Landgericht Bonn Urteil, 09. Apr. 2015 - 2 O 11/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 164.527,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentsätzen über dem Basiszinssatz aus 83.318,95 € seit dem 01.10.2013 sowie aus 81.207,43 € seit dem 31.12.2013 zu zahlen.
Wegen der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Zinsswap-Geschäft.
3Die Beklagte ist eine kreisangehörige Stadt im Kreis F. Sie hatte bei der X AG (im Folgenden nur noch X) Darlehen aufgenommen. Im Jahre 2007 beliefen sich die Verbindlichkeiten der Beklagten auf 25 Mio. €. Seit dem Jahre 2005 waren Mitarbeiter der X und der Beklagten wiederholt im Gespräch zum Thema Schuldenmanagement.
4Unter dem Datum 22.08.2005 schlossen die X und die Beklagte einen „Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte“, der von den Vertragspartnern aber aus nicht dargelegten Gründen erst am 07.02.2006 bzw. 15.02.2006 unterzeichnet wurde (Anlage K 3, Bl. ### ff. d.A.).
5Zwischen Februar 2006 und Juli 2007 schlossen die X und die Beklagte sodann fünf Swap-Geschäfte auf der Basis des Rahmenvertrages. Alle fünf Geschäfte sind Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung, wobei aber nur ein - noch darzustellender - Vertrag hier streitgegenständlich ist. Wegen der übrigen vier Verträge führt die Beklagte beim Landgericht Düsseldorf Klage (10 O 175/14).
6Die X bestätigte der Beklagten am 13.07.2007 einen auf der Grundlage des Rahmenvertrages geschlossenen des hier streitgegenständlichen Vertrag vom 12.07.2007, den sie als „Zinsswap mit einseitigem Kündigungsrecht – Ref.Nr. #######$“ bezeichnete (Anlage K 1, Bl. ## ff. d.A.).
7Der Vertrag hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt:
8„Anfangsdatum: 30.12.2011
9Enddatum 30.12.2031 (vorbehaltlich einer Anpassung nach Nr. 3 Abs. 5 des Rahmenvertrages gemäß Variante: (c) folgender Bankarbeitstag modifiziert.
10Vertragswährung: EUR
11Anfänglicher Bezugsbetrag 6.000.000,00.“
12Der Betrag reduzierte sich laut einer Tabelle 1 zum Vertrag um 25.000,-€ pro Quartal, also auf 4.025.000,00 € zum 30.09.2031.
13Es heißt weiter:
14„Zahlungspflichten: Vorbehaltlich einer Aufrechnung nach Nr. 3 Abs. 3 des Rahmenvertrags zahlt – jeweils an die andere Partei –
15 der Zahler der Festbeträge an jedem Zahlungstermin für Festbeträge den entsprechenden Festbetrag
16 der Zahler der variablen Beträge an jedem Zahlungstermin für variable Beträge den entsprechenden variablen Betrag.
17Regelungen betreffend Festbeträge:
18Zahler der Festbeträge: Stadt N2
19Festsatz: 5,80 % p.a.
20Quotient: 360/360
21Fälligkeitstage für Festbeträge: Jeweils der 30.03.; 30.06.; 30.09 und 30.12., vom 30.03.2012 bis zum Enddatum.
22Zahlungstermine für Festbeträge: Jeweils der 30.03.; 30.06.; 30.09 und 30.12., vom 30.03.2012 bis zum Enddatum, vorbehaltlich einer Anpassung nach Nr. 3 Abs. 5 des Rahmenvertrages gemäß Variante:
23(c) folgender Bankarbeitstag modifiziert.
24Berechnungszeitraum für Festbeträge: Zahlungstermin/Zahlungstermin
25Bankarbeitstag: Target-Tag
26TARGET-Tag ist (a) für Zahlungen, jeder Tag, an dem alle für die Durchführung einer solchen Zahlung relevanten Teile des Trans-European Automated Realtime Gross Settlement Express Transfer (TARGET) System in Betrieb sind, und (b) für sonstige Zwecke, jeder Tag, an dem das TARGET System geöffnet ist.
27Regelungen betreffend variable Beträge:
28Zahler der variablen Beträge: X AG Düsseldorf
29Variabler Satz: Basis-Satz
30Basis-Satz: 3 Monats EURIBOR in der Vertragswährung
31Bestimmung des Basis-Satzes: 3 Monatsgelder ("EURIBOR") in der Vertragswährung gemäß Bildschirm-Veröffentlichung des S-Informationsdienstes (EURIBOR01) für den Zeitpunkt 11.00 Uhr (Brüsseler Zeit) am zweiten TARGET-Tag vor dem Beginn des jeweiligen Berechnungszeitraumes ("Feststellungstag").
32Fälligkeitstage für variablen Beträge: Jeweils 30.03.; 30.06.; 30.09 und 30.12., vom 30.03.2012 bis zum Enddatum.
33Zahlungstermine für variable Beträge: jeweils 30.03.; 30.06.; 30.09 und 30.12., vom 30.03.2012 bis zum Enddatum, vorbehaltlich einer Anpassung nach Nr. 3 Abs. 5 des Rahmenvertrages gemäß Variante:
34(c) folgender Bankarbeitstag modifiziert.
35Quotient: 365/360
36Variabler Satz für den ersten Berechnungszeitraum: Für den ersten Berechnungszeitraum wird der Basis-Satz am zweiten TARGET Bankarbeitstag vor dem Anfangsdatum festgestellt.
37Berechnungszeitraum für variable Beträge: Zahlungstermin/Zahlungstermin
38Bankarbeitstag: Target-Tag
39TARGET-Tag ist (a) für Zahlungen, jeder Tag, an dem alle für die Durchführung einer solchen Zahlung relevanten Teile des Trans-European Automated Realtime Gross Settlement Express Transfer (TARGET) System in Betrieb sind, und (b) für sonstige Zwecke, jeder Tag, an dem das TARGET System geöffnet ist.“
40Der Vertrag enthielt ein einseitiges Kündigungsrecht für die X, dessen Ausübung keine Kosten, Gebühren oder Ausgleichszahlungen auslöste. Erster und einziger Kündigungstag war der 28.12.2011, vorbehaltlich einer Anpassung nach Nr. 3 Abs. 5 des Rahmenvertrages gemäß Variante: (c) folgender Bankarbeitstag modifiziert.
41Nr. 3 Abs. 5 des Rahmenvertrages lautet wie folgt:
42„Ist ein Fälligkeitstag kein Bankarbeitstag, so sind die Zahlungen und sonstigen Leistungen nach Maßgabe des Einzelabschlusses wie folgt zu erbringen: ...
43c) am unmittelbar folgenden Bankarbeitstag; sofern dieser jedoch in den nächsten Kalendermonat fällt, am unmittelbar vorhergehenden Bankarbeitstag.“
44Ebenfalls unter dem 13.07.2007 bestätigte die X der Beklagten eine am 12.07.2007 erfolgte Swap-Vertragsaufhebung zu den Ref.Nr. ######$/######$/######$ (Anlage K 4, Bl. ## d.A.). Sie betraf eine Vereinbarung vom 15.02.2006 mit einem Anfangsdatum vom 17.02.2006 und einem Enddatum vom 17.02.2012. Der Bezugsbetrag belief sich über 4.000.000,00 €. Die Vertragsparteien vereinbarten die Auflösung zum 17.05.2007. Der vertragsgegenständliche Swap-Vertrag sollte diesen Vertrag auflösen.
45Der 3-Monats-EURIBOR stieg bis Ende Oktober 2008 auf 5,4 %, im Zuge der Finanzkrise fiel er.
46Die Klägerin machte von ihrem zum Ende 2011 eingeräumten einmaligen Kündigungsrecht keinen Gebrauch. Mit Beginn der Swap-Vereinbarung, d.h. der Zahlungspflicht bezüglich der Festbeträge und der variablen Beträgen wurden bestehende Verbindlichkeiten der Beklagten der Swap-Vereinbarung zugeordnet, wobei die Parteien insoweit keine Einzelheiten mitteilen.
47Gegenstand der Klage sind die Zinslasten per 30.09.2013 (83.318,95 €) und 30.12.2013 (81.207,43 €). Die Beträge beruhen auf der Saldierung des Festzinsbetrages von 5,80 % und des 3-Monats-EURIBOR zu den Stichtagen in Höhe von 0,222 % bzw. 0,221 %. Bis zum 3. Quartal 2013 hatte die Beklagte die Zinsen gezahlt, seither verweigert sie die weitere Zahlung unter Berufung auf Schadensersatzansprüche.
48Die X firmierte ab dem 02.07.2012 als Q AG. Von ihr übernahm die Klägerin im Wege der Abspaltung ein bestimmtes Derivate-Portfolio mit Wirkung zum 17.12.2012. Zum Portfolio gehören auch Rechte und Pflichte aus Verträgen mit der Beklagten.
49Bezüglich der – nicht streitgegenständlichen – weiteren vier Verträge ist Folgendes unstreitig:
50Die X und die Beklagte schlossen am 15.02.2006 mit Anfangsdatum 17.02.2006 und Enddatum 17.02.2014 einen Swap-Vertrag mit der Ref.Nr. ######$ (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19.05.2014).
51Hier lautete die Bezugsgröße auf 4.000.000,00 €. Die X verpflichtete sich zur Zahlung eines Festzinses von 2,8 %, die Beklagte zu variablen Beträgen: 3,90 – 5,00 x Basis-Satz, mindestens aber 2 %. Basis-Satz war EUR CMS 10 – EUR CMS 2 (CMS 10 = 10-Jahres-Swaprate; CMS 2 = 2-Jahres-Swap-Rate). Der Vertrag wurde als „Kündbarer Differenz-Swap“ bezeichnet.
52Mit der Ref.Nr. ######$ schlossen die X und die Beklagte ebenfalls unter dem 15.02.2006 einen weiteren Swap-Vertrag („kündbarer Stufen-Swap“). Auch hier lautete die Bezugsgröße auf 4.000.000,00 €.
53In einer der Beklagten vorgestellten Präsentation vom 14.09.2005 „Aktives Zinsmanagement mit Derivaten für die Stadt N2“ (Anlage K 10 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) hatten deren Ansprechpartner für die X, die Herren N und Dr. T, das Fazit gezogen, das Schuldenportfolio der Beklagten zeige ein Optimierungspotential. Für die Stadt ergäbe sich aus der Häufung der Zinsanpassungstermine in den Jahren 2015 und 2018 ein hohes Zinsanpassungsrisiko. Eine teilweise Umschichtung an andere Laufzeiten sei empfehlenswert. Das Portfolio weise nur festverzinsliche Darlehen auf, die Vorteile einer günstigeren variablen Finanzierung würden nicht genutzt. Die Durchschnittsverzinsung des Schuldenportfolios sei zu hoch, zur Finanzierung böten sich strukturierte Derivate wie z.B. ein kündbarer Stufen-Swap an. Die Produktart hänge von der Zinsmeinung ab.
54In einer weiteren Präsentation vom 09.02.2006 (Anlage K 11 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) zogen die Herrn N und Dr. T das gleiche Fazit. Hierin waren die verschiedenen Möglichkeiten der Zinsoptimierung näher dargestellt.
55Der „kündbare Differenz-Swap“ Vertrag vom 15.02.2006 mit der Ref.Nr. ######$ wurde bereits im Februar 2007 wieder aufgelöst, nachdem die Beklagte in den ersten beiden Zahlungsterminen Gewinne erzielt hatte, die Entwicklung für sie aber nachteilig war. In einer Präsentation vom 22.01.2007 (Anlage K 12 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) kam die X zu dem Schluss, dass eine Zinserhöhung realistisch erscheine. Dies könne dazu führen, dass die Beklagte Auszahlungen leisten müsse. Der kündbare Spread (Differenz)-Swap könne aufgelöst werden und stattdessen ein kündbarer Differenz Stufen-Swap abgeschlossen werden. Dieser weise aber ein höheres Risiko auf. Allgemein hänge die Produktart von der Zinsmeinung der Beklagten und deren Risikotragfähigkeit ab.
56Nachdem die X noch in zwei Mails vom 22.01. und 12.02.2007 die Möglichkeiten erläutert hatte (Anlagen 13 und 14 des Schriftsatzes vom 12.08.2014) schlossen die Beklagte und die X am 12.02.2007 einen „kündbaren Differenz Stufen Swap-Vertrag“ mit der Ref.Nr. #######$ und lösten den Vertrag Ref.Nr. ######$ auf.
57Der ebenfalls am 15.02.2006 geschlossene „kündbare Stufen-Swap“ mit der Ref.Nr. ######$ brachte der Beklagten zunächst Vorteile. Ab Mai 2007 änderte sich das.
58In einer Präsentation vom 11.06.2007 (Anlage K 15 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) kam die X zu dem Fazit, dass die Entwicklung der Geldmarktzinssätze ungünstige Auswirkungen auf den Stufen-Swap habe; das aktuelle Marktumfeld sei gekennzeichnet durch niedrige langfristige Zinsen und eine sehr flache Marktstrukturkurve. In diesem Umfeld biete es sich an, über vorzeitige Zinsfestschreibungen nachzudenken. Diese seien sinnvoll, wenn die Erwartungshaltung in steigenden Zinsen bestehe. Die X schlug aus Portfolio-Gesichtspunkten Geschäfte vor, die an die Entwicklung des Schweizer-Franken oder des US-Dollar gekoppelt waren. Dies lehnte die Beklagte aber ab.
59Mit einer Mail vom 27.06.2007 (Anlage K 16 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) stellte Dr. T sodann nochmals die Möglichkeiten vor.
60Am 12.07.2007 schloss die Beklagte sodann mit der X den streitgegenständlichen Zahler-Swap sowie mit der Ref. Nr. #######$ einen „Kündbaren Zahler-Swap Vertrag“ (vgl. Anlage B 5 zum Schriftsatz vom 19.05.2014). Das Anfangsdatum lautete auf 30.12.2015 und das Enddatum auf 31.12.2035. Die Bezugsgröße war ebenfalls mit 6.000.000,00 € mit stufenweiser Reduzierung angegeben. Die Beklagte war hier als Zahlerin von Festbeträgen ausgehend vom Festsatz 5,85 % und die X als Zahlerin von variablen Beträgen, ausgehend vom 3-Monats EURIBOR vorgesehen. Die Klägerin ist zum 28.12.2015 zur Kündigung berechtigt, wobei für den Kündigungstag auch die Variante gemäß Nr. 3 Abs. 5 c vorgesehen ist.
61Der „kündbare Stufen-Swap“ Vertrag vom 15.02.2006 wurde zeitgleich aufgelöst.
62Die Klägerin behauptet:
63Mit dem streitgegenständlichen Vertrag, der aufgrund seiner Funktionsweise, wonach der Kunde Festbeträge zahle, als Zahler-Swap zu bezeichnen sei, habe die Beklagte zwei Ziele verfolgt. Zum einen habe sie sich einen Festzinssatz von 5,8 % sichern wollen, denn die Beklagte habe Darlehensverbindlichkeiten gehabt, bei denen die Zinsbindung am 31.12.2011 ausgelaufen sei. Die Beklagte habe die Absicht gehabt, diese Festzinsdarlehen mit einer Verzinsung auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR zu prolongieren. Mit Blick auf diese Darlehen habe sie den Zahler-Swap als grundgeschäftsbezogenes Zinssicherungsgeschäft nutzen können. Insofern handele es sich bei dem streitgegenständlichen Swap um einen "synthetischen Festzinskredit“, weil die Beklagte zwar ein variabel verzinstes Darlehen tilgen müsse, durch die Verknüpfung mit dem Swap-Geschäft aber letztlich einen Festzins erhalte, denn die Bezugsgrößen für die variablen Zinssätze beim Darlehen und beim Swap-Geschäft seien gleich.
64Zum anderen habe die Beklagte mit dem Swap-Geschäft ein bestehendes Altgeschäft, für dessen Auflösung sie zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet gewesen sei, liquiditätsneutral beenden wollen. Ein Teil der Ausgleichszahlung sei in den Zahler-Swap „eingepreist“ worden.
65Die Beklagte sei über alle Risiken aufgeklärt worden. Sie habe die Risiken auch verstanden wie die eigene Vorlage für den Rat vom 12.06.2007 zum Thema Schuldenmanagement zeige. In der Antwort der Beklagten auf eine Anfrage der V-Fraktion vom 19.05.2007 habe sie ausgeführt, dass der Derivateeinsatz der Verbesserung der Kreditkonditionen und der Begrenzung von Zinsänderungsrisiken diene (vgl. Anlage K 8 zum Schriftsatz vom 12.08.2014).
66Die Klägerin weist den Vorwurf zurück, der Vertrag sei undurchschaubar gewesen. Bei dem streitgegenständlichen Vertrag habe ein Festzinssatz dem 3-Monats-EURIBOR gegenüber gestanden. Das Risiko habe also erkennbar nur in der Differenz bestanden.
67Zur Schadensersatzforderung der Beklagten meint die Klägerin, dieser könne nicht wie von der Beklagten gewollt in der Befreiung von der vertraglichen Verpflichtung bestehen, denn dies stelle die Beklagte besser. Sie habe eine Sicherung durch Zinsbindung gewollt, wenn auch nicht auf der Basis eines Festzinses.
68Die Klägerin tritt dem Schadensersatzbegehren der Beklagten u.a. mit der Einrede der Verjährung entgegen.
69Die Klägerin beantragt,
70die Beklagte zu verurteilen, an sie 164.527,38 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentsätzen über dem Basiszinssatz aus 83.318,95 € seit dem 30.09.2013 sowie aus 81.207,43 € seit dem 30.12.2013 zu zahlen.
71Die Beklagte beantragt,
72die Klage abzuweisen.
73Die Beklagte meint, dem Anspruch auf Zinszahlungen stehe ein Schadensersatzanspruch entgegen. Die Klägerin habe ihr gegenüber Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe es unterlassen, neben der Betrachtung der wirtschaftlichen Vorteile für sie als Gemeinde auch die verbundenen Risiken zu analysieren und zu benennen. Sie habe nicht beachtet, dass sie als kommunale Behörde ein extrem konservatives Risikoprofil habe. Ihr - der Klägerin auch bekanntes - Ziel sei Zinsoptimierung gewesen, wobei dies aber nichts anders als die Reduzierung ihrer Zinsbelastung bedeutet habe. Auf diese Chance hätte sie verzichtet, wenn ihr die mit dem Geschäft verbundenen Risiken mitgeteilt worden wären. Die Beklagte meint, die Klägerin habe es pflichtwidrig unterlassen, sie über den negativen Marktwert des Geschäfts aufzuklären. Sie behauptet hierzu, der negative Marktwert sei „wie üblich“ hier auf 3-5 % zu schätzen. Ihr sei zwar bekannt gewesen, dass die Klägerin eine Gewinnmarge habe, die Klägerin habe hierzu aber keine Zahlen genannt, sie habe zudem nicht offen gelegt, dass sie sich – so die Behauptung – das Risiko aus dem Vertrag durch I-Geschäfte habe aufkaufen lassen. Die Beklagte meint, die Klägerin könne auch nicht mit dem „Einpreisen“ des Auflösungswertes gehört werden. Ihr – der Beklagten – möge wohl aufgrund der Angaben der Klägerin bewusst gewesen sein, dass aus den Vorgeschäften eine negative Belastung bestehe, zur Höhe und den Auswirkungen habe die Klägerin aber keine Angaben gemacht. Die Klägerin habe sie auch darüber aufklären müssen, dass das Swap-Geschäft Glücksspielcharakter gehabt habe. Da die Klägerin Gewinnerwartungen gehabt habe, habe sie sie darüber aufklären müssen, dass für sie - die Beklagte - ein Gewinn nicht wahrscheinlich sei.
74Die Beklagte wirft der Klägerin vor, vorsätzlich gegen ihre Pflichten verstoßen zu haben.
75Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Sitzungsprotokolls vom 03.12.2014 (Bl. ### d. A.) Bezug genommen.
76Entscheidungsgründe:
77Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Zinsen zu den am 12.07.2007 vertraglich vereinbarten Zahlungsterminen 30.09.2013 und 30.12.2013. Der Anspruch folgt aus der Zins-Swap-Vereinbarung vom 12.07.2007 (Ref.Nr. #######$).
78Die Vereinbarung ist wirksam, sie verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) noch stellt sie ein sittenwidriges Geschäft dar (§ 138 BGB). Insoweit schließt sich die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen den Ausführungen des Oberlandesgerichts Köln vom 13.08.2014 – 13 U 128/13- (Anlage B 12, Bl. ### ff. d.A.) an.
79Die Höhe der am 30.09. bzw. 30.12.2013 geschuldeten Zinsforderung ist unstreitig.
80Die Beklagte kann der Zahlungspflicht auch keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Beratungspflichtverletzung einredeweise entgegen halten.
811. Hierbei kann offen bleiben, ob der Berücksichtigung eines Schadensersatzanspruches der Beklagten bereits entgegen steht, dass die Klägerin gegenüber dem Schadensersatzbegehren die Einrede der Verjährung erhoben hat. Diese Einrede ist allerdings begründet. Die Verjährung richtet sich nach § 37a WpHG a.F., denn ein Schadensersatzanspruch wäre bis zum 04.08.2009 entstanden, § 43 WpHG. Mit Abschluss des Vertrages am 12.07.2007 begann damit die dreijährige Verjährungsfrist. Die Problematik, ob die Verjährungsfrist bei Bestehen eines Rahmenvertrages mit Abschluss des einzelnen – beanstandeten - Geschäftes beginnt, bedarf hier nicht der Entscheidung. Denn der Vertrag vom 12.07.2007 war das letzte Swap-Geschäft der X bzw. der Klägerin mit der Beklagten.
82Mit der Behauptung, die Klägerin habe vorsätzlich das Bestehen eines anfänglich negativen Marktwertes verschwiegen, will die Beklagte die Anwendung des § 37a WpHG a. F. ausschließen. Es kann hier offen bleiben, ob die Klägerin tatsächlich etwas verschwiegen hat. Denn es sind weder von der Beklagten Tatsachen vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin eine ihr bekannte Pflicht zur Aufklärung jedenfalls bedingt vorsätzlich verletzt hat. Es genügt nicht, auf die aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB resultierende Beweislastregelung zu verweisen. An den Entlastungsbeweis dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB-Kommentar, 74. Aufl., § 280 Rn. 40). Weil ein Schuldner nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB eine sog. negative Tatsache, nämlich fehlenden Vorsatz, darlegen und beweisen muss, ist vom Gläubiger zu verlangen, dass er Tatsachen oder Umstände vorträgt, die den Schluss auf Vorsatz zulassen. Diese allgemeine Regel (vgl. Palandt/Greger, a.a.O. vor § 284 Rn. 24) muss umso mehr im Bereich des § 37a WpHG a.F. gelten. Der Gesetzeszweck, u.a. in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen für Rechtssicherheit zu sorgen, würde unterlaufen, wenn man die objektive Pflichtverletzung ausreichen ließe, um den Vorsatz zu bejahen. Gleichermaßen kann es nicht ausreichen, den Vorsatz der Klägerin zu behaupten, ohne darzulegen, worauf die Beklagte diese Behauptung stützt.
83Auf Vorsatz der Klägerin kann auch nicht aus den Umständen geschlossen werden. Erst mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.03.2011 - XI ZR 33/10 -, WM 2011, 682 ff. ist die Pflicht zur Aufklärung über einen anfänglich negativen Marktwertes festgestellt worden. Im Jahre 2007 bestand hierüber noch keine Diskussion, aus der die Klägerin eine Pflicht hätte herleiten können (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2013 – 31 U 49/13; OLG München, Urteil vom 27.08.2014 – 7 U 1701/13, beides sind Entscheidungen zum Verschweigen eines negativen Marktwertes).
84Gemäß § 215 BGB steht die Verjährung eines Anspruches einem Aufrechnungsanspruch oder einem Zurückbehaltungsrecht allerdings nicht entgegen, wenn die Gegenforderung zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, als sie der Hauptforderung hätte entgegen gehalten werden können.
85Auf eine Aufrechnungslage kann sich die Beklagte nicht berufen. Eine Aufrechnung ist nur mit gegenseitigen Zahlungsansprüchen möglich. Bezüglich der hier streitgegenständlichen Zinsforderungen bestand aber bis zum 30.09.2013 bzw. 30.12.2013 allenfalls ein Freistellungs- bzw. Befreiungsanspruch der Beklagten, der erst mit Fälligkeit der Zahlungen zum Leistungsanspruch wurde. Zu dem Zeitpunkt war aber der Freistellungsanspruch bereits verjährt.
86Die Beklagte will den Forderungen der Klägerin auf Dauer ihren auf Freistellung bzw. Befreiung von Pflichten gerichteten Schadensersatzansprüchen entgegen halten. Ob § 215 BGB hierauf anwendbar ist, ist fraglich. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 13.08.2014, Anlage B 12, Bl. ### ff. d.A.) fasst den Anwendungsbereich des § 215 BGB sehr weit. Die Klägerin tritt dem entgegen mit dem Argument, dass ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB nicht in Betracht kommt, wenn eine Zug um Zug-Verurteilung wegen Verjährung des Gegenanspruches gar nicht erzwungen werden könnte. Ebenso verneint die Klägerin die Möglichkeit, die Einrede aus § 242 BGB (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr) gemäß § 215 BGB dem Gläubiger entgegen zu halten, wenn der Anspruch des Schuldners bereits verjährt und damit die Rückgewähr gar nicht mehr durchsetzbar ist. In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht Nürnberg (Beschluss vom 10.10.2014 – 14 U 1994/13 -, WM 2014, 2364 ff.) entschieden: Das Recht zur dauerhaften Leistungsverweigerung kann nicht aus § 215 BGB abgeleitet werden.
872. Es bedarf keiner Entscheidung, welche der Rechtsauffassungen vorzugswürdig ist.
88Die Frage kann offen bleiben, weil eine Pflichtverletzung der Klägerin bei der Beratung hinsichtlich der streitgegenständlichen Zins-Swap-Vereinbarung nicht feststeht und damit nicht von einem Schadensersatzanspruch der Beklagten ausgegangen werden kann.
89Unstreitig nahm die Beklagte Beratungsleistungen der Klägerin hinsichtlich der Schuldenportfolio-Verwaltung entgegen. Die Beratungsleistungen bestanden - wie die Präsentationen seit 14.09.2005 zeigen - auch in der Beratung hinsichtlich eines "Zinsmanagements" mit Derivaten (§ 2 Abs. 2 WpHG), wozu auch Swap-Geschäfte gehören.
90Aufgrund der von der Klägerin übernommenen Beratung hinsichtlich der Zinspflichten aus den aufgenommenen Darlehen war diese verpflichtet, die Beklagte anleger- und objektgerecht zu beraten. Dies war der Klägerin auch bewusst, wie die Präsentationen und Mails zeigen.
91a. Die Beklagte dringt mit dem Vorwurf nicht durch, die Klägerin habe sie nicht entsprechend des von ihr angegebenen Ziels - mithin nicht anlegergerecht - beraten.
92Die Beklagte nennt als Ziel die "Zinsoptimierung", was für sie die Reduzierung der Zinsbelastung bedeutet habe. Aufgrund ihres "extrem konservativen Risikoprofils" habe sie weitest möglich jedes Risiko vermeiden wollen, und falls dies nicht möglich sei, habe sie auf die Chance zur Zinsreduzierung verzichten wollen. Diese Darstellung steht in Widerspruch zum tatsächlichen Verhalten, aber auch zu Äußerungen der für die Beklagte verantwortlich Handelnden. Denn die Beklagte wusste am 12.07.2007 aufgrund der vorhergehenden Swap-Geschäfte, dass Swaps nicht zwingend und stets mit einem Vorteil für sie verbunden waren. Die Beklagte hatte mit den ersten beiden Geschäften nach anfänglichen Gewinnen Verluste hinnehmen müssen, weitere Verluste drohten. Zudem äußerte sich die Beklagte am 12.06.2007 auf die Anfrage der V-Fraktion in einer Weise, die nur den Schluss zulässt, dass ihr das Verlustrisiko bewusst war, sie dessen Inkaufnahme aber wegen der Chancen zur Zinsreduzierung für unumgänglich hielt. Die Beklagte führte insoweit aus, oberstes Gebot für den Abschluss des Derivats sei, dass das Derivat im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einem bestehenden Grundgeschäft (Kredit) stehe. Dieses Gebot sei beachtet worden. Das Ausmaß der Darlehensbelastungen zwinge aber dazu, nach angebotenen Entlastungsmöglichkeiten zu suchen. Die Beklagte bezeichnete sich indirekt als Spekulanten, was aber nicht zu beanstanden sei, weil ein Spekulant anders als ein Spieler ökonomische Ursachen und Analysen zugrunde lege (vgl. Anlage K 8 zum Schriftsatz vom 12.08.2014).
93Wenn die Beklagte - wie behauptet – keinerlei Risiko hat akzeptieren wollen, ist nicht verständlich, weshalb sie die in den Präsentationen, z.B. vom 22.01.2007 (Anlage K 12 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) oder der Mail vom 12.02.2007 (Anlage K 14 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) angesprochenen Risiken für sie, z.B. 20 % Zinsobergrenze bei dem kündbaren Differenz-Stufenswap nicht zum Anlass nahm, Swap-Geschäfte mit der Klägerin gänzlich zu unterlassen.
94Die Beratung der Beklagten im Sommer 2007 dahin, sich bereits jetzt einen festen Zinssatz durch den Zahler-Swap zu sichern (Forward-Swap), ist ex ante betrachtet nicht offenkundig aussichtslos oder untauglich. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Swap-Geschäfts am 12.07.2007 war die ab Sommer 2008 aufkommende Finanzkrise nicht absehbar. Die Entwicklung des Zinsniveaus für die bestehenden Darlehensverpflichtungen ab 2012 war ungewiss.
95b. Die Beklagte wirft der Klägerin eine unzureichende Aufklärung über das Swap-Geschäft vor, allerdings bezieht sie sich - mit den nachstehend behandelten Ausnahmen - hierbei auf die Swap-Geschäfte vom 15.02.2006 und auf Vorschläge zur Ablösung von diesen Swap-Geschäften (Anlage B 4 zum Schriftsatz vom 19.05.2014). Insoweit rügt sie die nicht durchschaubaren Berechnungsformeln und deren unabsehbare Auswirkungen, was jedoch für den streitgegenständlichen Swap nicht gilt. Denn hier standen sich nur ein Festzinssatz (5,8 %) und der quartalsmäßig abzulesende 3-Monats-EURIBOR gegenüber. Im ungünstigsten Fall musste die Beklagte 5,8 % zu den Zahlungsterminen zahlen, erhielt aber nichts von der Klägerin. Dass dies von der Beklagten nicht verstanden worden ist, trägt sie selbst nicht vor.
96c. Soweit die Beklagte eine Pflichtverletzung der Klägerin darin sieht, dass sie sie nicht über das Bestehen eines negativen Marktwertes aufgeklärt habe, gilt insoweit Folgendes:
97Wie der 11. Senat des Bundesgerichtshofes nunmehr in seiner Entscheidung vom 20.01.2015 – XI ZR 316/13 – ausgeführt hat, ist das Bestehen eines negativen Marktwertes als solches kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand, über den die beratende Bank ihren Kunden im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren muss. Denn der anfängliche negative Marktwert spiegelt, so der Bundesgerichtshof, anders als dies in der bisherigen Instanzrechtsprechung vertreten wird, nicht den voraussichtlichen Erfolg und Misserfolg des Geschäfts wider, sondern nur den Marktwert zum Vertragsabschluss, der zu diesem Zeitpunkt durch Glattstellung des Vertrages erzielbar wäre. Der Marktwert wird anhand finanzmathematischer Berechnungsmodelle ermittelt, indem die voraussichtlichen variablen und festen Zinszahlungen der Parteien gegenübergestellt und mit den jeweils an den Zahlungsterminen gültigen Abzinsungsfaktoren auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst werden. Negativ wird der Marktwert, indem die Bank in den ermittelten Modellwert ihre Gewinnmarge und Kosten einstrukturiert. Das führt dazu, dass der Kunde erst die einstrukturierte Bruttomarge erwirtschaften muss, bevor er in die Gewinnzone gelangt. Hinzu kommt, dass er bei sofortiger Lösung vom Vertrag den negativen Marktwert tragen muss, also einen Verlust erleidet.
98Da diese Konsequenz für den Kunden aber nicht anders ist als bei anderen Finanzprodukten, die wie insbesondere außerbörsliche Derivate einen negativen Marktwert aufweisen, lässt sich die Aufklärungspflicht nicht allein mit Hinweis auf ein Swap-Geschäft begründen. Solange die Bank die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden nicht durch die Einbeziehung übermäßiger Kosten- und Gewinnbestandteile in den negativen Marktwert erhöht, kann die Empfehlung eines Swap-Vertrages objektgerecht sein.
99Dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Swap-Geschäft mehr als eine übliche Gewinnmarge einberechnet hat, ist weder dargetan noch ersichtlich.
100Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin die negative Entwicklung des 3- Monats-EURIBOR beeinflusst, gar manipuliert hat wie die Beklagte mutmaßt. Ebenfalls liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin vor Abschluss des streitgegenständlichen Swap-Vertrages oder der anderen Verträge Kenntnis von Manipulationen hatte.
101d. Die Entscheidung vom 20.01.2015 stellt aber keine Korrektur der Senatsentscheidung vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10, WM 2011, 682 ff.), dar, sondern ist eine Verdeutlichung im Sinne einer Abgrenzung. In der Entscheidung vom 22.03.2011 hatte der 11. Senat die Notwendigkeit der Aufklärung über einen negativen Marktwert mit dem Argument begründet, der Kunde müsse über einen schwerwiegenden Interessenkonflikt der Bank aufgeklärt werden. Denn ein von einer Bank bewusst einstrukturierter anfänglicher negativer Marktwert eines Swaps bringt die Bank in einen Interessenkonflikt. Als Beraterin eines Kunden ist sie verpflichtet, dessen Interessen zu wahren und ihn vor Verlusten zu bewahren. Als Partnerin eines Swap-Geschäfts ist sie aber auch daran interessiert, selbst Gewinne zu machen, die spiegelbildlich wiederum Verluste für den Kunden bedeuten. Dabei spielt es keine Rolle für das Bestehen der Aufklärungspflicht, ob die Bank sich das bei ihr liegende Risiko abgekauft hat oder nicht. Über den Konflikt ist der Kunde grundsätzlich aufzuklären, damit er in die Lage versetzt wird, die Chancen und Risiken des Swaps objektiv zu beurteilen.
102Insofern ist es folgerichtig, dass der Senat in der jüngsten Entscheidung vom 22.01.2015 eine Aufklärungspflicht der dort verklagten Bank über den negativen Marktwert abgelehnt hat, weil Vertragspartner des dortigen Kunden nicht die beratende, verklagte Bank, sondern ein Dritter war.
103Die Aufklärungspflicht über einen Interessenkonflikt kann nicht mit Verweis auf die mangelnde Komplexität eines Swap-Geschäfts verneint werden, denn sie ist eine eigenständige Verpflichtung (OLG Köln, Urteil vom 13.08.2014, Anlage B 12, Bl. ### ff. d.A.). Die Komplexität des Swaps spielt nur eine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob die Bank die Risikobereitschaft und Kenntnis der Risiken hinreichend ermittelt hat.
104Ob die Entscheidung vom 22.03.2011 auf den hier vorliegenden „Kündbaren Zahler-Swap“ anwendbar ist, kann aber aufgrund der Struktur dieses Geschäfts bezweifelt werden.
105Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung hervorgehoben, dass die Aufklärung über den Interessenkonflikt erforderlich war, weil bei dem zu entscheidenden Swap-Vertrag die Ausgangspositionen für die „Zinswette“ nicht gleich waren. Während der Kunde aufgrund der Struktur des Swaps ein unbegrenztes Risiko übernahm, hatte die Bank sich das bei ihr stellende Risiko bereits verkauft.
106Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass vorliegend keine Wette vorlag. Vielmehr wurde der Swap-Vertrag von der Beklagten geschlossen, um sich einen künftigen festen Zinssatz für bestehende Darlehen zu sichern. Bei Abschluss des Vertrages war vorgesehen, dass bestehende Darlehen in der Größenordnung mit stufenweiser Rückführung in eine variable Verzinsung auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR gestellt werden sollten. Wie die Anlage K 16 zum Schriftsatz vom 12.08.2014 zeigt, schlug die Klägerin der Beklagten am 27.06.2007 u.a. vor, Darlehen über 6.000.000,00 € mit Wegfall der Zinsbindung mit einer Verzinsung auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR zu prolongieren. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Klägerin mit Ablauf des 31.12.2011 die Darlehen mit einem Zinssatz auf der Grundlage des 3-Monats-EURIBOR hätte verzinsen müssen, gleichzeitig hätte sie den Festzinsbetrag für den Zahler-Swap erbringen müssen, wobei ihre Zahlungslast durch den Erhalt der variablen Beträge auf der Grundlage des 3-Monats-EURIBOR gemindert worden wäre. Durch diesen Swap minimierte die Beklagte das künftige Zinsrisiko auf 5,8 %. Diesem auch ausdrücklich als Zinssicherung beschriebenen Geschäft fehlt das vom Bundesgerichtshof beanstandete uferlose Spekulationselement. Dies ist auch im Hinblick auf das der Klägerin zustehende einmalige Kündigungsrecht nicht anders zu sehen. Bis zur Ausübung des Kündigungsrechts wirkte der Swap-Vertrag absichernd. Hätte die Klägerin von ihrem Kündigungsrecht zum Ende Dezember 2011 Gebrauch gemacht, hätte sich die Beklagte nicht schlechter gestanden als wenn sie keinen Swap-Vertrag geschlossen hätte (vgl. LG Köln 21 O 124/12, Anlage K 30 zum Schriftsatz vom 25.02.2015).
107Insofern kann bereits mit dem Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 27.06.2012 – 9 U 140/11 –, WM 2012, 1829 ff. d.A. bezweifelt werden, ob überhaupt eine Aufklärungspflicht über einen Interessenkonflikt bestand. Das Oberlandesgericht Köln hat in der Entscheidung vom 13.08.2014 offen gelassen, ob dem Oberlandesgericht Stuttgart zu folgen ist, es hat jedoch betont, dass bei einer Konstellation, bei der über ein Swap-Geschäft ein Festzins für ein Darlehen festgeschrieben werden soll, keine Zinswette zwischen Bank und Kunden vorliegt.
108Selbst wenn man es als Wette bezeichnen wollte, so musste sich die Erkenntnis, dass die Klägerin in dem Geschäft kein Interesse an einem steigenden 3-Monats-EURIBOR haben konnte, der Beklagten aufdrängen. Je niedriger der 3-Monats-EURIBOR, umso höher war die von ihr zu zahlende Differenz.
109Die Frage, ob bereits aufgrund der Struktur des streitgegenständlichen Swaps eine Aufklärungspflicht über einen negativen Marktwert entfällt, kann hier offen bleiben.
110e. Die Klägerin hat nicht verschwiegen, dass der Swap-Vertrag einen anfänglich negativen Marktwert hatte. Sie hat auch nicht verschwiegen, dass die Konditionen des Swap-Vertrages davon beeinflusst waren, wie „der Markt“ die Chancen der Beklagten beurteilte.
111Die Beklagte erhielt mit Datum vom 11.06.2007 eine Präsentation (Anlage K 15 zum Schriftsatz vom 12.08.2014), in der die Klägerin ab der Seite 25 im Kapitel „Optimierungsvorschläge“ „Allgemeine Umstrukturierungsüberlegungen“ anstellte. Sie betrafen die Bewertung des bestehenden "kündbaren Stufen-Swap-Vertrages" vom 15.02.2006 sowie des bestehenden "kündbaren Differenz-Stufenswap-Vertrages" vom 12.02.2007. In der Präsentation stellte die Klägerin Alternativen vor, wie bei einem sich ungünstig entwickelnden Geschäft reagiert werden könne. Die Klägerin führte hierin aus: Die Beklagte habe folgende Möglichkeiten: Das Geschäft durch ein anderes mit höherem Risiko zu ersetzen unter „Einpreisung des/der negativen Marktwerte“; die Position weiterlaufen zu lassen unter Inkaufnahme möglicher Verluste oder die Alternative „Einpreisung des negativen Marktwertes in ein (langfristiges) Zinssicherungsgeschäft oder Auflösung des Geschäfts gegen Zahlung des aktuellen negativen Marktwertes“ zu wählen. Dass hier mit dem Begriff "negativer Marktwert" nicht nur der Wert gemeint war, der sich aktuell aufgrund negativer Entwicklung für die bestehenden Swap-Verträge ergebe, sondern auch ein neu abzuschließendes Geschäft einen anfänglich negativen Marktwert haben werde, zeigt die Wahl des Plurals ("Einpreisung des/der negativen Marktwerte").
112Die Klägerin erläuterte der Beklagten in der Mail vom 27.06.2007 (Anlage K 16 zum Schriftsatz vom 12.08.2014) nochmals die Handlungsalternativen im Hinblick auf die sich zum Verlustgeschäft für die Gemeinde entwickelnden bestehenden Stufen-Swap-Vertrages. Auch hier ist wiederum bei der Alternative "Ersetzung eines Geschäfts durch ein neues" von "Einpreisung der negativen Marktwerte" die Rede, d.h. die Klägerin teilte der Beklagte mit, dass auch das neue Geschäft bereits anfänglich einen negativen Marktwert haben werde.
113Die Beklagte behauptet selbst nicht, davon ausgegangen zu sein, die Klägerin schließe uneigennützig Swap-Geschäfte oder trage die Lasten über die Laufzeit aus dem eigenen Risiko. Aufgrund der vorgenannten Informationen konnte die Beklagte auch erkennen, dass jeder Vertrag mit ihr einen anfänglichen negativen Marktwert hatte und gehabt hatte, der auch tatsächlich für die Klägerin geldwert war.
114Ungeachtet dessen fehlt es auch an der Kausalität zwischen der von der Beklagten behaupteten Unkenntnis bezüglich des anfänglichen negativen Marktwertes und der Entscheidung für den streitgegenständlichen Swap-Vertrag. Dies belegt die Mail-Korrespondenz der Parteien vom 14./17.04.2008. Hierin beantwortete die Klägerin die Frage der Beklagten nach dem Marktwert der im Jahre 2007 abgeschlossenen zwei „kündbaren Zahler-Swaps“ und zwar bezogen zum 31.12.2007, mithin vier bzw. sogar acht Jahre vor den jeweiligen Zahlungsterminen. Danach hätte die Beklagte für den hier streitgegenständlichen Vertrag 537.200,00 € zahlen müssen, um sich vom Vertrag zu lösen (Anlage B 9 zum Schriftsatz vom 19.05.2014). Diese Auskunft zeigte, dass der Vertrag bereits anfänglich, d.h. bevor er gelebt wurde, einen für die Beklagte negativen Marktwert hatte. Die Beklagte nahm die Auskünfte zur Kenntnis, ohne sie zum Anlass zu nehmen, nachzuhaken oder die Vertragsauflösung zu verlangen.
1153. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen, jedoch nicht bereits zum 30.09. bzw. 30.12.2013, sondern erst zum 01.10. bzw. 31.12.2013. Denn zu den von der Klägerin geforderten Terminen waren die Zahlungen fällig, Verzug trat gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB erst am Folgetag ein.
116Die Klägerin kann auch keine Zinsen gemäß § 288 Abs. 2 BGB fordern. Auf die Forderung auf Zahlung von Darlehenszinsen ist die Norm nicht anwendbar (Palandt/Grüneberg, BGB-Kommentar, 74. Aufl., § 288 Rn. 8).
117Insoweit schuldet die Beklagte nur den gesetzlichen Zins in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
1184. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
119Streitwert: 164.527,38 €
120Rechtsbehelfsbelehrung:
121Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
122a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
123b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
124Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
125Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
126Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
127Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
128*Diese Entscheidung ist in der Berufungsinstanz (OLG Köln – 13 U 72/15) durch Vergleich vom 18.04.2016 ersetzt worden.
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Urteil einreichenLandgericht Bonn Urteil, 09. Apr. 2015 - 2 O 11/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.4.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 18.271,20 Euro wird die Klägerin auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aus
– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxE/ xxxxxxE („E“) und
– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Kündbarer ZahlerT“)
bestehen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der X aufgrund von insgesamt zehn zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträgen auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
4Diese T-Verträge hatte die Klägerin zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ bereits bestehender Kreditverbindlichkeiten abgeschlossen, die überwiegend nicht bei der Beklagten, sonder bei anderen Kreditinstituten bestanden (vgl. Anlage K 5).
5Sie ist der Ansicht, die von ihr mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge seien bereits wegen fehlender Rechtsfähigkeit auf Seiten der Klägerin nichtig. Sollten die Verträge wirksam sein, liege ein Beratungsfehler der Beklagten bei Abschluss aller T-Verträge darin, dass sie keine ausreichende Kundenexploration durchgeführt, die Anlageziele der Klägerin nicht beachtet, keine anlagegerechte Beratung durchgeführt, die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt und die in den Verträgen liegenden Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht geprüft bzw. deren Einhaltung nicht überwacht habe. Bei einer Aufklärung über den negativen Marktwert hätte sie die Verträge nicht abgeschlossen. Auf die Verjährung der Schadensersatzansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine vorsätzliche Fehlberatung vorgenommen habe.
6Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.3.2013, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe – auch hinsichtlich der gestellten Anträge - Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben, wogegen beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt haben.
7Die Klägerin verfolgte mit ihrer Berufung zunächst die erstinstanzlichen Anträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen wurden, in vollem Umfang weiter. Mit Schriftsatz vom 4.6.2014 erklärte sie sodann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, Klageverzicht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe weiterer 18.271,20 Euro über die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe hinaus.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11)
101. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
112. festzustellen, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin bestehen aus
12– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („D“),
13– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxxx („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
14– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („Kündbarer ZahlerT“)
15sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin – hinsichtlich der Teilforderung in Höhe von 18.271,20 Euro insoweit durch Verzichturteil – zurückzuweisen.
18Die Beklagte ist der Ansicht, dass zwar Handlungen außerhalb des Wirkungskreises der Klägerin ("V") für unwirksam zu erachten seien. Jedoch habe sich die Klägerin bei Abschluss der streitgegenständlichen T-Geschäfte auf dem Gebiet der kommunalen Haushaltswirtschaft bewegt und eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Geschäfte im Hinblick auf die Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben führe nicht zur Nichtigkeit der T-Verträge mit der Beklagten. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht erfolgen müssen, weil dieser allein das Gewinninteresse der Beklagten wiederspiegele und darüber hinaus eine solche Pflicht bei T-Verträgen mit – wie hier – Grundgeschäftsbezug nicht bestehe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem aus politischen Gründen weiter investiert. Insofern sei die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert jedenfalls nicht kausal für die Anlageentscheidung der Kläger gewesen. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie spätestens ab Mitte 2007 die angebliche kommunalrechtliche Unzulässigkeit der Verträge kritisch prüfen und die Geschäfte hätte beenden müssen. Auch müsse sich die Klägerin als ersparte Aufwendung auf ihren Schadensersatzanspruch die Auflösungspreise anrechnen lassen, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung der klägerischen Ansprüche.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
20II.
21Die Berufung der Klägerin ist – soweit sie auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht mit Schriftsatz vom 4.6.2014 verzichtet hat – in vollem Umfang begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der beantragten Feststellung betreffend die Ansprüche der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T entsprechend abzuändern war. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten nicht nur einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.357.435,82 Euro, sondern auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzinstrumenten „D“, „Digitaler-ZinsumfeldT“ sowie „Kündbarer ZahlerT“ keine weiteren Ansprüche zustehen. Die Berufung der Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
22Im Einzelnen:
23I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, weil die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge nicht wegen fehlender Rechtsfähigkeit der Klägerin oder aus anderen Gründen nichtig sind. In diesem Zusammenhang wird zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts genommen. Ergänzend gilt Folgendes:
241. Die von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge sind nicht deshalb nichtig, weil der Klägerin aufgrund Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der damit verbundenen Überschreitung des eigenen Wirkungskreises die Rechtsfähigkeit fehlte, sich gegenüber der Beklagten zu verpflichten.
25a. Der Klägerin ist nach Art. 78 Abs. 2 LV NW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG i.V.m. § 2 GO NW das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Ausfluss dieses verfassungsrechtlich begründeten Selbstverwaltungsrechts ist unter anderem die kommunale Finanzhoheit als ein Kerngebiet des kommunalen "Wirkungskreises" bzw. der Verbandszuständigkeit der Kommune. Sie gewährleistet das Recht der Kommunen auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich eigener Haushaltsführung und Vermögensverwaltung. Dabei obliegt den Kommunen als Teil ihrer Haushaltswirtschaft - dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede - auch das kommunale Schuldenmanagement, zu dem sowohl die Befugnis der Gemeinde gehört, ein Darlehen zur Finanzierung der örtlichen Angelegenheiten aufzunehmen als auch die Befugnis, die Zinskonditionen eines Darlehens zu verändern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass der Wirkungskreis einer Gemeinde dann überschritten werde, wenn Derivatgeschäfte losgelöst und ohne jeden Bezug zu bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten allein zum Zweck der Erwirtschaftung separater Gewinne abgeschlossen werden, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da die tatsächlichen Voraussetzungen des vorliegenden Falles anders liegen. Denn die streitgegenständlichen Verträge sollten gerade dazu dienen, ohne Inanspruchnahme weiteren Eigenkapitals der Klägerin die Zinslast aus den bestehenden Darlehen zu "optimieren".
26b. Fällt damit das kommunale Schuldenmanagement generell in den Wirkungskreis der Klägerin, so hängt das von der Klägerin postulierte Merkmal der fehlenden Rechtsfähigkeit maßgeblich davon ab, wie differenziert dieser Wirkungskreis im Hinblick auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge auszugestalten ist. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Wirkungskreis der Klägerin und damit ihre Rechtsfähigkeit nicht davon abhängig ist, ob und in welchem Maße ihr Handeln im Rahmen des Schuldenmanagements gegen kommunal- oder haushaltsrechtliche Vorgaben verstößt.
27Für diese Sichtweise sprechen zunächst Gründe der Rechtssicherheit. Denn folgt man der Ansicht der Klägerin, dann würde die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gemeinde als juristischer Person des öffentlichen Rechts vom Ergebnis einer Abwägung der Einzelfallumstände unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängen. Für die vom Landgericht vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin die Reichweite der V-Lehre unzulässig ausgedehnt hat: Zwar eröffnet die kommunale Finanzierungshoheit nicht die Befugnis, Geschäfte jeglichen Risikos abschließen zu dürfen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12, 13). Insoweit findet das Haushaltsrecht, das auch der Begrenzung finanzieller Risiken für die Kommunen dient, auch auf Finanzinstrumente Anwendung und wird im Wege der Kommunalaufsicht überwacht. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, welche die Gemeinden beachten müssen, im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu beachten. Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch, dass der Einsatz von Finanzderivaten nicht generell verboten ist, sondern es von einer Abwägung im Einzelfall abhängt, ob ein T-Vertrag als unzulässiges Spekulationsgeschäft oder als zulässiges Zinsoptimierungsgeschäft anzusehen ist. Selbst wenn – wie die Klägerin es im vorliegenden Falle behauptet – die streitgegenständlichen T-Verträge aufgrund der fehlenden Zuordnung zu konkreten Darlehensverträgen als kommunalrechtlich unzulässiges Spekulationsgeschäft einzustufen wären, ist Rechtsfolge einer solchen Unzulässigkeit nach haushaltsrechtlichen Vorschriften zunächst nur die Untersagung des Geschäfts durch die Kommunalaufsicht. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der notwendigen Einzelfallabwägung ergibt sich, dass ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot keine Auswirkungen auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinde haben kann. Der Ursprung des Spekulationsverbotes in einem Abwägungsprozess und das damit einhergehende Fehlen einer absolut wirkenden Untersagung machen vielmehr deutlich, dass Kommunen beim Abschluss eines solchen Geschäfts nicht V gehandelt haben.
28Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Gemeinde zwar die Finanzhoheit innehabe, diese jedoch durch den notwendigen Bezug zur Finanzierung der Aufgabenerfüllung sowie durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung beschränkt sei, trifft dies durchaus zu. Der weiteren von der Klägerin vorgenommenen Einschränkung, wonach ein Finanzderivat (nur) dann zur – zivilrechtlich wirksamen – Umgestaltung von Darlehenskonditionen verwendet werden kann, wenn es so homogen auf das zugeordnete Darlehen (grundgeschäftsbezogen) abgestimmt ist, dass sich dieses L als Umgestaltung der Darlehenskonditionen darstellt, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Die öffentlich-rechtliche Beschränkung der Finanzhoheit sagt noch nichts darüber aus, welche Folgen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen für zivilrechtliche Verträge hat, die von der Gemeinde abgeschlossen wurden. Nicht jede Handlung, die die Gemeinde unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen vornimmt, ist zugleich zivilrechtlich nichtig.
29Auch der von der Klägerin angeführte Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9.10.2006 (sog. Krediterlass, Anlage K 2) spricht nicht für die von ihr vertretene Ansicht einer fehlenden Rechtsfähigkeit, sondern ist vielmehr gerade ein Argument für die generelle zivilrechtliche Wirksamkeit von Derivatgeschäften einer Gemeinde. Nach diesem Runderlass können Gemeinden nämlich Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen, wenn sie dabei bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben (Konnexität, keine Zinsrisikoerhöhung in der Gesamtschau, Bildung von Bewertungseinheiten nur bei Homogenität der Risiken und zeitlicher Kongruenz sowie abstrakter Konnexität) beachten. Allein die Existenz dieses Erlass zeigt, dass Geschäfte mit Zinsderivaten zur Zinssicherung bzw. Optimierung der Zinsbelastung grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören und nur die Ausgestaltung der Verträge im Einzelfall bestimmten Vorgaben genügen muss, um dem Haushaltsrecht gerecht zu werden (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 zum Kreditaufnahmeverbot in § 220 Abs. 1 SGB V). Der Finanzhoheit der Gemeinde als einem Kerngebiet ihres kommunalen Wirkungskreises werden also Geschäfte mit Zinsderivaten nicht generell entzogen. Vielmehr werden solche Verträge für zulässig erachtet; die Gemeinden müssen allerdings - um den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen - bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben einhalten. Ob dies geschehen ist, obliegt einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Eine solche Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann aber nicht zu einer Aberkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinde führen, weil dies bedeuten würde, dass für eine "schlichte" Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überhaupt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Es handelt sich bei dem Krediterlass darüber hinaus lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung, die die Grenze zwischen Rechtmäßigkeit und Pflichtwidrigkeit für die Gemeinden beim Abschluss von derivaten Finanzgeschäften konkretisieren soll. Insofern kann vorliegend auch dahinstehen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Krediterlasses bei den streitgegenständlichen T-Verträgen erfüllt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, führte dies nicht zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss der Verträge mit der Beklagten.
30Es ist auch nicht möglich, eine fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin mit dem Argument anzunehmen, dass der Abschluss der T-Verträge ein reiner Verkauf von Optionen und damit objektiv die Übernahme einer entgeltlichen Absicherung der Beklagten darstellte, welche keine spezifische örtliche Angelegenheit der Klägerin sei. Die Klägerin hat vorliegend hochspekulative Finanzinstrumente gewählt, welche durchaus die Möglichkeit eines Gewinnes für sie beinhaltet haben, auch wenn diese Chance gegenüber den Verlustrisiken als gering einzustufen war. Diese Finanzinstrumente haben sich im weiteren Zeitablauf anders entwickelt, als es sich die Klägerin erhofft hatte. Dies ist aber keine Rechtfertigung dafür, nunmehr ergebnisorientiert von einer entgeltlichen Absicherung der Risiken der Beklagten zu sprechen. Denn dann wäre die Frage, ob die Klägerin eine spezifisch örtliche Angelegenheit wahrgenommen hat, letztlich davon abhängig, ob sie aus den Geschäften, die zur Umgestaltung der bestehenden Darlehenskonditionen abgeschlossen wurden, nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit Gewinne erzielt hat.
31Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung weiter darauf abstellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung mit Finanzgeschäften nicht zu den spezifischen örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde gehört, verkürzt sie dadurch in unzulässiger Art und Weise den Sachverhalt. Sie hat vorliegend gerade kein isoliertes Finanzgeschäft mit der Beklagten getätigt, sondern hat einen - im Ergebnis misslungenen - Versuch unternommen, die bestehenden Zinsverpflichtungen aus Darlehen, welche sie unstreitig zur Erfüllung ihrer örtlichen Angelegenheiten aufgenommen hat, zu optimieren und hat dazu eine Vertragskonstruktion gewählt, die zwar risikobehaftet, jedoch nicht generell ungeeignet war.
32Schließlich ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung zur Rechtsfähigkeit der Klägerin auch nicht verfassungswidrig, weil sie der Klägerin vermeintlich erlaubt, auch ohne Bezug zur Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig zu sein und damit mittelbar in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und in die Teilhabegrundrechte eingreift. Denn auch in diesem Zusammenhang spaltet die Klägerin in unzulässiger Weise die von ihr abgeschlossenen Finanzprodukte auf und betont lediglich den Umstand, dass sie mit diesen Geschäften (in Saldo) Verlust gemacht und damit Steuergelder verloren hat.
332. Eine Nichtigkeit der T-Verträge nach § 134 BGB kommt - unabhängig von den Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf diese Vorschrift stützen will (vgl. Bl. 371, 428 GA) - nicht in Betracht. Das die Gemeinden treffende Spekulationsverbot ist auch in seiner Ausgestaltung durch den Krediterlass vom 9.10.2006 zu unbestimmt und daher als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ungeeignet (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, WM 2010, 1790; OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313).
343. Die vorliegenden T-Verträge sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Zwar beinhalten sie ein Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, jedoch lässt die Privatautonomie es auch zu, risikoreiche Verträge zu schließen (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - IX ZR 130/88, NJW 1989, 1276). Der Umstand, dass die Klägerin nur unter bestimmten und nicht sicher zu prognostizierenden Umständen Gewinn aus den Verträgen generieren konnte, ist kein hinreichender Umstand, die Verträge als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar anzusehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Unerfahrenheit der Klägerin mit T-Geschäften ausgenutzt hat, auch wenn diese solche Verträge vorher noch nicht abgeschlossen hatte. Denn aus den jeweiligen Präsentationen bzw. Produktblättern lässt sich auch ohne besondere finanzmathematische Kenntnisse erkennen, dass die Klägerin ihre Gewinnerwartung bei den betreffenden Verträgen letztlich auf eine Wette auf die künftige Marktentwicklung (Euribor, CMS10 bzw. CMS2, Wechselkurs des Schweizer Franken, Euro-10-Jahres-T-Rate) stützte und es lässt sich errechnen, welche maximalen Gewinne bzw. Verluste sie aus diesen Verträgen erwirtschaften konnte. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch den Vorteil, ohne jeden Einsatz von Eigenkapital zu Beginn der Vertragslaufzeit garantierte Überschüsse zu erzielen, mit denen sie planen konnte (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 39). So wies der Kündbare Stufen-T vom 9.9.2005 im ersten Jahr eine Zinszahlung der Klägerin von 1,75% auf, während die Beklagte einen fixen Zins von 2,75% zu zahlen hatte. Aus dem Kündbaren Korridor T vom 19.9.2005 war die Klägerin im ersten Jahr zur Zahlung des 3-Monats-Euribors (damals 2,136%) verpflichtet und bekam ihrerseits von der Beklagten 3,55%. Aus dem Digitalen-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 erhielt die Klägerin 3% von der Beklagten und musste im ersten und zweiten Jahr selbst einen Festzins in Höhe von 2,25% zahlen.
354. Soweit die Klägerin in erster Instanz eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung darauf gestützt hatte, die Beklagte habe bei ihr vorsätzlich die Fehlvorstellung verursacht, dass es sich bei den betreffenden Verträgen um solche handele, die nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Klägerin zulässig seien, hat das Landgericht diese Anfechtung zutreffend daran scheitern lassen, dass die Klägerin - mit ihrer Erklärung in der Klageschrift vom 16.11.2011 - jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht eingehalten hat.
36II. Der Klägerin steht jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.357.435,82 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Denn der Beklagten ist im Rahmen der gegenüber der Klägerin vorgenommenen Beratungen jedenfalls insoweit eine Pflichtverletzung zu Lasten der Klägerin vorzuwerfen, als sie diese nicht über das Bestehen eines anfänglichen negativen Marktwertes der T-Verträge aufgeklärt hat.
37Im Einzelnen:
381. Der Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Klägerin nicht über die kommunalrechtliche Zulässigkeit der T-Verträge, nämlich den vermeintlichen Verstoß gegen das Spekulationsverbot wegen Nichterfüllung der Vorgaben des Krediterlasses aufgeklärt hat.
39a. Sofern die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in den Beratungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Geschäfte im Einklang mit dem Krediterlass stünden und die Klägerin sei daher davon ausgegangen, dass man ihr nur solche Finanzierungsinstrumente empfehlen würde, die tatsächlich kommunalrechtlich zulässig seien, begründet dies – unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagte entsprechende Äußerungen bestritten hat – im Ergebnis keine Beratungspflichtverletzung der Beklagten.
40Ein tatsächlicher Hinweis im Sinne einer Aufklärung über das Bestehen eines Spekulationsverbotes war entbehrlich, weil der Klägerin das entsprechende Problem unstreitig bekannt war. Ob die damit verbliebene Aufgabe der rechtlichen Einordnung, ob der betreffende Vertrag im Einzelfall gegen das Spekulationsverbot verstieß und damit von der Klägerin abgeschlossen werden durfte, der Beklagten auferlegt werden kann, hält der Senat für zweifelhaft, weil dies den Bereich einer (unerlaubten) Rechtsberatung tangieren dürfte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082). Die Beklagte hätte nämlich eine rechtliche Wertung dahingehend treffen müssen, ob das Produkt unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ist und ob eine L Grundgeschäftsbezogenheit vorliegt. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man die entsprechende Wertung und eine darauf aufbauende Beratung nicht als Rechtsberatung, sondern als Fragestellung "tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt" betrachtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169), liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Denn zum einen ist die Durchsetzung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbotes eine Angelegenheit der staatlichen Rechtsaufsicht und gehört auf kommunaler Ebene zum originären Aufgabenbereich der Kontrollgremien der Kommunalverwaltung. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Spekulationsverbot abwägender Natur ist und bei dieser Abwägung Beurteilungsspielräume bestehen, die durch die Beklagte als Bank kaum hätte ausgeübt werden können. Die Annahme eines Beratungsverschuldens hätte also zur Folge, dass die Gemeinde das mit der Anlageentscheidung verbundene Risiko im Nachhinein auf das beratende Kreditinstitut abwälzen könnte (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 45; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 - Hinweis auf das Kreditaufnahmeverbot nach §§ 220 Abs. 2 S. 1, 222 SGB V; OLG Dresden, Beschl. v. 10.2.2004 - 8 U 2225/03, WM 2004, 1278 - Hinweis auf stiftungsrechtliche Verpflichtungen).
41Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen bejaht wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313; OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) überzeugen die angeführten Gründe nicht bzw. sind jedenfalls nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar: Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313) hat zwar eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen (Spekulationsverbot etc.) bejaht. Im entsprechenden Nichtannahmebeschluss hat der BGH (Beschl. v. 21.3.2006 - XI ZR 116/05) jedoch ausgeführt, dass der "vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten ... im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin (besteht), dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Tgeschäfts aufgeklärt hat". Das lässt aus Sicht des Senats die Schlussfolgerung zu, dass der BGH jedenfalls in diesem Fall eine Beratungs-/Hinweispflicht der beratenden Bank nicht bejahen wollte, sondern die Nichtannahme auf andere Beratungsfehler gestützt hat. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) hatte zum einen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem die beklagte Bank explizit als Expertin für kommunales Haushaltsrecht aufgetreten war und zum anderen in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen hinsichtlich des Eingreifens von Spekulationsverboten bei der dortigen Klägerin erbracht hatte. Die Frage, ob ein Berater generell auf das Bestehen bzw. das Eingreifen des Spekulationsverbotes hinweisen muss, hat es dagegen offen gelassen und lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Normen – obwohl aufsichtsrechtlicher Natur – einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zuließen.
42b. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, aus der e-mail des Zeugen T2 vom 15.2.2007 ergebe sich, dass die Beklagte es übernommen habe, die Frage des kommunalrechtlich hinreichenden Grundgeschäftsbezuges zu klären, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Die e-mail des Zeugen T2 lässt zwar erkennen, dass von Seiten der Beklagten eine Zuordnung der Darlehen der Klägerin zu den jeweiligen Ts vorgenommen bzw. ein fehlendes Darlehensvolumen als problematisch für eine geplante Umstrukturierung angesehen wurde. Dass dies jedoch heißen sollte, dass die Klägerin (auch) in dieser Hinsicht beraten werden wollte und die Beklagte eine solche Aufgabe mit entsprechender Haftung übernimmt, ist weder dieser Äußerung noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Mit e-mail vom 10.4.2007 (Anlage K 26) hat der Zeuge T2 eine Zuordnung der Darlehen zu den Derivaten mit der Bemerkung übersandt "Eine mögliche Zuordnung könnte wie folgt aussehen" – dabei handelt es sich erkennbar um eine „offene“ Formulierung und nicht um das Ergebnis einer Beratung. In der e-mail vom 17.2.2009 (Anlage K 45) schlägt der Zeuge mögliche Alternativen für die Klägerin im Rahmen der Umstrukturierung des D-Digital-T vor. Dabei werden unterschiedliche Varianten mit den jeweiligen Konditionen und einem kurzen Risikohinweis dargestellt, im Übrigen wird auf die Präsentation vom 12.2.2009 verwiesen. Angaben dazu, ob die vorgeschlagenen Produkte die erforderliche Konnexität aufweisen, finden sich in dieser e-mail nicht. Die Zeugin T3 hatte zwar den Zeugen T2 zuvor mit e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44) gebeten, die Zuordnung der Derivatgeschäfte zu den Darlehen des allgemeinen Haushalts zu prüfen und ggf. auszuweisen. Eine solche Zuweisung ist jedoch in der e-mail vom 17.2.2009 gerade nicht erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44), dass der Zeuge T2 an die Erledigung dieser e-mail erinnert wurde, ohne dass sich weiter aus dem Akteninhalt erkennen lässt, ob denn eine Prüfung der Beklagten stattgefunden hat. Gegen eine von der Beklagten übernommene Prüfungspflicht im Rahmen der Beratung spricht des weiteren auch, dass der Zeuge T2 in seiner e-mail vom 17.2.2009 im letzten Absatz die Klägerin aufgefordert hat, Rücksprache mit ihren Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen zu halten, was mit einem vorher vergebenen Prüfungsauftrag inhaltlich nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon bei Abschluss des Rahmenvertrages vom 22.8.2005 den "Anhang für Verträge mit kommunalen Körperschaften" unterschrieben hat (Bl. 60R AO I), in welchem es sinngemäß heißt, dass sie Abschlüsse ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus Kreditaufnahmen tätigen wird, dass sie dem Absicherungscharakter gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem Grundgeschäft anpassen wird und dass sie zusichert, nicht gegen die für sie maßgebenden Rechtsvorschriften, "insbesondere das Spekulationsverbot" zu verstoßen. Schon aus dieser Erklärung musste für die Klägerin deutlich werden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang weder eine Prüfungspflicht noch eine Haftung übernehmen wollte.
432. Der Beklagten ist auch keine fehlerhafte Beratung der Klägerin vorzuwerfen, weil sie keine ausreichende Kundenexploration vorgenommen hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass aufgrund des Akteninhalts und des "sehr pauschalen" Vortrags der Klägerin davon auszugehen sei, dass der Zeuge N aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung einen ausreichenden Wissensstand hatte, um die Präsentation der Beklagten und die darin dargelegten Punkte Funktionsweise, Bedeutung und Risiken der Verträge verstehen zu können. Diese Bewertung hält der Senat im Ergebnis für richtig:
44Die Klägerin macht mit der Berufung zwar zutreffend geltend, dass der Wissensstand des Zeugen N nichts mit der Frage zu tun hat, welches Anlageziel die Klägerin verfolgte. In diesem Einwand liegt aber gleichzeitig eine Verkürzung der landgerichtlichen Entscheidungsgründe. Diese sind dahingehend zu verstehen, dass sich das betreffende Argument zu Ausbildung bzw. Erfahrung des Zeugen N auf die Frage beziehen sollte, inwieweit die Beklagte ihn im Sinne der BGH-Rechtsprechung "auf ihren Wissensstand bringen" musste. Ein relevanter Beratungsfehler der Beklagten liegt in der unterlassenen Kundenexploration jedoch nicht. Denn unabhängig von einer vorherigen Exploration der Klägerin hat die Beklagte inhaltlich zutreffend und verständlich über die jeweiligen T-Verträge informiert. Dass dies nach Ansicht der Klägerin "gleichsam zufällig" erfolgte, ist unerheblich. Denn ein eventueller Fehler bei der Exploration hat sich unstreitig nicht auf Art und Umfang der ordnungsgemäßen Aufklärung ausgewirkt. Dass der Zeuge N über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügte, um die konkreten Präsentationsunterlagen der Beklagten zu verstehen und zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen und es folglich auch gar nicht darauf ankam, ob die Klägerin bereits in der Vergangenheit entsprechende Produkte erworben oder an Workshops teilgenommen hatte, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.
453. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin auch nicht insofern einen Beratungsfehler begangen, dass sie in vorwerfbarer Weise deren Anlageziel außer Acht gelassen hat.
46a. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Zeuge N habe bereits beim ersten Vertragsabschluss deutlich gemacht, dass die Klägerin sich in der Haushaltssicherung befinde und daher keine Verluste oder entsprechende Risiken zulässig seien, hat das Landgericht diesen Vortrag zum Anlageziel zu Recht als widersprüchlich angesehen. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seite ein aktives Zinsmanagement mit dem Risiko des erwartungswidrigen Verlaufs variabler Parameter und damit verbundener Verluste fordern und auf der anderen Seite verlangen, dass mit ihrem Engagement weder der Einsatz von (Eigen-) Kapital noch irgendwelche Risiken verbunden sind. Jedem Laien ist klar, dass ein risikoloses (= verlustfreies) finanzielles Engagement nur mit der Vereinbarung eines Festzinses möglich ist - gerade diese in der Vergangenheit gewählte Darlehensgestaltung wollte die Klägerin jedoch mit Hilfe der Beklagten "optimieren". Insofern hat sie mit Schriftsatz vom 11.7.2013 auch selbst vorgetragen, sie wäre für die Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus bei bestehende Zinsfestschreibung auch bereit gewesen, das Risiko eines Anstiegs des Zinsniveaus bei "synthetisch" variabler Verzinsung zu übernehmen. Folglich hat das Landgericht das Anlageziel der Kläger zutreffend dahingehend beschrieben, dass sie nicht ein "verlustloses" Geschäft, sondern ein Geschäft mit der Möglichkeit von Zinserträgen ohne Verstoß gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot eingehen wollte.
47b. Zutreffend ist weiter die Feststellung des Landgerichts, dass die der Klägerin empfohlenen Produkte als solche nicht schlechthin zweck- bzw. interessenwidrig waren. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, keines der Produkte sei eine taugliche Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus gewesen, trifft dies nicht zu. Allein der Umstand, dass die maßgeblichen Parameter sich in der Folgezeit abweichend von der Erwartung der Klägerin entwickelt haben, führt nicht dazu, dass der betreffende T-Vertrag von vornherein ungeeignet war, um das Anlageziel der Klägerin zu erreichen. Denn für das Vorhaben der Zinsoptimierung oder Zinsreduzierung eignet sich im Grundsatz jedes Konzept, das auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 53). Die der Klägerin empfohlenen Produkte waren generell geeignet, Gewinne für die Klägerin zu generieren. Bei einem Vergleich mit den Marktdaten der Vergangenheit waren die Gewinnerwartungen der Klägerin ex ante betrachtet nicht als offensichtlich aussichtslos einzustufen: Beispielsweise wurde die beim Differenz-T maßgebliche Zinsdifferenz zwischen CMS 10 und CMS 2 (20 Basispunkte) seit Januar 1999 nicht unterschritten (vgl. Bl. 96 AO I). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die schlechte Entwicklung beispielsweise des Kündbaren-Stufen-T resultiere nicht aus einer nachteiligen Marktentwicklung, sondern "zu einem guten Teil" aus der bereits anfänglichen bewussten Gestaltung zum Vorteil der Beklagten (Bl. 326 GA), ist dies zu pauschal und auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn unstreitig hätte die Klägerin, unabhängig von der angeblich bewusst nachteiligen Gestaltung oder einem negativen Marktwert, bei einem anderen Zinsverlauf Erträge generieren können und hat dies bei einigen der T-Verträge auch getan hat.
48c. Soweit im Rahmen der Restrukturierung der Erstabschlüsse hin zu den nunmehr streitgegenständlichen T-Verträgen unstreitig eine Erhöhung des Risikos erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht eine stillschweigende Erweiterung des Anlagezwecks sowie ein Einverständnis der Klägerin mit einem erhöhten Risiko angenommen, so dass auch insoweit eine fehlerhafte Beratung ausscheidet. Die Klägerin macht zwar mit der Berufung geltend, es habe keine Änderung des Anlagezwecks und keine Erhöhung der Risikobereitschaft gegeben, weil es sich bei den Folgeabschlüssen um Schadensabwendungsbemühungen gehandelt habe, auf die man sich nur deshalb eingelassen habe, weil die Beklagte diese im Hinblick auf die bereits eingetretenen Nachteile der Erstgeschäfte als "Optimierungsvorschläge" zur vermeintlichen Abwendung der Schäden unterbreitet habe. Diese Argumentation greift jedoch nicht durch, da die Vornahme von Maßnahmen zur Schadensabwendung die Billigung eines höheren Risikos unter Erweiterung des Anlagezwecks nicht ausschließt: Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin die Folgegeschäfte abgeschlossen, um den eingetretenen Schaden aus den Erstgeschäften abzuwenden bzw. jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt liquiditätswirksam werden zu lassen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, am 7.4.2006 den Hinweis erhalten zu haben, dass die Restrukturierung ihr Risiko erhöhen könnte und es ist auch unstreitig, dass am 23.6.2006 in entsprechenden Präsentationen für die bereits abgeschlossenen Ts mögliche Verluste in einem viel höheren Umfang als vorher dargestellt wurden und welche die Klägerin nunmehr vermeiden bzw. auszugleichen versuchen wollte. Gerade diese Motivation bedeutet jedoch zwingend, dass mit dem finanziellen Engagement ein erhöhtes Risiko verbunden ist und das Anlageziel erweitert werden musste. Denn nunmehr musste die Klägerin nicht nur die ursprünglich angestrebte "Zinsoptimierung" der laufenden Festzinsdarlehen erreichen, sondern zusätzlich auch den Verlust aus den Erstgeschäften wettmachen, der im Rahmen der Restrukturierung unstreitig und mit Wissen der Klägerin in die Folgeprodukte eingepreist worden war.
494. Soweit die Klägerin der Beklagten als weiteren Beratungsfehler vorwirft, weder im Rahmen der Erstabschlüsse noch bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte eine objektgerechte Aufklärung vorgenommen zu haben, da bei einem strukturierten T alle einzelnen Strukturelemente und ihre konkrete Auswirkung erläutert werden müssten, folgt der Senat dieser Ansicht nicht: Die wirtschaftliche Bedeutung der Verträge ist – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – in den Präsentationen hinreichend verständlich dargestellt worden. Eine weitergehende gesonderte Darstellung der einzelnen Strukturelemente des jeweiligen Ts ist nicht erforderlich. Soweit der BGH in der Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) einen weitergehenden Pflichtumfang postuliert hat, war dies erkennbar den Eigenheiten des dort streitgegenständlichen Ts geschuldet, der sich durch eine komplizierte Berechnung des variablen Zinses (Multiplikationsfaktor, Strike, Hebelwirkung, Memory-Effekt) auszeichnete. Gerade die ersten drei von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005, Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005 und Differenz-T vom 24.1.2006), die nach ihrem Vortrag der entscheidende Auslöser für das spätere (risikoreichere) Investment waren, weisen keine derartigen Besonderheiten auf, die eine weitergehende Erläuterung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätten. Die einzelnen Präsentationen bzw. Produktblätter der Ts sind verständlich und hinreichend klar aufgebaut, so dass auch ein Kunde ohne entsprechende Erfahrungen verstehen kann, welches Geschäft und welches damit verbundene Risiko er eingeht. Es geht vornehmlich um Wetten auf die Entwicklung bestimmter Marktdaten, welche nachvollziehbar, verständlich und in den konkreten Auswirkungen beispielhaft (durch Einsetzen fiktiver Werte in die überschaubaren Berechnungsformeln) berechnet werden können. Entsprechendes hat die Beklagte durch Darstellung möglicher Verläufe der Vertragsbeziehungen in den Präsentationsunterlagen auch getan. Die Schwierigkeit bzw. Gefährlichkeit der betreffenden Produkte liegt nicht - wie im Fall des BGH - in einer hoch risikoreichen Konstruktion mit Hebelwirkung und Memoryeffekt, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin (ebenso wenig wie die Beklagte) in der Lage war, die künftige Entwicklung der Marktparameter, die Gegenstand der Wette sind, verlässlich vorherzusagen. Dies ist jedoch ein Risiko, das aus den Präsentationen sowie den Produktblättern deutlich wird.
50Im Einzelnen:
51a. Der Kündbare-Stufen-T vom 9.9.2005, den die Klägerin ausweislich Anlage K 10 abgeschlossen hat, enthält in seinem Produktblatt (Bl. 67 AO I) einen Hinweis auf einen drohenden Zinsnachteil und es lässt sich auch erkennen bzw. berechnen, dass bei einem wider Erwarten steigenden 3-Monats-Euribor die Klägerin einen höheren Zinssatz zahlen muss, als sie von der Beklagten als Festzins erhält. Somit ist schon aus dem Produktblatt erkennbar, dass es sich letztlich um eine Wette der Klägerin auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribor handelt.
52b. Auch beim Kündbaren-Korridor-T vom 19.9.2005 (Anlage K 10) hat die Beklagte ausweislich des Produktblatts (Bl. 71 AO I) auf das Risiko eines Zinsnachteils hingewiesen. Auch hier handelt es sich letztlich um eine Wette auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribors, wobei die Klägerin im ersten Vertragsjahr den 3-Monats-Euribor zu zahlen hat (damals 2,136%) und von der Beklagten fest 3,55% erhält.
53c. Der Differenz-T vom 24.1.2006 (Anlage K 10) wurde in der Präsentation vom 11.1.2006 (Anlage K 13) sowie in zwei per E-mail vom 23.1.2006 übersandten Termsheets (Anlage K 14) erläutert. Auch hier ist (Bl. 95 AO I) der Risikohinweis auf den möglichen Zinsnachteil enthalten. Aus dem Produktblatt ist darüber hinaus unschwer zu errechnen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 4,2% zahlen muss (7,15% - 2,95%), wenn die Differenz der nicht zu prognostizierenden Tsätze unter 20 Basispunkte fällt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Werte der Tsätze aus der Vergangenheit sowie das aktuelle Marktumfeld wiedergegeben. Letztlich geht aus dem Produktblatt aber klar hervor, dass die Klägerin eine Wette auf die Entwicklung von CMS 10 und CMS 2 abschließt.
54d. Der Kündbare-Zahler-T vom 9.11.2006 (Anlage K 21) ist der einzige Vertrag, bei dem für die Klägerin ein Festzins (6,41%) und für die Beklagte ein variabler Zins (3-Monats-Euribor) vorgesehen ist. Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass dieser Vertrag, der im Rahmen der Umstrukturierung den Kündbaren-Korridor-T ersetzen sollte, von der Beklagten ausweislich der e-mail vom 6.11.2006 (Anlage K 20, Bl. 169R AO I) als Risikoreduzierung bezeichnet wurde. Da es sich allerdings um einen Forward-T handelt, der erst am 30.1.2014 begann, hätte die Klägerin – was nicht erfolgt ist – vortragen müssen, in welchem Umfang hier tatsächlich eine Risikoerhöhung statt eines Risikoabbaus vorgenommen wurde.
55e. Der D-Digital-T vom 1.3.2007 (Anlage K 25), der am 2.10.2007 (Anlage K 36) und am 24.2.2009 (Anlage K 46) verlängert wurde, ersetzte im Rahmen der Restrukturierung den Kündbaren-Stufen-T und wurde in der Präsentation vom 7.2.2007 (Anlage K 22) sowie den e-mails von 15.2.2007 (Anlage K 23) sowie 28.2.2007 (Anlage K 24) vorgestellt. Das Produktblatt (Bl. 211 AO I) enthält einen verständlichen Hinweis auf das wegen der Wertentwicklung des Schweizer Franken bestehende Risiko. Es ist klar zu erkennen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 6% zu zahlen hat, wenn der Wechselkurs EUR/D außerhalb des vereinbarten Korridors liegt und dass ihr maximal möglicher Gewinn bei günstigem Wechselkursverlauf nur 0,5% beträgt. Auf Seite 5 des Produktblattes (Bl. 213 AO I) ist von einem max. möglichen Verlust von über 4,5 Mio. Euro die Rede – deutlicher ist einem Anleger kaum vor Augen zu führen, dass die von ihm gehaltene Wette auf den Wechselkurs ein erhebliches Risiko beinhaltet. Auch im Vorfeld der ersten Verlängerung des D-Digital-Ts hatte die Beklagte mit e-mail vom 1.10.2007 (Anlage K 35) darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin präferierte Umstrukturierung durch Laufzeitverlängerung eine Risikoausweitung bedeutet.
56f. Der Digitale-Differenz-Stufen-T vom 18.4.2007 (Anlage K 27) wies im ersten Jahr einen sicheren Gewinn der Klägerin von 0,5% auf. Im Anschluss hingen die Erfolgsaussichten der Klägerin von der Entwicklung des CMS 10 und des 3-Monats-Euribor ab, worauf in der Präsentation vom 17.4.2007 (Anlage K 67) hingewiesen wird. Dort findet sich des weiteren in den Szenarioanalysen (S. 47 f. der Präsentation) ein Hinweis auf einen Nettonachteil von bis zu 1,3 Mio. Euro.
57g. Der Digitale-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 (Anlage K 37) wurde in der Präsentation vom 6.3.2008 (Anlage K 68) dargestellt. Hier wird auf das Risiko einer dauerhaften Niedrig- bzw. Hochzinsphase hingewiesen und gleichzeitig betont, dass das Risiko auf einen Zinsmehraufwand von 3,95% begrenzt sei (S. 41 der Präsentation). In der Szenarioanalyse werden – und dies nicht einmal als „X2“-Szenario Verluste in Höhe von 595.500 Euro dargestellt.
58h. Der D vom 16.11.2009 (Anlage K 51) wurde in der Präsentation vom 13.11.2009 (Anlage K 50, S. 41) vorgestellt. Es wird auf das Risiko einer Aufwertung des Euro zum Schweizer Franken und auf ein "theoretisch unbegrenztes Risiko" hingewiesen. Die Szenarioanalysen (ab S. 45) weisen mögliche Nettonachteile in Höhe von über 9 Mio. Euro aus.
595. Der Beklagten ist jedoch ein Beratungsfehler insoweit vorzuwerfen, als sie die Klägerin nicht über den unstreitig jedenfalls in Höhe von 2,9% des Bezugsbetrages bei sämtlichen T-Verträgen bestehenden anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt hat. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Ergänzend gilt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Folgendes:
60a. Sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge wiesen einen anfänglichen negativen Marktwert auf. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche Feststellung könne ein Gericht nicht aus eigener Sachkunde treffen, sondern es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, trifft dies – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht zu: Zum einen war bereits in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig und ist entsprechend im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von jedenfalls 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrages aufwiesen. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, welche von einem noch höheren Wert ausgeht, nur insoweit in Abrede gestellt, als sie die Größenordnung von 2,9%, jedoch keine weiteren Details genannt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Rahmen der Frage der Kausalität ihrer Pflichtverletzung selbst vorgetragen, dass die Klägerin auch bei Aufklärung über den negativen Marktwert die betreffenden Verträge abgeschlossen hätte, da am Markt überhaupt keine T-Verträge ohne einen solchen anfänglichen negativen Marktwert vorhanden seien. Damit räumt die Beklagte aber selbst ein, dass auch die im vorliegenden Fall an die Klägerin verkauften Produkte einen solchen anfänglichen negativen Marktwert aufgewiesen haben.
61Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme eines anfänglichen negativen Marktwertes insofern wendet, als dieser eine zu Lasten des Kunden verschobene Risikostruktur beinhalte, greift auch dieser Einwand nicht durch: Unstreitig hat die Beklagte ihre Position aus den betreffenden Verträgen unmittelbar nach Vertragsschluss im Rahmen eines Hedgings am Markt weitergegeben. Ein solcher Verkauf einer Risikoposition – noch dazu unter Einrechnung der unstreitig von der Beklagten eingepreisten Gewinnmarge – ist zur Überzeugung des Senats aber nur dann überhaupt möglich, wenn das verkaufte Produkt weitere Merkmale aufweist, die es aus Sicht des Käufers am Interbankenmarkt für einen Ankauf attraktiv erscheinen lassen. Dies kann nur aufgrund einer zu Lasten des Kunden erfolgten Strukturierung des Produktes erfolgen, die zur Folge hat, dass der Markt im Moment des Verkaufs dessen Chancen als schlechter bewertet als die Chancen der Bank, die ihre Vertragsposition zum Verkauf stellt. Genau dies sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) von einem anfänglichen negativen Marktwert gesprochen hat.
62b. Soweit die Beklagte geltend macht, bei Tgeschäften der vorliegenden Art sei der negative Marktwert nicht Ausdruck eines besonderen Interessenkonfliktes, sondern reflektiere nur ihre Gewinnerzielungsabsicht, die sich – unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten – aus der Differenz zwischen ihren "Einstandskonditionen", d.h. dem Wert der Igeschäfte und den Konditionen des Kundengeschäftes ergebe und über die sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aufklären müsse, stellt dies ihre grundsätzliche Aufklärungspflicht nicht in Frage. Denn die Beklagte räumt selbst ein, dass der hier vorliegende anfängliche negative Marktwert mehr ist als nur ihre Gewinnmarge, indem sie nämlich ihre Berechnung "unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten" anstellt. Was genau diese Kostenkomponenten sind, gibt sie nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen (auch) diejenigen Abschläge enthalten sind, um die das Produkt zu Lasten des Kunden gegen die Marktmeinung abgewertet werden musste, damit ein Hedging ermöglicht wird. Darüber hinaus ist die Beklagte auch dem Vortrag der Klägerin, wonach das Produkt absichtlich zu Lasten des Kunden strukturiert worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich lediglich auf die Argumentation zurückgezogen, über ihre Gewinninteressen nicht aufklären zu müssen.
63Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwertes in der Aussage erschöpfe, dass der Kunde bei einer sofortigen Loslösung vom Geschäft einen Verlust erleide, der den Kosten und dem Gewinn der Bank entspricht und nicht Ausdruck von ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken sei, ist dies unerheblich. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) dargelegt hat, hat der anfängliche negative Marktwert eine weitergehende Bedeutung als ein reines Gewinninteresse der Bank, welches sich im Falle einer sofortigen Auflösung des Geschäftes für den Kunden (negativ) realisiert, was im Übrigen bei nahezu jedem Bankprodukt der Fall ist. Es wird auch entgegen der Ansicht der Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt, dass der negative Marktwert die ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken von Kunde und Bank während der gesamten Laufzeit des Ts widerspiegelt. Vielmehr wird ihm nur eine Aussage dahingehend beigemessen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen zwischen Bank und Kunde ungleich verteilt sind. Eine Prognose über den weiteren Verlauf des Geschäftes dürfte damit allenfalls insoweit verbunden sein, als der Kunde in das Geschäft gleichsam mit einem Negativsaldo startet.
64c. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert (vgl. Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR ZR 33/10) jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht so komplex ausgestaltet gewesen seien, wie der der BGH-Entscheidung zugrunde liegende D2-T, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung:
65Die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung des Anlegers über einen anfänglichen negativen Marktwert besteht unabhängig von der Komplexität des konkreten Produktes. Die Komplexität des empfohlenen Anlageproduktes und die daraus folgenden Risiken für den Anleger spielen lediglich bei der Beurteilung der Frage eine Rolle, ob die Bank die Risikobereitschaft des Anlegers hinreichend ermittelt bzw. sich vor der Anlageentscheidung Gewissheit verschafft hat, dass der Kunde die konkreten Risiken in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 23 ff.). Neben dieser Verpflichtung zur Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden steht jedoch als eigenständige Verpflichtung die der Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 31 ff.). Diese Pflicht resultiert aus dem schwerwiegenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, die auf der einen Seite eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben hat und auf der anderen Seite als Partnerin der Zinswette eine Rolle einnimmt, welche den Interessen des Kunden gerade entgegengesetzt ist. Wird dann die Anlage für den Kunden in einer Art und Weise strukturiert, dass der Markt seine Risiken negativer bewertet als die der Bank, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass die Bank ihre Position in dieser Wette durch I-Geschäfte an andere Marktteilnehmer weitergeben kann, dann besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.
66Es kommt damit im vorliegenden Fall weder darauf an, ob sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge – soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits sind – auf ein Anlageprodukt beziehen, welches eine mit einem D2 T vergleichbare Komplexität aufweist, noch kommt es darauf an, ob die Klägerin aufgrund eigener Sachkunde in der Lage war, die konkrete Wirkungsweise und die Risiken dieses Anlageproduktes zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Beklagten verkauften Produkte einen anfänglichen negativen Marktwert aufweisen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Vertragsposition sofort durch ein I-Geschäft weitergeben und dadurch ihre Kosten decken sowie Gewinn erzielen konnte, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
67Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entnehmen, dass eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verlustrisiken für den Anleger unbegrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, die für sich - und unabhängig von der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte es der BGH in der vorgenannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war, was ansonsten eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert hätte.
68d. Die Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nicht als reines Spekulationsgeschäft (Zinswette), sondern im Hinblick auf ein Grundgeschäft zur Zinsoptimierung abgeschlossen wurden.
69aa. Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich keine hinreichend deutliche Aussage dazu entnehmen, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes auf reine Spekulationsgeschäfte beschränkt werden sollte. Zum einen lag der betreffenden Entscheidung gerade eine Fallgestaltung mit einem solchen Grundgeschäftsbezug zugrunde, weil die dortige Klägerin – nach ihrem Vortrag – die Verträge als Sicherungsgeschäft im Hinblick auf einen variabel verzinslichen Kredit abgeschlossen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, juris Rn. 26). Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen dafür, dass der XI. Zivilsenat die von ihm postulierte Beratungspflicht nicht auf die Fallgestaltung des reinen Spekulationsgeschäftes beschränken wollte:
70Der BGH stellt in der betreffenden Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass die Integrität der Beratungsleistung einer Bank dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmethoden überwiegendes Verlustrisiko des Kunden "abkaufen" lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageentscheidung übernommen hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 36). Es ist nicht ersichtlich und wird vom XI. Senat im Zusammenhang mit der Frage der Integrität der Beratungsleistung auch nicht problematisiert, dass ein solches Verlustrisiko dann nicht besteht und daher der "Verkauf" dieses Risikos durch die Bank keinen Zweifel an ihrer Integrität weckt, wenn der Kunde einen T-Vertrag mit dem Ziel abschließt, die bestehende Zinsbelastung aus einem Grundgeschäft zu verringern. Auch in solchen Fällen nutzt die Bank ihren Wissensvorsprung bzw. die von ihr vorgenommene Strukturierung des Anlageproduktes aus, um im Rahmen des I-Geschäfts einen unmittelbaren Gewinn zu erzielen, während der Kunde den von ihm übernommenen Risiken des Ts über die gesamte Vertragslaufzeit ausgesetzt ist, mag dieses Risiko auch im Einzelfall durch die konkrete Vertragsgestaltung gedeckelt sein.
71Weiter unterliegt nach den Ausführungen des BGH nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Bank als solche einer Aufklärungspflicht, da sie bei Eigengeschäften für den Anleger offenkundig ist. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit des von der Bank konkret empfohlenen Produktes (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 38). Auch an dieser Stelle stellt der BGH also nicht ausdrücklich auf einen (fehlenden) Grundgeschäftsbezug ab, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkret empfohlenen Produktes, dessen zu Lasten des Kunden gestaltete Risikostruktur, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss weitergegeben wurde, einen besonderen und damit aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt begründet. Es ist wiederum nicht ersichtlich, warum sich dieser Interessenkonflikt, in dem sich die Bank aufgrund der von ihr veranlassten internen Maßnahmen (Strukturierung des Anlageproduktes) befindet, in solchen Fällen nicht zeigen soll, in denen die Bank das Anlageprodukt nicht zu Spekulationszwecken des Kunden, sondern in Bezug auf dessen Zinsoptimierungswünsche hinsichtlich eines Grundgeschäfts anbietet.
72Soweit Schmieder (WuB I G 1. - 16.12) schließlich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des BGH eine Aufklärungspflicht nur bei T-Geschäften bejaht, die nicht zur Absicherungszwecken, sondern allein zu Spekulationszwecken geschlossen werden, wird eine überzeugende Begründung für dieses Abgrenzungskriterium nicht angeführt. Dies gilt umso mehr, als ihrer Ansicht nach die Aufklärungspflicht auch bei solchen auf spekulativer Basis abgeschlossenen T-Verträgen gelten soll, die einfach strukturiert sind oder bei denen der Kunde mit steigenden Zinsen rechnet und daher unter Verzicht auf die Chance zukünftig geringerer Zinsen einen Festzins zu zahlen hat. Gerade in der zweiten Fallgestaltung dürfte vielmehr schon fraglich sein, inwiefern überhaupt ein Wettcharakter vorliegt, bei dem sich die Bank und der Kunde im Sinne gegenläufiger Interessen gegenüberstehen und damit generell der Anwendungsbereich der "Aufklärungspflicht aufgrund Interessenkonfliktes" eröffnet ist.
73bb. Unabhängig davon, dass sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Abgrenzungskriterium "fehlendes Grundgeschäft" entnehmen lässt, hält der Senat eine solche Differenzierung bei der Frage einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert auch nicht für gerechtfertigt.
74Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sich der Kunde, dem die Bank ein T-Geschäft zur „Zinsoptimierung“ eines mit ihr bestehenden Grundgeschäftes empfiehlt, des Gewinninteresses der Bank bei diesem Vertrag bewusst ist. Denn letztlich bietet ihm die Bank eine Möglichkeit an, der als unzureichend empfundenen Zinsstruktur des Grundgeschäftes (z.B. Festzins bei sinkenden Marktzinsen oder variabler Zins bei Bedürfnis nach gleichbleibender Belastung ohne Abweichungsrisiko) zu entkommen. Dass sie dies nicht ohne ein eigenes Gewinninteresse tut, liegt auf der Hand, weil ansonsten statt des T-Vertrages schlicht eine Abänderung der Zinskonditionen des Grundgeschäftes hätte erfolgen können. Allein dieses Gewinninteresse der Bank ist jedoch nicht der Kerngehalt des anfänglichen negativen Marktwertes, so dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten trotzdem zu bejahen ist:
75Entscheidend für die Pflicht zur Aufklärung über einen bestehenden Interessenkonflikt ist die Erwägung, dass die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dabei geht der Kunde aufgrund der Ausgestaltung des konkreten T-Vertrages bzw. dessen Wettcharakter berechtigterweise davon aus, dass sowohl er als auch die Bank ein gleiches Risiko hinsichtlich der Zins- bzw. Währungsentwicklung tragen. Damit ist nicht gemeint, dass die künftige Entwicklung dieser Variablen vorhersehbar ist und als gleichrangig eingestuft wird, sondern lediglich, dass die jeweilige Ausgangsposition von Kunde und Bank im Rahmen der Wette gleichartig ist. Dieser berechtigten Erwartung des Kunden wird aber dann nicht entsprochen, wenn die Bank die Risikostruktur des T-Vertrages so zu Lasten des Kunden gestaltet, dass der Markt die Anfangschancen des Kunden negativer beurteilt als die der beratenden Bank und daher objektiv gesehen die beiden Wettpartner gerade keine gleichartige Ausgangsposition haben. Dass die Bank diesen Vorteil ausnutzt, um in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gewinnbringende I-Geschäfte zu schließen, was ihr nur dann möglich ist, wenn sie ihre eigene Gewinnmarge neben anderen Kostenkomponenten in den anfänglich negativen Marktpreis "einpreist", führt zu einer Konstellation, die nicht mehr als "faire Wette" bezeichnet werden kann. Denn die Bank hat in diesen Fällen durch das I-Geschäfte ihren Gewinn bereits realisieren und sich des künftigen Zins- bzw. Marktrisikos entledigen können, bevor der Vertrag überhaupt durchgeführt wurde.
76Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist daher, dass sich bei einem mit gegenläufigen Interessen der Bank bzw. des Kunden ausgestalteten T-Vertrag die beiden Partner im Rahmen einer Wette auf die künftige Zins- bzw. Währungsentwicklung gegenüberstehen. Ob zu diesem Vertrag ein Grundgeschäft besteht, dessen Zinsbelastung der Kunde möglicherweise optimieren will, kann bei der Frage der Aufklärungspflicht keine Rolle spielen. Denn auch bei bestehendem Grundgeschäft kann ein Kunde berechtigterweise erwarten, über eine zu seinen Lasten erfolgte Strukturierung des Anlageproduktes durch seinen "Wettgegner", welche diesem einen unmittelbaren Gewinn aus dem Anlagevertrag sowie die Weitergabe des Risikos ermöglicht, informiert zu werden, wenn dieser Gegner gleichzeitig der Vertragspartner seines Anlageberatungsvertrages ist. Es würde auch eine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen Kunden nach sich ziehen, der bei der betreffenden Bank bereits mit einem bestimmten Kreditvolumen involviert ist, wenn seine Aufklärung über die tatsächlichen Parameter einer Wette auf die Zins- bzw. Währungsentwicklung nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als diejenige eines (Neu-) Kunden, der ein reines Spekulationsgeschäft abschließt. Denn auch derjenige Kunde, der den T-Vertrag nicht zu reinen Spekulationszwecken, sondern zur Zinsoptimierung eines Grundgeschäfts abschließt, darf davon ausgehen - ohne die Gewinninteressen der Bank in Abrede zu stellen - dass diese ihm im Rahmen der gewünschten Zinsoptimierung jedenfalls kein Produkt empfiehlt, welches sie vorher in ihrem eigenen Gewinn- und Absicherungsinteresse einer bestimmten Ausgestaltung unterworfen und damit die gleichartige Ausgangsposition der Wette zu ihren Gunsten heimlich verändert hat.
77Die Entscheidungen des Senats vom 18.1.2012 (13 U 37/11, 13 U 232/10 und 13 U 236/10) stehen den vorstehenden Erwägungen nicht entgegen. Denn es war in diesen Fällen eben nicht unstreitig, dass das Anlageprodukt einen anfänglichen negativen Marktwert aufwies und die beklagte Bank ihren "Gewinn" aus einem (unterstellten) negativen Marktwert tatsächlich bereits durch ein I-Geschäft realisiert hatte. Auch mit der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 27.6.2012 (9 U 140/11, WM 2012, 1829) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Insofern kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Stuttgart zu folgen ist, dass eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert dann entfällt, wenn der Kunde eigenverantwortlich beurteilen kann, ob eine mit einem T-Vertrag getroffene Festzinsvereinbarung marktgerecht ist und seinen Sicherungsinteressen entspricht. Denn im dort entschiedenen Fall bestand das Grundgeschäft in einem variabel verzinsten Darlehen, welches mittels T-Vertrag in eine Festzinsvereinbarung umgewandelt wurde war. Bei dieser Konstellation hat das OLG Stuttgart zutreffend die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem konkreten T-Vertrag nicht um eine Zinswette der Bank gegen den Kunden handelte, sondern der Kunde vielmehr nur bewusst auf die Ertragschancen, die sich aus einem künftig sinkenden variablen Zins des Grundgeschäftes ergeben hätten, verzichten würde.
78Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hätte die Klägerin durch die Beklagte bei Abschluss der T-Verträge über die anfänglichen negativen Marktwerte aufgeklärt werden müssen. Denn die Interessen der Parteien waren im Rahmen des D (Wette auf Wechselkurs EUR/D), des Kündbaren Zahler T (Wette auf den 3-Monats-Euribor) sowie des Digitalen Zinsumfeld T (Wette auf D2 10 und 3-Monats-Euribor) entgegengesetzt. Die mit der Klägerin geschlossenen Verträge waren damit "Wetten" im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Denn in sämtlichen Fällen wetten die Parteien auf eine bestimmte Entwicklung des Marktes und eine damit verbundene Entwicklung bestimmter Indizes. Bei einer bestimmten Wertentwicklung ist das Geschäft für die Klägerin ein Erfolg, weil ihre Zinszahlung geringer ist als der Betrag, den sie von der Beklagten empfängt, bei anderen Wertentwicklungen ist es umgekehrt.
79cc. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin erläutert habe, sie verdiene nicht an der Gegenposition im Rahmen des Wettgeschäftes, sondern erziele ihren Verdienst durch Einrechnung einer Marge in die Konditionen der Geschäfte, die „am Interbankenmarkt durchgehandelt“ würden, ist dies zum einen von der Klägerin bestritten worden, die darlegt, dass die Stellung als Intermediär erst in späteren Gesprächen erwähnt wurde und reicht zum anderen nicht als Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert aus. Denn dieser zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht allein das Gewinninteresse der Bank widerspiegelt, sondern darüber hinaus eine bewusste Strukturierung des Anlageproduktes symbolisiert, aufgrund derer der Markt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen für den Kunden schlechter einstuft als die Chancen der Bank. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, über diesen Umstand aufgeklärt zu haben. Insofern ist es auch unerheblich, ob und seit wann die Klägerin von der Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten durch die Weitergabe der Vertragsposition am Interbankenmarkt wusste. Allein der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Weitergabe des Vertrages im Rahmen eines Hedgings gewusst hat, vermittelt ihr noch nicht die Kenntnis über die zu ihren Lasten erfolgte Strukturierung des Produktes.
80Zwar ist bei denjenigen T-Verträgen, die im Rahmen der Umstrukturierung abgeschlossen wurden, zugunsten der Beklagten eine Kenntnis der Klägerin davon zu unterstellen, dass das Neugeschäft aufgrund der Einpreisung des bei Auflösung des Erstgeschäfts ersparten Auflösungspreises von vornherein "zu teuer" war. Auch dieser Umstand ersetzt jedoch nicht die geschuldete Aufklärung, denn der anfängliche negative Marktwert im Sinne der Rechtsprechung des BGH bedeutet, dass das Produkt bewusst so gestaltet wurde, dass der Markt die Risiken für den Kunden schlechter bewertet. Diese Kenntnis hat die Klägerin auch dann nicht, wenn sie weiß, dass sie an die Beklagte deshalb einen Aufschlag zahlt, weil diese in die Beendigung eines anderen Geschäfts ohne Ausgleich der aus diesem Vertrag fälligen Zahlungen eingewilligt hat.
816. Die unterbliebene Aufklärung der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert der streitgegenständlichen T-Verträge war auch kausal für den bei der Klägerin eingetretenen Vermögensschaden. Denn die Beklagte hat keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens der Klägerin führen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Umstände, dass nämlich zum einen der Klägerin das Verdienstinteresse der Beklagten an den fraglichen Geschäften bewusst gewesen sei und diese zum anderen unter keinen Umständen die durch die ersten Geschäfte eingetretenen Verluste liquiditätswirksam habe realisieren wollen, rechtfertigen keine Vernehmung der insoweit benannten Zeugen N oder V2. Denn selbst wenn man diesen Vortrag der Beklagten zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, genügt er nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens:
82a. Die Kenntnis des Gewinninteresses der Beklagten konnte der Klägerin keinen Aufschluss über die Bedeutung des negativen Marktwertes geben, die darin liegt, dass die Bank – obwohl als Beraterin ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet – gegenläufige Interessen verfolgt und das Produkt bewusst so strukturiert hat, das der Markt die Chancen und die Position des Kunden schlechter bewertet als diejenigen der Bank und sie deshalb in der Lage ist, sich das Risiko sofort durch ein Gegengeschäft mit Gewinn abkaufen zu lassen. Der darin liegende besondere Interessenkonflikt, insbesondere der aus der bewussten Strukturierung folgende Marktbezug, bleibt dem Kunden – hier der Klägerin – ersichtlich auch bei Kenntnis vom allgemeinen Gewinninteresse verborgen. Insofern kann die Kenntnis eines solchen Gewinninteresses auch nicht indizieren, dass sich die Klägerin auf die streitgegenständlichen Geschäfte auch bei Offenlegung des Marktwertes und seiner Bedeutung eingelassen hätte.
83b. Der Wunsch der Klägerin, bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte liquiditätswirksame Verluste aus politischen und/oder haushaltsrechtlichen Gründen zu vermeiden, spricht zwar zunächst für die von der Beklagten behauptete „Alternativlosigkeit“ des Verhaltens der Klägerin, das damit auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert erfolgt wäre. Eine solche Sichtweite lässt jedoch unzulässigerweise außer Acht, dass die Verluste, deren Realisierung die Klägerin vermeiden wollte, jeweils aus Vorgängergeschäften resultierten, bei denen die Klägerin ebenfalls nicht von der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt worden war. Wäre sie bei den drei Erstgeschäften im September 2005 (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005 und Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005) bzw. Januar 2006 (Differenz-T vom 24.1.2006) ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie – dies folgt aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, denen die Beklagte insoweit allein den untauglichen Einwand des allgemeinen Verdienstinteresses entgegensetzen kann – schon diese gar nicht geschlossen und es wären auch die Verluste nicht entstanden, die zum Abschluss der Folgegeschäfte geführt haben. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den drei Erstgeschäften verjährt sind und damit nicht mehr durchgesetzt werden können. Dies hindert jedoch nicht, bei der Prüfung, ob die Beklagte hinreichende Indizien für eine Kausalitätswiderlegung im Rahmen der streitgegenständlichen Geschäfte vorgetragen hat, die von ihr selbst durch eine frühere Pflichtverletzung geschaffene und zu verantwortende tatsächliche Situation zu berücksichtigen. Letztlich verstieße die Beklagte bei dem von ihr vorgetragenen alternativen Geschehensverlauf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Bei der Frage, wie sich ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, kann lediglich auf diejenige Entscheidung abgestellt werden, die der Anleger autonom aus freien Stücken, allein unter Zugrundelegung von in seiner Sphäre liegenden Umständen getroffen hätte. Dies kann durchaus auch zu der von der Beklagten hier postulierten „Alternativlosigkeit“ der konkreten Anlageentscheidung führen, wenn beispielsweise steuerliche Erwägungen eine so herausragende Rolle spielen, dass der Anleger demgegenüber hohe Risiken oder eine bewusste Strukturierung der Anlage in Kauf nimmt. Dabei handelt es sich jedoch um tatsächliche oder vermeintliche Sachzwänge, die allein vom Verhalten des Anlegers herrühren bzw. von ihm beeinflusst wurden. Im vorliegenden Fall ist es dagegen so, dass die Beklagte durch ihre Pflichtverletzungen, nämlich die schon bei den Erstgeschäften unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, überhaupt erst den Zustand der „Alternativlosigkeit“ der Restrukturierungsverträge auf Seiten der Klägerin verursacht hat, so dass die Klägerin eben nicht allein aus autonomen Motiven handelte, sondern (zumindest auch) aufgrund der durch die Beklagte verursachten Zwangslage.
847. Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ein Verschulden der Beklagten bejaht, da sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB schlüssig dargelegt hat, dass sie die Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht zu vertreten hat. Dies wird von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.
858. Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB verneint. Dies gilt – entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11.7.2013 – unabhängig davon, ob die Frage eines haftungsausschließenden oder nur eines anspruchsmindernden Mitverschuldens der Klägerin im Raume steht.
86a. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem zur Vermeidung jedweder Verlustrealisierung weiter investiert, anstatt die betreffenden Geschäfte zu beenden, rechtfertigt dieser Vortrag – zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt – weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB.
87Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Aufklärungspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe auf die Auskunft nicht vertrauen dürfen. Die von diesem Grundsatz gemachten Ausnahmen (z.B. zur Vorsicht mahnende Art und Weise des Beratungsgespräches, sorgfaltswidrig nicht verwertete weitere Informationsquellen, offensichtlich lückenhafte Informationen des Beraters) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie stützt sich vielmehr auf die Erwägung, dass es im Rahmen einer Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB zulässig sei, ein Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst zu berücksichtigen, welches mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Beratung nichts zu tun habe, sondern eigenständig zu bewerten sei. Anknüpfungspunkt sei dabei, dass die Klägerin, als sie die Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit der bereits abgeschlossenen Produkte und deren negativen Verlauf erkannt habe, nicht sämtliche Verträge beendet, sondern mit weiterem Risiko Ersatzverträge abgeschlossen habe. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen:
88Hinsichtlich der im Zeitraum vor Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist ein Mitverschulden der Klägerin schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis der Klägerin bzw. noch nicht einmal ein Problembewusstsein dahingehend bestand, dass die abgeschlossenen Verträge möglicherweise haushaltsrechtlich unzulässig sind und daher deren Auflösung betrieben werden muss. Hinsichtlich der im Zeitraum ab Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist unstreitig, dass es sich um Verträge handelte, welche die Beklagte der Klägerin in der konkreten Situation empfohlen hat. Zwar hat die Beklagte ihre Empfehlungen jeweils unter den Vorbehalt der "eigenen Zinsmeinung" der Klägerin gestellt, doch letztlich ebenso deutlich gemacht, dass sie die Produkte generell als für die konkreten Zwecke der Klägerin geeignet ansah. Dann ist es unzulässig, im Nachhinein den Vorwurf eines Verschuldens der Klägerin gegen sich selbst aus dem Umstand herzuleiten, dass die Klägerin nicht – unter Missachtung der mit der Anlageempfehlung verbundenen Einschätzung der Beklagten – eine kommunalrechtliche Prüfung veranlasst hat, um die vermeintliche Rechtswidrigkeit derjenigen Anlageempfehlung festzustellen, der sie eigentlich vertrauen können sollte.
89b. Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, da ihr nach eigenem Vortrag für eine eigenständige Einarbeitung in die Materie der T-Verträge weder das erforderliche Personal noch die erforderliche Zeit zur Verfügung gestanden habe, liegt darin kein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens. Die Klägerin hat sich gerade deshalb einer Beratung der Beklagten bedient, weil diese über entsprechendes Personal mit Fachwissen und Fähigkeiten verfügte. Wenn sich nun die Beklagte mit dem Argument zu entlasten versucht, dass sich die Klägerin bei Vornahme der Anlageentscheidungen nicht auf einem hinreichenden Wissens- und Kenntnisstand befunden hat, dann belegt dies nur eine unzureichende Beratung, nicht jedoch ein Mitverschulden der Klägerin. Die Beklagte behauptet zudem auch nicht, dass die Klägerin den konkreten Beratungsfehler, nämlich die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert mit entsprechendem Personal und Zeit für eine Einarbeitung hätte erkennen können.
909. Der der Klägerin durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf einen Betrag von 1.357.435,82 Euro, nämlich einem Verlust in Höhe von 132.750 Euro aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie einem Verlust in Höhe von 1.224.685,82 Euro aus dem D vom 16.11.2009.
91a. Soweit die Klägerin zunächst mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag hinsichtlich einer weiteren Schadensersatzforderung von 18.271,20 Euro aus dem D-Digital-T vom 24.2.2009 weiter verfolgte, ist dieser Anspruch durch den mit Schriftsatz vom 4.6.2014 insoweit erklärten Teilklageverzicht hinfällig geworden.
92b. Die Klägerin muss sich die Auflösungspreise, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären, nicht als ersparte Aufwendung im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar wurde unstreitig am 1.3.2007 bei Auflösung des Kündbaren-Stufen-T und Abschluss des ersten D-Digital-T ein Betrag in Höhe von 1.899.851,00 Euro sowie am 12.3.2008 bei Auflösung des Digitalen-Differenz-Stufen-T und Abschluss des Digitalen-Zins-Umfeld-T ein Betrag in Höhe von 157.000 Euro der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Jedoch löst dies keine Vorteilsausgleichung zu Lasten der Klägerin aus:
93Eine Vorteilsausgleichung findet statt, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis dem Geschädigten neben Nach- auch Vorteile gebracht hat, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen und deren Anrechnung Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11.2009 - VII ZR 233/08 m.w.N.). Es fehlt unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall schon an einem Vorteil der Klägerin, den sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsste. Die Auflösungspreise für die beendeten Ts sind der Klägerin unstreitig nicht ausgezahlt oder auf andere Art und Weise gut gebracht worden. Vielmehr sind sie in das Folgegeschäft eingerechnet worden, welches aus diesem Grunde für die Klägerin entsprechend teurer wurde. Der einzige wirtschaftliche Vorteil der betreffenden Vorgehensweise für die Klägerin lag darin, dass die betreffenden Summen nicht am Stichtag der Auflösung bilanzschmälernd an die Beklagte ausgezahlt werden mussten, sondern dass diese Verluste im Rahmen der weiteren Verträge gleichsam fortgeschrieben wurden. Der darin möglicherweise liegende Zinsvorteil für die Klägerin wird von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht substantiiert dargelegt.
9410. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert bei Abschluss der Verträge über den Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie den D vom 16.11.2009 sind nicht verjährt. Eine Verjährung nach dem mit Ablauf des 4.8.2009 außer Kraft getretenen § 37a WpHG a.F. scheidet hinsichtlich der Ansprüche aus dem D aus, weil der Vertrag am 16.11.2009 und damit nach dem 4.8.2009 geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T hält die Beklagte die Einrede der Verjährung ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2012 nicht mehr aufrecht. Auch eine Verjährung nach §§ 195, 199 BGB kommt nicht in Betracht, weil die betreffenden Verträge erst in den Jahren 2008 bzw. 2009 abgeschlossen wurden und die damit frühestens am 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 beginnende dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 17.11.2011 noch nicht abgelaufen war.
95III. Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass dieser keine weiteren Ansprüche aus dem D, dem Digitalen-Zinsumfeld-T sowie dem Kündbaren-Zahler-T zustehen. Denn bei Abschluss dieser Verträge hat die Beklagte jeweils schuldhaft die Aufklärung hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes unterlassen, wodurch sie daran gehindert ist, künftig Forderungen aus diesen Verträgen gegen die Klägerin geltend zu machen.
96Im Einzelnen:
971. Die Beklagte kann gegen die Klägerin aus dem D vom 16.11.2009 keine Ansprüche mehr geltend machen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden ist. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung das betreffende Geschäft abgeschlossen hätte, um eine Realisierung der bereits eingetretenen Verluste zu vermeiden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
982. Die Beklagte kann des Weiteren auch aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Klägerin geltend machen. Auch insoweit ist die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
993. Die Beklagte kann schließlich auch aus dem Kündbaren-Zahler-T vom 9.11.2006 keine weiteren Forderungen mehr gegen die Klägerin geltend machen, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.
100a. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie diese nicht über das Vorliegen des anfänglichen negativen Marktwertes aufgeklärt hat. Diese Pflichtverletzung ist für den schadensbegründenden Vertragsschluss auch kausal geworden, weil sich die Klägerin bei Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 noch nicht in der für sie als solche empfundenen Zwangslage befand, in der sie die Realisierung von Verlusten unbedingt vermeiden wollte und daher kein Indiz dafür vorliegt, dass sie ihre Anlageentscheidungen auch bei ordnungsgemäßem Hinweis auf den anfänglichen negativen Marktwert in gleicher Weise getroffen hätte. Grundsätzlich steht der Klägerin damit aus § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch zu, von allen weiteren Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag mit der Beklagten freigestellt zu werden.
101b. Ob dieser Anspruch der Klägerin wegen Ablaufs der 3-Jahres-Frist bei Klageerhebung bereits nach § 37a WpHG a.F. verjährt war, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem Vertragsschluss und nicht erst mit dem Fixing der gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zum Quartal bzw. Halbjahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.3.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579) zu laufen begann oder ob der Beklagten eine bedingt vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinne eines vorsätzlichen Organisationsverschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298) vorzuwerfen und damit noch keine Verjährung eingetreten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn selbst wenn der Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt sein sollte, könnte sie ihn der Beklagten im Rahmen der weiteren Vertragserfüllung einredeweise entgegenhalten und damit dem geltend gemachten Feststellungsantrag zum Erfolg verhelfen.
102aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T ab Januar 2014 (Zahlung eines Festzinses in Höhe von 6,41% auf einen anfänglichen Bezugsbetrag von 3.779.573,89 Euro) nicht mit einem verjährten Anspruch aufrechnen kann. Der Aufrechnung steht zwar nicht entgegen, dass die Forderung der Klägerin bei Abgabe der Aufrechnungserklärung mit Schriftsatz vom 30.4.2012 (Bl. 418 GA) bereits verjährt war (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1951 - GSZ 1/51; Palandt/Grüneberg, BGB, § 387 Rn. 3 und § 388 Rn. 1), da die Verjährung einer Gegenforderung gemäß § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn sie in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden hat (BGH, Urt. v. 8.11.2011 - XI ZR 341/10). Es fehlt allerdings auch im rückbezogenen Zeitpunkt an aufrechenbaren Gegenansprüchen der Klägerin: Der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert entstand bei Abschluss des Vertrages über den Kündbaren-Zahler-T in Gestalt eines Freistellungsanspruchs, mit dem nicht aufgerechnet werden konnte. Erst mit der jeweiligen Anforderungen von Leistungen durch die Beklagte wandelte sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, juris Rn. 46), was erst mit der ersten Leistung an die Beklagte, also am 30.4.2014 der Fall sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch jedoch bereits verjährt.
103bb. Die Klägerin kann ihren verjährten Schadensersatzanspruch der Beklagten jedoch nach § 215 BGB im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts entgegenhalten, was im Ergebnis dazu führt, dass der Beklagten – wie mit dem klageweise geltend gemachten Feststellungsantrag begehrt – keine weiteren Ansprüche aus dem Kündbaren-Zahler-T mehr zustehen.
104(1) Der Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist auf Rückabwicklung des für die Klägerin nachteiligen Vertrages gerichtet und kann der Inanspruchnahme durch die Beklagte einredeweise mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen gehalten werden, das seine Grundlage im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196; BGH, Urt. v. 15.1.2009 – III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603). Dieser Anspruch entstand mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 und war auch sofort fällig, so dass er zu diesem (unverjährten) Zeitpunkt bereits dem Anspruch der Beklagten im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts hätte entgegengehalten werden können.
105(2) Die Regelung des § 215 BGB ist auch auf das Leistungsverweigerungsrecht anwendbar, welches dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestituation bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zusteht. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 die Anwendbarkeit von § 215 BGB dahingehend in Abrede stellt, dass der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB zustehe, teilt der Senat diese Ansicht nicht: Schon dem Wortlaut von § 215 BGB ist nicht zu entnehmen, dass er sich auf Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB beschränken soll. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vorschrift des § 215 BGB ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2006, 2773). Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen die von der Beklagten vertretene Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Denn der Regelungsgehalt von § 215 BGB ist darauf gerichtet, dem Schuldner die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls im Wege einer „Abwehr“ der Gegenforderung zu ermöglichen, auch wenn er sie aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr aktiv einfordern kann. Genau dies trifft auch den vorliegenden Fall der Leistungsverweigerung aus einem verjährten Rückabwicklungsanspruch wegen schuldhafter Fehlberatung beim Vertragsschluss. Der Anleger ist zwar aufgrund der Verjährung nicht mehr in der Lage, ihm entstandene Schäden der Vergangenheit ersetzt zu verlangen. Er kann sich aber zumindest davor schützen, vom Anlageberater gerade aus dem Vertrag künftig in Anspruch genommen zu werden, dessen Abschluss auf einer schuldhaften Fehlberatung beruht.
106(3) Für den Erhalt der Einredemöglichkeit gemäß § 215 BGB ist weiter nicht erforderlich, dass der aus dem T-Vertrag resultierende Anspruch der Beklagten in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Klägerin noch auf einen unverjährten Schadensersatzanspruch in Form eines Anspruchs auf Rückabwicklung hätte stützen können, bereits fällig war. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 geltend macht, es fehle an der von § 215 BGB vorausgesetzten Aufrechnungslage in nicht verjährter Zeit, vermengt sie in unzulässiger Weise die Fallgruppen des § 215 BGB. Da im vorliegenden Fall keine Aufrechnung der Klägerin zur Diskussion steht, sondern die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht, kommt es auf die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht an. Das Leistungsverweigerungsrecht aus §§ 280 Abs. 1, 249, 242 BGB steht der Klägerin bereits mit Abschluss des Vertrages zu und kann ab dem Zeitpunkt ausgeübt werden, ab dem der Anspruch der Beklagten erfüllbar war. Auch dies war bereits mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 der Fall, da die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der Vereinbarung eines Festzinses hinreichend bestimmt war. Es handelt es sich um einen lediglich betagten Anspruch, der im Januar 2014 fällig wurde. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, dass die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch die Klägerin einen fälligen Anspruch der Beklagten voraussetzt, dann hätte es letztlich der Vertragspartner eines entsprechenden T-Vertrages in der Hand, durch zeitliche Verlagerung des Zahlungstermines (und damit der Fälligkeit des eigenen Anspruchs) die Geltendmachung von Gegenrechte über den Zeitpunkt der Verjährung hinweg hinauszuschieben.
107IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 709, 711 ZPO.
108Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen: Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine Aufklärungspflicht über eine anfänglichen negativen Marktwert eines Ts auch dann besteht, wenn der Anleger den betreffenden Vertrag nicht zu (reinen) Spekulationszwecken, sondern im Hinblick auf ein bestehendes Grundgeschäft abschließt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012 – 9 U 140/11, juris Rn. 43 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013 – 9 U 101/12, juris Rn. 43 ff.). Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage, die zur Herstellung der Rechtssicherheit erforderlich wäre, steht zur Zeit noch aus.
109Streitwert: 21.472.907,02 Euro
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Ein Meldepflichtiger im Sinne der §§ 33 und 34, der die Schwelle von 10 Prozent der Stimmrechte aus Aktien oder eine höhere Schwelle erreicht oder überschreitet, muss dem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist, die mit dem Erwerb der Stimmrechte verfolgten Ziele und die Herkunft der für den Erwerb verwendeten Mittel innerhalb von 20 Handelstagen nach Erreichen oder Überschreiten dieser Schwellen mitteilen. Eine Änderung der Ziele im Sinne des Satzes 1 ist innerhalb von 20 Handelstagen mitzuteilen. Hinsichtlich der mit dem Erwerb der Stimmrechte verfolgten Ziele hat der Meldepflichtige anzugeben, ob
- 1.
die Investition der Umsetzung strategischer Ziele oder der Erzielung von Handelsgewinnen dient, - 2.
er innerhalb der nächsten zwölf Monate weitere Stimmrechte durch Erwerb oder auf sonstige Weise zu erlangen beabsichtigt, - 3.
er eine Einflussnahme auf die Besetzung von Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen des Emittenten anstrebt und - 4.
er eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Eigen- und Fremdfinanzierung und die Dividendenpolitik anstrebt.
(2) Der Emittent hat die erhaltene Information oder die Tatsache, dass die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nicht erfüllt wurde, entsprechend § 40 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit der Rechtsverordnung nach § 40 Absatz 3 Nummer 1 zu veröffentlichen; er übermittelt diese Informationen außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung der das Unternehmensregister führenden Stelle zur Einstellung in das Unternehmensregister.
(3) Die Satzung eines Emittenten mit Sitz im Inland kann vorsehen, dass Absatz 1 keine Anwendung findet. Absatz 1 findet auch keine Anwendung auf Emittenten mit Sitz im Ausland, deren Satzung oder sonstige Bestimmungen eine Nichtanwendung vorsehen.
(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilungen nach Absatz 1 erlassen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
Tenor
|
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 06.09.2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das oben (unter I.) genannte Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 43.425,17 € festgesetzt.
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Gründe
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I.
Hilfsweise:
die Berufung zurückzuweisen.
II.
"Für die Zwecke der nachfolgenden Argumentation soll zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass ihm ein - wenngleich spätestens mit Ablauf des 31.12.2011 verjährter - vorvertraglicher Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung zusteht. Dennoch kann der Kläger den Forderungen der Beklagten keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einwendungen entgegenhalten. Eine Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) war und ist nicht möglich. Weder ein reklamiertes Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) noch der Rechtsgedanke der Arglist- einrede (§ 853 BGB) noch eine vermeintliche sonstige unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) erlauben eine dauerhafte Leistungsverweigerung.
1. Die schon vorgerichtlich und dann noch einmal im Prozess erklärte Aufrechnung (§ 388 BGB) ging jeweils ins Leere, weil den Zahlungsansprüchen der Beklagten ein Anspruch des Klägers auf Schuldbefreiung entgegengehalten wurde und wird. Aufrechenbar sind gemäß § 387 BGB aber nur ihrem Gegenstand nach gleichartige Forderungen.
2. Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) kommt nicht in Betracht, da es die Ansprüche der Beklagten faktisch vereiteln würde.
Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB ist ein bloßes Sicherungsmittel und dient als Druckmittel der Durchsetzung eines eigenen Gegenanspruchs. Es gibt dem Schuldner eine lediglich aufschiebende Einrede. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts hat nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung an den Gläubiger Zug um Zug gegen Empfang der ihm gebührenden Gegenleistung zu verurteilen ist (§ 274 Abs. 1 BGB).
Vor diesem Hintergrund ist anerkannt, dass dem Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zusteht, wenn dieses die Durchsetzung einer (für sich genommen unbestrittenen) Hauptforderung auf unabsehbare Zeit verhindern und so im Ergebnis zu einer faktischen Vereitelung ihrer Durchsetzung führen würde (BGH, Urt. v. 11.04.1984 - VIII ZR 302/82, BGHZ 91, 73, juris Rn. 56; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 273 Rn. 17; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2004, § 273 Rn. 103; MüKoBGB/Krüger, 6. Aufl., § 273 Rn. 72; jew. m. w. N.). So aber liegt der Fall hier. Stünde dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht zu, wäre eine Forderungsdurchsetzung der Beklagten endgültig ausgeschlossen, denn sie könnte eine Vertragsaufhebung (als Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung) nicht anbieten, ohne ihre Zahlungsansprüche hierdurch zu verlieren. Diese Wirkung darf aber gerade nicht eintreten. Es bedarf daher auch keiner weiteren Erörterung, dass die Fassung des Klageantrags der Vorschrift des § 274 Abs. 1 BGB ohnehin keine Rechnung trägt, sondern mit der begehrten Feststellung eines Nicht-Bestehens weiterer Ansprüche darüber hinausgeht.
3. Eine dauerhaft rechtshemmende Einwendung lässt sich auch nicht über eine - vom Kläger geforderte - analoge Anwendung des § 853 BGB begründen.
Hat ein Gläubiger eine Forderung durch eine von ihm begangene "unerlaubte Handlung" erlangt, kann der Schuldner gemäß § 853 BGB die Erfüllung auch nach Eintritt der Verjährung seines Gegenanspruchs (auf Forderungsaufhebung) verweigern. Das Erheben der Arglisteinrede aus § 853 BGB setzt demnach eine deliktische Haftung des Gläubigers voraus. Vorliegend steht nicht im Raum, dass die Beklagte sich das (unterstellte) betrügerische Vorgehen des Vermittlers so zurechnen lassen müsste, als habe sie selbst eine unerlaubte Handlung begangen. Die einschlägige Rechtsprechung, die die Banken im Falle einer (ggf. vermuteten) bloßen Kenntnis bezüglich der arglistigen Täuschung von Immobilienkäufern durch den Vertrieb in die Pflicht nimmt, gründet dies auf eine (vor-)vertragliche Haftung für Beratungsfehler.
Für eine analoge Anwendung des § 853 BGB auch auf (vor-)vertragliche Haftungsfälle der hier interessierenden Art ist kein Raum, da es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung übernahm § 215 BGB den Regelungsgehalt des schon zuvor die Aufrechnung mit bestimmten verjährten Ansprüchen zulassenden § 390 Satz 2 BGB a. F. und dehnte seinen Anwendungsbereich auf das Zurückbehaltungsrecht bezüglich bestimmter verjährter Forderungen aus. Die Beibehaltung bzw. Übernahme der Bindung von Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsmöglichkeit an die Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Gläubigeranspruchs der Gegenanspruch des Schuldners noch nicht verjährt war, erfolgte vor dem Hintergrund der zugleich vorgenommenen grundlegenden Umgestaltung des Verjährungsrechts. Von daher ist die Annahme des Klägers, der Gesetzgeber könne die mit der Verkürzung von Verjährungsläufen verbundene Einschränkung der Einwendungsmöglichkeiten "übersehen" haben, rein spekulativ. Es ist vielmehr so, dass § 853 BGB sowohl von seinem unmissverständlichen Wortlaut ("unerlaubte Handlung") als auch von seiner systematischen Stellung her eindeutig eine Sondernorm des Deliktsrechts darstellt, deren analoge Anwendung auf (vor-)vertraglich abgeleitete Schadensersatzansprüche die zeitliche Schranke des § 215 BGB faktisch leerlaufen ließe. Die vom Kläger geforderte Ausdehnung des Rechtsgedankens des § 853 BGB findet, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Kommentarliteratur keine Stütze.
Im Übrigen könnte der Kläger sich auf ein etwaiges Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 853 BGB (analog) ohnehin nicht mit Erfolg berufen, weil er sich seinerseits arglistig verhält, indem er nicht bereit ist, dasjenige zurückzugeben, was er für seinen Teil aus den (gegenseitigen) Darlehensverträgen erlangt hat (vgl. hierzu Palandt/Sprau, a. a. O., § 853 Rn. 1; MüKoBGB/Wagner, a. a. O., § 853 Rn. 3). Zwar hat der Kläger "ausdrücklich die Übertragung der streitgegenständlichen Immobilie" angeboten (Seite 19 des Schriftsatzes vom 06.11.2012). Erlangt hat er jedoch von der Beklagten nicht das Appartement, sondern die Darlehensvaluten, und zwar unabhängig davon, ob die entsprechenden Beträge an ihn oder weisungsgemäß direkt an die Verkäuferin ausgezahlt wurden (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 12.03.2012 - 31 U 167/06, juris Rn. 122 m. w. N.). Das klägerische Begehren auf Feststellung einer Berechtigung zur Leistungsverweigerung erweist sich insoweit als ein unauflösbar selbstwidersprüchliches Verhalten.
4. Ein Festhalten der Beklagten an ihren Ansprüchen stellt sich auch nicht in sonstiger Weise als eine gegen § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar.
Anknüpfend an die Ausführungen des Landgerichts ist in die gebotene Gesamtabwägung als ein weiterer - gegen eine Anerkennung des Einwands aus § 242 BGB sprechender - maßgeblicher Umstand mit einzubeziehen, dass die Beklagte nicht in treuwidriger Weise zum Eintritt der jetzigen Situation beigetragen hat, in der der Kläger ihr seinen zwischenzeitlich verjährten Aufhebungsanspruch nicht mehr wirksam entgegenhalten kann.
Nach der unbestrittenen Darstellung der Beklagten war die Verjährungseinrede von ihr schon vorprozessual erhoben worden; ausweislich des vom Kläger selbst vorgelegten Schreibens der Beklagten vom 29.12.2011 (Anlage K 12) hatten seine früheren anwaltlichen Vertreter schon im Jahre 2004 Schadensersatzansprüche angemeldet, dann aber nicht mehr weiter verfolgt. Warum der Kläger erst nach Ablauf des 31.12.2011 seinen Schuldbefreiungsanspruch in einer Weise geltend gemacht hat, die bis dahin zur Hemmung der Verjährung geeignet gewesen wäre, ist nicht erläutert worden und auch sonst nicht ersichtlich. Es steht auch nicht im Raum, dass die Beklagte mit der Verfolgung eigener Ansprüche bis zum Verjährungseintritt des Gegenanspruchs bewusst zugewartet und durch vorheriges Verhalten beim Kläger die Vorstellung geweckt haben könnte, sie betrachte die Darlehensverträge als erledigt. Vielmehr wurden die Verpflichtungen aus den Verträgen über die Jahre hinweg laufend erfüllt, wie aus der Ankündigung im Schriftsatz vom 14.12.2011 (Anlage K 11) gefolgert werden kann, wonach der Kläger die "sofortige Einstellung der monatlichen Zahlungen" (erst) nach dem 20.01.2012 erwäge. "
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils folgt aus § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
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Rebhan |
Dr. Holzberger |
Baltes |
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht |
Richter am Oberlandesgericht |
Richter am Oberlandesgericht |
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Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere
- 1.
Aktien, - 2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten, - 3.
Schuldtitel, - a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten, - b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565
- 1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann, - 2.
es sich nicht um Derivate handelt und - 3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte: - a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, - b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten, - c)
Zinssätze oder andere Erträge, - d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen, - e)
derivative Geschäfte oder - f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
- 2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie - a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist, - b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder - c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind; - 3.
finanzielle Differenzgeschäfte; - 4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate); - 5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.
(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1, - 2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs, - 3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2, - 4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3, - 5.
Emissionszertifikate, - 6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und - 7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.
(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.
(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft), - 2.
das - a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making), - b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung), - c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder - d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
- 3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung), - 4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung), - 5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft), - 6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft), - 7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung), - 8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems), - 9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems), - 10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft), - 2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist, - 3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen, - 4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen, - 5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung), - 6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen, - 7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.
(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.
(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.
(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.
(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind
- 1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien, - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
- 2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
- 3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.
(14) Inlandsemittenten sind
- 1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und - 2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.
(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.
(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.
(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
- 2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet; - 3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.
(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt; - 2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.
(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von
- 1.
einem Index oder einer Indexkombination, - 2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten, - 3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder - 4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.
(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.
(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,
- 1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und - 2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird: - a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten; - b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument; - c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die
- 1.
nicht die Hauptverwaltung ist, - 2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und - 3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.
(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.
(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.
(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.
(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:
- 1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen, - 2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder - 3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.
(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem
- 1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist, - 2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und - 3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.
(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).
(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.
(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.
(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.
(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.
(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.
(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.
(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.
(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(38) (weggefallen)
(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist
(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.
(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:
- 1.
die Europäische Union, - 2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats, - 3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten, - 4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft, - 5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind, - 6.
die Europäische Investitionsbank.
(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
- 1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und - 2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.
(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch
- 1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang, - 2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und - 3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.
(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.
(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.
(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: bis 65.000 EUR
Gründe
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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.