Landgericht Duisburg Urteil, 28. Sept. 2015 - 8 O 361/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand
2Die Beklagte zu 1. veranstaltete am ########## auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in E die M, in deren Verlauf zahlreiche Menschen verletzt wurden und 21 Menschen starben. Die damaligen Geschehnisse sind Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Duisburg, das in die mit der Klageschrift größtenteils wörtlich wiedergegebene Anklageerhebung gegen Mitarbeiter der Beklagten zu 1. und Bedienstete der T2 mündete (112 Js 23/11).
3Der Kläger war am ########## als beamteter Hauptbrandmeister der T2 als Helfer S2 im Einsatzabschnitt 2 (#####), zuständig für den Eskalationsfall, eingesetzt. Sein Dienst begann am ########## um 8.00 Uhr auf der Feuerwache 1, Stabsraum #####, Dachgeschoss rechts. Nach 17.00 Uhr wurde der Kläger zur Lageerkundung an den Tunnel -Straße beordert und vom Fahrdienst an der -Straße abgesetzt. Von dort aus ging der Kläger zu Fuß in Richtung des Tunnels, als ihm zahlreiche Menschen entgegenkamen, die diesen Tunnel fluchtartig, hysterisch und in Panik verließen. Dem Kläger war ein weiteres Erkunden in Richtung des Tunnels und der später mit „Rampe“ bezeichneten Ortschaft nicht möglich. Er versuchte vergeblich, die Fernmeldebetriebsstelle telefonisch zu erreichen und zog sich dann aus der ihn umgebenden und bedrängenden Menschenmenge zum Fahrdienst in der in der Klageschrift auf S. 384 beschriebenen Weise zurück. Nach seiner Rückkehr zur Feuerwache erfuhr er in einem kurzen Lagebericht, dass zu diesem Zeitpunkt etwa zehn Tote sowie mehrere Verletzte zu beklagen seien. Danach wurde der Kläger vom Fahrdienst zur Erkundung von zusätzlichen Behandlungsplätzen zur Einsatzstelle gebracht, wo er von verletzten, verstörten und traumatisierten Menschen um Hilfe gebeten und bedrängt wurde. Telefonische Verbindungen zur Einsatzleitung kamen nur zufällig zustande. Nach seiner Rückkehr zur Feuerwache trug der Kläger dem Stab ##### die aktuelle Lage vor, bevor sein Dienst am ########## gegen 3.00 Uhr endete.
4Mit Bescheid vom 12. April 2013 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 18. August 2015) erkannte der Oberbürgermeister der T2 gegenüber dem E2 „die Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ der Ärztin E3 I auf der Rechnung der Q vom 24.01.2011 als Folge der Ereignisse vom ########## und somit als Dienstunfall“ des Klägers an.
5Der Kläger behauptet im Wesentlichen – wobei wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen zur jeweiligen Haftungsgrundlage in der Klageschrift, im Schriftsatz vom 2. März 2015 und im Schriftsatz vom 18. August 2015 Bezug genommen wird -, dass das Unglück durch schwerwiegende Pflichtverstöße der Beklagten zu 1. und 2. bei Planung, Organisation, Durchführung und Überwachung der Veranstaltung und auf grobe Pflichtverletzungen der Q2 im Rahmen der eigentlich gebotenen Gefahrenabwehr während der Veranstaltung verursacht worden sei. Infolge der Vorkommnisse während seines Dienstes am ########## sei er an einer posttraumatischen Belastungsstörung in dem in der Klageschrift auf den Seiten 385 und 386 und im Schriftsatz vom 18. August 2015 auf den Seiten 5 und 6 vertieft dargestellten Umfang erkrankt. Aufgrund dieser Belastungsstörung sei er nur noch in eingeschränktem Umfang zur Haushaltsführung imstande; die Belastungsstörung habe dazu geführt, dass er nur noch eingeschränkt dienstfähig gewesen und schließlich in den Vorruhestand versetzt worden sei. Folge der Belastungsstörung sei außerdem eine ausgeprägte Krebserkrankung des Klägers.
6Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm die Beklagten zu 1. und 2. vertraglich sowie deliktisch und das M2 wegen Amtspflichtverletzungen zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 50.000 EUR und zum Ersatz seines Haushaltsführungs- und Erwerbsschadens verpflichtet seien, der Beklagte zu 2. auch deshalb, weil er einen Schuldbeitritt erklärt habe (hierzu Klageschrift S. 352 f. und Schriftsatz vom 18. August 2015 S. 1ff).
7.
8Nachdem der Kläger seinen materiellen Schaden zunächst mit 15.470 EUR beziffert hatte, hat er seine Klage mit Schriftsatz vom 18. August 2015 erweitert.
9Er beantragt jetzt,
10- 11
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2011 zu zahlen,
- 12
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 39.144,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 13
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der noch anlässlich des Ereignisses am ########## im Rahmen der M entstehen wird, soweit kein Forderungsübergang stattgefunden hat,
- 14
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 3.736,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung und berufen sich darauf, dass sich für den Kläger ein allgemeines Lebensrisiko und ein spezifisches Berufsrisiko verwirklicht habe, was eine Haftung der Beklagten ausschließe.
18Die Beklagten zu 1. und 2. machen überdies -auch unter Bezugnahme auf den als Anlage E 2 zur Akte gereichten Bericht zur Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der T2 anlässlich der M am ########## - im Wesentlichen geltend, dass die von der Beklagten zu 1. vorgelegten Bauunterlagen vollständig gewesen seien und den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hätten; die Beklagte zu 1. habe ihre Verkehrssicherungspflichten weder bei der Planung noch bei der Durchführung der Veranstaltung verletzt.
19Das M2 behauptet im Wesentlichen, dass polizeiliche Handlungen oder Unterlassungen weder bei der Planung noch in der Vorgefährdungsphase oder während der Gefährdung ursächlich für die eingetretenen Schäden geworden seien, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 17. März 2015 Bezug genommen wird.
20Entscheidungsgründe
21A.
22Soweit der Kläger im Hinblick auf einen weiteren Haushaltsführungsschaden und seinen bisher entstandenen Erwerbsschaden die Beklagten nunmehr anstelle einer diesbezüglichen Feststellung ihrer Ersatzpflicht auf Zahlung in Anspruch nimmt, ist diese qualitative Änderung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
23B.
24Die geänderte Klage ist insgesamt zulässig. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den Antrag zu 2. besteht, weil der Kläger die Verletzung eines absoluten Rechtsguts geltend macht und auf Grundlage seines für die Zulässigkeit allein maßgeblichen Vortrags künftige Schadensfolgen zumindest möglich sind; im Hinblick auf immaterielle Zukunftsschäden genügt dabei die Möglichkeit, dass weitere, bisher noch nicht erkennbare und voraussehbare Schäden auftreten können, die dann nicht bereits von einem zuzuerkennenden Schmerzensgeld umfasst wären (BGH NJW-RR 1989, 1367; NJW 2001, 3414; NJW-RR 2007, 601).
25C.
26Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keine Ersatzansprüche.
27Die Beklagte zu 1. haftet nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen einer schuldhaften Verletzung des Rahmenvertrags zur Durchführung der M, in dessen Schutzbereich der Kläger ggf. einbezogen wäre, oder gemäß § 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1 Satz 1, § 843 Abs. 1 BGB wegen einer die Gesundheit des Klägers schädigenden eigenen Verkehrssicherungspflichtverletzung oder einer solchen Verletzung durch einen Verrichtungsgehilfen.
28Der Beklagte zu 2. haftet nicht nach den Grundsätzen über die Eigenhaftung des Geschäftsführers auf vorvertraglicher Grundlage, § 311 Abs. 3, § 280 Abs. 1 BGB; er haftet auch nicht deliktisch, etwa weil er selbst Verkehrssicherungspflichten verletzt, gegen Schutzgesetze verstoßen oder den Kläger gar sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hätte, § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 826, § 843 Abs. 1 BGB.
29Das M2 wiederum haftet nicht gemäß § 839 Abs. 1 BGB wegen fahrlässig von Polizeibeamten verletzten Amtspflichten.
30In Ermangelung der Schuld eines anderen Beklagten kann der Beklagte zu 2. schließlich auch keiner Schuld beigetreten sein.
31I.
32Dabei liegen (vor-) vertragliche Ansprüche des Klägers gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. fern. Zwischen den Parteien besteht eindeutig keine (vor-) vertragliche Sonderbeziehung, innerhalb derer die Beklagten Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt haben könnten. Der Kläger ist auch nicht als Dritter in etwa bestehende Sonderbeziehungen zwischen den Beklagten und der T2 oder den Beklagten und Besuchern der M einzubeziehen. Er war weder Besucher der M, noch naher Angehöriger geschädigter Besucher, sondern im hoheitlichen Auftrag als Feuerwehrmann im Rahmen eines Rettungseinsatzes tätig.
33II.
34Eine deliktische Haftung der Beklagten scheidet ebenfalls aus.
35Dabei muss nicht im Einzelnen dazu Stellung genommen werden, ob und ggf. welche tatbestandlichen Voraussetzungen der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen deliktischen Haftungsnormen durch seinen auch an den Hinweisen der Kammer zu messenden Vortrag hinreichend ausgefüllt worden sind.
36Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagten überhaupt auf den Kläger bezogene Verkehrssicherungspflichten und/oder Amtspflichten im Zusammenhang mit Planung, Organisation, Durchführung und Überwachung der M verletzt haben.
37Schließlich kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er – wie in der Klageschrift vorgetragen – aufgrund der in der Klageschrift auf den Seiten 383 ff geschilderten Vorkommnisse auf der M eine posttraumatische Belastungsstörung mit den vom Kläger behaupteten Folgen erlitt.
381.
39Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten scheidet jedenfalls deshalb aus, weil eine unterstellte Belastungsstörung einem unterstellten Fehlverhalten der Beklagten nicht zugerechnet werden könnte.
40Jede Schadensersatzpflicht setzt voraus, dass der Schaden durch das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis verursacht worden ist. Dabei geht es vorliegend um die Frage, ob zwischen dem Verhalten des Schädigers – hier: unterstelltes Fehlverhalten der Beklagten – und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung – hier: Gesundheitsschaden des Klägers in Gestalt der unterstellten Belastungsstörung – ein Ursachenzusammenhang gegeben ist. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt hier.
41a)
42Wie bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Parteien ausgiebig erörtert, setzt dieser Ursachenzusammenhang (vgl. eingehend etwa Palandt-Grüneberg, 74. Aufl., Vorb v § 249 BGB Rn. 24 ff und BGH NJW 2011, 2960 Tz. 35, 39, 40 f.) neben einer rein naturwissenschaftlichen Betrachtung (Äquivalenz: Welche Ursache kann nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfällt?) und einer Einschränkung durch eine nachträgliche objektive Prognose (Adäquanz: Welcher Schadenseintritt liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit?- vgl. BGH NJW-RR 2001, 887) auch eine juristisch wertende Betrachtung voraus, um eine allzu ausufernde Haftung sinnvoll zu begrenzen. Danach ist ein - äquivalenter und adäquater - Schaden nur dann zu ersetzen, wenn er in den Schutzbereich der verletzten Vorschrift fällt. Dies gilt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (BGH NJW 2014, 2190 [2191 Tz. 10] mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Schadensersatzpflicht hängt dabei zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll. Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH aaO m.w.N.).
43b)
44Im Hinblick auf den geschützten Personenkreis gilt dabei im Grundsatz, dass nur „der andere“ (vgl. nur § 823 Abs. 1, 2, §§ 824, 825, 826, 827, 831 BGB) bzw. eine konkret benannte Person wie „der (von der Amtspflicht geschützte) Dritte“ (vgl. § 839 Abs. 1 BGB) Schadensersatz beanspruchen kann, also derjenige, dessen Rechtsgüterunmittelbar vom Schädiger schuldhaft und widerrechtlich verletzt worden sind. Das geltende Recht sieht deshalb grundsätzlich keine Ersatzansprüche für lediglich mittelbar erlittene Gesundheitsschäden vor. Eine Haftung des Schädigers kommt insbesondere dann regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigte an einem Unfallgeschehen selbst nicht unmittelbar beteiligt war, sondern eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung auf das Miterleben eines schweren Unfalls zurückführt (ständige Rechtsprechung BGH NJW 1989, 2317 (2317 f. m.w.N.); BGHZ 172, 263 = NJW 2007, 2764).
45Mittelbar geschädigte Dritte können folgerichtig nur ausnahmsweise eigene Ersatzansprüche gegen den Schädiger haben. Dies ist neben den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (§ 844 Abs. 1, Abs. 2, § 845 BGB) aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung bei bestimmten Schockschäden der Fall, die wegen des Todes oder einer schweren Verletzung naher Angehöriger erlitten werden (hierzu ausführlich und mit zahlreichen Nachweisen Diederichsen NJW 2013, 641 (647 ff)).
46c)
47Vom Schutzzweck der Norm sind darüber hinaus solche Gefahren nicht erfasst, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen sind. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat (ständige Rechtsprechung BGH NJW 2014, 2190 (2191 Tz. 10) m.w.N.); hierunter fällt wiederum insbesondere das Risiko des Geschädigten, ein dramatisches Ereignis mitzuerleben und seelisch nicht zu verkraften, bei dem ein anderer verletzt wird.
48d)
49Vom Schutzzweck der Norm sind schließlich nach den vorgenannten Grundsätzen auch solche Gefahren nicht erfasst, mit denen der Geschädigte aufgrund seines Berufs typischerweise konfrontiert wird. Gerade für Rettungskräfte (Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Notärzte) gehört es zu Ausbildung und Beruf, im Rahmen von Einsätzen mit dramatischen Ereignissen konfrontiert zu werden, etwa mit Explosionen, Großbränden, Naturkatastrophen und anderen schweren Unglücken, bei denen Menschen bereits zu Schaden gekommen oder gestorben sind (hierzu auch Luckey VersR 2011, 938 (941)). Können diese Rettungskräfte das Erlebte nicht (mehr) verarbeiten und erkranken psychisch, etwa an einer posttraumtischen Belastungsstörung, hat sich gerade eine Gefahr aus ihrem beruflichen Risikobereich verwirklicht. Diese Gefahr ist dann nicht demjenigen zuzurechnen, der den Einsatz überhaupt erst ausgelöst hat.
50aa)
51Rechtskräftig entschieden ist das zum einen im Fall eines Polizeibeamten, der einen schweren Unfall im Dienst aufnehmen musste, bei dem ein Geisterfahrer frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte, bei dem dann beide Pkw aus- und alle Insassen verbrannten. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 172, 263 = NJW 2007, 2764) hat insoweit ausgeführt, dass die geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen durch ein posttraumatisches Belastungssyndrom „nicht auf einer Handlung zur Vermeidung einer Kollision mit dem falsch fahrenden Fahrzeug beruhen“, (sondern) auf eine psychisch vermittelte Schädigung zurückzuführen sind, die (…) dadurch entstanden ist, dass die Polizeibeamten mit ansehen mussten, wie die Insassen (…) verbrannten.“ Unter diesen Umständen könne ein solcher Gesundheitsschaden nicht zugerechnet werden.
52Entgegen den Anmerkungen von Luckey (VersR 2011, 940 [941]) und Stöhr (NZV 2009, 161 [164]) ging es in diesem Fall nicht nur um den Polizeibeamten T, der außerhalb seines Dienstes dem Geisterfahrer ausweichen musste und dann Zeuge des Unfalls wurde, sondern gerade auch um Ansprüche des Polizeibeamten D, der zur Unfallaufnahme hinzukam, sich mithin im Dienst befand.
53Hervorzuheben ist außerdem, dass in dieser Entscheidung der Bundesgerichtshof gerade zwischen zurechenbaren, erstattungsfähigen unmittelbaren Körperschäden (dort: ein erlittenes HWS-Syndrom des Polizeibeamten T) und den nicht zurechenbaren, nicht erstattungsfähigen mittelbaren Gesundheitsschäden (dort: Belastungsstörungen wegen der psychischen Fehlverarbeitung des Geschehens durch die Polizeibeamen T und D) differenziert hat.
54bb)
55Mit der fehlenden Zurechenbarkeit von mittelbaren Gesundheitsschäden aufgrund eines Rettungseinsatzes hat sich zum anderen das Oberlandesgericht Celle befasst. Im dortigen Fall wurde ein Bundesgrenzschutzbeamte zu einem Unfalleinsatz gerufen, nachdem zwei Güterzüge kollidiert waren, was eine schwere Explosion eines mit giftigen Chemikalien beladenen Kesselwagens zur Folge hatte; der Beamte machte geltend, aufgrund dieses Einsatzes an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt zu sein (VersR 2006, 1376 mit Nichtzulassungsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2006 – VI ZR 108/05). In diesem Urteil heißt es auszugsweise:
56„Der mittelbar Geschädigte hat in aller Regel keinen Schadensersatzanspruch. Er muss also seinen Schaden selbst tragen, weil andernfalls uferlose Ersatzansprüche bestünden. (…) Der Kläger musste sich darüber hinaus von Berufs wegen zu dem Unfall begeben, wo er aber lediglich – wie gesagt – Zeuge einer bereits geschehenen Rechtsgutsverletzung war. So weit reicht aber der Schutzzweck etwa verletzter Normen nicht. Es hat sich vielmehr eine Gefahr verwirklicht, die dem Berufsrisiko des Klägers zuzuordnen ist. Dafür muss gegebenenfalls sein Dienstherr nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einstehen.“
57e)
58Bezogen auf den vorliegenden Fall ist danach festzustellen, dass sich der Kläger im Rahmen eines Rettungseinsatzes dienstlich zunächst zu einem Bereich begab, in dem ihm traumatisierte Menschen entgegenkamen und ihn bei ihrer Flucht bedrängten, so dass er seinen Einsatz abbrechen und zurückweichen musste; später wurde er dann zum Einsatzort zur Erkundung von zusätzlichen Behandlungsplätzen zur Einsatzstelle gebracht, wo er von verletzten, verstörten und traumatisierten Menschen um Hilfe gebeten und bedrängt wurde. Er macht dabei - wie die Beamten in den beiden vorgeschilderten Fällen – geltend, dass er in Folge der Erlebnisse eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe.
59Eine solche Belastungsstörung würde bei der gebotenen wertenden Betrachtung anhand der dargestellten Grundsätze nicht auf einer Handlung oder Unterlassung der Beklagten, sondern auf einer psychisch vermittelten Schädigung beruhen, die dadurch entstanden wäre, dass der Kläger im Rahmen eines Rettungseinsatzes das von ihm beschriebenen Verhalten von Flüchtenden und Verletzten miterleben musste und überdies erfuhr, dass auf der M Menschen ums Leben gekommen waren.
60Anders ausgedrückt bezweckten die von den Beklagten bei Planung, Organisation, Durchführung und Überwachung der M zu beachtenden Verkehrssicherungs- bzw. Amtspflichten (u.a.) den Schutz der Besucher vor Körper- und Gesundheitsschäden, nicht aber den Schutz von Rettungskräften davor, dass sie Erlebnisse im Rahmen eines Rettungseinsatzes psychisch nicht würden verarbeiten können.
61Ein Fall, in dem ausnahmsweise ein nur mittelbar Geschädigter Schadensersatz verlangen kann (oben a)) liegt eindeutig nicht vor: Es geht hier weder um den Wegfall gesetzlicher Unterhaltsansprüche bei Tod eines nahen Angehörigen (§ 844 Abs. 2 BGB), noch um den Ersatz entgangener Dienste eines hierzu gesetzlich verpflichteten Angehörigen (§ 845 BGB), noch um einen Schockschaden wegen einer schweren Verletzung naher Angehöriger.
62Nach alledem fehlt der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen einem Tun der Beklagten und der – unterstellten – Belastungsstörung des Klägers: Der Kläger ist weder durch etwa verletzte Verkehrssicherungs- bzw. Amtspflichten geschützt, noch sollten solche Pflichten davor schützen, im Rahmen eines Rettungseinsatzes mittelbar an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken.
632.
64Diesem Ergebnis stehen die vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Entscheidungen der Landgerichte Münster (Urteil vom 29. August 2002, 8 S 210/02, NJW-RR 2002, 1677) und Aachen (Urteil vom 29. Juli 2015, 8 O 555/12) sowie des Oberlandesgerichts Koblenz (Urteil vom 8. März 2010, 1 U 1137/06, VersR 2011, 938) und der Vergleich des Landgerichts Nürnberg-Fürth (9 O 9532/10) nicht entgegen. Die zugrunde liegenden Lebenssachverhalte unterscheiden sich evident von dem hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt, weil die Geschädigten in absolut geschützten Rechtsgütern jeweils unmittelbar – überdies im Rahmen von Vorsatztaten - vom Schädiger verletzt wurden:
65a)
66Im Fall des Landgerichts Münster wurde ein Polizist angespuckt, mithin Opfer einer unmittelbar gegen ihn gerichteten Straftat.
67Gleiches gilt in den Fällen des Landgerichts Aachen, bei dem ein Justizvollzugsangestellter von Gefangenen während deren Flucht niedergeschlagen wurde, und des Oberlandesgerichts Koblenz, in dem ein Polizeibeamter nach den dortigen Feststellungen von den Schädigern strafbewehrt bedroht und genötigt wurde.
68b)
69Im Fall des Landgerichts Nürnberg-Fürth wiederum wurde ein Lokführer von einem Selbstmörder dazu genötigt, diesen zu überfahren, also als Mittel für dessen Selbsttötung missbraucht. Damit war der Lokführer gezwungenermaßen unmittelbar am Selbstmordgeschehen beteiligt. Diese Situation entspricht damit einem Geschehen, in dem der Schädiger dem Geschädigten die Rolle eines Unfallbeteiligten unmittelbar aufzwingt (vgl. etwa OLG Hamburg Urt. v. 28. 2. 2006 – 14 U 211/04 mit Nichtzulassungsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2007 – VI ZR 261/06; hierzu auch Stöhr NZV 2009, 161 [163 f.]), nicht aber dem hier in Rede stehenden Geschehen, bei dem der Kläger im Rahmen eines beruflichen Einsatzes ein bereits verwirklichtes Geschehen miterlebt und später nicht verarbeiten kann.
703.
71Der Kläger kann schließlich keine für sich günstigere Rechtfolge daraus herleiten, dass einzelne Bundesländer im Dienst verletzten Beamten Schadensersatzansprüche gegenüber Schädigern abkaufen (Schriftsatz vom 18. August 2015 S. 13) oder dass im Gesetz zur Regelung der Weiterverwendung nach Einsatzunfällen gerade auch Regelungen für Gesundheitsstörungen geschaffen worden sind, die erst nach dem Ende der Dienstzeit erkannt werden, insbesondere also posttraumatische Belastungsstörungen. Beides betrifft das Verhältnis zwischen Dienstherrn und Dienstverpflichtetem, nicht aber die Frage, ob ein Dritter für Gesundheitsschäden aufkommen muss, die der Dienstverpflichtete im Dienst erleidet.
72Die Schriftsätze des Klägers vom 4. September 2015 und der Beklagten zu 1. und 2. vom 21. September 2015 boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
73D.
74Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 709 Satz 1, 2 ZPO.
75E.
76Streitwert:
77Bis zum 23. August 2015: 80.470 €; seitdem 126.644,10 EUR.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Duisburg Urteil, 28. Sept. 2015 - 8 O 361/14
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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.
(2) Durch eine Mitteilung, deren Unwahrheit dem Mitteilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
Wer einen anderen durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, ist ihm zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustand widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand geraten ist.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.
(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.
Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung.
(1) Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.
(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.
Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung.
Tenor
Die Beklagten zu 1., 2. und 3. werden in Abänderung und unter Neufassung des am 27. Juli 2006 verkündeten Urteils der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 18.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2002 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1., 2. und 3. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen und jeden weiteren immateriellen Schaden aus dem Schadensereignis vom 28. August 1999 zu ersetzen, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten erfolgt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht tragen die Beklagten zu 1., 2. und 3. als Gesamtschuldner.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 1., 2. und 3.
als Gesamtschuldner 95 % und der Kläger 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger begehrt die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere materielle und immaterielle Schäden.
- 2
In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1999 wurden die Polizeibeamten S... und L... zur Gaststätte "…" in N… gerufen, wo es zu einem Streit der alkoholisierten Beklagten mit dem Wirtsehepaar und auch zu körperlichen Übergriffen der Beklagten auf andere Gäste gekommen war. Vor Ort trafen die Beamten etwa 15 bis 25 teilweise stark alkoholisierte und aggressive Personen an; darunter befanden sich auch die Beklagten, die die Gaststätte inzwischen verlassen hatten. Den beiden Polizeibeamten gelang es nicht, die aufgeheizte Stimmung zu entschärfen und die Auseinandersetzung zu beenden. Sie wurden selbst in die Auseinandersetzung mit hineingezogen. Nachdem sich die Situation zunächst etwas beruhigt hatte, bewegten sich die Beklagten gemeinsam auf den Kläger zu, ohne auf dessen Aufforderung stehenzubleiben, zu reagieren. Um sie zu stoppen, gab der Kläger mit seiner Dienstpistole drei Warnschüsse in die Luft ab. Die Beklagten zu 1., 2. und 3. kamen weiter auf diesen zu, der ihnen daraufhin gezielt in die Beine schoss. Unterdessen stand der Zeuge L... mit gezogener Dienstwaffe circa zwei bis drei Meter vom Ort des Geschehens entfernt. Körperliche Verletzungen haben die Beamten bei dem Vorfall nicht davongetragen.
- 3
Beide Polizeibeamten versahen ihren Dienst zunächst bis Januar 2000 weiter. Der Kläger war ab dem 4 .Februar 2000 dienstunfähig. In der Folgezeit wurde er stationär und ambulant behandelt. Mit Bescheid vom 1. Juli 2001 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Der Kläger hatte bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall im Jahre 1985 anlässlich eines Einsatzes und einer Bedrohungsituation von seiner Schusswaffe Gebrauch machen müssen.
- 4
Die Beklagten wurden vom Amtsgericht Lahnstein rechtskräftig wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu Freiheitsstrafen (auf Bewährung) verurteilt. Dem lagen im Wesentlichen die Geständnisse der Beklagten zu Grunde (Bl. 606 ff. d. BA 2020 Js 46.251/99 StA Koblenz).
- 5
Der Kläger hat vorgetragen:
- 6
Die Beklagten zu 1. bis 3. hätten die beiden Beamten umzingelt und dabei körperlich sowie verbal mit größter Aggressivität angegriffen. Es habe eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der beiden Beamten bestanden. Infolge des Verhaltens der Beklagten und des durch ihre Vorgehensweise ausgelösten, gerechtfertigten Schusswaffengebrauchs durch ihn (Kläger) habe er eine chronische posttraumatische Belastungsreaktion, ein sogenanntes Post-Shooting-Syndrom erlitten.
- 7
Der Kläger hat von den Beklagten die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 15.000 € nebst Zinsen sowie die Feststellung deren Verantwortlichkeit für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden begehrt.
- 8
Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt.
- 9
Sie haben vorgetragen:
- 10
Der Schusswaffeneinsatz sei weder erforderlich noch gerechtfertigt gewesen. Er stelle sich als eine Überreaktion des Klägers dar. Auch seien die bestrittenen psychischen Beeinträchtigungen nicht durch das streitgegenständliche Geschehen verursacht worden. Sie seien auch für diese Schäden nicht verantwortlich, da diese aus einer alltäglichen Situation im Berufsleben eines Polizeibeamten herrührten.
- 11
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der geltend gemachte Schaden vom Schutzzweck der in Betracht zu ziehenden Haftungsnormen nicht gedeckt sei. Bei den Polizeibeamten S... und L... habe sich das mit der Wahl ihres Berufes eingegangene Berufsrisiko eines Polizeibeamten verwirklicht und dieses Risiko sei haftungsrechtlich nicht auf die Beklagten in Anbetracht der Gesamtumstände zu verlagern. Auch könne der geltend gemachte Schaden den Beklagten subjektiv nicht zugerechnet werden, denn diese mussten nicht damit rechnen, dass aufgrund ihres Verhaltens die nun geltend gemachten Schäden auftreten könnten.
- 12
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter Intensivierung des bisherigen Vorbringens, vor allem auch zu dem Schutzzweck der verletzten Normen und zu der Zurechnungsfrage weiter vorträgt.
- 13
Der Kläger beantragt zuletzt wie folgt:
- 14
1. Die Beklagten zu werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 15.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 15
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen sowie ab Rechtshängigkeit alle über den Antrag zu 1. hinausgehenden immateriellen Schäden aus den Vorfällen vom 28. August 1999 in N... zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.
- 16
3. Es wird festgestellt, dass die in den Ziffern 1. und 2. ausgeurteilten Forderungen durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung begründet sind.
- 17
Die Beklagten beantragen,
- 18
die Berufung zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.
- 19
Sie beziehen sich im Wesentlichen auf den erstinstanzlichen Vortrag, die die Klageabweisung tragenden Gründe des angefochtenen Urteils und bestreiten den Hergang des Geschehens in der Nacht vom 28. August 1999 sowie die geltend gemachten Schäden bei den beiden Polizeibeamten.
- 20
Der Senat hat Beweis erhoben über den Hergang des Geschehens in der Nacht am 28. August 1999 durch Vernehmung zahlreicher Zeugen (Beweisbeschluss vom 4. Juli 2007 (Bl. 681 ff. GA) - Beweisaufnahme in den Sitzungen vom 5. September 2007 (Bl. 746 ff. GA), vom 26.09.2007 (Bl. 790 ff. GA) und vom 10. Oktober 2007 (Bl. 806 ff. GA)) sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den bei den beiden Polizeibeamten eingetretenen Gesundheitsschäden (Beweisbeschluss vom 7. November 2007 (Bl. 834 f. GA) sowie Senatsbeschluss vom 7. März 2008 (Bl. 911 GA), Sachverständigengutachten vom 23. März 2009 (Bl. 942 ff. GA)). Der Senat hat den Sachverständigen am 23. September 2009 und am 9. Dezember 2009 angehört (Bl. 1041 ff. GA sowie Bl. 1075 ff. GA). Die Parteien haben in der Sitzung vom 09.12.2009 die Durchführung des weiteren Verfahrens im Wege des schriftlichen Verfahrens beantragt.
- 21
Das Verfahren gegen den weiteren Beklagten J... K... wurde durch Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgetrennt (Bl. 1120 f. GA).
- 22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die weiteren schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien nebst eingereichter weiterer Unterlagen sowie auf den Inhalt der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten verwiesen (Bl. 1078 GA). Insbesondere wird auf das amtsgerichtliche Urteil (s.o.) sowie die Lichtbildmappe (2020 Js 46.251/99 - StA Koblenz) verwiesen.
II.
- 23
Die zulässige Berufung des Klägers führt hinsichtlich der Beklagten zu 1., 2. und 3. zur Abänderung und deren Verurteilung nach dem Leistungs-, Zahlungsantrag (angemessenes Schmerzensgeld) sowie dem ersten Feststellungsantrag. Der weiter - erstmals im Berufungsverfahren - gestellte Feststellungsantrag (Nr. 3) hat wegen Verjährung keinen Erfolg; dieser Antrag ist abzuweisen.
A.
- 24
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch (Schmerzensgeld) aus § 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 113, 240, 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 22, 23 StGB, 830, 840, 249 ff., 253 BGB gegen die Beklagten zu 1., 2. und 3. zu. Die Beklagten haben durch ihren gemeinsamen Angriff auf die beiden Polizeibeamten und der damit einhergehenden Rechtsgutverletzung den berechtigten Schusswaffeneinsatz ausgelöst, der wiederum zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) zu den massiven Gesundheitsbeschädigung bei dem Kläger geführt hat. Diese Schäden fallen nach Ansicht des Senats auch durchaus in den Schutzbereich der verletzten Normen, die gerade auch den Schutz der Polizeibeamten bezwecken. Auch sind die geltend gemachten und nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch eingetretenen psychischen Schädigungen der Polizeibeamten den Beklagten zuzurechnen.
- 25
1.a) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung) steht auch unter Berücksichtigung des Inhalts der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Strafakten, insbesondere auch nach der auf den Geständnissen der Beklagten beruhenden strafrechtlichen Verurteilung (s. o.g. Urteil Amtsgericht Lahnstein) für den Senat mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) fest, dass die drei Beklagten gemeinschaftlich handelnd die Polizeibeamten S... und L... bedroht und genötigt sowie versucht haben, diese körperlich anzugreifen und zu verletzen. Sie haben damit zumindest den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB (Freiheitsverletzung) sowie des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Strafbarkeitsvorschriften des §§ 113, 240 und 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 22, 23 StGB erfüllt. Dieses gemeinschaftliche, die Rechtsgüter des Klägers verletzende Handeln der drei Beklagten ergibt sich eindrucksvoll aus den Bekundungen der vor dem Senat vernommenen Zeugen (s. Sitzungsniederschriften vom 5. September 2007 (Bl. 746 ff. GA), vom 26. September 2007 (Bl. 790 ff. GA) sowie vom 10. Oktober 2007 (Bl. 806 ff. GA)). So haben insbesondere gerade auch die an dem Vorfall selbst nicht unmittelbar beteiligten Zeugen D..., G...-F..., F..., W..., B1..., S1..., B2..., M... und Sch... die eigene Erinnerungen an den Vorfall nach Abgabe der Warnschüsse vor dem Lokal der Zeugen F... bekunden können. Diese Zeugen haben eindrucksvoll, für den Senat völlig nachvollziehbar und zum Teil mit großer emotionaler Beteiligung die für die Zeugen S... und L... äußerst bedrohliche und im höchsten Maße gefährliche Situation geschildert. Danach kamen die auch von den Zeugen eindeutig als Angreifer identifizierten drei Beklagten (s. Zeugenaussagen sowie Inhalt der beigezogenen Strafakten) in äußerst aggressiver Weise und im höchsten Maße bedrohlich auf die beiden Polizeibeamten, insbesondere auf den Kläger zu, veranlassten diese zu einem "Rückzug", bis der Kläger mit dem Rücken zu einer Hauswand stand. Diese absolute Gefährlichkeit der Situation für die beiden Angegriffenen, insbesondere für den Kläger, wird plastisch erfahrbar auch durch die Bekundung der Zeugin G...-F..., nach der die Situation geprägt war von einem "Vernichtungswillen". Vergleichbares schildern auch die anderen vor dem Senat vernommenen Zeugen. Hiernach wurden sämtliche polizeilichen Anhalte- und Stopp-Befehle der beiden Polizeibeamten zur Beendigung des Angriffs von den drei Beklagten völlig ignoriert, nachdem diese bereits zuvor mit äußerster Brutalität auch auf weitere Unbeteiligte losgegangen waren und diese verletzt hatten. Wegen dieser Körperverletzungen wurden die Beklagten bereits rechtskräftig verurteilt. Auch die zuvor abgegebenen Warnschüsse hinderten die Beklagten nicht an dem weiteren massiven aggressiven Angriff. Die Angreifer kamen auf den Kläger bis in dessen unmittelbare körperliche Nähe zu; einige Zeugen haben einen Abstand von einem Meter bekundet; die Beklagten hatten die Hände/ Fäuste bereits gegen den Zeugen erhoben, so dass der Senat davon ausgeht, dass eine körperliche Beeinträchtigung durch Schläge bzw. Tritte unmittelbar bevorstand.
- 26
Der Senat macht diese Bekundungen zur Grundlage seiner Überzeugungsbildung, da die Aussagen dieser Zeugen durchweg glaubhaft und diese selbst glaubwürdig sind. Diese Aussagen vor dem Senat stimmen auch in den wesentlichen Punkten mit den polizeilichen Vernehmungen (s. beigezogene Strafakten) und auch mit den geständigen Einlassungen der Beklagten vor dem Schöffengericht Lahnstein (Bl. 606 ff. d. BA 2020 Js 46.251/99 - StA Koblenz) überein.
- 27
Die genannten Zeugen haben keinerlei Interesse an dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens, kamen zu dem Geschehen völlig unbeteiligt hinzu, beobachteten dieses zum Teil aus ihren eigenen Wohnungen und haben keinerlei Verbindungen zu dem Kläger oder dem Zeugen L... oder den Beklagten. Insoweit verweist der Senat auch auf den eingehend begründeten Glaubwürdigkeitsvermerk in dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 7. November 2007 (Bl. 827 ff. GA). Auch für den erkennenden Senat sind die Ausführungen der Zeugen durchweg überzeugend und können der vorliegenden Entscheidung zugrunde gelegt werden. Die Aussagen der genannten Zeugen werden auch im Kerngeschehen unterstützt von den Bekundungen des gleichfalls als Zeuge vernommenen Polizeibeamten L... (Bl. 748 ff. GA). Dieser bestätigt im Wesentlichen die äußerste Aggressivität und den unbedingten Angriffswillen der drei Beklagten sowie die äußerst bedrohliche Situation nach Abgabe der Warnschüsse unter Berücksichtigung der vorangegangenen massiven Körperverletzungen gegenüber völlig unbeteiligten Dritten. Er hat auch bekundet, dass sie (beide Polizeibeamte) von den drei angreifenden Beklagten abgedrängt, zum Rückzug genötigt wurden und dass diese (Beklagte) auf keinerlei polizeiliche Weisungen mehr reagiert hatten.
- 28
Nach allem haben die drei eindeutig als Angreifer identifizierten Beklagten zu 1., 2. und 3. die polizeilichen Anweisungen zum Stehenbleiben und zur Beendigung des Angriffs eindeutig ignoriert, sie haben Widerstand gegen die Polizeibeamten geleistet (§ 113 StGB - rechtskräftige Verurteilung), sie haben diese abgedrängt und zum "Rückzug" genötigt (§ 240 StGB) und hierdurch auch deren Freiheit beeinträchtigt (§ 823 Abs. 1 BGB) sowie weiterhin auch versucht, diese körperlich durch Schläge bzw. Tritte zu verletzen (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 22, 23 StGB). Dies alles ist zur Überzeugung des Senats auch gemeinschaftlich und vorsätzlich erfolgt. Die drei Beklagten wollten gerade unter Missachtung der mehrfach gegebenen polizeilichen Aufforderungen auf die zwei Polizeibeamten "losgehen" und haben dieses Vorhaben auch in äußerst aggressiver Weise umgesetzt. Nach allem haben sie die haftungsbegründenden Tatbestände von § 823 Abs. 1 sowie § 823 Abs. 2 i.V.m. den oben genannten Schutzgesetzen tatbestandsmäßig und auch vorsätzlich erfüllt, wobei sich der Vorsatz - wie hier gegeben - lediglich auf die Rechtsgutverletzung bzw. die Verletzung des Schutzgesetzes beziehen muss. Der später eingetretene Schaden muss nicht vom Vorsatz umfasst sein (Palandt-Grüneberg, § 276 Rn. 10 m.w.N.).
- 29
b) Gegen den früheren weiteren Beklagten J... K..., gegen den das Verfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahren abgetrennt wurde (s.o.), haben sich die Vorwürfe, die zu seiner Verantwortlichkeit führen könnten, im vorliegenden Verfahren nicht bestätigt. Bereits der Kläger hat eine Teilnahme dieses früheren Beklagten an den den Schüssen unmittelbar vorausgegangenen Angriffshandlungen mit Sicherheit ausgeschlossen (Bl. 733 der BA 1 U 1161/06 - Zeugenvernehmung). Dies wird auch durch weitere Zeugen bestätigt (vgl. Aussage des Zeugen F... und der Zeugin I… K...). Diesem weiteren Beklagten ist mithin eine Beteiligung an den unmittelbar rechtsgutsverletzenden und schadensauslösenden Angriffshandlungen nicht nachweisbar und er ist für die hieraus resultierenden Schäden nicht verantwortlich. Eine Haftung infolge gefahrverursachenden Vorverhalten (Ingerenz) kann im vorliegenden Fall auch nicht zu einer Haftung dieses weiteren Beklagten (J... K...) führen. Zwar war dieser Beklagte wie auch die drei weiteren unstreitig an den körperlichen Auseinandersetzungen in der Gastwirtschaft beteiligt, was letztlich - äquivalent-kausal - zu dem Polizeieinsatz der beiden Beamten S... und L... führte. Dieses Verhalten innerhalb der Gaststätte mit nachfolgenden zahlreichen Unterbrechungen des Kausalverlaufes - Zurechnung - (Herausgehen aus der Gaststätte, Eintreffen der Polizeibeamten, Rangeleien, Warnschüsse, anscheinende Beruhigung der Situation, Verlagerung des Geschehens mit massivem Angriff durch die drei Beklagten auf die Polizeibeamten) führt im vorliegenden Fall unter Beachtung der zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten in einer Gesamtbewertung der Geschehnisse nicht zu einem Zurechnungszusammenhang zwischen den später eingetretenen psychischen Schäden und dem ursprünglichen deliktischen Verhalten des weiteren Beklagten J... K... in der Gaststätte. Eine Haftung dieses weiteren Beklagten scheidet mithin zur Überzeugung des Senats aus. Durch das Eintreffen der Polizeibeamten nach Abschluss der körperlichen Auseinandersetzung in der Gaststätte trat eine Zäsur mit der Folge der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs ein. Da dieser weitere Beklagte an den unmittelbar den Schüssen vorausgehenden Angriffen auf die Polizeibeamten nach den oben genannten Zeugenaussagen nicht beteiligt war, ist er für die hieraus unmittelbar resultierenden Rechtsgutsverletzungen mit den nachfolgenden Schädigungen und die für das Land erforderlichen Ersatzleistungen nicht verantwortlich.
- 30
2. Das Handeln der drei Beklagten war auch rechtswidrig; irgendwelche Rechtfertigungsgründe für diesen Angriff auf die beiden Polizeibeamten sind weder dargetan noch für den Senat ersichtlich.
- 31
Das Handeln der beiden Polizeibeamten, insbesondere auch die Abgabe der Warnschüsse und später auch der gezielten Schüsse auf die Angreifer war insgesamt rechtmäßiges polizeiliches Handeln. Abgesehen von der eindeutigen Rechtfertigung dieses Handelns, das dem Ziel der sofortigen Beendigung der Angriffe der Beklagten auf weitere Personen, deren Personen- und Sachverhaltsfeststellung nach dem Begehen mehrerer Straftaten diente, aus den entsprechenden Ermächtigungsnormen des Polizeirechts liegt hier ein klarer Fall der Rechtfertigung über "Notwehr" im Sinne von § 227 BGB, § 32 StGB vor. Der die Schüsse abgebende Kläger befand sich in diesem Zeitpunkt gerade auch unter Zugrundelegung der Bekundungen der oben genannten Zeugen in einer ganz akuten Notwehrlage, sah sich den massiven Angriffen der drei Beklagten gegenüber, die in unmittelbarer körperlicher Nähe zu ihm sich äußerst bedrohlich und aggressiv verhielten. Der dynamische Angriff war in vollem Gange. Da die Beklagten verbalen polizeilichen Aufforderungen nicht nachkamen und auch sonstige mildere Abwehrmittel mit gleicher Effektivität für den Senat unter Berücksichtigung der situativen Gegebenheiten nicht ersichtlich sind, waren die den Angriff stoppenden Schüsse auf die Beine der Beklagten im vorliegenden Fall völlig der Situation angemessen, keineswegs überzogen oder unverhältnismäßig und damit eindeutig rechtmäßig.
- 32
Soweit einer der Beklagten geltend macht, von einem Schuss getroffen worden zu sein, als er sich bereits abgewendet hatte (bestritten), würde dies auch nicht zur Rechtswidrigkeit des Abwehrverhaltens des Klägers insgesamt führen. Insoweit ist für den geltend gemachten Ersatzanspruch auf das gesamte Geschehen abzustellen, was sich aus den oben genannten Gründen als eindeutig rechtmäßig darstellt.
- 33
Hinzuweisen ist allenfalls darauf, dass - selbst wenn man das Geschehen wie von dem einen Beklagten dargestellt einmal als zutreffend unterstellt - dieser eine Schuss des Klägers wohl in den Geltungsbereich von § 33 StGB fiele. An der Berechtigung des den Angriff der Beklagten effektiv abwehrenden Verhaltens durch den Kläger insgesamt kann dies nichts ändern.
- 34
Damit handelten die Beklagten bei ihrem Angriff auf die beiden Polizeibeamten eindeutig rechtswidrig.
- 35
3. Der vorsätzliche und rechtswidrige Angriff auf die beiden Polizeibeamten führte auch zur Verletzung deren Rechtsgüter (s.o. 1.a) und bewirkte die berechtigte Abwehr durch den Schusswaffeneinsatz. Dieser führte dann zu den Bein-Verletzungen bei den Beklagten und damit zum Ende deren Angriffs (zu den örtlichen Gegebenheiten nach Angriffsende s. d. beigezogene Lichtbildmappe).
- 36
Das Gesamtgeschehen war auch ursächlich für die bei dem Kläger sich ausbildende chronische posttraumatische Belastungsstörung nach ICD 10 WHO F 43.1.
- 37
a) Aus dem eingeholten psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Dr. med. C. S... vom 23. März 2009 (Bl. 942 ff. GA) ergibt sich eindeutig, dass bei dem Kläger eine chronische posttraumatische Belastungsstörung unter Berücksichtigung der Bewertungsfaktoren der WHO vorliegt und diese psychische Erkrankung ursächlich auf die o.g. nächtlichen Ereignisse, insbesondere den Schusswaffeneinsatz vom 28.08.1999 zurückzuführen ist. Der Sachverständige hat in dem genannten Gutachten sowie in seiner Anhörung vor dem Senat in den drei hierzu verbundenen Verfahren (Bl. 1075 ff. d. A.) überzeugend dargelegt, dass dieses Gutachten zum einen von ihm selbst verantwortet wird (s. auch Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2009, Bl. 1051 ff. GA) und zum anderen, dass die besagte psychische Erkrankung bei dem Kläger - kausal auf das obige Geschehen mit den Beklagten zurückführbar - sachverständig festgestellt tatsächlich gegeben sind. Der Sachverständige hat sich eingehend mit dem Vorliegen dieser Erkrankungen auseinandergesetzt und diese eingehend diagnostisch abgesichert. Er hat bei dem Kläger weitere denkbare und von den Beklagten behauptete Bewirkungsfaktoren (neben dem oben genannten Angriff durch die Beklagten) für die Ausbildung des nun vorliegenden Krankheitsbildes ausgeschlossen. Die in Rede stehenden, zum Teil Jahre zurückliegenden Ereignisse (früherer Schusswaffeneinsatz) wurden nach den sachverständigen Feststellungen adäquat verarbeitet und konnten keine Wirkkraft mehr für die nun ausgebildete Erkrankung darstellen.
- 38
Der Gutachter hat auch alle Einwände gegen das Vorliegen einer Erkrankung und deren kausale Rückführung auf den Angriff der Beklagten überzeugend zurück gewiesen. So spricht die Latenzzeit zwischen dem Vorfall und der Ausbildung von Störungssymptomen von mehreren Monaten sogar eher für als gegen das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms. Eine Simulation o.ä. hat der Sachverständige eindeutig und überzeugend ausgeschlossen. Die vorgenommene ambulante Untersuchung ohne stationäre Unterbringung hat er als ausreichend angesehen.
- 39
Mithin steht für den Senat mit ausreichender Gewissheit fest, dass bei dem Kläger sich die oben genannte Erkrankung ausgebildet hat und dies ursächlich auf die bereits geschilderten und von den Beklagten zu verantwortenden Ereignisse zurück zu führen ist. Deren Handeln wurde ursächlich für die sich ausbildende und fortdauernde Erkrankung des Klägers. Der Kläger wurde durch das rechtswidrige Handeln der Beklagten traumatisiert.
- 40
Auch aufgrund der Anhörung des Sachverständigen vor dem Senat (vgl. Sitzungsniederschrift vom 9. Dezember 2009, Bl. 1075 ff. GA) steht für den Senat fest, dass weitergehende Begutachtungen, Untersuchungen nicht angezeigt sind, solche auch nicht zu weiteren Erkenntnissen führen würden. Auf entsprechende Frage der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat der Sachverständige eindeutig verneint, dass weitergehende psychologische Untersuchungen u.a. zur Abklärung und Absicherung der vorgenommenen Diagnose erforderlich wären. Die vorgenommenen Untersuchungen und Bewertungen durch den Sachverständigen waren für diesen für eine abgesicherte Diagnose ausreichend. Dies hat der Sachverständige dem Senat so auch entsprechend vermittelt. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung des Sachverständigen uneingeschränkt an. Damit steht für den Senat mit ausreichender Sicherheit sowohl die chronische posttraumatische Belastungsstörung (mit Krankheitswert) bei dem Kläger wie auch deren Rückführbarkeit im Sinne einer Ursachenzurechnung auf die Angriffe der Beklagten mit den nachfolgenden Entwicklungen (Schüsse u.a.) fest. Der gemeinschaftliche und rechtswidrige Angriff der Beklagten war damit äquivalent kausal für die später eingetretenen psychischen Schäden bei dem Kläger.
- 41
b) Diese chronische posttraumatische Belastungsstörung ist den drei Beklagten zuzurechnen.
- 42
Zum einen handelt es sich nicht um völlig fernliegende, absolut atypische Folgen nach den entsprechenden, von den Beklagten getätigten massiven Angriffen. Gerade auch unter Berücksichtigung der oben genannten Zeugenaussagen war das Vorgehen der Beklagten und deren Angriff auf die beiden Polizeibeamten so massiv, so aggressiv, dass es durchaus lebensnah und keineswegs fernliegend ist, dass sich bei den betroffenen Personen eine ganz enorme Stresssituation mit nachfolgender Belastungsstörung ausbildet. Dieses Phänomen ist auch - gerichtsbekannt - für verschiedene Berufe, insbesondere für Polizeibeamte entsprechend beschrieben und auch abgesichert. Dass demnach ein solcher Angriff wie geschehen mit nachfolgendem abwehrendem Schusswaffeneinsatz zu dieser psychischen Belastung (mit Krankheitswert) bei den Polizeibeamten führt, ist demnach eine durchaus naheliegende, keineswegs eine fernliegende Folge. Wegen völliger Atypizität des Geschehensablaufs und der daraus resultierenden Folgen scheidet demnach eine Zurechnung im vorliegenden Fall nicht aus.
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Eine Zurechnung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich bei den beiden eingesetzten Polizeibeamten deren "Lebens-, Berufswahlrisiko" realisiert hätte (vgl. insoweit die Argumentation in der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung). Dass auch ein Polizeibeamter, wenn er von einem Angreifer geschlagen, getreten und hierdurch körperlich verletzt wird, einen entsprechenden Ersatzanspruch (Schadenersatz, Schmerzensgeld) hat, dürfte unzweifelhaft sein. Insoweit ist bisher nicht ersichtlich, dass es einen Fall gibt, in dem der jeweilige Schädiger unter dem Gesichtspunkt "Verwirklichung des Lebens-, Berufsauswahlrisikos" von einer Haftung freigestellt wurde. Der Schädiger ist in diesem Fall für die körperlichen Schäden verantwortlich und entschädigungspflichtig. Weshalb im vorliegenden Fall des Eintritts einer massiven psychischen Schädigung, Erkrankung etwas anderes gelten soll, ist dem Senat nicht ersichtlich und auch unter Zugrundelegung der landgerichtlichen Ausführungen nicht nachvollziehbar. Ein Ausschluss der Zurechenbarkeit könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn sich eine völlig fernliegende, extrem atypische Folge realisiert hätte. Dies ist aus den oben genannten Gründen jedoch eindeutig nicht der Fall.
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Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eigenes Handeln der Polizeibeamten (Schusswaffeneinsatz) das ihre Erkrankung auslösende Gesamtgeschehen mit geprägt hat. Dieses Handeln hatte aber gerade seine Ursache in dem massiven, die Rechtsgüter der Polizeibeamten verletzendem Verhalten der Beklagten, ihrem massiven und höchst aggressiv vorgetragenem Angriff (s. Palandt-Grüneberg, Vorb § 249 Rn. 24 ff., 41 ff.; Palandt-Sprau, § 823 Rn. 58).
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Eine Zurechnung scheidet auch nicht aus, weil sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hätte. In diesen Fällen (u.a. Stolpern über Bordstein, Ausrutschen auf nassem Gras) wirkt sich das Verhalten des Schädigers gerade nicht gefahrerhöhend aus. Im hier vorliegenden Fall war hingegen der Angriff der Beklagten gerade Auslöser für die abwehrenden Schüsse und die gesamte Folgeentwicklung. Es hat sich gerade nicht das allgemeine Lebensrisiko sondern das von den Beklagten vorsätzlich und rechtswidrig geschaffene und erhöhte Risiko für die Polizeibeamten verwirklicht. Diese Sichtweise mit der hier eindeutig anzunehmenden Zurechnung ergibt sich auch aus dem von den Beklagten vorlegten Urteil (BGH v. 22.05.2007 - VI ZR 17/06; Bl. 425 ff. d.A.). Es lag gerade eine Gefahrverursachung, Gefahrerhöhung durch die Beklagten vor.
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Auch konnten und mussten die Beklagten damit rechnen, dass infolge ihres äußerst aggressiven Vorgehens unter Missachtung eindeutiger polizeilicher Anordnungen auf die beiden eingesetzten Polizeibeamten diese die hieraus entstehende Situation nicht folgenlos verarbeiten würden, mithin durchaus die nahe Möglichkeit bestand, dass sich hier Belastungsstörungen ausbilden. Damit war diese Folge bei den beiden Polizeibeamten nicht nur objektiv zurechenbar, sondern auch für die Beklagten subjektiv unter Zugrundelegung zivilrechtlicher Maßstäbe vorhersehbar (s. Palandt-Sprau, § 823 Rn. 42 f.).
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Nach allem hat der rechtswidrige Angriff der Beklagten kausal und zurechenbar zu den bei den eingesetzten Polizeibeamten vorliegenden chronischen psychischen Belastungsstörungen mit Krankheitswert geführt, was wiederum den vom Kläger geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch begründet.
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4. Der Senat erachtet die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 18.000 € unter Berücksichtigung der für den vorliegenden Fall relevanten Zumessungsgesichtspunkten (s. Palandt-Grüneberg, § 253 Rdnr. 15 ff.) als angemessen aber auch als ausreichend. Hierbei hat er vor allem das sachverständig festgestellte Maß an Beeinträchtigungen und Schädigungen des Klägers sowie auch das Vorgehen der Beklagten, dessen Unwertgehalt mitberücksichtigt. Besonders ins Gewicht fällt auch die seit Anfang 2000 bestehende lange Zeit der massiven Beeinträchtigung des Klägers in seiner gesamten Lebenswelt (u.a. Aufgabe seines Berufs). Nicht ohne Berücksichtigung konnte aber auch das prozessuale Verhalten der Beklagten in dem seit Mitte des Jahres 2002 andauernden Zivilrechtsstreit bleiben. So wurden die Geschehnisse in der Nacht des 28.08.2009 im vorliegenden Rechtsstreit bestritten, obwohl entsprechende Geständnisse in dem einschlägigen Strafverfahren bereits abgegeben worden waren. Hierdurch hat sich der Rechtsstreit auch mit den entsprechenden psychischen Belastungen für den Kläger deutlich hinausgezögert. Die wesentlichen Zumessungsfaktoren für den Senat waren jedoch die Schwere und auch die Dauer der erlittenen und noch andauernden Schädigung sowie das ganz massive Vorgehen der Beklagten bei ihren Angriffen auf die beiden Polizeibeamten, wobei der Senat hier von einem doch recht hohen Unwertgehalt ausgeht. Nach allem ist der ausgeurteilte Schmerzensgeldbetrag angemessen, aber auch für eine Genugtuung des Klägers ausreichend.
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5. Der geltend gemachte bezifferte Leistungsanspruch, -antrag ist nicht verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde rechtzeitig unterbrochen bzw. gehemmt. Dies gilt auch für den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag.
B.
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Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte klageerweiternde Feststellungsantrag nach Ziff. 3 des Schriftsatzes des Klägers vom 15. Januar 2010 (zugestellter klageerweiternder Antrag vom 01.10.2007, Bl. 804 ff. d.A.) ist wegen Eintritts der Verjährung auf die entsprechenden Einreden der Beklagten hin abzuweisen. Dieser Anspruch unterliegt einer eigenständigen Verjährung (OLG Karlsruhe, OLGReport Karlsruhe 2009, 904 f.). Die dreijährige Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes mit dem klageerweiternden Antrag im Jahre 2007 eindeutig abgelaufen. Dieser Antrag des Klägers bleibt damit ohne Erfolg.
C.
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Nach allem ist das landgerichtliche Urteil wie geschehen abzuändern. Die Beklagten zu 1., 2. und 3. sind dem Kläger ersatzpflichtig und auch verantwortlich für eintretende Folgeschäden. Der im Berufungsverfahren erstmals geltend gemachte weitergehende Feststellungsantrag ist verjährt und dementsprechend abzuweisen.
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Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die abschließend in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Gründe im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um die Entscheidung in dem hier vorliegenden Einzelfall, der keinerlei grundsätzliche Fragen berührt und dessen Entscheidung auch in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Auslegung der einschlägigen Rechtssätze steht.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich für die erste Instanz aus § 91 und für das Berufungsverfahren aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf insgesamt 33.000 € festgesetzt (Antrag zu 1: 18.000 €; Feststellungsantrag zu 2: 15.000 €). Der Wert des Berufungsverfahrens wird unter Berücksichtigung des weiter gestellten Feststellungsantrages (Antrag zu 3) auf insgesamt 34.800 € festgesetzt (Wert des letztgenannten Feststellungsantrags unter Berücksichtigung der erheblich eingeschränkten Vollstreckungsmöglichkeiten (s. auch BGH, BGHReport 2009, 585): 1.800 €).
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.