Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Juni 2015 - 6 Sa 671/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0609.6SA671.14.0A
bei uns veröffentlicht am09.06.2015

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 01. Oktober 2014 - 5 Ca 372/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich).

2

Der am 30. Mai 1951 geborene Kläger war in der Zeit vom 01. März 1977 bis 30. April 2013 bei den US-Stationierungsstreitkräften in P als Elektrotechniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden zumindest kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des TV AL II und der TV SozSich Anwendung. Bei einer Eingruppierung in die Lohn- und Gehaltsgruppe C5a/E bezog der Kläger zuletzt ein tarifliches Grundgehalt von 3.299,81 Euro. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30. April 2013 durch arbeitgeberseitige Kündigung nebst Zahlung einer Sozialplanabfindung wegen der Schließung der Dienststelle des Klägers. Vom 01. Mai bis 31. Oktober 2013 war der Kläger in der Transfergesellschaft der US-Streitkräfte beschäftigt. Vom 01. November 2013 bis 30. April 2014 bezog er Arbeitslosengeld I. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 01. Mai 2013 monatlich Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TVSozSich in Höhe von zuletzt - ohne Berücksichtigung des Zuschusses für die Gruppenversicherung - 2.232,83 Euro brutto.

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Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

4

§ 4
Überbrückungsbeihilfe

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1. Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt

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a) zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

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b) zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

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Protokollnotiz zu Ziffer 1a:

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Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

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§ 8
Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

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1. Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

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c) nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

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Der Kläger, der sich im Zeitraum seiner Arbeitslosigkeit auf verschiedene Stellen beworben hatte, zeigte der Beklagten an, dass er ab 01. April 2014 ein Arbeitsverhältnis mit der Firma M P T GmbH in Dahn begründet habe und legte einen vom 01. April 2013 datierenden, nicht unterzeichneten Arbeitsvertrag vor (Bl. 37 f. d. A.), nach dessen Wortlaut der Kläger zum angegebenen Zeitpunkt bei einer Bruttomonatsvergütung von 900,00 Euro und einer regelmäßigen Arbeitszeit von 21,5 Wochenstunden als Mitarbeiter in Werkstatt, Büro und Lager eingestellt sein sollte.

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Die individuelle Hinzuverdienstgrenze des Klägers bei Bezug einer 2/3-Teilrente nach § 42 SGB VI beträgt 1.361,52 Euro monatlich. Mit Vollendung des 63. Lebensjahrs könnte er daher ab 01. Juni 2014 trotz des von ihm angegebenen Verdienstes bei der Firma M P T GmbH eine 2/3 Rente beantragen und beanspruchen. Ab 01. Juni 2014 stellte die Beklagte die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe an den Kläger ein.

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Der Kläger hat am 03. Juli 2014 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern Klage auf Feststellung erhoben, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch über den 31. Mai 2014 hinaus Überbrückungsbeihilfe nach dem TVSozSich zu zahlen. Im Lauf des Verfahrens erster Instanz hat er zudem die Überbrückungsbeihilfe für die Monate Juni, Juli und August 2014 beziffert eingeklagt.

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Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der von der Beklagten außergerichtlich behauptete enge zeitliche Zusammenhang zwischen möglichem (Voll-) Rentenbezug und Beginn des Arbeitsverhältnisses iSd. der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - liege nicht vor. Er habe auf jeden Fall noch arbeiten wollen, sich daher intensiv um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert und sich - ergebnislos - auch auf berufsfremde Stellen beworben. Das schließlich von ihm am 01. April 2014 auf der Grundlage eines unterzeichneten Arbeitsvertrages (Bl. 74 f. d. A) aufgenommene Arbeitsverhältnis bei einer nicht tarifgebundenen und als Kleinbetrieb geltenden Arbeitgeberin weise angesichts seiner Tätigkeit im Bereich Funktionsüberprüfungen, Umbauarbeiten und/oder Reparaturarbeiten, aber auch Hilfsarbeiten im Lager - wie aus den zur Akte gereichten Abrechnungen (Bl. 75 ff. d. A.) ersichtlich - kein unübliches oder gar sittenwidriges Gehalt auf und sei auch nicht rechtsunwirksam. Er sei nicht rentenberechtigt im Sinne des § 8 TV SozSich, da die Vorschrift nach der Historie und der Gesamtsystematik auf Teilrenten nicht anwendbar sei. Auch die Informationsblätter der Beklagten hätten auf nichts anderes hingewiesen. Die Überbrückungsbeihilfe solle dazu dienen, entlassene Arbeitnehmer wieder in ein Arbeitsverhältnis zu bringen und finanzielle Nachteile hierdurch vermeiden. Dem stehe die Berücksichtigung des möglichen Bezugs einer Teilrente entgegen. Eine gegenteilige Entscheidung habe auch das Bundesarbeitsgericht nicht getroffen.

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Der Kläger hat zuletzt beantragt,

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1. festzustellen, dass ihm in Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 900,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit 21,5 Wochenstunden) im zum 01. April 2014 mit der Firma M P T GmbH begründeten Arbeitsverhältnis ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrages zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht;

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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.398,49 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.232,83 Euro vom 01. Juli bis 31. Juli 2014, aus 4.265,66 Euro vom 01. August bis 31. August 2014 und aus 6.398,49 Euro ab dem 01. September 2014 zu zahlen.

23

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, es werde mit Nichtwissen bestritten, dass es sich beim vom Kläger vorgelegten, nicht unterzeichneten Arbeitsvertrag nicht um einen Scheinarbeitsvertrag handele, da der Kläger im Gütetermin mitgeteilt habe, er arbeite in seinem angestammten Beruf, was nach dem Gehaltstarifvertrag für die Beschäftigten der pfälzischen Metall- und Elektroindustrie eine Stundenvergütung für Facharbeiter (E6) von 18,44 Euro brutto (ab Mai 2014) bedeute, während der Stundenlohn des Klägers nur 9,62 Euro brutto betrage. Vor dem Hintergrund des sittenwidrig niedrigen Lohns sei die Feststellungsklage nicht geeignet, einen Folgeprozess zu vermeiden und daher unzulässig. Hilfsweise werde die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages wegen sittenwidrig niedrigen Lohns und die wegen der angeblich vereinbarten 21,5 Wochenstunden rechtsmissbräuchliche Arbeitsvertragsgestaltung eingewandt, weshalb es jedenfalls an einer Anknüpfungsleistung für die Überbrückungsbeihilfe fehle. Die Klage sei wegen der Möglichkeit des Klägers, ab 01. Juni 2014 eine vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch zu nehmen (§§ 33 Abs. 2 Nr. 2, 36 Abs. 2, 236 SGB VI) und dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Begründung des angeblichen Arbeitsverhältnisses und Rentenberechtigung unter Berücksichtigung von § 162 BGB unbegründet. Außerdem stehe dem Anspruch des Klägers auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 TV SozSich der mögliche Bezug einer 2/3-Teilrente entgegen. Die tarifliche Bestimmung beziehe sich auch auf eine vorgezogene Altersrente und damit auch auf ebenfalls Altersrenten darstellende Teilrenten; die Überbrückungsbeihilfe werde nur subsidiär gewährt und diene nicht der Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente. Dass es bei Abschluss des Tarifvertrags noch keine Teilrenten gegeben habe, stehe nicht entgegen.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01. Oktober 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei auch hinsichtlich des Antrages zu 1) zulässig, da der Streit zwischen den Parteien erschöpfend geklärt werden könne, nachdem der Kläger zuletzt seinen Feststellungsantrag ausdrücklich auf die mit der neuen Arbeitgeberin vereinbarten Arbeitsbedingungen bezogen habe. Auch wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TV SozSich gegeben seien, habe der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1c TV SozSich zum 01. Juni 2014, als dem Zeitpunkt geendet, in dem der Kläger eine 2/3-Teilrente habe beziehen können. Dies ergebe der anhand einer Auslegung der tarifvertraglichen Vorschrift zu ermittelnde Sinn und Zweck der Überbrückungsbeihilfe unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Darüber, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Aufnahme der neuen Tätigkeit des Klägers bei seinem Arbeitgeber und der Möglichkeit des Bezugs einer Vollrente vorgelegen habe, der einen Anspruch auf Weiterzahlung von Überbrückungsbeihilfe zum Erliegen bringen würde, brauche daher nicht mehr befunden zu werden. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 94 ff. d. A. verwiesen.

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Der Kläger hat gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 07. November 2014 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 05. Dezember 2014 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2014, bei Gericht eingegangen am 19. Dezember 2014, begründet.

28

Der Kläger macht zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift (Bl. 120 ff. d. A.) und der Schriftsätze vom 11. Februar 2015 (Bl. 147 ff. d. A.) und 22. Mai 2015 (Bl. 177 ff. d. A), auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend,

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ein Teilrentenanspruch lasse den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nicht entfallen, da der Berechtigte - anders als bei Vollrenten darstellenden Renten nach ALG-Bezug und SB-Renten - gerade nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. Vielmehr werde dem Teilzeitarbeitsverhältnis vom Tarifvertrag ein großes Gewicht beigemessen. Das erstinstanzliche Gericht habe auch die jahrzehntelange Handhabung bei der Beklagten außer Acht gelassen, nach der Teilzeitarbeitnehmer trotz Teilrentenberechtigung immer Überbrückungsbeihilfe erhalten hätten. Alle Merkblätter und Erläuterungen der Beklagten vor August 2014 wiesen Teilrenten nicht als anspruchsbeendend aus. Entsprechend seien auch alle Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlaufen und entsprechend seien auch die Auskünfte bei der ADD Kaiserslautern gewesen. Im an den Kläger gerichteten Schreiben vom 02. Juli 2013 heiße es, der Kläger werde voraussichtlich am 01. Mai 2013 Leistungen nach § 4 TV SozSich erhalten und der Anspruchszeitraum ende mit Ablauf des Monates, in dem der Kläger die Voraussetzungen zum Bezug einer Altersrente (§§ 35 bis 37 und 236 - 237 SGB VI) erfülle. Weder sei § 42 SGB VI zitiert, noch eine Teilrente erwähnt worden. Auch die Erläuterungen der Beklagten zum TV SozSich seien erst im August 2014 hinsichtlich eines Anspruchsverlustes bei Teilrentenanspruch ergänzt worden. Es gehe nicht darum, eine als unzureichend empfundene Rente aufzustocken. Anhaltspunkte für ein Scheinarbeitsverhältnis lägen nicht ansatzweise vor, zumal seit 01. November 2014 die regelmäßige Wochenarbeitszeit bei einer Bruttomonatsvergütung von nunmehr 1.046,00 Euro auf 25 Stunden erhöht worden sei. Das Bundesarbeitsgericht habe - obgleich möglich und naheliegend - zu keinem Zeitpunkt entschieden, dass die Möglichkeit eines Teilrentenbezugs den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe entfallen lasse.

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Der Kläger beantragt zuletzt,

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1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 01. Oktober 2014 - Az.: 5 Ca 372/14 - wird abgeändert.

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2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst 1046,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit 25 Wochenstunden) im zum 01. April 2014 mit der Firma M P T GmbH begründeten Arbeitsverhältnis ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrages zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

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3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.398,49 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.232,83 Euro vom 01. Juli bis 31. Juli 2014, aus 4.265,66 Euro vom 01. August bis 31. August 2014 und aus 6.398,49 Euro ab 01. September 2014 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 30. Januar 2015 (Bl. 137 ff. d. A.) und ihres Schriftsatzes vom 09. März 2015 (Bl. 171 ff. d. A.), hinsichtlich derer jeweils auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,

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es werde angesichts des behaupteten niedrigen Verdienstes des nach eigenen Bekundungen im Gütetermin in seinem angestammten Beruf tätigen Klägers weiter mit Nichtwissen bestritten, dass dieser tatsächlich einer Arbeit nachgehe. Der Kläger erfülle mit dem möglichen Teilrentenbezug den Ausschlusstatbestand nach § 8 Ziff. 1 Buchstabe c TV SozSich, der allgemein auf ein vorgezogenes Altersruhegeld abstelle, was auch eine Teilrente einschließe. Auch bei einer Vollrente gebe es die Möglichkeit einer Nebenbeschäftigung. Der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe solle jedoch nicht ein als unzureichend empfundenes Altersruhegeld durch „Auffüllung“ absichern. Eine derartige soziale Absicherung sei vielmehr bereits mit dem Bezug der Teilrente gegeben. Auch wenn es die Möglichkeit der Teilrente bei Abschluss des Tarifvertrages noch nicht gegeben habe, ändere nichts, zumal die Tarifvertragsparteien den TV SozSich nicht geändert hätten. Eine untergeordnete Teilnahme am Erwerbsleben solle ab dem Zeitpunkt einer möglichen Rentenberechtigung nicht (mehr) gefördert werden. Es sei zwar zutreffend, dass sie in der Vergangenheit über einen Anspruchsausschluss bei Teilrenten nicht informiert habe, dies ändere aber am Ergebnis nichts, da der Kläger nicht dargelegt habe, inwieweit er schutzwürdiges Vertrauen getätigt habe. In den Merkblättern der Beklagte habe eine Willenserklärung in Form einer Zusage jedenfalls nicht gelegen; gleiches gelte für das Schreiben vom 02. Juli 2013. Unabhängig davon sei sie jedoch infolge des aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Auftrags für die Verwaltung, rechtmäßige Zustände herzustellen, gehindert, sehenden Auges unberechtigte Forderungen mit Steuermitteln zu erfüllen, nachdem das Bundesarbeitsgerichts in der mündlichen Verhandlung in Sachen 6 AZR 383/12 und in die dortige Entscheidung auch Teilrenten einbezogen habe. Die vorherige Verwaltungspraxis sei unzutreffend gewesen, weshalb ein Anspruch auf Gleichbehandlung ausgeschlossen sei. Hilfsweise werde rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers eingewendet (§§ 162, 242 BGB), da er lediglich zwei Monate vor der (Voll-) Rentenberechtigung ein Arbeitsverhältnis aufgenommen habe, welches nur knapp oberhalb der Mindestarbeitszeit von 20 Wochenstunden liege. Im Übrigen müsse sich der Kläger - ein Arbeitsverhältnis unterstellend - angesichts des sittenwidrig niedrigen Lohns das anrechnen lassen, was er habe verdienen können.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

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I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 07. November 2014 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 05. Dezember 2014 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2014, bei Gericht eingegangen am 19. Dezember 2014, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO), insbesondere hat sich der Kläger hinreichend mit den tragenden Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt. Ungeachtet der Tatsache, dass die Berufungsbegründungsschrift sich nach Auffassung der Berufungskammer ohnehin in ausreichendem Maß auch mit anderen Klaggründen als den Bestimmungen des TV SozSich befasst, ist die Berufung jedenfalls bereits ordnungsgemäß begründet, weil sie sich eingehend mit dem vom Arbeitsgericht (allein) beschiedenen Klaggrund - dem tarifvertraglichen Anspruch - beschäftigt hat (vgl. RG 12. November 1935 - II 103/35 - RGZ 249, 202 (205); vgl. auch BGH 15. Februar 1971 - III ZR 188/67 - Rn. 7).

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II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger nach dem 01. Juni 2014 die streitige Überbrückungsbeihilfe zu zahlen. Der Anspruch ergibt sich weder aus den Bestimmungen des TV SozSich, noch aus betrieblicher Übung, noch als Schadensersatzanspruch. Vor diesem Hintergrund bleibt sowohl dem infolge bestehenden Feststellungsinteresses zulässigen (vgl. BAG 19. März 2013 - 6 AZR 383/12 - Rn. 9, zitiert nach juris) Feststellungsantrag als auch dem bezifferten Leistungsantrag des Klägers - in zuletzt für die betroffenen Monate rechnerisch unstreitiger Höhe - der Erfolg versagt.

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1. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Beklagte nach den Bestimmungen des TV SozSich die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe rechtswirksam mit dem 31. Mai 2014 eingestellt hat.

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1.1. Es ist zunächst - entgegen der Auffassung der Beklagten - davon auszugehen, dass das vom Kläger angeführte Arbeitsverhältnis zur M P T GmbH eine anderweitige Beschäftigung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich darstellt und der Kläger ab 01. April 2014 und daher auch über den 31. Mai 2014 hinaus grundsätzlich diese tarifliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erfüllt.

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a) Gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich wird Überbrückungsbeihilfe gezahlt zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte. Ausweislich der Protokollnotiz zu Ziff. 1a liegt eine anderweitige Beschäftigung nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt. Die Protokollnotiz legt wirksam eine Mindestbeschäftigungsdauer von mehr als 21 Stunden für ein nach § 4 Ziff. 1. Buchst a TV SozSich berücksichtigungsfähiges Arbeitsverhältnis fest; die Differenzierung, die die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zwischen Arbeitnehmern, die mehr als 21 Stunden arbeiten, und solchen, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 21 Stunden oder weniger beträgt, zur Folge hat, ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG sowie Art. 3 Abs. 1 GG, der durch § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG konkretisiert wird, gerechtfertigt(BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 - Rn. 17, zitiert nach juris). Entgelt, das aus einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des Tarifvertrags nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen, wenn die Beschäftigung erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründet wurde; in einem solchen Fall besteht der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr; die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - Rn. 15, zitiert nach juris). Nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB muss sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte allerdings etwa dann so behandeln lassen, als sei er rentenberechtigt, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind und eine Rentenberechtigung deshalb nicht mehr vorliegt(vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - Rn. 14, aaO).

45

b) Gemessen hieran ist ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ab 01. April 2014 entstanden.

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aa) Angesichts des vom Kläger in unterzeichneter Fassung vorgelegten Arbeitsvertrages, der ebenfalls zur Akte gereichten Lohnabrechnungen und jeglicher fehlender tatsächlicher Anhaltspunkte für ein vorgetäuschtes Arbeitsverhältnis vermag die Berufungskammer die Zweifel der Beklagten an der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses durch den Kläger und dessen Beschäftigung nicht zu teilen. Ihr Vortrag, der Kläger beziehe einen angesichts der üblichen tariflichen Vergütung sittenwidrig niedrigen Lohn, nachdem er im Gütetermin mitgeteilt habe, in seinem angestammten Beruf als Elektrotechniker zu arbeiten, begründet derartige Zweifel nicht. Der Kläger ist nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag als Mitarbeiter in Werkstatt, Büro und Lager eingestellt. Selbst wenn er daher auch Tätigkeiten eines Elektrotechnikers wahrnehmen sollte, ist er arbeitsvertraglich verpflichtet, ebenso andere - niedriger vergütete - Arbeiten auszuführen. Dementsprechend hat sich der Kläger auch darauf berufen, Tätigkeiten im Bereich Funktionsüberprüfungen, Umbauarbeiten und/oder Reparaturarbeiten, aber auch Hilfsarbeiten im Lager zu verrichten. Tatsachen neben der angegebenen Äußerung im Gütetermin, die die Vermutung der Beklagten stützen würden, der Kläger arbeite ausschließlich als Elektrotechniker, vermochte die Berufungskammer nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Argumentation der Beklagten zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages wegen sittenwidrig niedriger Vergütung als unbehelflich.

47

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht deshalb keine anderweitige Beschäftigung iSd. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich dar, weil die mit ursprünglich 21,5 Stunden vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die in der Protokollnotiz vorgesehene Mindestbeschäftigungsdauer nur knapp überschritten hat. Die tarifvertraglich vorgesehene Grenzziehung bei 21 Stunden knüpft unmittelbar an den sachlichen Grund, eine Anreizwirkung zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu schaffen, an (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 - Rn. 22, zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund ist die vorliegende arbeitsvertragliche Gestaltung nicht zu beanstanden. Darauf, dass der Kläger seine Arbeitszeit zuletzt nach eigenem Vortrag auf 25 Stunden aufgestockt hat, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

48

cc) Das vom Kläger eingegangene Arbeitsverhältnis stellt auch nicht deshalb keine anderweitige Beschäftigung iSv. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich dar, weil Entgelt, das aus einer erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen ist. Der Kläger hat sein Arbeitsverhältnis zum 01. April 2014 und damit zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem er Rente noch nicht hätte beantragen können. Ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus bestand für den Kläger zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Betrieb der neuen Arbeitgeberin daher nicht. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis vor diesem Hintergrund nicht als anderweitige Beschäftigung im Sinne der Tarifnorm zu betrachten sein sollte. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis immerhin zwei Monate vor Vollendung des 63. Lebensjahrs begründet hat (die Berufungskammer geht davon aus, dass das Datum des vom Kläger zur Akte gereichten Arbeitsvertrags - 01. April 2013 - (Bl. 74 f. d. A.) hinsichtlich der Jahreszahl einen Schreibfehler enthält), nachdem er während seiner mehrmonatigen Arbeitslosigkeit zuvor vergeblich eine anderweitige Beschäftigung gesucht hatte, besteht auch keine Veranlassung, dem Kläger die Berufung auf das neue Beschäftigungsverhältnis nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB insgesamt zu verwehren.

49

1.2. Der Anspruch des Klägers auf Überbrückungsbeihilfe ist jedoch mit Ablauf des 31. Mai 2014 erloschen. Überbrückungsbeihilfe wird nach § 8 Nr. 1 Buchst. c TV SozSich nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger erfüllte ab 01. Juni 2014 die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Tarifnorm.

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1.2.1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - Rn. 25, zitiert nach juris). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, zitiert nach juris). Ausgehend von diesem Regelungszweck endet der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung und zwar auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht; darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - Rn. 12; 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f, jeweils zitiert nach juris). Sind die Hinzuverdienstgrenzen überschritten, besteht eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich allerdings nicht (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 -, Rn. 12, aaO).

51

1.2.2. Der Kläger hat nach Vollendung seines 63. Lebensjahres am 30. Mai 2014 unstreitig die Möglichkeit, unter Berücksichtigung seiner individuellen Hinzuverdienstgrenze - neben der seit 01. April 2014 bestehenden Beschäftigung und dem daraus erzielten Verdienst - eine 2/3-Teilrente nach §§ 36 Satz 2, 34 Abs. 3 Ziff. 2 Buchst. c iVm. § 42 Abs. 1 und 2 SGB VI in Anspruch zu nehmen. Damit ist sein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c TV SozSich mit Ablauf des 31. Mai 2014 entfallen. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass mit der Möglichkeit des Bezugs einer 2/3-Teilrente nach §§ 36 Satz 2, 34 Abs. 2, 3 Ziff. 2 Buchst. c iVm. § 42 Abs. 1 und 2 SGB VI die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Tarifnorm erfüllt sind. Hiervon ist das Arbeitsgericht mit zutreffender und sorgfältiger Begründung ausgegangen.

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a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 904/13 - Rn. 27; 18. Februar 2014 - 3 AZR 808/11 - Rn. 29; 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN; jeweils zitiert nach juris).

53

b) Ausgehend hiervon besteht eine den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe zum Erlöschen bringende Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich auch dann, wenn unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenze die Voraussetzungen einer vorgezogenen 2/3-Teilrente nach §§ 36 Satz 2, 34 Abs. 2, 3 Ziff. 2 Buchst. c iVm. § 42 Abs. 1 und 2 SGB VI gegeben sind.

54

aa) § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich knüpft für das Entfallen eines Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe an das Vorliegen der Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung an. Damit unterscheidet die Tarifnorm nach ihrem Wortlaut, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 12. Februar 2015 - 10 AZR 72/14 - Rn. 2015. Mai 2013 - 10 AZR 319/12 - Rn. 33; jeweils zitiert nach juris), nicht zwischen einer Rentenberechtigung in Form einer Vollrente und einer solchen als Teilrente. Renten wegen Alters sind nach § 33 Abs. 2 SGB VI die Regelaltersrente, die Altersrente für langjährig Versicherte, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, sowie die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und die Altersrente für Frauen. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte ist gemäß § 36 Satz 2 SGB VI nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich. Gemäß § 42 Abs. 1 SGB VI können Versicherte eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch nehmen. Die Teilrente beträgt nach § 42 Abs. 2 SGB VI ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der erreichten Vollrente. Anspruch auf eine Rente wegen Alters besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird; sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt (§ 34 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI). § 34 Abs. 3 Ziff. 2 SGB VI regelt unterschiedliche Hinzuverdienstgrenzen für 1/3-, halbe oder 2/3-Teilrenten. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen führt nicht immer zum Verlust des gesamten Anspruchs auf Altersrente; da die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze davon abhängig ist, in welcher Höhe die Teilrente geleistet wird, entfällt der Anspruch auf die Altersrente nur, wenn auch die höchste Hinzuverdienstgrenze (für die Teilrente von einem Drittel der Vollrente) überschritten wird; der Anspruch auf die jeweils niedrigere Teilrente bleibt erhalten, wenn die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze für diese Teilrente nicht überschritten wird (Kasseler Kommentar zum SozversR - Gürtner 84. EL 2014 § 34 Rn. 42). Ausgehend von diesem System der gesetzlichen Rentenversicherung sind damit vom Verweis in § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich grundsätzlich auch Teilrenten, damit eine 2/3-Rente, und zwar auch im Hinblick auf die vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte, die der der Kläger unstreitig beanspruchen könnte, umfasst.

55

bb) Diese am Wortlaut orientierte Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

56

Bei einer Überbrückungsbeihilfe handelt es sich um eine außergewöhnliche, im Arbeitsleben wenig verbreitete Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt, nicht aber ein nach Beendigung des Erwerbslebens zustehendes, als unzureichend empfundenes Altersruhegeld ergänzt werden soll. Trotz unterschiedlicher Rentenarten und möglicherweise unterschiedlicher Rentenhöhen haben die Tarifvertragsparteien den Ausschluss des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe typisierend an die Berechtigung zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung geknüpft. Die Änderungen im gesetzlichen Rentensystem nahmen sie nicht zum Anlass, den Tarifvertrag zu ändern. Die Überbrückungsbeihilfe soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien dem Arbeitnehmer bis zur Wiedereingliederung bzw. dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben einen angemessenen Lebensunterhalt sichern. Sie soll für einen begrenzten Zeitraum die Überbrückung der Nachteile ermöglichen, die sich aus einem geringeren oder veränderten Erwerb ergeben. Nach § 3 Nr. 1 TV SozSich soll der Arbeitnehmer möglichst sofort wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden. Erfüllt er die Voraussetzungen für den Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes, besteht kein Bedürfnis für die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe zur Unterstützung der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente auf Grund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, mwN, vgl. auch BAG 19. Dezember 2012 - 6 AZR 383/12 - Rn. 15; BAG 06. Oktober 2011 - 6 AZN - 815/11 - Rn. 13, jeweils zitiert nach juris).

57

Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass ein Sicherungsbedarf mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegeben ist (vgl. BAG 06. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, zitiert nach juris). Dass sie sich damit dem System der gesetzlichen Rentenversicherung unterworfen haben, ist bei der Auslegung der Tarifnormen, die die Voraussetzungen für Bezug und Entfall des Anspruchs auf Überbrückungsbeilhilfe regeln, zu berücksichtigen. Nach der gesetzlichen Regelung steht dem Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - die individuelle Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente nach §§ 36 Satz 2, 34 Abs. 2, 3 Ziff. 2 Buchst. c SGB VI nicht überschreitet, neben dem von ihm erzielten Verdienst eine 2/3-Rente zu. Da die tarifliche Regelung auf den mit Beginn des Rentenanspruchs nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien nicht mehr bestehenden Sicherungsbedarf abstellt, lässt die wirtschaftliche Absicherung durch Verdienst und 2/3-Rente den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe entfallen. Dass die Vorschriften des TV SozSich grundsätzlich zum Ziel haben, betroffene Arbeitnehmer in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern, steht dem nicht entgegen, da der nach der den Tarifvertragsparteien zustehenden Einschätzungsprärogative hiermit zugleich verbundene Sicherungsbedarf mit dem frühestmöglichen Rentenbezug endet. Die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 06. Oktober 2011 - 6 AZN - 815/11 - Rn. 23, aaO mwN).

58

2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung.

59

2.1. Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60 mwN, zitiert nach juris). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60 mwN, aaO). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 11. November 2014 - 3 AZR 349/11 - Rn 53 f., zitiert nach juris; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 61 mwN).

60

Für Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes gelten diese Grundsätze nicht uneingeschränkt. Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel gilt Normvollzug (BAG 11. Oktober 1995 - 5 AZR 802/94 - Rn. 31, zitiert nach juris). Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss deshalb grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich - tarifvertraglich oder gesetzlich - verpflichtet ist. Der Arbeitnehmer kann selbst bei langjährigen Leistungen nicht ohne zusätzliche konkrete Anhaltspunkte annehmen, ein gezahltes übertarifliches Entgelt oder die Gewährung sonstiger Vergünstigungen sei Vertragsbestandteil geworden und werde auf Dauer weiter gewährt (BAG 01. November 2005 - 1 AZR 355/04 - Rn. 28, zitiert nach juris; 11. Oktober 1995 - 5 AZR 802/94 - aaO mwN).

61

2.2. Gemessen hieran kann der Kläger seinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nicht aus betrieblicher Übung ableiten. Insbesondere die vom Kläger mit der Berufung vertretene Argumentation, die Beklagte habe in der Vergangenheit jahrzehntelang stets auch Mitarbeitern mit Berechtigung zum Teilrentenbezug Überbrückungsbeihilfe gewährt, begründet einen solchen Anspruch nicht. Die Beklagte ist als Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes im Zweifel an den Grundsatz des Normvollzuges gebunden, weshalb der Kläger als ihr Arbeitnehmer davon ausgehen musste, dass sie nur Leistungen gewährt, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist. Besondere Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte mit Bindungswillen über die Bestimmungen des TV SozSich hinausgehend Leistungen an ihre Mitarbeiter erbringen wollte und die das Vertrauen hätten begründen können, dass die Übung Vertragsinhalt geworden sei, hat der Kläger nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund war mit einer Korrektur von fehlerhafter Rechtsanwendung durch die Beklagte zu rechnen.

62

3. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes (§ 280 Abs. 1 BGB iVm. § 241 Abs. 2 BGB) zu.

63

3.1. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Wird eine solche Pflicht verletzt, so kann der andere Vertragspartner Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei obliegt dem Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/11 - Rn. 62, zitiert nach juris). Erteilt der Arbeitgeber Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 -, Rn. 27, mwN, zitiert nach juris). Er hat unaufgefordert über alle Umstände zu informieren, die dem Arbeitnehmer unbekannt, aber für Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsvertrags erheblich sind (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/11 - Rn. 62, zitiert nach juris). Weitergehende Aufklärungs- und Hinweispflichten können sich im Einzelfall ergeben (vgl. zB BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - Rn. 57; 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - Rn. 32, jeweils zitiert nach juris). Insbesondere die schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten kann dabei zu einem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens führen. Der Geschädigte ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten. Auch die Hervorrufung eines berechtigten Vertrauens zB in die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 21 mwN, zitiert nach juris) oder die Gewährung einer bestimmten Leistung (BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 22 [Gewährung von Aktienoptionen], zitiert nach juris) kann einen solchen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens begründen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die vom Geschädigten vorgenommene Handlung kausal auf die Schädigungshandlung zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität; vgl. dazu BAG 18. August 2011 - 8 AZR 220/10 - Rn. 40, zitiert nach juris) (vgl. insgesamt BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/11 - Rn. 62, aaO).

64

3.2. Der Kläger, der die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, hat bereits eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten in diesem Sinne nicht ausreichend dargelegt. Die Informationen, die die Beklagte dem Kläger nach seinen Angaben im Hinblick auf einen etwaigen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erteilt hat, waren nicht falsch. Nach dem Vortrag des Klägers haben weder die Informationsblätter der Beklagten, noch die Erläuterungen der Beklagten zum TV SozSich in der damaligen Fassung Aussagen über die anspruchsbeendende Wirkung von Teilrenten getroffen. Gleiches gilt nach den Angaben des Klägers für die Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Damit fehlt es bereits an der Erteilung einer Information zu diesem Thema. Auch aus dem vom Kläger zitierten Schreiben vom 02. Juli 2013, in dem ihm mitgeteilt worden ist, er werde voraussichtlich am 01. Mai 2013 Leistungen nach § 4 TV SozSich erhalten und der Anspruchszeitraum ende mit Ablauf des Monates, in dem der Kläger die Voraussetzungen zum Bezug einer Altersrente (§§ 35 bis 37 und 236 - 237 SGB VI) erfülle, ergibt sich nichts anderes. Es kann hierbei dahinstehen, dass die Mitteilung an den Kläger durch die Formulierung „voraussichtlich“ bereits keine Zusagen in irgendeiner Form enthält. Jedenfalls wird durch die Bezugnahme auf § 36 Satz 2 SGB VI die Möglichkeit einer vorgezogenen Altersrente ausdrücklich erwähnt. Eines gesonderten Hinweises auf sämtliche gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die vorgezogene Altersrente bedurfte es nach Auffassung der Berufungskammer nicht. Welches anderweitige Verhalten der Beklagten ein berechtigtes Vertrauen beim Kläger hervorgerufen hätte, dass ihm Überbrückungsbeihilfe auch im Falle der möglichen Inanspruchnahme einer vorgezogenen 2/3-Teilrente zustehen würde, vermochte die Berufungskammer nicht zu erkennen. Soweit er sich erstinstanzlich - ohne nähere Eingrenzung nach Ort und Zeit - darauf berufen hat, in den Gesprächen mit Mitarbeitern seien wiederholt im Zusammenhang mit dem Bezug auf Übergangsbeihilfe gesagt worden, wenn man einen Job habe, könne man bis ins normale Rentenalter „durchschaffen“, vermochten auch solche allgemein gehaltenen Aussagen - ihre Richtigkeit unterstellt - keine Zusage im Einzelfall darzustellen. Hiergegen spricht bereits, dass auch der Kläger nicht in Abrede stellt, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe etwa entfällt, wenn der voll Rentenberechtigte monatlich nicht mehr als 450,00 Euro verdient und damit die Hinzuverdienstgrenze des § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI nicht überschreitet. Da die Beklagte sich zudem hinsichtlich der Auslegung von § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich in Bezug auf einen möglichen Teilrentenbezug auf einen Rechtsirrtum berufen hat, ist zudem insgesamt ein Verschulden nicht ersichtlich. Auch der Kläger behauptet kein irreführendes Verhalten der Beklagten wider besseres eigenes Wissen.

65

3.3. Selbst wenn man eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten bei ihren Mitteilungen zum Entfallen des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe im Falle eines Teilrentenbezugs unterstellt, hat der Kläger nicht dargelegt, dass diese kausal für den geltend gemachten Schaden gewesen wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass für seine Entscheidung, ein Arbeitsverhältnis zur M P T GmbH zu den angegebenen Konditionen einzugehen, unterstellt schuldhaft fehlerhafte oder unvollständige Informationen der Beklagten ursächlich war. Die Berufungskammer anerkennt zweifellos die vom Kläger schriftsätzlich betonte Absicht, er habe auf jeden Fall noch arbeiten wollen und daher zahlreiche Bemühungen auf der Suche nach einem neuen Arbeitsverhältnis unternommen, vermochte angesichts dieser Umstände jedoch ohne weitere Anhaltspunkte nicht anzunehmen, dass der Kläger sein aktuelles Arbeitsverhältnis nicht aufgenommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass er neben seinem Verdienst und der 2/3-Teilrente keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr hat.

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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 4 Verbot der Diskriminierung


(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. E

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 34 Voraussetzungen für einen Rentenanspruch


(1) Versicherte und ihre Hinterbliebenen haben Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 35 Regelaltersrente


Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und2. die allgemeine Wartezeit erfüllthaben. Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 33 Rentenarten


(1) Renten werden geleistet wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes. (2) Renten wegen Alters sind 1. Regelaltersrente,2. Altersrente für langjährig Versicherte,3. Altersrente für schwerbehinderte Menschen,3a. Altersrent

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236 Altersrente für langjährig Versicherte


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet und2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllthaben. Die vorzeitige Inanspruchnahme di

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 36 Altersrente für langjährig Versicherte


Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 67. Lebensjahr vollendet und2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllthaben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 42 Vollrente und Teilrente


(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen. (2) (weggefallen) (3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme e

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Juni 2015 - 6 Sa 671/14 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen.

(2) (weggefallen)

(3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente ihre Arbeitsleistung einschränken wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeiten einer solchen Einschränkung erörtert. Macht der Versicherte hierzu für seinen Arbeitsbereich Vorschläge, hat der Arbeitgeber zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Renten werden geleistet wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes.

(2) Renten wegen Alters sind

1.
Regelaltersrente,
2.
Altersrente für langjährig Versicherte,
3.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
3a.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte,
4.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
sowie nach den Vorschriften des Fünften Kapitels
5.
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit,
6.
Altersrente für Frauen.

(3) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind

1.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
2.
Rente wegen voller Erwerbsminderung,
3.
Rente für Bergleute.

(4) Renten wegen Todes sind

1.
kleine Witwenrente oder Witwerrente,
2.
große Witwenrente oder Witwerrente,
3.
Erziehungsrente,
4.
Waisenrente.

(5) Renten nach den Vorschriften des Fünften Kapitels sind auch die Knappschaftsausgleichsleistung, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und Witwenrente und Witwerrente an vor dem 1. Juli 1977 geschiedene Ehegatten.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen.

(2) (weggefallen)

(3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente ihre Arbeitsleistung einschränken wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeiten einer solchen Einschränkung erörtert. Macht der Versicherte hierzu für seinen Arbeitsbereich Vorschläge, hat der Arbeitgeber zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

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III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen.

(2) (weggefallen)

(3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente ihre Arbeitsleistung einschränken wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeiten einer solchen Einschränkung erörtert. Macht der Versicherte hierzu für seinen Arbeitsbereich Vorschläge, hat der Arbeitgeber zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 3. September 2013 - 7 Sa 484/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Dynamisierung der Beiträge zu einer zur Durchführung der Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung.

2

Der im September 1954 geborene Kläger ist bei dem Beklagten tätig und seit dem 1. Oktober 1980 im Rettungsdienst beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1983 zugrunde. Dieser bestimmt auszugsweise:

        

㤠1

        

Herr H K

        

wird ab 01.10.1980 als Angestellter im Rettungsdienst beschäftigt.

        

…       

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages vom 18.12.1982 für die Angestellten des Arbeiter-Samariter-Bundes Landesverband Bayern e.V. und den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 5

        

Der Beginn der Beschäftigungszeit wird auf den 01.10.1980 festgesetzt.“

3

Seit dem 1. Juli 1981 besteht für den Kläger bei der G Versicherung eine Kapitalversicherung mit einer Laufzeit bis zum 1. Juli 2017.

4

Am 23. April 1985 einigten sich die Gewerkschaft ÖTV auf der einen und der Arbeiter-Samariter-Bund - Landesverband Bayern - auf der anderen Seite nach längeren Verhandlungen auf einen Tarifvertrag über eine betriebliche Altersversorgung für Angestellte/Arbeiter des ASB, Landesverband Bayern (im Folgenden: TV Altersversorgung). Dieser bestimmt auszugsweise:

        

㤠1

        

Geltungsbereich

        

1.    

Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für alle Dienststellen des Arbeiter-Samariter-Bundes, Landesverband Bayern.

                 

Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für alle Arbeitnehmer, die in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zum Arbeiter-Samariter-Bund, Landesverband Bayern e.V. stehen und Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind.

                 
        

§ 2

        

Umfang der betrieblichen Altersversorgung

        

Arbeitnehmer, die die Voraussetzung für die BAV (betriebliche Altersversorgung) nach § 4 dieses Tarifvertrages erfüllen, sind durch den Arbeitgeber in Form einer Direktversicherung gemäß § 1 Abs. 2 AVG, § 4 b EStG und § 40 b EStG zu versichern. Der Versicherungsschutz beinhaltet eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall sowie eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

                 
        

§ 3

        

Aufbringung der Mittel

        

Die betriebliche Altersversorgung wird durch Beiträge des Arbeitgebers finanziert.

                 
        

§ 4

        

Persönliche Voraussetzung und Beginn der Versicherung

        

1.    

Der in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Arbeiter-Samariter-Bund, Landesverband Bayern, stehende Arbeitnehmer ist im Rahmen der BAV zu versichern, wenn er

                 

a)    

zum Fälligkeitstag des Abschlusses von Direktversicherungen das 25. Lebensjahr vollendet hat.

                          

(Als Fälligkeitstage werden der 1. Juni und 1. Dezember eines jeden Jahres festgelegt,)

                          

und     

                 

b)    

zum jeweiligen Fälligkeitstag drei Jahre beim Arbeiter-Samariter-Bund, Landesverband Bayern, beschäftigt war. Dabei zählen bei der Erfüllung dieser Wartezeit Wehrdienst-, Wehrersatzdienstzeiten, Zeiten des Mutterschutzes gemäß den gesetzlichen Bestimmungen als Dienstzeit (§ 6 ArbplSchG, §§ 3 u. 6 MSchG) sowie Zeiten nach dem Gesetz über den Mutterschaftsurlaub mit, und

                 

…       

        
        

§ 5

        

Ende der Beitragszahlungspflicht des Arbeitgebers

        

1.    

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Beitragszahlung endet mit dem Eintritt des Versicherungsfalles.

                 

Der Versicherungsfall tritt ein bei

                 

a)    

Erreichen der vertraglich vereinbarten Altersgrenze (Fälligkeitstag, der der Vollendung des 60. Lebensjahres folgt).

                          

Bei Versicherungen, die am 1. Juni eines jeden Jahres begonnen haben, ist dieses der 1. Juni des Jahres, in dem die Versicherung abläuft; bei Versicherungen, die am 1. Dezember eines Jahres begonnen haben, ist dies der 1. Dezember des Ablaufjahres.

        

…       

                 
        

§ 9

        

Höhe der dynamischen Versorgungsleistung

        

1.    

Der ASB-Landesverband Bayern schließt für jeden Arbeitnehmer, der die im § 4 genannten Voraussetzungen erfüllt, eine Kapitallebensversicherung auf das 60. Lebensjahr in Höhe des gewichteten Rentenbarwertes einer 0,25%-igen Altersrente incl. einer 60%-igen Witwen- bzw. Witwerrente pro tatsächlichem und noch möglichem Dienstjahr sowie eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab.

        

2.    

Als anrechnungsfähige Dienstzeit (Beschäftigungszeit) gilt die Zeit ab Abschluß des Arbeitsverhältnisses bis zum 60. Lebensjahr.

        

3.    

Die Bezugsgröße für die Berechnung nach Absatz 1 ist das zum Stichtag des Abschlusses von Direktversicherungen errechenbare jährliche Bruttogehalt gemäß § 20 Abs. 1 Manteltarifvertrag, in der Fassung des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld des Arbeitnehmers im jeweiligen Kalenderjahr.

        

4.    

Die Berufungsunfähigkeitsrente pro Jahr beträgt 12 % der nach Ziffer 3 errechneten Kapitalversicherungssumme.

        

5.    

Die aus der Kapitallebensversicherung resultierenden Gewinnanteile werden ausschließlich zur Verbesserung der Versicherungsleistung verwendet.

                 

Die aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung resultierenden Gewinnanteile werden ausschließlich zur Erhöhung laufender Berufsunfähigkeitsrenten verwendet. Wenn die Berufsunfähigkeitsrente bis zum Fälligkeitstag der Kapitallebensversicherung nicht in Anspruch genommen wird, werden die aufgelaufenen Gewinnanteile der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zusammen mit der Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung ausgezahlt.

                 

Damit ist die Anpassungspflicht der laufenden Leistungen gemäß § 16 BetrAVG abgegolten.

                 
        

§ 10

        

Ansprüche des Versicherten

        

Die Ansprüche des Versicherten richten sich nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG), diesem Tarifvertrag, nach dem Versicherungsvertrag sowie nach den AVB des Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherers. Die Versicherungspolice (Versicherungsvertrag) und die allgemeinen Versicherungsbedingungen des Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherers zum Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherung werden dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Abschluß ausgehändigt.

        

…       

        

§ 14

        

Inkrafttreten/Außerkrafttreten

        

1.    

Der Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 1. Juni 1985 in Kraft.“

5

In Durchführung des Tarifvertrags wurde vom Arbeiter-Samariter-Bund Landesverband Bayern e. V. am 12. Juni 1985 mit der V Lebensversicherung AG ein Gruppenversicherungsvertrag abgeschlossen. Darin ist der Vertragsbeginn auf den 1. Juni 1985 festgelegt. Als Vertragsstichtag wurden der 1. Juni und 1. Dezember (eines jeden Jahres) genannt. Der Gruppenversicherungsvertrag (im Folgenden: GVV) bestimmt auszugsweise:

        

„I    

Besondere Vereinbarungen

        

§ 1

Personenkreis

        

1.    

Zu Vertragsbeginn werden Teilversicherungen abgeschlossen auf das Leben derjenigen Personen, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

                 

a)    

sie stehen in einem versicherungspflichtigen unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Versicherungsnehmer

                 

b)    

sie haben bei Versicherungsbeginn das 25. Lebensjahr vollendet

                 

c)    

sie stehen seit mindestens 3 Jahren in den Diensten des Versicherungsnehmers

                 

d)    

sie haben eine arbeitsvertragliche durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit von mindestens 50 % der regelmäßigen arbeitstariflichen Arbeitszeit

        

2.    

Nach Vertragsbeginn werden jeweils zum nächstfolgenden Vertragsstichtag Teilversicherungen abgeschlossen auf das Leben derjenigen Personen, die zum Personenkreis gemäß Ziffer 1 hinzugekommen sind.

                          
        

§ 2

Versicherungsform

        

1.    

Die einzelnen Teilversicherungen sind

                 

Todes- und Erlebensfallversicherung nach dem Gruppenversicherungstarif D 11 B der V.

                 

Die Versicherungssumme wird unverzüglich nach dem Tod der versicherten Person, spätestens aber zum Ablauf der Versicherung gezahlt.

                 

Die Teilversicherung läuft an dem Vertragsstichtag des Kalenderjahres ab, in dem die versicherte Person das 60. Lebensjahr vollendet.

                 

Der Vertragsstichtag ist der Stichtag, zu dem die Teilversicherung abgeschlossen worden ist.

        

2.    

Eingeschlossen ist die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gemäß Anlage 1 zur Sicherstellung der Beitragsfreiheit im Falle von Berufsunfähigkeit und der Berufsunfähigkeitsrente.

                          
        

§ 3

Höhe der versicherten Leistungen

        

1.    

Die Höhe der versicherten Leistungen wird in Abhängigkeit von den anrechenbaren Bezügen und der anrechenbaren Dienstzeit festgesetzt.

                 

-       

Anrechenbare Bezüge sind das jährliche Bruttogehalt gemäß § 20 Absatz 1 Manteltarifvertrag zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld zu Versicherungsbeginn und danach zu jedem entsprechenden Vertragsstichtag.

                 

-       

Anrechenbare Dienstzeit ist die Zeit vom Diensteintritt bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres.

        

2.    

Die sich hiernach ergebende Altersrente ist maßgeblich für die Höhe der versicherten Leistungen. Sie beträgt

                 

0,25 % der anrechenbaren Bezüge.

                 

Der so ermittelte Betrag wird mit der anrechenbaren Dienstzeit multipliziert.

        

3.    

Die Versicherungssumme ist gleich dem Barwert der Altersrente mit Anwartschaft auf 60 % Witwen-/Witwerrente abzüglich der Versicherungssumme aus bereits vor Vertragsbeginn abgeschlossenen Direktversicherungen.

                 

Der Barwert der Altersrente ist der nach den Richttafeln von Dr. Klaus Heubeck mit einem Zinsfuß von 6 % p.a. zum Alter 60 ermittelte versicherungstechnische Wert der Altersrente mit Anwartschaft auf 60 % Witwen-/Witwerrente.

        

4.    

Die versicherte jährliche Berufsunfähigkeitsrente beträgt 12 % der Versicherungssumme.

                          
        

§ 4

Art und Fälligkeit der Beiträge

                 

Alle Beiträge sind gleichbleibende Jahresbeiträge.

                 

Die Beiträge sind zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres zu zahlen, d.h. für Teilversicherungen, die an einem 1.6. abgeschlossen worden sind, zu jedem 1.6. und für Teilversicherungen, die an einem 1.12. abgeschlossen worden sind, zu jedem 1.12.

                 

Die Beitragszahlung endet zum Ablauf der Versicherung. Sie endet vorher, wenn die versicherte Person stirbt oder während des Bestehens der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung berufsunfähig wird.“

6

Für den Kläger wurde im Jahr 1985 zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem TV Altersversorgung bei der V Lebensversicherung AG unter der Versicherungsnummer G eine Lebensversicherung abgeschlossen.

7

Unter dem 14. Juni 1991 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Änderungstarifvertrag über eine betriebliche Altersversorgung für Angestellte/Arbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes, Landesverband Bayern vom 23. April 1985. Dieser bestimmt in seinen §§ 1 und 2:

        

㤠1

        

In § 4 Nr. 1 a des genannten Tarifvertrages werden die Fälligkeitstage 1. Juni und 1. Dezember in 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres geändert.

        

§ 2

        

Diese Änderung tritt am 01.06.1991 in Kraft.“

8

Ein nicht datiertes Schreiben des vormaligen Geschäftsführers des Arbeiter-Samariter-Bundes Landesverband Bayern e. V., B, das nach dem Vorbringen des Beklagten den Mitarbeitern nicht bekannt gegeben wurde, lautet auszugsweise:

        

§ 7 Höhe der Versorgungsleistungen

        

Die Berechnung der Versicherungssumme können Sie selbst relativ einfach nachvollziehen, wenn Sie sich an das folgende Schema halten:

        

Die Höhe der Versicherungssumme wird im wesentlichen durch 2 Faktoren bestimmt:

        

a)    

die insgesamt maximal mögliche Dienstzeit (das ist die Zeit, vom Eintritt in die Dienste des ASB bis zum 60. Lebensjahr)

                 

und     

        

b)    

das Gehalt gem. § 20 Abs. 1 MTV zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld, das aufgrund der Dynamisierung nach § 9 Abs. 3 Tarifvertrag jährlich neu gemeldet und in die Berechnung einbezogen wird.“

9

Bis ins Jahr 1999 wurden die jährlich vom Arbeitgeber zu zahlenden Versicherungsbeiträge an das jeweils zum Stichtag bezogene aktuelle Gehalt angepasst. Ab dem Jahr 2000 wurde eine solche Dynamisierung des Versicherungsbeitrags nicht mehr vorgenommen. Der Versicherungsbeitrag, der für das jeweilige Versicherungsjahr aufgewendet wurde, lag danach unverändert bei 698,02 Euro jährlich.

10

Mit Schreiben vom 3. März 2011 forderte der Kläger den Beklagten auf, die zu seinen Gunsten an die V Lebensversicherung AG abzuführenden Versicherungsbeiträge auch nach dem Jahr 1999 ausgehend von seinem jeweils erzielten Jahresverdienst zu ermitteln und an die Versicherung abzuführen. Dies hat der Beklagte abgelehnt.

11

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Beklagte sei aufgrund des TV Altersversorgung verpflichtet, auch nach dem Jahr 1999 eine Dynamisierung der Jahresbeiträge entsprechend des jeweiligen aktuellen Jahreseinkommens vorzunehmen. Diese Verpflichtung ergebe sich aus § 9 TV Altersversorgung, jedenfalls aus betrieblicher Übung und aus dem Schreiben des früheren Landesgeschäftsführers B. Sie folge zudem aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Arbeitskollegen, die hinsichtlich des Gehalts und des Geburtsjahrs und damit der Laufzeit des Versicherungsvertrags vergleichbar seien, erhielten höhere Versicherungsleistungen.

12

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an die V Lebensversicherung AG sein jährliches Bruttoentgelt zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld für die einzelnen Kalenderjahre im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2010 zu melden und den für diesen Zeitraum für das jeweilige Versicherungsjahr auf der Grundlage seines nachgemeldeten jeweiligen Bruttoentgelts von der V Lebensversicherung AG jeweils zu berechnenden Differenzbetrag aus neuem Versicherungsbeitrag und bereits aufgewendetem Versicherungsbeitrag für den für ihn unter der Versicherungsnummer G bestehenden Versicherungsvertrag zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte über den 31. Dezember 2010 hinaus verpflichtet ist, den jährlich für ihn aufzuwendenden Versicherungsbeitrag für den bei der V Lebensversicherung AG unter der Versicherungsnummer G bestehenden Versicherungsvertrag anzupassen, indem er das jährliche Bruttoentgelt zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld an die V Lebensversicherung AG meldet und den für das jeweilige Versicherungsjahr auf der Grundlage des jeweiligen Bruttojahresentgelts von der V Lebensversicherung AG jeweils zu berechnenden Versicherungsbeitrag zahlt,

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.,

        

3.    

festzustellen, dass § 9 Nr. 1 iVm. Nr. 3 des Tarifvertrags über eine betriebliche Altersversorgung für Angestellte/Arbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes, Landesverband Bayern, vom 23. April 1985, eine Dynamisierung der Versorgungsleistungen dahingehend enthält, dass der Berechnung der Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsvertrag bei der V Lebensversicherung AG als ein Unternehmen der E Versicherungsgruppe, mit der Vertragsnummer G, das im Zeitpunkt des Todes- oder Erlebensfalles oder des Eintritts einer Berufsunfähigkeit, sein jeweils aktuelles jährliches Bruttogehalt gemäß § 20 Abs. 1 MTV idF des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld für das jeweilige Kalenderjahr zugrunde zu legen ist,

        

4.    

festzustellen, dass die gemäß des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer G bei der V Lebensversicherung AG, als ein Unternehmen der E Versicherungsgruppe, bestehende und im Erlebensfall mit Vollendung seines 60. Lebensjahres am 27. September 2014 auszuzahlende Versicherungssumme anhand seines im Kalenderjahr 2014 bezogenen Bruttojahresgehaltes gemäß § 20 Abs. 1 MTV in der Fassung des jeweils gültigen Tarifvertrages zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld für das jeweilige Kalenderjahr zu berechnen ist.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger geführte Berufung zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist hinsichtlich des Hauptantrags zu 1. und der Hilfsanträge zu 3. und 4. unzulässig. Hinsichtlich des Hauptantrags zu 2. ist die Revision zulässig, aber unbegründet.

16

I. Soweit sich die Revision gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Hauptantrag zu 1. und die Hilfsanträge zu 3. und 4. richtet, ist sie mangels der erforderlichen Begründung unzulässig.

17

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dabei muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Bei mehreren Streitgegenständen muss bei einer unbeschränkt eingelegten Revision für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt, sodass mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand gleichzeitig auch dargelegt ist, inwiefern die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 11; 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 14 mwN).

18

2. Danach genügt die Revisionsbegründung hinsichtlich des abgewiesenen Hauptantrags zu 1. und der Hilfsanträge zu 3. und 4. nicht den gesetzlichen Anforderungen und die Revision ist insoweit unzulässig.

19

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich des Hauptantrags zu 1. mit der Begründung zurückgewiesen, der Antrag sei unzulässig, da er nicht bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sei. Der Kläger begehre mit dem Antrag eine Geldleistung, die zu beziffern sei, woran es vorliegend fehle. Der Hauptantrag zu 2. sei unbegründet, dem Kläger stünde der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Hilfsanträge zu 3. und 4. seien unzulässig, denn ihnen fehle das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO. Wie die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls zu berechnen sei, ergebe sich aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Beklagten und der Versicherung. Da Letztere am Rechtsstreit nicht beteiligt sei, könne ein Urteil im vorliegenden Rechtsstreit für die Versicherung nicht bindend sein und deshalb zur Klärung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht beitragen.

20

b) Der Kläger hat gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts unbeschränkt Revision eingelegt, die Revision allerdings nur im Hinblick auf die Abweisung des Hauptantrags zu 2. begründet. Soweit mit der Revision die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Hauptantrag zu 1. und die Hilfsanträge zu 3. und 4. angegriffen wird, fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den insoweit vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründungen. Mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Hauptantrag zu 1. sei nicht bestimmt und den Hilfsanträgen zu 3. und 4. fehle das erforderliche Feststellungsinteresse, befasst sich die Revisionsbegründung vom 23. Dezember 2013 an keiner Stelle. Folglich fehlt jede Auseinandersetzung mit den tragenden Begründungen des Landesarbeitsgerichts zur Unzulässigkeit des Hauptantrags zu 1. und der Hilfsanträge zu 3. und 4.

21

II. Die Revision ist - soweit sie zulässig ist - unbegründet. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 2. zulässig, aber unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf jährliche Anpassung der Beitragsleistung für die Versicherung G bei der V Lebensversicherung AG hat. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem TV Altersversorgung noch aus dem undatierten Schreiben des früheren Landesgeschäftsführers oder betrieblicher Übung. Ebenso wenig folgt er aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

22

1. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 2. zulässig.

23

a) Mit dem Antrag will der Kläger festgestellt wissen, dass der Beklagte über den 31. Dezember 2010 hinaus verpflichtet ist, bis zum Eintritt des Versorgungsfalls entsprechend seinem jährlichen Bruttoeinkommen einschließlich des tariflichen Weihnachts- und Urlaubsgelds Versicherungsbeiträge zugunsten der für ihn bei der V Lebensversicherung AG abgeschlossenen Kapitallebensversicherung G zu entrichten und damit erreichen, dass der gewählte Durchführungsweg Direktversicherung eingehalten wird. Der Kläger hat zwar die Beschränkung auf den Eintritt des Versorgungsfalls nicht in den Antrag aufgenommen. Diese ergibt sich jedoch aus seiner Klagebegründung.

24

b) Es kann dahinstehen, ob der Kläger an dieser Feststellung das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hat, denn das ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung(BAG 12. Februar 2003 - 10 AZR 299/02 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 104, 324). Die Klage ist jedoch - dazu unter Rn. 25 ff. - unbegründet. Es ist deshalb vorliegend unerheblich, ob der Versorgungsfall bereits zum 1. Dezember 2014 eingetreten ist oder erst am 1. Juni 2015 eintreten wird und welche Auswirkungen das auf das Feststellungsinteresse hat.

25

2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Dynamisierung der Versicherungsbeiträge zu seiner Direktversicherung.

26

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Dynamisierung der Versicherungsbeiträge für die Versicherung G bei der V Lebensversicherung AG nach § 9 TV Altersversorgung, der aufgrund von § 2 des Arbeitsvertrags Anwendung findet. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

27

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 18. Februar 2014 - 3 AZR 808/11 - Rn. 29; 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN).

28

bb) Danach ergibt sich aus § 9 TV Altersversorgung kein Anspruch auf jährliche Dynamisierung des Versicherungsbeitrags.

29

(1) Der Wortlaut von § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung ist - entgegen der Auffassung des Klägers - eindeutig. Danach ist die Bezugsgröße für die Berechnung der Leistungen nach § 9 Abs. 1 TV Altersversorgung - und abhängig davon auch der nach § 3 TV Altersversorgung vom Arbeitgeber abzuführenden Beiträge - das zum Stichtag des Abschlusses von Direktversicherungen errechenbare jährliche Bruttogehalt gemäß § 20 Abs. 1 Manteltarifvertrag, in der Fassung des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrags, zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld des Arbeitnehmers im jeweiligen Kalenderjahr. Damit stellt § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung auf das Jahreseinkommen in dem Jahr ab, in dem die jeweilige Kapitallebensversicherung für den einzelnen Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 TV Altersversorgung abgeschlossen wird, dh. den nach § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung festgelegten „Fälligkeitstag“ für den Abschluss der Versicherung.

30

Mit § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung wird entgegen der Auffassung des Klägers ein einmaliger Zeitpunkt für den Abschluss der Versicherung für den berechtigten Arbeitnehmer festgelegt. Aus der Regelung ergibt sich nicht, dass das Jahresgehalt jährlich neu der Versicherung zu melden und der Beitrag entsprechend anzupassen ist. § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung bestimmt die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Arbeitnehmer Anspruch auf Abschluss einer Direktversicherung zu seinen Gunsten hat. Dazu muss er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten stehen, zum Fälligkeitstag des Abschlusses von Direktversicherungen das 25. Lebensjahr vollendet haben, zum jeweiligen Fälligkeitsdatum (1. Juni oder 1. Dezember) eine Betriebszugehörigkeit von drei Jahren aufweisen und arbeitsvertraglich eine Arbeitszeit von mindestens der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit vereinbart haben und nicht aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert sein, seinen dienstlichen Obliegenheiten nachzukommen. Aus diesen Regelungen lässt sich nicht ableiten, dass das Jahreseinkommen jährlich neu der Berechnung der Versicherungsleistung und damit auch der Versicherungsbeiträge zugrunde gelegt werden soll. Vielmehr legt die Bestimmung fest, wann die Versicherung abzuschließen ist, nachdem die tariflichen Voraussetzungen vorliegen. Der Begriff des Fälligkeitstags hat nicht die Bedeutung, dass damit der Tag gemeint ist, an dem jährlich die Beiträge an die Versicherung abgeführt werden, sondern bezeichnet ausschließlich den Tag, zu dem die Voraussetzungen für den Abschluss einer Direktversicherung für den einzelnen Arbeitnehmer zu prüfen sind und an dem ggf. die Versicherung abgeschlossen werden muss.

31

Das wird auch nicht durch den Wortlaut des letzten Satzteils von § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung „in der Fassung des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrags zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld des Arbeitnehmers im jeweiligen Kalenderjahr“ infrage gestellt. Damit stellen die Tarifvertragsparteien lediglich klar, dass es für die Berechnung der Versicherungsleistung nach § 9 Abs. 1 TV Altersversorgung auf das Jahreseinkommen des Arbeitnehmers in dem Jahr des Abschlusses der Versicherung ankommen soll. Maßgeblich ist dabei der im Jahr des Vertragsschlusses gültige Vergütungstarifvertrag. Eine Abweichung von dem im ersten Satzteil bestimmten Stichtag des Abschlusses der einzelnen Direktversicherung ist damit nicht gewollt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, die Annahme, dass im ersten Satzteil von § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung ein „jeweilig“ eingefügt sein müsste, sei unzutreffend. Der Abschluss der einzelnen Direktversicherung erfolgt nach § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung einmalig. Es kann also nur auf den Abschluss des einzelnen (Teil-)Versicherungsvertrags abgestellt werden. Die Formulierung im zweiten Satzteil dient dazu sicherzustellen, dass die Berechnung der Versicherungsleistung nach § 9 Abs. 1 TV Altersversorgung für jeden vom Tarifvertrag erfassten Arbeitnehmer unter Zugrundelegung seines individuellen Jahresgehalts einschließlich des tariflichen Weihnachts- und Urlaubsgelds in der Höhe erfolgt, wie es im Jahr des Abschlusses der Versicherung für den Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zu zahlen ist.

32

Soweit der Kläger der Auffassung ist, der letzte Satzteil von § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung „im jeweiligen Kalenderjahr“ führe dazu, dass die Bestimmung nicht eindeutig sei, ist dies unzutreffend. Diese Formulierung ist dem Umstand geschuldet, dass der Tarifvertrag für zahlreiche Arbeitsverhältnisse gilt und der Zeitpunkt des Abschlusses der Direktversicherungen davon abhängt, wann die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung jeweils eingetreten sind. Mit der Bezugnahme auf das jeweilige Kalenderjahr, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird auch klargestellt, dass maßgeblich das Einkommen in diesem Kalenderjahr sein soll und nicht etwa in dem Jahr (letzten zwölf Monate) vor dem jeweiligen individuellen Stichtag.

33

(2) Auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich nichts anderes. Die Überschrift von § 9 TV Altersversorgung („Höhe der dynamischen Versorgungsleistung“) erfordert kein anderes Auslegungsergebnis. Aus der Überschrift kann nicht geschlossen werden, dass damit eine Dynamik der Beitragshöhe zur Direktversicherung vorgegeben sein soll. Die Versicherungsleistung ist zum einen schon deshalb dynamisch, weil sich nach § 9 Abs. 1 TV Altersversorgung die Höhe der Kapitalleistung bei Vollendung des 60. Lebensjahrs nach dem gewichteten Rentenbarwert einer 0,25%igen Altersrente incl. einer 60%igen Witwen- bzw. Witwerrente pro tatsächlichem und noch möglichem Dienstjahr bestimmt. Die Versicherungssumme ist damit dynamisch von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig. Zum anderen ergibt sich eine Dynamik daraus, dass die Gewinnanteile nach § 9 Abs. 5 TV Altersversorgung ausschließlich zur Verbesserung der Versicherungsleistung verwendet werden.

34

(3) Auch die von § 10 TV Altersversorgung in Bezug genommenen Regelungen des Gruppenversicherungsvertrags sprechen gegen eine Dynamisierung der Versicherungsbeiträge in dem vom Kläger verstandenen Sinne.

35

Nach I § 1 Nr. 2 GVV werden nach Vertragsbeginn - das ist der 1. Juni 1985 - jeweils zum nächsten Vertragsstichtag Teilversicherungen abgeschlossen auf das Leben derjenigen Personen, die zum Personenkreis gemäß Ziffer 1 gehören, also die zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 TV Altersversorgung erfüllen. Nach I § 2 Nr. 1 Unterabs. 5 GVV ist Vertragsstichtag der Stichtag, zu dem die Teilversicherung abgeschlossen worden ist. Nach I § 3 Nr. 1 GVV sind anrechenbare Bezüge das jährliche Bruttogehalt gemäß § 20 Abs. 1 Manteltarifvertrag zuzüglich tariflichem Weihnachts- und Urlaubsgeld zu Versicherungsbeginn und danach zu „jedem entsprechenden Vertragsstichtag“. Es kommt zunächst auf das danach zu berechnende Einkommen zu Beginn des Gruppenversicherungsvertrags und später auf das Einkommen des Arbeitnehmers an, für den am Vertragsstichtag nach I § 2 Nr. 1 GVV ein Teilversicherungsvertrag abzuschließen ist. Schließlich bestimmt I § 4 GVV, dass alle Beiträge gleichbleibende Jahresbeiträge sind, sich der Jahresbeitrag nach der erstmaligen Festsetzung für jeden Arbeitnehmer folglich nicht mehr ändert.

36

Diese Regelungen zeigen damit ebenfalls, dass keine jährliche Neuberechnung der Versicherungsbeiträge für die jeweilige Teilversicherung erfolgen soll, sondern die maßgeblichen Beträge für jede Teilversicherung einmalig festgelegt werden zu dem Stichtag, zu dem die jeweilige Teilversicherung abgeschlossen wird. Das zu diesem Zeitpunkt aktuelle Jahresgehalt entsprechend § 20 Abs. 1 Manteltarifvertrag (einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld) des jeweiligen Arbeitnehmers wird für die Berechnung der danach feststehenden weiteren Jahresbeiträge zugrunde gelegt.

37

(4) Ein anderes Verständnis der tariflichen Regelungen ist auch nicht deshalb geboten, weil nach Auffassung des Klägers bei Lebensversicherungen eine Dynamisierung üblich ist. Zwar ist es zutreffend, dass aufgrund des inflationsbedingten Kaufkraftverlusts die Versicherungssumme einer Lebensversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalls einen anderen realen Wert aufweist, als dies bei Abschluss der Versicherung der Fall war. Ebenso zutreffend ist es, dass aus diesem Grund in vielen Lebensversicherungen dynamische Beitragsregelungen vorgesehen werden, um bei Eintritt des Versicherungsfalls einen höheren Leistungsanspruch zu haben. Dies führt aber nicht dazu, dass die Regelung in § 9 Abs. 3 TV Altersversorgung im Sinne des Klägers dynamisch zu verstehen ist. Die Versicherungsleistung erhöht sich auch dann, wenn - wie vorliegend - die Gewinnanteile ausschließlich zur Verbesserung der Versicherungsleistung und nicht zur Beitragssenkung verwendet werden. Dies führt zu einer Steigerung der Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls. Zudem gibt die Regelung in der hier gefundenen Auslegung durchaus Sinn, weil sie dem Arbeitgeber eine sichere Kalkulationsgrundlage vermittelt.

38

(5) Die Entstehungsgeschichte des TV Altersversorgung ist für seine Auslegung ebenso ohne Bedeutung wie die tatsächliche Handhabung der tariflichen Regelung bis ins Jahr 1999, weil die Auslegung des TV Altersversorgung nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck bereits zu einem eindeutigen Ergebnis führt (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 29 mwN). Damit ist auch die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge unerheblich; sie richtet sich allein gegen unterbliebene Tatsachenfeststellungen zur Entstehung des TV Altersversorgung.

39

b) Auf das Schreiben des vormaligen Geschäftsführers B kann der Kläger seinen Anspruch nicht mit Erfolg stützen. Es kann dahinstehen, ob das Schreiben überhaupt den Arbeitnehmern bekannt gegeben wurde oder ob es lediglich ein Entwurf war. Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt, dass der frühere Landesgeschäftsführer mit dem Schreiben lediglich den TV Altersversorgung erläutern wollte.

40

c) Der Kläger hat keinen Anspruch auf jährliche Dynamisierung der Versicherungsbeiträge für die Versicherung G bei der V Lebensversicherung AG aus betrieblicher Übung (zu den Voraussetzungen einer betrieblichen Übung vgl. ausführlich BAG 12. August 2014 - 3 AZR 194/12 - Rn. 46 ff.; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 46 ff., BAGE 139, 69) wegen der praktischen Handhabung der Beitragszahlung. Der Kläger konnte zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, der Arbeitgeber wolle dadurch im Hinblick auf die Beiträge zur Direktversicherung übertarifliche Leistungen erbringen. Der Anspruch scheitert deshalb bereits daran, dass der Arbeitgeber erkennbar ausschließlich seine Verpflichtung aus dem TV Altersversorgung erfüllen wollte.

41

d) Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (zu den Voraussetzungen vgl. ausführlich BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 22 ff. mwN). Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger eine Ungleichbehandlung überhaupt schlüssig dargelegt hat. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass er nicht einmal behauptet hat, dass die höhere Versicherungsleistung des von ihm zu Vergleichszwecken herangezogenen Kollegen überhaupt darauf beruht, dass dessen Versicherungsbeiträge über das Jahr 2000 hinaus nach dessen jeweiligem Jahreseinkommen abgeführt wurden. Jedenfalls hat der Kläger auch keine Gruppenbildung durch den Beklagten dargelegt, was Voraussetzung für Ansprüche aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger  

        

  Schlewing    

        

   Spinner    

        

        

        

  Blömeke     

        

  G. Kanzleiter    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. August 2011 - 3 Sa 60/11 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 1. Dezember 2010 - 5 Ca 350/10 - teilweise abgeändert, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung des Altersruhegeldes des Klägers.

2

Der im März 1946 geborene Kläger war seit dem 24. Oktober 1966 bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (im Folgenden: BFS) als Fluglotse beschäftigt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1993 wurden die Aufgaben der BFS auf die Beklagte übertragen. Die Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten der BFS wurden auf die Beklagte übergeleitet. Der Kläger schloss mit der Beklagten am 28. August/27. September 1993 einen Arbeitsvertrag, der ua. Folgendes vorsieht:

        

§ 1   

        

Vertragsgegenstand

        

…       

        
        

2.    

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung.

        

…       

        

§ 5     

        

Versorgung

        

Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 07.07.1993.“

3

Der von der Beklagten und der DAG abgeschlossene Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 (im Folgenden: VersTV 1993) sah vor, dass Mitarbeiter, die das 25. Lebensjahr vollendet und mindestens ein Jahr bei der Beklagten oder der BFS beschäftigt waren, Anspruch auf ein Altersruhegeld haben. Am 29. September 2006 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft der Flugsicherung (im Folgenden: GdF) den rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2005). Der VersTV 2005 trat nach seiner Präambel an die Stelle der Versorgungszusage nach dem Tarifvertrag vom 7. Juli 1993. Nach § 6 Abs. 2 VersTV 2005 betrug das Altersruhegeld 0,4 % des ruhegeldfähigen Jahreseinkommens bis zum Durchschnitt der im letzten Beschäftigungsjahr geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten Bundesländern zuzüglich 1,2 % des den Durchschnitt der im letzten Beschäftigungsjahr geltenden Beitragsbemessungsgrenze in den alten Bundesländern übersteigenden Teils des ruhegeldfähigen Jahreseinkommens, jeweils multipliziert mit der anrechenbaren Beschäftigungszeit.

4

Am 21. August 2009 schlossen die Beklagte und die GdF den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2009). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

        

Präambel

        

Für alle vor 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach der Maßgabe dieses VersTV 2009 (Teil A) weiter. Teil A gilt ferner für alle Empfänger von Versorgungsleistungen aus dem VersTV 1993 oder VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der DFS, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor 2009 ausgeschieden waren.

        

…       

        

Teil A

        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Die §§ 1 bis 17 (Teil A) dieses Tarifvertrags gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages in der jeweils geltenden Fassung fallen und am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder sich am 1. Januar 2009 in der Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden.

        

…       

        
        

§ 2     

        

Art der Versorgungsleistung

        

(1)     

Folgende Leistungen werden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gewährt:

                 

a)    

Altersruhegeld (§ 6),

                 

b)    

vorzeitiges Altersruhegeld (§ 7),

                 

…       

        
        

(2)     

Bemessungsgrundlagen für die Leistung sind versorgungsfähiges Einkommen (§ 4) und versorgungsfähige Beschäftigungszeit (§ 5).

        

…       

        

§ 4     

        

Versorgungsfähiges Einkommen

        

(1)     

Das versorgungsfähige Einkommen ermittelt sich aus den Grundbeträgen nach dem maßgebenden Vergütungstarifvertrag (VTV), aus ggf. festen monatlichen Zulagen nach dem maßgebenden Zulagentarifvertrag (ZTV) und aus dem anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeld nach dem maßgebenden VTV in den letzten zwölf Beschäftigungsmonaten. … Zeitzuschläge und variable Vergütungsbestandteile bleiben unberücksichtigt.

        

(2)     

Das versorgungsfähige Einkommen wird unterteilt

                 

-       

in den Teil bis zur Splittinggrenze

                 

und     

                 

-       

in den diese Splittinggrenze übersteigenden Teil.

                 

Die Splittinggrenze beträgt 64.800,00 Euro. ...

        

…       

        

§ 5     

        

Versorgungsfähige Beschäftigungszeit

        

(1)     

Als versorgungsfähige Beschäftigungszeit gelten alle Jahre und volle Monate, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ununterbrochen aktiv in einem Beschäftigungsverhältnis mit der DFS bzw. unmittelbar vorausgehend der BFS und dem LBA gestanden haben, sowie sonstige, tarifvertraglich anerkannte Beschäftigungszeiten, jedoch nicht über die Regelaltersgrenze hinaus. … Die anrechenbare Beschäftigungszeit ist auf 40 volle Jahre begrenzt.

        

(2)     

Als versorgungsfähige Beschäftigungszeit gilt auch die Zeit, in der die DFS tarifliches Übergangsgeld oder tarifliches Vorruhestandsgeld zahlt, längstens jedoch bis zur Altersgrenze für den vorzeitigen Bezug der gesetzlichen Altersrente für langjährig Versicherte.

        

…       

        
        

§ 6     

        

Altersruhegeld

        

…       

        
        

(2)     

Das jährliche Altersruhegeld setzt sich zusammen aus

                 

-       

0,4 % des versorgungsfähigen Jahreseinkommens bis zur durchschnittlichen Splittinggrenze der letzten 12 Beschäftigungsmonate

                 

zuzüglich

                 

-       

1,2 % des diese Splittinggrenze übersteigenden Teils des versorgungsfähigen Jahreseinkommens, jeweils multipliziert mit der nach § 5 versorgungsfähigen Beschäftigungszeit.

                                   
        

§ 7     

        

Vorzeitiges Altersruhegeld

        

(1)     

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Vollrente) beziehen und aus der Beschäftigung bei der DFS endgültig ausgeschieden sind, können vorzeitiges Altersruhegeld in Anspruch nehmen. …

        

(2)     

Die Höhe des vorzeitigen Altersruhegeldes errechnet sich wie das Altersruhegeld gemäß § 6 Abs. 2, wobei wegen des früheren Zahlungsbeginns eine Kürzung um 0,5 % für jeden Monat erfolgt, um den der Beginn der Ruhegeldzahlung vor Erreichen der Regelaltersgrenze liegt, maximal jedoch um 18 %.

        

…       

        
        

Teil C

        

Allgemeine und Schlussbestimmungen

        

…       

        
        

§ 24   

        

Inkrafttreten und Laufzeit

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt hinsichtlich des Teils B rückwirkend zum 1. Januar 2005, im Übrigen rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft. …

        

…       

                 
        

(3)     

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 gilt dieser Tarifvertrag - unbeschadet des nach einer früheren Fassung erworbenen Stammrechts - für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten der DFS sowie für alle Bezieher von laufenden Versorgungsleistungen.“

5

Die Splittinggrenze in Teil A § 4 Abs. 2 Satz 2 VersTV 2009 von 64.800,00 Euro entspricht der nach der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2009 (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009, BGBl. I S. 2336) geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2009.

6

Nach dem Zulagentarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 20. August 1993 (im Folgenden: ZTV 1993) erhielten die Mitarbeiter der Beklagten in den operativen Diensten, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit eine Erlaubnis und Berechtigungen nach der Verordnung über das erlaubnispflichtige Personal der Flugsicherung und seine Ausbildung vom 1. April 1993 (FSPAV) benötigten, eine operative Zulage (§ 2 Abs. 1 Satz 1 ZTV 1993). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 ZTV 1993 wurde die operative Zulage für Fluglotsen in unterschiedlicher Höhe je nach Kategorie der Niederlassung bzw. des Betriebsteils gezahlt, in dem sie überwiegend tätig waren. § 2 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a ZTV 1993 sah für Fluglotsen drei verschiedene Kategorien von Niederlassungen vor. Der Frankfurter Flughafen fiel in die Kategorie III. Die Höhe der je nach Kategorie zu zahlenden operativen Zulage war in § 2 Abs. 2 ZTV 1993 festgelegt.

7

Durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 vom 28. April 2000 (im Folgenden: ZTV 2000) wurden die Niederlassungen der Beklagten für die Fluglotsen neu kategorisiert. Hintergrund hierfür war ein arbeitswissenschaftliches Gutachten, durch das bestimmte Belastungsparameter - wie zB die Anzahl der von den Fluglotsen zu kontrollierenden Flugzeuge - unter Berücksichtigung weiterer Faktoren neu definiert wurden. § 2 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a ZTV 2000 enthielt nunmehr sieben Kategorien von Niederlassungen. Der Tower des Frankfurter Flughafens wurde der Kategorie VII zugeordnet. § 2 Abs. 2 ZTV 2000 lautete nunmehr ua. wie folgt:

        

§ 2   

        

Operative Zulagen

        

…       

        
        

(2)     

Die Zulagen nach Abs. 1 werden ab dem 1. April 2000 monatlich in folgender Höhe gezahlt:

                 

Kategorie I:

…       

                 

…       

        
                 

Kategorie VII:

…       

                 

Erreicht diese Zulage bei unveränderter Tätigkeit nicht die Höhe der am 31. März 2000 gezahlten Zulage, wird der Differenzbetrag als Besitzstandszulage gezahlt.

                 

…“    

8

Für die am Tower des Frankfurter Flughafens beschäftigten Fluglotsen erhöhte sich die operative Zulage dadurch zum 1. April 2000 von 4.368,00 DM brutto auf 5.150,00 DM brutto.

9

Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 30. September 1999 als Fluglotse im Tower des Frankfurter Flughafens tätig. Seine aus dem Grundbetrag nach dem Vergütungstarifvertrag und der operativen Zulage nach § 2 ZTV 1993 bestehende monatliche Vergütung belief sich in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1998 auf 13.262,00 DM und in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1999 auf 13.674,00 DM. Zudem erhielt der Kläger nach dem zum 1. November 1996 in Kraft getretenen Vergütungstarifvertrag Nr. 3 vom 31. Oktober 1996 für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie dem zum 1. November 1998 in Kraft getretenen Vergütungstarifvertrag Nr. 4 vom 27. November 1998 für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jahren 1998 und 1999 Weihnachts- und Urlaubsgeld iHv. jeweils jährlich 55 % des tariflichen Grundbetrags und der operativen Zulage.

10

Ab dem 1. Oktober 1999 bezog der Kläger von der Beklagten ein Übergangsgeld nach dem Tarifvertrag über die Übergangsversorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Fluglotsen vom 7. Juli 1993 idF des Änderungstarifvertrags vom 27. November 1998 (im Folgenden: Ü-VersTV 1998). Zum 1. November 2004 trat der von der Beklagten mit der GdF abgeschlossene Tarifvertrag über die Übergangsversorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Fluglotsen vom 19. November 2004 in Kraft (im Folgenden: Ü-VersTV 2004), der durch Tarifvertrag vom 21. August 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 geändert wurde. Der Ü-VersTV 2004 idF vom 1. Januar 2009 (im Folgenden: Ü-VersTV 2009) bestimmt ua.:

        

§ 5   

        

Höhe des Übergangsgeldes

        

…       

        
        

(4)     

Das Übergangsgeld erhöht sich jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem die Tarifgehälter angepasst werden, um den entsprechenden Prozentsatz.

        

…       

        
        

§ 8     

        

Betriebliche Altersversorgung

        

(1)     

Zeiten, in denen Übergangsgeld bezogen wird, gelten als versorgungsfähige Beschäftigungszeiten i.S.d. Versorgungstarifvertrages der DFS.

        

(2)     

Als versorgungsfähiges Einkommen wird das vor Beginn des Übergangsgeldes bezogene versorgungsfähige Einkommen unterlegt, jeweils dynamisiert mit den Tariferhöhungen bis zum Ende des Bezugszeitraumes. In die Dynamisierung wird eine Veränderung von nicht monatlich wiederkehrenden Vergütungsbestandteilen rechnerisch so mit einbezogen, wie an ihrer Stelle eine höhere lineare Anpassung stattgefunden hätte. Die Unterteilung des versorgungsfähigen Einkommens gemäß § 4 Abs. 2 VersTV erfolgt auf der Basis des Durchschnitts der im letzten Bezugsjahr des Übergangsgeldes geltenden Splittinggrenze.

        

(3)     

§ 7 Abs. 2 in Teil A und B des Versorgungstarifvertrages findet keine Anwendung.“

11

Die tarifliche Vergütung wurde bei der Beklagten zum 1. November 1999 um 3 %, zum 1. November 2000 um 2,8 %, zum 1. November 2001 und zum 1. Mai 2003 um jeweils 3,1 %, zum 1. November 2003 um 0,8 %, zum 1. November 2004 um 1,9 %, zum 1. November 2006 und 2007 um jeweils 3 %, sowie zum 1. November 2008 um 4,8 % erhöht. Zum 1. Mai 2006 erfolgte eine Erhöhung der tariflichen Grundbeträge um 2,5 % sowie der operativen Zulagen um 7 %.

12

Seit dem 1. April 2009 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente sowie ein Altersruhegeld von der Beklagten iHv. 3.151,43 Euro. Bei der Berechnung des Altersruhegeldes legte die Beklagte ein dynamisiertes versorgungsfähiges Einkommen des Klägers iHv. 121.385,75 Euro zugrunde. Die sich durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 vom 28. April 2000 ergebende Erhöhung der operativen Zulage für die am Tower des Frankfurter Flughafens beschäftigten Fluglotsen berücksichtigte die Beklagte dabei nicht.

13

Der Kläger hat mit seiner Klage die Einbeziehung der Erhöhung der operativen Zulage am Tower des Frankfurter Flughafens in die Dynamisierung seines versorgungsfähigen Einkommens begehrt. Er hat die Ansicht vertreten, es handele sich hierbei um eine Tariferhöhung iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009. Unter Berücksichtigung der übrigen tariflichen Entgeltsteigerungen ergebe sich daher ein dynamisiertes versorgungsfähiges Einkommen iHv. 127.818,21 Euro, so dass sich sein Altersruhegeld auf 3.408,73 Euro brutto belaufe.

14

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. August 2010 zusätzliche Betriebsrente iHv. 4.374,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 257,30 Euro für jeden Monat beginnend mit dem 1. September 2009, mit dem ersten Tag der jeweiligen Folgemonate und endend mit dem 30. September 2010 zu zahlen und ihm ab dem 1. September 2010 eine Betriebsrente iHv. 3.408,73 Euro brutto im Monat zu zahlen.

15

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger ab dem 1. April 2009 kein höheres als das von ihr gezahlte Altersruhegeld iHv. 3.151,43 Euro brutto monatlich. Deshalb steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung rückständigen Altersruhegeldes für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. August 2010 iHv. 4.374,10 Euro brutto zu.

18

I. Die Berechnung des Altersruhegeldes des Klägers bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2009 bestimmt sich nach den Regelungen in Teil A des VersTV 2009 und nach § 8 Ü-VersTV 2009.

19

1. Der VersTV 2009 und der Ü-VersTV 2009 finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeits- bzw. das (Übergangs-)Versorgungsverhältnis der Parteien Anwendung. § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 28. August/27. September 1993 enthält eine dynamische Verweisung auf die jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifverträge und die Tarifverträge für die Übergangsversorgung. Nach § 1 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 und die den MTV ergänzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung. Sowohl der VersTV 2009 als auch der Ü-VersTV 2009 sind den MTV ergänzende Tarifverträge und werden demnach von der dynamischen Verweisung in § 1 des Arbeitsvertrags erfasst.

20

Aus § 5 des Arbeitsvertrags ergibt sich nichts anderes. Dort ist zwar bestimmt, dass für die Versorgung der Versorgungstarifvertrag vom 7. Juli 1993 gilt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine statische Verweisung ausschließlich auf diesen Tarifvertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 22). An derartigen Anhaltspunkten fehlt es vorliegend. § 5 des Arbeitsvertrags stellt daher lediglich deklaratorisch klar, dass sich die Versorgung im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags nach dem Versorgungstarifvertrag vom 7. Juli 1993 richtete (vgl. für einen insoweit wortlautidentischen Arbeitsvertrag bereits BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 23).

21

2. Für die Berechnung des Altersruhegeldes des Klägers sind - neben den Bestimmungen in § 8 Ü-VersTV 2009 - die Regelungen in Teil A des VersTV 2009 maßgebend.

22

a) Nach der Präambel des VersTV 2009 gilt für alle vor dem Jahr 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das bisherige Versorgungssystem der Beklagten auf der Grundlage des VersTV 2005 nach der Maßgabe des VersTV 2009 (Teil A) weiter. Demgemäß richten sich die Versorgungsansprüche der ehemaligen Beschäftigten der Beklagten, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor dem Jahr 2009 ausgeschieden sind, nach den gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 3 VersTV 2009 am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Bestimmungen in Teil A des VersTV 2009 (vgl. Satz 2 der Präambel zum VersTV 2009). Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 sieht vor, dass die Regelungen dieses Teils ua. für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen haben und sich am 1. Januar 2009 in der Übergangsversorgung für Lotsen befanden.

23

b) Die in der Präambel zum VersTV 2009 und in Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger. Er ist vor dem Jahr 2009 - nämlich am 30. September 1999 - mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft nach § 1b Abs. 1 iVm. § 30f Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden, er hatte vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen und befand sich am 1. Januar 2009 noch in der Übergangsversorgung für Fluglotsen. Damit richten sich seine Versorgungsansprüche nach Teil A des VersTV 2009 iVm. § 8 Ü-VersTV 2009.

24

II. Auf der Grundlage der Regelungen in Teil A VersTV 2009 und in § 8 Ü-VersTV 2009 ergibt sich kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung eines monatlich 3.151,43 Euro brutto übersteigenden Altersruhegeldes ab dem 1. April 2009.

25

1. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VersTV 2009 setzt sich das jährliche Altersruhegeld zusammen aus 0,4 % des versorgungsfähigen Jahreseinkommens bis zur durchschnittlichen Splittinggrenze der letzten zwölf Beschäftigungsmonate zuzüglich 1,2 % des diese Splittinggrenze übersteigenden Teils des versorgungsfähigen Jahreseinkommens, jeweils multipliziert mit der nach § 5 VersTV 2009 versorgungsfähigen Beschäftigungszeit. Das versorgungsfähige Einkommen ermittelt sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV 2009 aus den Grundbeträgen nach dem Vergütungstarifvertrag, etwaigen festen monatlichen Zulagen nach dem Zulagentarifvertrag sowie aus dem anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeld in den letzten zwölf Beschäftigungsmonaten vor Eintritt des Versorgungsfalls. Für Fluglotsen, die - wie der Kläger - vor Eintritt des Versorgungsfalls ein Übergangsgeld bezogen haben, werden diese Regelungen durch § 8 Abs. 2 Ü-VersTV 2009 modifiziert. Danach erfolgt die Unterteilung des versorgungsfähigen Einkommens nach § 4 Abs. 2 VersTV 2009 auf der Basis des Durchschnitts der im letzten Bezugsjahr des Übergangsgeldes geltenden Splittinggrenze(§ 8 Abs. 2 Satz 3 Ü-VersTV 2009). Zudem wird als versorgungsfähiges Einkommen das vor Beginn des Übergangsgeldes bezogene versorgungsfähige Einkommen zugrunde gelegt, jeweils dynamisiert mit den Tariferhöhungen bis zum Ende des Bezugszeitraumes (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009).

26

2. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte bei der Berechnung seines Altersruhegeldes zu Recht ein dynamisiertes versorgungsfähiges Einkommen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV 2009 iVm. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 iHv. 121.385,75 Euro zugrunde gelegt.

27

a) Das versorgungsfähige Einkommen des Klägers in den letzten zwölf Beschäftigungsmonaten vor dem Beginn seines Übergangsgeldbezugs am 1. Oktober 1999 belief sich auf 177.780,12 DM. Der Kläger erhielt in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Dezember 1998 einen tariflichen Grundbetrag und eine operative Zulage iHv. insgesamt monatlich 13.262,00 DM brutto. In der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 30. September 1999 betrug der tarifliche Grundbetrag einschließlich der operativen Zulage monatlich 13.674,00 DM brutto. Für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 30. September 1999 ergibt dies einen Betrag iHv. 162.852,00 DM. Hinzu kommen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV 2009 das anteilig zu berücksichtigende Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Jahre 1998 und 1999. Im Jahr 1998 erhielt der Kläger ein Weihnachts- und Urlaubsgeld iHv. jeweils 7.294,10 DM (55 % von 13.262,00 DM) und im Jahr 1999 iHv. jeweils 7.520,70 DM (55 % von 13.674,00 DM). Da beide Sonderzahlungen auf das Kalenderjahr bezogen gewährt wurden, ergeben sich ein anteilig zu berücksichtigendes Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Dezember 1998 iHv. jeweils 1.823,53 DM brutto und für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 30. September 1999 iHv. jeweils 5.640,53 DM brutto. Demgemäß betrug das versorgungsfähige Einkommen des Klägers vor dem Beginn seines Übergangsgeldbezugs insgesamt 177.780,12 DM.

28

b) Die Beklagte hat das versorgungsfähige Einkommen des Klägers vor dem Beginn seines Übergangsgeldbezugs iHv. 177.780,12 DM nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 zutreffend entsprechend den während der Bezugsdauer des Übergangsgeldes bis zum Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2009 erfolgten prozentualen Tariferhöhungen auf 121.385,75 Euro angehoben. Entgegen der Ansicht des Klägers war die sich durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 vom 28. April 2000 ergebende Erhöhung der operativen Zulage für die am Tower des Frankfurter Flughafens beschäftigten Fluglotsen nicht in die Dynamisierung seines versorgungsfähigen Einkommens mit einzubeziehen. Diese stellt keine Tariferhöhung iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 dar. Dies ergibt die Auslegung der Norm.

29

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN).

30

bb) Danach ist die Erhöhung der operativen Zulage für die am Tower des Frankfurter Flughafens beschäftigten Fluglotsen durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 vom 28. April 2000 keine Tariferhöhung iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009.

31

(1) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts spricht bereits der Wortlaut dagegen, die durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 verursachte Erhöhung der operativen Zulage als Tariferhöhung iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 anzusehen.

32

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 wird das vor Beginn des Übergangsgeldes bezogene versorgungsfähige Einkommen während der Bezugsdauer des Übergangsgeldes mit den „Tariferhöhungen“ dynamisiert. Die Tarifvertragsparteien haben nicht definiert, was sie unter „Tariferhöhungen“ verstehen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet eine Tariferhöhung die Erhöhung der ausgehandelten und vertraglich festgesetzten Löhne und Gehälter (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache S. 3856 Stichworte: „Tarif“, „Tariferhöhung“). Kennzeichnend für die Tariferhöhung ist damit, dass die für die Bemessung des Entgelts maßgebenden Tarife gesteigert werden. Die Tarifvertragsparteien haben durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 indes nicht die bis dahin in § 2 Abs. 2 ZTV 1993 festgesetzten Tarife für die operative Zulage der Fluglotsen in den nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a ZTV 1993 bestehenden Kategorien I bis III gesteigert. Vielmehr haben sie die Tätigkeiten der Fluglotsen in den verschiedenen Niederlassungen der Beklagten neu bewertet und infolgedessen die Anzahl der für die Höhe der operativen Zulage maßgebenden Kategorien der Niederlassungen erhöht. Zwar hatten diese Änderungen der tariflichen Regelungen für die Fluglotsen am Tower des Frankfurter Flughafens zur Folge, dass sie eine höhere operative Zulage als zuvor erhielten. Wie die Besitzstandsregelung in § 2 Abs. 2 ZTV 2000 zeigt, ging die neue Kategorisierung der Niederlassungen jedoch nicht zwangsläufig mit einer Erhöhung der operativen Zulage einher. Vielmehr konnte es je nach Einsatzort der Fluglotsen auch zu einer Absenkung der bislang gezahlten operativen Zulage kommen.

33

(2) Der Regelungszusammenhang zeigt zudem, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff der Tariferhöhungen iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 nur an die prozentualen Steigerungen der Tarifentgelte anknüpfen wollten.

34

(a) Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Ü-VersTV 2009 wird eine Veränderung von nicht monatlich wiederkehrenden Vergütungsbestandteilen rechnerisch so in die Dynamik nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 einbezogen, wie an ihrer Stelle eine höhere lineare Anpassung stattgefunden hätte. Damit sollen Erhöhungen des für die Berechnung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes maßgeblichen Prozentsatzes des Monatsgehaltes bei der Dynamisierung des versorgungsfähigen Einkommens der Übergangsgeldbezieher berücksichtigt werden. Dies zeigt der tarifliche Gesamtzusammenhang. Da sich das versorgungsfähige Einkommen nur aus den in § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV 2009 genannten Vergütungsbestandteilen ermittelt, kann sich die Bestimmung in § 8 Abs. 2 Satz 2 Ü-VersTV 2009 nur auf Veränderungen in der Höhe des anteilig zu berücksichtigenden Weihnachts- und Urlaubsgeldes beziehen. Sonstige, monatlich nicht wiederkehrende Vergütungsbestandteile, die nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Ü-VersTV 2009 eine Veränderung erfahren könnten, fließen nicht in die Ermittlung des versorgungsfähigen Einkommens ein. Auch die Tarifgeschichte bestätigt dieses Verständnis. Bereits der Ü-VersTV 1998 enthielt in § 8 Abs. 2 Satz 2 eine identische Bestimmung. Die Regelung war durch den 2. Änderungstarifvertrag vom 31. Oktober 1996 zum Tarifvertrag über die Übergangsversorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Fluglotsen vom 7. Juli 1993 eingefügt worden, nachdem durch § 8 Abs. 1 des Vergütungstarifvertrags Nr. 2 vom 20. November 1995 für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes von bislang 50 % auf 55 % der monatlichen Vergütung nach dem Vergütungs- und Zulagentarifvertrag angehoben worden war.

35

(b) § 8 Abs. 2 Satz 2 Ü-VersTV 2009 zeigt, dass der Begriff der Tariferhöhungen iSv. Satz 1 nach den Vorstellungen der Tarifparteien nur die prozentualen Steigerungen der Tarifentgelte erfassen soll. Die Regelung will einen Gleichlauf zwischen den Erhöhungen des für die Bemessung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes maßgeblichen Prozentsatzes und den Tariferhöhungen iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 herstellen, indem Erstere bei der Dynamisierung des versorgungsfähigen Einkommens so zu berücksichtigen sind, als ob eine „lineare Anpassung“ stattgefunden hätte. Eine Tariferhöhung iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 ist nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien damit die lineare Steigerung der Tarifentgelte im Sinne einer prozentualen Anhebung der tariflichen Vergütung.

36

(c) Dafür spricht auch die Regelung in § 5 Abs. 4 Ü-VersTV 2009 zur Dynamisierung des Übergangsgeldes. Danach erhöht sich das Übergangsgeld jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem die Tarifgehälter angepasst werden, um den entsprechenden Prozentsatz. Zwar unterscheiden sich die beiden Dynamisierungsregelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 und § 5 Abs. 4 Ü-VersTV 2009 insoweit, als im Rahmen von § 5 Abs. 4 Ü-VersTV 2009 Bezugsobjekt für die Anpassung nicht alle der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde gelegten Vergütungsbestandteile, sondern nur die tariflichen Grundgehälter sind(vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 648/07 - Rn. 24 ff.). Demgegenüber knüpft § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Ü-VersTV 2009 nicht lediglich an die Entwicklung der Tarifgehälter, sondern an die Entwicklung der gesamten dem versorgungsfähigen Einkommen zugrunde liegenden Vergütungsbestandteile an. Abgesehen von dem unterschiedlichen Bezugsobjekt für die Dynamisierung gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Regelungen in ihrem sonstigen Anpassungsmechanismus voneinander abweichen sollten. Die Tarifparteien wollten vielmehr sowohl das Übergangsgeld als auch das versorgungsfähige Einkommen der Übergangsgeldbezieher entsprechend den prozentualen Steigerungen der jeweils für sie maßgeblichen Vergleichsobjekte dynamisieren.

37

(3) Auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 bestätigt das vorliegende Ergebnis. Die Dynamisierung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 soll verhindern, dass die Versorgungsanwartschaft der Übergangsgeldbezieher bis zum Eintritt des Versorgungsfalls durch Kaufkraftverlust entwertet wird. Unverfallbare Versorgungsanwartschaften sind - anders als Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG - gesetzlich nicht gegen eine Auszehrung durch Kaufkraftverlust geschützt. Deshalb haben die Tarifvertragsparteien entschieden, das versorgungsfähige Einkommen der Übergangsgeldbezieher an der tariflichen Entwicklung bei der Beklagten teilhaben zu lassen. Bei der Neubewertung der Tätigkeit der Fluglotsen an den einzelnen Niederlassungen der Beklagten durch den 8. Änderungstarifvertrag zum ZTV 1993 vom 28. April 2000 handelt es sich indes nicht um eine Maßnahme, die dem Ausgleich von Kaufkraftverlusten dient. Durch die operative Zulage soll vielmehr die unterschiedliche Beanspruchung der Fluglotsen in den verschiedenen Niederlassungen der Beklagten entlohnt werden.

38

(4) In dieser Auslegung enthält die Tarifbestimmung eine sachgerechte und praktikable Regelung. Mit der Anpassung des versorgungsfähigen Einkommens aller Bezieher einer Übergangsversorgung an die allgemeine tarifliche Entwicklung gilt für alle Fluglotsen eine einheitliche Methode der Dynamisierung. Entgegen der Ansicht des Klägers schreibt § 8 Abs. 2 Satz 1 Ü-VersTV 2009 gerade nicht vor, dass bei der Bemessung des versorgungsfähigen Einkommens die Vergütungsstrukturen des einzelnen Arbeitnehmers vor Bezug des Übergangsgeldes fortgeschrieben und an spätere Veränderungen angepasst werden. Dynamisiert wird ausschließlich das vor dem Bezug von Übergangsgeld bezogene versorgungsfähige Entgelt. Eine Dynamisierung, die - je nach dem letzten Einsatzort des Fluglotsen - zu unterschiedlich hohen Anpassungen führen könnte, würde diesem erkennbaren Vereinfachungs- und Vereinheitlichungsinteresse der Tarifvertragsparteien zuwiderlaufen.

39

3. Ausgehend von einem dynamisierten versorgungsfähigen Einkommen iHv. 121.385,75 Euro schuldet die Beklagte dem Kläger damit ab dem 1. April 2009 kein höheres als das von ihr gezahlte Altersruhegeld iHv. 3.151,43 Euro brutto monatlich. Selbst wenn im Rahmen der Berechnung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 Ü-VersTV 2009 für den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 31. Dezember 2008 nicht auf die erst seit dem 1. Januar 2009 geltende Splittinggrenze nach § 4 Abs. 2 Satz 2 VersTV 2009, sondern auf die(niedrigere) Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen sein sollte, ergäbe sich kein höheres Altersruhegeld. Nach § 3 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008 vom 5. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2797) betrug die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2008 63.600,00 Euro jährlich und 5.300,00 Euro monatlich. Damit beläuft sich der durchschnittliche Wert der vom 1. April 2008 bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2009 geltenden Splittinggrenze auf 63.900,00 Euro. Bei einer maximal anrechenbaren Beschäftigungszeit des Klägers nach § 5 VersTV 2009 iVm. § 8 Abs. 1 Ü-VersTV 2009 von 40 Dienstjahren betragen die Anteile des jährlichen Altersruhegeldes nach § 6 Abs. 2 VersTV 2009 für den unter diesem Betrag liegenden Teil des versorgungsfähigen Einkommens 10.224,00 Euro (0,4 % x 40 x 63.900,00 Euro) und für den darüber liegenden Teil 27.593,16 Euro (1,2 % x 40 x 57.485,75 Euro). Auf der Grundlage eines jährlichen Altersruhegeldes iHv. 37.817,16 Euro brutto ergibt sich damit das von der Beklagten seit dem 1. April 2009 gezahlte monatliche Altersruhegeld iHv. 3.151,43 Euro brutto.

40

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Blömeke    

        

    H. Frehse    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2010 - 9 Sa 428/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Gas- und Stromkosten iHv. 25 vH freizustellen.

2

Der im Dezember 1948 geborene Kläger war seit dem 1. März 1976 bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (im Folgenden: WSW AG) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ua. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen; daneben fanden die für die Angestellten des Arbeitgebers geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen Anwendung.

3

Am 26. September 1975 hatte der damalige Vorstand der WSW AG eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen erlassen. Diese Vorstandsverfügung bestimmte auszugsweise:

        

„Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975

        

Betrifft : Werkstarif

        

0       

Bezugsberechtigte

                 

00    

Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:

                          

000     

vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,

                          

001     

ehemaligen Betriebsangehörigen,

                          

002     

Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,

                          

…       

        
        

1       

Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:

                 

10    

der eigene Haushalt,

                 

11    

die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den WSW / BEV bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der

                          

110     

Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,

                          

111     

ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5 Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,

                 

12    

der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.

        

…       

        
        

3       

Wohnen außerhalb des Versorgungsbereichs der WSW

                 

Bezugsberechtigte, die nicht im Versorgungsbereich der WSW wohnen, erhalten - sofern ihr Verbrauch an elektrischer Energie und Gas von ihrem Versorgungsunternehmen im Währungsgebiet der Deutschen Mark zu einem höheren Preis abgerechnet wird, als er nach dem Werkstarif zur Verrechnung kommen würde - den Unterschiedsbetrag zwischen dem von ihnen bezahlten Rechnungsbetrag und dem nach dem Werkstarif zu verrechnenden Betrag erstattet.

        

…       

        
        

5       

Tarife

                 

Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.

        

6       

Besitzstand

                 

Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.

        

7       

Kündigung

                 

Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden.

        

8       

Die Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 (alte Fassung) wird am 31.12.1975 ungültig.“

4

Ab dem 1. Januar 2005 fand auf das Arbeitsverhältnis des Klägers der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Dieser bestimmt in § 2 Abs. 1:

        

„Der Arbeitsvertrag wird schriftlich unter Angabe der Entgeltgruppe abgeschlossen. Nebenabreden sind schriftlich zu vereinbaren.“

5

Im Jahr 2007 wurden die mit der Erstellung zentraler Dienstleistungen befassten Organisationseinheiten der WSW AG abgespalten und im Wege der Aufnahme nach §§ 123 ff. UmwG auf die Beklagte übertragen. Diese ist weder Erzeuger noch Lieferant von Strom und Gas. Im Zuge der zum 1. Januar 2007 erfolgten Umwandlung wies die WSW AG den Kläger darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergehen und diese in seinen Arbeitsvertrag eintreten werde.

6

Im Zuge der Umstrukturierung der WSW AG schlossen die WSW AG und die der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte zählt, einerseits und die Gewerkschaft ver.di andererseits den Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der WSW Unternehmensgruppe vom 10. November 2006 (im Folgenden: TV-SR). Dieser bestimmt ua.:

        

Präambel

        

Die Wuppertaler Stadtwerke AG, ein einheitliches und sich mehrheitlich im Eigentum der Stadt Wuppertal befindliches Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, wird durch eine grundlegende Umstrukturierung in mehrere Unternehmen geteilt. Dieser Tarifvertrag wird zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der WSW-Unternehmensgruppe abgeschlossen.

                 
        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten der diesen Tarifvertrag abschließenden oder beitretenden Unternehmen, sofern der Geltungsbereich für einzelne Regelungen dieses Tarifvertrages nachstehend nicht abweichend festgelegt wird.

        

(2) Der § 4 I dieses Tarifvertrages gilt nur für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 2 III.

        

(3) Der Tarifvertrag bindet und verpflichtet die ihn abschließenden und die ihm beitretenden Unternehmen und Parteien.

        

§ 2     

        

Definitionen

        

(1) Der Begriff ‚WSW-Unternehmensgruppe’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint folgende bestehende, sich in Gründung befindliche bzw. zu gründende Unternehmen:

        

WSW Holding GmbH (Arbeitstitel),

        

WSW Verkehr GmbH (Arbeitstitel),

        

Wuppertaler Stadtwerke AG und die

        

WSW Netz GmbH.

        

(2) ‚Stichtag’ im Sinne dieses Tarifvertrages ist:

        

       

für die WSW Holding GmbH und die WSW Verkehr GmbH der Tag, an dem die ersten Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wuppertaler Stadtwerke AG durch Betriebsübergang auf eines der beiden Unternehmen übergehen.

        

       

für die Wuppertaler Stadtwerke AG der Tag, auf den der spätere der beiden oben genannten Stichtage fällt.

        

(3) Der Begriff ‚heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die

        

       

am jeweiligen Stichtag in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen werden und

        

       

am Vortag des oben genannten Stichtages in einem Arbeitsverhältnis mit der Wuppertaler Stadtwerke AG standen.

        

Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind ausgeschlossen.

        

§ 3     

        

Tarifbindung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe führen die bei der Wuppertaler Stadtwerke AG am Vortag des Stichtages geltenden Tarifverträge - ausdrücklich einschließlich des Tarifvertrages ‚Tarifvertrag vom 17. Januar 2005 zur Einführung des TV-V bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (WSW AG)’ - in ihrer jeweils gültigen Fassung weiter und erklären ihren Willen, den Abschluss identischer Tarifverträge beim Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen zu beantragen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erklärt sich schon jetzt zum Abschluss dieser Tarifverträge bereit.

        

(2) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen beantragen, sofern dadurch die Regelungen in Absatz 1 keine Einschränkungen erfahren.

        

§ 4     

        

Kündigungsschutz

        

(1) Der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen ist gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bis zum 31.12.2020 unzulässig. Ausnahmsweise ist der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jedoch auch innerhalb des Zeitraums bis zum 31.12.2020 zulässig, wenn sich die jeweilige betriebliche Geschäftsgrundlage (durch z. B. drohenden Verlust von Leistungen, Genehmigungen oder Aufträgen) so ändert, dass das jeweilige Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe zu Maßnahmen greifen muss, die es zur Anzeige gemäß § 17 I KSchG verpflichtet.

        

…       

        

§ 5     

        

Materielle Sicherung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten zum Stichtag in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG bestehenden und im Zuge des Betriebsübergangs jeweils auf die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe übergegangenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein. Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung der Eingruppierung und Einstufung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und keine Streichung von Entgeltbestandteilen und auch keine andere Veränderung des derzeitigen Entgelts vorgenommen.

        

(2) Die zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen werden für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag ihr Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe beginnen, werden die bis zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen bis zu einer Neuregelung in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt.

        

§ 6     

        

Immaterielle Sicherung

        

Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung des Tätigkeitsbereichs, des Arbeitsinhaltes und des Arbeitsortes der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgenommen. Eventuelle spätere Veränderungen in den vorgenannten Bereichen erfolgen auf der Grundlage der dann in dem jeweiligen Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe geltenden Regelwerke.

        

§ 7     

        

Betriebsvereinbarungen

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG geltenden Betriebsvereinbarungen ein.

        

…       

        

§ 8     

        

Zusatzversorgung

        

Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Ansprüche aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 18 TV-V, auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) oder des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) in ihrer jeweils geltenden Fassung, erfüllen.“

7

Am 24. September 2007 beschlossen der Vorstand der WSW AG und die Geschäftsführungen der Beklagten und der WSW mobil GmbH, dass künftig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der WSW-Unternehmensgruppe angestellt werden, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ab dem 1. Oktober 2007 ihr Arbeitsverhältnis beenden und anschließend in den Ruhestand wechseln, Energierabatte iHv. 15 vH erhalten, wenn die Energie von der WSW AG bezogen wird.

8

Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und befindet sich seit dem 1. Januar 2009 im Ruhestand. Bis zum 31. Dezember 2008 gewährte ihm die Beklagte einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH; seit dem 1. Januar 2009 erhält er nur noch einen Rabatt iHv. 15 vH.

9

Gegen diese Absenkung des Energiekostenrabatts hat sich der Kläger gewandt und von der Beklagten weiterhin die Freistellung von den abgerechneten Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH begehrt.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe aufgrund betrieblicher Übung ein Energiekostenrabatt für Strom und Gas iHv. 25 vH zu. Der Entstehung einer betrieblichen Übung stehe das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT und des § 2 Abs. 1 Satz 2 TV-V nicht entgegen. Bei der Vereinbarung des Personalrabatts handele es sich nicht um eine Nebenabrede. Die Zusage übertariflicher Sonderleistungen gehöre zu den vertraglichen Hauptpflichten. Im Übrigen stelle sich die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform als unzulässige Rechtsausübung dar. Die Vorstandsverfügung vom 26. September 1975 stehe der Begründung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung nicht entgegen. Diese Verfügung sei ihm nicht bekannt. Im Übrigen sei ihm gegenüber ein Widerruf nicht erklärt worden. Schließlich stehe ihm der Anspruch auch aufgrund § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR zu.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn von Forderungen der Wuppertaler Stadtwerke AG freizustellen, soweit diese vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 mehr als 75 % der gemessenen Energiekosten (Gas und Strom) gegenüber ihm abgerechnet hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn auf Lebenszeit, nach seinem Tod seine Witwe auf Lebenszeit, in Höhe von 25 % von den Kosten der Energielieferung (Gas und Strom) durch die WSW AG oder einen Nachfolge-Versorgungsbetrieb freizustellen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Energiepreisvergünstigung von 25 % entsprechend den bisherigen Bedingungen bei der Energielieferung durch die WSW AG zu gewähren.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht mit den Hauptanträgen entsprochen. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn auf Lebenszeit und ggf. nach seinem Tod seine Witwe auf deren Lebenszeit - jedenfalls für die Dauer ihres Witwenstands - von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH der anfallenden Kosten freistellt.

15

I. Die Klage ist zulässig.

16

1. Die Hauptanträge bedürfen der Auslegung.

17

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat vielmehr den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25, EzTöD 650 TV-Ärzte/VKA § 16 Entgeltgruppe III Nr. 13; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, WM 2003, 1919).

18

b) Mit den Hauptanträgen begehrt der Kläger trotz der Formulierung als (unbezifferte) Leistungsanträge die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 (Hauptantrag zu 1) und für die Zeit ab dem 1. November 2009 bis zu seinem Tod sowie ggf. für die Dauer des Witwenstands seiner Ehefrau (Hauptantrag zu 2) freizustellen. Dieses Verständnis seiner Anträge hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.

19

2. In dieser Auslegung sind die Hauptanträge zulässig.

20

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Klage muss sich dabei nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen. Es reicht, wenn sie sich auf einzelne sich daraus ergebende Rechte oder Folgen beschränkt, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 14).

21

b) Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihn von den Forderungen der WSW AG oder eines Nachfolge-Versorgungsunternehmens aus dem Bezug von Strom und Gas iHv. 25 vH der tatsächlich angefallenen Kosten in der Zeit ab dem 1. Januar 2009 freizustellen. Hierbei handelt es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Da die Beklagte die vom Kläger begehrte Freistellungsverpflichtung leugnet, steht dem Kläger auch ein Feststellungsinteresse zur Seite. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 286/09 - Rn. 17; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11). Dies ist hier der Fall.

22

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 TV-SR Anspruch auf die begehrte Freistellung von den Kosten für Strom und Gas. Bis zum 1. Januar 2007 gewährte die WSW AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten allen Arbeitnehmern, die in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt des Versorgungsfalls in einem Arbeitsverhältnis zu ihr standen, auch für die Dauer des Ruhestands und darüber hinaus nach ihrem Tod deren Witwen einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH der gemessenen Verbrauchskosten für Strom und Gas. Hierbei handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung iSv. § 5 Abs. 2 TV-SR. Nach dieser Tarifbestimmung ist es unerheblich, ob auf deren Gewährung in der Vergangenheit ein Rechtsanspruch bestanden hat. Entscheidend ist allein die tatsächliche Gewährung. Es kann deshalb dahinstehen, ob bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine betriebliche Übung auf die Gewährung eines Energiekostenrabatts entstanden ist.

23

1. Der TV-SR ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anzuwenden. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 10. Februar 1976 finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die für Angestellte des Arbeitgebers geltenden Tarifverträge Anwendung. Hierzu zählt auch der TV-SR. Dieser gilt nach § 2 Abs. 1 TV-SR für die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte gehört.

24

2. § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR erfasst auch den von der WSW AG an ihre Mitarbeiter und Betriebsrentner gewährten Energiekostenrabatt als betriebliche Sozialleistung. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

25

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 236/11 - Rn. 12; 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08 - Rn. 18; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe mwN, BAGE 113, 291).

26

b) Danach erfasst § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten spätestens seit 1975 tatsächlich gewährten Energiekostenrabatt, ohne dass es darauf ankäme, ob hierauf ein Rechtsanspruch, etwa in Gestalt einer betrieblichen Übung, bestanden hat.

27

aa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR. Danach werden die von der WSW AG zum Vortag des Stichtags gewährten betrieblichen Sozialleistungen für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, somit auch im Unternehmen der Beklagten, fortgeführt.

28

Bei dem Energiekostenrabatt handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung. Diese soll nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR „heutigen“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von der Beklagten weitergewährt werden. Nach der Definition in § 2 Abs. 3 TV-SR sind heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am Stichtag(§ 2 Abs. 2 TV-SR), dem 1. Januar 2007, in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen und am Vortrag des Stichtags, dem 31. Dezember 2006, in einem Arbeitsverhältnis mit der WSW AG gestanden haben. Diese Arbeitnehmer sollen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR den Energiekostenrabatt auch weiterhin erhalten. Davon zu unterscheiden sind diejenigen Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag in ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe eintreten. Diesen Arbeitnehmern werden die bis zum Stichtag gewährten Sozialleistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR nur bis zu einer Neuregelung in der WSW-Unternehmensgruppe weiter gewährt. Die „heutigen“ Arbeitnehmer mussten nach der Tarifbestimmung nicht mit einer Neuregelung rechnen. Da der Energiekostenrabatt von der WSW AG nicht nur während des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Ruhestand gewährt wurde, ist der Rabatt den „heutigen“ Arbeitnehmern auch dann weiterzugewähren, wenn sie in den Ruhestand treten.

29

Nach dem Tarifwortlaut kommt es für die Weitergewährung der betrieblichen Sozialleistung nicht darauf an, ob hierauf ein Rechtsanspruch bestand. Mit der Formulierung „gewährte betriebliche Sozialleistungen“ haben die Tarifvertragsparteien allein darauf abgestellt, dass die Sozialleistung von der WSW AG tatsächlich erbracht wurde.

30

bb) Für diese Auslegung sprechen auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen und ihr Sinn und Zweck.

31

Der TV-SR dient nach seiner Präambel der Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmer im Zuge der grundlegenden Umstrukturierung der WSW AG und der damit verbundenen Schaffung der WSW-Unternehmensgruppe. Diese Sicherung soll nach § 4 TV-SR den kündigungsrechtlichen Bestandsschutz gewährleisten und nach § 5 Abs. 1 TV-SR die Sicherung des Arbeitsentgelts einschließlich der Eingruppierung und Einstufung umfassen. Durch § 5 Abs. 2 TV-SR sollen die gewährten betrieblichen Sozialleistungen gesichert werden und mit § 6 TV-SR werden die bisherigen Tätigkeitsbereiche, Arbeitsinhalte und Arbeitsorte weitgehend gegen Veränderungen geschützt. Schließlich enthält § 8 TV-SR Regelungen zur zusätzlichen Altersversorgung. Die tarifliche Regelung bezweckt damit, wie sich etwa aus § 6 TV-SR ergibt, eine über den Schutz aus § 613a BGB hinausgehende Absicherung der von der Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmer. Diesen sollten ihre bisherigen (Rechts-)Positionen und die ihnen tatsächlich gewährten Leistungen erhalten bleiben und durch den Tarifvertrag rechtlich abgesichert werden. Zu diesen tatsächlich gewährten Leistungen gehört auch der Energiekostenrabatt, der auch im Ruhestand weitergewährt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien bei den gewährten betrieblichen Sozialleistungen zwischen Leistungen an aktive Arbeitnehmer und an Versorgungsempfänger unterschieden haben, sind nicht ersichtlich. Ob auf den Energiekostenrabatt bereits gegenüber der WSW AG ein Rechtsanspruch - ggf. aus betrieblicher Übung - bestand, ist daher ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Beklagte selbst weder Gas noch Strom produziert oder liefert.

32

c) Der Kläger kann daher von der Beklagten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch während seines Ruhestands, nach seinem Tod seine Witwe für die Dauer des Witwenstands, Freistellung von den anfallenden Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH verlangen. Er stand am 1. Januar 2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe. Am Vortrag dieses Stichtags war er Arbeitnehmer der WSW AG. Somit erfüllt er die tariflichen Voraussetzungen für die Weitergewährung des Energiekostenrabatts in der bisherigen Höhe.

33

III. Der Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an, denn er ist erkennbar nur für den Fall der Abweisung der Hauptanträge gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

34

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Lohre     

        

    C. Reiter     

                 

(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen.

(2) (weggefallen)

(3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente ihre Arbeitsleistung einschränken wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeiten einer solchen Einschränkung erörtert. Macht der Versicherte hierzu für seinen Arbeitsbereich Vorschläge, hat der Arbeitgeber zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. September 2013 - 5 Sa 333/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines tariflichen Feiertagszuschlags.

2

Die Beklagte führt Industriereinigungsarbeiten durch. Der Kläger ist bei ihr seit dem 3. Mai 1999 als Vorarbeiter beschäftigt. Er wurde im Streitzeitraum bei einem Automobilhersteller für Reinigungsarbeiten in der Lackiererei (Projektnummer 172017) und im sog. Ölmanagement (Projektnummer 172015) eingesetzt. Die Reinigungsarbeiten werden teilweise unter der Woche durchgeführt, teilweise aber auch nur bei ruhender Produktion an Wochenenden und Feiertagen. Gegen Mitte der Woche teilt der Kunde der Beklagten jeweils mit, welche Reinigungsaufgaben an den kommenden Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden sollen. In der Lackiererei sind an allen Sonn- und Feiertagen des Jahres Reinigungsarbeiten durchgeführt worden.

3

Der Kläger wurde am 1. Mai 2012 sowie am 27. Mai 2012 (Pfingstsonntag) in der Lackiererei eingesetzt und arbeitete an diesen Tagen insgesamt 16,5 Stunden. Er erhielt hierfür einen Zuschlag in Höhe von 75 %. An den regulären Wochenarbeitstagen war der Kläger im Mai 2012 im Ölmanagement eingesetzt.

4

Im allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28. Juni 2011 (RTV) heißt es auszugsweise:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

2       

Beginn und Ende der Arbeitszeit

        

2.1     

Die Arbeitszeit beginnt und endet an der Arbeitsstelle. Hat der Arbeitnehmer vor oder nach Aufsuchen der Arbeitsstelle eine betriebliche Sammelstelle (Aufenthalts-, Umkleide- oder Putzraum) aufzusuchen, beginnt oder endet die Arbeitszeit dort.

        

…       

        
        

3       

Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

        

...     

        
        

3.7     

Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist zuschlagspflichtig. Die Zuschläge betragen:

                 

a)    

für Mehrarbeit

25 v. H.

                 

b)    

für Nachtarbeit während der regelmäßigen Arbeitszeit

25 v. H.

                 

c)    

für Nachtarbeit über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus

100 v. H.

                 

d)    

für Arbeit an Sonntagen sowie an gesetzlichen Feiertagen, sofern diese auf einen Sonntag fallen

100 v. H.

                 

e)    

für Arbeiten am Neujahrstag, am Oster- und am Pfingstsonntag, am 1. Mai und an den Weihnachtsfeiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen

200 v. H.

                 

f)    

für Arbeiten an allen übrigen gesetzlichen Feiertagen, sofern diese nicht auf einen Sonntag fallen

150 v. H.

                 

g)    

bei Sonn- und Feiertagsarbeiten, die an gleicher Arbeitsstelle durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet werden, ist jeweils ein Zuschlag von

75 v. H.

                          

zu zahlen.

        
        

3.8     

Die Zuschläge sind aus dem Stundenlohn zu berechnen. Treffen mehrere der vorgenannten Zuschläge zusammen, ist nur der jeweils höchste zu zahlen.“

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die am 1. und 27. Mai 2012 geleistete Arbeit gemäß § 3 Ziff. 3.7 Buchst. e RTV ein Zuschlag in Höhe von 200 % zu. Die Ausnahmeregelung des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV finde keine Anwendung, da die maßgeblichen Reinigungsarbeiten nicht jeden Tag, sondern nur an Wochenenden oder Feiertagen anfielen. Damit fehle es am Merkmal der auftragsbedingten laufenden Verrichtung. Hierfür spreche auch die kurzfristige Festlegung der Arbeiten in der Wochenmitte.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 217,39 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2012 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV lägen vor. Bei der Tarifnorm handele es sich um eine auf den Kundenauftrag und nicht auf den einzelnen Mitarbeiter bezogene Sonderregelung. Die Beklagte stehe hinsichtlich der Reinigungsarbeiten in der Lackiererei in einem dauerhaften Auftragsverhältnis zum Kunden; die Arbeiten fielen kontinuierlich an. Schwankungen im Umfang seien unerheblich.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

10

I. Der Kläger hat für die Arbeitsleistung am 1. und 27. Mai 2012 keinen Anspruch auf einen tariflichen Zuschlag von 200 % nach § 3 Ziff. 3.7 Buchst. e RTV. Den Zuschlag iHv. 75 % nach § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV hat die Beklagte geleistet.

11

1. Der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28. Juni 2011 findet jedenfalls kraft Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

12

2. Die Feiertagsarbeit des Klägers begründet keinen Anspruch auf einen Zuschlag von 200 % gemäß § 3 Ziff. 3.7 Buchst. e RTV. Diese Tarifnorm wird verdrängt durch die Ausnahmeregelung des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV, deren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen.

13

a) Grundsätzlich stünde dem Kläger für die am 1. und 27. Mai 2012 geleistete Feiertagsarbeit ein Zuschlag zu seinem Stundenlohn iHv. 200 % gemäß § 3 Ziff. 3.7 Buchst. e RTV zu. Beide Feiertage (1. Mai und Pfingstsonntag) sind in der Tarifnorm ausdrücklich aufgeführt.

14

b) § 3 Ziff. 3.7 Buchst. e RTV wird jedoch im konkreten Fall durch die speziellere Regelung des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV verdrängt, sodass für die geleistete Feiertagsarbeit nur ein Zuschlag iHv. 75 % des Stundenlohns des Klägers anfällt.

15

aa) Bei § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV handelt es sich um eine Ausnahmeregelung zu den Tatbeständen des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. d, e und f RTV. In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 3 Nr. 3.7 Buchst. g RTV die allgemeinen Zuschlagsregelungen für Sonn- und Feiertagsarbeiten, die einen Zuschlag zwischen 100 % und 200 % vorsehen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach zu den inhaltsgleichen Vorgängerregelungen der Rahmentarifverträge für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk vom 26. November 1979 (RTV 1979) und vom 17. Juli 1984 (RTV 1984) entschieden (BAG 21. Mai 1985 - 3 AZR 271/83 - zu 1 b der Gründe; 28. Januar 1987 - 4 AZR 241/86 -). Hieran hält der Senat fest; diese Rechtsprechung wird auch durch den Kläger nicht in Frage gestellt.

16

bb) Die vom Kläger am 1. und 27. Mai 2012 erbrachten Feiertagsarbeiten erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV. Es handelt sich um Arbeiten, die im Tarifsinn „an gleicher Arbeitsstelle durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet“ wurden.

17

(1) Die Sonn- oder Feiertagsarbeiten müssen nach § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV an „gleicher Arbeitsstelle“ verrichtet werden. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist darunter der Ort zu verstehen, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt. Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt dieses Begriffsverständnis. Der RTV verwendet auch in anderem Zusammenhang den Begriff Arbeitsstelle, so etwa in § 3 Ziff. 2.1, wo zwischen einer betrieblichen Sammelstelle und der Arbeitsstelle unterschieden wird. § 3 Ziff. 2.2 RTV macht deutlich, dass es mehrere Arbeitsstellen des Arbeitnehmers innerhalb seiner Arbeitszeit geben kann. Zu berücksichtigen sind auch die Besonderheiten der Gebäudereinigungsbranche, in der die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung üblicherweise nicht beim Arbeitgeber, sondern bei einem oder mehreren Kunden des Arbeitgebers oder an von diesem bestimmten Stellen erbringen. Unter Arbeitsstelle im Tarifsinn ist deshalb regelmäßig der Ort zu verstehen, an dem der Arbeitnehmer seine nach § 106 GewO im Wege des Direktionsrechts zugewiesene Tätigkeit zu erbringen hat. Die Arbeitsstelle kann bei kleineren Aufträgen identisch mit dem Reinigungsobjekt sein, für das der Reinigungsauftrag erteilt wurde. Bei größeren Aufträgen und/oder innerhalb des Auftrags anfallenden unterschiedlichen Arbeitsaufgaben kann die Arbeitsstelle hingegen auch nur den Teilbereich umfassen, der dem Arbeitnehmer, um dessen Tätigkeiten es geht, im Wege des Direktionsrechts zugewiesen wurde.

18

(2) Die Ausnahmeregelung greift dabei nur dann, wenn die Sonn- und Feiertagsarbeiten „durch den Auftrag bedingt“ verrichtet werden. Der Begriff „Auftrag“ bezieht sich schon nach seinem eindeutigen Wortlaut auf das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Kunde über die Reinigung bestimmter Objekte und/oder Anlagen (BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 241/86 - zum inhaltsgleichen RTV 1984). „Bedingen“ bedeutet nach seinem Wortlaut „erfordern, voraussetzen“ oder „bewirken, zur Folge haben“ (Duden Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl. Stichwort „bedingen“). Bedingt durch den Auftrag sind daher Sonn- und Feiertagsarbeiten, wenn sie Folge des Inhalts des Kundenauftrags sind. Sie müssen zur Durchführung des Auftrags erforderlich sein, ohne dass der Arbeitgeber insoweit einen Spielraum hätte, die Arbeiten auch zu anderen Zeiten durchzuführen. Dies entspricht dem Sinn und Zweck von § 3 Ziff. 3.7 RTV: Durch die Zuschlagspflichtigkeit von Mehrarbeit und Sonn- und Feiertagsarbeit soll zum einen die besondere Belastung ausgeglichen werden, die durch eine Verlängerung der Arbeitszeit oder deren ungünstige zeitliche Lage für die Arbeitnehmer entsteht. Zum anderen soll die Verteuerung der Arbeit dem Ziel dienen, solche Arbeitszeiten - im Einklang mit den Bestimmungen des ArbZG - so weit wie möglich zu vermeiden (vgl. dazu zB BAG 20. August 2014 - 10 AZR 937/13 - Rn. 18; 19. September 2012 - 5 AZR 727/11 - Rn. 18). § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV senkt die Höhe der Zuschläge gegenüber denen nach Buchst. d, e und f ab und führt damit zu einer Kostenentlastung des Arbeitgebers. Die Belastung für die Arbeitnehmer durch die Arbeit zu ungünstigen Zeiten bleibt zwar grundsätzlich gleich, unabhängig aus welchem Grund Sonn- und Feiertagsarbeiten anfallen. Die Reduzierung des Zuschlags rechtfertigt sich aber daraus, dass der Arbeitgeber bei entsprechenden Kundenvorgaben einer solchen Lage der Arbeitszeit nicht ausweichen und diese nicht etwa durch eine bessere Arbeitsorganisation verhindern kann. Vielmehr ist sie für ihn unvermeidbar (vgl. zu diesem Gedanken BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 241/86 - zum inhaltsgleichen RTV 1984).

19

(3) Nach dem dritten Tatbestandsmerkmal der Norm müssen die Sonn- oder Feiertagsarbeiten „laufend“ verrichtet werden. Davon ist auszugehen, wenn die Arbeiten an allen Sonn- oder Feiertagen anfallen. Entgegen der Revision ist weder erforderlich, dass der einzelne Arbeitnehmer für diese Arbeiten stets an denselben Feiertagen eingesetzt wird, noch, dass diese Arbeiten kontinuierlich an jedem Kalendertag anfallen.

20

(a) Bereits der Wortlaut der Tarifnorm, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 319/12 - Rn. 33), spricht für dieses Verständnis. Unter Sonn- und Feiertagsarbeiten ist die Erbringung von Arbeitsleistung durch Arbeitnehmer an Sonn- oder Feiertagen zu verstehen. Der Begriff „laufend“ wird üblicherweise als „ständig“, „ununterbrochen“ oder „immer wiederkehrend“ verstanden. § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV verbindet die beiden Begriffe grammatikalisch dergestalt, dass das Partizip „laufend“ sich auf die Sonn- und Feiertagsarbeiten bezieht. Nach dem Wortlaut des Relativsatzes wird nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer abgestellt und etwa verlangt, dass dieser laufend an Sonn- und Feiertagen eingesetzt wird. Ebenso wenig müssen nach dem Wortlaut der Norm die Arbeiten selbst - unabhängig von ihrer zeitlichen Lage - laufend erbracht werden. Vielmehr genügt es, wenn sie kontinuierlich an Sonn- oder Feiertagen verrichtet werden.

21

(b) Für eine solche Auslegung spricht auch die systematische Stellung des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV als Ausnahmeregelung zu den Buchst. d, e und f. Als solche trifft § 3 Nr. 3.7 Buchst. g RTV ausschließlich eine Aussage zu Arbeiten an Sonn- und Feiertagen.

22

(c) Auch Sinn und Zweck des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV tragen dieses Verständnis. Strebt die tarifliche Regelung unter anderem eine Kostenentlastung des Arbeitgebers bei unvermeidbarer Sonn- und Feiertagsarbeit an, kann es nicht darauf ankommen, ob diese Arbeiten auch an den übrigen Wochentagen ausgeführt werden. Die Belastung der Arbeitnehmer durch die Sonn- und Feiertagsarbeit ändert sich ebenfalls nicht dadurch, dass identische Arbeiten von Montag bis Samstag verrichtet werden. Aus Sicht der betroffenen Arbeitnehmer besteht aber eine bessere Planbarkeit und Vorhersehbarkeit, wenn aufgrund des regelmäßigen Anfalls der Arbeiten bekannt ist, dass an ihrer Arbeitsstelle mit der Durchführung von Sonn- oder Feiertagsarbeit zu rechnen ist. Dies haben die Tarifvertragsparteien als weniger belastend angesehen und deshalb mit einem geringeren Zuschlag ausgeglichen (vgl. dazu BAG 21. Mai 1985 - 3 AZR 271/83 - zu 3 der Gründe). Die Vorhersehbarkeit eines Arbeitseinsatzes an Sonn- und Feiertagen ist für den Arbeitnehmer dabei nicht erst dann gegeben, wenn er selbst stets an denselben Feiertagen zur Arbeit herangezogen wird, sondern bereits dann, wenn er weiß, dass diese Arbeiten an seiner Arbeitsstelle laufend anfallen. Dies liegt anders als in den Fällen des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. d, e und f RTV, in denen der Arbeitnehmer einer Einzelfallanordnung des Arbeitgebers nach § 3 Ziff. 3.4 RTV Folge leisten muss. Dadurch wird seine private Dispositionsfreiheit stärker beschränkt.

23

Mit diesem Sinn und Zweck wäre im Übrigen die Annahme der Revision nicht zu vereinbaren, laufende Arbeiten im Tarifsinn lägen nur dann vor, wenn sie stets an allen sieben Wochentagen durchgeführt werden. In diesem Fall würden mit solchen Arbeiten beschäftigte Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen nur einen Zuschlag iHv. 75 % erhalten, während Arbeitnehmer, die auftragsbedingt ausschließlich an Sonn- und Feiertagen eingesetzt werden, Anspruch auf einen Zuschlag iHv. 200 % hätten. Ein solches Ergebnis wäre nicht zu begründen.

24

(d) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Januar 1987 (- 4 AZR 241/86 -) nichts anderes. In dem dort entschiedenen Rechtsstreit sind die Reinigungsarbeiten in einem Krankenhaus kontinuierlich an allen Wochentagen einschließlich Sonn- und Feiertagen ausgeführt worden. Der Senat hatte insoweit angenommen, dass damit die Voraussetzungen der inhaltsgleichen Ausnahmeregelung nach § 9 Ziff. 2 Buchst. g RTV 1984 erfüllt waren und der dortigen Klägerin nur ein reduzierter Zuschlag zustand. Dies entspricht auch dem vorliegenden Verständnis der Tarifnorm. Der 4. Senat musste sich jedoch im Hinblick auf den dortigen Sachverhalt nicht zu der hier maßgeblichen Frage äußern, ob auch ein laufender Anfall der Arbeiten an Sonn- und Feiertagen zur Anwendung der Ausnahmeregelung ausreicht.

25

cc) Nach diesen Grundsätzen sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3.7 Buchst. g RTV für die streitgegenständlichen Feiertagsarbeiten erfüllt. Der Kläger war im Streitzeitraum unter anderem an der Arbeitsstelle „Lackiererei“ eingesetzt. Dass er daneben im Ölmanagement zeitweise eine weitere Arbeitsstelle im Tarifsinn innehatte, steht dem nicht entgegen. An der Arbeitsstelle „Lackiererei“ sind bestimmte Reinigungsarbeiten an Sonn- und Feiertagen bei ruhender Produktion durchgeführt worden. Dies entsprach nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den Vorgaben durch den Kunden im Rahmen des erteilten Auftrags. Die maßgeblichen Reinigungsarbeiten sind an allen Sonn- und Feiertagen des Jahres angefallen. Entgegen der Annahme der Revision ist es unschädlich, dass der Auftraggeber der Beklagten immer erst gegen Mitte der Woche mitgeteilt hat, welche Reinigungsarbeiten in der Lackiererei an den kommenden Sonn- und Feiertagen erledigt werden sollen. Diese Vorgabe bezog sich lediglich auf die Konkretisierung der Arbeiten, nicht hingegen darauf, ob Sonn- und Feiertagsarbeiten anfallen. Dies war unbestritten ganzjährig der Fall. Zwar war für den Kläger damit nicht von vornherein klar, ob er selbst an einem bestimmten Sonn- oder Feiertag eingesetzt würde; dies bestimmte sich erst durch seine individuelle Dienstplanung. Darauf kommt es jedoch nach der tariflichen Regelung nicht an. Maßgeblich ist vielmehr nur, dass er im Hinblick auf seine Arbeitsstelle in der Lackiererei davon ausgehen musste, dass Sonn- oder Feiertagsarbeit laufend anfällt.

26

II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

    Klose    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 8. Februar 2012 - 2 Sa 330/10 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O in Höhe von 90,00 Euro brutto monatlich (Intensivzulage), hilfsweise über die Zahlung einer Zulage gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich(Stationsleitungszulage).

2

Der Kläger ist seit 1993 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Pfleger beschäftigt. Jedenfalls seit 1. November 2006 hat er die Stationsleitung der gynäkologischen Überwachungsstation (Wachsaal der Frauenklinik) inne; die Pflegetätigkeit überwiegt jedoch.

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung.

4

§ 43 TV-L in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung lautet auszugsweise:

        

Sonderregelungen für die nichtärztlichen Beschäftigten in Universitätskliniken und Krankenhäusern

        

Nr. 1 

        

Zu § 1 - Geltungsbereich -

        

Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte (mit Ausnahme der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, die unter § 41 oder § 42 fallen), wenn sie in Universitätskliniken, Krankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, beschäftigt werden.

        

       

        

Nr. 8 

        

Regelungen zur Anwendung der Anlage 1b zum BAT/BAT-O

        

(1)     

Der Betrag nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 und Absatz 1a zu Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O wird von 46,02 Euro auf 90,00 Euro erhöht. Die Zulage steht auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zu.

        

(2)     

Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O, denen die Leitung einer Station übertragen ist, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 45,00 Euro, soweit diesen Beschäftigten in demselben Zeitraum keine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 oder Absatz 1a zu Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O gezahlt wird. Dasselbe gilt für Beschäftigte in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst.“

5

Die Protokollerklärung Nr. 1 zu Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O (PE Nr. 1), die gemäß § 17 TVÜ-L auf das Arbeitsverhältnis weiter Anwendung fand, regelt auszugsweise Folgendes:

        

„(1a) 

Pflegepersonen der Vergütungsgruppen Kr. I bis Kr. VII, die zeitlich überwiegend in Einheiten für Intensivmedizin Patienten pflegen, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 46,02 €.“

6

Die Protokollerklärung Nr. 3 (PE Nr. 3) lautet:

        

„Einheiten für Intensivmedizin sind Stationen für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung. Dazu gehören auch Wachstationen, die für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung eingerichtet sind.“

7

Die Beklagte unterhält mehrere Intensivstationen, jedoch keine in der Frauenklinik. Die rein technische Ausstattung des Wachsaals der Frauenklinik entspricht derjenigen einer Einheit für Intensivmedizin; eine künstliche Beatmung ist dort jedoch nicht vorgesehen. Der Personalschlüssel für den Wachsaal liegt bei 1,7 Pflegekräften pro Patientin. Am Wochenende und an Feiertagen ist die Personalstärke reduziert. In der Frauenklinik frisch operierte Patientinnen werden entweder in den unter anästhesistischer Leitung stehenden Aufwachraum, in den organisatorisch der Frauenklinik zugeordneten Wachsaal oder auf eine Intensivstation, etwa der chirurgischen Klinik, verbracht.

8

Die Beklagte zahlte den Pflegekräften des Wachsaals bis einschließlich Januar 2007 eine „Pflegezulage“, ab November 2006 in Höhe von 90,00 Euro. Mit Schreiben vom 9. Januar 2007 teilte die Beklagte mit, dass sie nach Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006 keine Möglichkeit mehr sehe, „die bisher übertariflich gewährte Pflegezulage weiterhin anzuweisen“. Im Februar 2007 wurden die Zulagen für die Monate November 2006 bis Januar 2007 rückwirkend von der Vergütung abgezogen. Eine Zahlung der Zulage erfolgte seitdem, trotz eines Schreibens des Klägervertreters vom 6. März 2007, nicht mehr.

9

In einem zwischenzeitlich geführten Eingruppierungsprozess erkannte die Beklagte die vom Kläger begehrte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Kr. VII ab 1. Juli 2006 an; es erging ein entsprechendes Anerkenntnisurteil. Die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Kr. VII setzte beim Kläger nicht die Tätigkeit in einer Einheit für Intensivmedizin voraus.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Wachsaal der Frauenklinik stelle eine Einheit der Intensivmedizin im Sinne der tariflichen Bestimmungen dar. Die apparative Ausstattung des Wachsaals entspreche einer Einheit für Intensivmedizin und ebenso sei der Personalschlüssel nach den „Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern - Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 9. September 1974“ (Intensivrichtlinien) ausreichend.

11

Die Arbeitsweise des Wachsaals stelle sich wie folgt dar: Die operierte Patientin komme in Begleitung eines Anästhesisten und weiteren Personals aus dem Operationssaal in den Wachsaal, bei problematischen Patienten komme auch der Oberarzt mit. Im Wachsaal finde die Übergabe der Narkosemedikamentation sowie eine Beschreibung der Reaktion des Patienten auf die Narkose und Intubation statt. Probleme würden besprochen, Untersuchungen und Therapien angeordnet. Zur gleichen Zeit werde die Patientin an den Monitor angeschlossen, damit der Anästhesist die Vitalwerte (Blutdruck, SaO2, EKG) sehen und möglicherweise gleich reagieren könne. Medikamente (Schmerzmittel) würden besprochen und auch gleich verabreicht bzw. angeschlossen. Die Infusionstherapie, also die Gabe von Blutkonserven, Elektrolyten etc. oder notwendige Blutentnahmen, insbesondere bei Herzinfarkt, würden besprochen. Alle Ableitungen müssten versorgt werden. Bei großen Operationen kämen zentral intravenöse Zugänge zum Einsatz, da der Patient über Infusionen tagelang ernährt werden müsse. Es werde möglicherweise auch ein arterieller Zugang gelegt, der unumgänglich sei für die Gabe von Katecholaminen. Der Flüssigkeitshaushalt und die Zufuhr und Ableitung von Flüssigkeiten würden dokumentiert, der zentrale Venendruck gemessen und ggf. Medikamente verabreicht.

12

Mit Einführung des TV-L seien keinerlei organisatorische Änderungen in den Arbeitsabläufen einhergegangen.

13

Jedenfalls habe der Kläger ab 1. Februar 2009 Anspruch auf die Stationsleitungszulage in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich. Die tariflichen Voraussetzungen seien erfüllt.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit 1. November 2006 eine Zulage in Höhe von 90,00 Euro brutto monatlich gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O zu zahlen,

        

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit 1. Februar 2009 eine Zulage in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L zu zahlen.

15

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Beim Wachsaal der Frauenklinik handle es sich nicht um eine Einheit der Intensivmedizin. Dort würden nur frisch operierte Patientinnen mit stabiler Kreislaufsituation routinemäßig nachversorgt und überwacht. Kreislaufinstabile Personen, die während der Operation von den verantwortlichen Ärzten als intensivpflichtig angesehen würden, würden in die jeweils geeigneten Intensivstationen anderer Kliniken (Innere Medizin oder Chirurgie) verlegt, da insbesondere kein aktuell qualifiziertes Intensivpersonal im Bereich des Wachsaals zur Verfügung stehe. Auch entspreche der Personalschlüssel nicht annähernd dem einer Intensivstation. In der chirurgischen Intensivstation betrage der Personalschlüssel 3,5 Pflegekräfte pro Patient, in der internistischen Intensivstation 3 Pflegekräfte pro Patient.

16

Auch die Organisation sei nicht so eingerichtet, dass man den Wachsaal als Einheit der Intensivmedizin betrachten könnte. So sei es Ziel der Beklagten, auf Intensivstationen ausschließlich fachweitergebildetes Personal arbeiten zu lassen, auch wenn dies derzeit angesichts der Rahmenbedingungen im Krankenpflegebereich nicht realisiert werden könne. Im Wachsaal der Frauenklinik hingegen werde weder eine Fachweiterbildung Anästhesie/Intensivpflege noch eine entsprechende Berufserfahrung für nicht einschlägig weitergebildetes Personal als erforderlich vorausgesetzt. Von der Konzeption des Wachsaals sei auch nicht vorgesehen, dass hier lebensbedrohte Personen überwacht würden. Sobald eine Lebensbedrohung festgestellt werde, zB unmittelbar nach einer großen/langen Operation, erfolge eine Verlegung auf die Intensivstation der Chirurgie oder die interdisziplinäre operative Intensivstation.

17

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet; dem Kläger stehe eine Stationsleitungszulage nicht zu. Es sei bereits fraglich, ob dem Kläger eine Leitungszulage zustehen könne, da er weniger als 50 Prozent Leitungstätigkeit ausübe. Vor allem aber falle er nicht unter die Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O; der Wachsaal sei keine Einheit der Intensivmedizin. Soweit § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L nur von „Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O“ spreche, sei davon auszugehen, dass das Weglassen der Zitierung der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a lediglich zur Vermeidung der Wiederholung des langen Zitats erfolgt sei. Dies ergebe sich aus dem letzten Halbsatz desselben Satzes, in dem der Wegfall der Anspruchsberechtigung mit Blick auf eine Zahlung einer Zulage gemäß Abs. 1 geregelt werde. Der Sinn der Neuregelungen in § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L liege darin, dass man denjenigen, die nach Abs. 1 deswegen auf die erhöhte Zulage kein Anrecht hätten, weil sie nicht überwiegend Pflegetätigkeit ausübten, wenigstens eine Zulage in der früheren Höhe gewähren wolle, wenn sie überwiegend die Pflegetätigkeit deshalb nicht mehr ausübten, weil sie in größerem Umfang Leitungsfunktionen übernommen hätten. Es gebe kein Indiz dafür, dass man mit dieser Regelung eine völlig neue Zulagenregelung abgekoppelt von den Tätigkeiten der Protokollerklärung zum BAT habe schaffen wollen.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr im Hinblick auf die Stationsleitungszulage stattgegeben. Einen Anspruch auf die Intensivzulage hat es nach Beweisaufnahme mangels Vorliegens der tariflichen Voraussetzungen abgelehnt. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für beide Parteien zugelassen. Der Kläger begehrt mit seiner Revision eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Intensivzulage, die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

19

I. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig, aber unbegründet.

20

1. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Intensivzulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L iVm. der PE Nr. 1.

21

a) Der Kläger ist nicht in einer Einheit für Intensivmedizin iSd. PE Nr. 3 tätig. Das Landesarbeitsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass es sich beim Wachsaal der Frauenklinik nicht um eine solche handelt.

22

aa) Für die Definition der Begriffe „Einheiten für Intensivmedizin“, „Intensivbehandlung“, „Intensivüberwachung“ und „Wachstation“ ist auf die - unverändert gebliebenen - Intensivrichtlinien der DKG vom 9. September 1974 zurückzugreifen (grundlegend BAG 10. Juli 1996 - 4 AZR 134/95 -; 26. September 2001 - 10 AZR 526/00 - BAGE 99, 131). Danach ist als „Einheit“ eine entsprechende Station anzusehen, eine weiter gehende Verselbstständigung ist nicht gefordert (BAG 10. Juli 1996 - 4 AZR 134/95 - zu II 5.4.1 der Gründe). Die PE Nr. 3 setzt dabei voraus, dass die entsprechenden Einheiten sowohl die Aufgabe der Intensivüberwachung als auch der Intensivbehandlung haben. Intensivüberwachung und -behandlung im Tarifsinn kommt wiederum nur bei Intensivpatienten in Betracht. Intensivpatient ist ein schwerst, oft lebensbedrohlich Erkrankter, der über einen längeren Zeitraum einer intensiven Beobachtung bzw. intensiven Therapie bedarf und bei dem ein beträchtlich über die Norm hinausgehendes Maß an medizinischem Aufwand betrieben werden muss. Ein Überwachungsfall kann bei einem solchen Patienten von einer Minute zur anderen zu einem Behandlungsfall werden. Räumlich und organisatorisch von einer Intensivstation getrennte Wachstationen müssen dabei in Aufbau und Ausstattung den Intensivstationen entsprechen, wobei der Übergang zwischen Intensivüberwachung und Intensivbehandlung fließend ist (BAG 10. Juli 1996 - 4 AZR 134/95 - zu II 5.4.2 und 5.4.3 der Gründe).

23

Dementsprechend hat der Senat den Zweck der Intensivzulage darin gesehen, die Erschwernis auszugleichen, die aus den besonderen Pflegebedingungen in Einheiten für Intensivmedizin herrühren. Dort würden vital bedrohte Schwerkranke aufgenommen, die eine intensive Überwachung, Behandlung und Pflege durch besonders geschultes Personal unter Einsatz besonderer technischer Einrichtungen benötigen (BAG 17. März 2004 - 10 AZR 317/03 - zu II 4 b der Gründe).

24

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht in einer Einheit für Intensivmedizin tätig. Um eine „klassische“ Intensivstation iSd. PE Nr. 3 Satz 1 handelt es sich beim Wachsaal nicht; darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Der Wachsaal ist auch nicht „für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung eingerichtet“ iSd. PE Nr. 3 Satz 2.

25

(1) Nach den og. Grundsätzen bedeutet „eingerichtet sein“ nicht das bloße Vorhandensein entsprechender technischer Hilfsmittel. Dies ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung zur Bejahung des Tarifmerkmals. Vielmehr müssen darüber hinaus nach Quantität und Qualität die personellen Voraussetzungen vorhanden sein, um eine solche Intensivüberwachung und -behandlung durchführen zu können. Weiter setzt das Tarifmerkmal voraus, dass einer solchen Wachstation tatsächlich Intensivpatienten zugewiesen werden oder bleiben; die Zuweisung von „normalen“ Patienten - sei es mit erhöhtem Überwachungsbedarf - genügt nicht. In einem Krankenhaus kann es jederzeit und auf jeder Station zu lebensbedrohlichen Situationen und zu einer entsprechenden Behandlungsbedürftigkeit von Patienten kommen. Deshalb ist aber nicht jeder Patient gleichzeitig Intensivpatient iSd. Intensivrichtlinien. Nur wenn Patienten mit einer Gefährdung oder Störung der vitalen Funktionen, die durch besondere Maßnahmen aufrechterhalten und/oder wieder hergestellt werden müssen, bei Eintritt einer solchen Situation in der Wachstation auch behandelt werden, handelt es sich um eine Einheit der Intensivmedizin im Tarifsinn. Von den Intensivstationen iSd. PE Nr. 3 Satz 1 unterscheiden sich die Wachstationen iSd. Satzes 2 dabei dadurch, dass nicht ausschließlich oder auch nur überwiegend Intensivpatienten behandelt werden. Vielmehr genügt es, wenn mit entsprechender technischer und personeller Ausstattung Intensivüberwachung und -behandlung durchgeführt wird, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist.

26

(2) An einer solchen Intensivbehandlung fehlt es vorliegend. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die auf der durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme basieren, findet im Wachsaal eine intensivierte Überwachung statt, die gegenüber dem Normalmaß herausgehoben ist. Der Krankenhausbetrieb bei der Beklagten ist jedoch so organisiert, dass Patientinnen, bei denen eine lebensbedrohliche Situation erkennbar ist („intensivpflichtige Patienten“), nach einer Operation gar nicht in den Wachsaal verlegt werden, sondern sofort auf die Intensivstation einer anderen Klinik. Patientinnen, bei denen unerwartet im Wachsaal eine solche lebensbedrohliche Situation eintritt, werden schnellstmöglich ebenfalls auf eine Intensivstation verlegt. Dort findet dann die notwendige Intensivbehandlung statt. Dementsprechend ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts künstliche Beatmung im Wachsaal nicht vorgesehen. Zu einer Intensivbehandlung gehört aber typischerweise die Notwendigkeit auch längerfristiger künstlicher Beatmung (vgl. Intensivrichtlinien unter II 8.2.1 Operative Fächer 3. Geräte zur Dauerbeatmung). Damit pflegt der Kläger „seine“ Patienten nicht in einer Einheit für Intensivmedizin im oben genannten Sinn.

27

b) Ein Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der von der Beklagten als „Pflegezulage“ in Höhe von 90,00 Euro monatlich ab November 2006 geleisteten Zahlung als übertarifliche Leistung ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Davon gehen auch die Parteien aus, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend klargestellt haben.

28

2. Die zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.

29

a) Die Anschlussrevision ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie frist- und ordnungsgemäß begründet (§ 74 Abs. 1 ArbGG, § 551 Abs. 3 ZPO; vgl. allgemein zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen zB BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 10/10 - Rn. 16 ff.).

30

b) Die Anschlussrevision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Stationsleitungszulage gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich.

31

aa) Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Das angestrebte Urteil ist geeignet, den Streit der Parteien über den Anspruch des Klägers auf die Stationsleitungszulage endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern. Der teilweise Vergangenheitsbezug des Feststellungsantrags steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt(st. Rspr., zuletzt zB BAG 14. April 2011 - 6 AZR 726/09 - Rn. 11).

32

bb) Dem Kläger ist die Leitung einer Station iSd. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L übertragen. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Vorschriften.

33

(1) Schon nach dem Wortlaut der Tarifnorm, von dem vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 27. Juli 2011 - 10 AZR 484/10 - Rn. 14), erscheint dies eindeutig. Beim Kläger handelt es sich um eine Pflegeperson iSd. Abschn. A der Anlage 1b zum BAT; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch ist ihm die Leitung einer Station übertragen und er erhält keine Pflegezulage nach der PE Nr. 1 Abs. 1 oder Abs. 1a (vgl. oben I 1 a). Die Tarifnorm verlangt nach ihrem Wortlaut weder, dass die Leitungstätigkeit arbeitszeitlich überwiegend ausgeübt wird noch, dass die Leitungstätigkeit in einem Bereich stattfinden muss, in dem für die Stationsleitung oder die anderen Beschäftigten dem Grunde nach ein Anspruch auf die Pflegezulage nach der PE Nr. 1 besteht (ebenso Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr/Dannenberg TV-L Bd. I Stand Oktober 2012 § 43 Nr. 8 Rn. 3 ff.; aA ohne Begründung Bredemeier/Neffke/Baßler TV-L § 43 Nr. 8 Rn. 2).

34

(2) Auch gibt der tarifliche Gesamtzusammenhang, insbesondere die Systematik der weiter geltenden Vergütungsordnung und der Zweck der Zulagengewährung, für eine solche einschränkende Auslegung keine Anhaltspunkte.

35

(a) Durch Abs. 1 und Abs. 1a der PE Nr. 1 ist für Pflegepersonen bestimmter Vergütungsgruppen ein Anspruch auf die Gewährung von Zulagen eingeführt worden, die dem Ausgleich besonderer Belastungen dienen sollen. Abs. 1 knüpft dabei an die Pflege bestimmter Patientengruppen an, Abs. 1a an die Tätigkeit in einer speziellen organisatorischen Einheit, in der die Pflege geleistet wird. Dabei handelt es sich um zwei unterschiedliche Zulagentatbestände (vgl. BAG 17. März 2004 - 10 AZR 317/03 - zu II 3 der Gründe). Durch § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L wurde diese Pflegezulage von 46,02 Euro auf 90,00 Euro erhöht. Gleichzeitig wurde - entgegen der früheren Rechtslage (BAG 17. März 2004 - 10 AZR 317/03 - aaO) - klargestellt, dass diese Zulage dem Beschäftigten auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zusteht. Die PE Nr. 1 wurde insoweit in zweierlei Hinsicht modifiziert.

36

(b) § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L schafft demgegenüber einen neuen Zulagentatbestand und erweitert den Kreis der Berechtigten auf diejenigen Pflegepersonen, die eine Station leiten. Diesen wird nicht die Pflegezulage iSd. PE Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a gewährt, sondern es wird eine neue Zulage in anderer Höhe eingeführt. Die Tarifvertragsparteien machen damit deutlich, dass auch in der Leitungstätigkeit eine besondere, auszugleichende Belastung gesehen wird, die allerdings geringer anzusetzen ist als im Anwendungsbereich des § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L. Darüber hinaus wird klargestellt, dass dieser Anspruch nur dann besteht, wenn die Pflegepersonen nicht bereits die Pflegezulage nach der PE Nr. 1 Abs. 1 oder Abs. 1a erhalten (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 23 f.). Im Hinblick auf diese Neuartigkeit der Zulage, die für eine andere Belastung gewährt wird, besteht systematisch gerade kein Erfordernis, den Personenkreis auf den der PE Nr. 1 unterfallenden Personenkreis zu beschränken. Jedenfalls enthält die Tarifnorm keine Anhaltspunkte für eine solche Beschränkung. Auch wenn die unterstellten Pflegepersonen nicht zulageberechtigt nach der PE Nr. 1 sind, bleiben die spezifischen Belastungen der Leitungsaufgabe bestehen. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. TV-L stellt lediglich sicher, dass die Leitungszulage nicht zusätzlich zu der Pflegezulage bezahlt wird. Die Regelung korrespondiert damit mit § 43 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 TV-L.

37

(c) Ebenso wenig ergeben sich im Hinblick auf den Zweck der Zulage oder aus der Systematik der Tarifregelung Anhaltspunkte dafür, dass die Stationsleitungsaufgaben überwiegend ausgeübt werden müssen (vgl. zur Mitgliedschaft in einer Krankenhausbetriebsleitung nach der PE Nr. 21: BAG 23. November 1994 - 4 AZR 873/93 - zu B II 2 b der Gründe).

38

cc) Der Kläger hat die Stationsleitungszulage mit Schriftsatz vom 11. August 2009, zugestellt am 13. August 2009, rechtzeitig iSv. § 37 TV-L für die Zeit ab 1. Februar 2009 geltend gemacht.

39

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

(1) Renten werden geleistet wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes.

(2) Renten wegen Alters sind

1.
Regelaltersrente,
2.
Altersrente für langjährig Versicherte,
3.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
3a.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte,
4.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
sowie nach den Vorschriften des Fünften Kapitels
5.
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit,
6.
Altersrente für Frauen.

(3) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind

1.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
2.
Rente wegen voller Erwerbsminderung,
3.
Rente für Bergleute.

(4) Renten wegen Todes sind

1.
kleine Witwenrente oder Witwerrente,
2.
große Witwenrente oder Witwerrente,
3.
Erziehungsrente,
4.
Waisenrente.

(5) Renten nach den Vorschriften des Fünften Kapitels sind auch die Knappschaftsausgleichsleistung, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und Witwenrente und Witwerrente an vor dem 1. Juli 1977 geschiedene Ehegatten.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 67. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Höhe von mindestens 10 Prozent der Vollrente in Anspruch nehmen.

(2) (weggefallen)

(3) Versicherte, die wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente ihre Arbeitsleistung einschränken wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeiten einer solchen Einschränkung erörtert. Macht der Versicherte hierzu für seinen Arbeitsbereich Vorschläge, hat der Arbeitgeber zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

9

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

11

1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

12

2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

13

a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

14

b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

15

3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

16

4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

17

III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - zurückgewiesen und der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 10. März 1944 geborene Kläger war vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. April 1983 war er als Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats nach § 38 BetrVG von der Arbeitsleistung freigestellt. Sein Grundgehalt betrug zuletzt monatlich 6.599,00 DM. Hinzu kamen zwei außertarifliche Zulagen iHv. monatlich 300,00 DM und 171,00 DM. Außerdem bezog er monatlich 78,00 DM vermögenswirksame Leistungen. In den Jahren 1992 und 1993 erhielt der Kläger jeweils im November eine Zahlung iHv. 7.070,00 DM.

3

Seit dem 1. April 2007 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente als Vollrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine zusätzliche Altersrente nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68). Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

…       

                 

2.    

Altersrente

                 

…       

        
        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

                          
        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

        
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

        

…       

        
        

B)    

Bei Angestellten:

                 

1. a) 

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlußvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge.

                 

…       

        
                 

2. a) 

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                 

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                 

…       

        
        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben:

        

„Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

                 

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                          

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

                 
5

Anfang des Jahres 1990 erhielten sämtliche Mitarbeiter der Beklagten einschließlich des Klägers ein vom Betriebsrat mitunterzeichnetes Schreiben vom 30. Januar 1990, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die zwischenzeitliche Entwicklung der Steuern und Sozialabgaben dazu geführt habe, dass bei der betrieblichen Altersversorgung eine Überversorgung eingetreten sei. Die Mitarbeiter wurden deshalb gebeten, zuzustimmen, dass die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährten übertariflichen Zulagen nicht zum pensionsfähigen Einkommen gehören und bei der Berechnung der Betriebsrente nicht berücksichtigt werden. Auch der Kläger erklärte die erbetene Zustimmung.

6

Im Jahr 1992 fanden zwischen dem Kläger und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG Gespräche über seine berufliche Entwicklung und Vergütung statt. In einem Schreiben vom 20. Januar 1993 teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer ua. mit:

        

„Betreff: Meine Bezüge

        

…       

        

Sehr geehrter Herr Dr. B,

        

bezugnehmend auf unsere mündliche Unterredung vom Oktober 1992, in der Sie mich aufforderten Überlegungen zu formulieren, wie meine berufliche Entwicklung unter der Annahme einer nicht erfolgten Freistellung als Betriebsratsmitglied verlaufen sein könnte, nehme ich wie folgt Stellung.

        

…       

        

Mit der von Ihnen vorgeschlagenen und im November 1992 durchgeführten Regelung

        

-       

Zahlung eines zusätzlichen Gehaltes wäre ich für die Zukunft einverstanden. Dies entspricht bei Abwägung aller Überlegungen meinen Vorstellungen.

        

Hierbei bitte ich Sie um Beachtung folgender Punkte:

        

a)    

Das im November zusätzlich gezahlte Gehalt gilt rückwirkend für das laufende Jahr.

        

b)    

Die Zahlungen im Monat November

                 

-       

Aufwandsentschädigung (DM 3.000,-)

                 

-       

zusätzliches Gehalt (z.Zt. 7.070,-)

        

werden bei allen gehaltsabhängigen Leistungen zu 1/12 dem normalen Monatseinkommen zugerechnet. Dies gilt nicht für die betriebl. Altersversorgung.“

7

Am 4. Dezember 1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

        

SPRUCH

        

Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der ‚Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)‘ wird wie folgt geändert:

        

2.a)   

Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:

                 

Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59% des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6% bis zu höchstens 71% bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

        

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40% der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100% des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten.

        

…“    

        
8

Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle ua. mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinien 68 weggefallen sei.

9

Mit Schreiben vom 3. März 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die für den Versorgungsfall Vollendung des 65. Lebensjahrs berechnete unverfallbare Anwartschaft 840,00 DM brutto monatlich betrage und eine erneute Berechnung erfolgen müsse, wenn sich der unterstellte Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls ändern sollte. Aus den beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem pensionsfähigen Entgelt von 6.899,00 DM ausgegangen ist, sie bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Vollendung des 65. Lebensjahrs zugrunde gelegt hat und sie die fiktive, bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr erreichbare Betriebsrente im Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten 25,75 Dienstjahre zu den bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen 40,194 Dienstjahren gekürzt hat.

10

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. November 1999 (- 3 AZR 502/98 -) in einem zwischen der Beklagten und einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter geführten Rechtsstreit entschieden, dass die Beklagte aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 trotz der anderslautenden ausdrücklichen Vereinbarung aus dem Jahr 1990 verpflichtet sei, die seit dem 1. Januar 1990 neu gezahlte monatliche tarifliche Zulage beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen.

11

Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Neuberechnung Anwartschaft

        

Sehr geehrter Herr J,

        

nachdem uns aus einem Rechtsstreit ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, nach dem die nichtpensionsfähigen Zulagen bei der Berechnung der Werksrente zu berücksichtigen sind, haben wir uns in Ihrem Fall entschlossen, die BAG-Rechtsgrundsätze anzuwenden und übersenden Ihnen eine Neuberechnung Ihrer Anwartschaft.

        

Die Anwartschaft beträgt bei Vollendung des 65. Lebensjahres 914,00 DM monatlich brutto. Sollte der Versorgungsfall zu einem früheren Zeitpunkt eintreten, muß die Anwartschaft neu gerechnet werden.

        

…“    

12

Am 4. August 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Anwartschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahrs betrage 483,17 Euro brutto monatlich; sollte der Versorgungsfall zu einem anderen Termin eintreten, müsse eine neue Berechnung der Anwartschaft erfolgen. Aus den beigefügten Berechnungsunterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem ruhegeldfähigen Grundgehalt von 7.070,00 DM ausgegangen ist und bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2007 zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat bei den Berechnungen außerdem die zum 1. April 2007 ermittelte Altersrente im Verhältnis der tatsächlich geleisteten 25,75 Dienstjahre zu den bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs möglichen 40,1944 Dienstjahre gekürzt.

13

Mit Schreiben vom 6. Februar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Sehr geehrter Herr J,

        

gemäß Rentenbescheid erhalten Sie ab 01.04.2007 Altersrente für langjährige Versicherte. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie Anspruch auf Zahlung Ihrer Firmenrente. Diese war gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG auf das 65. Lebensjahr berechnet worden. Nachdem der Versorgungsfall am 01.04.2007 eingetreten ist, wurde Ihre Firmenrente neu berechnet (s. Anlage).

        

Die Firmenrente in Höhe von 483,17 € brutto monatlich wird ab April 2007 zum Monatsende auf Ihr Konto überwiesen.

        

…“    

14

Die beigefügten Berechnungsunterlagen entsprechen inhaltlich den bereits dem Schreiben vom 4. August 2004 beigefügten Unterlagen.

15

Mit Schreiben vom 31. März 2007 verlangte der Kläger eine Altersrente iHv. 742,50 Euro monatlich.

16

Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 eine monatliche Altersrente iHv. 483,17 Euro. Seit dem 1. September 2009 zahlt sie nur noch eine monatliche Betriebsrente von 417,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbare Rente hochrechnete und bei dieser Hochrechnung nicht mehr den vom Kläger vom Beginn seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erzielten monatlichen Durchschnitt von Entgeltpunkten, sondern die Entgeltpunkte zugrunde legte, die sich ausgehend von seinem letzten Grundgehalt vor seinem vorzeitigen Ausscheiden zum 30. September 1994 ergeben.

17

Mit seiner am 16. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente iHv. 742,50 Euro verlangt. Er hat geltend gemacht, bei der Berechnung seiner Altersrente sei von einem monatlichen Grundgehalt iHv. 7.737,13 DM auszugehen. Zusätzlich zu dem von der Beklagten zugrunde gelegten monatlichen Grundgehalt von 7.070,00 DM seien die vermögenswirksamen Leistungen iHv. monatlich 78,00 DM sowie 1/12 der in den Jahren 1992 und 1993 gewährten jährlichen Einmalzahlungen von 7.070,00 DM, mithin monatlich weitere 589,13 DM, zu berücksichtigen. Bei der Berechnung seiner Altersrente sei keine zeitanteilige Kürzung unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, sondern nur unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bei Vollendung des 63. Lebensjahrs vorzunehmen. Durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 sei die feste Altersgrenze von 65 Jahren auf 63 Jahre herabgesetzt und zudem auf Abschläge verzichtet worden. Dementsprechend habe die Beklagte ihm mit den Schreiben vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 mitgeteilt, dass die zu zahlende Betriebsrente unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des tatsächlichen Rentenbeginns berechnet werde. Die Beklagte habe weder beim Kläger noch bei anderen Mitarbeitern das 65. Lebensjahr unabhängig vom Renteneintrittsalter als feste Altersgrenze zugrunde gelegt; vielmehr sei stets das tatsächliche Alter beim individuellen Renteneintritt berücksichtigt worden. Bei der Berechnung der Altersrente sei auch nicht die fiktive, auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen, sondern nur die tatsächlich bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Danach errechne sich eine Anwartschaft iHv. 1.452,20 DM. Dies entspreche 742,50 Euro. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 habe ihm die Beklagte daher monatlich 259,33 Euro und ab dem 1. September 2009 monatlich 325,50 Euro nachzuzahlen.

18

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.555,98 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von 259,33 Euro monatlich, beginnend ab dem 1. Mai 2007 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.927,27 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von jeweils 259,33 Euro beginnend ab dem 1. November 2007 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.037,32 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 259,33 Euro beginnend ab dem 1. Juni 2009 zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.278,50 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 325,50 Euro beginnend ab dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

20

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.876,91 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es ist dabei von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 522,44 Euro monatlich ausgegangen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts haben beide Parteien im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens Berufung eingelegt; der Kläger hat zudem klageerweiternd für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. März 2011 weitere 3.903,00 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.511,47 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Dabei ist das Landesarbeitsgericht von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 634,30 Euro monatlich ausgegangen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge im Umfang der Abweisung durch das Landesarbeitsgericht weiter; außerdem hat er seine Klage um die Zahlung von Differenzbeträgen für die Monate April 2011 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 2.929,50 Euro sowie um einen auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer über 417,00 Euro monatlich hinausgehenden weiteren Altersrente ab Januar 2012 iHv. 325,50 Euro monatlich gerichteten Antrag erweitert. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer 417,00 Euro übersteigenden monatlichen Altersrente.

22

I. Die Revisionen sind zulässig. Dies gilt auch für die vom Kläger in der Revision angebrachte Klageerweiterung, mit der er Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 iHv. 2.929,50 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht hat und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm ab Januar 2012 eine über 417,00 Euro monatlich hinausgehende Altersrente von 325,50 Euro zu zahlen.

23

Klageerweiterungen sind in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich unzulässig, weil die Entscheidung über einen geänderten Antrag in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen erfordert und solche von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden können. Sie sind allerdings aus prozessökonomischen Gründen ausnahmsweise zulässig, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Lebenssachverhalt und den unstreitigen Parteivortrag stützt (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 611/10 - Rn. 14 mwN). Das ist vorliegend der Fall. Die Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 betreffen bei unveränderter Sachlage lediglich weitere inzwischen fällig gewordene monatliche Differenzbeträge. Über den Feststellungsantrag kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls entschieden werden.

24

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit die Vorinstanzen der Klage stattgegeben haben, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat nach den Richtlinien 68 idF des Einigungsstellenspruchs vom 4. Dezember 1993 (im Folgenden: Richtlinien 93) keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gezahlte Altersrente von 417,00 Euro monatlich. Die Berechnung der Altersrente des vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts, da die Richtlinien 93 für die Ermittlung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Regelungen enthalten. Danach steht dem Kläger eine Altersrente iHv. 416,84 Euro monatlich zu. Da die Beklagte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 monatlich 483,17 Euro gezahlt hat und seit dem 1. September 2009 monatlich 417,00 Euro zahlt, hat er keine weitergehenden Ansprüche.

25

1. Der Kläger ist am 30. September 1994 vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Dem steht die Regelung X Richtlinien 93 nicht entgegen. Dort ist zwar vorgesehen, dass vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien 93 haben. Diese Bestimmung ist jedoch nach § 134 BGB nichtig, da von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf.

26

2. Die Richtlinien 93 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erfasst die Regelung in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 diesen Fall nicht. Zwar hängt die Höhe der Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Sie beträgt nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und steigt für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Allein einer solchen „aufsteigenden Berechnung“ kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch die vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf diese Weise berechnet werden soll. Vielmehr müsste sich aus den Richtlinien 93 ergeben, dass diese Berechnung auch für die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gelten soll. Daran fehlt es. Die Bestimmung in X Richtlinien 93 zeigt vielmehr, dass die Richtlinien 93 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu geblieben sind.

27

3. Da die Richtlinien 93 die Berechnung der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht selbst regeln, richtet sich die Berechnung nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts (st. Rspr., vgl. ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 2 b der Gründe). Danach ergibt sich in der Regel eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten:

28

Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 25; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 34).

29

Der ersten Störung des Äquivalenzverhältnisses wird dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive, bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare Vollrente zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Der zweite Gesichtspunkt kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung, indem die nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Betriebsrente im Verhältnis der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze gekürzt wird(BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 26; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 25; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 35).

30

Für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist daher zunächst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Veränderungssperre und des Festschreibeeffektes die fiktive Vollrente zu ermitteln. Dies ist nicht die im Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme tatsächlich erreichte oder erreichbare Altersversorgung, sondern die fiktive, auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Versorgungsleistung. Der Berechnung sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG die bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geltende Versorgungsordnung und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bemessungsgrundlagen zugrunde zu legen und auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochzurechnen. Die so ermittelte fiktive Vollrente ist zeitratierlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze zu kürzen. Der so errechnete Betrag ist die Versorgungsleistung, die dem vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Leistung ab der festen Altersgrenze zustünde. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung ist von diesem Betrag ein versicherungsmathematischer Abschlag vorzunehmen, sofern die Versorgungsordnung dies für bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung betriebstreue Arbeitnehmer vorsieht. Ggf. ist ein sog. untechnischer versicherungsmathematische Abschlag vorzunehmen, wenn die Versorgungsordnung einen Abschlag bei der vorgezogenen Inanspruchnahme nicht ausschließt; dabei ist die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ins Verhältnis zu setzen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsordnung bestimmten festen Altersgrenze (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 27; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 26; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 33 ff.).

31

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die monatliche Altersrente des Klägers bei Rentenbeginn am 1. April 2007 wie folgt zu berechnen:

32

a) In einem ersten Schritt ist die fiktive Vollrente des Klägers bei Vollendung des 65. Lebensjahrs unter Zugrundelegung der Richtlinien 93 zu ermitteln.

33

aa) Maßgeblich ist die fiktive Vollrente bei Vollendung des 65. Lebensjahrs. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Danach ist für den Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr abzustellen, wenn nicht die Versorgungsregelung einen früheren Zeitpunkt als feste Altersgrenze vorsieht. Eine frühere feste Altersgrenze sehen die Richtlinien 93 nicht vor. Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall - und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG - mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist(BAG 17. September 2008 - 3 AZR 865/06 - Rn. 27, BAGE 128, 1). Eine solche Festlegung nehmen die Richtlinien 93 jedoch nicht vor. Vielmehr bestimmt IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 93 die Vollendung des 65. Lebensjahrs als feste Altersgrenze. Durch die im Jahr 1986 erfolgte Ergänzung in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 wurde keine frühere feste Altersgrenze eingeführt. Dadurch wurde lediglich die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG als weiterer Versorgungsfall in die Versorgungsordnung aufgenommen. Die feste Altersgrenze ist von der flexiblen Altersgrenze nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 iVm. § 6 Satz 1 BetrAVG zu unterscheiden.

34

bb) Die fiktive Vollrente, die der Kläger bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 erreicht hätte, beläuft sich auf 1.272,60 DM.

35

(1) Der Berechnung der fiktiven Vollrente ist nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 1 Richtlinien 93 das Grundgehalt zugrunde zu legen. Dazu zählen nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 auch die über das Grundgehalt hinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge, jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlussvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge. Das so definierte monatliche Grundgehalt beträgt - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat - 7.070,00 DM. Weder die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich noch die im November 1992 und November 1993 gewährten Sonderzahlungen iHv. 7.070,00 DM jährlich (umgerechnet 589,17 DM monatlich) sind dabei zu berücksichtigen.

36

(a) Die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich zählen nicht zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, dessen Verwendung durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz; vgl. auch BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28).

37

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Entscheidung des Senats vom 24. Januar 2006 (- 3 AZR 479/04 -). Dort ist zwar im Rahmen eines obiter dictum ausgeführt, vermögenswirksame Leistungen stellten grundsätzlich eine besondere Form der Vergütung dar, die als Entgelt für geleistete Arbeit anzusehen sei. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf eine Versorgungsregelung, die als ruhegeldfähiges Einkommen den monatlichen Durchschnitt des Bruttoarbeitseinkommens der letzten drei anrechnungsfähigen Dienstjahre bestimmt hatte. Die dortige Bemessungsgrundlage war daher weiter gefasst als diejenige in den Richtlinien 93.

38

(b) Zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 zählt auch nicht die im November 1992 und November 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. 7.070,00 DM. Sie ist nicht anteilig zu 1/12 bei der Ermittlung des monatlichen Grundgehalts zu berücksichtigen.

39

(aa) Nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 zählen nur regelmäßige monatliche Bezüge zum ruhegeldfähigen Grundgehalt. Die Sonderzahlungen sind keine regelmäßigen monatlichen Bezüge. Der Kläger hat die Sonderzahlungen in den Jahren 1992 und 1993 - entsprechend der Vereinbarung der Parteien - nicht regelmäßig monatlich, sondern als jährliche Einmalzahlung erhalten. Der Kläger hat im Schreiben vom 20. Januar 1993 bestätigt, dass diese jährliche Sonderzahlung nicht nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 ruhegeldfähig ist.

40

(bb) Dieser Vereinbarung der Parteien ist nicht aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 die Geschäftsgrundlage iSd. § 313 BGB entfallen mit der Folge, dass die in den Jahren 1992 und 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. jeweils 7.070,00 DM bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Grundgehalts wie ein regelmäßiger monatlicher Bezug iHv. 589,17 DM zu behandeln ist.

41

Der Senat hat zwar im Hinblick auf die Richtlinien 93 entschieden, dass die Beklagte ihrem infolge der eingetretenen Überversorgung entstandenen Anpassungsrecht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits durch die im Spruch der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 erfolgte Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze Genüge getan hat und sie deshalb - trotz einer anderslautenden Einigung mit den Arbeitnehmern im Jahr 1990 - verpflichtet ist, die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährte übertarifliche monatliche Zulage abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen. Dem Übermaßverbot war dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Berechnung der Gesamtversorgungsobergrenzen wieder die ursprüngliche Definition des ruhegeldfähigen Grundgehalts in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 angewandt wird (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 502/98 - zu 2 der Gründe).

42

Diese Erwägungen können jedoch nicht auf die dem Kläger 1992 und 1993 gewährten Sonderzahlungen übertragen werden. Der Kläger verkennt, dass nicht seine Einverständniserklärung vom 20. Januar 1993 dazu geführt hat, dass die Sonderzahlung abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 nicht als Bestandteil des ruhegeldfähigen Grundgehalts zu berücksichtigen ist, sondern der Umstand, dass es sich nicht um eine monatliche, sondern um eine jährliche Zahlung handelt. Der Inhalt seiner Erklärung vom 20. Januar 1993 stimmt daher mit der Regelung in den Richtlinien 93 überein, wonach nur regelmäßige monatliche Zahlungen zum Grundgehalt zählen.

43

Es kann dahinstehen, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen, er habe sich im Oktober 1992 mit dem Geschäftsführer der Beklagten eigentlich auf eine monatliche Gehaltserhöhung verständigt, die - auf dessen Bitte hin - aber als jährliche Einmalzahlung behandelt werden sollte, um beim ruhegeldfähigen Grundgehalt nicht berücksichtigt werden zu müssen; er habe allein deshalb nicht auf einer monatlichen Auszahlung bestanden, weil diese damals aufgrund der Vereinbarung vom 30. Januar 1990 auch bei monatlicher Gewährung nicht als ruhegeldfähig behandelt worden wäre. Wenn es sich so verhalten haben sollte, wären die Parteien davon ausgegangen, dass die Sonderzahlung auch bei einer regelmäßigen monatlichen Auszahlung nicht ruhegeldfähig gewesen wäre. Für die Vereinbarung einer jährlichen Zahlung hätte daher zur Vermeidung der Ruhegeldfähigkeit keine Veranlassung bestanden. Da die Parteien gleichwohl eine nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ohnehin nicht ruhegeldfähige jährliche Einmalzahlung vereinbart haben, ist Inhalt der Vereinbarung, dass diese in keinem Fall ruhegeldfähig sein sollte, selbst wenn eine monatliche Zahlung ruhegeldfähig wäre. Auf die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge wegen der vom Landesarbeitsgericht unterlassenen Parteivernehmung kommt es deshalb nicht an.

44

(2) Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern in Höhe der fiktiv auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente anzurechnen ist. Diese beträgt 3.567,01 DM.

45

(a) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist im Rahmen der Gesamtversorgung die fiktiv auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen (vgl. ausführlich BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 28, BAGE 117, 268; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 30). Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG, der die Errechnung einer fiktiven, im Fall der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente vorsieht. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann dies sachgerecht nur dadurch geschehen, dass auch die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - aaO).

46

(b) Die Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze ist auf der Grundlage des letzten Einkommens vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen und nicht - wie der Kläger meint - nach den Durchschnittswerten aus der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sollen bei der Berechnung der fiktiven Vollrente für die Zukunft die Verhältnisse fortgeschrieben werden, die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers gelten. Soweit ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen Teil der Berechnungsgrundlage ist, muss daher auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Zugrunde zu legen ist deshalb das letzte Bruttomonatsgehalt vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 36 f., BAGE 117, 268).

47

(c) Für die Berechnung der auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind zunächst die bis zum 30. September 1994 erreichten Entgeltpunkte anzusetzen. Dies sind nach der Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 13. Januar 1999 52,6011 Entgeltpunkte. Für die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 10. März 2009, dem Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren (173,3333 Monate), kommen 24,9427 Entgeltpunkte hinzu. Das in dem Kalenderjahr versicherte Arbeitsentgelt ist nach § 63 Abs. 2 SGB VI in Entgeltpunkte umzurechnen. Dafür ist das monatliche Grundgehalt des Klägers iHv. 7.070,00 DM durch das in § 1 Abs. 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1996(Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1996) vom 4. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1577) für das Jahr 1994 festgesetzte Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung iHv. 49.142,00 DM zu teilen, weil versichertes Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts einen vollen Entgeltpunkt ergibt. Daraus errechnet sich ein monatlicher Wert von 0,1439 Entgeltpunkten. Dieser Wert ist mit den bis zum Erreichen der festen Altersgrenze fehlenden 173,3333 Monaten zu multiplizieren. Dies ergibt 24,9427 erreichbare Entgeltpunkte. Insgesamt sind daher 77,5438 Entgeltpunkte zu veranschlagen. Diese Entgeltpunkte sind mit dem im Jahr 1994 festgelegten Wert eines Entgeltpunkts iHv. 46,00 DM zu multiplizieren. Daraus errechnet sich eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM.

48

Von diesem Betrag ist - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Abzug von 7,2 vH vorzunehmen. Für die Ermittlung der auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist es unerheblich, dass der Kläger die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Vollendung des 63. Lebensjahrs und damit zwei Jahre vor der festen Altersgrenze in Anspruch genommen hat mit der Folge, dass er Abschläge von 7,2 vH hinzunehmen hat.

49

(3) Danach errechnet sich eine fiktive Vollrente iHv. 1.272,60 DM.

50

(a) Die mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit des Klägers beträgt 40 Jahre.

51

Der zum 1. Januar 1969 bei der Beklagten eingestellte Kläger konnte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 eine Beschäftigungszeit von insgesamt 40 Jahren, zwei Monaten und zehn Tagen erreichen. Nach III Satz 2 und 3 Richtlinien 93 sind angefangene Dienstjahre nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sechs Monate übersteigen. Die über 40 Jahre hinausgehende Zeit bleibt deshalb bei der Berechnung der anrechnungsfähigen Dienstzeit unberücksichtigt.

52

(b) Die nach einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von 40 Jahren erreichbare Altersrente beträgt nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 45 % (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts iHv. 7.070,00 DM und damit 3.181,50 DM.

53

(c) Die Gesamtversorgungsobergrenze nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 beträgt 68 % (59 % nach 25 Jahren, 0,6 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts und damit 4.807,60 DM.

54

(d) Auf die maximale Gesamtversorgung von 4.807,60 DM ist die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM anzurechnen. Dies ergibt einen Betrag von 1.240,59 DM.

55

(e) Da die Rente den Mindestrentenbetrag nach VIII B Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 von 40 % der nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ermittelten Altersrente von 3.181,50 DM nicht unterschreiten darf, beträgt die fiktive Vollrente bei Erreichen der festen Altersgrenze 1.272,60 DM (40 vH von 3.181,50 DM).

56

b) Die fiktive Vollrente des Klägers iHv. 1.272,60 DM ist in einem weiteren Schritt anteilig im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Der Kläger hat vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 eine tatsächliche Betriebszugehörigkeit von 25,75 Dienstjahren erreicht. Seine mögliche Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze am 10. März 2009 beläuft sich auf 40,1944 Dienstjahre. Danach errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf eine monatliche Altersrente iHv. 815,27 DM. Dieser Betrag entspricht 416,84 Euro. Ein versicherungsmathematischer Abschlag wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahrs ist nach IV Nr. 2 Satz 3 Richtlinien 93 ausdrücklich nicht vorzunehmen. Deshalb scheidet auch ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag aus.

57

5. Ein höherer Betriebsrentenanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus den Mitteilungen der Beklagten über die Höhe der Rentenanwartschaft vom 3. März 1999, vom 7. November 2000, vom 4. August 2004 und vom 6. Februar 2007 sowie den diesen Mitteilungen beigefügten Unterlagen. Hierbei handelt es sich nicht um Willenserklärungen, sondern lediglich um informatorische, rein deklaratorische Mitteilungen über die Rentenhöhe und die jeweils zugrunde liegende Berechnung. Der Kläger konnte aufgrund dieser Schreiben nicht davon ausgehen, dass sich die Beklagte unabhängig von der materiellen Rechtslage entsprechend dem Inhalt der Schreiben binden wollte (vgl. auch BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 3 der Gründe; 23. April 2002 - 3 AZR 224/01 - zu B II der Gründe, BAGE 101, 122).

58

6. Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf eine höhere Altersrente. Die Beklagte hat sich nicht im Wege betrieblicher Übung dazu verpflichtet, die Berechnung der nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen.

59

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

60

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst.

61

Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57 mwN, BAGE 141, 222).

62

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29 ). Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN). Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN; 30. Mai 2006 -  1 AZR 111/05  - Rn. 37, BAGE 118, 211). Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchssteller (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 46 ff., BAGE 139, 69).

63

b) Danach ist vorliegend keine betriebliche Übung entstanden, die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen. Die Arbeitnehmer konnten aus dem Verhalten der Beklagten nicht schließen, dass die Beklagte bewusst von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abgewichen ist und sie deshalb bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer die zeitanteilige Kürzung lediglich auf der Basis einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente vorgenommen hat und die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Basis von Durchschnittswerten der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte aus der Zeit vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf das 63. Lebensjahr hochgerechnet hat.

64

Die Beklagte hat zwar die Berechnung der Altersrenten derjenigen Arbeitnehmer, die die Altersrente vorgezogen in Anspruch genommen haben und nicht bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu waren, dergestalt vorgenommen, dass sie eine zeitanteilige Kürzung lediglich im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente durchgeführt und nur die auf der Grundlage von Durchschnittswerten aus der Vergangenheit auf den Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet hat. Diese Berechnungsweise konnte aus Sicht der Betroffenen jedoch nicht als bewusste Abweichung der Beklagten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts verstanden werden. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer und die Versorgungsempfänger davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich die aus den Versorgungszusagen resultierenden Verpflichtungen erfüllen wollte. Gegenüber Begünstigten, die - wie der Kläger - mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren und die Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen haben, wollte sie erkennbar den sich aus I Nr. 2, IV Nr. 2 Satz 2 und 3 Richtlinien 93 ergebenden Verpflichtungen nachkommen. Allein die Zahlung einer höheren als der nach der Versorgungszusage geschuldeten Betriebsrente vermag eine betriebliche Übung nicht zu begründen. Dazu ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger bewusst überobligatorische Leistungen erbringen will. Daran fehlt es vorliegend.

65

aa) Aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986 konnten die später mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht schließen, dass die Beklagte im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente bei deren Berechnung bewusst zu ihren Gunsten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abweichen und von einer zeitanteiligen Kürzung im Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zur festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit unter Anrechnung der auf diesen Zeitpunkt fiktiv hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung absehen wollte. Der Aushang betrifft ausdrücklich nur den Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente. Aus der Begünstigung der Betriebsrentner insoweit konnte nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte die Betriebsrentner auch in anderen Punkten begünstigen wollte.

66

bb) Unerheblich ist auch, dass sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit darauf berufen hat, ihre Berechnungsweise habe im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats gestanden, die dieser durch die Urteile vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) geändert habe. Eine Änderung der Rechtsprechung mit dem von der Beklagten dargestellten Inhalt hat nicht stattgefunden. Die Praxis der Beklagten bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers entsprach nicht der früheren Rechtsprechung des Senats vor den Urteilen vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - aaO).

67

Danach war vielmehr der Betriebsrentenanspruch eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers, der seine Betriebsrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nahm, bei Fehlen einer eigenen Regelung in der Versorgungszusage wie folgt zu berechnen: Zunächst war die Betriebsrente zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente betriebstreu geblieben wäre. Dazu wurde grundsätzlich die bei Vollendung des 65. Lebensjahrs (und nicht bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente) erreichbare Vollrente in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der unterstellten Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren gekürzt. Die so für den Zeitpunkt des Versorgungsfalls nach § 6 BetrAVG ermittelte Betriebsrente war anschließend im Verhältnis der tatsächlich erreichten zu der bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren(und wiederum nicht bis zum Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze) möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen (vgl. dazu ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Der Senat hatte in seiner früheren Rechtsprechung daher eine sog. doppelte zeitratierliche Kürzung vorgenommen und damit die fehlende Betriebszugehörigkeit zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente und der festen Altersgrenze zweimal anspruchsmindernd berücksichtigt. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch das Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) geändert. Der Senat hat aber seit jeher zwischen der festen Altersgrenze iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG und dem Alter, in dem der Arbeitnehmer die Rente vorgezogen iSd. § 6 BetrAVG in Anspruch nehmen kann, unterschieden(vgl. etwa BAG 28. März 1995 - 3 AZR 900/94 - zu II 1 der Gründe; 12. März 1991 - 3 AZR 102/90 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 67, 301).

68

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, der Senat habe im Urteil vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern erstmals angenommen, die im Rahmen einer Gesamtversorgung anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochzurechnen. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat dies bereits im Urteil vom 12. November 1991 (- 3 AZR 520/90 - zu II 4 der Gründe, BAGE 69, 19) entschieden hatte.

69

Die Beklagte hatte daher bei der Berechnung der Altersrenten Vergünstigungen gewährt, zu denen sie rechtlich - auch nach der früheren Rechtsprechung des Senats - nicht verpflichtet war. Daraus allein ist jedoch keine betriebliche Übung entstanden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens der Beklagten hätten annehmen dürfen, dass die Beklagte bewusst nicht nur die nach den Versorgungszusagen geschuldete, sondern eine davon abweichende, für die Arbeitnehmer günstigere Berechnung der Altersrenten vornehmen wollte. Anhaltspunkte dafür sind weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen. Die von der Beklagten erstellten Berechnungen der Anwartschaft des Klägers vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 tragen jeweils die Überschrift „Altersversorgungsrichtlinie in der Fassung von 1968 (modifiziert durch den Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993)“. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Beklagte die nach der Versorgungszusage geschuldete Altersrente berechnen wollte.

70

7. Die Änderung der Berechnungsweise stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Betriebsrentenansprüche des Klägers dar. Die Beklagte hat nicht die dem Kläger nach der Versorgungszusage zustehende Betriebsrente reduziert, sondern lediglich die erfolgte fehlerhafte Berechnung, die sich zugunsten des Klägers ausgewirkt hatte, korrigiert.

71

8. Die Beklagte hat weder ihr Recht verwirkt, die Altersrente des Klägers nach den Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts zutreffend zu berechnen, noch verhält sie sich insoweit widersprüchlich.

72

a) Die Beklagte hat ihr Recht zur Korrektur der fehlerhaften Berechnung der Altersrente des Klägers nicht nach § 242 BGB verwirkt.

73

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 32; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37). Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34).

74

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu Recht verneint. Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde weder eine zeitanteilige Kürzung seiner Altersrente entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen, noch werde sie keine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen.

75

b) Die Korrektur der Betriebsrentenberechnung stellt auch keinen Verstoß gegen den aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venirecontrafactum proprium“) dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Widersprüchliches Verhalten ist dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. etwa Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55 mwN). Beides ist nicht der Fall.

76

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    G. Kanzleiter     

                 

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - zurückgewiesen und der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 10. März 1944 geborene Kläger war vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. April 1983 war er als Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats nach § 38 BetrVG von der Arbeitsleistung freigestellt. Sein Grundgehalt betrug zuletzt monatlich 6.599,00 DM. Hinzu kamen zwei außertarifliche Zulagen iHv. monatlich 300,00 DM und 171,00 DM. Außerdem bezog er monatlich 78,00 DM vermögenswirksame Leistungen. In den Jahren 1992 und 1993 erhielt der Kläger jeweils im November eine Zahlung iHv. 7.070,00 DM.

3

Seit dem 1. April 2007 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente als Vollrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine zusätzliche Altersrente nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68). Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

…       

                 

2.    

Altersrente

                 

…       

        
        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

                          
        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

        
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

        

…       

        
        

B)    

Bei Angestellten:

                 

1. a) 

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlußvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge.

                 

…       

        
                 

2. a) 

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                 

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                 

…       

        
        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben:

        

„Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

                 

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                          

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

                 
5

Anfang des Jahres 1990 erhielten sämtliche Mitarbeiter der Beklagten einschließlich des Klägers ein vom Betriebsrat mitunterzeichnetes Schreiben vom 30. Januar 1990, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die zwischenzeitliche Entwicklung der Steuern und Sozialabgaben dazu geführt habe, dass bei der betrieblichen Altersversorgung eine Überversorgung eingetreten sei. Die Mitarbeiter wurden deshalb gebeten, zuzustimmen, dass die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährten übertariflichen Zulagen nicht zum pensionsfähigen Einkommen gehören und bei der Berechnung der Betriebsrente nicht berücksichtigt werden. Auch der Kläger erklärte die erbetene Zustimmung.

6

Im Jahr 1992 fanden zwischen dem Kläger und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG Gespräche über seine berufliche Entwicklung und Vergütung statt. In einem Schreiben vom 20. Januar 1993 teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer ua. mit:

        

„Betreff: Meine Bezüge

        

…       

        

Sehr geehrter Herr Dr. B,

        

bezugnehmend auf unsere mündliche Unterredung vom Oktober 1992, in der Sie mich aufforderten Überlegungen zu formulieren, wie meine berufliche Entwicklung unter der Annahme einer nicht erfolgten Freistellung als Betriebsratsmitglied verlaufen sein könnte, nehme ich wie folgt Stellung.

        

…       

        

Mit der von Ihnen vorgeschlagenen und im November 1992 durchgeführten Regelung

        

-       

Zahlung eines zusätzlichen Gehaltes wäre ich für die Zukunft einverstanden. Dies entspricht bei Abwägung aller Überlegungen meinen Vorstellungen.

        

Hierbei bitte ich Sie um Beachtung folgender Punkte:

        

a)    

Das im November zusätzlich gezahlte Gehalt gilt rückwirkend für das laufende Jahr.

        

b)    

Die Zahlungen im Monat November

                 

-       

Aufwandsentschädigung (DM 3.000,-)

                 

-       

zusätzliches Gehalt (z.Zt. 7.070,-)

        

werden bei allen gehaltsabhängigen Leistungen zu 1/12 dem normalen Monatseinkommen zugerechnet. Dies gilt nicht für die betriebl. Altersversorgung.“

7

Am 4. Dezember 1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

        

SPRUCH

        

Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der ‚Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)‘ wird wie folgt geändert:

        

2.a)   

Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:

                 

Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59% des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6% bis zu höchstens 71% bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

        

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40% der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100% des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten.

        

…“    

        
8

Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle ua. mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinien 68 weggefallen sei.

9

Mit Schreiben vom 3. März 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die für den Versorgungsfall Vollendung des 65. Lebensjahrs berechnete unverfallbare Anwartschaft 840,00 DM brutto monatlich betrage und eine erneute Berechnung erfolgen müsse, wenn sich der unterstellte Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls ändern sollte. Aus den beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem pensionsfähigen Entgelt von 6.899,00 DM ausgegangen ist, sie bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Vollendung des 65. Lebensjahrs zugrunde gelegt hat und sie die fiktive, bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr erreichbare Betriebsrente im Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten 25,75 Dienstjahre zu den bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen 40,194 Dienstjahren gekürzt hat.

10

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. November 1999 (- 3 AZR 502/98 -) in einem zwischen der Beklagten und einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter geführten Rechtsstreit entschieden, dass die Beklagte aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 trotz der anderslautenden ausdrücklichen Vereinbarung aus dem Jahr 1990 verpflichtet sei, die seit dem 1. Januar 1990 neu gezahlte monatliche tarifliche Zulage beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen.

11

Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Neuberechnung Anwartschaft

        

Sehr geehrter Herr J,

        

nachdem uns aus einem Rechtsstreit ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, nach dem die nichtpensionsfähigen Zulagen bei der Berechnung der Werksrente zu berücksichtigen sind, haben wir uns in Ihrem Fall entschlossen, die BAG-Rechtsgrundsätze anzuwenden und übersenden Ihnen eine Neuberechnung Ihrer Anwartschaft.

        

Die Anwartschaft beträgt bei Vollendung des 65. Lebensjahres 914,00 DM monatlich brutto. Sollte der Versorgungsfall zu einem früheren Zeitpunkt eintreten, muß die Anwartschaft neu gerechnet werden.

        

…“    

12

Am 4. August 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Anwartschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahrs betrage 483,17 Euro brutto monatlich; sollte der Versorgungsfall zu einem anderen Termin eintreten, müsse eine neue Berechnung der Anwartschaft erfolgen. Aus den beigefügten Berechnungsunterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem ruhegeldfähigen Grundgehalt von 7.070,00 DM ausgegangen ist und bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2007 zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat bei den Berechnungen außerdem die zum 1. April 2007 ermittelte Altersrente im Verhältnis der tatsächlich geleisteten 25,75 Dienstjahre zu den bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs möglichen 40,1944 Dienstjahre gekürzt.

13

Mit Schreiben vom 6. Februar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Sehr geehrter Herr J,

        

gemäß Rentenbescheid erhalten Sie ab 01.04.2007 Altersrente für langjährige Versicherte. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie Anspruch auf Zahlung Ihrer Firmenrente. Diese war gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG auf das 65. Lebensjahr berechnet worden. Nachdem der Versorgungsfall am 01.04.2007 eingetreten ist, wurde Ihre Firmenrente neu berechnet (s. Anlage).

        

Die Firmenrente in Höhe von 483,17 € brutto monatlich wird ab April 2007 zum Monatsende auf Ihr Konto überwiesen.

        

…“    

14

Die beigefügten Berechnungsunterlagen entsprechen inhaltlich den bereits dem Schreiben vom 4. August 2004 beigefügten Unterlagen.

15

Mit Schreiben vom 31. März 2007 verlangte der Kläger eine Altersrente iHv. 742,50 Euro monatlich.

16

Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 eine monatliche Altersrente iHv. 483,17 Euro. Seit dem 1. September 2009 zahlt sie nur noch eine monatliche Betriebsrente von 417,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbare Rente hochrechnete und bei dieser Hochrechnung nicht mehr den vom Kläger vom Beginn seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erzielten monatlichen Durchschnitt von Entgeltpunkten, sondern die Entgeltpunkte zugrunde legte, die sich ausgehend von seinem letzten Grundgehalt vor seinem vorzeitigen Ausscheiden zum 30. September 1994 ergeben.

17

Mit seiner am 16. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente iHv. 742,50 Euro verlangt. Er hat geltend gemacht, bei der Berechnung seiner Altersrente sei von einem monatlichen Grundgehalt iHv. 7.737,13 DM auszugehen. Zusätzlich zu dem von der Beklagten zugrunde gelegten monatlichen Grundgehalt von 7.070,00 DM seien die vermögenswirksamen Leistungen iHv. monatlich 78,00 DM sowie 1/12 der in den Jahren 1992 und 1993 gewährten jährlichen Einmalzahlungen von 7.070,00 DM, mithin monatlich weitere 589,13 DM, zu berücksichtigen. Bei der Berechnung seiner Altersrente sei keine zeitanteilige Kürzung unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, sondern nur unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bei Vollendung des 63. Lebensjahrs vorzunehmen. Durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 sei die feste Altersgrenze von 65 Jahren auf 63 Jahre herabgesetzt und zudem auf Abschläge verzichtet worden. Dementsprechend habe die Beklagte ihm mit den Schreiben vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 mitgeteilt, dass die zu zahlende Betriebsrente unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des tatsächlichen Rentenbeginns berechnet werde. Die Beklagte habe weder beim Kläger noch bei anderen Mitarbeitern das 65. Lebensjahr unabhängig vom Renteneintrittsalter als feste Altersgrenze zugrunde gelegt; vielmehr sei stets das tatsächliche Alter beim individuellen Renteneintritt berücksichtigt worden. Bei der Berechnung der Altersrente sei auch nicht die fiktive, auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen, sondern nur die tatsächlich bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Danach errechne sich eine Anwartschaft iHv. 1.452,20 DM. Dies entspreche 742,50 Euro. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 habe ihm die Beklagte daher monatlich 259,33 Euro und ab dem 1. September 2009 monatlich 325,50 Euro nachzuzahlen.

18

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.555,98 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von 259,33 Euro monatlich, beginnend ab dem 1. Mai 2007 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.927,27 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von jeweils 259,33 Euro beginnend ab dem 1. November 2007 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.037,32 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 259,33 Euro beginnend ab dem 1. Juni 2009 zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.278,50 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 325,50 Euro beginnend ab dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

20

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.876,91 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es ist dabei von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 522,44 Euro monatlich ausgegangen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts haben beide Parteien im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens Berufung eingelegt; der Kläger hat zudem klageerweiternd für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. März 2011 weitere 3.903,00 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.511,47 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Dabei ist das Landesarbeitsgericht von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 634,30 Euro monatlich ausgegangen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge im Umfang der Abweisung durch das Landesarbeitsgericht weiter; außerdem hat er seine Klage um die Zahlung von Differenzbeträgen für die Monate April 2011 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 2.929,50 Euro sowie um einen auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer über 417,00 Euro monatlich hinausgehenden weiteren Altersrente ab Januar 2012 iHv. 325,50 Euro monatlich gerichteten Antrag erweitert. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer 417,00 Euro übersteigenden monatlichen Altersrente.

22

I. Die Revisionen sind zulässig. Dies gilt auch für die vom Kläger in der Revision angebrachte Klageerweiterung, mit der er Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 iHv. 2.929,50 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht hat und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm ab Januar 2012 eine über 417,00 Euro monatlich hinausgehende Altersrente von 325,50 Euro zu zahlen.

23

Klageerweiterungen sind in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich unzulässig, weil die Entscheidung über einen geänderten Antrag in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen erfordert und solche von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden können. Sie sind allerdings aus prozessökonomischen Gründen ausnahmsweise zulässig, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Lebenssachverhalt und den unstreitigen Parteivortrag stützt (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 611/10 - Rn. 14 mwN). Das ist vorliegend der Fall. Die Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 betreffen bei unveränderter Sachlage lediglich weitere inzwischen fällig gewordene monatliche Differenzbeträge. Über den Feststellungsantrag kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls entschieden werden.

24

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit die Vorinstanzen der Klage stattgegeben haben, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat nach den Richtlinien 68 idF des Einigungsstellenspruchs vom 4. Dezember 1993 (im Folgenden: Richtlinien 93) keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gezahlte Altersrente von 417,00 Euro monatlich. Die Berechnung der Altersrente des vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts, da die Richtlinien 93 für die Ermittlung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Regelungen enthalten. Danach steht dem Kläger eine Altersrente iHv. 416,84 Euro monatlich zu. Da die Beklagte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 monatlich 483,17 Euro gezahlt hat und seit dem 1. September 2009 monatlich 417,00 Euro zahlt, hat er keine weitergehenden Ansprüche.

25

1. Der Kläger ist am 30. September 1994 vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Dem steht die Regelung X Richtlinien 93 nicht entgegen. Dort ist zwar vorgesehen, dass vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien 93 haben. Diese Bestimmung ist jedoch nach § 134 BGB nichtig, da von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf.

26

2. Die Richtlinien 93 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erfasst die Regelung in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 diesen Fall nicht. Zwar hängt die Höhe der Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Sie beträgt nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und steigt für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Allein einer solchen „aufsteigenden Berechnung“ kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch die vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf diese Weise berechnet werden soll. Vielmehr müsste sich aus den Richtlinien 93 ergeben, dass diese Berechnung auch für die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gelten soll. Daran fehlt es. Die Bestimmung in X Richtlinien 93 zeigt vielmehr, dass die Richtlinien 93 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu geblieben sind.

27

3. Da die Richtlinien 93 die Berechnung der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht selbst regeln, richtet sich die Berechnung nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts (st. Rspr., vgl. ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 2 b der Gründe). Danach ergibt sich in der Regel eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten:

28

Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 25; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 34).

29

Der ersten Störung des Äquivalenzverhältnisses wird dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive, bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare Vollrente zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Der zweite Gesichtspunkt kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung, indem die nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Betriebsrente im Verhältnis der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze gekürzt wird(BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 26; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 25; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 35).

30

Für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist daher zunächst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Veränderungssperre und des Festschreibeeffektes die fiktive Vollrente zu ermitteln. Dies ist nicht die im Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme tatsächlich erreichte oder erreichbare Altersversorgung, sondern die fiktive, auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Versorgungsleistung. Der Berechnung sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG die bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geltende Versorgungsordnung und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bemessungsgrundlagen zugrunde zu legen und auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochzurechnen. Die so ermittelte fiktive Vollrente ist zeitratierlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze zu kürzen. Der so errechnete Betrag ist die Versorgungsleistung, die dem vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Leistung ab der festen Altersgrenze zustünde. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung ist von diesem Betrag ein versicherungsmathematischer Abschlag vorzunehmen, sofern die Versorgungsordnung dies für bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung betriebstreue Arbeitnehmer vorsieht. Ggf. ist ein sog. untechnischer versicherungsmathematische Abschlag vorzunehmen, wenn die Versorgungsordnung einen Abschlag bei der vorgezogenen Inanspruchnahme nicht ausschließt; dabei ist die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ins Verhältnis zu setzen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsordnung bestimmten festen Altersgrenze (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 27; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 26; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 33 ff.).

31

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die monatliche Altersrente des Klägers bei Rentenbeginn am 1. April 2007 wie folgt zu berechnen:

32

a) In einem ersten Schritt ist die fiktive Vollrente des Klägers bei Vollendung des 65. Lebensjahrs unter Zugrundelegung der Richtlinien 93 zu ermitteln.

33

aa) Maßgeblich ist die fiktive Vollrente bei Vollendung des 65. Lebensjahrs. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Danach ist für den Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr abzustellen, wenn nicht die Versorgungsregelung einen früheren Zeitpunkt als feste Altersgrenze vorsieht. Eine frühere feste Altersgrenze sehen die Richtlinien 93 nicht vor. Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall - und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG - mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist(BAG 17. September 2008 - 3 AZR 865/06 - Rn. 27, BAGE 128, 1). Eine solche Festlegung nehmen die Richtlinien 93 jedoch nicht vor. Vielmehr bestimmt IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 93 die Vollendung des 65. Lebensjahrs als feste Altersgrenze. Durch die im Jahr 1986 erfolgte Ergänzung in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 wurde keine frühere feste Altersgrenze eingeführt. Dadurch wurde lediglich die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG als weiterer Versorgungsfall in die Versorgungsordnung aufgenommen. Die feste Altersgrenze ist von der flexiblen Altersgrenze nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 iVm. § 6 Satz 1 BetrAVG zu unterscheiden.

34

bb) Die fiktive Vollrente, die der Kläger bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 erreicht hätte, beläuft sich auf 1.272,60 DM.

35

(1) Der Berechnung der fiktiven Vollrente ist nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 1 Richtlinien 93 das Grundgehalt zugrunde zu legen. Dazu zählen nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 auch die über das Grundgehalt hinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge, jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlussvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge. Das so definierte monatliche Grundgehalt beträgt - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat - 7.070,00 DM. Weder die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich noch die im November 1992 und November 1993 gewährten Sonderzahlungen iHv. 7.070,00 DM jährlich (umgerechnet 589,17 DM monatlich) sind dabei zu berücksichtigen.

36

(a) Die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich zählen nicht zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, dessen Verwendung durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz; vgl. auch BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28).

37

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Entscheidung des Senats vom 24. Januar 2006 (- 3 AZR 479/04 -). Dort ist zwar im Rahmen eines obiter dictum ausgeführt, vermögenswirksame Leistungen stellten grundsätzlich eine besondere Form der Vergütung dar, die als Entgelt für geleistete Arbeit anzusehen sei. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf eine Versorgungsregelung, die als ruhegeldfähiges Einkommen den monatlichen Durchschnitt des Bruttoarbeitseinkommens der letzten drei anrechnungsfähigen Dienstjahre bestimmt hatte. Die dortige Bemessungsgrundlage war daher weiter gefasst als diejenige in den Richtlinien 93.

38

(b) Zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 zählt auch nicht die im November 1992 und November 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. 7.070,00 DM. Sie ist nicht anteilig zu 1/12 bei der Ermittlung des monatlichen Grundgehalts zu berücksichtigen.

39

(aa) Nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 zählen nur regelmäßige monatliche Bezüge zum ruhegeldfähigen Grundgehalt. Die Sonderzahlungen sind keine regelmäßigen monatlichen Bezüge. Der Kläger hat die Sonderzahlungen in den Jahren 1992 und 1993 - entsprechend der Vereinbarung der Parteien - nicht regelmäßig monatlich, sondern als jährliche Einmalzahlung erhalten. Der Kläger hat im Schreiben vom 20. Januar 1993 bestätigt, dass diese jährliche Sonderzahlung nicht nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 ruhegeldfähig ist.

40

(bb) Dieser Vereinbarung der Parteien ist nicht aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 die Geschäftsgrundlage iSd. § 313 BGB entfallen mit der Folge, dass die in den Jahren 1992 und 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. jeweils 7.070,00 DM bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Grundgehalts wie ein regelmäßiger monatlicher Bezug iHv. 589,17 DM zu behandeln ist.

41

Der Senat hat zwar im Hinblick auf die Richtlinien 93 entschieden, dass die Beklagte ihrem infolge der eingetretenen Überversorgung entstandenen Anpassungsrecht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits durch die im Spruch der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 erfolgte Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze Genüge getan hat und sie deshalb - trotz einer anderslautenden Einigung mit den Arbeitnehmern im Jahr 1990 - verpflichtet ist, die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährte übertarifliche monatliche Zulage abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen. Dem Übermaßverbot war dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Berechnung der Gesamtversorgungsobergrenzen wieder die ursprüngliche Definition des ruhegeldfähigen Grundgehalts in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 angewandt wird (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 502/98 - zu 2 der Gründe).

42

Diese Erwägungen können jedoch nicht auf die dem Kläger 1992 und 1993 gewährten Sonderzahlungen übertragen werden. Der Kläger verkennt, dass nicht seine Einverständniserklärung vom 20. Januar 1993 dazu geführt hat, dass die Sonderzahlung abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 nicht als Bestandteil des ruhegeldfähigen Grundgehalts zu berücksichtigen ist, sondern der Umstand, dass es sich nicht um eine monatliche, sondern um eine jährliche Zahlung handelt. Der Inhalt seiner Erklärung vom 20. Januar 1993 stimmt daher mit der Regelung in den Richtlinien 93 überein, wonach nur regelmäßige monatliche Zahlungen zum Grundgehalt zählen.

43

Es kann dahinstehen, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen, er habe sich im Oktober 1992 mit dem Geschäftsführer der Beklagten eigentlich auf eine monatliche Gehaltserhöhung verständigt, die - auf dessen Bitte hin - aber als jährliche Einmalzahlung behandelt werden sollte, um beim ruhegeldfähigen Grundgehalt nicht berücksichtigt werden zu müssen; er habe allein deshalb nicht auf einer monatlichen Auszahlung bestanden, weil diese damals aufgrund der Vereinbarung vom 30. Januar 1990 auch bei monatlicher Gewährung nicht als ruhegeldfähig behandelt worden wäre. Wenn es sich so verhalten haben sollte, wären die Parteien davon ausgegangen, dass die Sonderzahlung auch bei einer regelmäßigen monatlichen Auszahlung nicht ruhegeldfähig gewesen wäre. Für die Vereinbarung einer jährlichen Zahlung hätte daher zur Vermeidung der Ruhegeldfähigkeit keine Veranlassung bestanden. Da die Parteien gleichwohl eine nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ohnehin nicht ruhegeldfähige jährliche Einmalzahlung vereinbart haben, ist Inhalt der Vereinbarung, dass diese in keinem Fall ruhegeldfähig sein sollte, selbst wenn eine monatliche Zahlung ruhegeldfähig wäre. Auf die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge wegen der vom Landesarbeitsgericht unterlassenen Parteivernehmung kommt es deshalb nicht an.

44

(2) Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern in Höhe der fiktiv auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente anzurechnen ist. Diese beträgt 3.567,01 DM.

45

(a) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist im Rahmen der Gesamtversorgung die fiktiv auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen (vgl. ausführlich BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 28, BAGE 117, 268; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 30). Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG, der die Errechnung einer fiktiven, im Fall der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente vorsieht. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann dies sachgerecht nur dadurch geschehen, dass auch die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - aaO).

46

(b) Die Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze ist auf der Grundlage des letzten Einkommens vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen und nicht - wie der Kläger meint - nach den Durchschnittswerten aus der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sollen bei der Berechnung der fiktiven Vollrente für die Zukunft die Verhältnisse fortgeschrieben werden, die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers gelten. Soweit ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen Teil der Berechnungsgrundlage ist, muss daher auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Zugrunde zu legen ist deshalb das letzte Bruttomonatsgehalt vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 36 f., BAGE 117, 268).

47

(c) Für die Berechnung der auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind zunächst die bis zum 30. September 1994 erreichten Entgeltpunkte anzusetzen. Dies sind nach der Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 13. Januar 1999 52,6011 Entgeltpunkte. Für die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 10. März 2009, dem Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren (173,3333 Monate), kommen 24,9427 Entgeltpunkte hinzu. Das in dem Kalenderjahr versicherte Arbeitsentgelt ist nach § 63 Abs. 2 SGB VI in Entgeltpunkte umzurechnen. Dafür ist das monatliche Grundgehalt des Klägers iHv. 7.070,00 DM durch das in § 1 Abs. 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1996(Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1996) vom 4. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1577) für das Jahr 1994 festgesetzte Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung iHv. 49.142,00 DM zu teilen, weil versichertes Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts einen vollen Entgeltpunkt ergibt. Daraus errechnet sich ein monatlicher Wert von 0,1439 Entgeltpunkten. Dieser Wert ist mit den bis zum Erreichen der festen Altersgrenze fehlenden 173,3333 Monaten zu multiplizieren. Dies ergibt 24,9427 erreichbare Entgeltpunkte. Insgesamt sind daher 77,5438 Entgeltpunkte zu veranschlagen. Diese Entgeltpunkte sind mit dem im Jahr 1994 festgelegten Wert eines Entgeltpunkts iHv. 46,00 DM zu multiplizieren. Daraus errechnet sich eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM.

48

Von diesem Betrag ist - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Abzug von 7,2 vH vorzunehmen. Für die Ermittlung der auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist es unerheblich, dass der Kläger die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Vollendung des 63. Lebensjahrs und damit zwei Jahre vor der festen Altersgrenze in Anspruch genommen hat mit der Folge, dass er Abschläge von 7,2 vH hinzunehmen hat.

49

(3) Danach errechnet sich eine fiktive Vollrente iHv. 1.272,60 DM.

50

(a) Die mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit des Klägers beträgt 40 Jahre.

51

Der zum 1. Januar 1969 bei der Beklagten eingestellte Kläger konnte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 eine Beschäftigungszeit von insgesamt 40 Jahren, zwei Monaten und zehn Tagen erreichen. Nach III Satz 2 und 3 Richtlinien 93 sind angefangene Dienstjahre nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sechs Monate übersteigen. Die über 40 Jahre hinausgehende Zeit bleibt deshalb bei der Berechnung der anrechnungsfähigen Dienstzeit unberücksichtigt.

52

(b) Die nach einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von 40 Jahren erreichbare Altersrente beträgt nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 45 % (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts iHv. 7.070,00 DM und damit 3.181,50 DM.

53

(c) Die Gesamtversorgungsobergrenze nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 beträgt 68 % (59 % nach 25 Jahren, 0,6 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts und damit 4.807,60 DM.

54

(d) Auf die maximale Gesamtversorgung von 4.807,60 DM ist die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM anzurechnen. Dies ergibt einen Betrag von 1.240,59 DM.

55

(e) Da die Rente den Mindestrentenbetrag nach VIII B Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 von 40 % der nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ermittelten Altersrente von 3.181,50 DM nicht unterschreiten darf, beträgt die fiktive Vollrente bei Erreichen der festen Altersgrenze 1.272,60 DM (40 vH von 3.181,50 DM).

56

b) Die fiktive Vollrente des Klägers iHv. 1.272,60 DM ist in einem weiteren Schritt anteilig im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Der Kläger hat vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 eine tatsächliche Betriebszugehörigkeit von 25,75 Dienstjahren erreicht. Seine mögliche Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze am 10. März 2009 beläuft sich auf 40,1944 Dienstjahre. Danach errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf eine monatliche Altersrente iHv. 815,27 DM. Dieser Betrag entspricht 416,84 Euro. Ein versicherungsmathematischer Abschlag wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahrs ist nach IV Nr. 2 Satz 3 Richtlinien 93 ausdrücklich nicht vorzunehmen. Deshalb scheidet auch ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag aus.

57

5. Ein höherer Betriebsrentenanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus den Mitteilungen der Beklagten über die Höhe der Rentenanwartschaft vom 3. März 1999, vom 7. November 2000, vom 4. August 2004 und vom 6. Februar 2007 sowie den diesen Mitteilungen beigefügten Unterlagen. Hierbei handelt es sich nicht um Willenserklärungen, sondern lediglich um informatorische, rein deklaratorische Mitteilungen über die Rentenhöhe und die jeweils zugrunde liegende Berechnung. Der Kläger konnte aufgrund dieser Schreiben nicht davon ausgehen, dass sich die Beklagte unabhängig von der materiellen Rechtslage entsprechend dem Inhalt der Schreiben binden wollte (vgl. auch BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 3 der Gründe; 23. April 2002 - 3 AZR 224/01 - zu B II der Gründe, BAGE 101, 122).

58

6. Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf eine höhere Altersrente. Die Beklagte hat sich nicht im Wege betrieblicher Übung dazu verpflichtet, die Berechnung der nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen.

59

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

60

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst.

61

Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57 mwN, BAGE 141, 222).

62

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29 ). Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN). Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN; 30. Mai 2006 -  1 AZR 111/05  - Rn. 37, BAGE 118, 211). Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchssteller (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 46 ff., BAGE 139, 69).

63

b) Danach ist vorliegend keine betriebliche Übung entstanden, die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen. Die Arbeitnehmer konnten aus dem Verhalten der Beklagten nicht schließen, dass die Beklagte bewusst von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abgewichen ist und sie deshalb bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer die zeitanteilige Kürzung lediglich auf der Basis einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente vorgenommen hat und die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Basis von Durchschnittswerten der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte aus der Zeit vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf das 63. Lebensjahr hochgerechnet hat.

64

Die Beklagte hat zwar die Berechnung der Altersrenten derjenigen Arbeitnehmer, die die Altersrente vorgezogen in Anspruch genommen haben und nicht bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu waren, dergestalt vorgenommen, dass sie eine zeitanteilige Kürzung lediglich im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente durchgeführt und nur die auf der Grundlage von Durchschnittswerten aus der Vergangenheit auf den Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet hat. Diese Berechnungsweise konnte aus Sicht der Betroffenen jedoch nicht als bewusste Abweichung der Beklagten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts verstanden werden. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer und die Versorgungsempfänger davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich die aus den Versorgungszusagen resultierenden Verpflichtungen erfüllen wollte. Gegenüber Begünstigten, die - wie der Kläger - mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren und die Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen haben, wollte sie erkennbar den sich aus I Nr. 2, IV Nr. 2 Satz 2 und 3 Richtlinien 93 ergebenden Verpflichtungen nachkommen. Allein die Zahlung einer höheren als der nach der Versorgungszusage geschuldeten Betriebsrente vermag eine betriebliche Übung nicht zu begründen. Dazu ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger bewusst überobligatorische Leistungen erbringen will. Daran fehlt es vorliegend.

65

aa) Aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986 konnten die später mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht schließen, dass die Beklagte im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente bei deren Berechnung bewusst zu ihren Gunsten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abweichen und von einer zeitanteiligen Kürzung im Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zur festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit unter Anrechnung der auf diesen Zeitpunkt fiktiv hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung absehen wollte. Der Aushang betrifft ausdrücklich nur den Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente. Aus der Begünstigung der Betriebsrentner insoweit konnte nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte die Betriebsrentner auch in anderen Punkten begünstigen wollte.

66

bb) Unerheblich ist auch, dass sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit darauf berufen hat, ihre Berechnungsweise habe im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats gestanden, die dieser durch die Urteile vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) geändert habe. Eine Änderung der Rechtsprechung mit dem von der Beklagten dargestellten Inhalt hat nicht stattgefunden. Die Praxis der Beklagten bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers entsprach nicht der früheren Rechtsprechung des Senats vor den Urteilen vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - aaO).

67

Danach war vielmehr der Betriebsrentenanspruch eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers, der seine Betriebsrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nahm, bei Fehlen einer eigenen Regelung in der Versorgungszusage wie folgt zu berechnen: Zunächst war die Betriebsrente zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente betriebstreu geblieben wäre. Dazu wurde grundsätzlich die bei Vollendung des 65. Lebensjahrs (und nicht bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente) erreichbare Vollrente in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der unterstellten Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren gekürzt. Die so für den Zeitpunkt des Versorgungsfalls nach § 6 BetrAVG ermittelte Betriebsrente war anschließend im Verhältnis der tatsächlich erreichten zu der bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren(und wiederum nicht bis zum Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze) möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen (vgl. dazu ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Der Senat hatte in seiner früheren Rechtsprechung daher eine sog. doppelte zeitratierliche Kürzung vorgenommen und damit die fehlende Betriebszugehörigkeit zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente und der festen Altersgrenze zweimal anspruchsmindernd berücksichtigt. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch das Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) geändert. Der Senat hat aber seit jeher zwischen der festen Altersgrenze iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG und dem Alter, in dem der Arbeitnehmer die Rente vorgezogen iSd. § 6 BetrAVG in Anspruch nehmen kann, unterschieden(vgl. etwa BAG 28. März 1995 - 3 AZR 900/94 - zu II 1 der Gründe; 12. März 1991 - 3 AZR 102/90 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 67, 301).

68

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, der Senat habe im Urteil vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern erstmals angenommen, die im Rahmen einer Gesamtversorgung anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochzurechnen. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat dies bereits im Urteil vom 12. November 1991 (- 3 AZR 520/90 - zu II 4 der Gründe, BAGE 69, 19) entschieden hatte.

69

Die Beklagte hatte daher bei der Berechnung der Altersrenten Vergünstigungen gewährt, zu denen sie rechtlich - auch nach der früheren Rechtsprechung des Senats - nicht verpflichtet war. Daraus allein ist jedoch keine betriebliche Übung entstanden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens der Beklagten hätten annehmen dürfen, dass die Beklagte bewusst nicht nur die nach den Versorgungszusagen geschuldete, sondern eine davon abweichende, für die Arbeitnehmer günstigere Berechnung der Altersrenten vornehmen wollte. Anhaltspunkte dafür sind weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen. Die von der Beklagten erstellten Berechnungen der Anwartschaft des Klägers vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 tragen jeweils die Überschrift „Altersversorgungsrichtlinie in der Fassung von 1968 (modifiziert durch den Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993)“. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Beklagte die nach der Versorgungszusage geschuldete Altersrente berechnen wollte.

70

7. Die Änderung der Berechnungsweise stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Betriebsrentenansprüche des Klägers dar. Die Beklagte hat nicht die dem Kläger nach der Versorgungszusage zustehende Betriebsrente reduziert, sondern lediglich die erfolgte fehlerhafte Berechnung, die sich zugunsten des Klägers ausgewirkt hatte, korrigiert.

71

8. Die Beklagte hat weder ihr Recht verwirkt, die Altersrente des Klägers nach den Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts zutreffend zu berechnen, noch verhält sie sich insoweit widersprüchlich.

72

a) Die Beklagte hat ihr Recht zur Korrektur der fehlerhaften Berechnung der Altersrente des Klägers nicht nach § 242 BGB verwirkt.

73

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 32; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37). Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34).

74

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu Recht verneint. Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde weder eine zeitanteilige Kürzung seiner Altersrente entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen, noch werde sie keine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen.

75

b) Die Korrektur der Betriebsrentenberechnung stellt auch keinen Verstoß gegen den aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venirecontrafactum proprium“) dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Widersprüchliches Verhalten ist dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. etwa Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55 mwN). Beides ist nicht der Fall.

76

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    G. Kanzleiter     

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - zurückgewiesen und der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 10. März 1944 geborene Kläger war vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. April 1983 war er als Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats nach § 38 BetrVG von der Arbeitsleistung freigestellt. Sein Grundgehalt betrug zuletzt monatlich 6.599,00 DM. Hinzu kamen zwei außertarifliche Zulagen iHv. monatlich 300,00 DM und 171,00 DM. Außerdem bezog er monatlich 78,00 DM vermögenswirksame Leistungen. In den Jahren 1992 und 1993 erhielt der Kläger jeweils im November eine Zahlung iHv. 7.070,00 DM.

3

Seit dem 1. April 2007 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente als Vollrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine zusätzliche Altersrente nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68). Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

…       

                 

2.    

Altersrente

                 

…       

        
        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

                          
        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

        
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

        

…       

        
        

B)    

Bei Angestellten:

                 

1. a) 

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlußvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge.

                 

…       

        
                 

2. a) 

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                 

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                 

…       

        
        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben:

        

„Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

                 

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                          

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

                 
5

Anfang des Jahres 1990 erhielten sämtliche Mitarbeiter der Beklagten einschließlich des Klägers ein vom Betriebsrat mitunterzeichnetes Schreiben vom 30. Januar 1990, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die zwischenzeitliche Entwicklung der Steuern und Sozialabgaben dazu geführt habe, dass bei der betrieblichen Altersversorgung eine Überversorgung eingetreten sei. Die Mitarbeiter wurden deshalb gebeten, zuzustimmen, dass die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährten übertariflichen Zulagen nicht zum pensionsfähigen Einkommen gehören und bei der Berechnung der Betriebsrente nicht berücksichtigt werden. Auch der Kläger erklärte die erbetene Zustimmung.

6

Im Jahr 1992 fanden zwischen dem Kläger und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG Gespräche über seine berufliche Entwicklung und Vergütung statt. In einem Schreiben vom 20. Januar 1993 teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer ua. mit:

        

„Betreff: Meine Bezüge

        

…       

        

Sehr geehrter Herr Dr. B,

        

bezugnehmend auf unsere mündliche Unterredung vom Oktober 1992, in der Sie mich aufforderten Überlegungen zu formulieren, wie meine berufliche Entwicklung unter der Annahme einer nicht erfolgten Freistellung als Betriebsratsmitglied verlaufen sein könnte, nehme ich wie folgt Stellung.

        

…       

        

Mit der von Ihnen vorgeschlagenen und im November 1992 durchgeführten Regelung

        

-       

Zahlung eines zusätzlichen Gehaltes wäre ich für die Zukunft einverstanden. Dies entspricht bei Abwägung aller Überlegungen meinen Vorstellungen.

        

Hierbei bitte ich Sie um Beachtung folgender Punkte:

        

a)    

Das im November zusätzlich gezahlte Gehalt gilt rückwirkend für das laufende Jahr.

        

b)    

Die Zahlungen im Monat November

                 

-       

Aufwandsentschädigung (DM 3.000,-)

                 

-       

zusätzliches Gehalt (z.Zt. 7.070,-)

        

werden bei allen gehaltsabhängigen Leistungen zu 1/12 dem normalen Monatseinkommen zugerechnet. Dies gilt nicht für die betriebl. Altersversorgung.“

7

Am 4. Dezember 1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

        

SPRUCH

        

Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der ‚Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)‘ wird wie folgt geändert:

        

2.a)   

Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:

                 

Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59% des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6% bis zu höchstens 71% bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

        

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40% der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100% des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten.

        

…“    

        
8

Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle ua. mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinien 68 weggefallen sei.

9

Mit Schreiben vom 3. März 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die für den Versorgungsfall Vollendung des 65. Lebensjahrs berechnete unverfallbare Anwartschaft 840,00 DM brutto monatlich betrage und eine erneute Berechnung erfolgen müsse, wenn sich der unterstellte Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls ändern sollte. Aus den beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem pensionsfähigen Entgelt von 6.899,00 DM ausgegangen ist, sie bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Vollendung des 65. Lebensjahrs zugrunde gelegt hat und sie die fiktive, bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr erreichbare Betriebsrente im Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten 25,75 Dienstjahre zu den bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen 40,194 Dienstjahren gekürzt hat.

10

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. November 1999 (- 3 AZR 502/98 -) in einem zwischen der Beklagten und einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter geführten Rechtsstreit entschieden, dass die Beklagte aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 trotz der anderslautenden ausdrücklichen Vereinbarung aus dem Jahr 1990 verpflichtet sei, die seit dem 1. Januar 1990 neu gezahlte monatliche tarifliche Zulage beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen.

11

Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Neuberechnung Anwartschaft

        

Sehr geehrter Herr J,

        

nachdem uns aus einem Rechtsstreit ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, nach dem die nichtpensionsfähigen Zulagen bei der Berechnung der Werksrente zu berücksichtigen sind, haben wir uns in Ihrem Fall entschlossen, die BAG-Rechtsgrundsätze anzuwenden und übersenden Ihnen eine Neuberechnung Ihrer Anwartschaft.

        

Die Anwartschaft beträgt bei Vollendung des 65. Lebensjahres 914,00 DM monatlich brutto. Sollte der Versorgungsfall zu einem früheren Zeitpunkt eintreten, muß die Anwartschaft neu gerechnet werden.

        

…“    

12

Am 4. August 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Anwartschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahrs betrage 483,17 Euro brutto monatlich; sollte der Versorgungsfall zu einem anderen Termin eintreten, müsse eine neue Berechnung der Anwartschaft erfolgen. Aus den beigefügten Berechnungsunterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem ruhegeldfähigen Grundgehalt von 7.070,00 DM ausgegangen ist und bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2007 zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat bei den Berechnungen außerdem die zum 1. April 2007 ermittelte Altersrente im Verhältnis der tatsächlich geleisteten 25,75 Dienstjahre zu den bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs möglichen 40,1944 Dienstjahre gekürzt.

13

Mit Schreiben vom 6. Februar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Sehr geehrter Herr J,

        

gemäß Rentenbescheid erhalten Sie ab 01.04.2007 Altersrente für langjährige Versicherte. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie Anspruch auf Zahlung Ihrer Firmenrente. Diese war gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG auf das 65. Lebensjahr berechnet worden. Nachdem der Versorgungsfall am 01.04.2007 eingetreten ist, wurde Ihre Firmenrente neu berechnet (s. Anlage).

        

Die Firmenrente in Höhe von 483,17 € brutto monatlich wird ab April 2007 zum Monatsende auf Ihr Konto überwiesen.

        

…“    

14

Die beigefügten Berechnungsunterlagen entsprechen inhaltlich den bereits dem Schreiben vom 4. August 2004 beigefügten Unterlagen.

15

Mit Schreiben vom 31. März 2007 verlangte der Kläger eine Altersrente iHv. 742,50 Euro monatlich.

16

Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 eine monatliche Altersrente iHv. 483,17 Euro. Seit dem 1. September 2009 zahlt sie nur noch eine monatliche Betriebsrente von 417,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbare Rente hochrechnete und bei dieser Hochrechnung nicht mehr den vom Kläger vom Beginn seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erzielten monatlichen Durchschnitt von Entgeltpunkten, sondern die Entgeltpunkte zugrunde legte, die sich ausgehend von seinem letzten Grundgehalt vor seinem vorzeitigen Ausscheiden zum 30. September 1994 ergeben.

17

Mit seiner am 16. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente iHv. 742,50 Euro verlangt. Er hat geltend gemacht, bei der Berechnung seiner Altersrente sei von einem monatlichen Grundgehalt iHv. 7.737,13 DM auszugehen. Zusätzlich zu dem von der Beklagten zugrunde gelegten monatlichen Grundgehalt von 7.070,00 DM seien die vermögenswirksamen Leistungen iHv. monatlich 78,00 DM sowie 1/12 der in den Jahren 1992 und 1993 gewährten jährlichen Einmalzahlungen von 7.070,00 DM, mithin monatlich weitere 589,13 DM, zu berücksichtigen. Bei der Berechnung seiner Altersrente sei keine zeitanteilige Kürzung unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, sondern nur unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bei Vollendung des 63. Lebensjahrs vorzunehmen. Durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 sei die feste Altersgrenze von 65 Jahren auf 63 Jahre herabgesetzt und zudem auf Abschläge verzichtet worden. Dementsprechend habe die Beklagte ihm mit den Schreiben vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 mitgeteilt, dass die zu zahlende Betriebsrente unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des tatsächlichen Rentenbeginns berechnet werde. Die Beklagte habe weder beim Kläger noch bei anderen Mitarbeitern das 65. Lebensjahr unabhängig vom Renteneintrittsalter als feste Altersgrenze zugrunde gelegt; vielmehr sei stets das tatsächliche Alter beim individuellen Renteneintritt berücksichtigt worden. Bei der Berechnung der Altersrente sei auch nicht die fiktive, auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen, sondern nur die tatsächlich bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Danach errechne sich eine Anwartschaft iHv. 1.452,20 DM. Dies entspreche 742,50 Euro. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 habe ihm die Beklagte daher monatlich 259,33 Euro und ab dem 1. September 2009 monatlich 325,50 Euro nachzuzahlen.

18

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.555,98 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von 259,33 Euro monatlich, beginnend ab dem 1. Mai 2007 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.927,27 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von jeweils 259,33 Euro beginnend ab dem 1. November 2007 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.037,32 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 259,33 Euro beginnend ab dem 1. Juni 2009 zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.278,50 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 325,50 Euro beginnend ab dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

20

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.876,91 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es ist dabei von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 522,44 Euro monatlich ausgegangen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts haben beide Parteien im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens Berufung eingelegt; der Kläger hat zudem klageerweiternd für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. März 2011 weitere 3.903,00 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.511,47 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Dabei ist das Landesarbeitsgericht von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 634,30 Euro monatlich ausgegangen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge im Umfang der Abweisung durch das Landesarbeitsgericht weiter; außerdem hat er seine Klage um die Zahlung von Differenzbeträgen für die Monate April 2011 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 2.929,50 Euro sowie um einen auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer über 417,00 Euro monatlich hinausgehenden weiteren Altersrente ab Januar 2012 iHv. 325,50 Euro monatlich gerichteten Antrag erweitert. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer 417,00 Euro übersteigenden monatlichen Altersrente.

22

I. Die Revisionen sind zulässig. Dies gilt auch für die vom Kläger in der Revision angebrachte Klageerweiterung, mit der er Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 iHv. 2.929,50 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht hat und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm ab Januar 2012 eine über 417,00 Euro monatlich hinausgehende Altersrente von 325,50 Euro zu zahlen.

23

Klageerweiterungen sind in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich unzulässig, weil die Entscheidung über einen geänderten Antrag in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen erfordert und solche von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden können. Sie sind allerdings aus prozessökonomischen Gründen ausnahmsweise zulässig, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Lebenssachverhalt und den unstreitigen Parteivortrag stützt (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 611/10 - Rn. 14 mwN). Das ist vorliegend der Fall. Die Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 betreffen bei unveränderter Sachlage lediglich weitere inzwischen fällig gewordene monatliche Differenzbeträge. Über den Feststellungsantrag kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls entschieden werden.

24

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit die Vorinstanzen der Klage stattgegeben haben, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat nach den Richtlinien 68 idF des Einigungsstellenspruchs vom 4. Dezember 1993 (im Folgenden: Richtlinien 93) keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gezahlte Altersrente von 417,00 Euro monatlich. Die Berechnung der Altersrente des vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts, da die Richtlinien 93 für die Ermittlung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Regelungen enthalten. Danach steht dem Kläger eine Altersrente iHv. 416,84 Euro monatlich zu. Da die Beklagte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 monatlich 483,17 Euro gezahlt hat und seit dem 1. September 2009 monatlich 417,00 Euro zahlt, hat er keine weitergehenden Ansprüche.

25

1. Der Kläger ist am 30. September 1994 vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Dem steht die Regelung X Richtlinien 93 nicht entgegen. Dort ist zwar vorgesehen, dass vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien 93 haben. Diese Bestimmung ist jedoch nach § 134 BGB nichtig, da von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf.

26

2. Die Richtlinien 93 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erfasst die Regelung in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 diesen Fall nicht. Zwar hängt die Höhe der Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Sie beträgt nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und steigt für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Allein einer solchen „aufsteigenden Berechnung“ kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch die vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf diese Weise berechnet werden soll. Vielmehr müsste sich aus den Richtlinien 93 ergeben, dass diese Berechnung auch für die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gelten soll. Daran fehlt es. Die Bestimmung in X Richtlinien 93 zeigt vielmehr, dass die Richtlinien 93 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu geblieben sind.

27

3. Da die Richtlinien 93 die Berechnung der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht selbst regeln, richtet sich die Berechnung nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts (st. Rspr., vgl. ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 2 b der Gründe). Danach ergibt sich in der Regel eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten:

28

Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 25; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 34).

29

Der ersten Störung des Äquivalenzverhältnisses wird dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive, bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare Vollrente zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Der zweite Gesichtspunkt kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung, indem die nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Betriebsrente im Verhältnis der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze gekürzt wird(BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 26; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 25; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 35).

30

Für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist daher zunächst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Veränderungssperre und des Festschreibeeffektes die fiktive Vollrente zu ermitteln. Dies ist nicht die im Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme tatsächlich erreichte oder erreichbare Altersversorgung, sondern die fiktive, auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Versorgungsleistung. Der Berechnung sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG die bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geltende Versorgungsordnung und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bemessungsgrundlagen zugrunde zu legen und auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochzurechnen. Die so ermittelte fiktive Vollrente ist zeitratierlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze zu kürzen. Der so errechnete Betrag ist die Versorgungsleistung, die dem vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Leistung ab der festen Altersgrenze zustünde. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung ist von diesem Betrag ein versicherungsmathematischer Abschlag vorzunehmen, sofern die Versorgungsordnung dies für bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung betriebstreue Arbeitnehmer vorsieht. Ggf. ist ein sog. untechnischer versicherungsmathematische Abschlag vorzunehmen, wenn die Versorgungsordnung einen Abschlag bei der vorgezogenen Inanspruchnahme nicht ausschließt; dabei ist die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ins Verhältnis zu setzen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsordnung bestimmten festen Altersgrenze (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 27; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 26; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 33 ff.).

31

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die monatliche Altersrente des Klägers bei Rentenbeginn am 1. April 2007 wie folgt zu berechnen:

32

a) In einem ersten Schritt ist die fiktive Vollrente des Klägers bei Vollendung des 65. Lebensjahrs unter Zugrundelegung der Richtlinien 93 zu ermitteln.

33

aa) Maßgeblich ist die fiktive Vollrente bei Vollendung des 65. Lebensjahrs. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Danach ist für den Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr abzustellen, wenn nicht die Versorgungsregelung einen früheren Zeitpunkt als feste Altersgrenze vorsieht. Eine frühere feste Altersgrenze sehen die Richtlinien 93 nicht vor. Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall - und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG - mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist(BAG 17. September 2008 - 3 AZR 865/06 - Rn. 27, BAGE 128, 1). Eine solche Festlegung nehmen die Richtlinien 93 jedoch nicht vor. Vielmehr bestimmt IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 93 die Vollendung des 65. Lebensjahrs als feste Altersgrenze. Durch die im Jahr 1986 erfolgte Ergänzung in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 wurde keine frühere feste Altersgrenze eingeführt. Dadurch wurde lediglich die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG als weiterer Versorgungsfall in die Versorgungsordnung aufgenommen. Die feste Altersgrenze ist von der flexiblen Altersgrenze nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 iVm. § 6 Satz 1 BetrAVG zu unterscheiden.

34

bb) Die fiktive Vollrente, die der Kläger bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 erreicht hätte, beläuft sich auf 1.272,60 DM.

35

(1) Der Berechnung der fiktiven Vollrente ist nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 1 Richtlinien 93 das Grundgehalt zugrunde zu legen. Dazu zählen nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 auch die über das Grundgehalt hinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge, jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlussvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge. Das so definierte monatliche Grundgehalt beträgt - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat - 7.070,00 DM. Weder die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich noch die im November 1992 und November 1993 gewährten Sonderzahlungen iHv. 7.070,00 DM jährlich (umgerechnet 589,17 DM monatlich) sind dabei zu berücksichtigen.

36

(a) Die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich zählen nicht zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, dessen Verwendung durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz; vgl. auch BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28).

37

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Entscheidung des Senats vom 24. Januar 2006 (- 3 AZR 479/04 -). Dort ist zwar im Rahmen eines obiter dictum ausgeführt, vermögenswirksame Leistungen stellten grundsätzlich eine besondere Form der Vergütung dar, die als Entgelt für geleistete Arbeit anzusehen sei. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf eine Versorgungsregelung, die als ruhegeldfähiges Einkommen den monatlichen Durchschnitt des Bruttoarbeitseinkommens der letzten drei anrechnungsfähigen Dienstjahre bestimmt hatte. Die dortige Bemessungsgrundlage war daher weiter gefasst als diejenige in den Richtlinien 93.

38

(b) Zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 zählt auch nicht die im November 1992 und November 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. 7.070,00 DM. Sie ist nicht anteilig zu 1/12 bei der Ermittlung des monatlichen Grundgehalts zu berücksichtigen.

39

(aa) Nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 zählen nur regelmäßige monatliche Bezüge zum ruhegeldfähigen Grundgehalt. Die Sonderzahlungen sind keine regelmäßigen monatlichen Bezüge. Der Kläger hat die Sonderzahlungen in den Jahren 1992 und 1993 - entsprechend der Vereinbarung der Parteien - nicht regelmäßig monatlich, sondern als jährliche Einmalzahlung erhalten. Der Kläger hat im Schreiben vom 20. Januar 1993 bestätigt, dass diese jährliche Sonderzahlung nicht nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 ruhegeldfähig ist.

40

(bb) Dieser Vereinbarung der Parteien ist nicht aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 die Geschäftsgrundlage iSd. § 313 BGB entfallen mit der Folge, dass die in den Jahren 1992 und 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. jeweils 7.070,00 DM bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Grundgehalts wie ein regelmäßiger monatlicher Bezug iHv. 589,17 DM zu behandeln ist.

41

Der Senat hat zwar im Hinblick auf die Richtlinien 93 entschieden, dass die Beklagte ihrem infolge der eingetretenen Überversorgung entstandenen Anpassungsrecht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits durch die im Spruch der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 erfolgte Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze Genüge getan hat und sie deshalb - trotz einer anderslautenden Einigung mit den Arbeitnehmern im Jahr 1990 - verpflichtet ist, die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährte übertarifliche monatliche Zulage abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen. Dem Übermaßverbot war dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Berechnung der Gesamtversorgungsobergrenzen wieder die ursprüngliche Definition des ruhegeldfähigen Grundgehalts in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 angewandt wird (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 502/98 - zu 2 der Gründe).

42

Diese Erwägungen können jedoch nicht auf die dem Kläger 1992 und 1993 gewährten Sonderzahlungen übertragen werden. Der Kläger verkennt, dass nicht seine Einverständniserklärung vom 20. Januar 1993 dazu geführt hat, dass die Sonderzahlung abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 nicht als Bestandteil des ruhegeldfähigen Grundgehalts zu berücksichtigen ist, sondern der Umstand, dass es sich nicht um eine monatliche, sondern um eine jährliche Zahlung handelt. Der Inhalt seiner Erklärung vom 20. Januar 1993 stimmt daher mit der Regelung in den Richtlinien 93 überein, wonach nur regelmäßige monatliche Zahlungen zum Grundgehalt zählen.

43

Es kann dahinstehen, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen, er habe sich im Oktober 1992 mit dem Geschäftsführer der Beklagten eigentlich auf eine monatliche Gehaltserhöhung verständigt, die - auf dessen Bitte hin - aber als jährliche Einmalzahlung behandelt werden sollte, um beim ruhegeldfähigen Grundgehalt nicht berücksichtigt werden zu müssen; er habe allein deshalb nicht auf einer monatlichen Auszahlung bestanden, weil diese damals aufgrund der Vereinbarung vom 30. Januar 1990 auch bei monatlicher Gewährung nicht als ruhegeldfähig behandelt worden wäre. Wenn es sich so verhalten haben sollte, wären die Parteien davon ausgegangen, dass die Sonderzahlung auch bei einer regelmäßigen monatlichen Auszahlung nicht ruhegeldfähig gewesen wäre. Für die Vereinbarung einer jährlichen Zahlung hätte daher zur Vermeidung der Ruhegeldfähigkeit keine Veranlassung bestanden. Da die Parteien gleichwohl eine nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ohnehin nicht ruhegeldfähige jährliche Einmalzahlung vereinbart haben, ist Inhalt der Vereinbarung, dass diese in keinem Fall ruhegeldfähig sein sollte, selbst wenn eine monatliche Zahlung ruhegeldfähig wäre. Auf die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge wegen der vom Landesarbeitsgericht unterlassenen Parteivernehmung kommt es deshalb nicht an.

44

(2) Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern in Höhe der fiktiv auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente anzurechnen ist. Diese beträgt 3.567,01 DM.

45

(a) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist im Rahmen der Gesamtversorgung die fiktiv auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen (vgl. ausführlich BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 28, BAGE 117, 268; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 30). Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG, der die Errechnung einer fiktiven, im Fall der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente vorsieht. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann dies sachgerecht nur dadurch geschehen, dass auch die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - aaO).

46

(b) Die Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze ist auf der Grundlage des letzten Einkommens vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen und nicht - wie der Kläger meint - nach den Durchschnittswerten aus der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sollen bei der Berechnung der fiktiven Vollrente für die Zukunft die Verhältnisse fortgeschrieben werden, die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers gelten. Soweit ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen Teil der Berechnungsgrundlage ist, muss daher auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Zugrunde zu legen ist deshalb das letzte Bruttomonatsgehalt vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 36 f., BAGE 117, 268).

47

(c) Für die Berechnung der auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind zunächst die bis zum 30. September 1994 erreichten Entgeltpunkte anzusetzen. Dies sind nach der Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 13. Januar 1999 52,6011 Entgeltpunkte. Für die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 10. März 2009, dem Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren (173,3333 Monate), kommen 24,9427 Entgeltpunkte hinzu. Das in dem Kalenderjahr versicherte Arbeitsentgelt ist nach § 63 Abs. 2 SGB VI in Entgeltpunkte umzurechnen. Dafür ist das monatliche Grundgehalt des Klägers iHv. 7.070,00 DM durch das in § 1 Abs. 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1996(Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1996) vom 4. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1577) für das Jahr 1994 festgesetzte Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung iHv. 49.142,00 DM zu teilen, weil versichertes Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts einen vollen Entgeltpunkt ergibt. Daraus errechnet sich ein monatlicher Wert von 0,1439 Entgeltpunkten. Dieser Wert ist mit den bis zum Erreichen der festen Altersgrenze fehlenden 173,3333 Monaten zu multiplizieren. Dies ergibt 24,9427 erreichbare Entgeltpunkte. Insgesamt sind daher 77,5438 Entgeltpunkte zu veranschlagen. Diese Entgeltpunkte sind mit dem im Jahr 1994 festgelegten Wert eines Entgeltpunkts iHv. 46,00 DM zu multiplizieren. Daraus errechnet sich eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM.

48

Von diesem Betrag ist - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Abzug von 7,2 vH vorzunehmen. Für die Ermittlung der auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist es unerheblich, dass der Kläger die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Vollendung des 63. Lebensjahrs und damit zwei Jahre vor der festen Altersgrenze in Anspruch genommen hat mit der Folge, dass er Abschläge von 7,2 vH hinzunehmen hat.

49

(3) Danach errechnet sich eine fiktive Vollrente iHv. 1.272,60 DM.

50

(a) Die mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit des Klägers beträgt 40 Jahre.

51

Der zum 1. Januar 1969 bei der Beklagten eingestellte Kläger konnte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 eine Beschäftigungszeit von insgesamt 40 Jahren, zwei Monaten und zehn Tagen erreichen. Nach III Satz 2 und 3 Richtlinien 93 sind angefangene Dienstjahre nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sechs Monate übersteigen. Die über 40 Jahre hinausgehende Zeit bleibt deshalb bei der Berechnung der anrechnungsfähigen Dienstzeit unberücksichtigt.

52

(b) Die nach einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von 40 Jahren erreichbare Altersrente beträgt nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 45 % (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts iHv. 7.070,00 DM und damit 3.181,50 DM.

53

(c) Die Gesamtversorgungsobergrenze nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 beträgt 68 % (59 % nach 25 Jahren, 0,6 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts und damit 4.807,60 DM.

54

(d) Auf die maximale Gesamtversorgung von 4.807,60 DM ist die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM anzurechnen. Dies ergibt einen Betrag von 1.240,59 DM.

55

(e) Da die Rente den Mindestrentenbetrag nach VIII B Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 von 40 % der nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ermittelten Altersrente von 3.181,50 DM nicht unterschreiten darf, beträgt die fiktive Vollrente bei Erreichen der festen Altersgrenze 1.272,60 DM (40 vH von 3.181,50 DM).

56

b) Die fiktive Vollrente des Klägers iHv. 1.272,60 DM ist in einem weiteren Schritt anteilig im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Der Kläger hat vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 eine tatsächliche Betriebszugehörigkeit von 25,75 Dienstjahren erreicht. Seine mögliche Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze am 10. März 2009 beläuft sich auf 40,1944 Dienstjahre. Danach errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf eine monatliche Altersrente iHv. 815,27 DM. Dieser Betrag entspricht 416,84 Euro. Ein versicherungsmathematischer Abschlag wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahrs ist nach IV Nr. 2 Satz 3 Richtlinien 93 ausdrücklich nicht vorzunehmen. Deshalb scheidet auch ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag aus.

57

5. Ein höherer Betriebsrentenanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus den Mitteilungen der Beklagten über die Höhe der Rentenanwartschaft vom 3. März 1999, vom 7. November 2000, vom 4. August 2004 und vom 6. Februar 2007 sowie den diesen Mitteilungen beigefügten Unterlagen. Hierbei handelt es sich nicht um Willenserklärungen, sondern lediglich um informatorische, rein deklaratorische Mitteilungen über die Rentenhöhe und die jeweils zugrunde liegende Berechnung. Der Kläger konnte aufgrund dieser Schreiben nicht davon ausgehen, dass sich die Beklagte unabhängig von der materiellen Rechtslage entsprechend dem Inhalt der Schreiben binden wollte (vgl. auch BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 3 der Gründe; 23. April 2002 - 3 AZR 224/01 - zu B II der Gründe, BAGE 101, 122).

58

6. Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf eine höhere Altersrente. Die Beklagte hat sich nicht im Wege betrieblicher Übung dazu verpflichtet, die Berechnung der nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen.

59

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

60

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst.

61

Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57 mwN, BAGE 141, 222).

62

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29 ). Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN). Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN; 30. Mai 2006 -  1 AZR 111/05  - Rn. 37, BAGE 118, 211). Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchssteller (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 46 ff., BAGE 139, 69).

63

b) Danach ist vorliegend keine betriebliche Übung entstanden, die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen. Die Arbeitnehmer konnten aus dem Verhalten der Beklagten nicht schließen, dass die Beklagte bewusst von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abgewichen ist und sie deshalb bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer die zeitanteilige Kürzung lediglich auf der Basis einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente vorgenommen hat und die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Basis von Durchschnittswerten der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte aus der Zeit vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf das 63. Lebensjahr hochgerechnet hat.

64

Die Beklagte hat zwar die Berechnung der Altersrenten derjenigen Arbeitnehmer, die die Altersrente vorgezogen in Anspruch genommen haben und nicht bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu waren, dergestalt vorgenommen, dass sie eine zeitanteilige Kürzung lediglich im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente durchgeführt und nur die auf der Grundlage von Durchschnittswerten aus der Vergangenheit auf den Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet hat. Diese Berechnungsweise konnte aus Sicht der Betroffenen jedoch nicht als bewusste Abweichung der Beklagten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts verstanden werden. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer und die Versorgungsempfänger davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich die aus den Versorgungszusagen resultierenden Verpflichtungen erfüllen wollte. Gegenüber Begünstigten, die - wie der Kläger - mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren und die Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen haben, wollte sie erkennbar den sich aus I Nr. 2, IV Nr. 2 Satz 2 und 3 Richtlinien 93 ergebenden Verpflichtungen nachkommen. Allein die Zahlung einer höheren als der nach der Versorgungszusage geschuldeten Betriebsrente vermag eine betriebliche Übung nicht zu begründen. Dazu ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger bewusst überobligatorische Leistungen erbringen will. Daran fehlt es vorliegend.

65

aa) Aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986 konnten die später mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht schließen, dass die Beklagte im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente bei deren Berechnung bewusst zu ihren Gunsten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abweichen und von einer zeitanteiligen Kürzung im Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zur festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit unter Anrechnung der auf diesen Zeitpunkt fiktiv hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung absehen wollte. Der Aushang betrifft ausdrücklich nur den Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente. Aus der Begünstigung der Betriebsrentner insoweit konnte nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte die Betriebsrentner auch in anderen Punkten begünstigen wollte.

66

bb) Unerheblich ist auch, dass sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit darauf berufen hat, ihre Berechnungsweise habe im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats gestanden, die dieser durch die Urteile vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) geändert habe. Eine Änderung der Rechtsprechung mit dem von der Beklagten dargestellten Inhalt hat nicht stattgefunden. Die Praxis der Beklagten bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers entsprach nicht der früheren Rechtsprechung des Senats vor den Urteilen vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - aaO).

67

Danach war vielmehr der Betriebsrentenanspruch eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers, der seine Betriebsrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nahm, bei Fehlen einer eigenen Regelung in der Versorgungszusage wie folgt zu berechnen: Zunächst war die Betriebsrente zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente betriebstreu geblieben wäre. Dazu wurde grundsätzlich die bei Vollendung des 65. Lebensjahrs (und nicht bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente) erreichbare Vollrente in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der unterstellten Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren gekürzt. Die so für den Zeitpunkt des Versorgungsfalls nach § 6 BetrAVG ermittelte Betriebsrente war anschließend im Verhältnis der tatsächlich erreichten zu der bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren(und wiederum nicht bis zum Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze) möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen (vgl. dazu ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Der Senat hatte in seiner früheren Rechtsprechung daher eine sog. doppelte zeitratierliche Kürzung vorgenommen und damit die fehlende Betriebszugehörigkeit zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente und der festen Altersgrenze zweimal anspruchsmindernd berücksichtigt. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch das Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) geändert. Der Senat hat aber seit jeher zwischen der festen Altersgrenze iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG und dem Alter, in dem der Arbeitnehmer die Rente vorgezogen iSd. § 6 BetrAVG in Anspruch nehmen kann, unterschieden(vgl. etwa BAG 28. März 1995 - 3 AZR 900/94 - zu II 1 der Gründe; 12. März 1991 - 3 AZR 102/90 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 67, 301).

68

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, der Senat habe im Urteil vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern erstmals angenommen, die im Rahmen einer Gesamtversorgung anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochzurechnen. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat dies bereits im Urteil vom 12. November 1991 (- 3 AZR 520/90 - zu II 4 der Gründe, BAGE 69, 19) entschieden hatte.

69

Die Beklagte hatte daher bei der Berechnung der Altersrenten Vergünstigungen gewährt, zu denen sie rechtlich - auch nach der früheren Rechtsprechung des Senats - nicht verpflichtet war. Daraus allein ist jedoch keine betriebliche Übung entstanden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens der Beklagten hätten annehmen dürfen, dass die Beklagte bewusst nicht nur die nach den Versorgungszusagen geschuldete, sondern eine davon abweichende, für die Arbeitnehmer günstigere Berechnung der Altersrenten vornehmen wollte. Anhaltspunkte dafür sind weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen. Die von der Beklagten erstellten Berechnungen der Anwartschaft des Klägers vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 tragen jeweils die Überschrift „Altersversorgungsrichtlinie in der Fassung von 1968 (modifiziert durch den Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993)“. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Beklagte die nach der Versorgungszusage geschuldete Altersrente berechnen wollte.

70

7. Die Änderung der Berechnungsweise stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Betriebsrentenansprüche des Klägers dar. Die Beklagte hat nicht die dem Kläger nach der Versorgungszusage zustehende Betriebsrente reduziert, sondern lediglich die erfolgte fehlerhafte Berechnung, die sich zugunsten des Klägers ausgewirkt hatte, korrigiert.

71

8. Die Beklagte hat weder ihr Recht verwirkt, die Altersrente des Klägers nach den Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts zutreffend zu berechnen, noch verhält sie sich insoweit widersprüchlich.

72

a) Die Beklagte hat ihr Recht zur Korrektur der fehlerhaften Berechnung der Altersrente des Klägers nicht nach § 242 BGB verwirkt.

73

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 32; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37). Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34).

74

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu Recht verneint. Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde weder eine zeitanteilige Kürzung seiner Altersrente entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen, noch werde sie keine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen.

75

b) Die Korrektur der Betriebsrentenberechnung stellt auch keinen Verstoß gegen den aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venirecontrafactum proprium“) dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Widersprüchliches Verhalten ist dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. etwa Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55 mwN). Beides ist nicht der Fall.

76

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    G. Kanzleiter     

                 

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. April 2011 - 11 Sa 993/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 10. Juni 2010 - 15 Ca 16589/09 - abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 25.000,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch um einen Bonusanspruch für das Jahr 2008. Hilfsweise macht der Kläger Schadensersatzansprüche in gleicher Höhe geltend.

2

Der Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt. Er war vom 1. September 1992 bis zum 31. August 2009 bei der D AG beschäftigt, zuletzt als Leitender Syndikus auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 29. August/1. September 1997 zu einem Bruttomonatsverdienst von 6.750,00 Euro. Zum 1. September 2009 wechselte er in ein anderes Konzernunternehmen.

3

Zu den Bezügen ist im Arbeitsvertrag vom 29. August/1. September 1997 auszugsweise Folgendes geregelt:

        

„2.     

Bezüge

        

Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung abgegolten sind:

        

a)    

Gehalt

                 

…       

        

b)    

Gratifikation

                 

Eine jährliche Abschlussgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am ersten Arbeitstag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.“

4

Für die Geschäftsjahre 2006 und 2007 erhielt der Kläger Boni in Höhe von 32.000,00 Euro bzw. 35.000,00 Euro brutto.

5

Am 10./14. April 2008 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung, in der die vom Kläger im Geschäftsjahr 2008 zu erreichenden Ziele in drei verschiedenen Bereichen (Unternehmensziele, vom Fachvorstand abgeleitete individuelle Ziele, sonstige individuelle Ziele) aufgeführt sind. Die Zielvereinbarung lautet auszugsweise:

        

„       

Ziele und Executive Bonus 2008

        
                 

Zielvereinbarung und Zielerreichung - Seite 1

        
                 

Bewertungszeitraum*

01.01.2008 - 31.12.2008

        
                 

Name des Mitarbeiters*

        
                 

Dr. R 

        
                 

Position/Funktion des Mitarbeiters*

Beschäftigt seit

        
                 

Leitender Syndikus

09/1992

        
                 

Name des Vorgesetzten*

        
                 

E       

        
                 

Name des nächsthöheren Vorgesetzten*

        
                 

Dr. M

        
                 

Zielbonus in Euro p.a. *)**) 100 %

        
                 

wird in einem separaten Schreiben mitgeteilt

        
                 

…       

        
                 

*) Pflichteingabe

        
                 

**) Aus dem Zielbonus erwächst kein Rechtsanspruch

        
                 

s.a. Terms & Conditions

        
                 

…       

        
                 

[ ]       

Ja, zusätzliche Dokumente (bitte beifügen)

        
                 

[x]       

Ja, ich habe die Terms & Conditions zur Kenntnis genommen

        
                          

(abrufbar im Executive Net)

        
                                            
                 

_______________________________

__________________________________

        
                 

Datum, Unterschrift Mitarbeiter

Datum, Unterschrift Vorgesetzter

“       

6

Der Kläger unterzeichnete die Zielvereinbarung und bestätigte die Kenntnisnahme der „Terms & Conditions“ durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens.

7

Ein Schriftstück mit dem Namen „Ziele und Executive Bonus 2008, Terms & Conditions“ (im Folgenden: Bonusbedingungen) enthält unter anderem folgende Regelungen:

        

„1.     

Ziele und Berechtigte

        

In Ergänzung Ihres Dienstvertrags und der darin in Aussicht gestellten Leistungsgratifikation bzw. variablen Vergütung konkretisieren die Terms & Conditions zum Prozess ‚Ziele und Executive Bonus’ die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.

        

…       

        

5.    

Rahmenbedingungen und Regelungen

        

»       

        

Die tatsächliche Auszahlung des Bonus setzt voraus, dass der Vorstand ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung stellt. Die Feststellung des Bonusvolumens bleibt weiterhin der Entscheidung des Vorstandes vorbehalten.“

8

Ein Zielbonus für das Geschäftsjahr 2008 wurde dem Kläger nicht mitgeteilt.

9

Am 28. Oktober 2008 erhielten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der D AG eine mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnete E-Mail, in der mitgeteilt wurde, dass der Vorstand für das Kalenderjahr 2008 ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 - angepasst an den Mitarbeiterbestand 2008 - zugesagt habe.

10

Im Januar 2009 wurde bei der D AG intern kommuniziert, dass der Zielerreichungsgrad für die Unternehmensziele bei 60 % liege. Am 26./27. Januar 2009 wurde die Zielerreichung des Klägers in das Zielvereinbarungsformular eingetragen. Die Zielerreichung in Bezug auf die Unternehmensziele wurde auf 60 % und die Gesamtzielerreichung des Klägers auf 125 % festgesetzt. Anschließend wurde die Zielvereinbarung erneut von beiden Parteien unterschrieben.

11

Die D AG erzielte im Geschäftsjahr 2008 ein negatives operatives Ergebnis von 6,56 Mrd. Euro. Die Vorstände der Beklagten und der D AG beschlossen am 17. Februar 2009, keine Bonuszahlungen an Beschäftigte einschließlich Führungskräften und Vorstandsmitglieder zu leisten. Am 13. März 2009 erhielt der Kläger für das Jahr 2008 eine Zahlung für besondere Belastungen in Höhe von 6.750,00 Euro.

12

Mit Wirkung vom 11. Mai 2009 wurde die D AG auf die Beklagte verschmolzen.

13

Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen weiteren Bonusanspruch für das Jahr 2008 in Höhe von 25.000,00 Euro. Bei einer Zielerreichung von 125 % habe in Anlehnung an den im Jahr 2007 gezahlten Bonus ursprünglich ein Bonusanspruch in Höhe von 35.000,00 Euro bestanden. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 6.750,00 Euro und eines Abschlags von ca. 10 % stehe ihm noch ein Betrag in Höhe von 25.000,00 Euro zu. Auf den 25.000,00 Euro übersteigenden Restbetrag verzichte er, da er die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten anerkenne.

14

Die fehlende Angabe des Zielbonus stehe einem Anspruch aus der Zielvereinbarung nicht entgegen. Auch in den Vorjahren sei nie ein Zielbonus mitgeteilt worden. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 sei auch, wie es Ziff. 5 der Bonusbedingungen vorschreibe, ein ausreichendes Bonusvolumen festgelegt worden. Diese Zusage habe die Beklagte später nicht einseitig ändern können. Auch eine Änderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht.

15

Bei Ablehnung eines Anspruchs aus der Zielvereinbarung stehe dem Kläger jedenfalls ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet sei. Der Kläger sei im Vertrauen auf die Mitteilung des Vorstands vom 28. Oktober 2008 erst am 1. September 2009 zu einem anderen Konzernunternehmen gewechselt, obwohl er die neue Stelle bereits im Januar 2009 hätte angetreten können. Durch den verzögerten Wechsel auf die besser dotierte neue Stelle sei ihm zusätzliche Vergütung in Höhe von 31.700,00 Euro entgangen.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. März 2009 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dem Kläger stehe kein Erfüllungsanspruch aus der Zielvereinbarung zu, da ihm für das Geschäftsjahr 2008 kein Zielbonus mitgeteilt worden sei. Der Bonus könne auch nicht nachträglich nach Ablauf der Zielperiode durch Urteil festgesetzt werden. Zudem sei es nicht zulässig, sich hinsichtlich der Höhe des Zielbonus an den Vorjahren zu orientieren. In der Zielvereinbarung für das Jahr 2007 sei vereinbart gewesen, dass der Zielbonus in der Regel dem Zielbonus für das Jahr 2005 entsprechen solle. Eine solche Regelung fehle in der Zielvereinbarung für 2008.

18

Ein Anspruch des Klägers aus der Zielvereinbarung scheitere zudem daran, dass der Vorstand entgegen Ziff. 5 der Bonusbedingungen kein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt habe. Ziff. 5 der Bonusbedingungen sei wirksam. Durch diese Klausel werde ihr ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht über die Festlegung des Bonusvolumens eingeräumt, das nach billigem Ermessen auszuüben sei. Die Klausel sei klar und verständlich. Durch sie werde der Mitarbeiter auch nicht unangemessen benachteiligt. Die Beklagte habe das ihr zustehende Leistungsbestimmungsrecht vor dem Hintergrund ihres desaströsen wirtschaftlichen Ergebnisses und der dramatischen Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds nach billigem Ermessen ausgeübt. Im August 2008 sei die D AG noch davon ausgegangen, dass es im Geschäftsjahr 2008 zu einem negativen Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit in Höhe von rd. 1,5 Mrd. Euro kommen werde. Letztlich habe das endgültige operative Ergebnis der D AG für das Jahr 2008 einen Verlust in Höhe von 6,56 Mrd. Euro ausgewiesen. Die dramatische Verschlechterung gegenüber der Prognose von August 2008 sei nicht vorhersehbar gewesen. Neben der öffentlichen Diskussion über Bonuszahlungen sei auch die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds von erheblicher Bedeutung für die Entscheidung gewesen, keine Bonuszahlungen zu leisten. Die globale Finanzmarktkrise habe zum Ende des Jahres 2008 dramatische Höhepunkte erreicht. Die Kernkapitalquote der D AG habe sich in einem Bereich bewegt, der als kritisch anzusehen gewesen sei. Die Beklagte selbst habe in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen.

19

Die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 stelle lediglich eine unverbindliche Ankündigung eines möglichen Bonusvolumens an die gesamte Belegschaft dar. Jedenfalls sei die D AG aufgrund der dramatischen Entwicklungen berechtigt gewesen, eine solche Entscheidung nachträglich zu ändern. Sie könne sich zudem auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Die dramatische Verschlechterung des Ergebnisses gegenüber der Prognose, welche am 28. Oktober 2008 vorgelegen habe, sei nicht voraussehbar gewesen.

20

Dem Kläger könne eine Bonuszahlung auch nicht im Wege des Schadensersatzes verlangen. Selbst wenn man annähme, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch zu, wäre dieser auf Naturalrestitution gerichtet und der Kläger müsse so gestellt werden, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Kläger hätte jedoch auch dann keinen Bonus erhalten, wenn ihm ein Zielbonus mitgeteilt worden wäre.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Bonus für das Geschäftsjahr 2008 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2008 weder ein zusätzlicher Bonusanspruch noch ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe zu.

23

A. Die Ansprüche des Klägers auf eine zusätzliche variable Vergütung für das Jahr 2008 sind erfüllt.

24

I. Nach Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags iVm. § 315 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sowie der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen hatte der Kläger Anspruch auf die Festlegung einer zusätzlichen variablen Vergütung nach billigem Ermessen der Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Jahr 2008. Das ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen.

25

1. Der Arbeitsvertrag gewährte dem Kläger in Ziff. 2 Buchst. b Anspruch auf Festsetzung einer zusätzlichen Vergütung unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten und der Ertragslage der Bank. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte hatte die Leistungsbestimmung damit nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) zu erfolgen. Die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens haben die Parteien in der Zielvereinbarung konkretisiert. Aufgrund dieser vertraglichen Konkretisierung war die Beklagte an die Zielvereinbarung gebunden. Haben die Vertragsparteien durch eine Zielvereinbarung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 -; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 38, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; zur Ausübung des Direktionsrechts: 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311). Im Streitfall hatten die Parteien jedoch in der Zielvereinbarung keine abschließende Regelung getroffen, sondern zusätzlich die Geltung der Bonusbedingungen vereinbart, die ihrerseits die Zahlung unter den Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Vorstands stellten (Ziff. 5 der Bonusbedingungen). Die Entscheidung des Vorstands musste mangels entgegenstehender Anhaltspunkte billigem Ermessen entsprechen. Dabei durfte der Vorstand, soweit die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens in der Zielvereinbarung festgelegt waren, von ihnen nicht mehr abweichen. Er konnte lediglich noch Gesichtspunkte geltend machen, die außerhalb der in der Zielvereinbarung zugrunde gelegten Umstände lagen und im Rahmen billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren.

26

2. Die Bonusbedingungen und insbesondere ihre Ziff. 5 sind Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung geworden.

27

a) Vorliegend wird auf beiden Seiten der Zielvereinbarung jeweils am Seitenende sowie unmittelbar über der von dem Mitarbeiter zu leistenden Unterschrift auf die Bonusbedingungen hingewiesen. Aufgrund dieser Vertragsgestaltung war es für den Kläger als Erklärungsempfänger (§§ 133, 157 BGB) erkennbar, dass die Bonusbedingungen nach dem Willen der Beklagten Bestandteil der Zielvereinbarung werden sollten. Durch die Unterschrift hat der Kläger sein Einverständnis mit dieser Vertragsgestaltung erklärt.

28

b) Der Einbeziehung von Ziff. 5 der Bonusbedingungen steht § 305 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Auf die nach dieser Vorschrift erforderliche Möglichkeit des Vertragspartners eines Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei Abschluss des Vertrags die Bedingungen inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, kommt es nicht an. Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung(§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung scheidet eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB aus(BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12). Für die wirksame Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt demnach § 145 ff. BGB, dh. es genügt jede stillschweigende Willensübereinkunft (ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 28). Auch der Kläger selbst hat nicht infrage gestellt, dass die Bonusbedingungen Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung sind.

29

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist auch nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

30

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53; 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28). Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - aaO).

31

bb) Nach diesen Grundsätzen ist Ziff. 5 der Bonusbedingungen weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend (vgl. auch BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 27 ff.).

32

(1) Bereits Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags sieht vor, dass der Bonus unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank festgelegt und nach der Hauptversammlung, dh. nach Abschluss des Geschäftsjahres, abgerechnet wird. Bei Abschluss der Zielvereinbarung, welche gemäß Ziff. 1 der Bonusbedingungen diese arbeitsvertragliche Regelung konkretisiert, musste der Kläger daher damit rechnen, dass dieses Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten fortbestehen sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten bereits im Rahmen der Zielvereinbarung berücksichtigt wurde. Da die Zielvereinbarung zu Beginn des Geschäftsjahres abgeschlossen wurde, konnte der Kläger nicht zwingend annehmen, dass dadurch das arbeitsvertraglich eingeräumte Bestimmungsrecht nach Abschluss des Geschäftsjahres vollständig aufgehoben werden sollte. Die Zielvereinbarung legte lediglich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus Sicht des Zeitpunkts ihres Abschlusses fest. Damit sollte nicht die Berücksichtigung weiterer Umstände, die im Rahmen von § 315 BGB maßgeblich sein konnten, ausgeschlossen werden.

33

(2) Ein „Überrumpelungseffekt“ folgt auch nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild der Klausel. Aus der Sicht einer Führungskraft im Bankgewerbe, die mit komplexen Vertragswerken und der Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vertraut ist, musste umso mehr mit einer maßgeblichen inhaltlichen Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen gerechnet werden, als in der Zielvereinbarung auf die Geltung der Bonusbedingungen hingewiesen wurde. Außerdem legte die Zielvereinbarung selbst nur den Zielbonus und die zu erreichenden Ziele, nicht aber nähere Einzelheiten fest. Bereits in Ziff. 3 der Bonusbedingungen, welche die Auszahlung des Bonus regelt, wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlung des Bonus nur vorbehaltlich der Regelungen in Ziff. 5 erfolgt. Bei dieser Vertragsgestaltung war die hier maßgebliche Klausel für einen im Umgang mit Verträgen vertrauten Mitarbeiter wie den Kläger nicht überraschend.

34

3. Mit dem oben beschriebenen Inhalt hält Ziff. 5 der Bonusbedingungen auch der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand (vgl. auch BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 30 ff.).

35

a) Ziff. 5 der Bonusbedingungen enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

36

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

37

bb) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Jahresgratifikation nach Abschluss des Bezugsjahres gerichtet (Leistungsbestimmung, § 315 BGB). Die Zielvereinbarung ist lediglich eine Abrede der Parteien über verschiedene Parameter für die Ausübung des billigen Ermessens. Sie soll für sich genommen keinen Anspruch begründen. Von einer Änderung oder Abweichung in Bezug auf eine bereits versprochene Leistung kann damit nicht die Rede sein.

38

b) Ziff. 5 der Bonusbedingungen verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

39

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

bb) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag und die Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über die Festsetzung der Sonderzahlung zu entscheiden hatte. Durch die Zielvereinbarung waren die bei der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Faktoren weitgehend festgelegt. Der Kläger war damit in der Wahrnehmung seiner Rechte nicht beeinträchtigt. Teilte der Vorstand ein Bonusvolumen in bestimmter Höhe mit, konnte der Kläger die Berechnung aufgrund der Zielvereinbarung nachprüfen und die ihm nach seiner Auffassung zustehenden Mehransprüche geltend machen, wie es auch geschehen ist.

41

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde.

42

aa) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

43

(1) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

44

(2) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

45

bb) Nach diesen Maßstäben enthält Ziff. 5 der Bonusbedingungen keine unangemessene Benachteiligung.

46

(1) Die Regelung weicht mit dem durch Auslegung (siehe oben zu I 1) ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

47

(2) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Wie bereits ausgeführt, ist der Arbeitgeber an eine im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechts getroffene Zielvereinbarung in aller Regel gebunden. Insbesondere kann er nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern und kann auch nicht die in der Zielvereinbarung vereinbarte Zuweisung geschäftlicher Risiken verändern.

48

II. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Anspruch mit ihrem Schreiben von März 2009 und die anschließende Zahlung erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB); dem Kläger steht kein weiterer Bonusanspruch zu. Auf die fehlende Mitteilung des Zielbonus kommt es nicht an.

49

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

50

a) Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

51

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Im Streitfall konnte der Senat die Entscheidung selbst treffen, weil alle maßgeblichen Tatsachen feststehen.

52

2. Durch die Bekanntgabe der Vorstandsentscheidung vom 2. Oktober 2008 mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 über ein Bonusvolumen in Höhe des Bonusvolumens 2007 hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten noch keine verbindliche Leistungsbestimmung des individuellen Bonus für das Jahr 2008 iSv. § 315 BGB vorgenommen(vgl. auch BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 27 ff.).

53

a) Die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB konkretisiert den Leistungsinhalt, der vorher aufgrund des einer Partei zustehenden Bestimmungsrechts noch offen ist. Erforderlich für die Annahme einer Leistungsbestimmung ist daher, dass die Bestimmung konkret die dem Vertragspartner zustehende Leistung festlegt. Auch wenn man davon ausgeht, dass § 315 BGB eine Teilleistungsbestimmung zulässt(vgl. dazu KG Berlin 19. Februar 1979 - 2 U 3612/78 - DB 1979, 1124; Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 315 Rn. 11; Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 14; enger Staudinger/Rieble (2009) § 315 Rn. 296: nur wenn [vertraglich] ausbedungen), muss durch sie das Ermessen hinsichtlich eines Teils der Leistung abschließend ausgeübt werden. Noch keine Leistungsbestimmung liegt hingegen vor, wenn der Bestimmungsberechtigte lediglich einzelne in die Abwägung einzustellende Faktoren festlegt oder die Voraussetzungen für die endgültige Leistungsbestimmung schafft.

54

Danach ist die Festlegung des Bonusvolumens noch keine Leistungsbestimmung. Aus der Höhe des Volumens lässt sich für den Kläger die Höhe seines individuellen Bonus weder ganz noch teilweise bestimmen. Vielmehr handelt es sich bei der Festlegung des Volumens lediglich um einen Faktor, der in die spätere Leistungsbestimmung einzubeziehen ist.

55

b) Allerdings ist die Festsetzung des Bonusvolumens und deren Bekanntgabe an die Arbeitnehmer nicht ohne rechtliche Bedeutung. Vielmehr hat sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten dadurch verpflichtet, dieses Bonusvolumen bei der Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor zugrunde zu legen.

56

aa) Der nach § 315 BGB Bestimmungsberechtigte kann das ihm zustehende Ermessen im Wege der Selbstbindung vorab einschränken. In diesem Fall verhielte er sich widersprüchlich und verstieße damit gegen das in § 242 BGB niedergelegte Gebot von Treu und Glauben, wenn er ohne das Hinzutreten besonderer Umstände von seiner ursprünglichen Entscheidung Abstand nähme(vgl. zur Ausübung des Direktionsrechts: BAG 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311).

57

bb) Ein solcher Fall liegt vor. Den Beschäftigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Ausnahme der Beschäftigen des Bereichs DKIB Frontoffice wurde durch das Schreiben vom 28. Oktober 2008 durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden und den Personalvorstand jeweils bezogen auf Funktion und Division ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Volumens des Jahres 2007 zugesagt. Die Größe des Bonusvolumens ist zwar nicht als Eurobetrag bestimmt worden, aber durch die Orientierung am Vorjahresvolumen eindeutig bestimmbar. Ebenso wurde die Zielgruppe, für die dieses Bonusvolumen zugesagt werden sollte, festgelegt. Damit handelt es sich nicht lediglich um eine bloße Inaussichtstellung einer möglichen Größenordnung eines Bonusvolumens oder die Mitteilung über einen aktuellen Sachstand. Die Beschäftigten konnten der Erklärung daher ein gewisses Maß an Verbindlichkeit hinsichtlich des auszuschüttenden Bonusvolumens zumessen. Daran war die Rechtsvorgängerin der Beklagten grundsätzlich gebunden und verpflichtet, das zugesagte Bonusvolumen als weiteren wesentlichen Umstand in die spätere Entscheidung über die individuelle Bonushöhe einzubeziehen.

58

3. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im März 2009 vorgenommene Leistungsbestimmung wird den dargestellten Maßgaben gerecht.

59

a) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat alle nach der vertraglichen Regelung, der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen und angemessen gewichtet. Dabei war insbesondere die Zielvereinbarung in die Erwägungen einzubeziehen. Die Zielvereinbarung war bindend, soweit die Ermessensausübung Gesichtspunkte betraf, die in der Zielvereinbarung abschließend geregelt waren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war gehindert, von dieser Vereinbarung für die Bestimmung des Bonus abzuweichen, ohne dass dafür besonders gewichtige, außerhalb der durch die Zielvereinbarung abgedeckten Umstände vorlagen.

60

b) Solche außergewöhnlichen Umstände lagen jedoch im Streitfall vor. Das negative operative Ergebnis der D AG betrug für das Jahr 2008 6,56 Mrd. Euro. Auch die Zufuhr von Kapital in Höhe von 4 Mrd. Euro durch die Beklagte macht deutlich, dass es sich um eine außergewöhnliche, desaströse Situation handelte. Die Beklagte musste ihrerseits Mittel im Umfang von etwa 18,2 Mrd. Euro aus dem SoFFin in Anspruch nehmen. Dies zeigt, dass die Fortexistenz der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin durch Umstände jenseits des ihrem und ihrer Mitarbeiter Einfluss unterliegenden Geschäftsverlaufs nachhaltig bedroht war. Damit realisierten sich nicht etwa die im Vertrag und in der Zielvereinbarung vorausgesetzten - und dementsprechend von der Beklagten zu tragenden - Risiken gewissermaßen „normaler“ negativer Geschäftsentwicklungen. Die Lage hatte vielmehr mit den in der Zielvereinbarung zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Parteien nichts mehr zu tun. Die Existenz der Beklagten konnte nur durch massive staatliche Hilfeleistungen gesichert werden, die nicht auf die Rettung einzelner Banken, wie etwa der Beklagten, oder der Sicherung von Vergütungsansprüchen von Arbeitnehmern der Banken dienten, sondern dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von schweren Gefahren für die Volkswirtschaft (Zusammenbruch des Bankensystems). So heißt es in der Regierungserklärung des damaligen Bundesministers der Finanzen zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 15. Oktober 2008, es gehe nicht darum, dass es Gratifikationen für den Bankensektor geben solle oder dass Bankmanager vor dem Ruin bewahrt werden sollten, sondern um das „öffentliche Gut“ stabiler, funktionierender Finanzmärkte, die unverzichtbar seien „für jeden Handwerker, der einen Betriebsmittelkredit haben möchte, … für jedes große Unternehmen, das arbeitsplatzerhaltende oder arbeitsplatzerweiternde Investitionen vornehmen möchte, … für alle Menschen, die für das Alter sparen und damit ein auskömmliches Einkommen im Alter haben möchten, … für alle Sparerinnen und Sparer in Deutschland, die einen wettbewerbsfähigen Finanzsektor brauchen …“ (Bulletin der Bundesregierung vom 15. Oktober 2008, Bulletin Nr. 109-2).

61

c) Diese Ausnahmesituation lässt es auch unter Berücksichtigung der Leistung des Klägers nicht unangemessen erscheinen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Bonusanspruch wie geschehen festsetzte. Dies gilt auch, wenn man zugunsten des Klägers seinen Vortrag als zutreffend unterstellt, dass er bereits früher zu seinem neuen Arbeitgeber hätte wechseln können und dies nur aus Loyalität zur Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht getan hat. Dem Kläger flossen zusätzliche Leistungen neben dem festen Gehalt zu. Er erhielt damit eine angesichts der desaströsen Lage immer noch nennenswerte, keineswegs unbeträchtliche finanzielle Anerkennung für die von ihm zur Erreichung der Vorgaben in der Zielvereinbarung unternommenen Anstrengungen im Jahr 2008.

62

B. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gemäß § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB wegen eines entgangenen Bonus für das Jahr 2008 zu.

63

I. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Wird eine solche Pflicht verletzt, so kann der andere Vertragspartner Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei obliegt dem Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Er hat jedoch unaufgefordert über alle Umstände zu informieren, die dem Arbeitnehmer unbekannt, aber für Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsvertrags erheblich sind. Weitergehende Aufklärungs- und Hinweispflichten können sich im Einzelfall ergeben (vgl. zB BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - zu 4 b aa der Gründe, BAGE 116, 104; 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1). Insbesondere die schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten kann dabei zu einem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens führen. Der Geschädigte ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten. Auch die Hervorrufung eines berechtigten Vertrauens zB in die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 21 mwN, EzA BGB 2002 § 612a Nr. 7) oder die Gewährung einer bestimmten Leistung (BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 144 [Gewährung von Aktienoptionen]) kann einen solchen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens begründen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die vom Geschädigten vorgenommene Handlung kausal auf die Schädigungshandlung zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität; vgl. dazu BAG 18. August 2011 - 8 AZR 220/10 - Rn. 40, EzA BGB 2002 § 311 Nr. 2; 9. November 1999 - 3 AZR 623/98 - zu II 3 der Gründe).

64

II. Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet die Annahme eines Schadensersatzanspruchs aus.

65

Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger aufgrund der Mitteilung über das Bonusvolumen vom 28. Oktober 2008 und/oder die erneute Unterzeichnung der Zielvereinbarung im Januar 2009 vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelungen und trotz des damaligen wirtschaftlichen Umfelds darauf vertrauen durfte, dass er eine Bonuszahlung in der streitgegenständlichen Höhe erhalten werde. Auch wenn man dies zugunsten des Klägers unterstellt und weiter davon ausgeht, dass er bereits früher zu seinem neuen Arbeitgeber hätte wechseln können, fehlt es an der hinreichenden Darlegung einer haftungsbegründenden Kausalität.

66

Der Anspruch auf den streitgegenständlichen Bonus setzt nach den Bonusbedingungen nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2008 hinaus fortbesteht. Ein Ausscheiden des Klägers zu diesem Zeitpunkt hätte daher nicht zum Verlust des Bonusanspruchs für das Geschäftsjahr 2008 geführt. Vor diesem Hintergrund durfte sich der Kläger durch die Mitteilung der Beklagten vom 28. Oktober 2008 allenfalls herausgefordert fühlen, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zum 31. Dezember 2008 fortzusetzen, um den Erhalt des vollen Bonusanspruchs für das Jahr 2008 sicherzustellen. Hingegen bestand im Zusammenhang mit dem Bonusanspruch kein Anlass, auch über den 1. Januar 2009 hinaus bei der Beklagten beschäftigt zu sein. Soweit allgemeine Loyalitätsüberlegungen im Zusammenhang mit der Abwicklung seines bisherigen Tätigkeitsfelds zu einer längeren Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, stehen diese in keinem hinreichend nahen Bezug zu einem möglicherweise hervorgerufenen Vertrauen auf die Bonuszahlung.

67

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt     

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und Beschäftigung.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger zunächst vom 23. Januar 2006 bis 31. März 2006 aufgrund einer Trainingsmaßnahme. Am 4. Januar 2006 schlossen die Parteien einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. März 2007. Am 14. November 2006 verlängerten sie den Arbeitsvertrag bis 31. März 2008. Der Kläger wurde als Industriemechaniker in der Abteilung „PVE Shearer“ eingesetzt. Dort werden Walzenlader entwickelt und - zumindest in Prototypen - gefertigt. Die Beklagte hatte die Abteilung zum 1. April 2006 von Großbritannien nach Deutschland verlagert. In der Abteilung arbeiteten neben dem Kläger zwölf gewerbliche Arbeitnehmer. Zehn dieser Arbeitnehmer wurden befristet beschäftigt. Sechs von ihnen wurden mit dem Kläger am 1. April 2006 oder kurz zuvor befristet eingestellt. Diese sechs Arbeitnehmer schlossen später unbefristete Arbeitsverträge mit der Beklagten.

3

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit Herbst 2006 Mitglied des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers bei der Beklagten. Seit August 2007 war er dessen Leiter. In dieser Eigenschaft ergriff er in einer Betriebsversammlung am 14. Dezember 2007 das Wort, sprach sich für eine Entgeltsonderzahlung aus und machte kritische Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen. Der Geschäftsführer der Beklagten bezeichnete diese Anmerkungen als „Frechheit“. Am 20. Dezember 2007 informierte der frühere Abteilungsleiter L den Kläger darüber, dass die Geschäftsführung dessen Arbeitsvertrag nicht „entfristen“ werde. Der Betriebsrat teilte dem Kläger am 21. Dezember 2007 mit, die Geschäftsführung habe erklärt, dass es Überlegungen gebe, das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zu „entfristen“. Als der Betriebsrat in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 ein Gespräch mit der Geschäftsführung wegen der „Übernahme“ des Klägers führte, wurde ihm sinngemäß mitgeteilt, er brauche doch nur in das Internet zu schauen.

4

Der Kläger verlangt mit seiner am 3. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zum 1. April 2008. Er hat sich zunächst auf vertrauensbegründende Zusagen der Beklagten und den Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot gestützt. Zuletzt hat er eine Maßregelung iSv. § 612a BGB angenommen.

5

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mehrfach erklärt, dass er, wie die anderen befristet Beschäftigten auch, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe im Herbst 2007 mehrere persönliche Gespräche über eine unbefristete Einstellung mit dem stellvertretenden Personalleiter der Beklagten M, dem Bereichsleiter R, dem damaligen Abteilungsleiter L und Mitgliedern des Betriebsrats geführt. In allen Gesprächen sei eine geplante unbefristete Einstellung fest in Aussicht gestellt worden. Ihm gegenüber sei erklärt worden, unbefristete Einstellungen seien im Grundsatz klar, verzögerten sich aber im Augenblick wegen der Veränderungen durch den Verkauf der Arbeitgeberin an ein US-amerikanisches Unternehmen. Der stellvertretende Personalleiter M habe ihm schon bei der Einstellung und später in einem Gespräch über die Vertragsverlängerung mitgeteilt, es sei bei der Beklagten zwar üblich, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu verfahren. Es sei aber ebenso üblich, die Befristungen in unbefristete Verträge umzuwandeln, sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen. Der stellvertretende Personalleiter M habe dem Kläger noch im Herbst 2007 bestätigt, im Prinzip sei klar, dass alle in der Abteilung befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Von Deutschland aus“ sei alles klar, die Verträge lägen in Amerika zur Unterschrift vor. Es „hänge“ im Moment noch „an“ dem Eigentümerwechsel. Der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L hätten sich entsprechend geäußert. Die fehlende Unterschrift aus dem in den USA gelegenen Teil der Beklagten habe sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Vertragsunterzeichnung bezogen. Nach dem Eigentümerwechsel hätten die Verträge zwar formal in den USA bestätigt werden sollen. Die Kompetenzen für Personalplanung und Personalentscheidungen seien aber in Deutschland geblieben. Im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nicht übernommen werde.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2006 iVm. dem Arbeitsvertrag vom 14. November 2006 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Industriemechaniker mit Wirkung zum 1. April 2008 anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Bedeutung von § 612a BGB verkannt. Die Beklagte hat möglicherweise gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Deshalb kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Betracht. Mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, kann der Kläger allerdings nicht durchdringen. Einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. Da dieser rechtliche Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden ist und die nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweise nicht erteilt worden sind, wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag umzustellen, auf Geldersatz zu richten und den Schadensumfang im Einzelnen darzulegen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre.

10

A. Die Klage ist mit den bisherigen Anträgen unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie hat zwar möglicherweise - entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts - gegen § 612a BGB verstoßen. Daraus ergibt sich jedoch kein Einstellungsanspruch des Klägers. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG. Der Kläger kann auch nicht verlangen, über den 31. März 2008 hinaus beschäftigt zu werden.

11

I. Der auf Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 1. kann keinen Erfolg haben. Er ist zulässig, aber unbegründet.

12

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Der Kläger erstrebt die Abgabe der Annahmeerklärung zu dem Vertragsangebot, das im Klageantrag zu 1. liegt. Mit Rechtskraft des Urteils soll durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO ein Arbeitsverhältnis entstehen(vgl. zu der Fiktion zB BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Der Wortlaut des Antrags und die Klagebegründung sind unmissverständlich auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet, durch die ein Arbeitsverhältnis erneut begründet werden soll. Sie können nicht im Sinn eines Befristungskontrollantrags nach § 17 Satz 1 TzBfG verstanden werden.

14

b) Der Antrag zu 1. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist mit der Tätigkeit eines Industriemechanikers hinreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. April 2008 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind bezeichnet. Sie ergeben sich aus den Arbeitsverträgen vom 4. Januar 2006 und 14. November 2006.

15

2. Der Klageantrag zu 1. ist in seiner bisherigen Fassung unbegründet. Er ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots. Er hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten dargelegt. Einem Wiedereinstellungsanspruch unmittelbar aufgrund des Maßregelungsverbots in § 612a BGB oder aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

16

a) Der Antrag zu 1. ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. April 2008 (rück-)wirken soll.

17

aa) Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

18

bb) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung herbeigeführt werden soll, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

19

b) Für den Wiedereinstellungsanspruch besteht keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht zugesagt hat.

21

(1) Der Senat hat früher angenommen, ein Arbeitnehmer könne einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Laufzeit eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags haben, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigterweise habe erwarten dürfen, nach dem Ende der Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber sei dann durch Verschulden beim Vertragsschluss zum Schadensersatz und damit zum Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags verpflichtet (vgl. etwa BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - zu II 2 der Gründe, AP AFG § 91 Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 144). Diese Rechtsprechung hat der Senat später insofern präzisiert, als allein aus in Anspruch genommenem Vertrauen kein Anspruch auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, begründet aber keinen Erfüllungsanspruch (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 17, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags besteht nur dann, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239).

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Beklagte eine solche Zusage auch auf der Grundlage des als zutreffend unterstellten Vortrags des Klägers nicht erteilt hat. Der Kläger rügt diese Würdigung mit der Revision auch nicht länger.

23

(a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestands abweichen (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 18, BAGE 121, 247).

24

(b) Solche Rechtsfehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat alle für die Auslegung maßgebenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zutreffend gewürdigt, dass der stellvertretende Personalleiter M, der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L auch nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers deutlich machten, sie selbst hätten keinen Einfluss auf den Vertragsschluss. Sie bezogen sich auf Entscheidungsbefugnisse anderer Personen im Unternehmen der Beklagten, insbesondere in dem in den USA gelegenen Teil des Unternehmens. Sie selbst konnten und wollten damit nach dem Empfängerhorizont keine rechtsgeschäftliche Zusage im Sinn eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erteilen oder einen entsprechenden Antrag des Klägers annehmen.

25

bb) Die fehlende Bereitschaft der Beklagten, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ist keine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Weltanschauung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Sie führt deshalb nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist zudem durch § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

26

(1) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und damit das entgangene Arbeitsentgelt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

27

(2) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinen Vortrag gehalten, der es rechtfertigte anzunehmen, dass er wegen seiner politischen Überzeugung - seiner Nähe zur MLPD - nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist ferner nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

28

(a) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dem Betriebsrat sei in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 sinngemäß mitgeteilt worden, er brauche (hinsichtlich des Klägers) doch nur in das Internet zu schauen, trägt einen solchen Schluss nicht. Diesem unstreitigen Vortrag kommt indiziell geringe Bedeutung zu, weil die Aussage nicht ausdrücklich mit der politischen Haltung des Klägers verknüpft ist. Auch das streitige Vorbringen des Klägers, im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur MLPD nicht übernommen werde, hat indiziell geringe Aussagekraft. Sie sind keiner für die Beklagte handelnden Person zugeordnet. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der Weltanschauung betrifft(ebenfalls offengelassen von BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, NZA-RR 2012, 43, vgl. dort auch die Ausführungen in Rn. 28 zu den politischen Grundrechten der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen, aus Art. 21 Abs. 1 GG; vgl. zu der Kontroverse um den Weltanschauungsbegriff des § 1 AGG zB Annuß BB 2006, 1629, 1631; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 8; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; zu dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses aus Art. 4 Abs. 1 GG noch vor Inkrafttreten des AGG BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85).

29

(b) Nach § 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1, 7 Abs. 1 AGG auch keinen Anspruch auf Begründung eines sog. Beschäftigungsverhältnisses, hier eines Arbeitsverhältnisses, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Ein nach § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch scheidet aus (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

30

cc) Dagegen kommt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine verbotene Maßregelung des Klägers iSd. allgemeinen Maßregelungsverbots in § 612a BGB in Betracht. Der Kläger kann den Wiedereinstellungsanspruch dennoch weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dem steht der entsprechend anzuwendende § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

31

(1) § 612a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

32

(a) Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO). Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO).

33

(b) Eine Rechtsausübung in diesem Sinn kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind(vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612a BGB Rn. 12). Dazu gehören insbesondere auch das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit(vgl. zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der gebotenen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte bei der Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis BVerfG 19. Mai 1992 - 1 BvR 126/85 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 86, 122; zum Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 62 ff., EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1).

34

(c) Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann in einem Unterlassen bestehen (vgl. MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Fischinger § 612a Rn. 13). Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden. Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB kann aber auch darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; siehe auch 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 115, 68).

35

(d) Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. etwa BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 121, 247; 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 108, 269).

36

(e) Ob § 612a BGB für die vorenthaltene Leistung unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung zukommt oder ein Primäranspruch lediglich iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt (offengelassen zB von BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 27, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22 ; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN zu der Kontroverse, BAGE 113, 327; für eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinn, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt, bspw. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186; 12. Juni 2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 101, 312). Die Frage kann auch im Streitfall offenbleiben. Jedenfalls kann ein Verstoß gegen § 612a BGB - iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder iVm. § 823 Abs. 2 BGB - Sekundäransprüche auf Schadensersatz begründen.

37

(f) Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347).

38

(2) Nach diesen Grundsätzen kommt hier nach dem unstreitigen und streitigen Vortrag des Klägers zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine Benachteiligung des Klägers wegen Ausübung seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf individuelle Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beklagte nur deshalb weigerte, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, weil der Kläger in der Betriebsversammlung in seiner Eigenschaft als Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers gegenüber der Beklagten Kritik geäußert und damit seine Grundrechte ausgeübt hatte.

39

(a) Ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Abschluss eines Folgevertrags entscheidend wegen seiner kritischen Äußerungen in der Betriebsversammlung abgelehnt, ist der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Entgeltsonderzahlung und seine kritischen Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen als „Frechheit“ bezeichnete. Indizielle Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Beklagte mit dem Kläger - anders als mit den sechs etwa zeitgleich eingestellten Arbeitnehmern - keinen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss. Hinzu kommt das streitige Vorbringen des Klägers, wonach verschiedene Verantwortungsträger der Beklagten noch im Herbst 2007 davon ausgingen, es werde zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags kommen.

40

(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anwendung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, frei darüber zu entscheiden, ob sie nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließt.

41

(aa) Allerdings handelt es sich dann, wenn der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, um keine nach § 612a BGB unzulässige Benachteiligung. Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben(BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22, BAGE 121, 247). Schutzzweck des Maßregelungsverbots ist es nicht, den Arbeitsvertragsparteien die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (vgl. in dem anderen Zusammenhang eines Abfindungsanspruchs BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (2) der Gründe, BAGE 113, 327).

42

(bb) Der Arbeitgeber orientiert sein Verhalten aber nicht an der Rechtsordnung, wenn er gerade deswegen den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, und der Arbeitgeber den Vertrag ohne die Rechtsausübung geschlossen hätte. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine verbotene Maßregelung. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Motiv dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. Dem steht das Urteil des Senats vom 13. August 2008 (- 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung begründet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 22 f., aaO). Daran hält der Senat ausdrücklich fest. Der Arbeitgeber, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer steht, ist dennoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ist nur in den Grenzen der Rechtsordnung geschützt. Das über den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinausgehende Maßregelungsverbot des § 612a BGB ist Teil dieser Rechtsordnung. Versagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Vertrags aus dem tragenden Beweggrund einer von § 612a BGB verbotenen Benachteiligung, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, wird dieses Motiv von der Rechtsordnung nicht anerkannt. Das ohne den benachteiligenden Beweggrund zulässige Handeln des Arbeitgebers ist wegen des Maßregelungsverbots in § 612a BGB untersagt.

43

(3) Obwohl das Landesarbeitsgericht die Bedeutung des § 612a BGB verkannt hat, ist die Abweisung des Klageantrags zu 1. in seiner bisherigen Fassung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger kommt weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Das folgt aus der gebotenen Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG, der eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Wiedereinstellung ausschließt. Der Ausschlussgrund des § 15 Abs. 6 AGG ist unbeabsichtigt lückenhaft. Für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB besteht eine vergleichbare Interessenlage wie für die Benachteiligungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie bspw. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, EzA TzBfG § 17 Nr. 11).

44

(a) § 612a BGB enthält spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) eine unbewusste Regelungslücke. Die Vorschrift blieb zu diesem Zeitpunkt - am 18. August 2006 - unverändert. Sie besteht noch immer in der Fassung, in der sie durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) eingeführt wurde. Abweichend vom AGG hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, ob sich aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB kommt jedoch regelmäßig ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. § 612a BGB ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. nur APS/Linck § 612a BGB Rn. 25; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 23; ErfK/Preis § 612a BGB Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Schadensersatzanspruch darauf gerichtet ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die gesetzgeberische Wertung, die in § 15 Abs. 6 AGG zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage versehentlich nicht geregelt hat. § 15 Abs. 6 AGG knüpft an den aufgehobenen § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB an und schließt einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38 f.). Das gilt nicht nur für das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung im aufgehobenen § 611a BGB, sondern für alle Diskriminierungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG, also für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Darin kommt ersichtlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Nach ihr soll der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen - etwa wegen des Geschlechts, der Rasse oder der Religion - nicht verpflichtet werden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers ist auf Geldersatz beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei den typischerweise deutlich weniger gewichtigen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB, etwa bei Geltendmachung von Urlaubsansprüchen oder Überarbeitsvergütung, einen Anspruch des bislang befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Folgevertrags begründen wollte. Der Gesetzgeber hat die Regelungslücke erkennbar übersehen.

45

(b) Die Regelungslücke ist mit einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG zu schließen. Die Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB vergleichbar mit derjenigen bei einem Verstoß gegen die Benachteiligungsverbote in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

46

(c) Die Entscheidung des Senats vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 - Rn. 34, NZA 2011, 970 ) hindert eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG in den Fällen des § 612a BGB nicht. Nach diesem Urteil ist eine Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG bei einer aufgrund von § 7 Abs. 2 AGG unwirksamen Befristungsabrede nicht geboten. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, der sich regelmäßig aus der Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Erst dadurch wird die grundrechtlich geschützte Auswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt. Ihr trägt § 15 Abs. 6 AGG Rechnung(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - aaO).

47

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anzunehmen. Sie muss ihn deswegen auch nicht beschäftigen.

48

B. Der Kläger kann mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, wegen des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 6 AGG nicht durchdringen, obwohl das Landesarbeitsgericht § 612a BGB verkannt hat. Die Revision konnte gleichwohl nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Dem Kläger war vielmehr nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, sachdienliche Anträge zu stellen, um die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 6 AGG auf Fälle der Verletzung des Benachteiligungsverbots in § 612a BGB zu berücksichtigen und seinen Sachvortrag unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO oder um einen Fall des § 264 Nr. 3 ZPO handelte. Eine objektive Klageänderung wäre jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich wäre und der bisherige Sachvortrag verwertet werden könnte. Das Landesarbeitsgericht wird sich nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Überzeugung darüber bilden müssen, ob die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen hat und daraus ein Anspruch auf Geldersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB - jeweils iVm. §§ 612a, 251 Abs. 1, § 252 BGB - folgt. Das hängt davon ab, ob dem Kläger deshalb kein Folgevertrag angeboten wurde, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübte. Sollte die Beklagte § 612a BGB verletzt haben, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstanden ist. Selbst wenn die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entsprechend anzuwenden sein sollte, wäre sie durch die ursprünglich auf Wiedereinstellung gerichtete Klage gewahrt.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Krollmann    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 29. September 2009 - 7 Sa 874/08 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Neben der Feststellung eines zum Schadensersatz verpflichtenden Schuldverhältnisses verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung einer noch ausstehenden Abfindung in Höhe von restlichen 5.400,00 Euro, die die in Insolvenz geratene, gemeinsame Arbeitgeberin nicht an die Klägerin geleistet hat.

2

Die 1955 geborene Klägerin trat am 1. Februar 1992 bei der R KG ein und arbeitete dort als kaufmännische Sachbearbeiterin. Ihr letzter Bruttomonatsverdienst betrug 1.901,37 Euro.

3

Zum 1. Januar 2003 wurde die B KG gegründet. Komplementär war R, der Vater des Beklagten. Der Beklagte war mit einer Einlage iHv. 10.000,00 Euro Kommanditist, ihm wurde Einzelprokura erteilt. Am 14./18. Februar 2003 schlossen die B KG, vertreten durch den Komplementär R, und der Beklagte einen „Anstellungsvertrag“. Danach sollte der Beklagte als leitender Mitarbeiter die Geschäfte der B KG führen. Im Innenverhältnis sollten im Wesentlichen Geschäfte von mehr als 50.000,00 Euro, Kreditgeschäfte von mehr als 25.000,00 Euro, Bürgschaftsgewährungen, Grundstücksgeschäfte oder die Veräußerung des Unternehmens der vorherigen Zustimmung des Komplementärs bedürfen. Eine gewinnabhängige Tantieme wurde vereinbart. Der Beklagte sollte berechtigt sein, allein weitere Mitarbeiter einzustellen oder ihnen zu kündigen ohne Zustimmung der Gesellschafter. Außerdem wurde - wohl auch am 18. Februar 2003 - eine „ergänzende Vereinbarung“ geschlossen, derzufolge der Komplementär die Geschäftsführung der KG nur mit Zustimmung des Beklagten ausüben dürfen sollte und er weiter verpflichtet wurde, auf den täglichen Geschäftsgang keinen Einfluss zu nehmen. Andernfalls sollte der Beklagte ein Recht zur außerordentlichen, gegebenenfalls fristlosen Kündigung haben.

4

Seit 2005 soll der Beklagte gefälschte Zeugnisse bei der Handwerkskammer Mittelfranken vorgelegt haben, um - für die Fortführung des Handwerksbetriebs - in den Genuss einer „Altgesellenregelung“ zu kommen. Er ist in diesem Zusammenhang wegen eines Urkundendelikts erstinstanzlich vom Amtsgericht Schwabach verurteilt worden (- 3 Ds 508 Js 42807/05 -).

5

Ab Herbst 2005 bis 7./8. Dezember 2005 ließ sich die B KG von dem Unternehmensberater S in Sch beraten und eine Betriebsanalyse erstellen. Die Umstände dieser Beratung sind in den Einzelheiten zwischen den Parteien streitig.

6

Aus dem zusammenfassenden Bericht des Unternehmensberaters S vom 8. Dezember 2005 geht hervor, dass der Beklagte bei der Besprechung vom 18. Oktober 2005 die Meinung geäußert hatte, ein geplantes Insolvenzverfahren sei die einzige Möglichkeit, die betriebliche Situation zu bereinigen. Der Unternehmensberater will in einer weiteren Besprechung vom 30. Oktober 2005 auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, die Kostenstruktur grundlegend zu ändern und nicht betriebsnotwendige Immobilien mit Nachdruck zu verwerten. Bis 8. Dezember 2005 habe sich dann die Aussicht auf eine Teilvermietung des Betriebsgebäudes ergeben, diese sei „offensichtlich bereits ausreichend um alle Bedenken zu vergessen“. Im Übrigen bestätigt der Unternehmensberater weder zu hohe Lohnkosten seitens des Beklagten noch zu hohe Privatentnahmen durch den Komplementär, beanstandet aber insbesondere zu hohe Kosten des Materialeinsatzes und zu hohe Fahrzeugkosten. Bei Gegenkontrolle monatlicher Geschäftspläne „sollte es jedoch möglich sein die Haltung der Bank zu verändern“.

7

Ende 2005 - am 30. oder 31. Dezember - wurde der Klägerin eine betriebsbedingte Kündigung zum 30. April 2006 ausgesprochen, unterzeichnet vom Komplementär und dem Beklagten. Die Klägerin beauftragte ihren Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage (ArbG Nürnberg - 9 Ca 81/06 -), die am 2. Januar 2006 gegen eine „Firma B KG, - Komplementäre: R und K B -“ erhoben wurde. Am 9. Februar 2006 schlossen die B KG und die Klägerin, jeweils vertreten durch ihre Rechtsanwälte, einen widerruflichen Vergleich, demzufolge die B KG an die Klägerin für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche, betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung zum 30. April 2006 einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro (ohne Ratenzahlungsvereinbarung) zahlen sollte. Die Klägerin widerrief diesen Vergleich fristgerecht am 17. Februar 2006.

8

Im nachfolgenden Kammertermin vom 11. Mai 2006 vor dem Arbeitsgericht Nürnberg erschienen wiederum die Prozessbevollmächtigten sowie die Klägerin und der Beklagte in Person. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung schlossen die B KG und die Klägerin einen Vergleich, wonach sich bei Beendigung durch betriebsbedingte Kündigung zum 30. April 2006 und Abrechnung bis dahin die B KG verpflichtete, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.750,00 Euro als Abfindung zu zahlen. Der Arbeitgeberin wurde eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 1.350,00 Euro bewilligt, fällig jeweils am Monatsersten, beginnend mit dem 1. Juni 2006. Sollte die B KG mit einer Rate mehr als zehn Tage in Rückstand geraten, so sollte der gesamte noch offene Restbetrag zur sofortigen Zahlung fällig werden.

9

Am 16./17. Juli 2006 beantragte die Klägerin die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs. Am 24. Juli 2006 kündigte der Beklagte sein Anstellungsverhältnis nebst ergänzender Vereinbarung zur B KG fristlos. Am 31. Juli 2006 beantragte der Komplementär R die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B KG. Am 3. August 2006 erstattete er Strafanzeige gegen seinen Sohn, die er am 21. September und 2. Oktober 2006 ergänzte. Mit Beschluss vom 16. August 2006 eröffnete das Amtsgericht Nürnberg über das Vermögen der B KG zuerst das vorläufige und dann das eigentliche Insolvenzverfahren am 20. September 2006 (AG Nürnberg - 8072 IN 1285/06 -). Danach erwarb der Beklagte vom Insolvenzverwalter einen Teil der Materialien und Betriebsmittel, die er zuvor zur Sicherung eigener Forderungen an sich genommen, dann aber an den Insolvenzverwalter zurückgegeben hatte.

10

Die B KG zahlte auf die vereinbarte Abfindung eine Rate in Höhe von 1.350,00 Euro. Die restlichen vier Raten im Gesamtbetrag von 5.400,00 Euro zahlte sie nicht.

11

Unter dem 28. Dezember 2007 ließ die Klägerin die vorliegende Klage gegen den Beklagten erheben.

12

Die Klägerin behauptet, der Beklagte sei bei Abschluss des Vergleichs am 11. Mai 2006 als der eigentliche Herr des Verfahrens aufgetreten. Mit der Kündigungsschutzklage als Komplementär bezeichnet, habe er nie auf einer Rubrumsberichtigung bestanden. Nach dem Anstellungsvertrag und der ergänzenden Vereinbarung habe er zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Geschicke der Arbeitgeberin geleitet. Durch sein Auftreten im Kammertermin habe er beim Vergleichsabschluss in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen.

13

Außerdem habe er im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass der Anstellungsvertrag des Beklagten eine gewinnabhängige Tantieme vorgesehen habe. Daher habe es im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Beklagten gelegen, den Kündigungsschutzprozess mit einem Abfindungsvergleich zu beenden. Zum anderen habe der Beklagte damals versucht, mit seiner Einzelfirma den Betrieb der B KG zu übernehmen, jedoch kein Interesse daran gehabt, dabei auch die Klägerin nach § 613a Abs. 1 BGB übernehmen zu müssen.

14

Der Beklagte hafte nach § 311 Abs. 3 BGB nicht nur auf den Vertrauensschaden, sondern auch auf das Erfüllungsinteresse. Er habe um die wirtschaftliche Schieflage der Arbeitgeberin gewusst. Schon im Oktober 2005 habe er mit dem Gedanken einer geplanten, sanierenden Insolvenz gespielt, was aus den Beratungen mit dem Unternehmensberater S bekannt sei. Die Insolvenzgefahr habe der Beklagte der Klägerin verschwiegen. Bei Kenntnis davon hätte die Klägerin die Abfindungsvereinbarung mit der B KG nur ohne Ratenzahlung abgeschlossen. Daher habe der Beklagte persönlich für den Restbetrag einzustehen.

15

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen Klägerin und Beklagtem ein Schuldverhältnis entstanden ist, weil der Beklagte als Dritter in besonderem Maße persönliches Vertrauen bei Vergleichsabschluss am 11. Mai 2006 im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Nürnberg mit dem Az. - 9 Ca 81/06 - in Anspruch nahm und dadurch die Vergleichsverhandlungen und das Vergleichsergebnis entscheidend beeinflusste;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin aus dem unter Ziff. 1 bezeichneten Schuldverhältnis zum Ersatz aller dieser entstandenen materiellen Schäden haftet;

        

3.    

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.400,00 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

16

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags darauf verweisen lassen, dass er bei Vergleichsabschluss nur seine bekannte Aufgabe als Prokurist und Geschäftsführer der B KG wahrgenommen habe. Er habe sich nicht verbürgt oder in anderer Weise persönlich stark gemacht für die bei Vergleichsabschluss von der B KG übernommene Abfindungsverpflichtung. Auch ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse habe nicht vorgelegen. Zu einer Tantiemenzahlung sei es 2006 nicht gekommen. Ebenso wenig gebe es einen Betriebsübergang auf ihn. Im Mai 2006 habe die Insolvenz nicht unmittelbar bevorgestanden und deswegen auch nicht verschwiegen werden können.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis haben die Vorinstanzen die Zahlungsklage zu Recht abgewiesen.

19

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

In den Feststellungsanträgen zu 1. und 2. sei die Klage unzulässig, da ihr das Feststellungsinteresse fehle. Der Feststellungsantrag zu 1. beziehe sich auf Vorfragen, die bei der Prüfung der Klageanträge zu 2. und 3. inzident zu prüfen seien; das Interesse an einer darüber hinausgehenden Feststellung sei nicht vorgetragen. Ebenso habe die Klägerin hinsichtlich des Antrags zu 2. nicht dargelegt, inwiefern aus dem Vergleichsschluss am 11. Mai 2006 noch Schadensersatzansprüche entstehen könnten, die über den im Klageantrag zu 3. (Zahlung der restlichen Abfindung) gestellten Antrag hinausgingen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Vergleichsschluss und das Ende des Arbeitsverhältnisses nunmehr Jahre zurückliegen.

21

Im Antrag zu 3. sei die Klage nicht schlüssig. Die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten als Sachwalter könnten dahinstehen. Denn die Haftung nach § 311 Abs. 3 BGB begründe lediglich einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, die Klägerin könne also nur erwarten, so gestellt zu werden, wie sie gestanden hätte, wenn sie den Vergleich am 11. Mai 2006 nicht abgeschlossen hätte (BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 210/08 - AP InsO § 60 Nr. 3 = EzA InsO § 60 Nr. 2). Wäre der Vergleich nicht abgeschlossen worden, hätte das Kündigungsschutzverfahren durchgeführt werden müssen, dessen hypothetischer Ausgang ungewiss gewesen wäre. Sowohl bei Prozessverlust als auch bei Prozessgewinn hätte der Klägerin ein Abfindungsanspruch jedoch nicht zugestanden. Selbst wenn der Kündigungsschutzprozess in eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG gemündet hätte, wäre die Klägerin mit einem etwa ausgeurteilten Abfindungsanspruch ebenfalls nur in die Insolvenz ihrer Arbeitgeberin geraten.

22

B. Die Zahlungsklage ist unbegründet, weswegen die Revision der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

23

I. Der Beklagte war bei der B KG Kommanditist. Persönlich haftender Gesellschafter dieser KG war als Komplementär nur sein Vater R, nicht aber er selbst (§ 161 Abs. 1 HGB). Seine Einlage in Höhe von 10.000,00 Euro hat der Beklagte auch geleistet. Damit haftet er den Gläubigern der KG nicht mehr unmittelbar, auch nicht bis zur Höhe seiner Einlage (§ 171 Abs. 1 HGB). Wegen der Publizitätswirkung dieser im Handelsregister so eingetragenen Tatsachen muss die Klägerin diese gegen sich gelten lassen (§ 15 Abs. 2 HGB). Aus diesem Grund kann die Klägerin eine Haftung des Beklagten als „Quasi-Komplementär“ auch nicht dadurch darstellen, dass sie den Beklagten in den Schriftsätzen des vorliegenden Rechtsstreits verschiedentlich fälschlich als Komplementär anspricht oder darauf verweist, im vorausgegangenen Kündigungsschutzverfahren gegen die KG den Beklagten im Klagerubrum als Komplementär aufgeführt zu haben, was sich bis zum gerichtlichen Vergleichsprotokoll erhalten und wogegen der Beklagte nie einen Korrekturversuch unternommen habe. Der Beklagte haftet nach Gesellschaftsrecht nicht persönlich.

24

II. Die Voraussetzungen für eine sog. Sachwalterhaftung des Beklagten nach § 311 Abs. 3 iVm. § 241 Abs. 2 BGB hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen.

25

1. Verhandlungsgehilfen (oder Vertreter) können in der Regel nur aus Delikt in Anspruch genommen werden (BGH 4. Juli 1983 - II ZR 220/82 - BGHZ 88, 67). Die Rechtsprechung hat aber darüber hinaus schon seit Längerem anerkannt, dass ausnahmsweise ein Verhandlungsgehilfe auch persönlich wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Anspruch genommen werden kann, wenn er die Verhandlungen oder den Vertragsschluss in unmittelbarem eigenen wirtschaftlichen Interesse geführt oder dadurch, dass er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, erheblich beeinflusst hat (BGH 3. April 1990 - XI ZR 206/88 - NJW 1990, 1907; 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01 - MDR 2005, 1313). Der mit der Schuldrechtsreform 2002 eingefügte § 311 Abs. 3 BGB kodifiziert diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Danach kann ein Schuldverhältnis mit der Folge einer persönlichen Haftung, wenn die Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt wurden, auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollten oder geworden sind. Das in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB aufgeführte Beispiel für einen Haftungsgrund des Dritten stellt nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift („... entsteht insbesondere, wenn ...“) keine abschließende Regelung dar. Es bleibt bei den bisher von der Rechtsprechung angewandten Grundsätzen (Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 311 BGB Rn. 60).

26

2. Eine Eigenhaftung des Beklagten als Geschäftsführer der B KG oder als ihr Gesellschafter kommt nach dem Vorbringen der Klägerin nicht in Betracht.

27

a) Tritt ein Geschäftsführer oder ein Gesellschafter für eine Gesellschaft auf, nimmt er in der Regel nur normales Verhandlungsvertrauen in Anspruch (BGH 6. Juni 1994 - II ZR 292/91 - BGHZ 126,181). Sein allgemeines Interesse als Geschäftsführer oder Gesellschafter am Erfolg seines Unternehmens begründet keine Eigenhaftung (vgl. BGH 3. Oktober 1989 - XI ZR 157/88 - DB 1989, 2320; 27. März 1995 - II ZR 136/94 - BB 1995, 997; BAG 13. Februar 2007 - 9 AZR 106/06 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 7). Auch wenn er den Verhandlungspartner durch positiv täuschendes Verhalten schädigt, haftet er in der Regel nicht aus cic. (vgl. BGH 1. Juli 1991 - II ZR 180/90 - BB 1991, 1587). Dagegen kommt eine Eigenhaftung in Betracht, wenn er Erklärungen abgegeben hat, die als selbstständiges Garantieversprechen aufgefasst werden können (vgl. BGH 18. Juni 2001 - II ZR 248/99 - DB 2001, 1825).

28

b) Der Verweis der Klägerin auf die Prokura des Beklagten und seine durch Anstellungsvertrag und ergänzende Vereinbarung begründete Bestellung als Geschäftsführer der B KG, der die Geschicke des Unternehmens bei normalem Geschäftsgang, einschließlich der Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Hand hatte, vermag für sich genommen eine Eigenhaftung des Beklagten daher nicht zu begründen. Tatsachen für eine darüber hinausgehende Erklärung des Beklagten bei Vergleichsabschluss, etwa im Sinne einer Garantieerklärung, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ihr mit der Revisionsbegründung zusammengefasstes Vorbringen, der damals mitverklagte Beklagte habe „doch - zumindest schlüssig - erkennen [lassen], dass [er] die Ratenzahlungsverpflichtung zu erfüllen wirtschaftlich in der Lage sei“, reicht dafür nicht.

29

Denn der Vergleichsabschluss erfolgte zwischen der B KG als Arbeitgeberin und der Klägerin als Arbeitnehmerin. Dass der Beklagte als Geschäftsführer der Arbeitgeberin persönlich anwesend war und dem Abschluss eines unwiderruflichen Vergleichs am 11. Mai 2006 offensichtlich zugestimmt hat, lässt nicht den Schluss zu, er habe damit erklärt, der titulierte Anspruch werde in jedem Fall, im Zweifel von ihm selbst, erfüllt. Das konnte die bei Vergleichsabschluss anwaltlich vertretene und beratene Klägerin (eine kurze Sitzungsunterbrechung vermerkt das Protokoll) erkennen. Schon im erstinstanzlichen Urteil hat das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin keine besonderen Umstände vorgetragen hat, denen zufolge der Beklagte einen besonderen, auf sich selbst bezogenen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Der Beklagte habe sich zB nicht selbst mit seinem Namen dafür verbürgt, dass der Vergleich erfüllt werde. Dies hat die Klägerin weder mit der Revisions- noch mit der Berufungsbegründung substanziiert angegriffen.

30

3. Weiter ist dem Vorbringen der Klägerin nicht schlüssig zu entnehmen, dass der Beklagte unabhängig von seiner Stellung als Geschäftsführer der KG bei Vertragsabschluss besonderes persönliches Vertrauen iSd. § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlung beeinflusst habe.

31

a) Ein die Eigenhaftung mitbegründender Umstand kann in der beruflichen Stellung des Verhandelnden liegen, insbesondere in seiner Funktion oder seiner Stellung als Sachwalter. So können die Voraussetzungen für eine Eigenhaftung vorliegen beim Unternehmenssanierer (vgl. BGH 3. April 1990 - XI ZR 206/88 - NJW 1990, 1907). Dagegen kommt eine Eigenhaftung regelmäßig nicht bei Angestellten (vgl. BGH 4. Juli 1983 - II ZR 220/82 - BGHZ 88, 67), Handlungsbevollmächtigten (vgl. BGH 16. Oktober 1987 - V ZR 153/86 - NJW-RR 1988, 328) oder bei Ehegatten (vgl. BGH 20. März 1987 - V ZR 27/86 - NJW 1987, 2511) in Betracht. Ebenso wenig beim Konkursverwalter (vgl. BGH 14. April 1987 - IX ZR 260/86 - BGHZ 100, 346 ), bei einem Betreuer (BGH vgl. 8. Dezember 1994 - III ZR 175/93 - DB 1995, 319) oder bei einem von einer Partei hinzugezogenen Rechtsanwalt (vgl. BGH 11. Juli 1988 - II ZR 232/87 - DB 1988, 2398).

32

b) Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte bei Vergleichsabschluss ein solches, die Eigenhaftung begründendes besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen oder den Vertragsabschluss beeinflusst hat.

33

Mit der Revisionsbegründung fasst die Klägerin zusammen, der Beklagte habe bei Vergleichsabschluss von einer „wirtschaftlichen Schieflage der B KG“ gewusst, diese der Klägerin verschwiegen und sie dadurch zum Abschluss eines Vergleichs veranlasst, den sie bei Wissen um die prekäre wirtschaftliche Lage der Vertragspartnerin so nicht abgeschlossen hätte.

34

Dieser Vortrag ist selbst dann nicht schlüssig, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, der Beklagte habe nicht nur um eine „wirtschaftliche Schieflage“ gewusst, sondern - anknüpfend an seine Überlegungen gegenüber dem Unternehmensberater S im Oktober 2005 - bei Vergleichsabschluss im Mai 2006 auch einen für die KG in den nächsten fünf Monaten notwendig werdenden Insolvenzantrag nicht ausschließen können. Denn aus dem Akteninhalt geht hervor, dass der Beklagte sich bei Vergleichsabschluss so verhalten hat, dass auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Arbeitgeberin jeder vernünftige Dritte, erst recht die anwaltlich beratene Klägerin hätte schließen müssen.

35

In der Güteverhandlung des Kündigungsschutzverfahrens hatte die damals nur anwaltlich vertretene KG einen Vergleich abgeschlossen, demzufolge sie spätestens nach Ablauf der Widerrufsfrist, also am 24. Februar 2006, eine Abfindung als Einmalzahlung in Höhe von 5.000,00 Euro hätte bezahlen müssen. Diesen Vergleich hat nicht die B KG, sondern die Klägerin widerrufen. Drei Monate später, am 11. Mai 2006 tritt nun der Beklagte als Geschäftsführer der B KG im Kammertermin auf und stimmt einem erneuten, nunmehr unwiderruflichen Vergleich mit der Klägerin zu. Die Vergleichssumme wird um einen mäßigen Betrag auf 6.750,00 Euro erhöht, was im Hinblick auf eine über 14-jährige Beschäftigung der Klägerin und ihr letztes Bruttogehalt von über 1.900,00 Euro monatlich weder relativ noch absolut als hoch bezeichnet werden kann. Gleichwohl - das kann mit dem Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt werden - gibt der Beklagte vor, deswegen zunächst mit dem Komplementär, seinem Vater, telefoniert zu haben. Als Geschäftsführer der Arbeitgeberin handelte er weiter eine Ratenzahlungsmöglichkeit aus, nach der die Arbeitgeberin die Abfindung in nicht weniger als fünf Monatsraten á 1.350,00 Euro erbringen darf. Dies lässt für einen verständigen Dritten nur den Schluss zu, dass die B KG sich im Mai 2006 in so erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, dass sie nur noch eine monatliche Verpflichtung iHv. 1.350,00 Euro - also erheblich weniger als die Gehaltskosten der Klägerin bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - aufbringen konnte und dass sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber Februar 2006 verschlechtert hatten oder zum Zeitpunkt des ersten Vergleichsabschlusses von ihrem damals allein auftretenden Rechtsanwalt zu optimistisch eingeschätzt worden waren. Dies hat der Beklagte bei Vergleichsabschluss nicht verschwiegen, sondern im Gegenteil verdeutlicht. Auf einen unmittelbar bevorstehenden Insolvenzantrag musste der Beklagte nicht hinweisen, da dieser erst am 31. Juli 2006 und auch nicht von ihm, sondern vom Komplementär der B KG nach der Eigenkündigung des Beklagten gestellt wurde. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist am 20. September 2006 durch das Amtsgericht Nürnberg erfolgt und nicht etwa mangels Masse abgelehnt worden. Bei dieser Sachlage war der Beklagte als Geschäftsführer der KG am 11. Mai 2006 nicht verpflichtet gegenüber der Klägerin anzudeuten, dass womöglich ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgen werde. Dies hätte vielmehr seinen Pflichten als Geschäftsführer widersprochen und den Beklagten Schadensersatzansprüchen des anderen Gesellschafters mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt. Nach dem Abschlussbericht des Unternehmensberaters S vom 8. Dezember 2005 konnte dieser zudem die Bedenken des Beklagten vom Oktober 2005 zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens mit begründeten wirtschaftlichen Überlegungen zerstreuen.

36

4. Der Beklagte handelte schließlich auch nicht in eigenem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse, was ebenfalls eine Haftung nach § 311 Abs. 3 BGB begründen könnte.

37

a) Dazu muss ein Verhandlungsführer wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache tätig geworden sein, er muss wirtschaftlich Herr des Geschehens oder eigentlicher wirtschaftlicher Interessenträger gewesen sein (BGH 23. Oktober 1985 - VIII ZR 210/84 - DB 1986, 163), etwa, wenn der Verhandlungsführer die Leistung des anderen Teils für sich verwenden will. Ein bloßes mittelbares Interesse, etwa die Aussicht auf eine Provision oder ein Entgelt, genügt nicht (vgl. BGH 17. Oktober 1989 - XI ZR 173/88 - NJW 1990, 506; 17. Juni 1991 - II ZR 171/90 - DB 1991, 2182; 29. Januar 1992 - VIII ZR 80/91 - MDR 1992, 939). Auch eine Mithaftung des Vertreters für die Schulden des Vertretenen soll nicht genügen (vgl. BGH 6. Juni 1994 - II ZR 292/91 - BGHZ 126, 181).

38

b) Danach ist bereits der Hinweis der Klägerin, der Beklagte habe an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zur KG ein eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt, weil er an seine nach dem Anstellungsvertrag gewinnabhängige Tantieme gedacht habe, rechtlich unerheblich. Wenn überhaupt, stellte dies ein mittelbares Interesse dar, das für eine Eigenhaftung nach § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht genügt.

39

Ebenso wenig trägt der als wahr unterstellte Vortrag der Klägerin ihre Schlussfolgerung, der Beklagte habe den Vergleich abgeschlossen, um als Betriebsübernehmer den Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 BGB hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit der B KG zu entgehen. Es kann als unstreitig gelten, dass der Beklagte vom Insolvenzverwalter einen Teil der sächlichen Betriebsmittel der KG durch Rechtsgeschäft erworben hat, was auch den Eintritt in Leasingverträge für Kraftfahrzeuge umfassen kann. Dass er den Betrieb der B KG fortgeführt hat, geschweige denn, dass ein Betriebsübergang erfolgt ist oder überhaupt erfolgen konnte, hat die Klägerin nie mit einem substanziierten Tatsachenvortrag untersetzt. Im Gegenteil hat sie darauf hingewiesen, dass der Beklagte persönlich überhaupt nicht in der Lage war, den Handwerksbetrieb als Unternehmensgegenstand der B KG weiter zu führen. Der Beklagte, der offensichtlich nicht über die dafür erforderliche Meisterprüfung verfügt, ist, worauf die Klägerin selbst hinweist, erstinstanzlich strafrechtlich verurteilt worden wegen eines Urkundsdelikts, als er 2005 bei der Handwerkskammer gefälschte Zeugnisse vorlegte, um in den Genuss einer Sonderregelung (sog. „Altgesellenregelung“) zu gelangen. Nach dem Vortrag der Klägerin ist es dem Beklagten mit seiner „Einzelfirma“ auch nicht gelungen, in den Kreis von Auftragnehmern aufgenommen zu werden, zu denen bis zu ihrer Insolvenz die B KG gehörte. Unter diesen Umständen ist ein Eigeninteresse des Klägers zur Vermeidung von § 613a BGB bei Vergleichsabschluss mit der Klägerin auszuschließen.

40

5. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nicht hinreichend für eine haftungsbegründende Kausalität im Handeln des Beklagten vorgetragen hat, kann es dahinstehen, ob die Klage hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität als unschlüssig aufzufassen ist, wie es das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Allerdings kann durch das Verschulden bei Vertragsschluss (ausnahmsweise) auch das Erfüllungsinteresse zu ersetzen sein, wenn der Vertrag ohne die cic. für den Schädiger zu günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre (vgl. BGH 4. Juli 1989 - VI ZR 217/88 - BGHZ 108, 200 „gewohnheitsrechtliche Vertrauenshaftung“; 24. Juni 1998 - XII ZR 126/96 - BB 1998, 1710). Auch das vom Landesarbeitsgericht angeführte Urteil des Bundesarbeitsgerichts führt nur aus, dass der in § 311 Abs. 3 BGB geregelte Anspruch auf Schadensersatz wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens „regelmäßig“ nur auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sei(BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 210/08 - AP InsO § 60 Nr. 3 = EzA InsO § 60 Nr. 2).

41

III. Eine Haftung des Beklagten aus Delikt, § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 263, 266, 288 ff. StGB scheidet aus. Der Beklagte hat sich des Betruges, der Untreue oder einer Bankrottstraftat nicht schuldig gemacht.

42

IV. Den Feststellungsantrag zu 1. hat das Berufungsgericht zutreffend als unzulässig aufgrund mangelnden Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) zurückgewiesen. Ein gesondertes Interesse an der Feststellung dieser Vorfrage ist nicht dargelegt worden.

43

V. Der Feststellungsantrag zu 2. ist jedenfalls unbegründet, da es auch insoweit an einem schlüssigen Vorbringen zu der Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts fehlt.

44

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck     

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. April 2011 - 11 Sa 993/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 10. Juni 2010 - 15 Ca 16589/09 - abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 25.000,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch um einen Bonusanspruch für das Jahr 2008. Hilfsweise macht der Kläger Schadensersatzansprüche in gleicher Höhe geltend.

2

Der Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt. Er war vom 1. September 1992 bis zum 31. August 2009 bei der D AG beschäftigt, zuletzt als Leitender Syndikus auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 29. August/1. September 1997 zu einem Bruttomonatsverdienst von 6.750,00 Euro. Zum 1. September 2009 wechselte er in ein anderes Konzernunternehmen.

3

Zu den Bezügen ist im Arbeitsvertrag vom 29. August/1. September 1997 auszugsweise Folgendes geregelt:

        

„2.     

Bezüge

        

Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung abgegolten sind:

        

a)    

Gehalt

                 

…       

        

b)    

Gratifikation

                 

Eine jährliche Abschlussgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am ersten Arbeitstag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.“

4

Für die Geschäftsjahre 2006 und 2007 erhielt der Kläger Boni in Höhe von 32.000,00 Euro bzw. 35.000,00 Euro brutto.

5

Am 10./14. April 2008 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung, in der die vom Kläger im Geschäftsjahr 2008 zu erreichenden Ziele in drei verschiedenen Bereichen (Unternehmensziele, vom Fachvorstand abgeleitete individuelle Ziele, sonstige individuelle Ziele) aufgeführt sind. Die Zielvereinbarung lautet auszugsweise:

        

„       

Ziele und Executive Bonus 2008

        
                 

Zielvereinbarung und Zielerreichung - Seite 1

        
                 

Bewertungszeitraum*

01.01.2008 - 31.12.2008

        
                 

Name des Mitarbeiters*

        
                 

Dr. R 

        
                 

Position/Funktion des Mitarbeiters*

Beschäftigt seit

        
                 

Leitender Syndikus

09/1992

        
                 

Name des Vorgesetzten*

        
                 

E       

        
                 

Name des nächsthöheren Vorgesetzten*

        
                 

Dr. M

        
                 

Zielbonus in Euro p.a. *)**) 100 %

        
                 

wird in einem separaten Schreiben mitgeteilt

        
                 

…       

        
                 

*) Pflichteingabe

        
                 

**) Aus dem Zielbonus erwächst kein Rechtsanspruch

        
                 

s.a. Terms & Conditions

        
                 

…       

        
                 

[ ]       

Ja, zusätzliche Dokumente (bitte beifügen)

        
                 

[x]       

Ja, ich habe die Terms & Conditions zur Kenntnis genommen

        
                          

(abrufbar im Executive Net)

        
                                            
                 

_______________________________

__________________________________

        
                 

Datum, Unterschrift Mitarbeiter

Datum, Unterschrift Vorgesetzter

“       

6

Der Kläger unterzeichnete die Zielvereinbarung und bestätigte die Kenntnisnahme der „Terms & Conditions“ durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens.

7

Ein Schriftstück mit dem Namen „Ziele und Executive Bonus 2008, Terms & Conditions“ (im Folgenden: Bonusbedingungen) enthält unter anderem folgende Regelungen:

        

„1.     

Ziele und Berechtigte

        

In Ergänzung Ihres Dienstvertrags und der darin in Aussicht gestellten Leistungsgratifikation bzw. variablen Vergütung konkretisieren die Terms & Conditions zum Prozess ‚Ziele und Executive Bonus’ die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.

        

…       

        

5.    

Rahmenbedingungen und Regelungen

        

»       

        

Die tatsächliche Auszahlung des Bonus setzt voraus, dass der Vorstand ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung stellt. Die Feststellung des Bonusvolumens bleibt weiterhin der Entscheidung des Vorstandes vorbehalten.“

8

Ein Zielbonus für das Geschäftsjahr 2008 wurde dem Kläger nicht mitgeteilt.

9

Am 28. Oktober 2008 erhielten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der D AG eine mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnete E-Mail, in der mitgeteilt wurde, dass der Vorstand für das Kalenderjahr 2008 ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 - angepasst an den Mitarbeiterbestand 2008 - zugesagt habe.

10

Im Januar 2009 wurde bei der D AG intern kommuniziert, dass der Zielerreichungsgrad für die Unternehmensziele bei 60 % liege. Am 26./27. Januar 2009 wurde die Zielerreichung des Klägers in das Zielvereinbarungsformular eingetragen. Die Zielerreichung in Bezug auf die Unternehmensziele wurde auf 60 % und die Gesamtzielerreichung des Klägers auf 125 % festgesetzt. Anschließend wurde die Zielvereinbarung erneut von beiden Parteien unterschrieben.

11

Die D AG erzielte im Geschäftsjahr 2008 ein negatives operatives Ergebnis von 6,56 Mrd. Euro. Die Vorstände der Beklagten und der D AG beschlossen am 17. Februar 2009, keine Bonuszahlungen an Beschäftigte einschließlich Führungskräften und Vorstandsmitglieder zu leisten. Am 13. März 2009 erhielt der Kläger für das Jahr 2008 eine Zahlung für besondere Belastungen in Höhe von 6.750,00 Euro.

12

Mit Wirkung vom 11. Mai 2009 wurde die D AG auf die Beklagte verschmolzen.

13

Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen weiteren Bonusanspruch für das Jahr 2008 in Höhe von 25.000,00 Euro. Bei einer Zielerreichung von 125 % habe in Anlehnung an den im Jahr 2007 gezahlten Bonus ursprünglich ein Bonusanspruch in Höhe von 35.000,00 Euro bestanden. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 6.750,00 Euro und eines Abschlags von ca. 10 % stehe ihm noch ein Betrag in Höhe von 25.000,00 Euro zu. Auf den 25.000,00 Euro übersteigenden Restbetrag verzichte er, da er die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten anerkenne.

14

Die fehlende Angabe des Zielbonus stehe einem Anspruch aus der Zielvereinbarung nicht entgegen. Auch in den Vorjahren sei nie ein Zielbonus mitgeteilt worden. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 sei auch, wie es Ziff. 5 der Bonusbedingungen vorschreibe, ein ausreichendes Bonusvolumen festgelegt worden. Diese Zusage habe die Beklagte später nicht einseitig ändern können. Auch eine Änderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht.

15

Bei Ablehnung eines Anspruchs aus der Zielvereinbarung stehe dem Kläger jedenfalls ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet sei. Der Kläger sei im Vertrauen auf die Mitteilung des Vorstands vom 28. Oktober 2008 erst am 1. September 2009 zu einem anderen Konzernunternehmen gewechselt, obwohl er die neue Stelle bereits im Januar 2009 hätte angetreten können. Durch den verzögerten Wechsel auf die besser dotierte neue Stelle sei ihm zusätzliche Vergütung in Höhe von 31.700,00 Euro entgangen.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. März 2009 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dem Kläger stehe kein Erfüllungsanspruch aus der Zielvereinbarung zu, da ihm für das Geschäftsjahr 2008 kein Zielbonus mitgeteilt worden sei. Der Bonus könne auch nicht nachträglich nach Ablauf der Zielperiode durch Urteil festgesetzt werden. Zudem sei es nicht zulässig, sich hinsichtlich der Höhe des Zielbonus an den Vorjahren zu orientieren. In der Zielvereinbarung für das Jahr 2007 sei vereinbart gewesen, dass der Zielbonus in der Regel dem Zielbonus für das Jahr 2005 entsprechen solle. Eine solche Regelung fehle in der Zielvereinbarung für 2008.

18

Ein Anspruch des Klägers aus der Zielvereinbarung scheitere zudem daran, dass der Vorstand entgegen Ziff. 5 der Bonusbedingungen kein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt habe. Ziff. 5 der Bonusbedingungen sei wirksam. Durch diese Klausel werde ihr ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht über die Festlegung des Bonusvolumens eingeräumt, das nach billigem Ermessen auszuüben sei. Die Klausel sei klar und verständlich. Durch sie werde der Mitarbeiter auch nicht unangemessen benachteiligt. Die Beklagte habe das ihr zustehende Leistungsbestimmungsrecht vor dem Hintergrund ihres desaströsen wirtschaftlichen Ergebnisses und der dramatischen Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds nach billigem Ermessen ausgeübt. Im August 2008 sei die D AG noch davon ausgegangen, dass es im Geschäftsjahr 2008 zu einem negativen Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit in Höhe von rd. 1,5 Mrd. Euro kommen werde. Letztlich habe das endgültige operative Ergebnis der D AG für das Jahr 2008 einen Verlust in Höhe von 6,56 Mrd. Euro ausgewiesen. Die dramatische Verschlechterung gegenüber der Prognose von August 2008 sei nicht vorhersehbar gewesen. Neben der öffentlichen Diskussion über Bonuszahlungen sei auch die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds von erheblicher Bedeutung für die Entscheidung gewesen, keine Bonuszahlungen zu leisten. Die globale Finanzmarktkrise habe zum Ende des Jahres 2008 dramatische Höhepunkte erreicht. Die Kernkapitalquote der D AG habe sich in einem Bereich bewegt, der als kritisch anzusehen gewesen sei. Die Beklagte selbst habe in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen.

19

Die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 stelle lediglich eine unverbindliche Ankündigung eines möglichen Bonusvolumens an die gesamte Belegschaft dar. Jedenfalls sei die D AG aufgrund der dramatischen Entwicklungen berechtigt gewesen, eine solche Entscheidung nachträglich zu ändern. Sie könne sich zudem auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Die dramatische Verschlechterung des Ergebnisses gegenüber der Prognose, welche am 28. Oktober 2008 vorgelegen habe, sei nicht voraussehbar gewesen.

20

Dem Kläger könne eine Bonuszahlung auch nicht im Wege des Schadensersatzes verlangen. Selbst wenn man annähme, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch zu, wäre dieser auf Naturalrestitution gerichtet und der Kläger müsse so gestellt werden, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Kläger hätte jedoch auch dann keinen Bonus erhalten, wenn ihm ein Zielbonus mitgeteilt worden wäre.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Bonus für das Geschäftsjahr 2008 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2008 weder ein zusätzlicher Bonusanspruch noch ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe zu.

23

A. Die Ansprüche des Klägers auf eine zusätzliche variable Vergütung für das Jahr 2008 sind erfüllt.

24

I. Nach Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags iVm. § 315 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sowie der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen hatte der Kläger Anspruch auf die Festlegung einer zusätzlichen variablen Vergütung nach billigem Ermessen der Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Jahr 2008. Das ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen.

25

1. Der Arbeitsvertrag gewährte dem Kläger in Ziff. 2 Buchst. b Anspruch auf Festsetzung einer zusätzlichen Vergütung unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten und der Ertragslage der Bank. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte hatte die Leistungsbestimmung damit nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) zu erfolgen. Die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens haben die Parteien in der Zielvereinbarung konkretisiert. Aufgrund dieser vertraglichen Konkretisierung war die Beklagte an die Zielvereinbarung gebunden. Haben die Vertragsparteien durch eine Zielvereinbarung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 -; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 38, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; zur Ausübung des Direktionsrechts: 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311). Im Streitfall hatten die Parteien jedoch in der Zielvereinbarung keine abschließende Regelung getroffen, sondern zusätzlich die Geltung der Bonusbedingungen vereinbart, die ihrerseits die Zahlung unter den Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Vorstands stellten (Ziff. 5 der Bonusbedingungen). Die Entscheidung des Vorstands musste mangels entgegenstehender Anhaltspunkte billigem Ermessen entsprechen. Dabei durfte der Vorstand, soweit die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens in der Zielvereinbarung festgelegt waren, von ihnen nicht mehr abweichen. Er konnte lediglich noch Gesichtspunkte geltend machen, die außerhalb der in der Zielvereinbarung zugrunde gelegten Umstände lagen und im Rahmen billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren.

26

2. Die Bonusbedingungen und insbesondere ihre Ziff. 5 sind Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung geworden.

27

a) Vorliegend wird auf beiden Seiten der Zielvereinbarung jeweils am Seitenende sowie unmittelbar über der von dem Mitarbeiter zu leistenden Unterschrift auf die Bonusbedingungen hingewiesen. Aufgrund dieser Vertragsgestaltung war es für den Kläger als Erklärungsempfänger (§§ 133, 157 BGB) erkennbar, dass die Bonusbedingungen nach dem Willen der Beklagten Bestandteil der Zielvereinbarung werden sollten. Durch die Unterschrift hat der Kläger sein Einverständnis mit dieser Vertragsgestaltung erklärt.

28

b) Der Einbeziehung von Ziff. 5 der Bonusbedingungen steht § 305 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Auf die nach dieser Vorschrift erforderliche Möglichkeit des Vertragspartners eines Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei Abschluss des Vertrags die Bedingungen inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, kommt es nicht an. Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung(§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung scheidet eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB aus(BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12). Für die wirksame Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt demnach § 145 ff. BGB, dh. es genügt jede stillschweigende Willensübereinkunft (ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 28). Auch der Kläger selbst hat nicht infrage gestellt, dass die Bonusbedingungen Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung sind.

29

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist auch nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

30

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53; 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28). Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - aaO).

31

bb) Nach diesen Grundsätzen ist Ziff. 5 der Bonusbedingungen weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend (vgl. auch BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 27 ff.).

32

(1) Bereits Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags sieht vor, dass der Bonus unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank festgelegt und nach der Hauptversammlung, dh. nach Abschluss des Geschäftsjahres, abgerechnet wird. Bei Abschluss der Zielvereinbarung, welche gemäß Ziff. 1 der Bonusbedingungen diese arbeitsvertragliche Regelung konkretisiert, musste der Kläger daher damit rechnen, dass dieses Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten fortbestehen sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten bereits im Rahmen der Zielvereinbarung berücksichtigt wurde. Da die Zielvereinbarung zu Beginn des Geschäftsjahres abgeschlossen wurde, konnte der Kläger nicht zwingend annehmen, dass dadurch das arbeitsvertraglich eingeräumte Bestimmungsrecht nach Abschluss des Geschäftsjahres vollständig aufgehoben werden sollte. Die Zielvereinbarung legte lediglich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus Sicht des Zeitpunkts ihres Abschlusses fest. Damit sollte nicht die Berücksichtigung weiterer Umstände, die im Rahmen von § 315 BGB maßgeblich sein konnten, ausgeschlossen werden.

33

(2) Ein „Überrumpelungseffekt“ folgt auch nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild der Klausel. Aus der Sicht einer Führungskraft im Bankgewerbe, die mit komplexen Vertragswerken und der Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vertraut ist, musste umso mehr mit einer maßgeblichen inhaltlichen Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen gerechnet werden, als in der Zielvereinbarung auf die Geltung der Bonusbedingungen hingewiesen wurde. Außerdem legte die Zielvereinbarung selbst nur den Zielbonus und die zu erreichenden Ziele, nicht aber nähere Einzelheiten fest. Bereits in Ziff. 3 der Bonusbedingungen, welche die Auszahlung des Bonus regelt, wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlung des Bonus nur vorbehaltlich der Regelungen in Ziff. 5 erfolgt. Bei dieser Vertragsgestaltung war die hier maßgebliche Klausel für einen im Umgang mit Verträgen vertrauten Mitarbeiter wie den Kläger nicht überraschend.

34

3. Mit dem oben beschriebenen Inhalt hält Ziff. 5 der Bonusbedingungen auch der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand (vgl. auch BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 30 ff.).

35

a) Ziff. 5 der Bonusbedingungen enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

36

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

37

bb) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Jahresgratifikation nach Abschluss des Bezugsjahres gerichtet (Leistungsbestimmung, § 315 BGB). Die Zielvereinbarung ist lediglich eine Abrede der Parteien über verschiedene Parameter für die Ausübung des billigen Ermessens. Sie soll für sich genommen keinen Anspruch begründen. Von einer Änderung oder Abweichung in Bezug auf eine bereits versprochene Leistung kann damit nicht die Rede sein.

38

b) Ziff. 5 der Bonusbedingungen verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

39

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

bb) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag und die Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über die Festsetzung der Sonderzahlung zu entscheiden hatte. Durch die Zielvereinbarung waren die bei der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Faktoren weitgehend festgelegt. Der Kläger war damit in der Wahrnehmung seiner Rechte nicht beeinträchtigt. Teilte der Vorstand ein Bonusvolumen in bestimmter Höhe mit, konnte der Kläger die Berechnung aufgrund der Zielvereinbarung nachprüfen und die ihm nach seiner Auffassung zustehenden Mehransprüche geltend machen, wie es auch geschehen ist.

41

c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde.

42

aa) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

43

(1) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

44

(2) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

45

bb) Nach diesen Maßstäben enthält Ziff. 5 der Bonusbedingungen keine unangemessene Benachteiligung.

46

(1) Die Regelung weicht mit dem durch Auslegung (siehe oben zu I 1) ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

47

(2) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Wie bereits ausgeführt, ist der Arbeitgeber an eine im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechts getroffene Zielvereinbarung in aller Regel gebunden. Insbesondere kann er nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern und kann auch nicht die in der Zielvereinbarung vereinbarte Zuweisung geschäftlicher Risiken verändern.

48

II. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Anspruch mit ihrem Schreiben von März 2009 und die anschließende Zahlung erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB); dem Kläger steht kein weiterer Bonusanspruch zu. Auf die fehlende Mitteilung des Zielbonus kommt es nicht an.

49

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

50

a) Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

51

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Im Streitfall konnte der Senat die Entscheidung selbst treffen, weil alle maßgeblichen Tatsachen feststehen.

52

2. Durch die Bekanntgabe der Vorstandsentscheidung vom 2. Oktober 2008 mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 über ein Bonusvolumen in Höhe des Bonusvolumens 2007 hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten noch keine verbindliche Leistungsbestimmung des individuellen Bonus für das Jahr 2008 iSv. § 315 BGB vorgenommen(vgl. auch BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 27 ff.).

53

a) Die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB konkretisiert den Leistungsinhalt, der vorher aufgrund des einer Partei zustehenden Bestimmungsrechts noch offen ist. Erforderlich für die Annahme einer Leistungsbestimmung ist daher, dass die Bestimmung konkret die dem Vertragspartner zustehende Leistung festlegt. Auch wenn man davon ausgeht, dass § 315 BGB eine Teilleistungsbestimmung zulässt(vgl. dazu KG Berlin 19. Februar 1979 - 2 U 3612/78 - DB 1979, 1124; Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 315 Rn. 11; Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 14; enger Staudinger/Rieble (2009) § 315 Rn. 296: nur wenn [vertraglich] ausbedungen), muss durch sie das Ermessen hinsichtlich eines Teils der Leistung abschließend ausgeübt werden. Noch keine Leistungsbestimmung liegt hingegen vor, wenn der Bestimmungsberechtigte lediglich einzelne in die Abwägung einzustellende Faktoren festlegt oder die Voraussetzungen für die endgültige Leistungsbestimmung schafft.

54

Danach ist die Festlegung des Bonusvolumens noch keine Leistungsbestimmung. Aus der Höhe des Volumens lässt sich für den Kläger die Höhe seines individuellen Bonus weder ganz noch teilweise bestimmen. Vielmehr handelt es sich bei der Festlegung des Volumens lediglich um einen Faktor, der in die spätere Leistungsbestimmung einzubeziehen ist.

55

b) Allerdings ist die Festsetzung des Bonusvolumens und deren Bekanntgabe an die Arbeitnehmer nicht ohne rechtliche Bedeutung. Vielmehr hat sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten dadurch verpflichtet, dieses Bonusvolumen bei der Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor zugrunde zu legen.

56

aa) Der nach § 315 BGB Bestimmungsberechtigte kann das ihm zustehende Ermessen im Wege der Selbstbindung vorab einschränken. In diesem Fall verhielte er sich widersprüchlich und verstieße damit gegen das in § 242 BGB niedergelegte Gebot von Treu und Glauben, wenn er ohne das Hinzutreten besonderer Umstände von seiner ursprünglichen Entscheidung Abstand nähme(vgl. zur Ausübung des Direktionsrechts: BAG 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311).

57

bb) Ein solcher Fall liegt vor. Den Beschäftigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Ausnahme der Beschäftigen des Bereichs DKIB Frontoffice wurde durch das Schreiben vom 28. Oktober 2008 durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden und den Personalvorstand jeweils bezogen auf Funktion und Division ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Volumens des Jahres 2007 zugesagt. Die Größe des Bonusvolumens ist zwar nicht als Eurobetrag bestimmt worden, aber durch die Orientierung am Vorjahresvolumen eindeutig bestimmbar. Ebenso wurde die Zielgruppe, für die dieses Bonusvolumen zugesagt werden sollte, festgelegt. Damit handelt es sich nicht lediglich um eine bloße Inaussichtstellung einer möglichen Größenordnung eines Bonusvolumens oder die Mitteilung über einen aktuellen Sachstand. Die Beschäftigten konnten der Erklärung daher ein gewisses Maß an Verbindlichkeit hinsichtlich des auszuschüttenden Bonusvolumens zumessen. Daran war die Rechtsvorgängerin der Beklagten grundsätzlich gebunden und verpflichtet, das zugesagte Bonusvolumen als weiteren wesentlichen Umstand in die spätere Entscheidung über die individuelle Bonushöhe einzubeziehen.

58

3. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im März 2009 vorgenommene Leistungsbestimmung wird den dargestellten Maßgaben gerecht.

59

a) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat alle nach der vertraglichen Regelung, der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen und angemessen gewichtet. Dabei war insbesondere die Zielvereinbarung in die Erwägungen einzubeziehen. Die Zielvereinbarung war bindend, soweit die Ermessensausübung Gesichtspunkte betraf, die in der Zielvereinbarung abschließend geregelt waren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war gehindert, von dieser Vereinbarung für die Bestimmung des Bonus abzuweichen, ohne dass dafür besonders gewichtige, außerhalb der durch die Zielvereinbarung abgedeckten Umstände vorlagen.

60

b) Solche außergewöhnlichen Umstände lagen jedoch im Streitfall vor. Das negative operative Ergebnis der D AG betrug für das Jahr 2008 6,56 Mrd. Euro. Auch die Zufuhr von Kapital in Höhe von 4 Mrd. Euro durch die Beklagte macht deutlich, dass es sich um eine außergewöhnliche, desaströse Situation handelte. Die Beklagte musste ihrerseits Mittel im Umfang von etwa 18,2 Mrd. Euro aus dem SoFFin in Anspruch nehmen. Dies zeigt, dass die Fortexistenz der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin durch Umstände jenseits des ihrem und ihrer Mitarbeiter Einfluss unterliegenden Geschäftsverlaufs nachhaltig bedroht war. Damit realisierten sich nicht etwa die im Vertrag und in der Zielvereinbarung vorausgesetzten - und dementsprechend von der Beklagten zu tragenden - Risiken gewissermaßen „normaler“ negativer Geschäftsentwicklungen. Die Lage hatte vielmehr mit den in der Zielvereinbarung zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Parteien nichts mehr zu tun. Die Existenz der Beklagten konnte nur durch massive staatliche Hilfeleistungen gesichert werden, die nicht auf die Rettung einzelner Banken, wie etwa der Beklagten, oder der Sicherung von Vergütungsansprüchen von Arbeitnehmern der Banken dienten, sondern dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von schweren Gefahren für die Volkswirtschaft (Zusammenbruch des Bankensystems). So heißt es in der Regierungserklärung des damaligen Bundesministers der Finanzen zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 15. Oktober 2008, es gehe nicht darum, dass es Gratifikationen für den Bankensektor geben solle oder dass Bankmanager vor dem Ruin bewahrt werden sollten, sondern um das „öffentliche Gut“ stabiler, funktionierender Finanzmärkte, die unverzichtbar seien „für jeden Handwerker, der einen Betriebsmittelkredit haben möchte, … für jedes große Unternehmen, das arbeitsplatzerhaltende oder arbeitsplatzerweiternde Investitionen vornehmen möchte, … für alle Menschen, die für das Alter sparen und damit ein auskömmliches Einkommen im Alter haben möchten, … für alle Sparerinnen und Sparer in Deutschland, die einen wettbewerbsfähigen Finanzsektor brauchen …“ (Bulletin der Bundesregierung vom 15. Oktober 2008, Bulletin Nr. 109-2).

61

c) Diese Ausnahmesituation lässt es auch unter Berücksichtigung der Leistung des Klägers nicht unangemessen erscheinen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Bonusanspruch wie geschehen festsetzte. Dies gilt auch, wenn man zugunsten des Klägers seinen Vortrag als zutreffend unterstellt, dass er bereits früher zu seinem neuen Arbeitgeber hätte wechseln können und dies nur aus Loyalität zur Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht getan hat. Dem Kläger flossen zusätzliche Leistungen neben dem festen Gehalt zu. Er erhielt damit eine angesichts der desaströsen Lage immer noch nennenswerte, keineswegs unbeträchtliche finanzielle Anerkennung für die von ihm zur Erreichung der Vorgaben in der Zielvereinbarung unternommenen Anstrengungen im Jahr 2008.

62

B. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gemäß § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB wegen eines entgangenen Bonus für das Jahr 2008 zu.

63

I. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Wird eine solche Pflicht verletzt, so kann der andere Vertragspartner Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei obliegt dem Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Er hat jedoch unaufgefordert über alle Umstände zu informieren, die dem Arbeitnehmer unbekannt, aber für Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsvertrags erheblich sind. Weitergehende Aufklärungs- und Hinweispflichten können sich im Einzelfall ergeben (vgl. zB BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - zu 4 b aa der Gründe, BAGE 116, 104; 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1). Insbesondere die schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten kann dabei zu einem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens führen. Der Geschädigte ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten. Auch die Hervorrufung eines berechtigten Vertrauens zB in die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 21 mwN, EzA BGB 2002 § 612a Nr. 7) oder die Gewährung einer bestimmten Leistung (BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 144 [Gewährung von Aktienoptionen]) kann einen solchen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens begründen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die vom Geschädigten vorgenommene Handlung kausal auf die Schädigungshandlung zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität; vgl. dazu BAG 18. August 2011 - 8 AZR 220/10 - Rn. 40, EzA BGB 2002 § 311 Nr. 2; 9. November 1999 - 3 AZR 623/98 - zu II 3 der Gründe).

64

II. Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet die Annahme eines Schadensersatzanspruchs aus.

65

Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger aufgrund der Mitteilung über das Bonusvolumen vom 28. Oktober 2008 und/oder die erneute Unterzeichnung der Zielvereinbarung im Januar 2009 vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelungen und trotz des damaligen wirtschaftlichen Umfelds darauf vertrauen durfte, dass er eine Bonuszahlung in der streitgegenständlichen Höhe erhalten werde. Auch wenn man dies zugunsten des Klägers unterstellt und weiter davon ausgeht, dass er bereits früher zu seinem neuen Arbeitgeber hätte wechseln können, fehlt es an der hinreichenden Darlegung einer haftungsbegründenden Kausalität.

66

Der Anspruch auf den streitgegenständlichen Bonus setzt nach den Bonusbedingungen nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2008 hinaus fortbesteht. Ein Ausscheiden des Klägers zu diesem Zeitpunkt hätte daher nicht zum Verlust des Bonusanspruchs für das Geschäftsjahr 2008 geführt. Vor diesem Hintergrund durfte sich der Kläger durch die Mitteilung der Beklagten vom 28. Oktober 2008 allenfalls herausgefordert fühlen, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zum 31. Dezember 2008 fortzusetzen, um den Erhalt des vollen Bonusanspruchs für das Jahr 2008 sicherzustellen. Hingegen bestand im Zusammenhang mit dem Bonusanspruch kein Anlass, auch über den 1. Januar 2009 hinaus bei der Beklagten beschäftigt zu sein. Soweit allgemeine Loyalitätsüberlegungen im Zusammenhang mit der Abwicklung seines bisherigen Tätigkeitsfelds zu einer längeren Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, stehen diese in keinem hinreichend nahen Bezug zu einem möglicherweise hervorgerufenen Vertrauen auf die Bonuszahlung.

67

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt     

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 67. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.