadens auf Seiten der Klägerin ist hinreichend wahrscheinlich. Eine Bezifferung dieses Schadens ist ihr nicht möglich, weil sie ohne Verschulden über die Informationen, die sie mit dem Klageantrag Ziff. I. 2. begehrt, in Unkenntnis ist.
136V.
137Eine Aussetzung der Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage gem. § 148 ZPO ist nicht geboten.
138Unbeschadet dessen, dass eine Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung des BPatG vom 14.09.2016 (Az.: 6 Ni 79/14) noch nicht anhängig ist, sprechen vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsbestandsentscheidung, deren Begründung noch nicht vorliegt, auf nachweisbar unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Auflage, 2016, Kap. E., Rn. 530).
139Soweit der Beklagte sich darauf stützt, dass eine Kombination der D5 (Druckschrift „Schweizer Ingenieur und Architekt“ Nr. 24 v. 11.06.1998, S. 1, 10-12; Bezeichnung stimmt mit derjenigen im Löschungs- und Einspruchsverfahren überein) mit der D13 (s.o.), einer erfinderischen Tätigkeit entgegenstehe, so stimmt dies zwar mit den Ausführungen des BPatG in seiner Beschwerdeentscheidung in dem Einspruchsverfahren (vgl. S. 10 f., Anlage B3) und in seinem gerichtlichen Hinweis gem. § 83 PatG im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens (vgl. S. 9, Anlage B 8) überein. Diese Ausführungen basieren jedoch auf einer Anspruchsfassung, in der die Merkmalsgruppe g) nicht enthalten war.
140Soweit der Beklagte geltend macht, bei der Hinzufügung der Merkmal g2) und g3) handele es sich um eine unzulässige Erweiterung, klingen diese Bedenken auch in dem gerichtlichen Hinweis des BPatG an (vgl. S. 10, unter Pkt. 3.4, Anlage B 8). Das BPatG hat jedoch das Klagepatent in Kenntnis dieses Problems in der hier geltend gemachten Fassung des Hilfsantrags 3 aufrechterhalten. Es erscheint auch die Annahme einer Offenbarung der Merkmale durch die Figur 8 – 10 nicht unvertretbar. Aufgrund der Beschreibung in Abschnitt [0042] erkennt der Fachmann, dass die Figuren 8 – 10 zusammen gehören. In Fig. 8 wird eine frontale Ansicht auf die Versorgungsanschlüsse gewährt, und in Abschnitt [0042] wird ausgeführt, der Anschlusskasten werde um die horizontale Achse 53 verschenkt. Führt der Fachmann dieses Verschwenken gedanklich anhand der Fig. 8 aus, so zeigen die Versorgungsanschlüsse des Anschlusskastens in Richtung Kanal 18.
141VI.
142Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
143Eine etwaige in der Modifikation des Unterlassungsantrags zum Ausdruck kommende Klagerücknahme ist jedenfalls von so geringem Umfang, dass sie sich in der Kostenfolge nicht niederschlägt. Das Klagebegehren bleibt auf das Unterlassen von Nutzungshandlungen im Zusammenhang mit der ursprünglich angegriffenen Ausführungsform gerichtet.
144Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht mit Ausnahme der gesonderten Vollstreckbarkeit wegen der Kosten, insoweit ist die Entscheidung auf § 709 Satz 1, 2 ZPO gestützt, auf § 709 Satz 1 ZPO.
145VII.
146Dem Beklagten muss nicht gestattet werden, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden. Er hat nicht hinreichend dargelegt, dass ihm durch die Vollstreckung eines stattgebenden Urteils ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne von § 712 Abs. 1 ZPO entstehen würde.
147VIII.
148Der Streitwert wird gem. § 51 Abs. 1 GKG auf EUR 250.000,00 festgesetzt.
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(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.
(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.
(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.
(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Der Antragsgegner war Inhaber des am 15. Februar 2001 angemeldeten deutschen Gebrauchsmusters 201 21 189 (Streitgebrauchsmusters), das eine "Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen" betrifft und 20 Schutzansprüche umfasst; das Streitgebrauchsmuster ist nach Ablauf der höchstmöglichen Schutzdauer mit Ende des Monats Februar 2011 erloschen.
- 2
- Die Gebrauchsmusterabteilung hat das Streitgebrauchsmuster gelöscht, soweit es über die vom Antragsgegner im Löschungsverfahren verteidigte Fassung der Schutzansprüche hinausgeht, und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen.
- 3
- Mit der Beschwerde hat die Antragstellerin ihren Löschungsantrag weiterverfolgt. Der Antragsgegner hat das Streitgebrauchsmuster in der von der Gebrauchsmusterabteilung als schutzfähig angesehenen Fassung und mit mehreren Hilfsanträgen verteidigt.
- 4
- Das Patentgericht hat das Streitgebrauchsmuster in vollem Umfang gelöscht.
- 5
- Hiergegen hat sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gerichtet.
- 6
- Nach Ablauf der Höchstschutzdauer des Streitgebrauchsmusters haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
- 7
- II. Infolge der Erledigungserklärungen ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nur noch über die Kosten des Löschungsverfahrens zu entscheiden (§ 18 Abs. 4 Satz 1 GebrMG i. V. m. §§ 106, 109, 99 Abs. 1 PatG, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese sind dem Antragsgegner aufzuerlegen , da die Rechtsbeschwerde voraussichtlich ohne Erfolg geblieben wäre.
- 8
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 18 Abs. 4 Satz 1 GebrMG in Verbindung mit § 100 Abs. 2, 3, §§ 101 bis 109 PatG). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beschränkt die Nachprüfung grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Rechtsfrage, die das Beschwerdegericht für klärungsbedürftig gehalten hat; eine vom Beschwerdegericht ausgesprochene Beschränkung auf eine solche Frage ist ohne Wirkung. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erlaubt die Überprüfung der Entscheidung nach Art einer Revision (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 29. April 2003 - X ZB 4/01, GRUR 2003, 781 - Basisstation; Beschluss vom 29. Juli 2008 - X ZB 23/07, juris). Die Überprüfung durch den Senat ist danach nicht auf die vom Patentgericht aufgeworfene Frage beschränkt, inwieweit es für den Fachmann Anstöße, Hinweise oder Anregungen im Stand der Technik bedarf, um dort beschriebene Maßnahmen auf das ihm Bekannte anzuwenden.
- 9
- 2. Das Streitgebrauchsmuster betrifft eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum.
- 10
- Als Aufgabe der Erfindung wird angegeben, eine Einrichtung zu schaffen, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen ist und die zu möglichst geringen Behinderungen (bei der Raumnutzung) führt.
- 11
- Die in dem verteidigten Schutzanspruch 1 angegebene Lösung kann wie folgt gegliedert werden (Gliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze [a], insbesondere für Computer-Arbeitsplätze oder dergleichen in einem Raum, die miteinander und/oder mit einer zentralen Einrichtung verbunden sind [b].
2.1 unterhalb einer Decke (12) des Raums und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle (18) zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen [d] und 2.2 an die Kanäle anschließbare nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen (21), die mit Versorgungsanschlüssen (23) versehen sind [f].
3. Für die Kanäle (18) sind Hängehalter (19) zum Aufhängen an der Decke (12) des Raums vorgesehen [e].
4. Die Säulen (21) sind um eine im Bereich der Kanäle (18) befindliche horizontale Achse (53) verschwenkbar angeordnet, um die Versorgungsanschlüsse (23) in Greifhöhe zu bringen [g].
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- 3. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand der Schutzansprüche beruhe nicht auf einem erfinderischen Schritt im Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG.
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- Die Angabe in den Schutzansprüchen, dass die "Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen" seien, verstehe der Fachmann, ein Maschinenbauingenieur (FH), der als Konstrukteur und Planer für Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen für verschiedene Anwendungsgebiete mit Versorgungsleitungen aller Art zuständig sei, so, dass die Versorgungsanschlüsse zumindest so weit aus dem Arbeitsbereich zu bringen seien, dass sie nicht mehr störten. Dies bedeute nicht, dass die Versorgungsanschlüsse überhaupt nicht mehr erreicht werden könnten. Denn das Streitgebrauchsmuster sehe als „oberhalb der Greifhöhe einer erwachsenen Person gelegenen Bereich“ lediglich eine Höhe von 190 bis 215 cm vor. Unter nach unten gerichteten Säulen seien nicht notwendig senkrecht ausgerichtete Säulen zu verstehen.
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- Aus der schweizerischen Bauzeitung "Schweizer Ingenieur und Architekt" Nr. 24 vom 11. Juni 1998, S. 1, 10 bis 12 (D5) sei eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze bekannt, die sich von dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters lediglich dadurch unterscheide, dass bei diesem die Säulen um eine im Bereich der Kanäle befindliche horizontale Achse verschwenkbar angeordnet seien, um die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen. Wenn der Fachmann von einer Einrichtung, wie sie in der schweizerischen Bauzeitung beschrieben sei, ausgehe, stehe er vor dem Problem, dass die dort beschriebenen Säulen, wenn sie sich in Unterrichtsräumen befänden, Vandalismus ausgesetzt seien. Zumindest könnten sie durch nicht sachgerechte Manipulation in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Dem Fachmann seien Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen nicht nur für Unterrichtsräume, sondern auch für andere Anwendungsgebiete bekannt, zu denen auch die Medizintechnik gehöre. Aus dem Prospekt der D. M. GmbH (D13) sei eine Einrichtung mit Versorgungsleitungen bekannt, die nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen, die mit Versorgungsanschlüssen versehen seien, enthalte und bei der die Säulen um eine horizontale Achse verschwenkbar angeordnet seien, um die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen. Dieser Umstand gebe dem Fachmann die Anregung, die aus der D5 bekannte und in Unterrichtsräumen eingesetzte Einrichtung durch die aus dem Prospekt der D13 als bekannt nachgewiesene Maßnahme zu ertüchtigen. Bei diesem Vorgehen ergebe sich zwangsläufig, die horizontale Achse dort zu belassen, wo die Säule bei der Einrichtung nach der D5 schon angelenkt sei, nämlich im Be- reich der Kanäle. Damit bedürfe es für den Fachmann keines erfinderischen Schritts, um die Einrichtung nach der D5 derart auszugestalten, dass die Säulen um eine im Bereich der Kanäle befindliche horizontale Achse verschwenkbar angeordnet seien, um die Versorgunganschlüsse in Greifhöhe zu bringen. Auch die Gegenstände nach den Hilfsanträgen beruhten nicht auf einem erfinderischen Schritt.
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- 4. Diese Beurteilung hätte der Nachprüfung im Rechtbeschwerdeverfahren voraussichtlich standgehalten.
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- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit um eine Rechtsfrage, die mittels wertender Würdigung der tatsächlichen Umstände zu beurteilen ist, die unmittelbar oder mittelbar geeignet sind, etwas über die Voraussetzungen für das Auffinden der erfindungsgemäßen Lösung auszusagen (Senatsurteil vom 7. März 2006 - X ZR 213/01, BGHZ 166, 305 - Vorausbezahlte Telefongespräche ). Dies gilt gleichermaßen für die Beurteilung des erfinderischen Schritts im Gebrauchsmusterrecht (Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - X ZB 27/05, BGHZ 168, 142 - Demonstrationsschrank). Wie im Patentrecht ist maßgeblich, ob der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann den Gegenstand der Erfindung nahegelegt hat. Dies erfordert zum einen, dass der Fachmann mit seinen durch seine Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Dies allein genügt jedoch nicht, um den Gegenstand der Erfindung als nahegelegt anzusehen. Hinzukommen muss vielmehr zum anderen, dass der Fachmann Grund hatte, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anre- gungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH, Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 92/05, BGHZ 182, 1 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; Urteil vom 8. Dezember 2009 - X ZR 65/05, GRUR 2010, 407 - einteilige Öse). Denn nur dann kann die notwendigerweise ex post getroffene richterliche Einschätzung, dass der Fachmann ohne erfinderisches Bemühen zum Gegenstand der Erfindung gelangt wäre, in einer Weise objektiviert werden, die Rechtssicherheit für den Schutzrechtsinhaber wie für seine Wettbewerber gewährleistet.
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- Dabei lässt sich keine allgemeine, vom jeweiligen Streitfall losgelöste Aussage darüber treffen, in welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln. Es handelt sich vielmehr um eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich. Vielmehr können Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, insbesondere Ausbildungsgang und Ausbildungsstand der auf diesem Gebiet tätigen Fachleute zum Prioritätszeitpunkt und die auf dem technischen Fachgebiet übliche Vorgehensweise von Fachleuten bei der Entwicklung von Neuerungen ebenso eine Rolle spielen wie technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben, nicht-technische Vorgaben , die geeignet sind, die Überlegungen des Fachmanns in eine bestimmte Richtung zu lenken, und umgekehrt Gesichtspunkte, die dem Fachmann Veranlassung geben könnten, die technische Entwicklung in eine andere, von der Erfindung wegweisende Richtung voranzutreiben.
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- b) Diesen rechtlichen Vorgaben hat das Patentgericht genügt, indem es für die Annahme des Fehlens eines erfinderischen Schritts das Vorliegen einer Anregung aus dem Stand der Technik für erforderlich gehalten hat. Es hat angenommen , die in der D13 vorgestellte Einrichtung ermögliche es, Geräte und deren Versorgungsanschlüsse je nach Bedarf am OP-Tisch zu positionieren oder sie aus dem Arbeitsbereich zu entfernen. Daraus entnehme der Fachmann die Anregung, die aus der D5 bekannte Einrichtung mit der Option der Höhenverstellung zu versehen.
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- c) Die hiergegen gerichteten Rügen der Rechtsbeschwerde zeigen keine Rechtsfehler auf.
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- aa) Die Rechtsbeschwerde rügt die Interpretation des Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung D5, der das Patentgericht zu Unrecht die Merkmale 2.1, 2.2 und 3 entnommen habe. Mit dieser Rüge wäre sie voraussichtlich nicht durchgedrungen. Die D5 spricht auf Seite 12, linke Spalte ausdrücklich davon, dass sämtliche Leitungen und Kanäle frei verlegt und jederzeit zugänglich seien. Dass diese Kanäle Bestandteile eines gerüstartig aufgebauten Systems sind, zieht die Rechtsbeschwerde zu Recht ebenso wenig in Zweifel wie deren Anordnung unterhalb der Raumdecke und oberhalb einer normalen Greifhöhe und ihre Bestimmung zur Aufnahme von Versorgungs- oder Datenleitungen, welche in der D5 gleichfalls ausdrücklich erwähnt werden. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, nicht die Kanäle, sondern das unterhalb der Raumdecke angebrachte (die Kanäle aufnehmende) Deckenraster sei mit Hängehaltern an der Raumdecke befestigt und die Säulen seien ausschließlich an diesem Deckenraster befestigt, ist dies im Ergebnis nicht erfolgversprechend. Denn selbst wenn dies zuträfe, dienten die Hängehalter mittelbar auch der Aufhängung der Kanäle und wären die Säulen an die Kanäle im Sinne des Merkmals 2.2 inso- weit „anschließbar“, als die Versorgungs- oder Datenleitungen aus den Kanälen aus- und in die Säulen eintreten müssen.
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- bb) Auch mit der Rüge, das Patentgericht habe der Entgegenhaltung D13 zu Unrecht eine Anregung dafür entnommen, die Einrichtung nach der D5 durch um eine horizontale Achse verschwenkbar angeordnete Säulen (Merkmal
4) zu ertüchtigen, hätte die Rechtsbeschwerde voraussichtlich nicht durchdringen können.
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- Nach Ansicht des Patentgerichts hatte der Fachmann Anlass, die D13, eine Veröffentlichung im Bereich der Medizintechnik, heranzuziehen. Dieser Annahme stehen Rechtsgründe nicht entgegen. Das Streitgebrauchsmuster betrifft ganz allgemein Einrichtungen zum Installieren von Versorgungsleitungen für mehrere Arbeitsplätze; beispielhaft werden Labors oder dergleichen ge- nannt. Der Prospekt D13 betrifft „Ergonomische Arbeitsplatzsysteme für die Anästhesie und Chirurgie“. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass der An- tragsgegner Tatsachen vorgetragen hat, aus denen das Patentgericht hätte ableiten müssen, dass der maßgebliche Fachmann, ein Maschinenbauingenieur (FH), der als Konstrukteur und Planer für Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen für verschiedene Anwendungsgebiete mit Versorgungsleitungen befasst ist, üblicherweise Anregungen nicht beachtet, die sich aus solchen Einrichtungen im medizintechnischen Bereich ergeben. Dies liegt auch fern, weil, wie die Entgegenhaltung D5 anschaulich belegt, die konkrete Funktion des einzelnen Arbeitsplatzes für die konzeptionelle Ausgestaltung des Gesamtsystems von allenfalls nachrangiger Bedeutung ist. Der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde , die D13 betreffe ein Versorgungssystem für nur einen Arbeitsplatz, während das Streitgebrauchsmuster eine Einrichtung für mehrere Arbeitsplätze beanspruche, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Fachmann hat Anlass, die versorgungstechnische Ausgestaltung eines einzelnen Arbeitsplatzes auch dann zu betrachten, wenn er mehrere Arbeitsplätze auszustatten hat, unabhän- gig davon, ob eine Verbindung der Arbeitsplätze gewünscht ist oder nicht. Darüber hinaus betrifft das Merkmal 4 eine Maßnahme, die an jedem Arbeitsplatz gesondert vorzunehmen ist. Auch deswegen hat das Patentgericht es zu Recht als aus fachmännischer Sicht geboten angesehen, die Gestaltung einzelner Arbeitsplätze im Stand der Technik zu betrachten.
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- cc) Auch die weitere Annahme des Patentgerichts, der Entgegenhaltung D13 sei eine Ausgestaltung der dort beschriebenen Deckenversorgungseinheiten nach Merkmal 4 zu entnehmen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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- In der D13 ist eine Einrichtung mit nach unten gerichteten Säulen gezeigt , die um eine horizontale Achse so verschwenkbar sind, dass sich eine Höhenverstellung um 600 mm ergibt (D13, Abb. auf S. 4 unten). Die Rechtsbeschwerde geht von einer Lehre des Streitgebrauchsmusters aus, wonach die Mediensäulen zwischen einer Gebrauchs- und Nichtgebrauchsstellung im Wege einer Klappbewegung vollständig verschwenkt würden, was in der D13 nicht offenbart sei. Eine Klappbewegung ist indessen nicht Merkmal der nach dem Streitgebrauchsmuster geschützten Einrichtung.
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- Die Rechtsbeschwerde wendet ein, dass sich die Säulen nach dem Streitgebrauchsmuster in der Nichtgebrauchsstellung oberhalb einer normalen Greifhöhe befänden, also ohne den Einsatz von Hilfsmitteln grundsätzlich nicht erreichbar und damit vollständig „aus dem Weg geräumt“ seien. Demgegenüber befinde sich das in der D13 offenbarte Deckenversorgungssystem stets in Greifhöhe; das dort verwendete Höhenverstellungssystem erlaube eine maximale Höhe von 2 Metern. Auch dieses Argument geht fehl, denn das Streitgebrauchsmuster verlangt lediglich oberhalb einer „normalen“ Greifhöhe liegende Kanäle. Im Übrigen handelt es sich um eine reine Zweckmäßigkeitsfrage, in welche Höhe die Säulen mit den Versorgungsanschlüssen verschwenkt werden.
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- dd) Hinsichtlich der Auslegung der Schutzansprüche nach den Hilfsanträgen und der entsprechenden Bewertung des Standes der Technik sind keine Rechtsfehler erkennbar; die Rechtsbeschwerde erhebt hierzu auch keine gesonderten Rügen.
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.06.2010 - 35 W(pat) 429/09 -
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.
(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.
(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.
(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten als der nach Absatz 2 ermittelte Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1 000 Euro anzunehmen. Dieser Wert ist auch anzunehmen, wenn die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt. Der nach Satz 2 oder Satz 3 anzunehmende Wert ist auch maßgebend, wenn in den dort genannten Fällen die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung nebeneinander geltend gemacht werden.
(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.
(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung (§ 12 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes, § 26 des Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes, § 54 des Designgesetzes, § 22 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) sind anzuwenden.