Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 04. März 2014 - 6 Sa 264/12

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2014:0304.6SA264.12.0A
bei uns veröffentlicht am04.03.2014

Tenor

A. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

B. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2012 – 4 Ca 1546/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin soweit sie Vergütungsansprüche in Höhe von 21.206,31 Euro brutto nebst Zinsen geltend macht zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin nach Maßgabe des Equal-pay-Grundsatzes.

2

Die Klägerin war vom 10.06.2008 bis 30.09.2011 bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen, als Produktionshelferin beschäftigt.

3

Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich u. a. nach dem Arbeitsvertrag vom 21.08.2008 (Bl. 8 bis 14 d. A.) sowie nach einem undatierten Arbeitsvertrag (Anlage K 5 – Bl. 18 f d. A.), der die Rechtsbeziehungen der Parteien seit 01.01. bzw. 01.04.2010 regelt.

4

Mit ihrer Klage macht die Klägerin weitere Vergütung für den Zeitraum 10.06.2008 bis 30.09.2011 in Höhe von 21.206,31 Euro brutto geltend.

5

Im maßgeblichen Zeitraum war die Klägerin bei den M GmbH, der V GmbH F, der S Handelsgesellschaft mbH sowie der S als Leiharbeitnehmerin eingesetzt. Auf Basis der von ihr seit 08.06.2011 bei den vorgenannten Unternehmen eingeholten Auskünfte über die dort einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gezahlte Vergütung errechnet die Klägerin den vorstehend genannten Bruttobetrag. Zu den weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Anlage K 13 der Klageschrift (Blatt 36 bis 63 d. A.) verwiesen.

6

Weiter begehrt die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 die Abgeltung von nicht in natura genommenen insgesamt 20 Urlaubstagen in Höhe von 1.506,89 Euro brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Rechenwerkes wird auf die Klageschrift Seite 5 (Bl. 5 d. A.) verwiesen.

7

Nach erfolgloser vorprozessualer Geltendmachung mit Schreiben vom 04.11.2011 (Bl. 29 f d. A.) verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche mit der am 09.12.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.09.2011 aufgrund eines von den Parteien am 15.09.2011 geschlossenen Aufhebungsvertrages (Bl. 127 d. A.), dem der folgende Inhalt zukommt:

9

Auf Wunsch von Frau K., geboren am ...1967, wird der mit der Firma G geschlossene Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen zum 30.09.2011 beendet.

10

Frau K. erhält bis zum 30.09.2011 ihren Urlaub. Der restliche Urlaubsanspruch gilt als genommen.

11

Überstunden aus dem Arbeitszeitkonto werden mit der letzten ordentlichen Lohnzahlung zum 20.10.2011 abgerechnet und bezahlt.

12

Frau K. beräumt ihren Schrank und gibt ihre Arbeitssachen, ein Messer sowie den Spindschlüssel vom M bis zum 20.10.2011 ab.

13

Beide Parteien verzichten auf darüber hinaus gehende Forderungen.

14

Dieser Aufhebungsvertrag ist auf Initiative der Klägerin zustande gekommen, der aufgrund eines geplanten Arbeitgeberwechsels an einer kurzfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der für sie geltenden Kündigungsfrist gelegen war. Sie hat zu diesem Zweck am 15.09.2011 das Büro des Geschäftsführers der Komplementär GmbH der Beklagten aufgesucht und diesen um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Im Rahmen des sodann geführten Personalgespräches ist jedenfalls über die Abwicklung von Urlaubsansprüchen und den Ausgleich des Arbeitszeitkontos zwischen den Parteien gesprochen worden. Der Geschäftsführer hat die diesbezügliche Erörterung stichwortartig auf einem Notizzettel festgehalten und sodann den vorstehend zitierten Aufhebungsvertrag durch seine Sekretärin fertigen lassen. Im Anschluss daran erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages durch beide Parteien. Ob im Rahmen des Personalgespräches auch über Ansprüche der Klägerin auf Equal-pay diskutiert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

15

Die Klägerin hat hierzu behauptet, in dem Gespräch sei es hauptsächlich um die Regelung der noch offenen Urlaubsansprüche gegangen. Darüber hinaus sei über den Ausgleich des Arbeitszeitkontos gesprochen worden. Equal-pay-Ansprüche seien nicht Gegenstand des Gespräches gewesen. Allerdings sei dem Geschäftsführer bekannt gewesen, dass sie derartige Ansprüche vorbereite, da dieser von den Entleiherunternehmen über die von ihr eingeholten Auskünfte informiert worden sei. So habe der Geschäftsführer sie bereits im Juni 2011 deshalb angesprochen.

16

Bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages sei sie davon ausgegangen, dass sich die im letzten Absatz geregelte Ausgleichsklausel lediglich auf weitere Urlaubs- und Überstundenvergütungsansprüche beziehe.

17

Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit den vorgenannten Aufhebungsvertrag zur Akte gereicht hatte, mit Schriftsatz vom 15.03.2012 (Bl. 132 f d. A.) die in dem Aufhebungsvertrag enthaltene Verzichtsklausel wegen Irrtums angefochten. Sie hat weiter mit Schriftsatz vom 03.09.2012 (Bl. 227 f d. A.) ihre Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages insgesamt wegen arglistiger Täuschung angefochten. Hierzu vertritt sie die Auffassung, der Irrtum über die Reichweite der Ausgleichsklausel berechtige sie zur Anfechtung gemäß § 119 BGB. Darüber hinaus habe der Geschäftsführer sie aber auch arglistig i. S. d. § 123 BGB bei Abschluss des Aufhebungsvertrages durch Unterlassen getäuscht.

18

Die Klägerin hat beantragt,

19

die Beklagte zu verurteilt, an die Klägerin 22.713,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, auf 210,03 € seit dem 21. Juli 2008, auf weitere 655,91 € seit dem 21. August 2008, auf weitere 819,54 € seit dem 21. September 2008, auf weitere 328,12 € seit dem 21. März 2009, auf weitere 618,65 € seit dem 21. April 2009, auf weitere 725,08 € seit dem 21. Mai 2009, auf weitere 788,70 € seit dem 21. Juni 2009, auf weitere 597,87 € seit dem 21. Juli 2009, auf weitere 411,18 € seit dem 21. August 2009, auf weitere 552,72 € seit dem 21. September 2009, auf weitere 579,04 € seit dem 21. Oktober 2009, auf weitere 588,91 € seit dem 21. November 2009, auf weitere 568,70 € seit dem 21. Dezember 2009, auf weitere 711,77 € seit dem 21. Januar 2010, auf weitere 694,25 € seit dem 21. Februar 2010, auf weitere 553,00 € seit dem 21. März 2010, auf weitere 675,44 € seit dem 21. April 2010, auf weitere 707,87 € seit dem 21. Mai 2010, auf weitere 721,29 € seit dem 21. Juni 2010, auf weitere 641,60 € seit dem 21. Juli 2010, auf weitere 454,99 € seit dem 21. August 2010, auf weitere 623,88 € seit dem 21. September 2010, auf weitere 747,14 € seit dem 21. Oktober 2010, auf weitere 650,03 € seit dem 21. November 2010, auf weitere 605,36 € seit dem 21. Dezember 2010, auf weitere 736,96 € seit dem 21. Januar 2011, auf weitere 614,44 € seit dem 21. Februar 2011, auf weitere 526,40 € seit dem 21. März 2011, auf weitere 518,88 € seit dem 21. April 2011, auf weitere 593,78 € seit dem 21. Mai 2011, auf weitere 464,20 € seit dem 21. Juni 2011, auf weitere 573,95 € seit dem 21. Juli 2011, auf weitere 537,67 € seit dem 21. August 2011, auf weitere 579,09 € seit dem 21. September 2011, auf weitere 829,91 € seit dem 21. Oktober 2011, und auf weitere 1.506,89 € seit dem 18. Dezember 2011 zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beklagte hat die von der Klägerin im Rahmen ihres Rechenwerkes angegebenen konkreten Einsatzzeiten sowie den Inhalt der von ihr eingeholten Auskünfte bei Entleiherunternehmen bestritten.

23

Sie hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Ansprüche seien nach Maßgabe der in den jeweiligen Arbeitsverträgen in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen bzw. gemäß § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 verfallen. Jedenfalls habe die Klägerin durch Abschluss des Aufhebungsvertrages in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses auf die streitgegenständlichen Ansprüche wirksam verzichtet. Dem Geschäftsführer sei bei Abschluss des Aufhebungsvertrages keineswegs bekannt gewesen, dass die Klägerin konkret eine Klage auf Equal-pay-Vergütung beabsichtige. Allerdings seien in dem Personalgespräch auch Equal-pay-Ansprüche zur Sprache gekommen.

24

Der von der Klägerin auf dessen Wunsch hin gefertigte und unterzeichnete Aufhebungsvertrag erfasse – so hat die Beklagte weiter gemeint – auch die hier streitgegenständlichen Ansprüche. Sinn und Zweck der Regelung sei es gewesen, die Rechtsbeziehungen der Parteien umfassend und abschließend zu regeln. Ein Recht zur Anfechtung ihrer Willenserklärung wegen Irrtums stehe der Klägerin nicht zu. Ein möglicher Irrtum über die Rechtsfolgen ihrer Willenserklärung berechtige nicht zur Anfechtung.

25

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.05.2012 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob für die Klägerin Ansprüche auf Equal-pay entstanden seien. Diese seien jedenfalls aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 vereinbarten umfassenden Ausgleichsklausel wieder erloschen. Hierbei handele es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis, das auch die streitgegenständlichen Ansprüche erfasse. Ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums stehe der Klägerin zu. Die von ihr geltend gemachte Fehlvorstellung über den Umfang der Ausgleichsklausel stelle einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum dar. Ob die in dem Aufhebungsvertrag vereinbarte Ausgleichsklausel sich als unangemessene Benachteiligung der Klägerin i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB erweise, könne dahinstehen, da vorliegend eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der AGB-Vorschriften nicht vorzunehmen sei. Dem stehe § 310 Abs. 3 BGB entgegen. Nach dem sich bietenden Sachverhalt sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin auf den Inhalt des Aufhebungsvertrages keinen Einfluss nehmen konnte. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 151 bis 166 der Akte verwiesen.

26

Die vorgenannte Entscheidung ist der Klägerin am 28.05.2012 zugestellt worden. Sie hat zwecks Durchführung eines Berufungsverfahrens am 28.06.2012 einen PKH-Antrag gestellt und nach Bewilligung derselben mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 06.09.2012 – der Klägerin zugegangen am 10.09.2012 – am 11.09.2012 gegen das vorgenannte Urteil Berufung eingelegt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung sogleich begründet.

27

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiter und vertritt hierzu ergänzend die Rechtsauffassung, dem Aufhebungsvertrag komme wegen der nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils erklärten weiteren Anfechtung der hierauf gerichteten Willenserklärung gem. § 123 Abs. 1 BGB keine Rechtswirksamkeit zu. Angesichts der Verhandlungssituation sei der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten aufgrund der ihn treffenden Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf den Verlust möglicher Equal-pay-Ansprüche hinzuweisen. Die von der Klägerin beabsichtigte Durchsetzung jener Ansprüche sei dem Geschäftsführer zum damaligen Zeitpunkt bereits – so behauptet die Klägerin – bekannt gewesen. So habe der Geschäftsführer ihr, nachdem er von den Entleiherunternehmen über das Auskunftsverlangen informiert worden sei, in einem Personalgespräch am 16.06.2011 bei Verzicht auf Equal-pay-Ansprüche eine Lohnerhöhung angeboten.

28

Jedenfalls halte die Ausgleichsklausel einer AGB-Kontrolle nicht stand. Die Klausel sei vielmehr als unklar und überraschend einzustufen und belaste die Klägerin inhaltlich unangemessen. Das von der Beklagten gewährte Entgegenkommen in Form einer Verkürzung der für die Klägerin geltenden Kündigungsfrist um zwei Wochen stehe in keinem Verhältnis zu den von ihr nach Maßgabe der Verzichtsklausel aufgegebenen Equal-pay-Ansprüchen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien im vorliegenden Fall die Bestimmungen der §§ 305 ff BGB auch anwendbar, weil die Vertragsbedingungen durch die Beklagte in Person des Geschäftsführers ihrer Komplementär GmbH vorformuliert worden seien. In dem diesbezüglichen Personalgespräch sei – von der Beklagten nicht bestritten – über die in der Vertragsurkunde befindliche Ausgleichsklausel nicht gesprochen worden. Das Gespräch habe sich hauptsächlich um den Ausgleich noch offener Urlaubsansprüche gedreht.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2011 abzuändern und

31

die Beklagte zu verurteilt, an die Klägerin 22.713,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, auf 210,03 € seit dem 21. Juli 2008, auf weitere 655,91 € seit dem 21. August 2008, auf weitere 819,54 € seit dem 21. September 2008, auf weitere 328,12 € seit dem 21. März 2009, auf weitere 618,65 € seit dem 21. April 2009, auf weitere 725,08 € seit dem 21. Mai 2009, auf weitere 788,70 € seit dem 21. Juni 2009, auf weitere 597,87 € seit dem 21. Juli 2009, auf weitere 411,18 € seit dem 21. August 2009, auf weitere 552,72 € seit dem 21. September 2009, auf weitere 579,04 € seit dem 21. Oktober 2009, auf weitere 588,91 € seit dem 21. November 2009, auf weitere 568,70 € seit dem 21. Dezember 2009, auf weitere 711,77 € seit dem 21. Januar 2010, auf weitere 694,25 € seit dem 21. Februar 2010, auf weitere 553,00 € seit dem 21. März 2010, auf weitere 675,44 € seit dem 21. April 2010, auf weitere 707,87 € seit dem 21. Mai 2010, auf weitere 721,29 € seit dem 21. Juni 2010, auf weitere 641,60 € seit dem 21. Juli 2010, auf weitere 454,99 € seit dem 21. August 2010, auf weitere 623,88 € seit dem 21. September 2010, auf weitere 747,14 € seit dem 21. Oktober 2010, auf weitere 650,03 € seit dem 21. November 2010, auf weitere 605,36 € seit dem 21. Dezember 2010, auf weitere 736,96 € seit dem 21. Januar 2011, auf weitere 614,44 € seit dem 21. Februar 2011, auf weitere 526,40 € seit dem 21. März 2011, auf weitere 518,88 € seit dem 21. April 2011, auf weitere 593,78 € seit dem 21. Mai 2011, auf weitere 464,20 € seit dem 21. Juni 2011, auf weitere 573,95 € seit dem 21. Juli 2011, auf weitere 537,67 € seit dem 21. August 2011, auf weitere 579,09 € seit dem 21. September 2011, auf weitere 829,91 € seit dem 21. Oktober 2011, und auf weitere 1.506,89 € seit dem 18. Dezember 2011 zu zahlen.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

34

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet weiterhin eine Kenntnis des Geschäftsführers ihrer Komplementär GmbH über eine beabsichtigte Equal-pay-Klage der Klägerin bei Abschluss des Aufhebungsvertrages. Das von der Klägerin behauptete Personalgespräch am 16.06.2011 habe nicht stattgefunden.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

36

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 02.05.2012 ist zulässig.

I.

37

Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel.

II.

38

Zwar hat die Klägerin die Fristen des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG versäumt. Ihr war jedoch gemäß § 233 ZPO auf ihren Antrag bzw. hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist von Amts wegen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 2. HS ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie diese Fristen unverschuldet versäumt hat. Die Klägerin konnte vertretbar davon ausgehen, dass ihr die Rechtsverfolgung aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zunächst nicht zumutbar war und hat zur Beseitigung dieses Hindernisses innerhalb der Berufungseinlegungsfrist einen vollständigen PKH-Antrag bei dem Berufungsgericht eingereicht (vgl. BAG 03.07.2013 – 2 AZN 250/13). Sie hat weiterhin die Wiedereinsetzung innerhalb der mit Wegfall des Hindernisses anlaufenden Frist des § 234 ZPO beantragt, sowie die versäumten Prozesshandlungen innerhalb dieser Frist nachgeholt (§ 236 Abs. 2 Satz 2 1. HS ZPO).

B.

39

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

I.

40

Der Klägerin steht kein Anspruch auf weitere Arbeitsvergütung in Höhe von 21.206,13 Euro brutto für den Zeitraum 10.06.2008 bis 30.09.2011 nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 AÜG (Equal-pay-Grundsatz) zu.

41

Dahinstehen kann, ob dieser Anspruch in streitgegenständlicher Höhe entstanden ist. Der Anspruch ist jedenfalls wieder erloschen.

1.

42

Allerdings ist ein Erlöschen des Anspruchs nicht nach Maßgabe der in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen bzw. gemäß § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 eingetreten. Die Parteien haben das Eingreifen von Ausschlussfristen nicht wirksam vereinbart.

43

a) Die Anwendung tariflicher Ausschlussfristen scheitert bereits daran, dass diese in den Arbeitsverträgen der Parteien nicht wirksam in Bezug genommen worden sind. Die in § 1 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 enthaltene Verweisungsklausel beschränkt sich auf die Inbezugnahme von rechtswirksamen Tarifverträgen. Dies folgt aus einer Auslegung der vertraglichen Bestimmung. Die Beklagte konnte ihr Vertragsziel, ein Abweichen von dem Equal-pay-Gebot, nur bei Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag erreichen (vgl. hierzu BAG 25.09.2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 11 ff). Dem in der Vertragsklausel genannten Tarifvertrag kommt jedoch wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP als vertragsschließender Partei keine Rechtswirksamkeit zu (BAG 13.03.2013 – 5 AZR 242/12 – Rn. 11 ff). Der Verweisung in Ziff. 1 des undatierten Arbeitsvertrages (Anlage K 5) kommt wegen Intransparenz der Regelung (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) keine Rechtswirksamkeit zu. Die dort enthaltene Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag entspricht nur dann dem Transparenzgebot, wenn diese mit einer Kollisionsregelung versehen ist (BAG 13.03.2013 – 5 AZR 242/12 – Rn. 18 ff). Eine solche enthält der vorgenannte Arbeitsvertrag jedoch nicht.

44

b) Die einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen in § 14 des Arbeitsvertrages vom 21.08.2008 sind wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB rechtsunwirksam. Die Klausel enthält eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin, weil die Ausschlussfristen eine kürzere Laufzeit als drei Monate aufweisen (BAG 28.09.2005 – 5 AZR 52/05; 25.05.2005 – 5 AZR 572/04).

2.

45

Die Ansprüche sind jedoch aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 vereinbarten Verzichtsklausel erloschen.

46

a) Der Aufhebungsvertrag ist wirksam zustande gekommen. Die auf den Abschluss dieses Vertrages gerichtete Willenserklärung der Klägerin ist nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Klägerin diese Willenserklärung nicht wirksam hat anfechten können.

47

aa) Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Willenserklärung nicht wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 1 BGB wirksam anfechten können.

48

(1) Es fehlt bereits an einem Anfechtungsgrund i. S. d. vorgenannten Bestimmung. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend auf Seite 14 der Entscheidungsgründe ausgeführt. Hierauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

49

(2) Darüber hinaus ist die Anfechtungserklärung nicht fristgerecht, nämlich gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgt. Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Erklärung erst am 15.03.2012 und damit ein halbes Jahr nach der den Aufhebungsvertrag betreffenden Willenserklärung abgegeben. Sachvortrag, aus dem auf eine ohne schuldhaftes Zögern abgegebene Erklärung auch nach einem derart langen Zeitraum geschlossen werden könnte, ist von ihr nicht geleistet worden. Die Klage ist bereits am 09.12.2011 anhängig gemacht worden. Aus welchen, von ihr nicht zu vertretenen Umständen die Klägerin dennoch mit der Erklärung einer Anfechtung weitere rund drei Monate zuwarten durfte, hat sie nicht dargetan.

50

bb) Auch die von der Klägerin erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) greift nicht durch.

51

(1) Eine Täuschungshandlung der Beklagten in Form der unterlassenen Aufklärung liegt nicht vor.

52

Die Beklagte traf keine Aufklärungspflicht über das Bestehen von Equal-pay-Ansprüchen. Die Existenz jener war der Klägerin unstreitig bekannt.

53

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin ungefragt darauf hinzuweisen, dass die vereinbarte Ausgleichsklausel eine umfassende Regelung darstellt, die die Equal-pay-Ansprüche einschließt. Grundsätzlich ist bei Vertragsverhandlungen über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses jeder Vertragsteil selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen verantwortlich (BAG 03.07.1990 – 3 AZR 382/89 – juris Rn. 33). Dies gilt umso mehr für den Vertragspartner, der den Vertragsschluss initiiert hat.

54

Auch wenn – wie die Klägerin behauptet – dem Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten bekannt gewesen ist, dass die Klägerin eine Eqal-pay-Klage vorbereitet, war bei der vorliegenden Konstellation die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin auf den Umfang der Ausgleichsklausel ungefragt hinzuweisen. Die Klausel ist vom Wortlaut her auf eine umfassende Erledigung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag bezogen. Das hiermit auf vertragliche Rechtspositionen verzichtet werden sollte, hatte unstreitig auch die Klägerin erkannt, jedoch nicht auf Eqal-pay-Ansprüche bezogen. Allerdings war ihr die Existenz von Eqal-pay-Ansprüchen zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannt. Weiter wusste sie nach ihrem eigenen Sachvortrag, dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten von einer Rechtsprüfung dieser Ansprüche ihrerseits Kenntnis hatte. Nach dem Vortrag der Klägerin bestand also insoweit ein Informationsgleichgewicht der Parteien. Andererseits war zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung eine Klage noch nicht erhoben. Es lag noch nicht einmal eine Geltendmachung gegenüber der Beklagten unmittelbar vor. Diese erfolgte erst mit Schreiben vom 04.11.2011.

55

Angesichts dieser Gesamtsituation bestand keine Verpflichtung des Geschäftsführers, die Klägerin von sich aus darauf hinzuweisen, dass ihr durch die Verzichtsklausel die Möglichkeit genommen wird, diese Ansprüche gegenüber der Beklagten (erstmalig) geltend zu machen. Es hätte vielmehr der den Aufhebungsvertrag anstrebenden Klägerin oblegen, konkret nachzufragen, welche Bedeutung der Verzichtsklausel gerade hinsichtlich der von ihr bereits mit anwaltlicher Hilfe verfolgten Ansprüche zukommt.

56

(2) Weiter scheidet eine Täuschung durch aktives Tun aus. Hierzu trägt die Klägerin nichts vor. Insbesondere ist aus ihrem Sachvortrag nicht ersichtlich, dass der Geschäftsführer durch Äußerungen über den Inhalt des Aufhebungsvertrages bei ihr den Eindruck erweckt hat, Vergütungsansprüche aus Equal-pay, die ganz überwiegend vergangene Zeiträume betreffen, seien von dem Vertrag nicht erfasst. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde über Equal-pay-Ansprüche überhaupt nicht gesprochen.

57

(3) Im Übrigen fehlt es an hinreichendem Sachvortrag der Klägerin, der auf eine vorsätzliche Täuschung schließen lässt. Aus dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht mit der notwendigen Substanz entnehmen, dass der Geschäftsführer den mit einer Verzichtsklausel versehenen Aufhebungsvertrag in dem Bewusstsein vorgelegt hat, die Klägerin über die Möglichkeit der Verfolgung von Eqal-pay-Ansprüchen zu täuschen. Nach dem Sachvortrag der Klägerin war dem Geschäftsführer bekannt, dass sie zur Vorbereitung von Eqal-pay-Ansprüchen Auskünfte bei den Entleiherunternehmen eingeholt hatte. Dies steht der Annahme entgegen, der Geschäftsführer habe in dem Bewusstsein gehandelt, die Klägerin werde durch sein Schweigen zu Konsequenzen für mögliche von ihr geltend zu machende Equal-pay-Ansprüche zu der unzutreffenden Schlussfolgerung verleitet, der Aufhebungsvertrag lasse diese unberührt.

58

b) Die Verzichtsklausel ist Vertragsinhalt geworden. Dem steht § 305c Abs. 1 BGB nicht entgegen. Danach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrages ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 17.10.2012 – 10 AZR 620/11 – Rn. 27). Insoweit kann es dahinstehen, ob der Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305, 310 Abs. 3 BGB enthält und ob die vorstehend zitierten Rechtsgrundsätze als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch außerhalb des Geltungsbereichs der AGB-Regelungen anwendbar sind. Die Verzichtsklausel ist jedenfalls nicht überraschend. Derartige Klauseln sind vielmehr typisch für Aufhebungsverträge. Die Klausel ist auch nicht an versteckter Stelle im Vertrag enthalten. Sie bildet einen eigenen Absatz, der sich noch dazu am Ende des Textes, also typischerweise direkt über den zu leistenden Unterschriften befindet und damit regelmäßig besonders ins Auge fällt. Zwar ist der Text nicht drucktechnisch hervorgehoben. Hierdurch wird jedoch das Verständnis des Vertragstextes und die „Erkennbarkeit“ desselben nicht erschwert. Der Vertrag weist nur wenig Text auf, der durch Absätze übersichtlich gegliedert ist.

59

c) Die Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag vom 15.09.2011 erfasst inhaltlich die streitgegenständlichen Ansprüche in der Weise, dass diese zum Erlöschen gebracht werden.

60

Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schulanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen. Maßgeblich ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu beachten ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BAG 25.09.2013 – 5 AZR 936/12 – Rn. 20 f).

61

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommt dem letzten Absatz des Aufhebungsvertrages die Qualität eines konstitutiven negativen auch die hier streitigen Ansprüche auf Equal-pay erfassenden Schuldanerkenntnisses und nicht die eines deklaratorischen, die Existenz des Anspruchs nicht berührenden Schuldanerkenntnisses zu.

62

Die gewählte Formulierung erschöpft sich gerade nicht darin, eine angenommene Rechtslage lediglich zu bestätigen. Vielmehr erklären die Parteien „aktiv“ einen Verzicht auf die nicht im Aufhebungsvertrag geregelten Ansprüche. Weiter kann der systematische Zusammenhang der Klausel nicht außer Acht gelassen werden. Die Regelung ist Teil eines Aufhebungsvertrages, mit dem die Parteien regelmäßig die Absicht verfolgen, ihr Arbeitsverhältnis abschließend und umfassend zu regeln (vgl. BAG 14.05.2013 – 9 AZR 844/11 – Rn. 11 betreffend einen Vergleich).

63

Die Parteien haben gerade nicht nach einer bereits erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Regelung über die Existenz bzw. Nichtexistenz von Ansprüchen im Rahmen einer der Abwicklung dienenden Ausgleichsquittung getroffen, der allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses zukommt (BAG 23.10.2013 – 5 AZR 135/12) und auch nicht lediglich Feststellungen getroffen, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen der Arbeitnehmer Ansprüche herleiten könnte (BAG 25.09.2013 – 5 AZR 936/12), sondern explizit einen Anspruchsverzicht im Zusammenhang mit der konstitutiv vereinbarten Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklärt.

64

Die streitgegenständlichen Ansprüche werden von dem Verzicht erfasst. Dies hat das Arbeitsgericht auf Seite 8 der Entscheidungsgründe zutreffend ausgeführt. Die Berufungskammer nimmt hierauf gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

65

d) Der vereinbarte Verzicht ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

66

aa) Allerdings findet entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bezogen auf die hier streitige Ausgleichsklausel eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der AGB-Vorschriften statt, weil jedenfalls diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen ist.

67

(1) Dies ergibt sich zwar nicht aus § 305 BGB, weil der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien individuell zugeschnittene Vertragstext erkennbar nicht zur mehrfachen Verwendung bestimmt war. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend auf Seite 12 der Entscheidungsgründe ausgeführt. Hierauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

68

(2) Eine AGB-Kontrolle ist aber gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eröffnet, wonach u. a. § 307 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann zur Anwendung kommt, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

69

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten hat unstreitig die Bedingungen des Aufhebungsvertrages vorformuliert. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmerin auch Verbraucherin (BAG 18.12.2008 – 8 AZR 81/08 – Rn. 20). Sie konnte jedenfalls auf die strittige Klausel keinen Einfluss nehmen. Dieser Begriff entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 BGB. Aushandeln i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB bedeutet mehr als verhandeln. Es genügt nicht, dass der Vertragsinhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Vertragspartners entspricht. „Ausgehandelt“ i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrnehmung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das setzt voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt (BAG 01.03.2006 – 5 AZR 363/05 – juris Rn. 21).

70

Nach dem unstreitigen Sachvortrag ist über die Ausgleichsklausel zwischen den Parteien nicht ernsthaft verhandelt worden. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei es in erster Linie um den Ausgleich von Urlaubsansprüchen bei den Verhandlungen gegangen. Von Eqal-pay-Ansprüchen und einer Ausgleichsklausel sei keine Rede gewesen (Berufungsbegründung Seite 3 unten). Dem gegenüber trägt die Beklagte vor, es sei neben den Punkten Urlaub, Arbeitszeitkonto und Herausgabe von Gegenständen (Berufungserwiderung Seite 2) auch – so der Geschäftsführer im Kammertermin am 02.05.2012 – über Equal-pay-Ansprüche gesprochen worden. Dass während der Verhandlung oder aber nach Anfertigung der Vertragsurkunde auch die Ausgleichsklausel zur Disposition gestellt worden ist, wird hingegen von keiner der Parteien vorgetragen.

71

bb) Die Ausgleichsklausel hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

72

Ausgleichsklauseln, in denen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklären sollen, dass Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht bestehen, sind nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen aus Gründen der Vertragsfreiheit regelmäßig ebenso wenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt einer Inhaltskontrolle. Ausgleichsklauseln sind als Teil eines Aufhebungsvertrags nicht Haupt-, sondern Nebenabrede und deshalb nicht kontrollfrei. Ausgleichsklauseln, die einseitig nur Ansprüche des Arbeitnehmers erfassen und dafür keine entsprechende Gegenleistung gewähren, sind unangemessen benachteiligend i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (BAG 21.06.2011 – 9 AZR 203/10).

73

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich ein beiderseitiger Anspruchsverzicht in einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag nicht als unangemessen. Ein einseitiger Verzicht liegt nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel nicht vor. Weiter erhält die Klägerin für den Verzicht eine Kompensation in Form einer vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nach Auffassung der Kammer kann jedenfalls bei einem auf Initiative des Arbeitnehmers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag in die Angemessenheitsprüfung nicht die wirtschaftliche Relation zwischen dem dem Arbeitnehmer gewährten Vorteil und dem möglichen Umfang der von der Ausgleichsklausel erfassten Ansprüche des Arbeitnehmers einbezogen werden. Vielmehr hat es der Arbeitnehmer in der Hand, bei einem aus seiner Sicht unakzeptablen Angebot des Arbeitgebers von seinem Ansinnen wieder Abstand zu nehmen. Die Verhandlungssituation unterscheidet sich grundlegend von jener, bei der der Arbeitgeber die Unterzeichnung einer Ausgleichsklausel mit der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses (Auszahlung Restlohn, Herausgabe Arbeitspapiere) verknüpft und auch von jener, bei der der Arbeitgeber auf eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses aktiv drängt. Eine irgendwie geartete „Drucksituation“ besteht bei der vorliegend zu bewertenden Konstellation typischerweise für den Arbeitnehmer nicht. Demgemäß verweist die Klägerin selbst darauf, sie hätte auch zum Ablauf der Kündigungsfrist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen können, ohne dass sich hieraus für sie mit Ausnahme geringer Lohneinbußen Nachteile ergeben hätten.

74

Die Kammer vermag sich daher der Auffassung des lag Schleswig-Holstein in der Entscheidung vom 24.09.2013 – 1 Sa 61/13, wonach ein in einer Generalquittung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarter beidseitiger Verzicht auf Ansprüche „gleich aus welchem Rechtsgrund“ im Rahmen eines vom Arbeitgeber gestellten Formulars typischerweise eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt, für den Fall, dass der Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitnehmers geschlossen wird, nicht anzuschließen.

75

cc) Schließlich erweist sich die Klausel auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB als rechtsunwirksam. Nach dieser Bestimmung kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebotes ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung (BAG 14.09.2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 22).

76

Diesen Anforderungen genügt die Ausgleichsklausel. Der verwendete Begriff „Verzicht“ ist nach seinem Wortsinn eindeutig. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird hiermit die Preisgabe von Ansprüchen umschrieben. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass aus der Formulierung für einen durchschnittlichen Betrachter hinreichend deutlich wird, dass nicht nur auf weitere Urlaubs- und Überstundenvergütungsansprüche verzichtet wird, sondern ein allgemeiner Verzicht vereinbart werden soll. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen Seite 7 f wird Bezug genommen.

II.

77

Die Klage konnte auch keinen Erfolg haben, soweit die Klägerin Urlaubsabgeltung für die Jahre 2008 bis 2010 in Höhe von 1.506,89 Euro brutto aus § 10 Abs. 4 AÜG i. V. m. § 7 Abs. 4 BUrlG begehrt.

78

Ein Anspruch der Klägerin insoweit besteht bereits deshalb nicht, weil die Klägerin hiermit nicht zusätzliche Vergütung für in Anspruch genommenen Urlaub während der Verleihzeiten, sondern die Abgeltung von in den Jahren 2008 bis 2010 nicht in natura genommenen Urlaubstagen begehrt. Der Urlaubsabgeltungsanspruch setzt voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer noch ein Anspruch auf Urlaubsgewährung in natura zustand. Dieser ist wiederum in seiner Existenz auf das Kalenderjahr bzw. auf einen sich anschließenden dreimonatigen Übertragungszeitraum begrenzt (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Danach sind die hier maßgeblichen Urlaubsansprüche für die Jahre 2008 bis 2010 spätestens am 31.03.2011 und folglich vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen.

III.

79

Nach alledem konnte das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg haben.

C.

80

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

D.

81

Die Kammer hat gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG für die Klägerin die Revision hinsichtlich der geltend gemachten Vergütungsansprüche wegen Divergenz zu der Entscheidung des lag Schleswig-Holstein vom 24.09.2013 – 1 Sa 61/13 zugelassen. Im Übrigen sind Gründe, die Revision zuzulassen, nicht gegeben. Insoweit wird auf § 72a ArbGG hingewiesen.


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

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(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ

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(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgesc

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 397 Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis


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(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Dezember 2011 - 4 Sa 1188/10 - wird unter Verwerfung seines Gesuchs auf Wiedereinsetzung in die Fristen zur Einlegung und Begründung der Beschwerde auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 10.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat sie weder innerhalb der Frist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG eingelegt noch innerhalb der Frist des § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG begründet. Gegen die Versäumung der Fristen ist ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO zu gewähren. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht rechtzeitig innerhalb der Fristen gem. § 234 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 2 ZPO gestellt worden.

2

I. Der Kläger hat die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision muss gem. § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsurteils eingelegt und gem. § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach seiner Zustellung begründet werden. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 7. Februar 2012 zugestellt worden. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist am 7. März 2013 und damit verspätet beim Bundesarbeitsgericht eingegangen und begründet worden.

3

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen ist unzulässig. Die Wiedereinsetzung ist nicht rechtzeitig innerhalb der Fristen gem. § 234 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 2 ZPO beantragt worden.

4

1. Nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss die Wiedereinsetzung innerhalb einer Frist von zwei Wochen beantragt werden. Die Frist beträgt gem. § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung des Rechtsmittels - etwa einer Nichtzulassungsbeschwerde - einzuhalten. Sie beginnt gem. § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

5

a) Eine mittellose Partei kann zunächst Prozesskostenhilfe und nach deren Bewilligung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sowie innerhalb der Frist gem. § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Beschwerde beantragen(BAG 7. Juli 2011 - 2 AZN 294/11 - Rn. 5; 26. Januar 2006 - 9 AZA 11/05 - Rn. 14). Eine Partei, die um Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nachsucht, ist bei noch laufendem Prozesskostenhilfeverfahren schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu vertrauen. Dieses Hindernis entfällt mit der Entscheidung über das Gesuch. Für den - hier gegebenen - Fall, dass die beantragte Prozesskostenhilfe nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist verweigert wird, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der Entscheidung noch eine Zeit von höchstens drei bis vier Tagen für die Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Dann beginnt die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO für das Wiedereinsetzungsgesuch und die mit ihm zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels(ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt etwa 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - Rn. 6 mwN). Entsprechendes gilt für die Frist zur Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels nach § 234 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO(BGH 3. Juli 2008 - III ZA 8/08 - Rn. 14 mwN).

6

b) Das gilt auch dann, wenn das Gericht - wie hier - nicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat (BGH 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - Rn. 7). Zwar bessern sich die finanziellen Möglichkeiten der Partei nicht dadurch, dass die beantragte Prozesskostenhilfe versagt wird. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass sie nunmehr noch nach dem Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO, begrenzt allein durch die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen könnte. Anderenfalls hätte es die mittellose Partei in der Hand, den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung der Vorinstanz über ein Jahr lang in der Schwebe zu halten. Dies würde den inneren Grund der Wiedereinsetzung bei Mittellosigkeit verkennen. Die mittellose Partei soll nicht schlechter stehen als eine vermögende. Deshalb wird ihr die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe und der Wiedereinsetzung eingeräumt. Dabei entschuldigt nicht die bloße Mittellosigkeit die Versäumung der Rechtsmittelfrist. Fristnachsicht wird vielmehr nur dann und so lange gewährt, wie ein - in seinem Ausgang auch von den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abhängendes - Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe läuft und die Partei annehmen darf, es werde Erfolg haben (BGH 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - Rn. 7). Das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis besteht demnach nicht in der Mittellosigkeit der Partei, sondern im Fehlen einer Entscheidung über das Gesuch. Dieses Hindernis entfällt mit der Bekanntgabe der erbetenen Entscheidung und dem Ablauf der für den Fall der Ablehnung einzuräumenden kurzen Überlegungsfrist (BGH 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - Rn. 7; 9. Januar 1985 - IVb ZB 142/84 - zu II 2 b der Gründe).

7

2. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs 1 ZPO begann damit im Streitfall wenige Tage nach der am 20. September 2012 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 6. September 2012, der dem Kläger die erbetene Prozesskostenhilfe versagt hat. Sie war bei Eingang des Wiedereinsetzungsgesuchs am 7. März 2013 seit Monaten abgelaufen. Entsprechendes gilt für die einmonatige Frist zur Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.

8

Die vom Kläger herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. November 1998 - XII ZR 262/98 - rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Danach kann die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag unabhängig vom Stand des Prozesskostenhilfeverfahrens bereits vor Übermittlung eines die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses beginnen, wenn sich die Vermögensverhältnisse der Partei in einer Weise geändert haben, dass sie objektiv in die Lage versetzt wurde, die Prozesskosten nunmehr aus eigenen Mitteln aufzubringen. Das betrifft nicht den vorliegenden Fall, dass ein Prozesskostenhilfegesuch erfolglos geblieben ist und sich die Vermögensverhältnisse der Partei geraume Zeit später bessern. Wegen Wegfalls der Mittellosigkeit beginnt die längst abgelaufene Antragsfrist nicht etwa neu.

9

III. Die Kosten seiner erfolglos gebliebenen Beschwerde fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. August 2012 - 16 Sa 654/11 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 5. April 2011 - 10 Ca 489/10 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1976 geborene Klägerin war vom 1. August 2007 bis zum 31. Mai 2009 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und bis zum 20. April 2009 der L als kaufmännische Angestellte in der Personalverwaltung überlassen. Die Klägerin erhielt einen Bruttostundenlohn von zunächst 7,42 Euro, ab November 2007 von 9,52 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte Zuschläge in monatlich unterschiedlicher Höhe, ab Februar 2008 einen monatlichen Zuschuss iHv. 13,50 Euro brutto sowie im November 2008 eine einmalige Sonderzahlung iHv. 100,00 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 31. Juli 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

㤠2 Vertragsgegenstand/Tarifanwendung

4. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag). Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen der dann einschlägigen Tarifwerke. Für den Fall, dass ein Firmentarifvertrag abgeschlossen wird, gilt dessen Inhalt. Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch. Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

§ 5 Vergütung

5. Die Vergütung wird monatlich nachträglich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer anzugebendes Konto überwiesen. Am Ende des lfd. Monats wird dem Arbeitnehmer in begründeten Fällen ein angemessener Abschlag bezahlt.

§ 13 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

1. Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

3. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

…“

4

Der in Bezug genommene Manteltarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) vom 29. November 2004 enthielt in Nr. 19.2 bis 19.4 eine Ausschlussfristenregelung, die eine zweimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung vorsah und im Übrigen den in § 13 Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen entsprach. Durch Änderungstarifvertrag vom 9. Juli 2008 wurde die Frist zur schriftlichen Geltendmachung auf drei Monate verlängert.

5

Mit der am 30. Dezember 2010 eingereichten und der Beklagten am 5. Januar 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum August 2007 bis April 2009 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung sei intransparent, jedenfalls habe sie erst mit Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen. Zur Höhe des Anspruchs hat die Klägerin unter Berufung auf eine Auskunft nach § 13 AÜG vorgetragen, vergleichbare Stammarbeitnehmer der Entleiherin würden nach den jeweils geltenden Vorschriften von Mantel- und Gehaltstarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe vergütet. Dabei würden alle länger als drei Monate beschäftigten Arbeitnehmer mindestens nach der Gehaltsgruppe III entlohnt und bei der Festlegung der Gehaltsstufe ausnahmslos alle beruflichen Tätigkeiten ab dem 18. Lebensjahr berücksichtigt.

6

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.392,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Anspruch der Klägerin sei wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet.

10

I. Die Klägerin hat für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an die L Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge(vgl. dazu im Einzelnen: BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff.).

11

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag verfallen.

12

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP einzuhalten. Solche sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden. Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen. Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen(BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 35).

13

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 13 Arbeitsvertrag beachten.

14

a) Diese Klausel enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung. Das folgt aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40). Belassen es nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht dabei, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifregime zu unterwerfen, sondern vereinbaren zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus im Arbeitsvertrag ausformulierte Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk, jedenfalls (auch) die in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen.

15

Davon können die Arbeitsvertragsparteien abweichen, indem sie etwa einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel eine nur „deklaratorische“, den Wortlaut des in Bezug genommenen Tarifwerks wiedergebende Bedeutung beimessen und damit gleichsam die Bezugnahme „ausformulieren“. Des Weiteren bleibt es ihnen unbenommen, andere Kollisionsregeln für das Verhältnis einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel zu den inkorporierten tariflichen Regelungen zu schaffen.

16

Eine solche anderweitige Regelung haben die Parteien nicht getroffen. § 2 Nr. 4 Satz 4 bis Satz 6 Arbeitsvertrag sieht zwar an sich vor, dass eine ausdrücklich in den Vertrag aufgenommene Regelung nicht in jedem Falle eigenständige Bedeutung habe und bei sich widersprechenden Regelungen die tariflichen Bestimmungen maßgeblich sein sollten, es sei denn, der Arbeitsvertrag enthielte eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung. Das führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 13 Arbeitsvertrag. Denn die Kollisionsregeln in § 2 Nr. 4 Satz 4 bis Satz 6 Arbeitsvertrag setzen - für den durchschnittlichen Vertragspartner des Klauselverwenders erkennbar - voraus, dass auf arbeitsvertraglicher Ebene überhaupt eine in Bezug genommene tarifliche und eine ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommene Regelung Anwendung finden und kollidieren können. Das ist vorliegend nicht der Fall. Wegen der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge geht die Bezugnahmeklausel insgesamt ins Leere: Die in Bezug genommenen Tarifverträge können auf arbeitsvertraglicher Ebene keine Wirkung entfalten, damit sind die dazugehörigen Kollisionsregeln hinfällig.

17

b) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der AGB-Kontrolle stand.

18

aa) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben. Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen“ betitelten eigenen Paragraphen enthalten, dessen Überschrift durch Fettdruck hervorgehoben ist.

19

bb) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48 f.).

20

Die Einschränkung der Rechtsfolge in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung einzuhalten, führt nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs eines Anspruchs zu unternehmen, sondern entlastet ihn, wenn er jene trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte.

21

cc) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung ist nicht unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern(vgl. dazu im Einzelnen: BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 50 ff.).

22

dd) Die wegen ihrer Kürze nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksame zweite Stufe der Ausschlussfristenregelung(§ 13 Nr. 3 Arbeitsvertrag) berührt nach dem sog. Blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

23

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 13 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42), erstmals mit der der Beklagten am 5. Januar 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

24

a) Der Anspruchsverfall ist nicht nach § 13 Nr. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag unterblieben. Danach bestehen Ansprüche fort, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.

25

Die Klägerin hat keine tatsächlichen Umstände vorgebracht, die eine rechtzeitige Geltendmachung hätten verhindern können. Sie wusste, dass vergleichbare Stammarbeitnehmer bei der Entleiherin mehr verdienten als sie. Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung einer arbeitsvertraglichen Klausel, mit der der Verleiher von der in § 9 Nr. 2 AÜG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, reicht für eine Verhinderung iSv. § 13 Nr. 2 Arbeitsvertrag nicht aus. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, so ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers (vgl. - zur Verjährung - BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 25).

26

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich der im Rechtlichen irrende Arbeitnehmer von kompetenter Stelle eine falsche Rechtsauskunft oder unzutreffenden Rechtsrat erhalten hätte (zur nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage in einem solchen Falle vgl. - statt vieler - ErfK/Kiel 13. Aufl. § 5 KSchG Rn. 17 mwN). Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen.

27

b) Dem Verfall steht § 13 Nr. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 56).

28

III. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2011 - 11 Sa 852/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1977 geborene Kläger ist seit 2004 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und seither einem Unternehmen des RWE-Konzerns als Ableser im Außendienst überlassen. Der Kläger erhielt bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttoentgelt von 20.212,68 Euro im Jahre 2007, 20.955,17 Euro im Jahre 2008, 20.706,56 Euro im Jahre 2009, 20.701,12 Euro im Jahre 2010 und 3.181,60 Euro für die Monate Januar und Februar 2011. Zusätzlich zahlte die Beklagte einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt ein Formulararbeitsvertrag vom 18. Februar 2005 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        

…       

        

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

        

Außendienstmitarbeiter.

        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe: AWE3+.

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        

…       

        

14. Ausschluss von Ansprüchen

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“

4

Am 26. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:

        

„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).

        

Alle übrigen getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages gelten fort, und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“

5

Mit der am 27. Dezember 2010 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger zuletzt für die Jahre 2007 bis 2010 sowie den Monat Januar 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, eine Ausschlussfrist habe er nicht einhalten müssen. Zur Höhe des Anspruchs hat sich der Kläger darauf berufen, bei der Entleiherin unmittelbar beschäftigte Ableser im Außendienst würden nach tariflichen Bestimmungen vergütet werden. Sie erhielten zudem ein 13. Monatsgehalt und eine jährliche Einmalzahlung.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.620,87 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Zudem seien Ansprüche des Klägers wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Schließlich habe der Kläger nicht dargelegt, dass es bei der Entleiherin überhaupt vergleichbare Stammarbeitnehmer gebe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des RWE-Konzerns das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen (II.). In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO(III.).

10

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags (fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit Nr. 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 26. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

11

1. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(Nr. 1 Arbeitsvertrag) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

12

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7).

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b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

14

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

15

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

16

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

17

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

18

2. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und - neben der CGZP - einer Reihe von (nicht, wie die Klausel suggeriert, allen) christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

19

a) Bei den in Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk (Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit - sieht man von dem „Tarifwerk“ der CGZP ab - auf fünf eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig mindestens fünf eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

20

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam mehrfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

21

b) Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

22

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

23

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen erschließen lässt.

24

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewer-be, noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

25

II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

26

1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

27

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifver-trag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

28

2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. dazu im Einzelnen: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).

29

III. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht ist - aus seiner Sicht konsequent - dem Sachvortrag der Parteien zur Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten Arbeitsentgelts nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Im erneuten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:

30

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Er richtet sich nach dem im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden Arbeitsentgelt. Der Anspruch setzt dabei nicht stets voraus, dass während der Überlassung auch tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt sind. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Falle das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit unmittelbar beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL). Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (im Ergebnis hM, vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 3 AÜG Rn. 15 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 79 mwN; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 121 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 66 ff. mwN).

31

Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob die Entleiherin im Streitzeitraum eigene Arbeitnehmer als Ableser einsetzte. Der Kläger hat dargelegt, dass die Entleiherin ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE, anwendet. Trifft diese Behauptung zu, ist damit maßgeblich das Entgelt, das der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen erhalten hätte, wenn er als Ableser bei der Entleiherin angestellt gewesen wäre.

32

2. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249). Dabei ist der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG national zu bestimmen(Art. 3 Abs. 2 RL)und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (im Ergebnis ganz hM, vgl. etwa ErfK/Wank 13. Aufl. § 10 AÜG Rn. 13 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 70 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 46 ff. mwN). In den Gesamtvergleich werden deshalb Leistungen der Entleiherin wie ein 13. Monatsgehalt und eine tarifliche Sonderzahlung, aber auch der von der Beklagten gewährte Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen einzubeziehen sein.

33

3. Sollte der Kläger die zwischenzeitlich eingeholte, in der Revisionsinstanz als neuer Sachvortrag nicht berücksichtigungsfähige Auskunft der Entleiherin in das erneute Berufungsverfahren einführen, kann dies Auswirkung auf die Darlegungslast haben. Denn der Leiharbeitnehmer kann der Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt auch dadurch genügen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen(vgl. BT-Drucks. 15/25 S. 39; Brors in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 1 mwN). Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden. Soweit es dem Verleiher gelingt, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    A. Christen    

        

    Busch    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2011 - 11 Sa 852/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1977 geborene Kläger ist seit 2004 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und seither einem Unternehmen des RWE-Konzerns als Ableser im Außendienst überlassen. Der Kläger erhielt bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttoentgelt von 20.212,68 Euro im Jahre 2007, 20.955,17 Euro im Jahre 2008, 20.706,56 Euro im Jahre 2009, 20.701,12 Euro im Jahre 2010 und 3.181,60 Euro für die Monate Januar und Februar 2011. Zusätzlich zahlte die Beklagte einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt ein Formulararbeitsvertrag vom 18. Februar 2005 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        

…       

        

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

        

Außendienstmitarbeiter.

        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe: AWE3+.

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        

…       

        

14. Ausschluss von Ansprüchen

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“

4

Am 26. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:

        

„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).

        

Alle übrigen getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages gelten fort, und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“

5

Mit der am 27. Dezember 2010 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger zuletzt für die Jahre 2007 bis 2010 sowie den Monat Januar 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, eine Ausschlussfrist habe er nicht einhalten müssen. Zur Höhe des Anspruchs hat sich der Kläger darauf berufen, bei der Entleiherin unmittelbar beschäftigte Ableser im Außendienst würden nach tariflichen Bestimmungen vergütet werden. Sie erhielten zudem ein 13. Monatsgehalt und eine jährliche Einmalzahlung.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.620,87 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Zudem seien Ansprüche des Klägers wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Schließlich habe der Kläger nicht dargelegt, dass es bei der Entleiherin überhaupt vergleichbare Stammarbeitnehmer gebe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des RWE-Konzerns das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen (II.). In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO(III.).

10

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags (fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit Nr. 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 26. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

11

1. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(Nr. 1 Arbeitsvertrag) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

12

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7).

13

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

14

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

15

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

16

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

17

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

18

2. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und - neben der CGZP - einer Reihe von (nicht, wie die Klausel suggeriert, allen) christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

19

a) Bei den in Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk (Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit - sieht man von dem „Tarifwerk“ der CGZP ab - auf fünf eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig mindestens fünf eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

20

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam mehrfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

21

b) Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

22

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

23

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen erschließen lässt.

24

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewer-be, noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

25

II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

26

1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

27

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifver-trag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

28

2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. dazu im Einzelnen: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).

29

III. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht ist - aus seiner Sicht konsequent - dem Sachvortrag der Parteien zur Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten Arbeitsentgelts nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Im erneuten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:

30

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Er richtet sich nach dem im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden Arbeitsentgelt. Der Anspruch setzt dabei nicht stets voraus, dass während der Überlassung auch tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt sind. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Falle das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit unmittelbar beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL). Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (im Ergebnis hM, vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 3 AÜG Rn. 15 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 79 mwN; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 121 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 66 ff. mwN).

31

Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob die Entleiherin im Streitzeitraum eigene Arbeitnehmer als Ableser einsetzte. Der Kläger hat dargelegt, dass die Entleiherin ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE, anwendet. Trifft diese Behauptung zu, ist damit maßgeblich das Entgelt, das der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen erhalten hätte, wenn er als Ableser bei der Entleiherin angestellt gewesen wäre.

32

2. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249). Dabei ist der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG national zu bestimmen(Art. 3 Abs. 2 RL)und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (im Ergebnis ganz hM, vgl. etwa ErfK/Wank 13. Aufl. § 10 AÜG Rn. 13 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 70 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 46 ff. mwN). In den Gesamtvergleich werden deshalb Leistungen der Entleiherin wie ein 13. Monatsgehalt und eine tarifliche Sonderzahlung, aber auch der von der Beklagten gewährte Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen einzubeziehen sein.

33

3. Sollte der Kläger die zwischenzeitlich eingeholte, in der Revisionsinstanz als neuer Sachvortrag nicht berücksichtigungsfähige Auskunft der Entleiherin in das erneute Berufungsverfahren einführen, kann dies Auswirkung auf die Darlegungslast haben. Denn der Leiharbeitnehmer kann der Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt auch dadurch genügen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen(vgl. BT-Drucks. 15/25 S. 39; Brors in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 1 mwN). Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden. Soweit es dem Verleiher gelingt, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    A. Christen    

        

    Busch    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Mai 2011 - 7 Sa 1556/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1988 bei der D AG beschäftigt, zuletzt als Referatsleiter im Bereich „Communication and Marketing, Policies & Guidelines“. Seit dem 1. April 2009 befand sich der Kläger in der passiven Phase der Altersteilzeit.

3

Mit Wirkung zum 11. Mai 2009 wurde die D AG auf die Beklagte verschmolzen.

4

Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete der Arbeitsvertrag vom 29. März/11. April 1988. Dieser enthält unter anderem folgende Regelungen:

        

„2.     

Bezüge

                 

Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Sozialzulagen und Mehrarbeitsvergütung abgegolten sind:

                 

a)    

Gehalt

                          

…       

                 

b)    

Gratifikation

                          

Eine jährliche Abschlussgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am ersten Arbeitstag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.“

5

Am 27. März 2008 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung für das Geschäftsjahr 2008, in der die vom Kläger zu erreichenden Ziele in drei verschiedenen Bereichen (Unternehmensziele, vom Fachvorstand abgeleitete individuelle Ziele, sonstige individuelle Ziele) festgelegt wurden. Die Zielvereinbarung lautet auszugsweise:

        

„       

Ziele und Executive Bonus 2008

        
                 

Zielvereinbarung und Zielerreichung - Seite 1

        
                 

Bewertungszeitraum*

01.01.2008 - 31.12.2008

        
                 

Name des Mitarbeiters*

        
                 

K       

        
                 

Position/Funktion des Mitarbeiters*

Beschäftigt seit

        
                 

L3, Referatsleiter

07/1988

        
                 

Name des Vorgesetzten*

        
                 

A       

        
                 

Name des nächsthöheren Vorgesetzten*

        
                 

Dr. M 

        
                 

Zielbonus in Euro p.a. *)**) 100 %

        
                 

wird in einem separaten Schreiben mitgeteilt

        
                 

…       

        
                 

*) Pflichteingabe

        
                 

**) Aus dem Zielbonus erwächst kein Rechtsanspruch

        
                 

s.a. Terms & Conditions

        
                 

…       

        
                 

[ ]       

Ja, zusätzliche Dokumente (bitte beifügen)

        
                 

[x]       

Ja, ich habe die Terms & Conditions zur Kenntnis genommen (abrufbar im Executive Net)

        
                                            
                 

___________________________

___________________________

        
                 

Datum, Unterschrift Mitarbeiter

Datum, Unterschrift Vorgesetzter

“       

6

Der Kläger unterzeichnete die Zielvereinbarung und bestätigte die Kenntnisnahme der „Terms & Conditions“ (im Folgenden: Bonusbedingungen) durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens. Handschriftlich setzte er neben das Kästchen ein Kreuz sowie unter das Formular ein weiteres Kreuz und den Zusatz:

        

„Zur Kenntnis genommen, jedoch vor Bekanntgabe des Zielbonus nicht akzeptiert.“

7

Die Bonusbedingungen enthalten unter anderem folgende Regelungen:

        

„1.     

Ziele und Berechtigte

        

In Ergänzung Ihres Dienstvertrags und der darin in Aussicht gestellten Leistungsgratifikation bzw. variablen Vergütung konkretisieren die Terms & Conditions zum Prozess ‚Ziele und Executive Bonus’ die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.

        

...     

        

5.    

Rahmenbedingungen und Regelungen

        

»       

Die tatsächliche Auszahlung des Bonus setzt voraus, dass der Vorstand ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung stellt. Die Feststellung des Bonusvolumens bleibt weiterhin der Entscheidung des Vorstandes vorbehalten.“

8

Am 8. August 2008 fand eine Zwischenbeurteilung der Zielerreichung des Klägers (sog. mid-term review) statt.

9

Am 28. Oktober 2008 veröffentlichte die D AG im Intranet eine Mitteilung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit folgendem Wortlaut:

        

Bonusvolumen 2008

        

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

        

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Vorstand für das Kalenderjahr 2008 ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 - angepasst an den Mitarbeiterstand 2008 - pro Funktion und Division (exclusive DKIB Frontoffice) zugesagt hat.

        

Mit dieser Entscheidung verbunden ist der Dank für Ihr Engagement und Ihren Einsatz für unsere Bank im laufenden Jahr, auf den wir auch in Zukunft vertrauen.

        

Die Festsetzung der individuellen Bonusbeträge erfolgt wie in den vergangenen Jahren leistungsabhängig. Über die individuelle Bonusfestsetzung werden die Führungskräfte ihre Mitarbeiter rechtzeitig in einem persönlichen Gespräch informieren.

        

Die Auszahlung des Bonus erfolgt im Frühjahr 2009.

        

Ihr     

        

H       

W“    

10

Diese Mitteilung basierte auf einer Vorstandsentscheidung vom 2. Oktober 2008 und ist mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnet.

11

Zu Beginn des Jahres 2009 bat der Kläger um Mitteilung der Höhe seines Zielbonus für das Geschäftsjahr 2008. Mit E-Mail vom 16. Januar 2009 teilte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mit, dass sein Zielbonus auf 40.000,00 Euro festgesetzt worden sei.

12

Durch Mitarbeiterbrief vom 18. Februar 2009 wurde den Arbeitnehmern der Beklagten und der D AG durch die Vorstandsvorsitzenden der beiden Unternehmen mitgeteilt, dass es aufgrund der Ergebnissituation für das Jahr 2008 keinerlei Bonuszahlungen geben werde.

13

Im März 2009 erhielt der Kläger für das Geschäftsjahr 2008 eine Zahlung für besondere Belastung in Höhe von 4.348,00 Euro.

14

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für das Geschäftsjahr 2008 ein Bonus in Höhe von 40.000,00 Euro zustehe. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung für besondere Belastung könne er von der Beklagten noch eine Zahlung in Höhe von 35.652,00 Euro verlangen. Die Zielvereinbarung sei trotz des handschriftlichen Zusatzes wirksam zustande gekommen. Er habe die in der Zielvereinbarung festgesetzten persönlichen Ziele zu 100 % erreicht. Der Mitteilung des Vorstands der D AG vom 28. Oktober 2008 sei die Zusage zu entnehmen, dass die in der Zielvereinbarung genannten Unternehmensziele zu 100 % erreicht worden seien. Ziff. 5 der Bonusbedingungen stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Regelung benachteilige den Kläger unangemessen und sei deshalb unwirksam. Darüber hinaus sei die dort aufgestellte Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus auch erfüllt. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand der D AG ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt.

15

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.652,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger kein Bonusanspruch zustehe. Es unterliege bereits erheblichen Zweifeln, ob für das Jahr 2008 überhaupt eine wirksame Zielvereinbarung geschlossen worden sei. Ein Bonusanspruch bestehe jedenfalls deshalb nicht, weil die Beklagte entgegen Ziff. 5 der Bonusbedingungen kein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt habe. Ziff. 5 der Bonusbedingungen sei wirksam. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand sein Ermessen iSv. Ziff. 5 der Bonusbedingungen nicht ausgeübt. Die Mitteilung stelle lediglich eine unverbindliche Ankündigung eines möglichen Bonusvolumens an die gesamte Belegschaft dar. Für die Entscheidung im Februar 2009, keine Bonuszahlungen zu leisten, sei neben der öffentlichen Diskussion über Bonuszahlungen auch die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds von erheblicher Bedeutung gewesen. Die globale Finanzmarktkrise habe zum Ende des Jahres 2008 dramatische Höhepunkte erreicht. Die Kernkapitalquote der D AG habe sich in einem kritischen Bereich bewegt. Für das Geschäftsjahr 2008 sei ein negatives operatives Ergebnis in Höhe von 6,56 Mrd. Euro zu verzeichnen gewesen. Die Beklagte habe der D AG zusätzliches Kapital im Umfang von 4 Mrd. Euro zugeführt und habe selbst in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 23.625,00 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen für das Jahr 2008 keine Ansprüche auf Zahlung zusätzlicher Vergütung zu.

19

I. Nach Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags iVm. § 315 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sowie der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen hatte der Kläger Anspruch auf die Festlegung einer zusätzlichen variablen Vergütung nach billigem Ermessen der Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Jahr 2008. Das ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen.

20

1. Der Arbeitsvertrag gewährte dem Kläger in Ziff. 2 Buchst. b Anspruch auf Festsetzung einer zusätzlichen Vergütung unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten und der Ertragslage der Bank. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte hatte die Leistungsbestimmung damit nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) zu erfolgen. Die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens haben die Parteien in der von ihnen geschlossenen Zielvereinbarung vom 27. März 2008 konkretisiert.

21

a) Der Kläger hat das Angebot der Beklagten zum Abschluss der Zielvereinbarung angenommen. Zwar hat der Kläger einen handschriftlichen Zusatz mit dem Inhalt angebracht, die Bonusbedingungen würden vor Bekanntgabe des Zielbonus nicht akzeptiert. Damit mag, wie die Beklagte meint, zunächst eine vertragliche Einigung auf die Bedingungen der Zielvereinbarung nicht zustande gekommen sein. Indes haben die Parteien ihrem weiteren Verhalten im Laufe des Jahres 2008 und Anfang des Jahres 2009 die Bestimmungen der Zielvereinbarung zugrunde gelegt und damit - entgegen der Auffassung der Beklagten - durch bewussten Vollzug der getroffenen Abreden deren Geltung bekundet (vgl. Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. II Das Rechtsgeschäft 4. Aufl. § 34 Nr. 6 e).

22

b) Aufgrund dieser vertraglichen Konkretisierung war die Beklagte an die Zielvereinbarung gebunden. Haben die Vertragsparteien durch eine Zielvereinbarung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 38, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; zur Ausübung des Direktionsrechts: 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311). Im Streitfall hatten die Parteien jedoch in der Zielvereinbarung keine abschließende Regelung getroffen, sondern zusätzlich die Geltung der Bonusbedingungen vereinbart, die ihrerseits die Zahlung unter den Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Vorstands stellten (Ziff. 5 der Bonusbedingungen). Die Entscheidung des Vorstands musste mangels entgegenstehender Anhaltspunkte billigem Ermessen entsprechen. Dabei durfte der Vorstand, soweit die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens in der Zielvereinbarung festgelegt waren, von ihnen nicht mehr abweichen. Er konnte lediglich noch Gesichtspunkte geltend machen, die außerhalb der in der Zielvereinbarung zugrunde gelegten Umstände lagen und im Rahmen billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren.

23

2. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Bonusbedingungen und insbesondere ihre Ziff. 5 Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung geworden.

24

a) Vorliegend wird auf beiden Seiten der Zielvereinbarung jeweils am Seitenende sowie unmittelbar über der von dem Mitarbeiter zu leistenden Unterschrift auf die Bonusbedingungen hingewiesen. Aufgrund dieser Vertragsgestaltung war es für den Kläger als Erklärungsempfänger (§§ 133, 157 BGB) erkennbar, dass die Bonusbedingungen nach dem Willen der Beklagten Bestandteil der Zielvereinbarung werden sollten.

25

b) Der Einbeziehung von Ziff. 5 der Bonusbedingungen steht § 305 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Auf die nach dieser Vorschrift erforderliche Möglichkeit des Vertragspartners eines Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei Abschluss des Vertrags die Bedingungen inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, kommt es nicht an. Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung(§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung scheidet eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB aus(BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12). Für die wirksame Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt demnach § 145 ff. BGB, dh. es genügt jede stillschweigende Willensübereinkunft (ErfK/Preis 12. Aufl. § 305 - 310 BGB Rn. 28). Auch der Kläger selbst hat nicht in Frage gestellt, dass die Bonusbedingungen Bestandteil der zwischen den Parteien getroffenen Zielvereinbarung sind.

26

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist auch nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

27

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53; 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28). Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - aaO).

28

bb) Nach diesen Grundsätzen ist Ziff. 5 der Bonusbedingungen weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend.

29

(1) Bereits Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags sieht vor, dass der Bonus unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank festgelegt und nach der Hauptversammlung, dh. nach Abschluss des Geschäftsjahres, abgerechnet wird. Bei Abschluss der Zielvereinbarung, welche gemäß Ziff. 1 der Bonusbedingungen diese arbeitsvertragliche Regelung konkretisiert, musste der Kläger daher damit rechnen, dass dieses Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten fortbestehen sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten bereits im Rahmen der Zielvereinbarung berücksichtigt wurde. Da die Zielvereinbarung zu Beginn des Geschäftsjahres abgeschlossen wurde, konnte der Kläger nicht annehmen, dass dadurch das arbeitsvertraglich eingeräumte Bestimmungsrecht nach Abschluss des Geschäftsjahres vollständig aufgehoben werden sollte. Die Zielvereinbarung legte lediglich die Parameter zur Bewertung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung aus Sicht des Zeitpunkts ihres Abschlusses fest. Damit sollte nicht die Berücksichtigung weiterer Umstände, die im Rahmen von § 315 BGB maßgeblich sein konnten, ausgeschlossen werden.

30

(2) Ein „Überrumpelungseffekt“ folgt auch nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild der Klausel. Aus der Sicht einer Führungskraft im Bankgewerbe, die mit komplexen Vertragswerken und der Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vertraut ist, musste umso mehr mit einer maßgeblichen inhaltlichen Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen gerechnet werden, als in der Zielvereinbarung auf die Geltung der Bonusbedingungen hingewiesen wurde. Außerdem legte die Zielvereinbarung selbst nur die zu erreichenden Ziele und ihre Gewichtung, nicht aber nähere Einzelheiten fest. Bereits in Ziff. 3 der Bonusbedingungen, welche die Auszahlung des Bonus regelt, wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlung des Bonus nur vorbehaltlich der Regelungen in Ziff. 5 erfolgt. Bei dieser Vertragsgestaltung war die hier maßgebliche Klausel für einen im Umgang mit Verträgen vertrauten Mitarbeiter wie den Kläger nicht überraschend.

31

3. Mit dem oben beschriebenen Inhalt hält Ziff. 5 der Bonusbedingungen auch der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

32

a) Ziff. 5 der Bonusbedingungen enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

33

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

34

bb) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Jahresgratifikation nach Abschluss des Bezugsjahres gerichtet (Leistungsbestimmung, § 315 BGB). Die Zielvereinbarung ist lediglich eine Abrede der Parteien über verschiedene Parameter für die Ausübung des billigen Ermessens. Sie soll für sich genommen keinen Anspruch begründen. Von einer Änderung oder Abweichung in Bezug auf eine bereits versprochene Leistung kann damit nicht die Rede sein.

35

b) Ziff. 5 der Bonusbedingungen verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

36

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

37

bb) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag und die Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über die Festsetzung der Sonderzahlung zu entscheiden hatte. Durch die Zielvereinbarung waren die bei der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Faktoren weitgehend festgelegt. Der Kläger war damit in der Wahrnehmung seiner Rechte nicht beeinträchtigt. Legte der Vorstand die endgültige Höhe des Bonus fest, so konnte der Kläger die Berechnung aufgrund der Zielvereinbarung nachprüfen und die ihm nach seiner Auffassung zustehenden Mehransprüche geltend machen, wie es auch geschehen ist.

38

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde.

39

aa) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

40

(1) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei
dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

41

(2) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

42

bb) Nach diesen Maßstäben enthält Ziff. 5 der Bonusbedingungen keine unangemessene Benachteiligung.

43

(1) Die Regelung weicht mit dem durch Auslegung (siehe oben zu I 1) ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

44

(2) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Wie bereits ausgeführt, ist der Arbeitgeber an eine im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechts getroffene Zielvereinbarung in aller Regel gebunden. Insbesondere kann er nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern und kann auch nicht die in der Zielvereinbarung vereinbarte Zuweisung geschäftlicher Risiken verändern.

45

II. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Anspruch mit ihrem Schreiben von März 2009 und die anschließende Zahlung erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB); dem Kläger steht kein weiterer Bonusanspruch zu.

46

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

47

a) Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

48

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

49

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe bei ihrer Entscheidung billiges Ermessen gewahrt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

50

a) Die Beklagte war an der Leistungsbestimmung in der geschehenen Höhe nicht durch die Mitteilung des Bonusvolumens vom 28. Oktober 2008 gehindert. Die Mitteilung schuf keine selbstständige, von den arbeitsvertraglichen Regelungen unabhängige Grundlage für einen Bonusanspruch. Mit ihr wurde auch nicht das Leistungsbestimmungsrecht endgültig und verbindlich ausgeübt. Vielmehr bezog sich die Erklärung für die Arbeitnehmer erkennbar nur auf einen Faktor für die spätere Bestimmung ihres jeweiligen Bonusanspruchs (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 32 ff.). Allerdings ist die Festsetzung des Bonusvolumens und deren Bekanntgabe an die Arbeitnehmer nicht ohne rechtliche Bedeutung. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat sich dadurch verpflichtet, das zugesagte Bonusvolumen bei der Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor zugrunde zu legen (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 35).

51

b) Ebenso wenig lag in der Mitteilung vom 16. Januar 2009, mit der die Festsetzung des Zielbonus auf 40.000,00 Euro erfolgte, eine abschließende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts. Vielmehr ergänzte diese Mitteilung lediglich die - unvollständige - Zielvereinbarung vom 27. März 2008 um die darin bereits angekündigte Mitteilung des Zielbonus. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war an die vervollständigte Zielvereinbarung gebunden, soweit nicht Umstände, die außerhalb der von der Zielvereinbarung abgedeckten Sachverhalte lagen, im Rahmen der - in der Zielvereinbarung durch Bezugnahme auf die Bonusbedingungen vorbehaltenen - abschließenden Ausübung billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren. Sie musste also auch die Festsetzung des Zielbonus in die Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor einbeziehen.

52

c) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei der endgültigen Leistungsbestimmung im März 2009 alle nach der vertraglichen Regelung, der Zielvereinbarung, den Bonusbedingungen und den Mitteilungen vom 28. Oktober 2008 und vom 16. Januar 2009 wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen und angemessen gewichtet. Die genannten Vereinbarungen und Mitteilungen waren bindend, soweit die Ermessensausübung Gesichtspunkte betraf, die dort abschließend geregelt waren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war gehindert, von diesen Vereinbarungen für die Bestimmung des Bonus abzuweichen, ohne dass dafür besonders gewichtige, außerhalb der durch die Zielvereinbarung abgedeckten Umstände vorlagen.

53

d) Solche außergewöhnlichen Umstände lagen jedoch im Streitfall vor. Das negative operative Ergebnis der D AG betrug für das Jahr 2008 6,56 Mrd. Euro. Auch die Zufuhr von Kapital in Höhe von 4 Mrd. Euro durch die Beklagte macht deutlich, dass es sich um eine außergewöhnliche, desaströse Situation handelte. Die Beklagte musste ihrerseits Mittel
im Umfang von etwa 18,2 Mrd. Euro aus dem SoFFin in Anspruch nehmen. Dies zeigt, dass die Fortexistenz der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin durch Umstände jenseits des ihrem und ihrer Mitarbeiter Einfluss unterliegenden Geschäftsverlaufs nachhaltig bedroht war. Damit realisierten sich nicht etwa die im Vertrag und in der Zielvereinbarung vorausgesetzten - und dementsprechend von der Beklagten zu tragenden - Risiken gewissermaßen „normaler“ negativer Geschäftsentwicklungen. Die Lage hatte vielmehr mit den in der Zielvereinbarung zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Parteien nichts mehr zu tun. Die Existenz der Beklagten konnte nur durch massive staatliche Hilfeleistungen gesichert werden, die nicht der Rettung einzelner Banken, wie etwa der Beklagten, oder der Sicherung von Vergütungsansprüchen von Arbeitnehmern der Banken dienten, sondern dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von schweren Gefahren für die Volkswirtschaft (Zusammenbruch des Bankensystems). So heißt es in der Regierungserklärung des damaligen Bundesministers der Finanzen zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 15. Oktober 2008, es gehe nicht darum, dass es Gratifikationen für den Bankensektor geben solle oder dass Bankmanager vor dem Ruin bewahrt werden sollten, sondern um das „öffentliche Gut“ stabiler, funktionierender Finanzmärkte, die unverzichtbar seien „für jeden Handwerker, der einen Betriebsmittelkredit haben möchte, … für jedes große Unternehmen, das arbeitsplatzerhaltende oder arbeitsplatzerweiternde Investitionen vornehmen möchte, … für alle Menschen, die für das Alter sparen und damit ein auskömmliches Einkommen im Alter haben möchten, … für alle Sparerinnen und Sparer in Deutschland, die einen wettbewerbsfähigen Finanzsektor brauchen …“ (Bulletin der Bundesregierung vom 15. Oktober 2008, Bulletin Nr. 109-2).

54

e) Diese Ausnahmesituation lässt es auch unter Berücksichtigung der Leistung des Klägers und der Zielvereinbarung und der Schreiben von Oktober 2008 und Januar 2009 nicht unangemessen erscheinen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Bonusanspruch wie geschehen festsetzte. Dem Kläger flossen an zusätzlichen Leistungen neben dem festen Gehalt über 4.000,00 Euro zu. Er erhielt damit eine angesichts der desaströsen Lage immer noch nennenswerte, keineswegs unbeträchtliche finanzielle Anerkennung für die von ihm zur Erreichung der Vorgaben in der Zielvereinbarung unternommenen Anstrengungen im Jahr 2008.

55

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    D. Kiel    

        

Die Amtszeit des ehrenamtlichen
Richters Beck ist abgelaufen.
            Mikosch    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 7. August 2012 - 7 Sa 26/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, ab 27. August 2007 als Leiharbeitnehmer beschäftigt und bei der S AG als Mechaniker eingesetzt.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 21. August 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

㤠1 Bezugnahme auf Tarifvertrag

1. Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV) sowie etwaigen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Absatz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

...“

4

Auf Veranlassung des Klägers beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen am 14. Dezember 2009 abgeschlossenen und von der Beklagten vorformulierten Aufhebungsvertrag. Darin heißt es ua.:

„Zwischen der R GmbH und K wird folgender Aufhebungsvertrag geschlossen.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Beschäftigungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum Ablauf des 31.12.2009 endet.

Das Beschäftigungsverhältnis wird unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen … zum obigen Termin abgerechnet.

Der anteilige Urlaub wir bis zum Ausscheidungstermin gewährt oder abgegolten.

Es liegen keine Tatsachen vor, aus denen der Arbeitnehmer im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seine Beendigung Ansprüche oder Rechte irgendwelcher Art, gleich aus welchem Rechtsgrunde herleiten kann, so dass keinerlei weitere Forderungen an den Arbeitgeber bestehen.

Der Arbeitnehmer ist darüber belehrt worden, dass über etwaige Nachteile beim Bezug des Arbeitslosengeldes das Arbeitsamt verbindlich entscheidet, das zur Einstellung von Auskünften berufen und verpflichtet ist.

Auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wird hiermit verzichtet.

…“

5

Zum 1. Januar 2010 wurde der Kläger von der Entleiherin eingestellt.

6

Mit seiner am 25. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2009 Lohn unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

7

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihm ein Entgelt entsprechend der von der Entleiherin erteilten Auskunft über die Vergütung der bei ihr beschäftigten und mit ihm vergleichbaren Stammarbeitnehmer zu zahlen.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.347,02 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Dem Anspruch stehe die in den Aufhebungsvertrag aufgenommene Abgeltungsklausel entgegen. Sie habe im Interesse des Klägers auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet, jedoch Gewissheit haben wollen, dass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die gegenseitigen Ansprüche erledigt seien. Jedenfalls sei der Anspruch verwirkt. Der Kläger habe mit der Aufhebungsvereinbarung einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sie sich eingerichtet habe.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageforderung weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen konnte das Landesarbeitsgericht die Klage mit der von ihm gegebenen Begründung nicht abweisen. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Ansprüche des Klägers sind entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht verwirkt (I.) und auch nicht aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 enthaltenen Abgeltungsklausel erloschen (II.). Ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden (III.).

12

I. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verwirkt.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung der von ihm angenommenen Verwirkung ausgeführt, die Parteien hätten mit dem Aufhebungsvertrag, bei dessen Bedingungen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis vereinbart, indem sie übereinstimmend die Feststellung getroffen hätten, dass neben den im Aufhebungsvertrag genannten keine weiteren Ansprüche bestünden. Die Parteien hätten offensichtlich keine weiteren Forderungen gesehen. Der Aufhebungsvertrag enthalte zwar keinen Verzicht auf etwaige Forderungen, dem Kläger sei es jedoch gemäß § 242 BGB verwehrt, weitere Ansprüche geltend zu machen. Die Ansprüche seien verwirkt. Das hierfür erforderliche Zeitmoment sei erfüllt, weil der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche erstmals mehr als ein Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht habe. Das Umstandsmoment sei aufgrund des Zeitablaufs und der mit dem negativen Schuldanerkenntnis getroffenen Feststellungen erfüllt. Von einer Erfüllung des Umstandsmoments sei auch deshalb auszugehen, weil die Beklagte im Interesse des Klägers auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet habe. Die fehlende Kenntnis des Klägers vom Bestehen etwaiger Ansprüche könne eine Verwirkung nicht ausschließen, zumal diese durch die Beklagte nicht (mit-)verursacht worden sei.

14

2. Dem kann im Ergebnis und in Teilen der Begründung nicht gefolgt werden. Die Bewertung, die Ansprüche seien verwirkt, wird von den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getragen.

15

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43).

16

b) Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen die Annahme einer Verwirkung der vom Kläger erhobenen Ansprüche nicht.

17

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob das Zeitmoment erfüllt ist, denn es fehlt vorliegend, auch wenn man berücksichtigt, dass zwischen Zeit- und Umstandsmoment eine Wechselwirkung besteht (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 44), an dem erforderlichen Umstandsmoment.

18

(1) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 enthaltene Ausgleichsklausel ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis beinhaltet.

19

(a) Bei der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Klausel handelt es sich nach der von den Parteien nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend vom Vertragswortlaut nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN). Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln durch das Landesarbeitsgericht kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 79/10 - Rn. 16).

20

(b) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln.

21

(aa) Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen(BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11). Ein deklaratorisches negatives Schulanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen. Maßgeblich ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu beachten ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (st. Rspr., vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 17, BAGE 124, 349; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 47, BAGE 134, 111).

22

(bb) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zu Recht konstatiert, dass die Parteien mit der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Ausgleichsklausel die von ihnen angenommene Rechtslage feststellen und dokumentieren wollten. Der Wille der Parteien war nicht darauf gerichtet, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Hierfür spricht bereits, dass die Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht vom Bestehen weiterer Ansprüche ausgegangen sind. Anhaltspunkte für einen Verzichtswillen des Klägers ergeben sich nicht. Für den Dokumentationscharakter der Erklärung und damit die Annahme eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses spricht der Wortlaut der Klausel. Diese stellt mit der Formulierung, „Es liegen keine Tatsachen vor …“, auf das Nichtbestehen von Tatsachen als Grundlage für die Herleitung von Ansprüchen oder Rechten ab und leitet hieraus, wie sich aus den Worten „so dass“ ergibt, lediglich ab, dass weitere Forderungen gegen die Beklagte nicht bestünden.

23

(2) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist das im Aufhebungsvertrag enthaltene deklaratorische negative Schuldanerkenntnis auch in Verbindung mit dem Verzicht der Beklagten auf die Einhaltung der Kündigungsfrist nicht geeignet, als Umstandsmoment ein Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen, der Kläger werde seine ggf. bestehenden Ansprüche aus dem Gebot des equal pay nicht mehr geltend machen.

24

(a) Es kann vorliegend offenbleiben, ob es sich bei der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Ausgleichsklausel um eine Hauptleistung im Gegenzug zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses handelt, die keiner Inhaltskontrolle unterliegen würde, oder um eine nur begleitende Nebenabrede des Aufhebungsvertrags, die einer Angemessenheitskontrolle iSd. § 307 Abs. 1 BGB unterläge(vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 40 ff., BAGE 138, 136).

25

Wollte man die Klausel als wirksam betrachten, wäre sie nicht geeignet, über ihre rechtliche Bedeutung und die sich hieraus ergebenden Rechtswirkungen hinausgehendes Vertrauen der Beklagten zu begründen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis führt nicht zum Erlöschen von Ansprüchen. Es hindert den Gläubiger nicht an einer weiteren Geltendmachung, denn diesem verbleibt die Möglichkeit, die Unrichtigkeit seiner Erklärung nachzuweisen, indem er seine Ansprüche beweist (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 24, BAGE 124, 349).

26

(b) Selbst wenn man unterstellte, die Beklagte sei nur bei Aufnahme der Ausgleichsklausel in den Aufhebungsvertrag bereit gewesen, einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zuzustimmen, rechtfertigte dies die Annahme eines für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoments nicht. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich nicht, dass die Beklagte den Kläger über ihre Motivlage bei Abschluss des Aufhebungsvertrags unterrichtet hätte oder dass diese für den Kläger aufgrund der Begleitumstände bei Vertragsschluss erkennbar gewesen wäre.

27

(c) Der Annahme des Umstandsmoments steht zudem entgegen, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Kenntnis von möglichen Ansprüchen des Klägers aus dem Gebot des equal pay hatte. Wer überhaupt keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch eines Dritten hat, kann auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs vertrauen. Den Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber Treu und Glauben (BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - zu I 2 der Gründe, BAGE 97, 326; 24. Mai 2006 - 7 AZR 201/05 - Rn. 24).

28

bb) Im Übrigen ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Umstände, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden, etwaige Ansprüche des Klägers zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

29

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 steht als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger nicht entgegen. Diesem obliegt es, die Unrichtigkeit seiner Erklärung nachzuweisen, indem er seine Ansprüche beweist (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 24, BAGE 124, 349; MüKoBGB/Schlüter 6. Aufl. § 397 Rn. 14, 17).

30

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klageforderung gerechtfertigt ist, kann aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen vom Senat nicht entschieden werden. Das Landesarbeitsgericht hat zur Zusammensetzung und Berechnung der vom Kläger geltend gemachten Forderungen, zu den Leistungen der Beklagten an den Kläger und zu denen der Entleiherin an ihre Stammarbeitnehmer sowie zum Inhalt der von der Entleiherin erteilten Auskunft keine Feststellungen getroffen. Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils sowie das Sitzungsprotokoll enthalten hierzu keine Ausführungen. Das Urteil nimmt auf die erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht Bezug. Der Senat ist deshalb gemäß § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO gehindert, den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien zu berücksichtigen.

31

Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die notwendigen Feststellungen zu treffen und in der Sache zu entscheiden.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2011 - 9 Sa 86/11 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 20. Dezember 2010 - 11 Ca 2485/10 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 6.856,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

4. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, gesetzlichen Mindesturlaub aus den Jahren 2006 bis 2009 abzugelten.

2

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger war infolge eines Arbeitsunfalls ab Januar 2006 arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 26. November 2008 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2009. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 29. Juni 2010 vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht einen Vergleich. In diesem vereinbarten sie ua. Folgendes:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch die ordentliche personenbedingte Kündigung der Beklagten vom 26.11.2008 mit Ablauf des 30.06.2009 aufgelöst wurde.

        

2.    

Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine einmalige Sozialabfindung in Höhe von 11.500,00 € brutto bis zum 15.07.2010.

        

3.    

Mit Erfüllung des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.“

3

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe ihm gesetzlicher Mindesturlaub von 70 Arbeitstagen zugestanden, den die Beklagte abzugelten habe. Wegen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sei der Urlaubsanspruch nicht verfallen. Der Vergleich vom 29. Juni 2010 stehe seinem Abgeltungsanspruch nicht entgegen. Auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs habe er nicht wirksam verzichten können.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.543,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. August 2010 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, weder das Bundesurlaubsgesetz noch unionsrechtliche Vorgaben sähen vor, dass ein Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt Urlaubsansprüche ansammeln könne. Im Übrigen sei der Abgeltungsanspruch des Klägers durch den Vergleich vom 29. Juni 2010 „erledigt“.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - abgeändert und der Klage stattgegeben. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlte die Beklagte am 1. Juli 2011 an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 6.856,29 Euro. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Betrags.

Entscheidungsgründe

7

I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 6.543,60 Euro brutto zu zahlen. Deshalb hat die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung. Soweit die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung der Kläger verlangt, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bereits verfallen waren, steht dem Abgeltungsanspruch die Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich der Parteien vom 29. Juni 2010 entgegen.

8

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber Urlaub abzugelten, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2009 hatte der Kläger Anspruch auf 30 Arbeitstage Mindesturlaub; die übrigen Urlaubsansprüche waren gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bereits verfallen.

9

a) Die langjährige Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat das Entstehen von Urlaubsansprüchen in den Jahren 2006 bis 2009 im Umfang von jeweils 20 Arbeitstagen zwar nicht gehindert, weil für das Entstehen des Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung ist (vgl. BAG 18. September 2012 - 9 AZR 623/10 - Rn. 10). Die jeweils zu Beginn der Kalenderjahre 2006 und 2007 entstandenen Urlaubsansprüche sind jedoch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32).

10

b) Der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs aus dem Jahr 2008 und des gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG auf die Hälfte gekürzten gesetzlichen Urlaubs aus dem Jahr 2009 im Umfang von zusammen 30 Arbeitstagen ging infolge der Ausgleichsklausel im Vergleich vom 29. Juni 2010 unter. Bei der Vereinbarung in Ziff. 3 des Vergleichs, wonach mit Erfüllung des Vergleichs wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sein sollten, handelt es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB). Dieses hat auch den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers erfasst. Dem steht weder die Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG entgegen, noch hindern unionsrechtliche Vorgaben den Untergang des Abgeltungsanspruchs.

11

aa) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die Erklärungen in einer Ausgleichsklausel haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Das Landesarbeitsgericht hat dies unterlassen. Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Der Senat kann jedoch die gebotene Auslegung selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 45). Ausgleichsklauseln, die - wie die im Streitfall - ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erkennen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Bestehens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewollten Ausgleich einbezogen haben, sind regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss (BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 107, 347) in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 49, BAGE 134, 111; 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24; 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 a bb der Gründe, BAGE 114, 33). Ein solches bringt alle Ansprüche, die den Erklärenden bekannt waren oder mit deren Bestehen zu rechnen war, zum Erlöschen (BAG 9. Juni 1998 - 9 AZR 43/97 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 89, 91). Dies schließt den Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung ein (vgl. BAG 31. Mai 1990 - 8 AZR 132/89 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 65, 171).

12

bb) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, dem zufolge von den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, zu Ungunsten des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden kann, steht dem Untergang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht entgegen. Das Bundesarbeitsgericht ging bislang davon aus, der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, in deren Folge der Arbeitnehmer im Vergleich zu der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG schlechter stehe, entzogen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Parteien die Vereinbarung vor (vgl. BAG 31. Mai 1990 - 8 AZR 132/89 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 65, 171) oder nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 21. Juli 1978 - 6 AZR 1/77 - zu 3 b der Gründe) schlössen. Denn der Abgeltungsanspruch genieße denselben Schutz wie der Urlaubsanspruch. An dieser Rechtsprechung, die an die vom Senat aufgegebene Surrogatstheorie anknüpfte, wird nicht festgehalten, soweit die Vereinbarung nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustande kommt.

13

(1) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann. Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte.

14

(2) Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es dieses Schutzes des Arbeitnehmers nicht. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ein reiner Geldanspruch und nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs (vgl. zuletzt BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 23). Er verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist er entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Deshalb unterfällt der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, wie andere Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers auch, grundsätzlich tariflichen Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 19). Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegenüber dem Arbeitgeber nicht vor Ablauf der Ausschlussfrist geltend, wird dieser von seiner Leistungspflicht frei. Rechtlich verhält es sich nicht anders, als wenn der Arbeitnehmer, anstatt auf eine fristgerechte Geltendmachung zu verzichten, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit konstitutiver Wirkung anerkennt, dass er nicht länger Inhaber eines Abgeltungsanspruchs ist.

15

cc) Der Einwand des Klägers, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei für den Arbeitnehmer ähnlich unverzichtbar wie der Anspruch auf tarifliche Rechte, verhilft seiner Klage nicht zum Erfolg. Gemäß § 4 Abs. 3 TVG sind zwar Abmachungen, die von tariflichen Regelungen abweichen, nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Auch ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch keine Tarifbindung der Parteien festgestellt und ausgeführt, der Kläger habe eine solche weder behauptet noch dargetan, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

16

dd) Die Ausgleichsklausel in Ziff. 3 des Vergleichs steht im Einklang mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie). Der Senat kann den Streitfall abschließend entscheiden, ohne den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Der Gerichtshof der Europäischen Union, dem nach Art. 267 AEUV die Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Richtlinien zugewiesen ist, hat wiederholt entschieden, diese unionsrechtlichen Gewährleistungen stünden einer nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegen, die für die Ausübung der Ansprüche aus Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie Modalitäten vorsehe, die den Verlust dieser Ansprüche umfassten. Allerdings hat er diese grundsätzliche Feststellung an die Voraussetzung geknüpft, dass der Arbeitnehmer, der einen Rechtsverlust erleide, zuvor die tatsächliche Möglichkeit gehabt haben müsse, die ihm von der Richtlinie verliehenen Ansprüche auszuüben (vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 26). Unionsrecht steht damit der Annahme, der Arbeitnehmer dürfe über die ihm durch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte im Wege des Rechtsgeschäfts verfügen, nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer die tatsächliche Möglichkeit hatte, die Ansprüche vor deren Untergang zu realisieren. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsvertragsparteien erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsklausel vereinbaren, die auch einen (etwaigen) Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers erfasst.

17

ee) Die Frage, ob die Ausgleichsklausel in Ziff. 3 des Vergleichs Dritte bindet, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit, ist für die Entscheidung des Streitfalls ohne Bedeutung. Jedenfalls im Verhältnis zur Beklagten konnte der Kläger auf die Abgeltung seines Urlaubs im Wege eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses verzichten.

18

2. Der Kläger ist gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO verpflichtet, an die Beklagte 6.856,29 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

19

a) Soweit ein Berufungsurteil aufgehoben wird, ist der Kläger gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem aufgrund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte zahlte am 1. Juli 2011 an den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts 6.856,29 Euro.

20

b) Der Kläger hat den zurückzuzahlenden Betrag gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Zinslauf begann am 1. Juli 2011. Stellt eine Partei einen Erstattungsantrag nach § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO, so ist der Anspruch gemäß § 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 ZPO als zur Zeit der Zahlung rechtshängig geworden anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beklagte den Antrag auf Erstattung nicht zum Zeitpunkt der Zahlung am 1. Juli 2011, sondern erst mit Schriftsatz vom 3. Januar 2012 gestellt hat (§ 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 ZPO).

21

II. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen (§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Anthonisen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. November 2011 - 5 Sa 1524/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1949 geborene Kläger war vom 9. Mai 2007 bis zum 31. Januar 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Fachhelfer beschäftigt und im Zeitraum Dezember 2007 bis Dezember 2009 insgesamt viermal der CC E AG (fortan: CCE) für deren Betrieb in F (Brandenburg) als Auslieferungsfahrer überlassen. Der Kläger erhielt einen Bruttostundenlohn von zunächst 5,77 Euro, ab Juli 2008 von 6,00 Euro und ab Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für einen Teil der Arbeitsstunden eine Zulage in unterschiedlicher Höhe sowie im März 2009 unter der Bezeichnung „Sonderzahl. Pfl.“ 756,00 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 8. Mai 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

㤠1 Vertragsgrundlage

Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge bestehend aus Beschäftigungssicherungstarifvertrag, Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag.

§ 4 Vergütung

6. Die Abrechnung erfolgt jeweils monatsweise zum Ende des Kalendermonats und liegt aus buchungstechnischen Gründen zum 20. des Folgemonats vor.

§ 5 Arbeitszeit und Entlohnung bei Nichtbeschäftigung

1. Die individuelle regelmäßige Arbeitszeit pro Monat richtet sich nach der Anzahl der Arbeitstage. Bei Monaten mit 20 Arbeitstagen werden 140 Stunden, bei Monaten mit 21 Arbeitstagen 147 Stunden, bei Monaten mit 22 Arbeitstagen 154 Stunden sowie bei Monaten mit 23 Arbeitstagen 161 Stunden festgelegt. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die mit dem Entleiherbetrieb vereinbarte Arbeitszeit einzuhalten und entsprechende Mehrarbeit zu leisten.

2. Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit bedürfen der vorherigen Zustimmung von A und können im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes geleistet werden.

§ 6 Arbeitszeitkonto

Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen individueller regelmäßiger Arbeitszeit und tatsächlicher Arbeitszeit wird ein Arbeitszeitkonto gemäß Punkt 3 des Manteltarifvertrages eingerichtet.

§ 17 Ausschlussfrist / Verfallfristen

Beiderseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich erhoben werden.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2010. Eine Kündigungsschutzklage erhob der Kläger nicht.

5

Am 22. Februar 2010 bestätigte der Kläger durch Unterschrift auf einer „Empfangsbestätigung“ den Erhalt des Lohnschecks Nr. 383376558 sowie den Empfang von Lohnabrechnung, Lohnsteuerkarte, Lohnsteuerbescheinigung und Sozialversicherungsnachweis. Auf demselben Blatt (Geschäfts-)Papier - durch einen horizontalen fettgedruckten Strich getrennt - unterschrieb der Kläger unterhalb folgenden ebenfalls von der Beklagten vorformulierten Textes:

„Ausgleichsquittung

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 31.01.2010 beendet worden ist. Beide Parteien erkennen dieses Beschäftigungsende unwiderruflich an und verzichten ausdrücklich auf das Recht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus aus irgendeinem Rechtsgrund gerichtlich geltend zu machen.

Beide Parteien sind sich darüber einig, dass sämtliche gegenseitigen Ansprüche insbesondere Lohn- und Gehaltsansprüche - ob bekannt oder unbekannt - aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich seiner Beendigung, aus welchem Rechtsgrund auch immer, erledigt sind.“

6

Mit Schreiben vom 21. Februar 2011 hat der Kläger seine „Erklärung vom 22. Februar 2010“ angefochten und mit der am 21. Februar 2011 eingereichten und der Beklagten am 25. Februar 2011 zugestellten Klage unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeiträume der Überlassung an die CCE die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin jeweils vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Der Kläger hat geltend gemacht, die Ausgleichsquittung halte einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht stand, sie sei insbesondere überraschend und ihn einseitig benachteiligend. Zudem habe er die abgegebene Erklärung wirksam angefochten, die Beklagte habe ihn getäuscht. Zur Höhe des Anspruchs hat der Kläger vorgetragen, vergleichbare Stammarbeitnehmer erhielten Vergütung nach einem zwischen der CCE und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) abgeschlossenen Entgelttarifvertrag vom 24. Mai 2006 (ETV) in der jeweils gültigen Fassung. Nach § 2 ETV wäre er als Auslieferungsfahrer in die Bewertungsgruppe IV des Entgelt-Rahmentarifvertrags zwischen dem Regionalverband Ost der Erfrischungsgetränke-Industrie e. V. und der NGG vom 15. Februar 1996 eingruppiert gewesen. Dort sei als Tätigkeitsbeispiel „Kraftfahrer/in Klasse III“ aufgeführt.

7

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.422,99 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, etwaige Ansprüche des Klägers seien jedenfalls aufgrund der Ausgleichsquittung erloschen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Kläger für vier Überlassungen an die CCE jeweils Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt hat. Die Ansprüche sind weder durch eine Ausgleichsquittung noch aufgrund von versäumten Ausschlussfristen untergegangen. Die für einen Teil des Anspruchs erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen jedoch die Höhe der ausgeurteilten Forderung nicht. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die streitgegenständlichen Zeiten der Überlassung an die CCE Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff.).

12

II. Die Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG sind nicht durch die Ausgleichsquittung vom 22. Februar 2010 erloschen.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat Abs. 2 dieser „Vereinbarung“ die Bedeutung eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses beigemessen. Dieses sei als überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, § 305c Abs. 1 BGB, und - wenn doch - intransparent und damit unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dem folgt der Senat nicht.

14

2. Ob eine Ausgleichsquittung überhaupt rechtsgeschäftliche Erklärungen enthält und welche Rechtsqualität diesen zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Sofern die Parteien den Willen haben, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kommen als rechtstechnische Mittel dafür der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB) liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 124, 349).

15

a) Bei der streitgegenständlichen Ausgleichsquittung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit und entspricht den tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts. Für die Auslegung kommt es deshalb darauf an, wie die Klausel - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. zB BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 15 mwN).

16

b) Ausgehend vom Wortlaut der Bezeichnung des zu unterzeichnenden Textes - „Ausgleichsquittung“ - erscheint schon fraglich, ob dieser rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, die über die Bescheinigung eines angenommenen Ausgleichs hinausgehen, zumal der Kläger unmittelbar zuvor lediglich den Empfang diverser Arbeitspapiere und eines Lohnschecks „bestätigen“ musste. Es bestand für die Parteien bei Abholung der Arbeitspapiere kein Anlass, ihre Rechtsbeziehung gestaltend „zu bereinigen“. Das Arbeitsverhältnis war damals aufgrund der Kündigung der Beklagten schon über drei Wochen beendet, Streit über die Wirksamkeit der Beendigung nicht entstanden. Insbesondere hatte der Kläger die Frist des § 4 Satz 1 KSchG verstreichen lassen, ohne Kündigungsschutzklage zu erheben. Ebenso wenig bestand Streit über finanzielle oder sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

17

Wird vorliegend wegen der drucktechnischen Hervorhebung des Wortes „Ausgleichsquittung“ und der zweiten Unterschrift des Klägers ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert angenommen, hat Abs. 2 der Ausgleichsquittung die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses. Entsprechend ihrem Wortlaut hält die Klausel die übereinstimmende Auffassung der Parteien fest, dass - nach Erhalt der Arbeitspapiere und des (letzten) Lohnschecks - alle Ansprüche „erledigt sind“. Damit fixierten sie die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentierten das, wovon sie ausgingen: Es bestehen keine Ansprüche mehr.

18

Anders als in Abs. 1 der Ausgleichsquittung, der einen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksamen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage(vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - BAGE 124, 59) intendiert, ist in Abs. 2 der Ausgleichsquittung von „verzichten“ - in welcher Form auch immer - nicht die Rede. In einer solchen Situation darf ein verständiger und redlicher Arbeitgeber nicht davon ausgehen, der Wille des Arbeitspapiere und (Rest-)Lohn abholenden Arbeitnehmers richte sich darauf, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Für eine derartige Annahme besteht nur dann Anlass, wenn eine Ausgleichsquittung nach vorangegangenem Streit als Bestandteil eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs oder im Rahmen eines die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelnden Aufhebungsvertrags abgegeben wird. Beides ist vorliegend nicht der Fall.

19

Der Auslegung als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis steht die Erwähnung „unbekannter“ Ansprüche in Abs. 2 der Ausgleichsquittung nicht entgegen. Dies betrifft lediglich den Umfang der Dokumentation der angenommenen Rechtslage, lässt aber allein keinen Rückschluss auf einen irgendwie gearteten „Abgeltungs- oder Erledigungswillen“ zu. Soweit das Bundesarbeitsgericht angenommen hat, Ausgleichsklauseln, die ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen, seien regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen, betraf dies keine „Ausgleichsquittung“ der im Streitfall verwendeten Art, sondern Ausgleichsklauseln in Prozess- oder außergerichtlichen Vergleichen sowie im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen (BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 107, 347; 28. Juli 2004 - 10 AZR 661/03 - zu II 2 der Gründe, BAGE 111, 315; 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 a bb der Gründe, BAGE 114, 33; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 12, 49, BAGE 134, 111; 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 4, 24; 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 2, 20, BAGE 138, 136; 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 2, 11).

20

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht aufgrund von Ausschlussfristenregelungen verfallen.

21

1. Der Kläger musste Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP nicht beachten. Solche sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 15).

22

2. Ob § 17 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

23

IV. Der auf Dezember 2007 entfallende Teil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verjährt, §§ 195, 199 Abs. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

24

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, vgl. dazu BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 23 ff.). § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt regelmäßig die Fälligkeit des Anspruchs voraus, weil erst von diesem Zeitpunkt an der Gläubiger nach § 271 Abs. 2 BGB mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann(BGH 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07 - Rn. 17 mwN; ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 8; Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 199 Rn. 3).

25

2. Als die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch wird der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt mit dem arbeitsvertraglich für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42). Nach dem Vorbringen der Beklagten ist das entsprechend der Regelung in § 4 Nr. 6 Arbeitsvertrag der 20. des Folgemonats. Damit hat die Verjährungsfrist für den auf den Monat Dezember 2007 entfallenden Teil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt erst am 31. Dezember 2008 zu laufen begonnen und ist vor Eintritt der Verjährung durch Erhebung der Leistungsklage gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

26

V. Die Höhe der dem Kläger für den Streitzeitraum zustehenden Differenzvergütung kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bestimmen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dabei wird im erneuten Berufungsverfahren Folgendes zu beachten sein:

27

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt entsteht nach § 10 Abs. 4 AÜG mit jeder Überlassung jeweils für die Dauer der Überlassung(BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24). Der Kläger war der CCE unstreitig für vier verschiedene Zeiträume zur Arbeitsleistung überlassen. Streitgegenständlich sind daher vier Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG, deren Höhe getrennt zu ermitteln ist.

28

2. Dazu muss für jeden Überlassungszeitraum ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249; 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 26). Zum Arbeitsentgelt zählt dabei jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss. Außer Betracht bleibt lediglich echter Aufwendungsersatz (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34 ff.).

29

Deshalb ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die dem Kläger im März 2009 gewährte Sonderzahlung in den Gesamtvergleich einzubeziehen. Außerdem wird aufzuklären sein, um welche Leistung es sich bei dem im Januar 2008 laut Lohnabrechnung gezahlten „Differenz-Ausgleich“ handelt.

30

3. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Differenzvergütung ist nach § 10 Abs. 4 AÜG das Arbeitsentgelt, das vergleichbare Stammarbeitnehmer vom Entleiher(tatsächlich) erhalten.

31

a) Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf eine fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24). Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, vergleichbare Stammarbeitnehmer der CCE würden nach dem ETV vergütet. Den entsprechenden Sachvortrag des Klägers hat die Beklagte lediglich pauschal und damit unzureichend bestritten.

32

b) Erhalten die Stammarbeitnehmer - was der ETV und die Entgelttabellen hierzu nahelegen - ein Monatsgehalt, richtet sich der Anspruch des Klägers aus § 10 Abs. 4 AÜG auch auf ein Monatsgehalt und verbietet sich dessen „Herunterrechnen“ auf einen - fiktiven - Stundenlohn. Ausgangspunkt für die Berechnung der Differenzvergütung ist vielmehr das - gegebenenfalls anteilige - Monatsgehalt, das der Kläger erhalten hätten, wenn er unmittelbar bei der CCE beschäftigt gewesen wäre. Erstreckt sich ein Überlassungszeitraum (auch) auf nicht volle Kalendermonate, muss das anteilige Monatsgehalt nach den beim Entleiher geltenden Berechnungsregeln bestimmt werden. Fehlt es an solchen, ist das anteilige Monatsentgelt auf der Basis eines Dreißigstel je Tag des Überlassungszeitraums, der in den nicht vollen Kalendermonat fällt, zu ermitteln (vgl. zur Umrechnung in Dreißigstel BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., BAGE 141, 340; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 33).

33

4. Soweit Auszahlungen aus dem Arbeitszeitkonto im Gesamtvergleich enthalten sind, wird im erneuten Berufungsverfahren zu beachten sein, dass die Parteien keine wirksame Regelung über Errichtung und Führung eines Arbeitszeitkontos getroffen haben. § 6 Arbeitsvertrag verweist - als erweiterte Bezugnahme - lediglich auf einen unwirksamen „Tarifvertrag“ und enthält keine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung. In die Gesamtberechnung sind deshalb die zu Unrecht auf dem Arbeitszeitkonto gebuchten und in späteren Lohnzahlungsperioden ausgezahlten Guthaben einzubeziehen, soweit sie während der jeweiligen Entleihperiode erarbeitet wurden.

34

5. Urlaub ist ein in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit genannter Regelungsgegenstand und damit eine wesentliche, dem Gebot der Gleichbehandlung unterliegende Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 AÜG. Gewährt der Verleiher dem Leiharbeitnehmer während des Zeitraums einer Überlassung Urlaub, berechnet sich das Urlaubsentgelt nach den dafür beim Entleiher anzuwendenden Bestimmungen. Fehlt es an einschlägigen tariflichen Urlaubsregelungen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BUrlG)beim Entleiher, bleibt es bei der Bemessung des Urlaubsentgelts nach den Vorgaben des § 11 Abs. 1 BUrlG.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    Wolff    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 7. August 2012 - 7 Sa 26/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, ab 27. August 2007 als Leiharbeitnehmer beschäftigt und bei der S AG als Mechaniker eingesetzt.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 21. August 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

㤠1 Bezugnahme auf Tarifvertrag

1. Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV) sowie etwaigen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Absatz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

...“

4

Auf Veranlassung des Klägers beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen am 14. Dezember 2009 abgeschlossenen und von der Beklagten vorformulierten Aufhebungsvertrag. Darin heißt es ua.:

„Zwischen der R GmbH und K wird folgender Aufhebungsvertrag geschlossen.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Beschäftigungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum Ablauf des 31.12.2009 endet.

Das Beschäftigungsverhältnis wird unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen … zum obigen Termin abgerechnet.

Der anteilige Urlaub wir bis zum Ausscheidungstermin gewährt oder abgegolten.

Es liegen keine Tatsachen vor, aus denen der Arbeitnehmer im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seine Beendigung Ansprüche oder Rechte irgendwelcher Art, gleich aus welchem Rechtsgrunde herleiten kann, so dass keinerlei weitere Forderungen an den Arbeitgeber bestehen.

Der Arbeitnehmer ist darüber belehrt worden, dass über etwaige Nachteile beim Bezug des Arbeitslosengeldes das Arbeitsamt verbindlich entscheidet, das zur Einstellung von Auskünften berufen und verpflichtet ist.

Auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wird hiermit verzichtet.

…“

5

Zum 1. Januar 2010 wurde der Kläger von der Entleiherin eingestellt.

6

Mit seiner am 25. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2009 Lohn unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

7

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihm ein Entgelt entsprechend der von der Entleiherin erteilten Auskunft über die Vergütung der bei ihr beschäftigten und mit ihm vergleichbaren Stammarbeitnehmer zu zahlen.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.347,02 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Dem Anspruch stehe die in den Aufhebungsvertrag aufgenommene Abgeltungsklausel entgegen. Sie habe im Interesse des Klägers auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet, jedoch Gewissheit haben wollen, dass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die gegenseitigen Ansprüche erledigt seien. Jedenfalls sei der Anspruch verwirkt. Der Kläger habe mit der Aufhebungsvereinbarung einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sie sich eingerichtet habe.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageforderung weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen konnte das Landesarbeitsgericht die Klage mit der von ihm gegebenen Begründung nicht abweisen. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Ansprüche des Klägers sind entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht verwirkt (I.) und auch nicht aufgrund der im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 enthaltenen Abgeltungsklausel erloschen (II.). Ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden (III.).

12

I. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verwirkt.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung der von ihm angenommenen Verwirkung ausgeführt, die Parteien hätten mit dem Aufhebungsvertrag, bei dessen Bedingungen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis vereinbart, indem sie übereinstimmend die Feststellung getroffen hätten, dass neben den im Aufhebungsvertrag genannten keine weiteren Ansprüche bestünden. Die Parteien hätten offensichtlich keine weiteren Forderungen gesehen. Der Aufhebungsvertrag enthalte zwar keinen Verzicht auf etwaige Forderungen, dem Kläger sei es jedoch gemäß § 242 BGB verwehrt, weitere Ansprüche geltend zu machen. Die Ansprüche seien verwirkt. Das hierfür erforderliche Zeitmoment sei erfüllt, weil der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche erstmals mehr als ein Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht habe. Das Umstandsmoment sei aufgrund des Zeitablaufs und der mit dem negativen Schuldanerkenntnis getroffenen Feststellungen erfüllt. Von einer Erfüllung des Umstandsmoments sei auch deshalb auszugehen, weil die Beklagte im Interesse des Klägers auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet habe. Die fehlende Kenntnis des Klägers vom Bestehen etwaiger Ansprüche könne eine Verwirkung nicht ausschließen, zumal diese durch die Beklagte nicht (mit-)verursacht worden sei.

14

2. Dem kann im Ergebnis und in Teilen der Begründung nicht gefolgt werden. Die Bewertung, die Ansprüche seien verwirkt, wird von den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getragen.

15

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43).

16

b) Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen die Annahme einer Verwirkung der vom Kläger erhobenen Ansprüche nicht.

17

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob das Zeitmoment erfüllt ist, denn es fehlt vorliegend, auch wenn man berücksichtigt, dass zwischen Zeit- und Umstandsmoment eine Wechselwirkung besteht (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 44), an dem erforderlichen Umstandsmoment.

18

(1) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 enthaltene Ausgleichsklausel ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis beinhaltet.

19

(a) Bei der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Klausel handelt es sich nach der von den Parteien nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend vom Vertragswortlaut nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN). Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln durch das Landesarbeitsgericht kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 79/10 - Rn. 16).

20

(b) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln.

21

(aa) Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen(BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11). Ein deklaratorisches negatives Schulanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen. Maßgeblich ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu beachten ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (st. Rspr., vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 17, BAGE 124, 349; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 47, BAGE 134, 111).

22

(bb) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zu Recht konstatiert, dass die Parteien mit der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Ausgleichsklausel die von ihnen angenommene Rechtslage feststellen und dokumentieren wollten. Der Wille der Parteien war nicht darauf gerichtet, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Hierfür spricht bereits, dass die Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht vom Bestehen weiterer Ansprüche ausgegangen sind. Anhaltspunkte für einen Verzichtswillen des Klägers ergeben sich nicht. Für den Dokumentationscharakter der Erklärung und damit die Annahme eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses spricht der Wortlaut der Klausel. Diese stellt mit der Formulierung, „Es liegen keine Tatsachen vor …“, auf das Nichtbestehen von Tatsachen als Grundlage für die Herleitung von Ansprüchen oder Rechten ab und leitet hieraus, wie sich aus den Worten „so dass“ ergibt, lediglich ab, dass weitere Forderungen gegen die Beklagte nicht bestünden.

23

(2) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist das im Aufhebungsvertrag enthaltene deklaratorische negative Schuldanerkenntnis auch in Verbindung mit dem Verzicht der Beklagten auf die Einhaltung der Kündigungsfrist nicht geeignet, als Umstandsmoment ein Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen, der Kläger werde seine ggf. bestehenden Ansprüche aus dem Gebot des equal pay nicht mehr geltend machen.

24

(a) Es kann vorliegend offenbleiben, ob es sich bei der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Ausgleichsklausel um eine Hauptleistung im Gegenzug zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses handelt, die keiner Inhaltskontrolle unterliegen würde, oder um eine nur begleitende Nebenabrede des Aufhebungsvertrags, die einer Angemessenheitskontrolle iSd. § 307 Abs. 1 BGB unterläge(vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 40 ff., BAGE 138, 136).

25

Wollte man die Klausel als wirksam betrachten, wäre sie nicht geeignet, über ihre rechtliche Bedeutung und die sich hieraus ergebenden Rechtswirkungen hinausgehendes Vertrauen der Beklagten zu begründen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis führt nicht zum Erlöschen von Ansprüchen. Es hindert den Gläubiger nicht an einer weiteren Geltendmachung, denn diesem verbleibt die Möglichkeit, die Unrichtigkeit seiner Erklärung nachzuweisen, indem er seine Ansprüche beweist (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 24, BAGE 124, 349).

26

(b) Selbst wenn man unterstellte, die Beklagte sei nur bei Aufnahme der Ausgleichsklausel in den Aufhebungsvertrag bereit gewesen, einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zuzustimmen, rechtfertigte dies die Annahme eines für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoments nicht. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich nicht, dass die Beklagte den Kläger über ihre Motivlage bei Abschluss des Aufhebungsvertrags unterrichtet hätte oder dass diese für den Kläger aufgrund der Begleitumstände bei Vertragsschluss erkennbar gewesen wäre.

27

(c) Der Annahme des Umstandsmoments steht zudem entgegen, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Kenntnis von möglichen Ansprüchen des Klägers aus dem Gebot des equal pay hatte. Wer überhaupt keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch eines Dritten hat, kann auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs vertrauen. Den Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber Treu und Glauben (BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - zu I 2 der Gründe, BAGE 97, 326; 24. Mai 2006 - 7 AZR 201/05 - Rn. 24).

28

bb) Im Übrigen ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Umstände, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden, etwaige Ansprüche des Klägers zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

29

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 2009 steht als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger nicht entgegen. Diesem obliegt es, die Unrichtigkeit seiner Erklärung nachzuweisen, indem er seine Ansprüche beweist (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 24, BAGE 124, 349; MüKoBGB/Schlüter 6. Aufl. § 397 Rn. 14, 17).

30

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klageforderung gerechtfertigt ist, kann aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen vom Senat nicht entschieden werden. Das Landesarbeitsgericht hat zur Zusammensetzung und Berechnung der vom Kläger geltend gemachten Forderungen, zu den Leistungen der Beklagten an den Kläger und zu denen der Entleiherin an ihre Stammarbeitnehmer sowie zum Inhalt der von der Entleiherin erteilten Auskunft keine Feststellungen getroffen. Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils sowie das Sitzungsprotokoll enthalten hierzu keine Ausführungen. Das Urteil nimmt auf die erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht Bezug. Der Senat ist deshalb gemäß § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO gehindert, den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien zu berücksichtigen.

31

Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die notwendigen Feststellungen zu treffen und in der Sache zu entscheiden.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Januar 2010 - 5 Sa 603/09 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 7. Mai 2009 - 3 Ca 3854/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte auf die Hauptforderung Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2008 zu zahlen hat.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Ausgleichszahlung für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor Vollendung des 65. Lebensjahres.

2

Der am 3. Juni 1944 geborene Kläger war seit dem 1. August 1974 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Vertrag vom 21./23. Dezember 2005 vereinbarten die Parteien, ihr Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzusetzen. In dem von der Beklagten vorformulierten und mindestens fünf Mal verwendeten Vertragsformular heißt es auszugsweise wie folgt:

        

„§ 1   

Beginn und Dauer der Altersteilzeit

                 

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird hiermit im gegenseitigen Einvernehmen geändert und vom 01.11.2006 bis 31.10.2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

                 

…       

                          
        

§ 3     

Abfindung

                 

Das zwischen den Vertragsparteien bestehende Arbeitsverhältnis endet auf Veranlassung des Arbeitgebers zum 31.10.2008.

                 

Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer gemäß §§ 9, 10 KSchG, § 3 Nr. 9, § 24, § 34 EStG und auf der Grundlage (von) § 10 des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22.09.2000 eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 2.168,00 zum Austrittstermin abgerechnet.

                 

Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, bestehen nicht.“

3

Hinsichtlich des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22. September 2000 sind die Parteien tarifgebunden. Die Beklagte zahlte ab 1990 bzw. 1992 an Beschäftigte, welche nach mindestens 15-jähriger Betriebszugehörigkeit vorzeitig ausschieden, eine sog. „Ausgleichszahlung“ für jedes Jahr der Beschäftigung mit Steigerung bis zu einer 25-jährigen Beschäftigungsdauer. Dazu traf sie unter dem 25. Juli 1990 eine „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 63. Lebensjahr“ und unter dem 2. April 1992 eine „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 63. Lebensjahres“. Ziff. 3 der Ausgleichsregelung vom 2. April 1992 begrenzt den Anspruch auf maximal 18.000,00 DM. Nach Ziff. 4 der Ausgleichsregelung vom 25. Juli 1990 sollte der Ausgleichsbetrag, falls steuerrechtlich möglich, gemäß „§ 3 Absatz 9 EStG“ steuerfrei ausgezahlt werden.

4

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger auf dessen Geltendmachungsschreiben vom 31. März 2008 mit Schreiben vom 4. November 2008 die Zahlung des vom Kläger geforderten Ausgleichsbetrags ab.

5

Mit seiner der Beklagten am 3. Dezember 2008 zugestellten Klage macht der Kläger diese Ausgleichszahlung geltend.

6

Er ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Zahlung unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung verpflichtet. Die Ausgleichsklausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags stehe dem erhobenen Anspruch nicht entgegen. Als überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB sei die Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden. Zudem lasse sich ihr der Wille, auf Rechte zu verzichten, nicht entnehmen. Schließlich fielen Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung - wie der Klageanspruch - regelmäßig nicht in den Anwendungsbereich von Ausgleichsklauseln.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.203,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers sei aufgrund der Ausgleichsklausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags erloschen. Als gewöhnliche Abgeltungsklausel fehle der Vertragsbestimmung das von § 305c Abs. 1 BGB vorausgesetzte Überraschungsmoment. Ihrem Inhalt nach beschränke sie sich auf Abwicklungsansprüche nach §§ 9, 10 KSchG und die streitgegenständliche Ausgleichszahlung.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

10

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf eine Ausgleichszahlung iHv. 9.203,25 Euro. Hiervon hat der Kläger nur 9.203,00 Euro geltend gemacht.

11

I. Der Anspruch des Klägers auf die Ausgleichszahlung war aus betrieb-licher Übung entstanden.

12

1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 281/08 - Rn. 13, BAGE 130, 21). Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste. Der Arbeitgeber kann sich auch im Hinblick auf Einmalleistungen durch eine betriebliche Übung binden (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 25, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

13

2. Nach diesen Grundsätzen war hier eine betriebliche Übung entstanden. Die Beklagte zahlte seit 1990 vorbehaltlos an Arbeitnehmer, die vor dem 63. Lebensjahr, und seit 1992 auch an Arbeitnehmer, die später aus einem Arbeitsverhältnis mit ihr ausschieden, einen „Ausgleich“, wie ihn auch der Kläger geltend gemacht hat. Aus diesem regelmäßigen Verhalten durften die Arbeitnehmer auf einen entsprechenden Bindungswillen der Beklagten schließen (vgl. so schon in dem weitgehend parallelen Verfahren BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 21 ff., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

14

3. Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen, von denen die Beklagte in der Vergangenheit die Ausgleichszahlung abhängig gemacht hat. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Oktober 2008 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der am 3. Juni 1944 geborene Kläger das 64., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hatte. Er war bei der Beklagten seit dem 1. August 1974 und damit mehr als 15 Jahre beschäftigt. Bei dieser Beschäftigungsdauer von insgesamt 34 Jahren war der Ausgleich einschließlich der Steigerungssätze auf den Höchstbetrag für 25 Jahre iHv. 9.203,25 Euro (18.000,00 DM) begrenzt. Der Kläger hat die Zahlung von 9.203,00 Euro deshalb zu Recht gefordert.

15

II. Der aus betrieblicher Übung entstandene Anspruch des Klägers ist nicht untergegangen. Zwar ist in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 21./23. Dezember 2005 bestimmt, dass über die tarifliche Abfindung hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht bestehen sollen. Diese Klausel ist aber nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

16

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Ausgleichsklausel in § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags sei weder überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB noch benachteilige sie den Arbeitnehmer unangemessen. Der von dem Kläger erhobene Anspruch sei deshalb untergegangen. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

17

2. Die Ausgleichsklausel ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB und unterliegt damit der richterlichen Kontrolle nach § 305 ff. BGB.

18

Der mit dem Kläger geschlossene Altersteilzeitarbeitsvertrag enthält vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen aufgestellt hat (§ 305 Abs. 1 BGB). Tatsächlich hat die Beklagte auch mindestens fünf Mal identische Vertragsformulare verwendet.

19

3. Nach seinem Wortlaut enthält § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis. Dieses führt regelmäßig dazu, dass die betroffene Forderung nach § 397 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB erlischt.

20

a) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer sog. Abgeltungsklausel abgegebenen Erklärungen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der Wille der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kann insbesondere durch Erlassvertrag, konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgedrückt werden (vgl. nur BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24 mwN, AP HGB § 74 Nr. 81; 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 17, BAGE 124, 349). Die Klausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags der Parteien ist ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis des Klägers.

21

aa) Die Bestimmungen in einem Formulararbeitsvertrag sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (vgl. für die st. Rspr. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 45, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders, dh. des Arbeitgebers, der die Klauseln in einen Formulararbeitsvertrag eingeführt hat.

22

bb) Obwohl das Landesarbeitsgericht den Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht ausgelegt hat, ist das Revisionsgericht im Streitfall nicht gehindert, selbst die Auslegung vorzunehmen; denn die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat wie die Auslegung von Normen zu erfolgen.

23

cc) Wollen Parteien ihre Rechtsbeziehungen abschließend bereinigen, kommen der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische negative Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag ist anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend nicht mehr erfüllt werden soll. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 558/01 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 48 = EzA HGB § 74 Nr. 64).

24

(1) Der Wortlaut von § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags, „Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses … bestehen nicht”, spricht für den Regelungswillen der Parteien, dass außer der in § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags geregelten tariflichen Abfindung keine weiteren gleichartigen Ansprüche, „gleich aus welchem Rechtsgrund“, mehr bestehen sollen. Mit der Regelung haben die Parteien bewirken wollen, dass alle denkbaren sonstigen Ansprüche, die den Zweck haben, den Verlust des Arbeitsplatzes abzufinden oder auszugleichen, nicht mehr bestehen und damit gegebenenfalls erlöschen sollen.

25

(2) Die Beschränkung des konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses auf diese Gruppe von Ansprüchen folgt nicht nur aus dem Wortlaut, „… im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses …“, sondern vor allem aus dem systematischen Zusammenhang der Klausel. Sie steht unter der Überschrift „Abfindung“ und nimmt erkennbar Bezug auf die im vorhergehenden Absatz für den Verlust des Arbeitsplatzes geregelte Abfindungszahlung. Sie knüpft auch sprachlich hieran an („Darüber hinausgehende …“).

26

(3) Auch ein Arbeitnehmer muss die Klausel in diesem Sinne verstehen. Das Verständnis wird nicht durch juristische Fachbegriffe sprachlich erschwert. Die Bedeutung der Worte „Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche …, gleich aus welchem Rechtsgrund, bestehen nicht“, lässt für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer erkennen, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet sein soll, über die tarifliche Abfindung hinaus weitere etwaige Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche zu erfüllen.

27

(4) Eine solche Ausgleichsklausel ist im Arbeitsleben auch nicht ungewöhnlich, sondern durchaus üblich. Sie war in ähnlicher Form bereits Gegenstand einer Entscheidung des Senats, der sie in diesem Sinne ausgelegt hat (BAG 7. September 2004 - 9 AZR 612/03 - zu I 2 c der Gründe, AP HGB § 75 Nr. 11 = EzA HGB § 74 Nr. 66).

28

b) Aus der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB folgt kein anderes Ergebnis.

29

aa) Nach dieser Norm gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Hierfür muss nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleiben. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt mithin voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die nur entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 873/08 - Rn. 24, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 9 ; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 47, NZA 2011, 509).

30

bb) Der Inhalt der Ausgleichsklausel ist nach der hier gefundenen Auslegung, wie bereits ausgeführt, unzweifelhaft. Sie ist deshalb nicht unklar. Es wird schon nach ihrem Wortlaut ausreichend deutlich, dass keine weiteren Abfindungsansprüche des Arbeitnehmers bestehen sollen. Die Klausel ist zudem in ihrer Formulierung im Arbeitsleben üblich.

31

4. Die Klausel erfasst auch den aus betrieblicher Übung entstandenen Ausgleichsanspruch des Klägers. Tatsächliche Grundlage waren die Ausgleichsregelungen der Beklagten vom 25. Juli 1990 und 2. April 1992. Beide hatten die Überschrift „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ...“ (vgl. hierzu BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 4 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12 ). Die Auszahlung sollte nach Ziff. 4 der Regelung vom 25. Juli 1990 „steuerfrei … gemäß § 3 Absatz 9 EStG“ erfolgen. Dabei handelte es sich um Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses (§ 3 Nr. 9 EStG in der maßgeblichen Fassung). Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags betrifft, wie bereits ausgeführt, solche für den Verlust des Arbeitsplatzes vorgesehenen Abfindungsansprüche, und damit auch den streitgegenständlichen Ausgleichsanpruch.

32

5. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, ein Verzicht auf Altersversorgungsansprüche müsse eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 50, AP BetrAVG § 1 Nr. 63). Bei der hier streitigen Ausgleichszahlung handelt es sich nicht um einen Anspruch der betrieblichen Altersversorgung. Ein solcher liegt vor, wenn Leistungen der Alters-, der Invaliditäts- oder der Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden (BAG 16. März 2010 - 3 AZR 594/09 - Rn. 23, AP BetrAVG § 7 Nr. 116 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 93). Die von der Beklagten im Wege der Gesamtzusage versprochenen Leistungen knüpften nicht an eines der genannten Risiken an, sondern dienten dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes.

33

6. Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis ist entgegen der Auffassung der Revision Bestandteil des Altersteilzeitarbeitsvertrags geworden.

34

a) Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Arbeitnehmer mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil(BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 50, NZA 2011, 509). Klauseln im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB liegen dann vor, wenn ihnen ein Überrumpelungseffekt innewohnt, weil sie eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist um so eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 b cc (1) der Gründe, BAGE 114, 33).

35

b) Die Vereinbarung eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses war nach den Gesamtumständen nicht ungewöhnlich. Der Kläger musste damit rechnen.

36

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich der Überrumpelungseffekt nicht schon aus dem äußeren Erscheinungsbild des Altersteilzeitarbeitsvertrags. Es trifft zwar zu, dass die Ausgleichsklausel im Text unter der Überschrift „Abfindung“ enthalten und nicht drucktechnisch hervorgehoben ist. Dies war auch nicht notwendig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Text des Altersteilzeitarbeitsvertrags nur auf zwei Seiten verteilt ist und insgesamt eine Länge von etwas mehr als einer Seite aufweist. § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags hat nur drei kurze Absätze mit insgesamt drei Sätzen. Wegen dieser Kürze des Textes ist schon ausgeschlossen, den Arbeitnehmer mit einer versteckten Klausel zu überraschen. Zudem befindet sich die Klausel im Text unmittelbar hinter der geregelten Abfindungszahlung. Es ist deshalb kaum möglich, den Anspruch auf Abfindungszahlung ohne die Ausgleichsklausel zur Kenntnis zu nehmen.

37

bb) Ein Arbeitnehmer muss auch mit einer solchen Klausel rechnen. Die Parteien regelten in § 1 des Altersteilzeitarbeitsvertrags die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2008. Nur deshalb sollte die Abfindung nach § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags gezahlt werden. Es ist durchaus üblich und weder ungewöhnlich noch überraschend, in Beendigungsvereinbarungen Ausgleichs- oder Abgeltungsklauseln aufzunehmen (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 49, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

38

7. Die Bestandteil des Altersteilzeitarbeitsvertrags gewordene Klausel hält jedoch nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Sie ist wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

39

a) Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen.

40

aa) Diese Vorschrift bestimmt, dass ua. die Regelungen des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nur dann Anwendung finden, wenn durch Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Daraus wird die Kontrollfreiheit der vertraglichen Hauptleistungspflichten hergeleitet. Das Äquivalenzverhältnis im gegenseitigen Vertrag soll der Kontrolle entzogen werden (vgl. BGH 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10 - Rn. 26, BGHZ 187, 360). Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen aus Gründen der Vertragsfreiheit regelmäßig ebenso wenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt einer Inhaltskontrolle (vgl. BGH 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00 - zu I 1 c der Gründe, BGHZ 147, 354).

41

bb) Nach diesen Maßstäben unterliegt die Ausgleichsklausel der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Sie regelt weder Hauptleistungspflichten noch deren Teil, sondern ist kontrollfähige Nebenbestimmung.

42

(1) Ist die Beendigungsvereinbarung ein selbstständiges Rechtsgeschäft, bei dem die Hauptleistung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Verzicht auf zukünftige Ansprüche ist, kann die Beendigung als solche keiner vertraglichen Inhaltskontrolle und einer entsprechenden Angemessenheitsprüfung unterzogen werden (BAG 3. Juni 2004 - 2 AZR 427/03 - zu B IV 3 der Gründe; 27. November 2003 - 2 AZR 135/03 - zu B IV 3 der Gründe, BAGE 109, 22). Im Äquivalenzverhältnis stehen im Falle einer Beendigung gegen Abfindungszahlung jedoch lediglich die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und die Abfindungszahlung (Thüsing/Leder BB 2004, 42), nicht aber eine Ausgleichsklausel. Es kann dahinstehen, ob diese Kontrollfreiheit auch besteht, wenn die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nur Teil der Änderung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist. Als Teil eines Aufhebungsvertrags ist die Ausgleichsklausel nur Nebenabrede zur kontrollfreien Aufhebungsvereinbarung und Abfindungszahlung. Die eine Leistung nur begleitenden Klauseln, wie die Ausgleichsklausel, sind einer Kontrolle durch die Gerichte nicht entzogen (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 40).

43

(2) Die hier von der Beklagten aufgestellte Ausgleichsklausel stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung dar.

44

Hierzu ist es nicht erforderlich, dass eine AGB-Bestimmung von dispositivem Gesetzesrecht abweicht. Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind auch anerkannte, ungeschriebene Rechtsgrundsätze und Prinzipien(vgl. BGH 15. Juli 1997 - XI ZR 269/96 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 136, 261). Hierzu gehört das im Schuldrecht verankerte und anerkannte Äquivalenzprinzip. Es dient dazu, das ursprünglich von den Parteien festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erhalten. Dieses Gleichgewicht wird durch einseitigen Anspruchsverzicht oder -erlass gestört. Der Arbeitnehmer verliert ohne kompensatorische Gegenleistung Ansprüche, unabhängig davon, ob sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl. Thies Der Schutz des Arbeitnehmers bei Abschluss arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge S. 314 f.). Zudem folgt aus den Verjährungsvorschriften des § 194 ff. BGB, dass ein Anspruchshindernis erst nach geraumer Zeit eintreten kann. Hiervon weicht ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis ab; denn es führt dazu, dass der Anspruch ohne zeitliche Verzögerung untergeht (vgl. zu Ausschlussfristen: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 116, 66).

45

8. Die Ausgleichsklausel hält der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.

46

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 53, NZA 2011, 509).

47

b) Diese Voraussetzungen einer unangemessenen Benachteiligung sind erfüllt. Dies folgt daraus, dass der Arbeitnehmer einseitig und ohne kompensatorische Gegenleistung auf weitere Ausgleichsansprüche für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses verzichten soll.

48

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat zu einer einseitigen nur für Ansprüche des Arbeitnehmers geltenden Ausschlussfrist angenommen, der Arbeitgeber versuche damit missbräuchlich, sein eigenes Interesse an einer raschen Klärung offener Ansprüche ohne angemessenen Ausgleich durchzusetzen. Diese Benachteiligung des Arbeitnehmers sei sachlich nicht zu begründen. Es sei nicht ersichtlich, dass es für den Arbeitgeber schwerer möglich sei als für den Arbeitnehmer, Ansprüche durchzusetzen. Die einseitig den Arbeitnehmer treffende Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüchen und der bei Fristversäumnis nur für den Arbeitnehmer vorgesehene völlige Anspruchsverlust widersprächen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 5 b dd (2) der Gründe, BAGE 115, 372).

49

bb) Diese Grundsätze gelten erst recht für Ausgleichsklauseln, die einen unmittelbaren Verlust von Ansprüchen bewirken sollen und damit den Arbeitnehmer noch stärker belasten als Ausschlussfristen. Bei Ausschlussfristen besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, während der Frist seine Ansprüche durchzusetzen; bei einer Verzichtserklärung, durch die die Frist „auf Null“ gesetzt wird (Preis DB 2006, 2812, 2815), besteht diese Möglichkeit nicht.

50

cc) Einen angemessenen Ausgleich gewährt der vorliegende Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht. Die in seinem § 3 Abs. 2 angeführte Abfindung begründet keinen neuen Anspruch, sondern verweist nur deklaratorisch auf die „Grundlage von § 10 des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22.09.2000“. Die Belange des Arbeitnehmers werden damit nicht angemessen berücksichtigt. Ihm werden Ansprüche genommen, ohne dass dem eine entsprechende Gegenleistung des Arbeitgebers gegenübersteht (vgl. für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage ohne notwendige Kompensation: BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59).

51

dd) Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Anspruchsverlust betreffe vorliegend nicht, wie regelmäßig bei Ausschlussfristen, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sondern nur Abfindungs- und abfindungsähnliche Ansprüche. Zwar kann eine unangemessene Benachteiligung ausgeschlossen sein, wenn eine Klausel nur geringfügige Ansprüche des Arbeitnehmers betrifft. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zeigt allerdings, dass wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, nicht geringfügig sein können. Gerade bei Beendigungsvereinbarungen sind Abfindungs- und Ausgleichsansprüche für den Verlust des Arbeitsplatzes von wesentlicher Bedeutung.

52

ee) Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis belastet zudem einseitig nur den Arbeitnehmer. Nach § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags sollen über die im vorstehenden Absatz beschriebene tarifliche Abfindung keine darüber hinausgehenden Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen. Damit wird deutlich, dass nur Ansprüche des Arbeitnehmers betroffen sein sollen; denn Abfindungs- und abfindungsähnliche Ausgleichsansprüche des Arbeitgebers sind kaum denkbar. Eine Gegenleistung des Arbeitgebers ist, wie bereits dargelegt, nicht vereinbart. Es kann dahinstehen, ob Arbeitnehmer einseitig ihrem Arbeitgeber bestimmte Ansprüche auch formularmäßig und ohne Kompensation erlassen können. Dies würde aber zumindest voraussetzen, dass sich die Klausel auf die dem Arbeitnehmer bekannten Ansprüche beschränkt und diese konkretisiert sind. Zumindest an Letzterem fehlt es. Die Ausgleichsklausel benennt nicht den streitgegenständlichen aus betrieblicher Übung entstandenen Ausgleichsanspruch.

53

c) Die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB gebotene Berücksichtigung der Besonderheiten im Arbeitsrecht führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sind im Arbeitsrecht Ausgleichsklauseln in verschiedenen Formen üblich (vgl. BAG 19. November 2008 - 10 AZR 671/07 - Rn. 32, AP ZPO § 448 Nr. 7 = EzA ZPO 2002 § 448 Nr. 2). Es gibt aber keine Gründe, Ausgleichsklauseln generell trotz ihres möglichen Überraschungseffekts, ihrer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers und ihrer möglichen Intransparenz für wirksam zu erachten. Aus der Üblichkeit allein folgt weder die Rechtmäßigkeit noch die Angemessenheit einer Klausel, die „an sich“ in Formularverträgen unzulässig ist. Ansonsten würde zu Unrecht die bisherige Üblichkeit von Ausgleichsquittungen rechtfertigend berücksichtigt, wenn dem Arbeitgeber als Verwender ohne begründete und billigenswerte Interessen und ohne Gegenleistung zugestanden würde, mit vorformulierten Klauseln bestehende Ansprüche des Arbeitnehmers zum Erlöschen zu bringen (vgl. LAG Düsseldorf 13. April 2005 - 12 Sa 154/05 - zu B II 3 der Gründe, LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 7).

54

B. Der Kläger hat erst ab 4. Dezember 2008 Anspruch auf Zinsen. Er macht Prozesszinsen geltend („seit Klageerhebung“). Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, er könne schon seit dem 3. Dezember 2008 Prozesszinsen beanspruchen. Die Verzinsungspflicht für Prozesszinsen beginnt nach §§ 291, 187 Abs. 1 BGB erst mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, die hier am 3. Dezember 2008 eintrat (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 64 mwN, BAGE 127, 367).

55

C. Da die Berufung der Beklagten zurückzuweisen ist, verbleibt es im Ergebnis bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen. Das teilweise Unterliegen des Klägers hinsichtlich der erhobenen Zinsforderung ist geringfügig und hat auf die Bildung der Kostenquote keinen Einfluss, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Merte    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 4. September 1981 als Sozialpädagoge bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Vertrag vom 1. August 1982 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

㤠4

        

Der Arbeitnehmer erhält eine Bruttovergütung in Höhe von DM 3.400,-, zahlbar spätestens am Ende eines jeden Monats. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer anzugebendes Konto.

        

Mit der vereinbarten Vergütung sind etwa anfallende Überstunden pauschal abgegolten.

        

Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

        

...     

        

§ 15

        

Vertragsänderungen und -ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

3

Der Kläger erhielt mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt. Für das Jahr 2006 erfolgte die Zahlung in zwölf Monatsraten nachträglich im Laufe des Jahres 2007. Für das Jahr 2007 erstritt sich der Kläger die Zahlung durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 8. Oktober 2008 (- 3 Ca 175/08 -).

4

Mit Schreiben vom 28. November 2008 wies der Beklagte auf eine angespannte wirtschaftliche Situation hin und bot dem Kläger drei Modelle über eine verringerte Zahlung und/oder veränderte Auszahlungsmodalitäten an. Der Kläger lehnte dies ab, worauf keine Zahlung für das Jahr 2008 erfolgte. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24. Dezember 2008 zur Zahlung auf.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags habe nicht verhindern können, dass ihm ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung erwachsen sei. Die Klausel sei unklar und widersprüchlich.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.956,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen eine Leistung in einem Vertrag überhaupt nicht zugesagt und erwähnt werde, § 307 BGB insoweit keine Anwendung finden könne, da es sich nicht um eine vertragliche Leistung handele. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags sei ausreichend, um das für die betriebliche Übung erforderliche Vertrauensmoment nicht entstehen zu lassen. Selbst wenn § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags als in sich widersprüchliche Regelung unwirksam sei, behalte die restliche Regelung nach dem sog. Blue-pencil-Test ihre Bedeutung als wirksamer Vorbehalt.

8

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für das Jahr 2008.

10

I. Der Beklagte hat mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt an den Kläger ausgezahlt. Dadurch ist ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.

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1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat.

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a) Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine verbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164).

13

b) Auch wenn es an einer betrieblichen Übung fehlt, weil beispielsweise der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 17, AP BGB § 151 Nr. 5).

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2. Der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt ist - abgesehen von der Frage des arbeitsvertraglichen Vorbehalts (dazu unter I 3) - Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden.

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a) Die seit mehr als 20 Jahren im November erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), sowie unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass der Beklagte sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: JbArbR Bd. 47 S. 93, 112). Da der Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt noch auf den vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste der Kläger auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt: vgl. Annuß FS Picker S. 861, 865). Vom Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ging offensichtlich auch der Beklagte aus; anders kann der Inhalt des Schreibens vom 28. November 2008 kaum gedeutet werden. Ein Angebot auf Vertragsänderung zur teilweisen Beseitigung oder Umgestaltung eines Anspruchs ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Anspruch besteht. Auch die Bezeichnung als „13. Gehalt“ spricht für einen Anspruch.

16

Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstanden ist - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ohne allerdings entsprechende Feststellungen zu treffen - oder aufgrund konkludenten Verhaltens ausschließlich im Verhältnis der Parteien.

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b) Dem Anspruch steht die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung oder das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17, BAGE 126, 364 [betriebliche Übung]; vgl. 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 25, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17 [konkludente Vertragsänderung]).

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3. Ebenso wenig steht dem Anspruch der Vorbehalt aus § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vertragliche Formulierung das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts nicht ausschließen konnte. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Zahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel ist wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Darüber hinaus benachteiligt ein derartig weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

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a) Bei der vom Beklagten in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, aaO).

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b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, aaO). Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; vgl. 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285).

21

c) Die im Streitfall formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, ZTR 2011, 547; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Eine solche Situation ist bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig gegeben.

23

bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags formuliert, dass im(schriftlichen) Vertrag nicht vereinbarte Leistungen freiwillig sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Allerdings enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags darüber hinaus den für sich genommen klaren Hinweis, dass auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben solle. Einen solchen Vorbehalt hat der Senat als ausreichend angesehen, um einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung auszuschließen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43 [Vorbehalt bei Zahlung]; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164 [Vorbehalt im Formulararbeitsvertrag]).

24

cc) Die Klausel in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist aber deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 1 darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Der Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 113, 140).

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Dem Landesarbeitsgericht ist in der Annahme zu folgen, dass in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, sodass der Arbeitgeber sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen kann (noch offengelassen in BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen solchen Begriff, so darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.

26

dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klausel nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt aufrechterhalten bliebe.

27

Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

28

Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils der Klausel kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 37 f., AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).

29

d) Darüber hinaus benachteiligt der in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.

30

aa) Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass nicht nur Freiwilligkeitsvorbehalte, die bei der jeweiligen Zahlung erklärt werden, sondern auch vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte dazu führen können, dass das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung zu verstehen ist. Vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte wurden grundsätzlich als wirksam im Hinblick auf eine Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB angesehen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils um Ansprüche auf Leistungen, die als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet waren, auch wenn die Vertragsklauseln teilweise auch andere Leistungen erfassten (zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14 f., BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 14 f.; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185).

31

bb) Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann (kritisch auch Däubler/Bonin/Deinert/ Bonin 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 200 ff.; ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 68; Kittner/Zwanziger/Deinert 6. Aufl. § 11 Rn. 135a, 224; aA bei Gratifikationen DFL/Löwisch 4. Aufl. § 308 BGB Rn. 4; Henssler/Moll AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen S. 35; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 508 ff.; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 56 Rn. 7; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 67). Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.

32

cc) Unabhängig hiervon muss diese Rechtsprechung in den Fällen eingeschränkt werden, in denen ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind.

33

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33, BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

34

(2) Der Vorbehalt in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lässt eine Auslegung zu, wonach er alle zukünftigen, im Vertrag nicht unmittelbar vereinbarten Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll.

35

Der Vorbehalt bezieht sich nach seinem Wortlaut auf alle im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. August 1982 nicht vereinbarten Leistungen. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um laufende Leistungen oder einmalige Sonderzahlungen handeln soll; eine Konkretisierung auf bestimmte Leistungen oder zumindest auf eine bestimmte Art von Leistungen ist nicht enthalten. Ebenso wenig wird auf den Entstehungsgrund der Leistung abgestellt. Der Wortlaut erfasst sowohl Fälle der betrieblichen Übung als auch konkludente, zB auf einer Gesamtzusage beruhende Vereinbarungen und sogar ausdrückliche vertragliche Einzelabreden. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt nicht dahingehend auslegen, dass damit allein das Entstehen einer betrieblichen Übung hinsichtlich bestimmter Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Aus dem Wortlaut der Regelung ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Auch aus den übrigen vertraglichen Regelungen lässt sich aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine Beschränkung auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung nicht erkennen. Zwar ist eine solche Auslegung möglich; ebenso nahe liegend erscheint aber eine dem Wortlaut entsprechende weiter gefasste Auslegung. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; auch st. Rspr. des BGH, vgl. zB 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

36

(3) Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für außerhalb der früheren vertraglichen Vereinbarungen gezahltes laufendes Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

37

Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt widerspricht dem Zweck des Arbeitsvertrags. Dem Arbeitgeber soll damit ermöglicht werden, vom Arbeitnehmer die vollständige Erbringung der geschuldeten Leistung zu verlangen und seinerseits über die von ihm geschuldete Gegenleistung zu disponieren. Damit verhindert der Ausschluss des Rechtsanspruchs die Verwirklichung des Prinzips der Vertragsbindung und löst die synallagmatische Verknüpfung der Leistungen beider Vertragsparteien. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den unter einem Vorbehalt stehenden Leistungen nicht um die eigentliche Grundvergütung, sondern um eine zusätzliche Abgeltung der Arbeitsleistung in Form einer Zulage oder sonstiger laufender Leistungen handelt (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182; Schaub/Linck § 35 Rn. 70 f.).

38

(4) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt auch darin, dass der vertragliche Vorbehalt spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB erfasst.

39

Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Individualabreden können grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. zu § 4 AGBG: BGH 6. März 1986 - III ZR 234/84 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1986, 1807). Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind (BGH 21. September 2005 - XII ZR 312/02 - zu 2 a der Gründe, BGHZ 164, 133). Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. auch zur doppelten Schriftformklausel: BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 39, BAGE 126, 364).

40

(5) Darüber hinaus weicht eine solche Regelung von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140). Dies gilt auch für nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen kann nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden.

41

(6) Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB(vgl. dazu zB BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 29, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11), die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere, weil es dem Arbeitgeber unschwer möglich ist, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären (vgl. Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 70 Rn. 44, 71; Reinhard NJW 2011, 2317).

42

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

43

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.