Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 16. Feb. 2018 - 1 Sa 41/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0216.1Sa41.17.00
bei uns veröffentlicht am16.02.2018

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015, Az.: 5 Ca 904/11, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle.

2

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der B.-Lagertechnik B. GmbH (im Folgenden: B. GmbH) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR. Die B. GmbH ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der B. GmbH wurde ein Betriebsrat gebildet.

3

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der B. GmbH gewählt. In dieser Funktion nutzte der Kläger den E-Mail Account der Schwerbehindertenvertretung und versandte unter dieser Adresse mehrere sogenannte „SBV-Infos“ an die Belegschaft der B. GmbH.

4

In der IT-Abteilung der B. GmbH werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der B. GmbH, Herrn R. S., besetzt.

5

Zusätzlich beauftragte die B. GmbH in der Vergangenheit mehrfach die U. GmbH mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der Insolvenzschuldner war bis Juli 2012 bei der U. GmbH beschäftigt. Herr K. L. war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der U. GmbH.

6

Über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 01.04.2015 (AZ: 3 IN 22/15) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

7

Der Kläger nahm die B. GmbH, Herrn S., die U. GmbH sowie Herrn L. und zunächst auch den Insolvenzschuldner auf Schadensersatz und Geldentschädigung wegen Mobbings in Anspruch. ). Das vorliegende Verfahren ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 24.05.2016 vom Verfahren Az. 1 Sa 190/15 abgetrennt worden. Die klageabweisenden Urteile gegen die übrigen vormaligen Beklagten sind rechtskräftig (Urteile vom 06.06.2016, Az. 1 Sa 189/15 und 1 Sa 190/15).

8

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

9

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der B. GmbH das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der U. GmbH beschäftigten Insolvenzschuldner weitergeleitet.

10

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Wegen der einzelnen Zeiträume wird auf die unstreitig gebliebenen Ausführungen der B. GmbH im Verfahren 1 Sa 190/15 der Akten (dort Blatt 549 der Akten) und die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Blatt 568 ff. der Akten) Bezug genommen. Im Mai 2011 beauftragte die B. GmbH die U. GmbH mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Herrn S. zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die U. GmbH einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der Insolvenzschuldner angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der B. GmbH eingesetzten Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

11

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

12

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User XY 294“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

13

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User XY 294 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User XY 294 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. S. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

14

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

15

Unter dem 25.05.2011 fertigte die U. GmbH einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der Insolvenzschuldner bezeichnet. Neben diesem hat auch Herr L. den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

16

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

17

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

18

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

19

Unter dem 25.05.2011 beantragte die B. GmbH bei dem Betriebsrat unter Vorlage beider Untersuchungsberichte die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

20

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die B. GmbH gesperrt.

21

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung.

22

Daraufhin leitete die B. GmbH bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf Herrn S. Postfach ein (Az: 6 BV 12/11); dort wurden unter anderem beide Untersuchungsberichte vorgelegt.

23

Am 31.05.2011 erstattete die B. GmbH Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 15.07.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen den Insolvenzschuldner sowie die Herren S. und L.. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach AZ 1044 Js 10782/11) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Blatt 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und Dr. S. (Gutachten vom 23.05.2014 = Blatt 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

24

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf Herrn S. Postfach. Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der B. GmbH, gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der B. GmbH gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte.

25

In dem Gutachten vom 24.11.2011 kam der beauftragte Gutachter M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

26

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

27

Am 14.07.2011 ersuchte die B. GmbH den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die B. GmbH leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die B. GmbH den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

28

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde seitens der B. GmbH rechtskräftig.

29

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

30

Unter dem 15.02.2012 versandte der Kläger unter der E-Mailadresse der Schwerbehindertenvertretung und dem Betreff: „Offener Brief an Herrn F. A. B.“ eine E-Mail (Blatt 617 f. der Akten), in der es auszugsweise heißt:

31

„Nachdem die Firma B. nun zweimal, zuletzt am 17.01.2012, damit gescheitert ist, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Schwerbehindertenvertreters A. gerichtlich ersetzen zu lassen und das Arbeitsgericht noch nicht einmal Anhaltspunkte, die eine Verdachtskündigung rechtfertigen würden, feststellen konnte, meinte die Geschäftsführung am 24.01.2012 Herrn A. wegen einer angeblich rufschädigenden Äußerung in einem Gerichtsverfahren der Schwerbehindertenvertretung am 22.12.2011 abmahnen und ihm eine weitere Kündigung androhen zu müssen. [...] Hinzu kommt, dass die mich belastenden Untersuchungsberichte und Aussagen der Sachverständigen unseres IT-Dienstleisters U. Herrn C. und Herrn L. so lückenhaft und widersprüchlich sind, dass ich gezwungen war, gegen diese sowie gegen den verantwortlichen IT-Leiter Herrn S. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach wegen falscher Verdächtigung, Verleumdung und versuchten Prozessbetrugs zu stellen, allerdings erst nachdem die Firma B. ihrerseits Strafanzeige gegen mich wegen Ausspähens von Daten gestellt hatte.[...]“

32

Unter dem 20.04.2012 (Blatt 619 der Akten, Betreff: „Die Schwerbehindertenvertretung informiert über folgende erfreuliche Entwicklung!“) versandte der Kläger eine weitere E-Mail unter Verwendung der E-Mailadresse der Schwerbehindertenvertretung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

33

„Am Montag den 23.04.2012 werde ich wieder als IT-Systemadministrator für B. arbeiten dürfen. Am 18.04.2012 wurde mir in einem Personalgespräch diese, für uns alle sehr erfreuliche Entwicklung mitgeteilt.

34

Die Hoffnung, welche mit dem offenen Brief an Herrn F. A. B. am 15.02.12 bzgl. einer gütlichen Einigung bestand, wurde somit also vollkommen erfüllt und beweist, dass wir immer noch eine vorbildliche Unternehmenskultur haben.

35

Hiermit möchte ich mich ausdrücklich für diese vollständige Rehabilitation als IT-Systemadministrator und den Neuanfang bedanken!

36

Gleichzeitig hoffen wir alle, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Herrn R. S., Herrn J. C. und Herrn K. L. schnellst möglich abschließen und zu einem gerechten Ergebnis kommen wird.“

37

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der B. GmbH wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt.

38

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und Herrn S., dem Insolvenzschuldner sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der Insolvenzschuldner ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der B. GmbH vorzunehmen.

39

Ab dem 27.04.2012 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung an.

40

Im Juli 2012 schlossen die B. GmbH und der zuvor bei der U. GmbH beschäftigte Insolvenzschuldner einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

42

Durch dieses, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage gegen den Insolvenzschuldner, die B. GmbH, die U. GmbH sowie Herrn L. abgewiesen.

43

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- und bezogen auf den Insolvenzschuldner ausgeführt:

44

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers sei unter anderem gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht gegeben. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich des Insolvenzschuldners eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

45

Für den durch die B. GmbH gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der B. GmbH Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

46

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die B. GmbH falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

47

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

48

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagten für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich seien. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

49

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

50

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016, 31.05.2016,31.01.2017 und 07.02.2018, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff., 5024 f., 5055 ff. der Akten), macht der Kläger bezogen auf den Insolvenzschuldner im Wesentlichen Folgendes geltend, wobei ergänzend und bezogen auf die dortigen Beklagten hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf den den Parteien bekannten Tatbestand des Urteils 1 Sa 190/15 (Blatt 20 ff. des Urteils vom 06.06.2016 = Blatt 2915 ff. der Akten) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25.10.2016 (Blatt 2964 a ff. der Akten) Bezug genommen wird.

51

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld und Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die B. GmbH gemobbt worden. Der Insolvenzschuldner hafte für den geltend gemachten Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch als Gesamtschuldner. Bereits die üble Nachrede gegenüber Herrn S., der Firma B. und ihren Anwälten, wonach die protokollierten Event ID 1016 zuverlässig auf einen Zugriff des Klägers auf fremde E-Mails schließen ließen, begründe einen Anspruch auf Geldentschädigung.

52

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst bezogen auf den Insolvenzschuldner geltend:

53

Die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung der B. GmbH im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den Insolvenzschuldner als Mitarbeiter der U. GmbH sei einzig und allein dadurch begründet, dass die B. GmbH ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die B. GmbH habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben gewesen seien. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass Herr S. ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe.

54

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der B. GmbH nicht dargelegt worden sei.

55

Die B. GmbH habe zu Unrecht an den durch die U. GmbH gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. wusste, dass das Event ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Events ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des Insolvenzschuldners und des Herrn L. eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass Herr S. sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

56

Herr S. habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Er habe Kenntnis davon gehabt, dass der Insolvenzschuldner und Herr L. die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der Insolvenzschuldner und Herr L. dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen.

57

Der Insolvenzschuldner habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Events ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der Insolvenzschuldner im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Herrn S. mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der B. GmbH im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und das Event ID 1016 daher nicht bei Nutzung des Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

58

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „ExchangeFullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

59

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass Herr S. aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens hätte erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die B. GmbH ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts des Events ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst.

60

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich des Events ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

61

Der Insolvenzschuldner hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der Insolvenzschuldner im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Herrn S. habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem Insolvenzschuldner bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

62

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der B. GmbH in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

63

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die B. GmbH eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die B. GmbH habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Herr S. und der Insolvenzschuldner hätten gewusst, dass allein die U. GmbH und Herr S. für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

64

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die B. GmbH zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten umkehre.

65

Nachdem der Kläger zunächst auch in der Berufung beantragt hat, den Insolvenzschuldner als Gesamtschuldner neben der B. GmbH, der U. GmbH, Herrn S. und Herrn L. an ihn eine Geldentschädigung und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40.000,00 EUR zu zahlen, hat er die Klage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der erfolgten Verfahrensabtrennung umgestellt.

66

Der Kläger beantragt nunmehr,

67

1. festzustellen, dass dem Kläger die streitgegenständliche Forderung als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren des Herrn J. C. vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach (Az.: 3 IN 22/15) zusteht;

68

2. festzustellen, dass es sich bei der Forderung um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt.

69

Der Beklagte beantragt,

70

die Berufung zurückzuweisen.

71

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf die Berufungserwiderung des Insolvenzschuldners vom 02.11.2015 (Blatt 2606 der Akten). Dieser hat im Wesentlichen geltend gemacht:

72

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Herrn R. S. und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der B. GmbH geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei dies dem Insolvenzschuldner nicht anzulasten. Er sei insoweit unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe ihn keine Verantwortung.

73

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der B. GmbH hätten diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

74

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den Insolvenzschuldner vorgenommen worden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

75

Ergänzend macht sich der Beklagte das Berufungsvorbringen der U. GmbH im Verfahren 1 Sa 190/15 zu eigen. Insoweit wird auf die zusammenfassende Darstellung im Tatbestand des Urteils im Verfahren 1 Sa 190/15 Bezug genommen (dort Seite 37 ff. = Blatt 2937 ff. der Akten).

76

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

77

Die Berufung ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

A.

78

Die Berufung ist zulässig.

79

1. Die Berufung ist an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

80

2. Der Antrag zu 1. ist als Insolvenzfeststellungsklage zulässig. Die Insolvenzfeststellungsklage nach § 179 InsO ist statthaft. Die Klageforderung wurde im Insolvenzverfahren angemeldet, geprüft und bestritten. Der Beklagte hat die nicht titulierte Forderung bestritten, sodass es Sache des Klägers war die Feststellung der Forderung gegen den Beklagten zu betreiben (§ 179 Abs. 1 InsO).

81

3. Das Feststellungsinteresse für den Antrag zu 2. ergibt sich aus dem Widerspruch des Beklagten gegen die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren. Der Streit, ob diese Forderung nach § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen bleibt, ist danach früher oder später zu erwarten. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, den Streit über die Rechtsnatur der angemeldeten Forderung auf die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu verschieben, im Ergebnis also die Austragung des Streits einer Vollstreckungsabwehrklage des Beklagten nach § 767 ZPO oder einer negativen Feststellungsklage zu überlassen, letzteres dann, wenn der Gläubiger noch keinen Vollstreckungstitel erwirkt hat (BGH, Urteil vom 02.12.2010, IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337-343, Rn. 8; LAG Köln, Urteil vom 28.04.2017, 4 Sa 793/16, Rn. 48, juris).

82

4. Die notwendige Umstellung der Leistungsklage auf eine Insolvenzfeststellungsklage stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO dar (BGH, Urteil vom 31.10.2012, III ZR 204/12, ZIP 2012, 2369, Rn. 22).

B.

83

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

84

Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch nach dem Berufungsvorbringen hat der Kläger weder einen Anspruch auf Schmerzensgeld, noch auf Zahlung einer Entschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen den Insolvenzschuldner. Der Antrag zu 1. ist damit unbegründet. Insofern ist ergänzend zu der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts auszuführen:

I.

85

Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner scheidet aus.

86

1. Ein Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner nach den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wegen einer – unterstellten – Falschbegutachtung kommt nicht in Betracht. Die B. GmbH hat die U. GmbH mit der Erstellung der Untersuchungsberichte beauftragt. Für letztgenannte hat der Insolvenzschuldner die Begutachtung als Arbeitnehmer vorgenommen. Unterstellt, der Kläger wäre in den Schutzbereich des zwischen der B. GmbH und der U. GmbH geschlossenen Vertrags einbezogen, käme allenfalls eine Haftung der U. GmbH als Vertragspartner, nicht aber des Insolvenzschuldners in Betracht.

87

2. Ein Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner besteht ebenso wenig aus §§ 311 Abs. 3, 280 BGB (sog. Expertenhaftung) in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

88

Auch insofern kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorliegen. Denn dem Insolvenzschuldner als Angestelltem der U. GmbH wurde kein besonderes Vertrauen im Sinne des § 311 Abs. 3 S. 2 BGB entgegengebracht. Nur dann, wenn der Angestellte eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr bietet, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam ist, käme eine solche Haftung in Betracht. Dafür genügt es jedoch nicht, dass ein Angestellter über die für seine Tätigkeit erforderliche und zu erwartende Sachkunde verfügt und eventuell sogar darauf hinweist. Denn hiermit erweckt der Angestellte kein weiteres Vertrauen, als dass sein Geschäftsherr - was der Geschäftspartner ohnehin erwarten kann - einen sachkundigen Vertreter einsetzt (BGH, Urteil vom 04.07.1983, II ZR 220/82, NJW 1983, 2696).

89

So liegt es hier: die Sachkunde des bei der U. GmbH angestellten Insolvenzschuldners war selbstverständlich und seiner Tätigkeit immanent und begründet kein seine Eigenhaftung auslösendes besonderes Vertrauen.

II.

90

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schmerzensgeld ebenso wenig aus deliktischen Anspruchsgrundlagen zu. Durch den Insolvenzschuldner zu verantwortende oder ihm zurechenbare Handlungen, die einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllen würden, sind nicht ersichtlich. Jedenfalls fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und – behaupteter – Gesundheitsbeeinträchtigung.

91

1. Der Kläger stützt seine Ansprüche, auch soweit sie sich gegen den Insolvenzschuldner richten, auf Mobbingvorwürfe.

92

„Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings“ geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, 58 juris; Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 28, juris; Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

93

2. Der Kläger trägt vor, der Insolvenzschuldner sei an mehreren ihn, den Kläger, in seiner Gesundheit verletzenden Mobbinghandlungen beteiligt gewesen.

94

So habe der Insolvenzschuldner an dem – seitens des Klägers behaupteten – Anfang 2011 geplanten Ausschluss des Klägers aus der IT Abteilung mitgewirkt. Der Insolvenzschuldner habe die Untersuchungsberichte nicht gewissenhaft gefertigt, da er, der Insolvenzschuldner, gewusst habe, dass das Event ID 1016 nicht zum Nachweis des Mitlesens von E-Mails geeignet sei, hierauf aber nicht hingewiesen habe. Der Insolvenzschuldner sei in der Folge bei der „Erfindung“ der beiden Sicherheitsgruppen beteiligt gewesen. Darüber hinaus habe der Insolvenzschuldner ihn, den Kläger, mit der Zuweisung von Aufgaben überfordert und schikaniert und die falsche Behauptung aufgestellt, er sei für das Verschwinden eines PCs und die Vernichtung von belastenden Daten auf einer Festplatte verantwortlich.

95

3. Keiner dieser Vorwürfe begründet einen - hier wie dargelegt allein in Betracht kommenden - deliktischen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner.

96

a. Der Insolvenzschuldner hat keine Rechtsgutsverletzung zulasten des Klägers im Zusammenhang mit der Anfang 2011 erfolgten Neuinstallation des Netzwerks bei der B. GmbH verwirklicht. Zunächst ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten (unter anderem) des Insolvenzschuldners zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

97

Darüber hinaus ist bereits nicht im Ansatz ersichtlich, wie der Insolvenzschuldner für eine mobbingrelevante Handlung in diesem Zusammenhang verantwortlich sein sollte. Der Insolvenzschuldner war zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Maßnahme noch bei der U. GmbH beschäftigt. Wie er aus dieser abhängigen Beschäftigung heraus im Rahmen der Neuinstallation des Netzwerks eine Rechtsgutsverletzung zulasten des Klägers verwirklicht haben soll, ist nicht ersichtlich. Theoretisch denkbar wäre insofern allenfalls ein Mobbingvorwurf gegenüber dem Arbeitgeber. Nicht ersichtlich ist demgegenüber, inwiefern der Insolvenzschuldner als Mitarbeiter des für die Neuinstallation verantwortlichen Dienstleisters U. GmbH für die behauptete Arbeitsreduzierung des Klägers verantwortlich sein soll. Insofern ist es auch unerheblich, dass der Insolvenzschuldner als Beschäftigter eines externen Beraters aufgrund unternehmerischer Vorgaben der B. GmbH befähigt gewesen sein mag, dem Kläger gegenüber verbindliche Vorgaben zu tätigen (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 53, juris).

98

b. Auch die Erstellung der Untersuchungsberichte ist nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB gegenüber dem Insolvenzschuldner zu begründen. Die in ihnen enthaltenen Tatsachenbehauptungen sind nicht unwahr. Unbeschadet dessen ist - unterstellt, die B. GmbH habe sich aufgrund der Auslassungen im Untersuchungsbericht 2 zu einer außerordentlichen Kündigung entschlossen und das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet - dem Insolvenzschuldner eine hieraus gegebenenfalls folgende Gesundheitsbeeinträchtigung nicht zurechenbar.

99

Die Untersuchungsberichte enthalten keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Eine Haftung des Insolvenzschuldners ist weder gemäß § 823 Abs. 1 BGB, noch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB begründet.

100

(1) Tatsachenbehauptungen zeichnen sich – in Abgrenzung zu Meinungsäußerungen – durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Realität aus. Insofern sind sie auch einer Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt zugänglich (BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, 1 BvR 23/94, Rn. 27, juris; Schönke/Schröder/Eisele/Lencker, 29. Aufl. 2014, § 186 StGB Rn. 3 m. w. N.).

101

(2) Beide Untersuchungsberichte enthalten in diesem Sinne eine Tatsachenbehauptung, soweit sie – identische – Fälle, in denen das Event ID 1016 durch unterschiedliche Benutzerkonten ausgelöst wurde, auflisten. Diese Äußerung wäre – wäre sie streitig geworden – dem Beweis zugänglich gewesen. Die Tatsachenbehauptung ist jedoch nicht unwahr. Keiner der Untersuchungsberichte enthält die – unwahre - Aussage, aufgrund der Auslösung des Events ID 1016 stehe fest, dass der Kläger fremde E-Mails gelesen habe. Zugunsten des Klägers kann dabei unterstellt werden, dass die Auslösung des Events ID 1016 für sich genommen keinen Rückschluss hinsichtlich eines möglichen unbefugten Zugriffs auf die untersuchten Postfächer zulässt. Eine gegenteilige Äußerung ist in keinem der beiden Untersuchungsberichte enthalten.

102

(a) Im Untersuchungsbericht 1 ist die fehlende Aussagekraft des Events ID 1016 hinsichtlich des unbefugten Mailzugriffs ausdrücklich festgehalten. Dort heißt es auf Seite 2 (Blatt 465 der Akten) das Event ID 1016 alleine reiche „als Beweis“ nicht aus, da es in Situationen vorkommen könne, in denen keine Sicherheitslücke bestehe. Dies deckt sich mit dem sodann im Untersuchungsbericht eingefügten, englischsprachigen Microsoft-Artikel (Article ID: 867640). Hier heißt es wörtlich (vgl. Blatt 466 f. der Akten):

103

„This event may be logged in circumstances where no security breach has occurred. [...] This event is also logged when you try to access another user’s mailbox or calendar, even if you have permission to access the mailbox or the calendar. This event is logged regardless whether your attempt to access the user’s mailbox or calendar is successful or unsuccessful. “

104

Sinngemäß beinhaltet diese Herstellerinformation damit die Aussage, das Event ID 1016 werde unterschiedslos bei E-Mail oder Kalenderzugriff und unabhängig von einer Zugriffsberechtigung ausgelöst.

105

Auch der Untersuchungsbericht 2 spricht hinsichtlich der Aussagekraft des Events ID 1016 im Hinblick auf den Zugriff auf fremde E-Mails ausdrücklich davon, das ID 1016 werde „als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung“ (Seite 3 = Blatt 478 f. der Akten). Auch im Untersuchungsbericht 2 ist der englischsprachige Microsoft-Artikel (Article ID: 867640), einschließlich der vorzitierte Passage, im Wortlaut wiedergegeben.

106

(b) Beide Untersuchungsberichte enthalten aufgrund des aufgeführten Herstellerhinweises auch keine unwahre Tatsachenbehauptung, wenn unter Bezug auf ein entsprechend ausgelöstes Event ID 1016 ausgeführt wird, dass der Kläger wiederholt auf Postfächer der Herren E. und S. zugegriffen habe. Im Herstellerhinweis heißt es - über die vorzitierte Passage hinaus - bezogen auf die Aussagekraft eines protokollierten Zugriffs auf das Postfach (vergleiche Seite 5 des Untersuchungsberichts 2 = Blatt 480 der Akten):

107

„Although you can use Mailbox Resources to see when someone logs on to their mailbox or to another mailbox, Mailbox Resources has some important limitations that you must know about. Following are these limitations:

108

Mailbox Resources does not show which folder is being logged on to. For example Mailbox Resources does not indicate whether it is the Inbox, the Calendar, or the Contacts folder. [...]”

109

Diese Erläuterung bringt für sich genommen, aber insbesondere in Zusammenhang mit dem vorzitierten Auszug eindeutig zum Ausdruck, dass auch im Falle eines protokollierten Events ID 1016 nicht feststeht, dass tatsächlich auf den Posteingang („Inbox“) zugegriffen wurde. Dementsprechend enthalten auch beide Untersuchungsberichte durchgängig nur Ausführungen bezüglich auf „Postfächer“ erfolgter Zugriffe.

110

(c) Auch aus einer vergleichenden Gegenüberstellung des Untersuchungsberichts 2 mit dem Untersuchungsbericht 1 ergibt sich keine andere Aussage hinsichtlich der Bedeutung des Events ID 1016.

111

Der Untersuchungsbericht 2 enthält im Eingangsteil nicht mehr den noch im Untersuchungsbericht 1 angeführten Hinweis, das Event ID 1016 reiche nicht als Beweis für einen Zugriff auf fremde E-Mails aus. Im Untersuchungsbericht 2 heißt es vielmehr, das Event ID 1016 könne insofern bei einer besonderen Häufung als Indiz dienen. Mit dieser Formulierung ist nicht gesagt, dass – gegenteilig zu der Aussage im Untersuchungsbericht 1 – eine auffällige Auslösung des Events einen Fremdzugriff belege. Ein Indiz ist ein Umstand, der mit Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Sachverhalt schließen lässt (Duden, 7. Ausgabe 2017). Aufgrund dieser Formulierung kann auch ein unbefangener Leser des Untersuchungsberichts 2 nicht davon ausgehen, dass mittels des Events ID 1016 generell der Beweis des Zugriffs auf fremde E-Mails geführt werden könnte. Dies gilt umso mehr, als dass auch im Untersuchungsbericht 2 der Herstellerhinweis einschließlich der vorzitierten Passagen wiedergegeben ist.

112

(d) Im Übrigen ist der Untersuchungsbericht 1 nicht als eigenständige, dem Untersuchungsbericht 2 entgegenstehende Begutachtung anzusehen.

113

Hierfür sprechen zum einen die Versionsnummern der Untersuchungsberichte. Der Untersuchungsbericht 1 ist versehen mit der Versionsnummer „0.1“, der Untersuchungsbericht 2 mit der Versionsnummer „1.0“. Eine entsprechende Versionierung wird – gerade im Bereich der Informationstechnologie – zum Zwecke der Unterscheidung zwischen vorläufiger (Version 0.1) und endgültiger Version (Version 1.0) verwendet.

114

Zum anderen ist dem Untersuchungsbericht 1 auch inhaltlich zu entnehmen, dass er nicht den Charakter einer abschließenden Begutachtung hat. So heißt es auf Seite 11 des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 474 der Akten), dass aufgrund der im Bericht ausgewerteten Erkenntnisse „weitere Untersuchungen nötig“ seien; davon ausgehend, dass entsprechende Untersuchungsmaßnahmen auch durchgeführt werden würden, schließt der Untersuchungsbericht 1 damit, dass für den Fall, dass „in nächster Zeit keine weiteren Fehlzugriffe“ erfolgen würden, kein Verdacht mehr vorliege (Seite 12 des Untersuchungsberichts 1 = Blatt 475 der Akten). Erkennbar ging der Insolvenzschuldner davon aus, weitere Untersuchungen durchzuführen, bevor ein endgültiges Ergebnis feststand.

115

Auch vor diesem Hintergrund sind die im Untersuchungsbericht 2 getätigten Aussagen keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass das beiden Untersuchungsberichten zugrundeliegende Datenmaterial – d. h., die Fälle, in denen das Event ID 1016 ausgelöst wurde – identisch ist. Hieraus folgt aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 gewählten Formulierung aber wie dargelegt nicht, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

116

(3) Nichts anderes folgt aus den im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren (Aktenzeichen 1044 JS 10782/11) bzw. im Zustimmungsersetzungsverfahren (AZ: 6 BV 12/11 bzw. 5 TaBV 12/11) erhobenen Sachverständigengutachten. Abgesehen davon, dass weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer an das Ergebnis der Begutachtung gebunden waren, ergibt sich aus keinem Gutachten, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

117

(a) Die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bzw. im Verfahren Zustimmungsverfahren eingeholten Gutachten sind weder erst- noch zweitinstanzlich als Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 402 ff. ZPO in das hiesige Verfahren eingeführt worden. Damit unterlag weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer den seitens des Klägers angeführten Beschränkungen hinsichtlich der jeweiligen Feststellungen.

118

i. Gemäß § 411a ZPO kann eine schriftliche Begutachtung im Sinne des § 411 ZPO durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden. Dem Gericht ist Ermessen eingeräumt (Zöller/Greger, a.a.O., § 411a Rn. 3). Erforderlich ist insofern eine Verwertungshandlung. Wird ein Gutachten aus einem anderen Verfahren ohne Anordnung nach § 411a ZPO verwertet, liegt Urkundenbeweis, nicht Sachverständigenbeweis vor (BeckOK ZPO/Scheuch, 26. Edition Stand 15.09.2017, § 411a ZPO Rn. 3). Die Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Gutachtens setzt einen Hinweis an die Parteien auf das beabsichtigte Verfahren voraus, damit diese noch vor der Verwertung des Gutachtens in der abschließenden Entscheidung des Gerichts Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Durch die bloße Beiziehung von Ermittlungs- bzw. Verfahrensakten werden diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Sachverständigenbeweis wird hierdurch nicht erhoben. Die Beiziehung von Verfahrensakten ersetzt das Verfahren nach 411a ZPO nicht (BGH, Beschluss vom 23.11.2011, IV ZR 49/11, Rn. 9, juris).

119

ii. Vorliegend haben weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer die Sachverständigengutachten zum Gegenstand einer Beweisaufnahme gemacht. Ausdrücklich wurden die Sachverständigengutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 23.06.2013 und 23.05.2014 vielmehr – ausschließlich – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemacht (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2014, Blatt 1832 f. der Akten). Die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bzw. im Zustimmungsversetzungsverfahren eingeholten Gutachten sind im hiesigen Verfahren weder als Urkundensbeweis (§§ 415 ff. ZPO), noch als Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) verwertet worden..

120

(b) Unbeschadet dessen ergibt sich aus keinem der Gutachten, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

121

i. Nach dem Inhalt der Gutachten des Sachverständigen M. hat der Insolvenzschuldner keine falschen Behauptungen bezüglich des Klägers aufgestellt. Seine Ausführungen beziehen sich auf die gewählte, nach seiner Auffassung falsche Untersuchungsmethode. Auch dem Sachverständigen M. zufolge ist der Insolvenzschuldner in den Untersuchungsberichten nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Zugriff des Klägers auf fremde E-Mails erfolgt wäre.

122

Der Sachverständige M. bestätigt in seinem Gutachten vom 22.11.2011 (Blatt 382 der beigezogenen Akte 6 BV 12/11), dass das Event ID 1016 - wie in den Untersuchungsberichten beschrieben – mehrfach durch den dem Kläger zugewiesenen Nutzer XY 294 ausgelöst wurde; dies sei in dem Untersuchungsbericht 2 „nachgewiesen“. In seinem im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren erstellten Gutachten vom 04.02.2013 hat der Sachverständige M. festgestellt, dass der Insolvenzschuldner und Herr L. die Untersuchungen zwar „nach Sachverstand“ durchgeführt und die „nötige Sorgfalt“ gewahrt hätten, die gewählte Untersuchungsmethode aber „nicht die Richtige“ gewesen sei. Dies gehe aus dem Untersuchungsbericht 1 auch für nicht sachkundige Leser verständlich hervor (vergleiche Blatt 539 der beigezogenen staatsanwaltlichen Ermittlungsakten).

123

Auch soweit der Sachverständige M. die Auffassung vertritt, die noch im Untersuchungsbericht 1 enthaltenen Zweifel hinsichtlich der Aussagekraft des Events ID 1016 seien im Untersuchungsbericht 2 bewusst entfernt worden, folgt hieraus nicht, dass dieser eine falsche Tatsachenbehauptung bezüglich des Klägers enthält.

124

Der Sachverständige M. führt in seinem Gutachten vom 23.06.2013 (Blatt 731 ff. der beigezogenen staatsanwaltlichen Ermittlungsakten) aus, der Insolvenzschuldner habe bei seinen Untersuchungen durchgängig eine falsche Untersuchungsmethode gewählt, er, der Sachverständige M., könne aber keine „mutwillig falsche Aussagen und [Beschuldigungen] in den Untersuchungsberichten erkennen“. In beiden Untersuchungsberichten sei auf den – oben in Auszügen zitierten – Herstellerhinweis hingewiesen worden, aus dem sich ergebe, dass sich die gewählte Untersuchungsmethode nicht zur Ermittlung eines Zugriffs auf bestimmte Postfachordner eigne. Die im Untersuchungsbericht 1 angekündigten Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Die dort erwähnten Zweifel an den Ergebnissen seien im Untersuchungsbericht 2 nicht mehr erwähnt. Er, der Sachverständige M., gehe davon aus, die Zweifel seien mit Absicht „weggelassen“ worden, da sonst der „Untersuchungsbericht vor keinem Gericht standgehalten hätte“.

125

Der Sachverständige M. bringt hiermit zwar seine Auffassung bezüglich der Motivation des Insolvenzschuldners zum Ausdruck, stellt aber nicht fest, dass dieser bezüglich des Klägers eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt hätte. Eine solche ist im Untersuchungsbericht 2 auch – wie oben dargelegt – nicht enthalten. Durch die gewählte Formulierung und insbesondere durch den wiedergegebenen Herstellerhinweis wird der Aussagegehalt des Events ID 1016 zutreffend wiedergegeben.

126

ii. Auch der im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ergänzend beauftragte Sachverständige Dr. S. kommt in seinem Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte) zu keinem anderen Ergebnis.

127

Der Sachverständige Dr. S. stellt – zusammengefasst – fest, der Untersuchungsbericht 2 vermittle auch bei einem „IT-affinen Leser mit großer Sicherheit“ den falschen Eindruck, dass keine Zweifel an dem Zugriff des Klägers auf die Postfächer und damit „nach normalen Sprachgebrauch: auf die E-Mails“ der Herren S. und E. bestehe. Durch die abweichenden Formulierungen in den Untersuchungsberichten könne bei einem Leser mit Kenntnis des Inhalts des Untersuchungsberichts 1 der falsche Eindruck entstehen, die dort erwähnten Zweifel seien zwischenzeitlich zerstreut worden. Allerdings hätte dem Leser auffallen müssen, dass die im Untersuchungsbericht 2 beschriebenen, zusätzlichen Maßnahmen keinen Bezug zur Unterscheidung der Zugriffe auf die unterschiedlichen Postfachordner aufgewiesen hätten. Dadurch, dass die im Untersuchungsbericht 1 erwähnten Zweifel an der Aussagekraft des Events ID 1016 im Untersuchungsbericht 2 entfernt worden seien, gehe er, der Sachverständige Dr. S., davon aus, dass dem Insolvenzschuldner und Herrn L. dessen Fehlerhaftigkeit bewusst gewesen sei. Die Fehlerhaftigkeit des Untersuchungsberichts 2 ergebe sich aus dieser „Auslassung“. Wenn der Insolvenzschuldner vorgetragen habe, dass beide Untersuchungsberichte keine falschen Aussagen beinhalteten, sei dies aber zutreffend.

128

Hinsichtlich der hier entscheidenden Frage decken sich die Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. damit mit dem oben dargelegten Verständnis der Inhalte der Untersuchungsberichte. Auch der Sachverständige Dr. S. kommt zu dem Ergebnis, dass der Insolvenzschuldner (auch) im Untersuchungsbericht 2 keine falsche Tatsachenbehauptung bezüglich des Klägers aufstellt. Wenn der Sachverständige meint, der Untersuchungsbericht 2 sei wegen der beschriebenen Auslassung „falsch“, ist diese Feststellung ausdrücklich darauf bezogen, dass die noch im Untersuchungsbericht 1 beschriebene Unsicherheit bezüglich der Aussagekraft des Events ID 1016 hier nicht mehr „erläutert“ werde. Dies mag angesichts der entsprechenden abweichenden Formulierung in den Untersuchungsberichten zutreffen. Auch nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. ist aber in keinem der Untersuchungsberichte eine (falsche) Behauptung bezüglich des Zugriffs des Klägers auf fremde E-Mails enthalten.

129

Nichts anderes folgt daraus, dass der Gutachter ausgeführt hat, der Zugriff auf ein Postfach werde regelmäßig gleichgesetzt mit dem Zugriff auf E-Mails. Durch die Aufnahme der in einfacher englischer Sprache gehaltenen Herstellerhinweise in den Untersuchungsbericht 2 wird die (tatsächliche) Bedeutung eines Zugriffs auf das Postfach hinreichend deutlich erklärt.

130

(4) Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die Untersuchungsberichte zwar keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthalten, aber jedenfalls der Untersuchungsbericht 2 in Bezug auf die Aussagekraft des Events ID 1016 missverständlich ist, ist hierdurch keine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verwirklicht.

131

(a) Mit dem Arbeitsgericht kann davon ausgegangen werden, dass die B. GmbH bzw. der ihr zuzurechnende Herr S. aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen davon ausgehen konnte, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Herrn S. erfolgt sind (vergleiche auch die Feststellungen im Verfahren 1 Sa 190/15, Seite 57 f. der Gründe). Hierbei kann im Anschluss an das Gutachten des Dr. S. vom 23.05.2014 unterstellt werden, dass im allgemeinen Sprachgebrauch der Zugriff auf das Postfach mit dem Zugriff auf E-Mails gleichgesetzt werde. Dem steht nicht entgegen, dass aus beiden Untersuchungsberichten – wie dargelegt insbesondere aufgrund der englischsprachigen Herstellerhinweise – hervorgeht, dass hinsichtlich der durch das Event ID 1016 protokollierten Zugriffe zwischen den Unterordnern des Postfachs zu differenzieren ist und damit keine unwahre Tatsachenbehauptung vorliegt. Durch die Auslassung der Passage, die noch im Untersuchungsbericht 1 die Zweifel am Aussagegehalt des Events ID 1016 zum Ausdruck bringt, kann der Untersuchungsbericht 2 gleichwohl den Eindruck vermitteln, nunmehr läge ein zweifelsfreier Befund hinsichtlich des Zugriffs auf fremde Postfächer – und damit umgangssprachlich: auf E-Mails – vor.

132

(b) Geht man auf Grundlage dieser Annahme davon aus, dass die B. GmbH die außerordentliche Kündigung aufgrund der Inhalte der Untersuchungsberichte beabsichtigte und infolge der Reaktion des Betriebsrats ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet hat, hat der Insolvenzschuldner durch die Erstellung der Untersuchungsberichte keine Rechtsgutsverletzung verwirklicht oder eine solche als Gehilfe (vgl. dazu auch unten II 4) unterstützt. Denn die durch den missverständlichen Inhalt des Untersuchungsberichts 2 veranlasste Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens ist als solche sozialadäquat.

133

Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist. Das heißt, der Eintritt des Schadens darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufes der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg (BAG, Urteil vom 18.01.2007, 8 AZR 234/06, AP BGB § 823 Nr. 17 m.w.N).

134

Geht man zugunsten des Klägers davon aus, die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens sei adäquat kausal im vorbenannten Sinne auf die durch ihn (mit-)erstellten Untersuchungsberichte rückführbar, begründet dies dennoch keinen Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Insolvenzschuldner. Denn durch den Ausspruch einer – auch rechtsunwirksamen – Kündigung verletzt ein Arbeitgeber nicht seine gegenüber dem Arbeitnehmer bestehenden Rücksichtnahmepflichten. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 85, juris). Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist der Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung. Der Gesetzgeber hat konkret geregelt, dass und wie sich der Arbeitnehmer sich gegen eine rechtsunwirksame Kündigung zu Wehr setzen kann. Auch die Folgen einer rechtsunwirksamen Kündigung sind gesetzlich geregelt (bspw. durch die Regelungen zum Annahmeverzug des Arbeitgebers). Damit geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber sich im Regelfalle als ein sozial adäquates Verhalten darstellt, dessen Rechtswirksamkeit der Arbeitnehmer im Einzelfalle gerichtlich überprüfen lassen kann. Eine nicht mehr sozial adäquate Maßnahme könnte eine Kündigung nur dann darstellen, wenn sie den Arbeitnehmer über den bloßen Kündigungsausspruch hinaus in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und dies vom Arbeitgeber auch so gewollt ist (BAG, Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 47, juris). Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn wie im vorliegenden Fall der kündigungsrechtliche Schutz nicht nur durch die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes, sondern bereits diesem vorgelagert durch das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrates und im Falle der Zustimmungsverweigerung durch ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren ausgestaltet ist.

135

Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nicht dargelegt, dass das unter Verwendung der Untersuchungsberichte eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren eine in diesem Sinne nicht mehr sozial adäquate Maßnahme darstellte.

136

Der Vorwurf, der Kläger habe unbefugt auf fremde E-Mails zugegriffen, rechtfertigt die Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens. Der Ausgang des Zustimmungsersetzungsverfahrens belegt zwar, dass die Ergebnisse der Untersuchungsberichte nicht ausreichten, um das Arbeitsgericht zu überzeugen. Hieraus folgt aber nicht, dass die Einleitung zugleich rechtswidrig gewesen ist. Dass die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt hätte, ist nicht ersichtlich.

137

Nichts anderes folgt, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass bei Herrn S. eine „IT-Affinität“ gegeben ist und er daher wusste bzw. wissen musste, dass die Auslösung des Events ID 1016 nur den Zugriff auf ein Postfach belegt. Gemäß beider Untersuchungsberichte wurde im Untersuchungszeitraum eine auffällige Häufung von Zugriffen auf die Postfächer der Herren E. und S. durch den Kläger während dessen Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Der Kläger erklärt die wiederholten Zugriffe mit Terminkoordination. Ohne, dass die Erfolgsaussichten des aufgrund der Untersuchungsberichte eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens im hiesigen Verfahren zu beurteilen wären, liegt insofern jedenfalls kein willkürliches Vorgehen der B. GmbH vor. Auch, wenn Herr S. gewusst haben sollte, dass die Auslösung des Event ID 1016 nicht geeignet ist, den Zugriff auf E-Mails zu belegen, so kann die festgestellte Häufung dennoch in Berücksichtigung der zugleich anhaltenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers sowie der festgestellten Dauer der einzelnen Zugriffszeiten ein in diese Richtung deutendes Indiz sein. Wenn die B. GmbH ausgehend von diesen Umständen ein Zustimmungsersetzungsverfahren einleitet, ist dies im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung sozialadäquat.

138

(5) Die Erstellung der Untersuchungsberichte begründet keinen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.

139

Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 826 BGB erfordert einen Schädigungsvorsatz. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus. Es genügt, wenn die Möglichkeit einer Schädigung erkannt wird und diese für den Fall ihres Eintritts billigend in Kauf genommen wird (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2006, 9 AZR 206/06, Rn. 25, juris). Bezugspunkte des Vorsatzes sind sowohl das schädigende Verhalten als auch –weitergehend als bei § 823 BGB - der in Betracht kommende Schaden.

140

Ein derartiger Vorsatz lässt sich nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Insolvenzschuldner durch die Erstellung der Untersuchungsberichte zumindest bedingt vorsätzlich eine Gesundheitsschädigung des Klägers herbeiführen wollte.

141

c. Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die nach dessen Einstellung durch den Insolvenzschuldner erteilten Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und die ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen des Insolvenzschuldners ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidet ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris). Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen.

142

Namentlich ist nicht ersichtlich, wie die Zuweisung der Durchführung der Inventur unbillig sein soll. Es ist nicht Sache des Klägers, zu hinterfragen, ob eine solche Aufgabe sinnvoll oder erforderlich ist. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

143

d. Keine Rechtsgutsverletzung durch den Insolvenzschuldner, sondern eine im Berufsleben hinzunehmende Auseinandersetzung stellt der (unter anderem) seitens des Insolvenzschuldners geäußerte Verdacht dar, der Kläger sei für das Verschwinden eines PCs und der Löschung von belastenden Daten auf einer Festplatte verantwortlich.

144

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die entsprechende Nachfrage aufgrund des anhängigen Rechtsstreits mit ähnlich gelagerter Thematik nachvollziehbar war und auf einem berechtigten Auskunftsverlangen beruhte. Überdies sind beide Handlungen allenfalls als Konflikte anzusehen, die im Arbeitsleben vorkommen können und regelmäßig als sozial- und rechtsadäquat anzusehen sind und daher keine Haftung begründen (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 85, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.08.2016, 5 Sa 61/16, Rn. 63, juris).

145

e. Soweit der Kläger vorträgt, der Insolvenzschuldner habe hinsichtlich der Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ und „ReadAdmin“ falsch vorgetragen bzw. die softwareseitig vorgegebene Berechtigung nachträglich geändert, hat er eine durch den Insolvenzschuldner verwirklichte Rechtsgutverletzung nicht dargelegt.

146

Eine solche ist namentlich nicht durch das Gutachten des Sachverständigen M. vom 24.11.2011 belegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte eine vor dem Ortstermin am 11.11.2011 vorgenommene Änderung dem Insolvenzschuldner auffallen müssen, da das insofern erforderliche Passwort nur ihm bekannt war. Demgegenüber kommt der Sachverständige M. nicht zu dem Ergebnis, dass die entsprechenden Änderungen der Berechtigungsgruppen tatsächlich durch den Insolvenzschuldner vorgenommen worden wären. Im Gegenteil ist nach seiner Einschätzung davon auszugehen, dass die Veränderung im System weder durch den Insolvenzschuldner, noch durch den Kläger vorgenommen worden ist; vielmehr habe eine „dritte Person“ die Änderung vorgenommen (vgl. Seite 6 des Gutachtens vom 24.11.2011 = Blatt 375 der Akten des beigezogenen Verfahrens 6 BV 12/11). Insofern bleibt es bei dem durch das Arbeitsgericht zutreffend gewonnenen Ergebnis, dass die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Berechtigungsgruppen durch den Insolvenzschuldner nicht nachweisbar ist. Im Rahmen des Ortstermins wurde festgestellt, dass nicht mehr nachvollziehbar ist, ob die Berechtigungsgruppen bei der Beklagten nachträglich erstellt bzw. verändert worden sind.

147

f. Die übrigen Vorwürfe des Klägers sind hinsichtlich des Insolvenzschuldners nicht ausreichend konkretisiert worden. Mobbinghandlungen Dritter - hinsichtlich derer im Einzelnen auf den Tatbestand des Urteils 1 Sa 190/15 Bezug genommen wird - sind dem Insolvenzschuldner nicht zurechenbar; sie sind bereits nicht adäquat-kausal auf Handlungen des Insolvenzschuldners rückführbar.

148

Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Die für den Zurechnungszusammenhang maßgebliche Adäquanztheorie (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 53, juris) schließt tatsächliche Entwicklungen, mit denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu rechnen ist, aus dem Verantwortungsbereich aus, weil eine Haftung für rein zufällige Folgen der Rechtsüberzeugung widersprächen, das Erfordernis der Beherrschbarkeit einer Schadensgefahr außer Acht ließe und keine generalpräventive Wirkung entfalten könnte. Der Ersatzpflichtige soll in der Regel für eine äußerst unwahrscheinliche Folge deshalb nicht einstehen müssen, weil diese außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens liegt. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist. Das heißt, der Eintritt des Schadens darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufes der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg. Die Zurechnung eines auf einer Erstschädigung beruhenden Schadens kommt nur in Betracht, wenn sich im Folgeschaden das fortwirkende Schadensrisiko der Erstschädigung verwirklicht (BGH, Urteil vom 28.01.1992, VI ZR 129/91, Rn. 15, juris).

149

Wie dargelegt muss sich der Insolvenzschuldner aufgrund des missverständlichen Inhalts der Untersuchungsberichte zwar zurechnen lassen, dass die B. GmbH ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet hat. Eine Zurechnung der übrigen, seitens des Klägers behaupteten Mobbinghandlungen Dritter - hinsichtlich deren Einzelheiten auf den Tatbestand der Entscheidung 1 Sa 190/15 Bezug genommen wird – scheidet demgegenüber aus. Dem missverständlich formulierten Untersuchungsbericht wohnte nicht das Risiko inne, dass der Kläger in der Folge wie seinerseits behauptet durch Handlungen Dritter in seinen Rechtsgütern verletzt wurde. Es ist nicht ersichtlich, wie diese auf die Inhalte der Untersuchungsberichte rückführbar wären.

150

g. Begründet nach alledem keine der dem Insolvenzschuldner zurechenbaren Handlungen für sich genommen eine Rechtsgutsverletzung, folgt diese auch nicht aus einer Gesamtbetrachtung.

151

(1) Insofern ist anerkannt, dass dann, wenn die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, gleichwohl bei einer Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen eine Rechtsgutverletzung vorliegen kann, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Eine entsprechende Systematik liegt vor, wenn den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

152

(2) Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, folgt hieraus jedenfalls bezogen auf den Insolvenzschuldner kein systematischer Zusammenhang im vorstehenden Sinne. Bezogen auf diesen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die geeignet wären, eine systematische Verbindung zwischen den vorgeworfenen Einzelhandlungen zu begründen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem die Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, geändert wurden, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht, insbesondere nicht für den Insolvenzschuldner, ersichtlich.

153

4. Ein Anspruch besteht nicht gemäß §§ 830 Abs. 1, 2 BGB wegen einer Beteiligung oder Mittäterschaft an den klägerseits der B. GmbH, der U. GmbH, des Herrn S. und Herrn L. vorgeworfenen Mobbinghandlungen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind weder in objektiver, noch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

154

Eine gemäß § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB haftungsbegründende Teilnahme erfordert in subjektiver Hinsicht neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder zu fördern und objektiv eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 31.01. 1978, VI ZR 32/77, NJW 1978, 816 (819); Münchener Kommentar/Wagner, 7. Auflage 2017, § 830 BGB Rn. 15 m. w. N.).

155

Als objektiv eine Tat fördernde Handlungen kommen die Inhalte der Untersuchungsberichte und die seitens des Klägers behaupteten Äußerungen im Verfahren zur zweiten außerordentlichen Kündigung in Betracht. Sieht man diese beiden Handlungen als Teilnahmeakte an, fehlt es indes wie oben dargelegt an einer rechtswidrigen Haupttat.

156

Darüber hinaus liegen auch die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass der Insolvenzschuldner die seitens des Klägers behaupteten, seine Rechtsgüter verletzenden Handlungen der B. GmbH, der U. GmbH, Herrn S. oder Herrn L. als gemeinschaftliche Tat ausführen oder fördern wollte.

157

5. Nach alledem fehlt es bereits an einem die Haftung des Insolvenzschuldners begründenden Tatbestand. Darüber hinaus steht einem Anspruch des Klägers auch entgegen, dass nicht ausreichend dargelegt wurde, dass die vom Kläger behaupteten Gesundheitsschäden auf die – behaupteten – Verletzungshandlungen rückführbar sind.

158

a. Der Kläger ist nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris). Er hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

159

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

160

b. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die von ihm zitierte Rechtsprechung berufen, nach der eine Vermutungswirkung für die haftungsbegründende Kausalität bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung besteht. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine bzw. mehrere schadensersatzbegründende, als Mobbing einzuordnende Rechtsgutverletzung(en) geben ist bzw. sind (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris). Dies ist jedenfalls für den Insolvenzschuldner nicht der Fall. Eine weitergehende Vermutung für das Vorliegen der Kausalität zwischen „mobbingtypischem“ Befund und behaupteter Handlung kommt nicht in Betracht; sie würde einen Zirkelschluss bedeuten, da die Krankheit die Richtigkeit der behaupteten Handlungen indizieren- und die Handlung zugleich Indizwirkung für die Krankheit entfalten würde (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007,1154, Rn. 93; zugleich Ablehnung der entsprechenden Gegenansicht).

161

c. Wie dargelegt hat der Insolvenzschuldner weder durch eigenes, noch ihm zurechenbares Handeln Rechtsgutsverletzungen verwirklicht. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes.

162

In der Folge war es an dem Kläger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Der Vortrag des Klägers, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf hauptsächlich durch die B. GmbH und Herrn S. zu verantwortende Mobbinghandlungen rückführbar, vermag eine Haftung des Insolvenzschuldners nicht zu begründen. Ihm zurechenbare Haftungstatbestände liegen nicht vor. Mit seinem weiteren Vortrag, auch „jede Einzelhandlung“ – unter anderem – des Insolvenzschuldners habe die Gesundheitsverletzung verursacht, wird der Kläger der ihm obliegenden Darlegungslast nicht gerecht. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch den Insolvenzschuldner jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurde. Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen den (behaupteten) Handlungen des Insolvenzschuldners und den benannten Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht dargelegt.

III.

163

Auch ein Entschädigungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts besteht mangels Eingriff in den Schutzbereich nicht.

164

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der so genannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154, Rn. 71). Der Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) bedarf gegenüber dem Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) der Abwägung. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt dessen Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst im Wege einer Abwägung widerstreitender grundrechtlich geschützter Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.09.2012, 6 Sa 703/11, Rn. 73, juris m. w. N.)

165

2. Damit kommt nach dem klägerischen Vortrag bezogen auf den Insolvenzschuldner für einen Entschädigungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Vorwurf der unwahren Tatsachenbehauptung durch den Inhalt der Untersuchungsberichte in Betracht. Dieser erweist sich als unzutreffend. Die Untersuchungsberichte enthalten keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Im Ergebnis mag es zutreffen, dass das Event ID 1016 nicht geeignet ist, den Zugriff auf E-Mails Dritter nachzuweisen. Eine gegenteilige Behauptung stellt der Insolvenzschuldner aber auch in keinem der beiden Untersuchungsberichte auf; insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

166

3. Ebenso hat der Insolvenzschuldner keine anderweitigen, ihm zurechenbaren Verletzungshandlungen begangen, durch die der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers eröffnet wäre. Die seitens des Klägers behaupteten Verletzungshandlungen Dritter sind dem Insolvenzschuldner nicht zurechenbar. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen.

167

4. Ein Entschädigungsanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner aus § 830 Abs. 1, 2 BGB aufgrund einer ihm zurechenbaren Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die B. GmbH, die U. GmbH und die Herren S. und L. ist – jedenfalls – mangels einer gemeinschaftlichen Tatbegehung nicht gegeben (s.o.).

168

5. Schließlich spricht, ohne dass es hierauf mangels Eröffnung des Schutzbereichs noch ankäme, gegen einen Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung auch, dass ein solcher Anspruch nur in Betracht kommt, wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht auf andere Weise ausgeglichen werden kann bzw. bereits auf andere Weise ausgeglichen wurde. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (BAG, Urteil vom 19.02.2015, 8 AZR 1007/13, Rn. 14, juris; Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 188/11, Rn. 29, BAGE 142, 143). Eine schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen auf den grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und deswegen eine Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. zu allem BGH, Urteil vom 21.04.2015, VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500).

169

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die einzelfallbezogene Würdigung der vorliegenden Umstände, dass selbst, wenn man zugunsten des Klägers und entgegen der vorstehenden Ausführungen von einer Eröffnung des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausginge, bezogen auf beide Zustimmungsersetzungsverfahren ein Anspruch auf Geldentschädigung ausschiede. Die Geldentschädigung wäre vor dem Hintergrund der unternehmensöffentlich abgegebenen Erklärungen des Klägers nicht erforderlich, um eine entsprechende – unterstellte – Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugleichen.

170

Der Kläger hat mit dem über den E-Mailaccount der Schwerbehindertenvertretung versandten E-Mail vom 20.04.2012 (Blatt 619 der Akten) erklärt, mit seiner Rückkehr als IT-Systemadministrator sei seine „vollständige Rehabilitation“ erreicht. Zuvor hatte er auf gleichem Wege betriebsöffentlich gemachten „offenen Brief“ vom 15.02.2012 (Blatt 617 f.) geäußert, die Untersuchungsberichte „lückenhaft und widersprüchlich“ seien und er sich gezwungen gesehen habe, Strafanzeige gegen unter anderem den Insolvenzschuldner zu erstatten.

171

In Folge der Veröffentlichung dieser Erklärungen wäre ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers – läge er vor – bereits ausgeglichen; die Zahlung einer Geldentschädigung zum Ausgleich der nicht vermögensmäßigen Einbußen wäre nicht erforderlich.

172

Aus Sicht eines objektiven Empfängers ist aufgrund der E-Mail vom 20.04.2012 davon auszugehen, dass die den Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe ausgeräumt sind. Dies wird durch die parallele, rechtskräftige Zurückweisung der Anträge in beiden Verfahren bestätigt. Der Kläger selbst spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die in seinem „offenen Brief“ formulierte Hoffnung auf eine gütliche Einigung sich „vollkommen erfüllt“ habe. Der Kläger hat die aus seiner Sicht „lückenhaften und widersprüchlichen“ Untersuchungsberichte in seinem „offenen Brief“ benannt und diesen wiederum in der E-Mail vom 20.04.2012 in Bezug genommen. Damit erfasst die dortige umfassende Richtigstellung auch in den Untersuchungsberichten enthaltene, den Kläger etwa belastende Äußerungen.

IV.

173

Der Antrag zu 2. ist in Ermangelung einer Forderung des Klägers gegen den Insolvenzschuldner ebenfalls unbegründet.

C.

174

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 247/09 Verkündet am: 2. Dezember 2010 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 256; BGB § 194 Ab

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Aug. 2016 - 5 Sa 61/16

bei uns veröffentlicht am 18.08.2016

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. Dezember 2015, Az. 2 Ca 2094/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streit

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Juni 2016 - 1 Sa 190/15

bei uns veröffentlicht am 06.06.2016

Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewie

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Nov. 2015 - 3 Sa 371/15

bei uns veröffentlicht am 30.11.2015

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Az.: 2 Ca 234/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2015 - VI ZR 245/14

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Die Revisionen gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Mai 2014 werden zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Feb. 2015 - 8 AZR 1007/13

bei uns veröffentlicht am 19.02.2015

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 703/11

bei uns veröffentlicht am 07.09.2012

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.10.2011, Az.: 8 Ca 2030/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nic

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11

bei uns veröffentlicht am 21.06.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 -

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung über die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Schmerzensgeld wegen Mobbing zu zahlen. Hinsichtlich des ursprünglich als Beklagten zu 4) beklagten Herrn J.C. (im Folgenden: ehemaliger Beklagte zu 4)), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren abgetrennt.

2

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist ein weiteres, im Wesentlichen ebenfalls auf Schadensersatzforderungen wegen Mobbing gestütztes Verfahren anhängig (AZ: 1 Sa 189/15), in welchem der Kläger unter anderem den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Entgeltausfall geltend macht.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall-und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen.

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt. Seit dem 27.04.2012 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) hat deswegen bei dem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers gestellt.

5

Die Beklagte zu 1) ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten zu 1) wurde ein Betriebsrat gebildet.

6

In der IT-Abteilung der Beklagten zu 1) werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 3), besetzt.

7

Zusätzlich beauftragte die Beklagte zu 1) in der Vergangenheit mehrfach die Beklagte zu 2) mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der ehemalige Beklagte zu 4) war bis Juli 2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 4) war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten zu 2).

8

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Bl. 636 ff. d.A.) durch welches die Beklagte zu 1) verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

9

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Beklagten zu 1) gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte zu 1) anhängig.

10

Am 08.06.2010 forderte der Beklagte zu 3) den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte zu 1) gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn X., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte zu 1) aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen der Beklagte zu 3) dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

11

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn X. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch den Beklagten zu 3) sowie Herrn X. unterzeichnet war. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 3623 der Akten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn X. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 2418 der Akten).

12

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

13

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten zu 1) das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 2) beschäftigten ehemaligen Beklagten zu 4) weitergeleitet.

14

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

15

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte zu 1) den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Blatt 358 ff. d.A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagte zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

16

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die Beklagte zu 2) einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten zu 1) eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

17

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

18

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...000“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

19

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ...000 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ...000 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. G. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

20

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

21

Unter dem 25.05.2011 fertigte die Beklagte zu 2) einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) bezeichnet. Neben diesem hat auch der Beklagte zu 4) den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

22

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

23

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

24

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

25

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte zu 1) bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

26

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte zu 1) gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte zu 1) heraus.

27

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

28

Daraufhin leitete die Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

29

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte zu 1) Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Beklagten zu 3 und 4 sowie den ehemaligen Beklagten zu 4. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft B. K. ... Js 00000/00) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

30

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Beklagten zu 3). Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten zu 1), gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten zu 1) gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte der Beklagte zu 3), er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

31

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

33

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten zu 1) eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zur Person des Klägers äußerte.

34

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte zu 1) leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte zu 1) den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

35

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

36

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte der Beklagte zu 3) im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

37

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) ein. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie der Sachverständige Dr. St., Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 1738 ff. der Akten), beauftragt.

38

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

39

Unter dem 24.01.2011 (Richtig: 2012) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 ff. der Akten im Verfahren 1 Sa 189/15), auf das Bezug genommen wird, wurde die Beklagten zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

40

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger den Beklagten zu 3) darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte der Beklagte zu 3) den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter den 22.03.2012 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

41

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte zu 1) den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte zu 1) erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

42

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zu 1) nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu 1) zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

43

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten zu 1) wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten zu 1) nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

44

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte zu 1) gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten zu 1) und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

45

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte zu 1) sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

46

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

47

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3), dem ehemaligen Beklagten zu 4) sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

48

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte zu 1) die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

49

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1) und der zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

50

Der Beklagten zu 1) wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 2494 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

51

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und G. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

52

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte zu 1) mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

53

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des ehemaligen Beklagten zu 4). Die Beklagte zu 1) brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

54

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens beantragt.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

56

Durch das genannte, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

57

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:

58

Ein die Schmerzensgeldforderung begründender Schadensersatzanspruch des Klägers sei gegenüber keinem der Beklagten gegeben.

59

Die Beklagte zu 1) müsse sich zwar etwaiges Verschulden des Beklagten zu 3) als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zu 1) zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

60

Ein Anspruch gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) sei ebenfalls nicht begründet. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich dieser Beklagten eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

61

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten zu 1) gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

62

Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 sei ein mobbingrelevantes Verhalten, könne offenbleiben, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten zu 1) gedeckt gewesen sei. Jedenfalls sei diese nicht geeignet, von einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen, da die Weisung sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

63

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 hat das Arbeitsgericht nicht als Akte von Mobbing angesehen. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses der Beklagte zu 3) Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

64

Wenn der Kläger geltend mache, die Beklagte zu 1) habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) vorgelegt zu haben, sei der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Der Beklagte zu 3) habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

65

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vorgetragen hat, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte zu 1) erfolgt, sei der Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen, Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

66

Die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, sei sachlich begründet und mithin nicht als mobbingrelevant einzustufen. Die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

67

Für den durch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der Beklagten zu 1) Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

68

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

69

Soweit der Kläger geltend mache, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom 14.07.2011 beschuldigt worden, sich Zugang zu E-Mails des Beklagten zu 3) verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu haben, habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

70

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

71

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein den Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („10. Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 2069 – 2074 der Akten).

72

Im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 sei eine der Beklagten zu 1) vorwerfbaren Pflichtverletzung nicht erwiesen. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

73

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) erfülle ungeachtet der Verurteilung zu deren Entfernung durch Teil-Urteil vom 05.07.2012 (im Verfahren 5 Ca 82/12, dort Blatt 636 ff. der Akten) keinen Mobbingtatbestand. Sie sei nicht schikanös und durch die auch durch den Kläger aufgrund der Vielzahl erfolglos eingeleiteter Beschlussverfahren angespannte Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geprägt. An einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle es daher.

74

Dass die Beklagte zu 1) gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden Zustimmungsersetzungsverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

75

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Abmahnung sei deshalb jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

76

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 2080 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

78

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte zu 1) im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten zu 1) habe einen sachlichen Inhalt.

79

Die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

80

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

81

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagte zu 1) für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

82

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie den ehemaligen Beklagten zu 4) ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

83

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

84

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes vom 31.05.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff. der Akten), macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

85

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte zu 1) gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 3) und 4) sowie des ehemaligen Beklagten zu 4) zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB anzusehen; sie müsse sich deren Verschulden mithin zurechnen lassen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die Beklagte zu 2), die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor. Die Beklagten zu 2) bis 4) sowie der ehemalige Beklagte zu 4) seien neben der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch zur Erfüllung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verpflichtet.

86

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst und im Wesentlichen geltend:

87

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Der Beklagte zu 3) habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte zu 1) ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

88

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Beklagten zu 3) kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten zu 1) gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

89

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung X. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch den Beklagten zu 3) über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

90

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte zu 1) vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

91

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1) ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte zu 1) habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass der Beklagte zu 3) ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich der Beklagte zu 3) ihn zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

92

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten zu 1) kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

93

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden sei.

94

Die Beklagte zu 1) habe zu Unrecht an den durch die Beklagte zu 2) gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des ehemaligen Beklagten zu 4) und des Beklagten zu 4) eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

95

Der Beklagte zu 3) habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Der Beklagte zu 3) habe Kenntnis davon gehabt, dass der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Der Beklagte zu 4) sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie der ehemalige Beklagte zu 4).

96

Der ehemalige Beklagte zu 4) habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der ehemalige Beklagte zu 4) im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten zu 1) im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

97

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „Domainadmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

98

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Der Beklagte zu 3) habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte zu 1) ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 2337 – 2341 der Akten) wird Bezug genommen.

99

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

100

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten zu 1) nicht leichtfertig geäußert wurde, habe die T. GmbH nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

101

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem erstinstanzlichen auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

102

Weiter sei der Beklagten zu 1) sowie dem Beklagten zu 3) anzulasten, dass letzterer trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten habe. Jedenfalls der ehemalige Beklagte zu 4) hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der ehemalige Beklagte zu 4) im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Beklagten zu 3) habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem ehemaligen Beklagten zu 4) bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

103

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, ist der Kläger der Auffassung, dass das Gericht außer Acht lasse, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

104

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte zu 1) hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

105

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 2) – deren Verschulden der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der Beklagten zu 2) Kenntnis davon bestanden habe, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissen gehandelt hätten.

106

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

107

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die Beklagte zu 1) habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Der Beklagte zu 3) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten gewusst, dass allein die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

108

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herr Y., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

109

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2374 – 2379 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte zu 1) als Äußernde die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

110

Das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

111

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 2380 – 2382 der Akten).

112

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte zu 1) die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

113

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

114

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten zu 1) gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte zu 1) habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

115

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er, der Kläger, zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten zu 1) herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten zu 1) seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

116

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte zu 1) seien nicht zu beanstanden, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, berücksichtige es nicht, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu 1) gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

117

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass der Beklagte zu 3) infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten zu 1) geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2384-2391 der Akten) Bezug genommen.

118

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte zu 1) nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

119

Auch die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

120

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von dem ehemaligen Beklagten zu 4) getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte zu 1) abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

121

Er, der Kläger, habe auch im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) in einem Büro arbeiten könne. Dies hätte der Beklagte zu 3) sowie Herr X. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

122

Am 05.11.2013 habe ihn der Beklagte zu 3) dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe der Beklagte zu 3) den ehemaligen Beklagten zu 4) nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu 1) zerstören würde. Diese Frage habe der Beklagte zu 3) ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte der Beklagte zu 3) dem ehemaligen Beklagten zu 4) und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Der Beklagte zu 3) habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

123

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten zu 1) mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft habe, werde verkannt, dass insofern leitendes Motiv seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen sei. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die Beklagte zu 2) fremd zu vergeben. Die Beklagte zu 1) habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1), die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte zu 1) hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem in der Behauptung gegipfelt habe, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) gesät worden.

124

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu 1) zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu 1) zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten zu 1) umkehre.

125

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe das Arbeitsgericht unzulässig eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, obwohl es im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt habe.

126

Der Kläger beantragt,

127

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 40.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte.

128

Die Beklagten beantragen jeweils,

129

die Berufung zurückzuweisen.

130

Die Beklagten zu 1) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 (Blatt 2648 ff. der Akten) und den weiteren Schriftsätzen vom, 06.05.2016 (Bl. 2840 ff., 2847 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, als zutreffend und machen im Wesentlichen geltend:

131

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

132

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Der Beklagte zu 3) sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

133

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagten entsprechend vorgetragen hätten, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

134

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, vier Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

135

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

136

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sich die Beklagte zu 1) lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

137

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Beklagten zu 1) eine seitens des Klägers behauptete betriebliche Übung existiert, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; eine entsprechende Praxis sei fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

138

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass ihnen das Scheitern der Wiedereingliederung vorzuwerfen sei. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien im Arbeitsverhältnis könne nicht immer vermieden werden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

139

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

140

Die Beklagte zu 2) tritt der Berufung mit dem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 28.09.2015 (Blatt 2548 ff. d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 03.05.2016 (Blatt 2815 ff. d.A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, entgegen.

141

Eine Haftung der Beklagten zu 1) für ihr, der Beklagten zu 2), Verschulden gemäß § 278 BGB komme – ohne, dass es hierauf für ihre eigene Haftung ankäme – nicht in Betracht; sie sei nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen, da ihr im Rahmen der Erfüllung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) keine Aufgaben hinsichtlich der Vertragserfüllung gegenüber dem Kläger zugewiesen worden seien.

142

Ihrer Haftung stehe weiter entgegen, dass die relevanten Erkrankungen erst ab April 2012 eingetreten seien und dass sie, die Beklagte zu 2), an der ganz überwiegenden Zahl der seitens des Klägers benannten Mobbinghandlungen auch nach dessen Vortrag nicht beteiligt gewesen sei; hinsichtlich der benannten Handlungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung Bezug genommen (Blatt 2551 – 2552 der Akten).

143

Im Zusammenhang mit der Fertigung der Untersuchungsberichte sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht gegeben. Dem Arbeitsgericht sei darin zu folgen, dass es seitens der Beklagten zu 1) keines Anfangsverdachts bedurfte, um entsprechende Maßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) vorsätzlich falsche Feststellungen bei Fertigung des Untersuchungsberichts getroffen hätten. Aus beiden Untersuchungsberichten gehe eindeutig hervor, dass die Meldung ID 1016 nicht als Beweis, sondern allenfalls als Indiz für einen Zugriff auf E-Mails angesehen werde.

144

In Bezug auf sie, die Beklagte zu 2), sei der verschiedene Sachverhaltskonstellationen erfassende Sachvortrag des Klägers unschlüssig, da ihre Haftung jedenfalls nach einer der genannten Konstellationen mangels rechtswidriger Handlungen der ihr zurechenbaren Personen, namentlich dem Beklagten zu 4) und dem ehemaligen Beklagten zu 4), ausscheide.

145

Ein Anspruch gemäß § 831 BGB für die behaupteten Handlungen des ehemaligen Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der Löschung der Sicherungsbänder sowie anderweitiger Manipulationshandlungen im Nachgang der Erstellung der Untersuchungsberichte scheide aus, da dieser – den Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – insofern jedenfalls nicht in Ausführung der Verrichtung tätig geworden sei. Gleiches gelte für seitens des Beklagten zu 4) und seitens des ehemaligen Beklagten zu 4) getätigten Äußerungen im Rahmen des Straf- bzw. Kündigungsschutzverfahrens.

146

Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) nicht vorsätzlich falsche Untersuchungsberichte erstellt hätten. Dies bestätigten auch die Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. St..

147

Jedenfalls könne sie, die Beklagte zu 2), sich gemäß § 831 Abs. 2 BGB entlasten. Der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Untersuchungsberichte zugunsten der Beklagten zu 1) allenfalls bei Gelegenheit, nicht aber bei Verrichtung des ihr, der Beklagten zu 2), erteilten Auftrags vorgenommen. Selbst wenn die Manipulationen erfolgt wären, scheide ihre Haftung mithin aus.

148

Jedenfalls habe sie, die Beklagte zu 2), den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die sorgfältige Auswahl ergebe sich aus den umfassenden Qualifikation beider Beklagten; hinsichtlich des entsprechenden Vortrags der Beklagten zu 2) wird auf die Berufungserwiderungsschrift (Blatt 2563 - 2580 der Akten) Bezug genommen. Sie habe den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) auch bei Durchführung der Begutachtung ausreichend überwacht; der Beklagte zu 4) habe auf ihren Auftrag hin den Untersuchungsbericht 1 zusätzlich geprüft und unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) berichtet.

149

Der Beklagte zu 4) tritt der Berufung nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2606 ff. der Akten), entgegen. Er macht sich zunächst das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 2) zu eigen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

150

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Beklagten zu 3) und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der Beklagten zu 1) geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei ihnen dies nicht anzulasten. Sie seien insofern unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe sie keine Verantwortung.

151

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der Beklagten zu 1) trägt der Beklagte zu 4) vor, dass diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum hätten abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

152

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den ehemaligen Beklagten zu 4) vorgenommen werden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

153

Der Beklagte zu 4) trägt vor, dass ihm der Inhalt des Untersuchungsberichts 1 nicht bekannt gewesen sei. Er sei ausschließlich an der Erstellung des durch die Versionsnummer 1.0 eindeutig als freigegebene Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 beteiligt gewesen. Er habe sich insofern durch den ehemaligen Beklagten zu 4) sämtliche Angaben mitteilen lassen und im System gegengeprüft; in der Folge habe er einige Änderungen am Bericht vorgenommen und ihn dann freigegeben.

154

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

155

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

156

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

157

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

158

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen keinen der Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die haftungsbegründende Kausalität für einen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegeben ist.

159

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

160

a. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

161

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

162

b. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

163

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegen. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

164

c. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

165

d. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

166

e. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

167

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten zu 1) anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten zu 1) gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

168

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

169

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

170

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten zu 1) folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

171

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte zu 1) (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1) entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

172

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das in einem Arbeitsverhältnis noch als übliche anzusehende Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet.

173

Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

174

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte zu 1) geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

175

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, den Beklagten zu 3) auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

176

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1) ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte zu 1) ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten zu 1) anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe des Beklagten zu 3) bzw. des ehemaligen Beklagten zu 4) psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

177

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 3) nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

178

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte zu 1) ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung einer Inventur unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zu 1) zu Recht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

179

iv. Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten zu 1), ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könne einen Mobbingvorwurf begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte zu 1) veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

180

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

181

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

182

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

183

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten zu 1) erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung des Beklagten zu 3), bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen.

184

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

185

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

186

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

187

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 3) habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

188

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr X. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch den Beklagten zu 3) erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

189

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

190

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten zu 1) und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

191

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten lag. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

192

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kommt. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten zu 1) dar.

193

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte zu 1) hätte sich auf einen - nicht näher definierten – sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten zu 1) einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen; diese sind gerade nicht mutwillig erfolgt.

194

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte zu 1) im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

195

(g) Ebenso ist die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

196

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung „boykottiert“ habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte zu 1) keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1) besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

197

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

198

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

199

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

200

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

201

(d) Die wegen Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

202

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen und dies dem Kläger per E-Mail mitgeteilt. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Abmahnung war daher jedenfalls nicht offensichtlich ungerechtfertigt.

203

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten zu 1) mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte zu 1) dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte zu 1) aus ihrer Sicht die Einleitung des Verfahrens für sachlich gerechtfertigt halten konnte, ohne mutwillig zu handeln.

204

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde lag, seitens der Beklagten zu 1) wider besseren Wissen erhoben wurde.

205

i. Der Beklagten zu 1) ist ein Verschulden des Beklagten zu 3), nicht aber ein solches der Beklagten zu 2) bzw. des Beklagten zu 4) und des ehemaligen Beklagten zu 4), die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) waren, zuzurechnen. Nur der Beklagte zu 3) war zum relevanten Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben, S.27).

206

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte zu 2) war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten zu 1) aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

207

ii. Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Beklagten zu 1) aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4). Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2) in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

208

i. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten zu 1) mithin nicht maßgeblich.

209

ii. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Beklagten zu 3) erfolgt, ist unsubstantiiert und nicht beachtlich. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann der Beklagte zu 3) auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

210

iii. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1), bzw. der ihr zuzurechnende Beklagte zu 3), auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wussten, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, dass der dortige Antrag der Beklagten zu 1) mutwillig erfolgte. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

211

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Beklagten zu 3) erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch den ehemaligen Beklagten zu 4) als verantwortlichen Autor und den Beklagten zu 4) als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

212

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte zu 1) davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Beklagten zu 3) erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass der Beklagte zu 3) zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

213

Das Arbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu 1, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Beklagten zu 3 davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

214

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

215

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

216

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Beklagten zu 3 davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

217

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Bericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zu 1 zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

218

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

219

Eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu 1) zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten zu 1) bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

220

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr nachweisen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte zu 1) oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des ehemaligen Beklagten zu 4) einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten zu 1) mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

221

iv. Die Frage, ob die Beklagte zu 1) vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte zu 1) darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte zu 1) angesichts des eindeutigen Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

222

v. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, zusätzlich zu den durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

223

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte zu 1) nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

224

(c) Die Beklagte zu 1) hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

225

(4) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

226

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

227

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte zu 1) gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht nicht fest, dass seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

228

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

229

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

230

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis würde sich damit als Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises darstellen. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

231

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte zu 1) gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

232

(5) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten zu 1) lässt sich eine das Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht begründen.

233

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

234

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

235

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

236

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte zu 1) betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte zu 1) selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass der ehemalige Beklagte zu 4) die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des ehemaligen Beklagten zu 4) ist der Beklagten zu 1) indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte zu 1) den ehemaligen Beklagten zu 4) diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt. Ungeachtet dessen wäre dies ohnehin allenfalls als Indiz für eine für ein Mobbing erforderliche Systematik anzusehen.

237

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

238

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

239

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

240

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

241

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte zu 1) die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (hierzu bereits oben).

242

f. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

243

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

244

Hier kann offenbleiben, ob die Beklagten zu 2), 3), 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

245

g. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung.

246

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

247

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit Mobbingfällen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

248

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

249

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

250

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

251

(a) Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist (siehe oben), müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Wenn er insofern zum einen vorträgt, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten zu 1) rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

252

(b) Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 2403 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Beklagten jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurden; insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und dem mit der Klage geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

B.

253

Ein Entschädigungsanspruch ist auch gegen die Beklagte zu 2) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

254

1. Wenn sich der Kläger darauf beruft, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den Einbezug des Klägers in den zwischen den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen Vertrag gegeben sind.

255

a. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage steht dem Schadensersatzanspruch die fehlende haftungsbegründende Kausalität gleichermaßen entgegen. Auch im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches ist der Anspruchsgläubiger in Bezug auf den Zurechnungszusammenhang vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet; die Umkehr der Beweislast gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur für das (fehlende) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (vergleiche Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 280 Rn. 34 m. w. N.).

256

b. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) kausal für die seinerseits behauptete Erkrankung als Verletzung der Gesundheit (§ 253 Abs. 2 2. Var. BGB) war. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden haftungsbegründenden Kausalität.

257

2. Aus dem gleichen Grund scheidet ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 823 BGB bzw. § 831 BGB aus.

C.

258

Auch ein – hier mangels vertraglicher Beziehung allein in Betracht kommender – deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 3) und 4) ist ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen jedenfalls mangels Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität nicht gegeben.

D.

259

Die Berufungskammer hat bei ihrer abschließenden Beratung auch den Schriftsatz des Klägers vom 31.05.2016 berücksichtigt und darüber beraten, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist, § 156 ZPO. Ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens § 156 Abs. 1 ZPO besteht für eine Wiedereröffnung keine Veranlassung. Neben Rechtsausführungen, die weitestgehend schon in früheren Schriftsätzen getätigt wurden, enthält der Schriftsatz auch keinen neuen Tatsachenvortrag.

III.

260

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung über die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Schmerzensgeld wegen Mobbing zu zahlen. Hinsichtlich des ursprünglich als Beklagten zu 4) beklagten Herrn J.C. (im Folgenden: ehemaliger Beklagte zu 4)), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren abgetrennt.

2

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist ein weiteres, im Wesentlichen ebenfalls auf Schadensersatzforderungen wegen Mobbing gestütztes Verfahren anhängig (AZ: 1 Sa 189/15), in welchem der Kläger unter anderem den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Entgeltausfall geltend macht.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall-und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen.

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt. Seit dem 27.04.2012 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) hat deswegen bei dem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers gestellt.

5

Die Beklagte zu 1) ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten zu 1) wurde ein Betriebsrat gebildet.

6

In der IT-Abteilung der Beklagten zu 1) werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 3), besetzt.

7

Zusätzlich beauftragte die Beklagte zu 1) in der Vergangenheit mehrfach die Beklagte zu 2) mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der ehemalige Beklagte zu 4) war bis Juli 2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 4) war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten zu 2).

8

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Bl. 636 ff. d.A.) durch welches die Beklagte zu 1) verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

9

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Beklagten zu 1) gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte zu 1) anhängig.

10

Am 08.06.2010 forderte der Beklagte zu 3) den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte zu 1) gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn X., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte zu 1) aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen der Beklagte zu 3) dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

11

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn X. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch den Beklagten zu 3) sowie Herrn X. unterzeichnet war. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 3623 der Akten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn X. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 2418 der Akten).

12

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

13

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten zu 1) das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 2) beschäftigten ehemaligen Beklagten zu 4) weitergeleitet.

14

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

15

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte zu 1) den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Blatt 358 ff. d.A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagte zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

16

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die Beklagte zu 2) einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten zu 1) eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

17

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

18

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...000“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

19

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ...000 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ...000 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. G. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

20

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

21

Unter dem 25.05.2011 fertigte die Beklagte zu 2) einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) bezeichnet. Neben diesem hat auch der Beklagte zu 4) den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

22

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

23

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

24

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

25

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte zu 1) bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

26

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte zu 1) gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte zu 1) heraus.

27

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

28

Daraufhin leitete die Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

29

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte zu 1) Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Beklagten zu 3 und 4 sowie den ehemaligen Beklagten zu 4. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft B. K. ... Js 00000/00) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

30

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Beklagten zu 3). Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten zu 1), gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten zu 1) gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte der Beklagte zu 3), er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

31

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

33

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten zu 1) eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zur Person des Klägers äußerte.

34

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte zu 1) leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte zu 1) den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

35

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

36

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte der Beklagte zu 3) im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

37

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) ein. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie der Sachverständige Dr. St., Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 1738 ff. der Akten), beauftragt.

38

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

39

Unter dem 24.01.2011 (Richtig: 2012) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 ff. der Akten im Verfahren 1 Sa 189/15), auf das Bezug genommen wird, wurde die Beklagten zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

40

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger den Beklagten zu 3) darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte der Beklagte zu 3) den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter den 22.03.2012 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

41

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte zu 1) den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte zu 1) erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

42

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zu 1) nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu 1) zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

43

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten zu 1) wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten zu 1) nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

44

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte zu 1) gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten zu 1) und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

45

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte zu 1) sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

46

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

47

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3), dem ehemaligen Beklagten zu 4) sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

48

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte zu 1) die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

49

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1) und der zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

50

Der Beklagten zu 1) wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 2494 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

51

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und G. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

52

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte zu 1) mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

53

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des ehemaligen Beklagten zu 4). Die Beklagte zu 1) brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

54

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens beantragt.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

56

Durch das genannte, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

57

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:

58

Ein die Schmerzensgeldforderung begründender Schadensersatzanspruch des Klägers sei gegenüber keinem der Beklagten gegeben.

59

Die Beklagte zu 1) müsse sich zwar etwaiges Verschulden des Beklagten zu 3) als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zu 1) zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

60

Ein Anspruch gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) sei ebenfalls nicht begründet. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich dieser Beklagten eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

61

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten zu 1) gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

62

Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 sei ein mobbingrelevantes Verhalten, könne offenbleiben, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten zu 1) gedeckt gewesen sei. Jedenfalls sei diese nicht geeignet, von einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen, da die Weisung sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

63

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 hat das Arbeitsgericht nicht als Akte von Mobbing angesehen. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses der Beklagte zu 3) Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

64

Wenn der Kläger geltend mache, die Beklagte zu 1) habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) vorgelegt zu haben, sei der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Der Beklagte zu 3) habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

65

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vorgetragen hat, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte zu 1) erfolgt, sei der Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen, Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

66

Die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, sei sachlich begründet und mithin nicht als mobbingrelevant einzustufen. Die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

67

Für den durch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der Beklagten zu 1) Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

68

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

69

Soweit der Kläger geltend mache, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom 14.07.2011 beschuldigt worden, sich Zugang zu E-Mails des Beklagten zu 3) verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu haben, habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

70

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

71

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein den Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („10. Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 2069 – 2074 der Akten).

72

Im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 sei eine der Beklagten zu 1) vorwerfbaren Pflichtverletzung nicht erwiesen. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

73

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) erfülle ungeachtet der Verurteilung zu deren Entfernung durch Teil-Urteil vom 05.07.2012 (im Verfahren 5 Ca 82/12, dort Blatt 636 ff. der Akten) keinen Mobbingtatbestand. Sie sei nicht schikanös und durch die auch durch den Kläger aufgrund der Vielzahl erfolglos eingeleiteter Beschlussverfahren angespannte Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geprägt. An einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle es daher.

74

Dass die Beklagte zu 1) gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden Zustimmungsersetzungsverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

75

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Abmahnung sei deshalb jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

76

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 2080 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

78

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte zu 1) im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten zu 1) habe einen sachlichen Inhalt.

79

Die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

80

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

81

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagte zu 1) für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

82

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie den ehemaligen Beklagten zu 4) ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

83

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

84

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes vom 31.05.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff. der Akten), macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

85

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte zu 1) gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 3) und 4) sowie des ehemaligen Beklagten zu 4) zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB anzusehen; sie müsse sich deren Verschulden mithin zurechnen lassen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die Beklagte zu 2), die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor. Die Beklagten zu 2) bis 4) sowie der ehemalige Beklagte zu 4) seien neben der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch zur Erfüllung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verpflichtet.

86

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst und im Wesentlichen geltend:

87

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Der Beklagte zu 3) habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte zu 1) ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

88

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Beklagten zu 3) kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten zu 1) gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

89

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung X. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch den Beklagten zu 3) über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

90

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte zu 1) vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

91

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1) ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte zu 1) habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass der Beklagte zu 3) ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich der Beklagte zu 3) ihn zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

92

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten zu 1) kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

93

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden sei.

94

Die Beklagte zu 1) habe zu Unrecht an den durch die Beklagte zu 2) gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des ehemaligen Beklagten zu 4) und des Beklagten zu 4) eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

95

Der Beklagte zu 3) habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Der Beklagte zu 3) habe Kenntnis davon gehabt, dass der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Der Beklagte zu 4) sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie der ehemalige Beklagte zu 4).

96

Der ehemalige Beklagte zu 4) habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der ehemalige Beklagte zu 4) im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten zu 1) im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

97

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „Domainadmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

98

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Der Beklagte zu 3) habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte zu 1) ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 2337 – 2341 der Akten) wird Bezug genommen.

99

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

100

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten zu 1) nicht leichtfertig geäußert wurde, habe die T. GmbH nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

101

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem erstinstanzlichen auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

102

Weiter sei der Beklagten zu 1) sowie dem Beklagten zu 3) anzulasten, dass letzterer trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten habe. Jedenfalls der ehemalige Beklagte zu 4) hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der ehemalige Beklagte zu 4) im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Beklagten zu 3) habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem ehemaligen Beklagten zu 4) bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

103

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, ist der Kläger der Auffassung, dass das Gericht außer Acht lasse, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

104

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte zu 1) hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

105

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 2) – deren Verschulden der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der Beklagten zu 2) Kenntnis davon bestanden habe, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissen gehandelt hätten.

106

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

107

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die Beklagte zu 1) habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Der Beklagte zu 3) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten gewusst, dass allein die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

108

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herr Y., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

109

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2374 – 2379 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte zu 1) als Äußernde die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

110

Das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

111

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 2380 – 2382 der Akten).

112

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte zu 1) die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

113

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

114

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten zu 1) gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte zu 1) habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

115

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er, der Kläger, zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten zu 1) herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten zu 1) seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

116

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte zu 1) seien nicht zu beanstanden, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, berücksichtige es nicht, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu 1) gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

117

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass der Beklagte zu 3) infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten zu 1) geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2384-2391 der Akten) Bezug genommen.

118

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte zu 1) nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

119

Auch die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

120

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von dem ehemaligen Beklagten zu 4) getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte zu 1) abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

121

Er, der Kläger, habe auch im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) in einem Büro arbeiten könne. Dies hätte der Beklagte zu 3) sowie Herr X. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

122

Am 05.11.2013 habe ihn der Beklagte zu 3) dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe der Beklagte zu 3) den ehemaligen Beklagten zu 4) nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu 1) zerstören würde. Diese Frage habe der Beklagte zu 3) ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte der Beklagte zu 3) dem ehemaligen Beklagten zu 4) und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Der Beklagte zu 3) habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

123

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten zu 1) mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft habe, werde verkannt, dass insofern leitendes Motiv seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen sei. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die Beklagte zu 2) fremd zu vergeben. Die Beklagte zu 1) habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1), die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte zu 1) hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem in der Behauptung gegipfelt habe, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) gesät worden.

124

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu 1) zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu 1) zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten zu 1) umkehre.

125

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe das Arbeitsgericht unzulässig eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, obwohl es im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt habe.

126

Der Kläger beantragt,

127

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 40.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte.

128

Die Beklagten beantragen jeweils,

129

die Berufung zurückzuweisen.

130

Die Beklagten zu 1) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 (Blatt 2648 ff. der Akten) und den weiteren Schriftsätzen vom, 06.05.2016 (Bl. 2840 ff., 2847 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, als zutreffend und machen im Wesentlichen geltend:

131

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

132

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Der Beklagte zu 3) sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

133

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagten entsprechend vorgetragen hätten, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

134

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, vier Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

135

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

136

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sich die Beklagte zu 1) lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

137

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Beklagten zu 1) eine seitens des Klägers behauptete betriebliche Übung existiert, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; eine entsprechende Praxis sei fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

138

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass ihnen das Scheitern der Wiedereingliederung vorzuwerfen sei. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien im Arbeitsverhältnis könne nicht immer vermieden werden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

139

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

140

Die Beklagte zu 2) tritt der Berufung mit dem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 28.09.2015 (Blatt 2548 ff. d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 03.05.2016 (Blatt 2815 ff. d.A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, entgegen.

141

Eine Haftung der Beklagten zu 1) für ihr, der Beklagten zu 2), Verschulden gemäß § 278 BGB komme – ohne, dass es hierauf für ihre eigene Haftung ankäme – nicht in Betracht; sie sei nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen, da ihr im Rahmen der Erfüllung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) keine Aufgaben hinsichtlich der Vertragserfüllung gegenüber dem Kläger zugewiesen worden seien.

142

Ihrer Haftung stehe weiter entgegen, dass die relevanten Erkrankungen erst ab April 2012 eingetreten seien und dass sie, die Beklagte zu 2), an der ganz überwiegenden Zahl der seitens des Klägers benannten Mobbinghandlungen auch nach dessen Vortrag nicht beteiligt gewesen sei; hinsichtlich der benannten Handlungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung Bezug genommen (Blatt 2551 – 2552 der Akten).

143

Im Zusammenhang mit der Fertigung der Untersuchungsberichte sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht gegeben. Dem Arbeitsgericht sei darin zu folgen, dass es seitens der Beklagten zu 1) keines Anfangsverdachts bedurfte, um entsprechende Maßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) vorsätzlich falsche Feststellungen bei Fertigung des Untersuchungsberichts getroffen hätten. Aus beiden Untersuchungsberichten gehe eindeutig hervor, dass die Meldung ID 1016 nicht als Beweis, sondern allenfalls als Indiz für einen Zugriff auf E-Mails angesehen werde.

144

In Bezug auf sie, die Beklagte zu 2), sei der verschiedene Sachverhaltskonstellationen erfassende Sachvortrag des Klägers unschlüssig, da ihre Haftung jedenfalls nach einer der genannten Konstellationen mangels rechtswidriger Handlungen der ihr zurechenbaren Personen, namentlich dem Beklagten zu 4) und dem ehemaligen Beklagten zu 4), ausscheide.

145

Ein Anspruch gemäß § 831 BGB für die behaupteten Handlungen des ehemaligen Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der Löschung der Sicherungsbänder sowie anderweitiger Manipulationshandlungen im Nachgang der Erstellung der Untersuchungsberichte scheide aus, da dieser – den Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – insofern jedenfalls nicht in Ausführung der Verrichtung tätig geworden sei. Gleiches gelte für seitens des Beklagten zu 4) und seitens des ehemaligen Beklagten zu 4) getätigten Äußerungen im Rahmen des Straf- bzw. Kündigungsschutzverfahrens.

146

Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) nicht vorsätzlich falsche Untersuchungsberichte erstellt hätten. Dies bestätigten auch die Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. St..

147

Jedenfalls könne sie, die Beklagte zu 2), sich gemäß § 831 Abs. 2 BGB entlasten. Der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Untersuchungsberichte zugunsten der Beklagten zu 1) allenfalls bei Gelegenheit, nicht aber bei Verrichtung des ihr, der Beklagten zu 2), erteilten Auftrags vorgenommen. Selbst wenn die Manipulationen erfolgt wären, scheide ihre Haftung mithin aus.

148

Jedenfalls habe sie, die Beklagte zu 2), den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die sorgfältige Auswahl ergebe sich aus den umfassenden Qualifikation beider Beklagten; hinsichtlich des entsprechenden Vortrags der Beklagten zu 2) wird auf die Berufungserwiderungsschrift (Blatt 2563 - 2580 der Akten) Bezug genommen. Sie habe den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) auch bei Durchführung der Begutachtung ausreichend überwacht; der Beklagte zu 4) habe auf ihren Auftrag hin den Untersuchungsbericht 1 zusätzlich geprüft und unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) berichtet.

149

Der Beklagte zu 4) tritt der Berufung nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2606 ff. der Akten), entgegen. Er macht sich zunächst das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 2) zu eigen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

150

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Beklagten zu 3) und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der Beklagten zu 1) geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei ihnen dies nicht anzulasten. Sie seien insofern unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe sie keine Verantwortung.

151

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der Beklagten zu 1) trägt der Beklagte zu 4) vor, dass diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum hätten abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

152

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den ehemaligen Beklagten zu 4) vorgenommen werden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

153

Der Beklagte zu 4) trägt vor, dass ihm der Inhalt des Untersuchungsberichts 1 nicht bekannt gewesen sei. Er sei ausschließlich an der Erstellung des durch die Versionsnummer 1.0 eindeutig als freigegebene Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 beteiligt gewesen. Er habe sich insofern durch den ehemaligen Beklagten zu 4) sämtliche Angaben mitteilen lassen und im System gegengeprüft; in der Folge habe er einige Änderungen am Bericht vorgenommen und ihn dann freigegeben.

154

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

155

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

156

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

157

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

158

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen keinen der Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die haftungsbegründende Kausalität für einen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegeben ist.

159

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

160

a. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

161

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

162

b. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

163

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegen. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

164

c. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

165

d. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

166

e. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

167

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten zu 1) anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten zu 1) gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

168

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

169

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

170

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten zu 1) folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

171

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte zu 1) (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1) entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

172

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das in einem Arbeitsverhältnis noch als übliche anzusehende Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet.

173

Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

174

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte zu 1) geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

175

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, den Beklagten zu 3) auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

176

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1) ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte zu 1) ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten zu 1) anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe des Beklagten zu 3) bzw. des ehemaligen Beklagten zu 4) psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

177

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 3) nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

178

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte zu 1) ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung einer Inventur unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zu 1) zu Recht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

179

iv. Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten zu 1), ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könne einen Mobbingvorwurf begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte zu 1) veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

180

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

181

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

182

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

183

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten zu 1) erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung des Beklagten zu 3), bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen.

184

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

185

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

186

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

187

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 3) habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

188

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr X. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch den Beklagten zu 3) erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

189

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

190

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten zu 1) und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

191

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten lag. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

192

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kommt. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten zu 1) dar.

193

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte zu 1) hätte sich auf einen - nicht näher definierten – sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten zu 1) einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen; diese sind gerade nicht mutwillig erfolgt.

194

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte zu 1) im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

195

(g) Ebenso ist die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

196

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung „boykottiert“ habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte zu 1) keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1) besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

197

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

198

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

199

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

200

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

201

(d) Die wegen Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

202

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen und dies dem Kläger per E-Mail mitgeteilt. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Abmahnung war daher jedenfalls nicht offensichtlich ungerechtfertigt.

203

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten zu 1) mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte zu 1) dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte zu 1) aus ihrer Sicht die Einleitung des Verfahrens für sachlich gerechtfertigt halten konnte, ohne mutwillig zu handeln.

204

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde lag, seitens der Beklagten zu 1) wider besseren Wissen erhoben wurde.

205

i. Der Beklagten zu 1) ist ein Verschulden des Beklagten zu 3), nicht aber ein solches der Beklagten zu 2) bzw. des Beklagten zu 4) und des ehemaligen Beklagten zu 4), die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) waren, zuzurechnen. Nur der Beklagte zu 3) war zum relevanten Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben, S.27).

206

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte zu 2) war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten zu 1) aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

207

ii. Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Beklagten zu 1) aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4). Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2) in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

208

i. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten zu 1) mithin nicht maßgeblich.

209

ii. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Beklagten zu 3) erfolgt, ist unsubstantiiert und nicht beachtlich. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann der Beklagte zu 3) auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

210

iii. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1), bzw. der ihr zuzurechnende Beklagte zu 3), auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wussten, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, dass der dortige Antrag der Beklagten zu 1) mutwillig erfolgte. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

211

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Beklagten zu 3) erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch den ehemaligen Beklagten zu 4) als verantwortlichen Autor und den Beklagten zu 4) als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

212

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte zu 1) davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Beklagten zu 3) erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass der Beklagte zu 3) zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

213

Das Arbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu 1, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Beklagten zu 3 davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

214

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

215

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

216

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Beklagten zu 3 davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

217

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Bericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zu 1 zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

218

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

219

Eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu 1) zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten zu 1) bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

220

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr nachweisen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte zu 1) oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des ehemaligen Beklagten zu 4) einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten zu 1) mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

221

iv. Die Frage, ob die Beklagte zu 1) vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte zu 1) darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte zu 1) angesichts des eindeutigen Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

222

v. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, zusätzlich zu den durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

223

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte zu 1) nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

224

(c) Die Beklagte zu 1) hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

225

(4) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

226

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

227

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte zu 1) gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht nicht fest, dass seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

228

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

229

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

230

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis würde sich damit als Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises darstellen. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

231

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte zu 1) gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

232

(5) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten zu 1) lässt sich eine das Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht begründen.

233

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

234

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

235

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

236

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte zu 1) betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte zu 1) selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass der ehemalige Beklagte zu 4) die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des ehemaligen Beklagten zu 4) ist der Beklagten zu 1) indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte zu 1) den ehemaligen Beklagten zu 4) diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt. Ungeachtet dessen wäre dies ohnehin allenfalls als Indiz für eine für ein Mobbing erforderliche Systematik anzusehen.

237

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

238

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

239

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

240

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

241

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte zu 1) die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (hierzu bereits oben).

242

f. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

243

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

244

Hier kann offenbleiben, ob die Beklagten zu 2), 3), 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

245

g. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung.

246

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

247

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit Mobbingfällen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

248

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

249

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

250

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

251

(a) Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist (siehe oben), müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Wenn er insofern zum einen vorträgt, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten zu 1) rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

252

(b) Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 2403 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Beklagten jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurden; insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und dem mit der Klage geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

B.

253

Ein Entschädigungsanspruch ist auch gegen die Beklagte zu 2) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

254

1. Wenn sich der Kläger darauf beruft, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den Einbezug des Klägers in den zwischen den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen Vertrag gegeben sind.

255

a. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage steht dem Schadensersatzanspruch die fehlende haftungsbegründende Kausalität gleichermaßen entgegen. Auch im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches ist der Anspruchsgläubiger in Bezug auf den Zurechnungszusammenhang vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet; die Umkehr der Beweislast gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur für das (fehlende) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (vergleiche Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 280 Rn. 34 m. w. N.).

256

b. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) kausal für die seinerseits behauptete Erkrankung als Verletzung der Gesundheit (§ 253 Abs. 2 2. Var. BGB) war. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden haftungsbegründenden Kausalität.

257

2. Aus dem gleichen Grund scheidet ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 823 BGB bzw. § 831 BGB aus.

C.

258

Auch ein – hier mangels vertraglicher Beziehung allein in Betracht kommender – deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 3) und 4) ist ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen jedenfalls mangels Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität nicht gegeben.

D.

259

Die Berufungskammer hat bei ihrer abschließenden Beratung auch den Schriftsatz des Klägers vom 31.05.2016 berücksichtigt und darüber beraten, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist, § 156 ZPO. Ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens § 156 Abs. 1 ZPO besteht für eine Wiedereröffnung keine Veranlassung. Neben Rechtsausführungen, die weitestgehend schon in früheren Schriftsätzen getätigt wurden, enthält der Schriftsatz auch keinen neuen Tatsachenvortrag.

III.

260

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen.

(3) Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden.

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

8
2. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich aus dem Widerspruch der Beklagten gegen die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren. Der Streit, ob diese Forderung nach § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen bleibt, ist danach früher oder später zu erwarten. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, den Streit über die Rechtsnatur der angemeldeten Forderung auf die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu verschieben, im Ergebnis also die Austragung des Streits einer Vollstreckungsabwehrklage der Beklagten nach § 767 (vgl. BGH, Urt. v. 18. Mai 2006 - IX ZR 187/04, WM 2006, 1347 Rn. 10; v. 18. Januar 2007 - IX ZR 176/05, WM 2007, 659 Rn. 11) oder einer negativen Feststellungsklage (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 124/08, WM 2009, 313 Rn. 12) zu überlassen, letzteres dann, wenn der Gläubiger noch keinen Vollstreckungstitel erwirkt hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in zwei in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob der Klägerin für die Vergangenheit und die Zukunft ein Schadensersatzanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung und zu dessen künftiger Bezifferung Auskunftsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin immateriellen Schadensersatz und stellt einen Feststellungsantrag betreffend Schadensersatz für den Zeitraum ab Dezember 2006.

2

Der Beklagte ist ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein. Er gliedert sich in zehn Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen. Eine Generaldirektion befindet sich in B, die andere in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorsteht, die - mit Ausnahme der Klägerin - bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/in bezeichnet wurden. Übergeordnet war die Personaldirektion mit dem Personaldirektor. Dieser wird seit dem 10. Dezember 2006 als Personalleiter, die Personaldirektion als Personalabteilung bezeichnet.

3

Die 1961 geborene Klägerin hat 1986 eine Ausbildung zur „staatlich geprüften Betriebswirtin“ erfolgreich beendet. Sie war bei früheren Arbeitgebern ua. in der Personalentwicklungsarbeit tätig. Seit Mitte 2007 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

4

Die Klägerin war am 1. Januar 1993 bei dem Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. Juli 1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in B mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Mai 2001 war die Klägerin in Teilzeit für die Beklagte tätig. Mit Wirkung ab 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung in der Personaldirektion B ernannt. Auf Basis einer „Zusatzvereinbarung“ zum Anstellungsvertrag wurde sie ab 1. Oktober 2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35,79 Stunden beschäftigt. Im Jahre 2007 erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 4.647,24 Euro. In Zwischenzeugnissen vom 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt habe.

5

Mitte der 1990-iger Jahre war Personalleiterin der Generaldirektion B Frau G und der Generaldirektion M Frau S. Beide sind Juristinnen. Hierarchisch stellte der Beklagte die Personalleiter den Abteilungsdirektoren gleich. Frau S ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und war 1990 vom Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G kommissarisch die Leitung der Personaldirektion und Frau S wurde zu ihrer Stellvertreterin berufen. Frau G schied Ende September 1999 bei dem Beklagten aus. Faktisch leitete die Klägerin im Jahre 1999 die Personalverwaltung der Generaldirektion B für fünf Monate bis Dr. Mü von dem Beklagten als Nachfolger für Frau G eingestellt wurde. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wurde ihm die Amtsbezeichnung „Personaldirektor“ verliehen. Wegen Mutterschutzes und Erziehungsurlaubs/Elternzeit war die Personalleiterin der Generaldirektion M S vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht berufstätig. Seither arbeitet sie in Teilzeit. Ihr obliegt im Wesentlichen die juristische Sachbearbeitung der Personaldirektion (ab Dezember 2006: Personalabteilung). Aufgaben der Personalleitung nimmt sie seither nicht mehr wahr. Wegen ihres absehbaren Ausfalles suchte der Beklagte mit Anzeige von Anfang August 1999 befristet für ca. zwei Jahre eine/n Personalleiter/in für M. In der Anzeige wurde ein Schwerpunkt „konzeptionelle Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt, wie das Erfordernis eines Hochschulabschlusses. Nachdem an einer befristeten Einstellung kein Bewerber Interesse gezeigt hatte, wurde zum 1. Januar 2000 Herr R als Personalleiter der Generaldirektion M unbefristet mit einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Der 1960 geborene und an einer Hochschule ausgebildete Diplom-Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation war bei dem Beklagten von Anfang an der Ebene der Abteilungsdirektoren, dh. mindestens einer Ebene über der Klägerin, zugeordnet. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Juli 2008 verdiente Herr R 28.214,66 Euro mehr als die Klägerin. Darin enthalten ist eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 Euro. Bei dieser Differenzberechnung ist die Teilzeittätigkeit der Klägerin entsprechend berücksichtigt.

6

Zum 1. Juli 2001 wurde der Personalleiter der Generaldirektion B und Personaldirektor Dr. Mü mit gleichbleibendem Aufgabenbereich nach M versetzt. Nachdem er zunehmend Justitiariatsaufgaben erfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 - nach ihrem Vorbringen ab 2002 - die Aufgaben der Personalverwaltung B. Entsprechend wurde sie in den Jahrbüchern des Beklagten als zuständig für die Personalverwaltung B bezeichnet und zwar ab 2002 als Personalreferentin und ab 2006 als Abteilungsleiterin.

7

Zu ihren Aufgaben im Bereich der Personalentwicklung gehörte ua. im Jahre 1994 die Erstellung eines Anforderungsprofils zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Stellen- und Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort B führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nach der Übertragung der Traineeausbildung in den Jahren 1999/2000 auf den Personalbereich entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Auch führte sie Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

8

Zu den Aufgaben, welche die Klägerin und Herr R jedenfalls bis zum 9. Dezember 2006 beide wahrgenommen hatten, gehörte die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte ua. die Personalbetreuung mit dem Führen von Bewerbungsgesprächen, Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen, die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter sowie Tätigkeiten der eigenen allgemeinen Personalentwicklungsarbeit. Beide waren im selben Umfange zeichnungsberechtigt.

9

Anfang 2006 teilte Dr. Mü der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger für die Personaldirektion komme aus seiner Sicht Herr R oder ein Externer in Betracht.

10

Im Dezember 2006 hatte die Personalstruktur beim Beklagten folgende Gestalt:

        

        

Männer

Frauen

Gesamt

        

Vorstand

3       

0       

3       

        

Direktoren

15    

0       

15    

        

Bezirksdirektoren

9       

0       

9       

        

Abteilungsdirektoren

8       

4       

12    

        

Stellv. Bezirksdirektoren

3       

1       

4       

        

Abteilungsleiter

12    

19    

31    

        

Fachreferenten

2       

3       

5       

        

Fachjuristen

6       

1       

7       

        

sonstige AT-Mitarbeiter

34    

24    

58    

        

gesamter AT-Bereich

92    

52    

144     

        

Gesamtbelegschaft

348     

780     

1128   

        

Gesamtbelegschaft in %

31 %   

69 %   

        
11

Zu dieser Zeit waren in den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte waren Frauen. Der Aufsichtsrat des Beklagten bestand aus 19 Männern und zwei Frauen.

12

Am 9. Dezember 2006 erfuhr die Klägerin von Dr. Mü, dass Herr R sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ua. um schriftliche Präzisierung der geplanten Maßnahme und um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie und ihre Befugnisse darstellen sollten. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 informierte der Beklagte darüber, dass Herr Personalleiter R „mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M die Personalleitung für die GD B und die Bezirksdirektionen“ übernehme.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 wies die Klägerin gegenüber dem Vorstandsmitglied Dr. H ua. darauf hin, dass ihr nicht klar sei, wie sich ihre Stellung in der Betriebshierarchie darstelle und mit welchen Verantwortlichkeiten sie ausgestattet bleibe und werde. Darüber hinaus sehe sie eine frauenspezifische Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung. Auch kämen auf der wirklichen Führungsebene Frauen nicht an, obwohl das Unternehmen weiblich dominiert sei.

14

Anlässlich eines Gespräches am 20. Dezember 2006 in B zwischen Herrn R, der Klägerin und den drei weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung erläuterte Herr R, dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der „Personalabteilung M“, die er leite, sowie aus der „Personalabteilung B“, welche die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich zu bestätigen, was Herr R zusagte.

15

Am Nachmittag dieses Tages äußerte Herr R in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin, sie solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt.

16

Das Mitglied des Vorstandes der Beklagten Dr. H teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2007 ua. Folgendes mit:

        

„Der Vorstand hat entschieden, die Personaldirektion in ‚Personalabteilung‘ umzubenennen. ‚Personalabteilung‘ ist ein feststehender Begriff und für die Funktion in zahlreichen Unternehmen gebräuchlich.

        

Die fachliche und disziplinarische Leitung der Personalabteilung übernimmt der Personalleiter, Herr R.

        

Weiterhin hat der Vorstand entschieden, den Begriff ‚Personalverwaltung‘ abzuschaffen. Im Ergebnis gibt es innerhalb der GE eine Personalabteilung, welche zukünftig als Einheit GE-weit als Dienstleister tätig ist. Sie selbst sind innerhalb der Personalabteilung weiterhin als Abteilungsleiterin tätig. In dieser Funktion unterstehen Sie fachlich und disziplinarisch dem Personalleiter.

        

Die Besetzung der Position des Personalleiters durch Herrn R wurde ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen. Gründe für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sind nicht gegeben. ...

        

Ich fordere Sie daher auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen Ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R, nachzukommen. Dies bedeutet insbesondere, die durch den Vorstand beschlossene neue Organisationsstruktur des Personalbereichs im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensplanung aktiv unternehmensintern und -extern mit umzusetzen.“

17

Diesem Schreiben heftete ein Klebezettel von Herrn R an, wonach er den Inhalt mit Dr. Mü abgesprochen habe und keine arbeitsrechtlichen Bedenken bestünden.

18

Mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 lies die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert worden sei. So erhalte sie insbesondere ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R und sei bei dessen Beförderung diskriminierend übergangen worden. Auch seien ihre Kompetenzen und Befugnisse beschränkt worden. Gleichzeitig machte sie Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens geltend, den sie auch bezifferte. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 ua., dass sich durch die Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändere. Sie sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auch auf der Leitungsebene in M und B erforderlich seien. Die im Schreiben des Vorstandes vom 3. Januar 2007 enthaltene Anmahnung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung. Es habe nur bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und den Weisungen ihres direkten Vorgesetzten, Herrn R, nachzukommen.

19

Am 11. April 2007 traf sich in M eine Projektgruppe „Gehaltsbänder“, deren Lenkungsgremium die Klägerin angehörte. Die Einladungen der Teilnehmer waren mittels zweier E-Mails durch Frau Ha erfolgt. In den Adresszeilen waren ua. die Namen der Klägerin und des Herrn R aufgeführt. Auf die Äußerung der Klägerin: „Guten Morgen, Herr R“ erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen Sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Bei einem Treffen am nächsten Tag in B erläuterte Herr R seine Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie eine weitere Teilnehmerin aus dem B Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R, dass dies etwas ganz anderes sei.

20

Nach Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 (Klageeingang am selben Tage) fand am 22. August 2007 in M ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. In dessen Verlauf äußerte Dr. Mü, die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne, weil solche Prozesse für Arbeitnehmer generell sehr belastend seien. Auch solle sie prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. Mü auch, seine Ausführungen erfolgten „off records“.

21

Mit Aushang vom 7. Januar 2008 machte der Beklagte bekannt, dass Herr R „Personalleiter der GD B, GD M und der Bezirksdirektionen“ mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal ernannt“ wurde.

22

Bis zur Schließung der Bezirksdirektion Ha am 30. September 1997 war Frau W dort als Bezirksdirektorin beschäftigt. Sodann wurde ihr die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N angeboten, welche sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion an Herrn Ba, Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M, ohne Ausschreibung neu vergeben.

23

Mit Anzeige vom 9. April 2005 suchte der Beklagte für den Standort D eine/n Bezirksdirektor/in. Bewerber/Bewerberinnen sollten über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Die Bewerbung der Frau Gr, der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, fand keine Berücksichtigung, obwohl sie über das gewünschte Studium verfügte. Nachdem zum Bewerbungsgespräch nur männliche Bewerber eingeladen worden waren, wurde ein Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügt, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt ist.

24

Anlässlich einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 zwischen den Standorten B und M sprach Herr R auf einen Beitrag der Klägerin diese als „Frau C“ an. Nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass sie sich gemeldet hatte, antwortete dieser: „Na dann wird uns Frau K in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten“.

25

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts bei der Besetzung der Leitungsstelle der bundesweit tätigen Personaldirektion (später: Personalabteilung) des Beklagten im Dezember 2006 übergangen worden sei und dass sie vom Beklagten nach Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wiederum diskriminiert, insbesondere eingeschüchtert worden sei und ihr seitens des Beklagten Kompetenzen entzogen würden. Sie meint, Indiz für ihre Diskriminierung sei ua., dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht käme, Herr Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet habe: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr. Der will halt keine Frauen“. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus dem zahlenmäßigen Vergleich der Zusammensetzung von Gesamtbelegschaft nach Geschlechtszugehörigkeit einerseits und der der Direktorenstellen andererseits. Unter Verwendung der konkreten Beschäftigungszahlen beim Beklagten und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze für Wahrscheinlichkeitsrechnungen liege die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung einer Frau bei der Beförderung auf eine der Direktorenstellen zwischen 98,7 und 100 %. Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung bei dem Beklagten ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten des Diplom-Mathematikers Sch vom 10. Mai 2008 und vom 26. Juli 2008. Weiteres Indiz sei die Nichtberücksichtigung von Frau S bei der Beförderung.

26

Auch sei sie durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 betriebsöffentlich erniedrigt worden. Für ihre Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit und damit mittelbar ihr Geschlecht verantwortlich gewesen. Für ihre Diskriminierung sprächen ferner Vorgänge, an denen sie als Leiterin der Personalverwaltung B - im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten - nicht beteiligt worden sei. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Auch habe Herr R bei dem Gespräch am Nachmittag des 20. Dezember 2006 keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr gerade wegen ihrer Berufung auf das AGG als nicht mehr möglich ansehe. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 habe der Beklagte den falschen Eindruck erweckt, sie habe in der Vergangenheit ihre Pflichten nicht erfüllt.

27

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 1. und 2., den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft über die Vergütung des Herrn R (Gehalt bis 9. Dezember 2006) gleich dem Herrn R zu zahlen,

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 60.000,00 Euro,

        

5.    

soweit nicht durch die Anträge zu 2., 3. und 4. bereits ausgeglichen, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG) durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr jeweils bis Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, Auskunft zu erteilen.

28

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Er behauptet, Herr R sei Anfang 2000 beim Beklagten eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Er habe sich schon bei seinen früheren Arbeitgebern im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Dies ergebe sich auch aus seinen Zeugnissen. Herr R habe ab dem Jahre 2000 für den Beklagten schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht und ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, welches dem Vorstand mit Schreiben vom 1. September 2000 zugeleitet worden sei, der die Umsetzung befürwortet habe. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen her seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 schon objektiv nicht geeignet gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter Berufserfahrung in der strategischen, konzeptionellen Personalarbeit und ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium aufweisen müsse.

30

Ziel des Aushanges vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Dr. Mü ausgeführten Arbeiten durch Herrn R mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung B sei hierdurch nicht berührt worden, insbesondere seien ihr keine Kompetenzen entzogen worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend.

31

Soweit mit dem Schreiben der damaligen Beklagtenvertreterin vom 8. Februar 2007 weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei dieses Schreiben dem Beklagten im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

32

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 am Treffen der Projektgruppe „Gehaltsbänder“ sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei auch darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen. Die Nachfrage von Herrn R beruhe darauf, dass er über die Einladung der Klägerin nicht informiert gewesen sei.

33

Bei der Nichtberücksichtigung von Frau Gr bei Bewerbungsverfahren für den Standort D im Jahre 2005 habe der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Insbesondere habe Frau Gr über keine Erfahrung im externen Bereich verfügt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zum Verhältnis weibliche/männliche Mitarbeiter beim Beklagten allein sei nicht geeignet, den Nachweis einer Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten.

34

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 30. Juli 2008 die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zur Vergütung des Herrn R für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 9. Dezember 2006 gerichtet hatte. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der Gehaltsdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots hat das Landesarbeitsgericht verneint, weil die Klägerin keine der Tätigkeit des Mitarbeiters R gleichwertige Arbeit geleistet habe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten durch Schlussurteil zur Zahlung der Differenz zwischen der Vergütung der Klägerin und der des Herrn R vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 in Höhe von insgesamt 28.214,66 Euro brutto und zeitlich unbegrenzt für die Zukunft zur Zahlung von monatlich 1.467,86 Euro brutto verurteilt. Darüber hinaus hat es den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro und zur künftigen Auskunftserteilung über die Höhe des Herrn R jeweils für das vergangene Jahr gezahlten variablen Entgelts verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der teilweise vom Landesarbeitsgericht und teilweise vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision und Hilfsanschlussrevision im Wesentlichen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

35

Die Revisionen und die Anschlussrevision sind begründet.

36

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 verpflichtet, weil er sie bei der Besetzung einer Beförderungsstelle im Dezember 2006 wegen ihres Geschlechts benachteiligt habe. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Statistik über das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Belegschaft des Beklagten einerseits und dem Frauenanteil in oberen Führungspositionen andererseits Indizien dargelegt, welche ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Als ausreichendes Indiz iSd. § 22 AGG für die Geschlechterdiskriminierung bei der Beförderung genüge, dass beim Beklagten alle 27 Führungspositionen mit Männern besetzt seien, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellten. Dies könne nicht darauf beruhen, dass Familie und Beruf schwer vereinbar seien, weil dies sich nur darauf auswirke, ob eine Frau sich überhaupt für die Berufstätigkeit entscheide, nicht jedoch darauf, welche Hierarchiestufe sie erreiche. Aus signifikanten Zuständen der Vergangenheit, dass nämlich auch Frau G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und dass es seit 1976 keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau beim Beklagten gebe, könne auf die Gegenwart geschlossen werden. Demgegenüber sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Insbesondere sei sein Vortrag, es sei bei den wesentlichen Entscheidungsträgern klar gewesen, dass Voraussetzung für die streitgegenständliche Beförderung ein einschlägiges juristisches oder ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalentwicklungsarbeit sei, unsubstantiiert. Da der Beklagte seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert habe, könne er sich auch nicht mehr auf diese berufen. Dies gelte auch, soweit er damit die mangelnde objektive Eignung der Klägerin begründen wolle. Von der mangelnden Eignung der Klägerin könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil diese wie Herr R bereits zuvor die Personalverwaltung einer Generaldirektion geleitet habe. Bei diskriminierungsfreier Auswahl wäre die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen. Die Höhe des materiellen Schadensersatzes entspreche der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Vergütung und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe und für ein Mitverschulden der Klägerin lägen nicht vor.

37

Die Klage auf Zahlung der künftigen Gehaltsdifferenzen iHv. monatlich 1.467,86 Euro brutto sei zulässig und begründet, weil die Besorgnis bestehe, dass der Beklagte die Zahlung nicht freiwillig erbringen werde. Dieser Anspruch sei zeitlich unbegrenzt, weil die Rechtsgedanken der § 628 BGB, §§ 9, 10 KSchG hier nicht einschlägig seien. Aus denselben Erwägungen sei auch die Klage auf Auskunft über die Höhe des an Herrn R gezahlten variablen Entgelts begründet.

38

Ferner sei der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 20.000,00 Euro wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Art. 1, 2 GG iVm. § 823 BGB, zu zahlen. Sie sei bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, weshalb eine Entschädigung iHv. 4.000,00 Euro gerechtfertigt und angemessen sei. Schließlich werde die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzuges durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 und eine Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehre, herabgewürdigt und bewusst unter Druck gesetzt. Dies zeige die Bemerkung des Herrn R vom 20. Dezember 2006, dass die Klägerin über ihre berufliche Zukunft nachdenken solle, und das Schreiben vom 3. Januar 2007, in dem sie aufgefordert wurde, zukünftig ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und der daran befindliche Klebezettel. Dafür spreche auch das Schreiben vom 8. Februar 2007, in dem Überlegungen zu Änderungen auf der Leitungsebene angekündigt wurden, das Verhalten des Herrn R am 11. April 2007 und bei der Videokonferenz im April 2008 sowie der Einschüchterungsversuch des Herrn Dr. Mü beim außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007. Die entsprechenden Verhaltensweisen seien auch dem Beklagten zuzurechnen. Für die zeitlich der unterbliebenen Beförderung nachfolgenden Handlungen sei eine Entschädigung von 16.000,00 Euro gerechtfertigt. Der darüber hinausgehende, von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch stehe ihr nicht zu.

39

Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin bis Juli 2008 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden sei in großen Teilen unzulässig, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren materiellen und immateriellen Ansprüche über die bereits geltend gemachten hinaus in Betracht kommen könnten.

40

B. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

41

I. Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen ist zwar zulässig, aber nicht zur Endentscheidung reif.

42

1. Die Klage ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus den in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 eingereichten Vergütungstabellen, in deren Kontext der Antrag erstmals beziffert worden ist, ergibt sich, dass er sich auf entgangenen Mehrverdienst für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Juli 2008 bezieht und die dem Mitarbeiter R im Jahre 2007 gezahlte variable Vergütung in Höhe von 8.291,00 Euro enthält. Auch der Übergang von der Stufenklage zur bezifferten Zahlungsklage in der zweiten Instanz war zulässig. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es sich hierbei nicht um eine Klageänderung gehandelt hat (vgl. BGH 21. Februar 1991 - III ZR 169/88 - NJW 1991, 1893).

43

2. Den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen hat das Landesarbeitsgericht mit einer Begründung bejaht, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

44

a) Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist. Gem. § 33 AGG ist auf mögliche Benachteiligungen eines Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, welche seit dem 18. August 2006 stattgefunden haben, das AGG anzuwenden. Die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der streitbefangenen Personalentscheidung erfolgte nicht vor dem 9. Dezember 2006 und damit nach dem 17. August 2006.

45

b) Die Klägerin ist Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob sie für die Position der Leiterin der übergeordneten Personalabteilung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG(Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

46

c) Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und die dreimonatige des § 61b Abs. 1 ArbGG für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs sind durch das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 2007, dem Beklagten spätestens am 8. Februar 2007 zugegangen, und die am 4. Mai 2007 eingegangene Klage gewahrt. Dabei kann offenbleiben, ob § 61b Abs. 1 ArbGG Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG überhaupt erfasst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Klägerin am 9. Dezember 2006 telefonisch mitgeteilt, dass der Mitarbeiter R definitiv Nachfolger des Personaldirektors Dr. Mü werde. Damit begann die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 ArbGG erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG.

47

d) Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen hat(vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1 zum Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG).

48

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Übertragung der Aufgaben des Dr. Mü auf einen Nachfolger eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) darstellt, folgt der Senat nicht.

49

aa) Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb nicht Nachfolgerin des Dr. Mü geworden, weil sie eine Frau sei.

50

Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine verdeckte Diskriminierung ist nicht stets eine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Benachteiligung können offen oder verdeckt erfolgen, je nachdem, ob direkt an ein verbotenes (unmittelbare Diskriminierung) bzw. nur dem Anschein nach neutrales Merkmal (mittelbare Diskriminierung) offen oder verdeckt angeknüpft wird (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 14; Richardi NZA 2006, 881). Die Frage, ob es sich bei verdeckter Diskriminierung in Form von tatsächlich unmittelbar an das Geschlecht anknüpfenden Beförderungsentscheidungen um eine mittelbare oder eine unmittelbare Diskriminierung handelt, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

51

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nämlich letztlich nicht darauf an, ob eine verdeckte Benachteiligung eine mittelbare oder eine unmittelbare Benachteiligung darstellt, weil die Beweislastregel des § 22 AGG allgemein für Benachteiligungen iSd. AGG und damit entsprechend der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (im Folgenden: RL 2006/54/EG) sowohl für eine unmittelbare als auch für eine mittelbare Diskriminierung gilt.

52

bb) Zutreffend kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ungünstiger behandelt worden ist als der Mitarbeiter R, dem als Nachfolger von Dr. Mü die Leitung der Personalabteilung übertragen worden ist. In dieser Maßnahme des Beklagten lag eine Beförderung, die nach dem anzulegenden objektiven Maßstab vorteilhaft war. Die Übertragung höherwertiger oder verantwortungsvollerer Tätigkeiten stellt grundsätzlich eine günstige Behandlung in Form des beruflichen Aufstiegs dar. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfalle - einem Arbeitnehmer Funktionen eines Mitarbeiters übertragen werden, der auf einer höheren Hierarchiestufe angesiedelt war. Dr. Mü war als Personaldirektor auf der Ebene der Direktoren angesiedelt. Dementsprechend wurde auch der Mitarbeiter R nach Übertragung der von jenem ausgeübten Tätigkeiten zum 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal“ ernannt.

53

Für die Annahme einer Benachteiligung der Klägerin ist es unmaßgeblich, dass sie sich für die Position des Personalleiters nicht beworben hatte. Eine Benachteiligung iSd. § 3 AGG kann auch vorliegen, wenn eine Bewerbung deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber - wie im Streitfalle - seine Auswahl ohne eine Ausschreibung der Stelle oder eine Aufforderung zu Bewerbungen getroffen hat.

54

cc) Ebenfalls zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt worden als der Mitarbeiter R.

55

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die Position der Leiterin der Personalabteilung geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (Bestätigung und Fortführung von: Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt.

56

Das Landesarbeitsgericht hat die objektive Eignung der Klägerin mit einer Hauptbegründung und einer Hilfsbegründung bejaht. Zumindest letztere hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

57

So geht das Landesarbeitsgericht in dieser davon aus, dass von der objektiven Eignung der Klägerin für die Leitung der Personalabteilung vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ob dieses Merkmal, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nur dann zu verneinen ist, wenn die Eignung offensichtlich fehlt, braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 22 AGG in diesem Zusammenhang. Der Beklagte wäre bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des § 138 ZPO gehalten gewesen darzulegen, inwiefern die Klägerin objektiv für die Position der übergeordneten Personalleitung nicht geeignet war. Sie war unstreitig seit 1995 stellvertretende Leiterin der Personalverwaltung der Generaldirektion B mit 340 Mitarbeitern, leitete diese Ende der 1990er-Jahre bereits für fünf Monate faktisch, übernahm jedenfalls ab 2003 die Aufgaben der Leitung offiziell und wurde zum 1. Januar 2006 zur Abteilungsleiterin der Generaldirektion B ernannt. Sie war dabei im gleichen Umfange wie ihr Kollege R zeichnungsberechtigt und nahm klassische Aufgaben der Personalleitung, wie etwa die Durchführung von Bewerbungsgesprächen, das Verfassen von Abmahnungen oder die Fertigung von Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen wahr. Sowohl bei früheren Arbeitgebern als auch bei dem Beklagten führte sie Tätigkeiten durch, welche dem Bereich der Personalentwicklung zuzuordnen waren. Bei dieser Sachlage hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen darzutun, inwieweit sich die bisher von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten von denen unterscheiden, die ihr Kollege R bislang erledigt hatte, und welche weiteren fachlichen und/oder persönlichen Anforderungen der Mitarbeiter R im Gegensatz zur Klägerin erfüllte. Der Beklagte hat sich aber nur abstrakt darauf berufen, Voraussetzungen für die Leitung der Personalabteilung seien ein einschlägiges Universitätsstudium und Vorkenntnisse im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit gewesen. Hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten führt er nur aus, der Personalleiter agiere als Bindeglied zum Vorstand und berate diesen rechtlich. Weiter obliege ihm die mittelfristige Unternehmensplanung im Hinblick auf die Personalstrategie sowie die alleinige konzeptionelle Verantwortung. Dies ist im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und die Kenntnisse des Stelleninhabers nicht aussagekräftig. Auch erläutert der Beklagte nicht eindeutig, was er unter „moderner“ oder „strategisch konzeptioneller“ Personalarbeit versteht, die nach seinem Vortrag vor der Einstellung des Dr. Mü im Jahre 1999 bei ihm nicht stattgefunden hat.

58

dd) Die Eignung der Klägerin ist auch nicht infolge des Teilurteils des Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 zu verneinen. Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 5 AZN 1023/08 -) ist das Teilurteil formell rechtskräftig geworden, weil die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde kein Rechtsmittel darstellt und den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht hemmt (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166). Der ausschlaggebende, die Klageabweisung tragende Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, welche zu einer Abweichung von einer rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Die Feststellung im Teilurteil, die Positionen, auf welche die Klägerin einerseits und der Mitarbeiter R andererseits ursprünglich eingestellt worden seien, seien nicht auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt gewesen, sagt jedoch über die objektive Eignung der Klägerin für die im Dezember 2006 besetzte Beförderungsstelle nichts aus. Gleiches gilt für die unterschiedliche Qualität der jeweils absolvierten Ausbildungen, von der das Teilurteil ausgeht, und wegen der es ua. auch die Gleichwertigkeit der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin und des Mitarbeiters R verneint hat. Es ist nämlich unklar, welche zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Beförderungsstelle erfordert.

59

ee) Die Verfahrensrüge des Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Eignung der Klägerin greift nicht durch. Auch soweit er die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO für verletzt hält, weil das Landesarbeitsgericht seinen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und keinen Beweis erhoben habe, ohne vorher von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Von einer Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat insoweit gem. § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ab.

60

ff) Erfolg hat jedoch die Rüge des Beklagten gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihres Geschlechts erfolgt.

61

Eine unzulässige Benachteiligung nach § 7 AGG kann bereits dann vorliegen, wenn einer der in § 1 AGG genannten Gründe, zu denen auch das Geschlecht zählt, Bestandteil eines Motivbündels war, das die streitbefangene Entscheidung beeinflusst hat(st. Rspr., vgl. Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

62

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann eine solche Mitursächlichkeit nicht angenommen werden.

63

Der Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO durch die Annahme verletzt, bereits das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in seiner Belegschaft einerseits und die ausschließlich männliche Besetzung von 27 Positionen auf der Ebene des Vorstandes, der Direktoren und der Bezirksdirektoren andererseits sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Geschlecht der Klägerin(auch) Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei.

64

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die ihre Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG vermuten lassen(§ 22 AGG), ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei beachtet worden sind (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

65

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

66

Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6). Die Würdigung, ob der Anspruchssteller der durch § 22 AGG modifizierten Darlegungslast genügt hat, unterliegt damit ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hinsichtlich der Erbringung des „Vollbeweises“ durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei der Fall ist(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

67

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

68

Zunächst ist dessen Annahme, dass sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. So weist bereits die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG ausdrücklich darauf hin, dass „auch die Ergebnisse von Statistiken … im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine Benachteiligung „darstellen können“(BT-Drucks. 16/1780 S. 47). Eine Begrenzung auf Fälle mittelbarer Diskriminierung ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und auch nicht geboten. Ausreichend sind nämlich für die Vermutungswirkung des § 22 AGG solche Indizien, die aus einem regelhaft einem Merkmalsträger gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen(mit) motivierte Entscheidung schließen lassen (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Eine Vermutung für ein derartig regelhaftes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind. Gegen die Berücksichtigung von Statistiken im Rahmen des § 22 AGG spricht nicht, dass damit möglicherweise von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird. Ein regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübtes Verhalten kann nämlich gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass aussagekräftige Statistiken im Rahmen des § 22 AGG eine Rolle spielen können(Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 30; Rühl/Schmid/Viethen AGG S. 169; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 29; Boemke/Dankow AGG im Arbeitsrecht § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006, 898; Windel RdA 2007, 1; Bauer/Evers NZA 2006, 893; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 11; Dahm BB 2010, 1792).

69

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2005 (- 3 AZR 506/04 - BAGE 116, 152 = AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 13 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 19). Dort wird die Heranziehung von Statistiken nicht generell abgelehnt, sondern vorgelegtes Datenmaterial für die Vermutung der behaupteten Diskriminierung als nicht hinreichend aussagekräftig bewertet.

70

Die Klägerin macht als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine „gläserne Decke“ zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig ist (Abteilungsleiterebene), und derjenigen, auf die sie bei benachteiligungsfreier Auswahl nach ihrer Meinung hätte aufsteigen müssen (Direktorenebene), geltend. Damit behauptet sie, dass Frauen regelhaft nicht in bestimmte Hierarchieebenen des Beklagten aufsteigen können. Darüber, ob eine solche Vermutung begründet ist, kann nur die statistische Betrachtung der Beförderungspolitik des Arbeitgebers Aufschluss geben, soweit sie die fraglichen Hierarchieebenen betrifft.

71

Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze berücksichtigt. Es hat aus der Besetzung der Positionen auf der Ebene oberhalb der Abteilungsdirektoren mit Männern und Frauen im Verhältnis zum Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft darauf geschlossen, dass der unstreitig weit unterdurchschnittliche Frauenanteil in den oberen Führungsebenen des Beklagten auf einer „gläsernen Decke“ beruhe. Daraus hat das Berufungsgericht auf eine regelhafte Benachteiligung von Frauen wegen des Geschlechts in der Vergangenheit geschlossen. Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt allerdings einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu. Der Schluss auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen macht zwar nicht erforderlich, dass vom Bewerber im Rahmen der Darlegung von Indizien (§ 22 Halbs. 1 AGG) oder vom Arbeitgeber im Rahmen der Vermutungswiderlegung (§ 22 Halbs. 2 AGG) alle konkreten Bewerbersituationen bei den bisherigen Beförderungsentscheidungen dargelegt werden. Eine Benachteiligung kann nämlich auch gerade in der Gestaltung des dem Bewerbungsverfahren zeitlich vorgelagerten Verfahrens liegen (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Um beurteilen zu können, ob signifikant weniger Frauen als Männer die Hierarchiestufe oberhalb einer angenommenen „gläsernen Decke“ erreichen, bedarf es allerdings der Feststellung, wie viele Frauen überhaupt unterhalb dieser angekommen sind. Darüber gibt der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft keinen Aufschluss.

72

Es ist nicht frei von Denkfehlern, wenn das Landesarbeitsgericht ergänzend zu dem Gesamtanteil an der Belegschaft darauf abstellt, bei dem Beklagten wäre mit einem Frauenanteil von 44 % auf den Ebenen vom Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen AT-Beschäftigen „ein genügend großes Reservoire zur Beförderung auch von Frauen“ vorhanden gewesen. Hierfür müsste nämlich feststehen, welche Positionen auf den Ebenen „Abteilungsdirektor aufwärts“ im Einzelnen existieren und von welchen Positionen darunter liegender Ebenen tatsächlich eine Beförderung dorthin denkbar war und ist. So wird beispielsweise die Personalleiterin einer Generaldirektion üblicherweise nicht auf die Position einer Marketingdirektorin befördert. Auch ansonsten besteht nicht für jeden Inhaber einer Position einer niedereren Ebene objektiv betrachtet eine Beförderungsmöglichkeit auf eine höhere Ebene.

73

Selbst unter der Prämisse, es existiere aufgrund des Frauenanteils beim Beklagten tatsächlich ein Reservoire für Beförderungen von Frauen auf die Führungsebenen oberhalb der behaupteten „gläsernen Decke“, berücksichtigt das Landesarbeitsgericht in seiner Annahme, es bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine „gläserne Decke“, nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände. Als mögliche Gründe für die mangelnde Repräsentation von Frauen oberhalb einer bestimmten Ebene geht das Landesarbeitsgericht nämlich im Ergebnis nur von echtem Zufall oder einer diskriminierenden Haltung des Beklagten aus. So wertet es den Einwand des Beklagten, zahlreiche Direktoren hätten Betriebszugehörigkeiten von mehr als 30 Jahren, lediglich als Eingeständnis, in der Vergangenheit sei möglicherweise „eine Politik der Benachteiligung von Frauen“ vorhanden gewesen. Allein die Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber in Führungspositionen zahlreiche Männer mit sehr langen Betriebszugehörigkeiten arbeiten, begründet ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Vermutung für eine frühere diskriminierende Haltung des Arbeitgebers gegenüber Frauen.

74

Soweit das Landesarbeitsgericht die gesellschaftlichen Verhältnisse bei seiner Würdigung der Geschlechterverteilung nicht berücksichtigen will, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht dabei, dass ein Arbeitgeber gar nicht in der Lage, geschweige denn verpflichtet ist, gesellschaftliche Gegebenheiten, die der Erwerbstätigkeit und/oder dem beruflichen Aufstieg von Frauen entgegenstehen, durch seine Personalpolitik auszugleichen. Insoweit widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Berufungsgericht annimmt, die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne sich nicht auf den Anteil von Männern und Frauen in höheren Hierarchieebenen auswirken, weil damit allenfalls erklärt werde, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein beruflicher Aufstieg häufig eine nicht unerhebliche Flexibilität voraussetzt (zB Bereitschaft zur Leistung von Überstunden, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und Tagungen, Durchführung von Dienstreisen und Versetzungsbereitschaft an andere Standorte), welche sich mit der häufig von Frauen ausschließlich oder überwiegend wahrgenommenen Kindererziehung nicht oder nur schlecht vereinbaren lässt, und die auf niedrigeren Hierarchiestufen nicht in gleichem Maße gefordert wird. Auch wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsfreistellungen infolge von Schwangerschaft, Mutterschutz und (bislang überwiegend von Frauen in Anspruch genommener) Elternzeit negativ auf die Chancen zum beruflichen Aufstieg aus, obwohl der Arbeitsplatz als solcher während dieser Zeiten der Arbeitnehmerin grundsätzlich garantiert ist. Dabei müssen solche Aufstiegsvoraussetzungen bzw. „-hindernisse“ durchaus nicht ihrerseits immer verbotene Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen darstellen. Häufig könne diese iSd. § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt oder in Einzelfällen sogar nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sein.

75

Dass nicht die genannten Faktoren, sondern eine regelhaft diskriminierende Beförderungspolitik des Beklagten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Grund für die fehlende Repräsentation von Frauen auf den Führungsebenen der Beklagten ist, ist auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Vergleichszahlen anderer Unternehmen zu folgern. Der Vergleich des Anteils von Frauen auf Führungspositionen bei anderen Unternehmen stellt kein Indiz für das Vorliegen einer „gläsernen Decke“ beim Beklagten dar. Es fehlt insoweit an vergleichbarem und damit aussagekräftigem Tatsachenmaterial. Insbesondere soweit das Berufungsgericht zum Vergleich den hohen Anteil von weiblichen Führungskräften bei privaten Banken, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der privaten Dienstleistungsbranche und bei obersten Bundesbehörden anführt, ist festzustellen, dass der Beklagte als Verwertungsgesellschaft urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Musikwerken grundsätzlich andere Aufgaben wahrnimmt als die vom Landesarbeitsgericht zum Vergleich herangezogenen Unternehmen und es somit an einer Vergleichbarkeit der Branchen fehlt. In der Regel muss nämlich nach Vergleichszahlen in der jeweils vergleichbaren Branche und Berufsgruppe gefragt werden (Bayreuther NJW 2009, 806). Selbst bei Heranziehung von Vergleichszahlen aus derselben Branche zeigen diese nur, welcher Frauenanteil dort üblich ist. Für die Vermutung, dass im hier zu entscheidenden Einzelfalle eine Frauendiskriminierung vorliegt, reicht dies aber nicht aus. Es fehlt sowohl an der Üblichkeit als auch an irgendwelchen rechtlichen Vorgaben dafür, dass auf allen Hierarchieebenen eines Unternehmens eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter vorliegen muss. Dazu sind die Tätigkeiten in Führungspositionen und solche in unteren Ebenen (zB Produktion, Verwaltung) zu unterschiedlich. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich des Anforderungsprofils, das an die Stelleninhaber zu stellen ist.

76

Da das AGG bei der Überprüfung von Beförderungsentscheidungen auf den Einzelfall abstellt, genügt es im Regelfall auch nicht für ein „Indiz“ iSd. § 22 AGG, wenn lediglich „auffällige Ungleichgewichte“ beim Frauenanteil in verschiedenen Hierarchieebenen eines Unternehmens vom Anspruchssteller anhand von Statistiken bewiesen sind(vgl. auch Wendeling-Schröder FS Pfarr S. 158). Für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen bedarf es über die bloße Statistik hinaus weiterer Anhaltspunkte.

77

Zudem ist unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahlenangaben des Landesarbeitsgerichts beziehen und inwieweit der vom Landesarbeitsgericht verwendete Begriff der „Führungsposition“ mit den streitbefangenen „Führungspositionen“ beim Beklagten vergleichbar ist. Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht ganz allgemein auf den Frauenanteil in „Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten“ oder auf „Großunternehmen (mindestens 20 Mio. € Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte)“ abstellt.

78

Die Frage, ob eine „gläserne Decke“ die Vermutung für eine Benachteiligung der Klägerin iSd. § 22 AGG begründen kann, oder unter welchen Voraussetzungen auf das Vorliegen einer solchen zu schließen ist, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Fragen sind zwar entscheidungserheblich, betreffen aber nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht. Vielmehr stellt die Beweiswürdigung iSd. § 22 AGG durch das nationale Gericht ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts dar, die durch das Gemeinschaftsrecht gerade keine Regelung erfahren hat und damit dem nationalen Gericht vorbehalten bleibt. Art. 19 Abs. 1 der RL 2006/54/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Der Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgabe dient § 22 AGG. Wann das nationale Gericht eine glaubhaft gemachte Tatsache als ausreichendes Indiz für die behauptete Diskriminierung anzusehen hat, ist nicht Regelungsgegenstand der RL 2006/54/EG. Dies macht Nr. 30 der Erwägungen zur Richtlinie deutlich. Dort heißt es: „Es ist jedoch klarzustellen, dass die Bewertung der Tatsachen, die das Vorliegen einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, weiterhin der einschlägigen einzelstaatlichen Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten obliegt“.

79

Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt hilfsweise an, die fehlende weibliche Besetzung von Führungspositionen zusammen mit der Tatsache, dass der früheren Mitarbeiterin G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und es seit 1976 keine weitere Direktorin mehr bei dem Beklagten gegeben habe, lasse es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass das Geschlecht der Klägerin Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei. Bei dieser Würdigung lässt das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände außer Betracht. Wie dargelegt kommt allein dem Anteil der Frauen in der Ebene oberhalb der Abteilungsleiter nicht die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutungswirkung zu. Die Tatsache, dass seit 30 Jahren bei dem Beklagten keine Frau Direktorin war, hat ohne Zahlenmaterial darüber, ob und ggf. in welchem Umfange es externe oder interne Bewerbungen von Frauen oder im Betrieb für die Beförderungsstelle geeignete Mitarbeiterinnen gegeben hat, keine Aussagekraft. Es kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden, dass in den vergangenen 30 Jahren so viele geeignete Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben, dass die mangelnde Besetzung von Direktorenstellen mit Frauen auf Diskriminierungen beruht hat. Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht gesellschaftliche Faktoren nicht in seine Würdigung mit einbezogen.

80

Die nur kommissarische Übertragung der Funktion der Personaldirektorin auf die frühere Mitarbeiterin G in den 1990er-Jahren entfaltet keine Vermutungswirkung für eine „gläsernen Decke“. Als Indiz iSd. § 22 AGG für ein generell frauenfeindliches Umfeld ist diese, über zehn Jahre zurückliegende nur kommissarische Übertragung der Direktorenposition auf die Mitarbeiterin G nicht geeignet.

81

3. Die Verletzung des § 22 AGG iVm. § 286 Abs. 1 ZPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils(§ 563 ZPO), weil dieses sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

82

a) Das Urteil erweist sich nicht deshalb als zutreffend, weil etwa Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Beförderung des Mitarbeiters R unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und der dadurch möglicherweise bedingten geringeren Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit benachteiligt worden ist. Insbesondere kann die Übertragung der Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit auf den Mitarbeiter R statt auf die Klägerin im Januar 2000 nicht darauf beruht haben, dass die Klägerin teilzeitbeschäftigt war. Ihre Arbeitszeitverringerung erfolgte nämlich nach der bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts erst ab Mai 2001. Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen, beruht dieser Sachvortrag ersichtlich auf einem Versehen.

83

b) Der Senat ist nicht in der Lage, im Hinblick auf die weiteren vom Berufungsurteil festgestellten und als Indizien für eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht kommenden Umstände in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil er seine Würdigung der Indizien nach § 286 ZPO nicht an die Stelle der Würdigung durch das Tatsachengericht setzen darf. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine abschließende Aufklärung und Gesamtbetrachtung aller von der Klägerin vorgetragenen Hilfstatsachen vorgenommen. Werden aber von dem Arbeitnehmer, der eine Benachteiligung geltend macht, Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen zur Begründung der Vermutungswirkung geeignet sind(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, ob die Gesamtbetrachtung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass bei dem Beklagten ein Umfeld gegeben ist, das dem beruflichen Aufstieg von Frauen generell ablehnend gegenüber steht, ua. folgende Umstände mit einzubeziehen haben: die Vergabe der Funktion der Leitung der Bezirksdirektion N an den Mitarbeiter Ba statt an die vormalige Bezirksdirektorin der geschlossenen Bezirksdirektion Ha, W, im Jahre 1997, die unterbliebene Berücksichtigung der stellvertretenden Bezirksdirektorin des Standortes D, Gr, auf die Position der Bezirksdirektorin des Standortes zugunsten eines männlichen Bewerbers, der nicht über das geforderte Hochschulstudium verfügte im Jahre 2005, und die Tatsache, dass nur Männer als Beobachter für das 2007 durchgeführte Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten. Des Weiteren könnte es eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG entfalten, wenn es zuträfe, dass Dr. Mü der Klägerin im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Beförderung der Mitarbeiterin Gr bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied mitgeteilt hatte, dass dieser keine Frauen wolle, und wenn Männer bei dem Beklagten stets spätestens nach zwei Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen erhielten. Hinsichtlich der zeitlich nach Klageerhebung liegenden Vorfälle wird das Berufungsgericht insbesondere auch berücksichtigen müssen, inwieweit diese Indizien für die Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sind oder lediglich - wenn auch möglicherweise das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende - Reaktionen auf einen bestehenden Konflikt darstellen und als solche mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang stehen.

84

II. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zu einer monatlichen Zahlung von 1.467,86 Euro brutto wendet.

85

Ein entsprechender Anspruch der Klägerin gem. §§ 1, 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 AGG kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Dessen Schlussfolgerung, die Klägerin sei wegen ihres Geschlechts nicht befördert und damit unzulässig benachteiligt worden, hält - wie oben dargelegt - einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

86

C. Begründet sind die Revisionen der Klägerin und des Beklagten soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro richten.

87

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

88

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die von ihr begehrte Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein solcher Klageantrag ist hier zulässig, weil die Bestimmung der Höhe des Anspruchs von billigem Ermessen abhängt und damit dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Ist die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig, wenn der Kläger Tatsachen benennt, die das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll, und die Größenordnung der Forderung angibt (vgl. Senat 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - mwN, EzA AGG § 3 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, den das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll und der es grundsätzlich ermöglicht, eine Entschädigung zu bestimmen. Ferner hat die Klägerin Angaben zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 60.000,00 Euro, gemacht.

89

II. Die Verurteilung des Beklagten durch das Landesarbeitsgericht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro an die Klägerin hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

90

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht bei der Prüfung der Begründetheit der Entschädigungsklage davon aus, dass sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Entschädigungsanspruch ergeben kann. Dabei hat es auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Entschädigungsansprüchen bei „Mobbing“ Bezug genommen. Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen (Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher oder schadensrechtlicher Relevanz. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund „Mobbings“ geltend, muss vielmehr jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsvertragliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. Bei dieser Prüfung gilt es weiter zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen oder seiner Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung darstellen, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Eine solche Systematik und Zielrichtung ist dann anzunehmen, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht weitgehend der nunmehr vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 AGG(in Kraft seit 18. August 2006) gewählten Definition des Begriffes „Belästigung“. Danach ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat der Gesetzgeber auch den Begriff des „Mobbings“ umschrieben, jedenfalls soweit dieses an die nach § 1 AGG verpönten Merkmale anknüpft(vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Entsprechend kann für die Fälle des „Mobbings“ eines Arbeitnehmers, gleich aus welchen Gründen, an § 3 Abs. 3 AGG angeknüpft werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen „unerwünschten” Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob „Mobbing” vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch die unerwünschten Handlungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen. Damit sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Wesensmerkmal der als „Mobbing” bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen sind. Vielmehr sind die kritischen Verhaltensweisen aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten. Dies gilt auch im Verhältnis zu Vorgesetzten. Entsprechend stellen Weisungen, die sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers bewegen, und denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lassen, in der Regel keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Daneben kann es an der die einzelnen Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn verschiedene Vorgesetzte handeln und nicht zusammenwirken oder wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

91

2. Ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist damit nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

92

3. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Festsetzung der Höhe einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro zugunsten der Klägerin zu Unrecht in seine Gesamtschau eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch die unterbliebene Beförderung mit einbezogen. Wie oben dargelegt durfte das Landesarbeitsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht bejahen. Durch diese unzulässige Miteinbeziehung dieses Sachverhalts erweist sich die gesamte Bewertung der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung als rechtsfehlerhaft.

93

Insbesondere verstößt das Landesarbeitsgericht dadurch gegen das Erfordernis einer Gesamtschau, dass es für den Fall, dass in der unterbliebenen Beförderung der Klägerin keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein sollte, für die nachfolgenden Handlungen des Beklagten „zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 Euro“ als „gerechtfertigt“ ansieht.

94

Eine solche getrennte Beurteilung ist nicht zulässig, weil die von der Klägerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht eindeutig in solche aufgespaltet werden können, die im Zusammenhang mit der streitbefangenen Nichtbeförderung der Klägerin stehen, und in solche die möglicherweise mit der unterbliebenen Beförderung nichts zu tun haben. Alle von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen stehen in einem Zusammenhang und wären deshalb - soweit das Landesarbeitsgericht in ihnen Bestandteile einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin sieht - im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen gewesen. Von einem solchen Zusammenhang der von der Klägerin zur Stützung ihres Vorwurfs der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Beklagten herangezogenen Vorfälle ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. So nimmt es beispielsweise an, dass der Beklagte mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 den Eindruck eines „Kompetenzentzuges“ im Zusammenhang mit der getroffenen Personalentscheidung zugunsten des Mitarbeiters R erweckt hat und dieser trotz der Schreiben vom 3. Januar 2007 und 8. Februar 2007 an die Klägerin nach außen hin „weiter aufrechterhalten“ worden ist. Des Weiteren nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck „des Kompetenzentzuges“ und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung gewehrt hatte, einer Behandlung ausgesetzt worden ist, die „sie herabwürdigt und bewusst unter Druck“ gesetzt hat. Damit stellt das Landesarbeitsgericht alle nach der streitbefangenen Beförderungsentscheidung seitens des Beklagten der Klägerin gegenüber getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang mit der als Persönlichkeitsverletzung gewerteten Nichtbeförderung der Klägerin. Auch bei der Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass „ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann“.

95

4. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht weder eine zutreffende Gesamtbetrachtung der vorgetragenen Tatsachen/Geschehnisse vorgenommen noch alle anderen von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die als einzelne Handlungen oder in der Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben könnten, berücksichtigt hat.

96

So fehlen bereits Ausführungen dazu, ob das Landesarbeitsgericht aufgrund einer einzelnen Handlung oder erst auf der Basis einer Gesamtschau mehrerer Handlungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hat und insbesondere, ob es insgesamt ein systematisches Verhalten sieht, durch welches ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist. Die Würdigung, ob insgesamt ein systematisches Verhalten vorliegt, ist gerade deshalb nötig, weil hier mehrere Personen gehandelt haben, so dass grundsätzlich geklärt werden muss, ob diese zusammengewirkt haben. Auch dazu fehlen weitgehend Ausführungen im angefochtenen Urteil. Lediglich bezüglich des Schreibens vom 3. Januar 2007 nimmt das Landesarbeitsgericht ein Zusammenwirken zwischen Dr. Mü, Dr. H und Herrn R an. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch einige von der Klägerin vorgetragene Tatsachen nicht berücksichtigt. So ist es deren Behauptung nicht nachgegangen, dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht komme, Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet haben soll: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr, der will halt keine Frauen“. Sollte diese Äußerung gefallen sein, könnte dies nicht nur auf eine beim Beklagten nicht unübliche Frauendiskriminierung, sondern möglicherweise in der Gesamtschau mit den Verhaltensweisen ab Dezember 2006 auch auf ein „frauenfeindliches Umfeld“ beim Beklagten hindeuten. Ferner hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, obwohl die Personalbetreuung nebst Abfassen von Abmahnungen zu ihren Aufgaben gehört, bei dem Gespräch des Herrn R im Februar 2008 mit dem Mitarbeiter C. in B über die Aufhebung dessen Arbeitsvertrages nicht beteiligt war und die von ihr im Januar 2008 für A K. formulierte Ermahnung Frau S zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch dies könnte in der Gesamtschau auf eine Persönlichkeitsverletzung hindeuten.

97

III. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über das dem Arbeitnehmer R gezahlte variable Entgelt richtet.

98

1. Die Klage auf Auskunft ist zulässig.

99

a) Der Klageantrag wurde zwar in dieser Form erstmals in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 gestellt. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Klageänderung gehandelt hat, kann dahinstehen. Auch eine solche wäre nämlich nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig gewesen, weil der Beklagte sich hierauf widerspruchslos eingelassen hat und deshalb nach § 267 ZPO seine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Ob der Antrag auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte, kann ebenfalls offen bleiben. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

100

b) Der Antrag ist als Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO zulässig. Er dient dem Ziel, den Klageantrag zu 2) um den Betrag der zukünftigen variablen Vergütung des Mitarbeiters R zu ergänzen.

101

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch jedoch mit einer nicht tragenden Begründung bejaht. Auch insoweit wirkt sich die unzutreffende Würdigung des Berufungsgerichts im Rahmen der angenommen Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts aus.

102

IV. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage auf Feststellung abgewiesen hat, dass der Beklagte zum Ersatz der durch sein Verhalten bis Juli 2008 der Klägerin entstandenen und entstehen werdenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet ist.

103

1. Der Feststellungsantrag ist nicht bereits „in großen Teilen unzulässig“, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

104

a) So besteht für den Feststellungsantrag in der in der Revisionsinstanz gestellten (beschränkten) Fassung insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

105

Die Annahme eines Feststellungsinteresses setzt voraus, dass dem betroffenen Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dies wird bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht angenommen, wenn zukünftige, noch nicht bezifferbare Schäden möglich sind. Dies gilt auch, wenn ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt noch ungewiss sind. Allerdings muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen. Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Solches erscheint bezogen auf die Formulierung im Feststellungsantrag „durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten“ für die Zeit ab Dezember 2006 als möglich.

106

b) Gleiches gilt für „sonstige Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen“.

107

c) Darüber hinaus ist der Antrag hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

108

Der Klageantrag muss den erhobenen Anspruch nach Inhalt und Umfang konkret bezeichnen und die Klageart ergeben. Insoweit ist bei Feststellungsanträgen erforderlich, dass sich für den Fall der Klagestattgabe der objektive Umfang der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung hinreichend feststellen lässt (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4). Dabei muss der Streitgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag in einer dem Bestimmtheitserfordernis genügenden Weise ausgelegt werden kann. Das Gericht ist daher gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrages vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Dabei darf es sich jedoch nicht über einen eindeutigen Antrag hinwegsetzen (vgl. BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Darüber hinaus gilt es bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit zu beachten, dass ein Feststellungsantrag einerseits der Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB dient und andererseits den Grund des klägerischen Schadensersatzanspruchs klärt, so dass im Falle späterer Folgeschäden nur noch der Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachzuweisen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruchs vermieden werden, muss dieser klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen. Insofern war der ursprüngliche Feststellungsantrag - wie von der Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt - so auszulegen, wie es sich aus dem Tatbestand (Ziff. 5 der Anträge) ergibt.

109

2. Ob das von der Klägerin geltend gemachte schadensersatzbegründende Verhalten des Beklagten tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage und kann durch den Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

110

D. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin
Morsch ist wegen Ausscheiden
aus dem Amt an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Az.: 2 Ca 234/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Schmerzensgeld und auf Schadensersatz wegen Mobbing zustehen.

2

Der Kläger war vom 15.12.2013 befristet bis zum 14.12.2014 bei der Beklagten in der von ihr betriebenen "M. Werkstatt" als Gruppenleiter beschäftigt. Ab dem 04.11.2014 war der Kläger durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf der Befristung wurde das Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Mit Schreiben vom 26.01.2015 hat sich der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte an die Beklagte gewandt und den Vorwurf des Mobbings erhoben. Am 17.02.2015 ist die hier streitgegenständliche Klage beim Arbeitsgericht eingegangen.

3

Der Kläger hat vorgetragen,

4

er sei nicht als Gruppenleiter beschäftigt worden und habe lediglich Verpackungen und Kabelbinder kontrollieren müssen. Weiterhin habe er den anderen Beschäftigten Pflege- und Toilettenhilfe leisten müssen und die Kollegen hätten ihn deutlich spüren lassen, dass er nicht erwünscht sei. Dies folge insgesamt und insbesondere aus seinem Mobbingtagebuch für den Zeitraum vom 16.01.2014 bis zum 04.11.2014.

5

Der Kläger hat beantragt:

6
1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;
7
2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, mithin 8.245,59 EUR, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2015 zu zahlen;
8
3. die Beklagte trägt die aufgrund des Mobbings angefallenen Behandlungskosten des Klägers, die die Krankenkasse nicht erstattet, mithin mindestens 2.000,-- EUR
9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte hat vorgetragen, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass ihr Mobbingvorwürfe zu machen seien, bestünden nicht.

12

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage darauf hin durch Urteil vom 14.07.2015 - 2 Ca 234/15 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 98 - 100 d. A. Bezug genommen.

13

Gegen das ihm am 20.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 20.08.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 18.09.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er sei weder in seine neue Arbeit eingearbeitet worden, so wie das zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses üblich und notwendig sei, noch seien ihm die Aufgaben zugewiesen worden, für die er laut Arbeitsvertrag eingestellt worden sei. Seine Qualifikation sei von der Beklagten nie in Abrede gestellt worden, gleichwohl seien ihm durchgängig viel zu geringwertige Tätigkeiten zugewiesen worden. So habe er z. B. über mehrere Wochen hinweg nur Kabelbinder kontrolliert, Materialkisten befüllt, Material eingeschweißt und sei mit der Pflege der dort betreuten Bewohner betraut worden, insbesondere bei Toilettengängen. All diese Aufgaben gehörten nicht zu den Aufgaben eines Gruppenleiters. Die Berufsausbildung des Klägers umfasse in erster Linie die Verbesserung der Aus- und Fortbildungsbedingungen behinderter Menschen zwecks Integration in den Arbeitsmarkt. Zur Erreichung dieses Ziels sei es unabdingbar, mit den Mitarbeitern in ständiger Kommunikation zu bleiben, bzw. Einzelgespräche zu führen, diese in Berichten zu dokumentieren und die erforderlichen Maßnahmen beim Arbeitgeber anzuregen. Der Kläger habe statt dessen nicht nur nicht die Gelegenheit erhalten, seiner eigentlichen Arbeitsaufgaben nachzugehen, sondern er sei der einzige Mitarbeiter des Unternehmens gewesen, der lange Zeit über keinen eigenen Schreibtisch, geschweige denn einen Computer oder Intranet- sowie Internetzugang verfügt habe. Allein die permanente Anweisung geringwertiger Tätigkeiten sei als Mobbinghandlung anzusehen. Vorliegend sei eher ein Dauerzustand gegeben gewesen, denn ein einmaliges Versehen. Denn die Arbeitsanweisungen zu den zuvor genannten Tätigkeiten seien systematisch vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an bis zum 04.11.2014 in abwechselnder Reihenfolge erfolgt.

15

Zur weiteren Darstellung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16.09.2015 (Bl. 128 - 133 d. A.) Bezug genommen.

16

Der Kläger beantragt,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Aktenzeichen 2 Ca 234/15 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, mit der Maßgabe, dass der Klageantrag Ziffer 3 hinsichtlich der Behandlungskosten zurückgenommen wird.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, bereits die klägerseits gestellten Anträge seien nicht nachvollziehbar. So sei nicht erkennbar, welcher Schaden dem Kläger entstanden sei. Ausführungen erhalte die Klageschrift zwar zu einem Schmerzensgeld. Warum dies geschuldet sei, sei aber nicht erkennbar. Im Übrigen habe der Kläger einen "Mobbingvorwurf" nicht schlüssig dargelegt. Im Wesentlichen beschränke er sich darauf, fortwährend zu behaupten, er sei "gemobbt" worden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem sogenannten "Mobbing"-Tagebuch, denn dort seien lediglich Angaben zu 35 Tagen, das seien etwas mehr als 10 Prozent der Kalendertage des Arbeitsverhältnisses enthalten, im Übrigen handele es sich wohl um ein nachträglich konstruiertes "Tagebuch", denn drei Einträge beträfen - unstreitig - Tage, an denen der Kläger im Betrieb der Beklagten gar nicht anwesend gewesen sei. Die Einträge zum 12.05.2014 kämen zudem - unstreitig - auf den Seiten 8 und 9 doppelt mit unterschiedlichem Text vor. Im Übrigen seien die Ausführungen des Klägers insgesamt aus sich heraus nicht verständlich. Die in Form eines Besinnungsaufsatzes gefassten Aufzeichnungen ließen sich weder konkret einordnen noch bewerten.

21

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 12.11.2015 (Bl. 163 - 186 d. A.) Bezug genommen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

23

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 30.11.2015.

Entscheidungsgründe

24

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

25

II. Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

26

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten nicht zustehen.

27

Die tatsächlichen Voraussetzungen entsprechender Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG lassen sich nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers auch im Ansatz nicht feststellen.

28

Insoweit gilt Folgendes:

29

Gem. § 823 Abs. I BGB hat der Einzelne, also auch der Arbeitnehmer, gegenüber jedermann das Recht auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Zwar ist dieses Recht nicht mit dem Persönlichkeitsgrundrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG identisch; es entfaltet aber vielfach eine gleichartige Wirkung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. 10.2010 - 8AZR 546/09. NZA-RR 2011.378; s. Jansen/Hartmann NJW 2012. 1540: Straining).

30

Es handelt sich in erster Linie um ein Abwehrrecht gegenüber rechtswidrigen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre, das Rechtsgrundlage für Unterlassungspflichten des Arbeitgebers sein kann (vgl. Wiese ZfA 1971.297 f.; s. LAG SchlH 23. 1.2008 - 3 Sa 305/07, EzA-SD 8/2008 S.8 LS).

31

Inhaltlich bezieht sich der Schutz auf die Achtung der Menschenwürde des Arbeitnehmers (Persönlichkeitssphäre) und auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Freiheitssphäre).

32

Der Arbeitgeber ist insgesamt verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeits- oder Freiheitssphäre zu verletzen, diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte, auf die er einen Einfluss hat, zu schützen, einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern {Thür., LAG 10.4. 2001 NZA-RR 2001,347). Der Arbeitgeber hat danach z. B. die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte. Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS); vgl.Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kapitel 3 Rdnr. 2856 ff.).

33

Zu berücksichtigen ist insoweit insbes., dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt, sog. folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (LAG RhPf 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS). Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen i. d. R. hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbes. das berufliche Wirken des Einzelnen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS).

34

Insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ist auch in diesem Zusammenhang jedoch nicht schrankenlos. Es wird durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis zu diesen gebracht werden. Dies gilt insbes., wenn beiderseits verfassungsrechtlich geschätzte Positionen in Betracht kommen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) oder das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Es bedarf einer Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern. in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Voraussetzung jeder Abwägung ist dabei, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird (LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA RR 2013, 192 LS).

35

Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht umfasst der Begriff »Mobbing« eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern oder zwischen ihnen und den Vorgesetzten, bei der jemand systematisch und oft über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel oder dem Ergebnis des Ausstoßes aus der Gemeinschaft direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Die zahlreichen in Betracht kommenden Handlungen können darin bestehen, dass der Betroffene tätlich angegriffen oder auch nur geringschätzig behandelt, von der Kommunikation ausgeschlossen, beleidigt oder diskriminiert wird. Für den Arbeitgeber besteht die Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, das Opfer derartiger Belästigungen und Attacken zu schützen und allgemein für ein ausgeglichenes Betriebsklima zu sorgen (LAG RhPf 19. 2. 2004 NZA-RR 2004,232; s. Sasse BB 2008. 1450 ff. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540ff. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß a.a.O., Kap. 3 Rn. 2889 ff.).).

36

Bei dem Begriff Mobbing handelt es sich nicht um einen eigenständigen juristischen Tatbestand (LAG Bln. 15 7 2004 - 16 Sa 2280/03. NZA-RR 2005, 13; LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA-RR 2013, 192 LS); Mobbing ist weder ein Rechtsbegriff noch eine Anspruchsgrundlage (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6) und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen (BAG 28. 10. 2010-8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013,192 LS). Die rechtliche Einordnung der unter diesen Begriff zusammenzufassenden Verhaltensweisen beurteilt sich ausschließlich danach, ob diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllen, aus der sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt (vgl. LAG Bln.1.11.2002 NZA-RR 2003,232; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

37

Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss also jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.d. § 823 Abs. 1BGB, ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen. Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen. Jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbes. dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffs »Belästigung«, die eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grds. nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 28. 10. 2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378;s. Jansen/Hartmann NJW 2012.1540ff.).

38

Die juristische Bedeutung der durch den Begriff Mobbing gekennzeichneten Sachverhalte besteht so gesehen darin, der Rechtsanwendung Verhaltensweisen zugänglich zu machen, die bei Isolierter Betrachtung der einzelnen Handlungen die tatbestandlichen Voraussetzungen von Anspruchs-, Gestaltungs- und Abwehrechten nicht oder nicht in einem der Tragweite des Falles angemessenem Umfang erfüllen können. Ob ein Fall von Mobbing vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem im gesellschaftlichen Umgang im Allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Denn nicht jede Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen kann den Begriff »Mobbing« erfüllen, weil es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen Immanent ist, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den Anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen (LAG SchlH 19.3.2002 NZA-RR 2002,457; LAG Hamm 25. 6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Nds. 9. 3. 2009 - 9 Sa 378/08, AuR 2009,435 LS; s. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540 ff.).

39

Mobbing kann folglich nur angenommen werden, wenn systematische und zielgerichtete Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer vorliegen (s. BAG 28.10.2010- 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378). Daran fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt, auf die der Arbeitgeber mit einem - im Einzelfall - nicht mehr sozial-adäquaten Exzess reagiert, z. B. einer unberechtigten Suspendierung von der Arbeitsleistung und nachfolgenden rechtswidrigen Versetzung (LAG Thüringen 10.6.2004 ZTR 2004,596). Diese wechselseitige Betroffenheit berechtigter Vertragsinteressen der Parteien des Arbeitsverhältnisses wird völlig verkannt, wenn zur »Mobbingbekämpfung... ein auf das Prinzip der >Nulltoleranz< gegründeter und als verhaltensstrukturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz gefordert« wird (unzutr. daher LAG Thüringen 28. 6. 2005 AuR 2006,31; vgl. Hohmann NZA 2006, 530 IT.).

40

Arbeitsrechtlich erfasst der Begriff Mobbing mithin allerdings nur fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich {BAG 28.10.2010 -8AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; LAG Thüringen 10.4. 2001 NZA-RR 2001, 347; 10. 6. 2004 ZTR 2004,596; LAG Hamm 25.6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Der Begriff lässt sich auch als eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen beschreiben, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßens aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Es ist einerseits erforderlich, dass sich das Verhalten gegen eine oder mehrere bestimmte Personen richtet und andererseits, dass das Verhalten systematisch erfolgt. Es muss sich folglich aus einer Kette von Vorfällen ein System erkennen lassen (LAG SchlH 19. 3. 2002 NZA-RR 2002,457; Benecke NZA-RR 2003,225 ff.). Handelt es sich bei den vom Arbeitnehmer für das Vorliegen von Mobbing vorgetragenen Handlungen des Arbeitgebers überwiegend um die Auseinandersetzung um unterschiedliche Rechtsansichten, z. B. über den Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers oder Rechte anlässlich der Ausübung des Betriebsratsamtes, ergibt sich aus der Menge der Auseinandersetzungen allein noch keine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers. Vielmehr handelt es sich bei derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen um im Arbeitsleben normale Konflikte, die unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte geklärt werden. Es entspricht insoweit einer typischen arbeitsrechtlichen Konfliktsituation, dass ein engagierter Betriebsratsvorsitzender weit mehr im Angriffsfeld des Arbeitgebers steht, als ein Arbeitskollege ohne Funktion, ohne dass diese Angriffssituation automatisch als systematische Anfeindung einzuordnen ist. Selbst wenn Sachstreitigkeiten schließlich vom Arbeitgeber aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Rollenverständnisses in unangemessener, teils intoleranter Form ausgetragen werden, ergibt sich aus der Art und Weise der Konfliktführung noch nicht per se eine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers, die automatisch als Mobbing einzuordnen ist (UG ScMH 1.4. 2004 NZA-RR 2005, 15). Gleiches gilt bei kritischen Äußerungen des Arbeitgebers über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und das Androhen von Sanktionen bei Fehlleistungen (s. dazu LAG Nhg. 5.9. 2006 - 6Sa 537/04 - EzA-SD 25/06 S. 8LS); insoweit kann es an der für das Mobbing typischen, verschiedene einzelne Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinanderfolgen, kritisiert oder schlecht beurteilt wird (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; s.a. LAG Hamm 11.2.2008 NZA-RR 2009,7). Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten (§ 278 BGB), die der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer provoziert hat. sind nicht in die Prüfung eines Mobbingverhaltens einzubeziehen; an der erforderlichen Systematik kann es auch dann fehlen, wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6-NZA 2007, 1154; s.a. LAG Hamm 11.2. 2008 NZA-RR 2009, 7). Auch eine gesundheitliche Prädisposition eines Opfers von Mobbing kann gegen die Ursächlichkeit des Mobbing-Verhaltens für eine Erkrankung sprechen (Sachs. LAG 17. 2.2005 AuR 2006, 131 LS).

41

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbes. auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378).

42

Ansprüche auf Schadensersatz (und Schmerzensgeld) wegen Arbeitsunfähigkeit, die der Arbeitnehmer auf Mobbing zurückfuhrt, können folglich nur begründet sein, wenn der Arbeitnehmer zumindest Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder ihm nach §§ 278, 831 BGB zurechenbarer Arbeitskollegen belegen kann (vgl. ArbG Dresden 1.7. 2003 5Ca 5954/02, AuR 2004, 76 LS: Anspruch in erheblicher Höhe; a.A. Sächs. LAG 17. 2. 2005 -2 Sa 751/03, EzA-SD 12/05. S. 12 LS). Ein Arbeitnehmer ist also für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüche herleitet, darlegungs- und beweispflichtig (BAG 14.11.2013 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Fehlerhafte Weisungen des/der Vorgesetzten, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, stellen keine Pflichtwidrigkeiten dar. Der Arbeitgeber ist auch nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer gehalten, die sachliche Richtigkeit der Weisungen des Vorgesetzten zu überprüfen. Nimmt der Arbeitnehmer sich die fehlerhafte Weisung so zu Herzen, dass er davon arbeitsunfähig wird, bestehen keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber (LAG Nbg. 2. 7. 2002 NZA-RR 2003, 121). Behauptet folglich eine Arbeitnehmerin, sie sei durch fortgesetzte Herabsetzungen und Schikanen ihres Arbeitgebers seelisch krank geworden, muss sie im Prozess um Schadensersatz und Schmerzensgeld die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darlegen und beweisen, das in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen jedenfalls einerseits rechtswidrige und schuldhafte Überschreitungen des Direktionsrechts gewesen sind und andererseits zudem der Handelnde damit zu rechnen hatte, dass sein Verhalten eine Erkrankung der Arbeitnehmerin verursachen könnte (LAG Bln. 15.7.2004 NZA-RR 2005, 13; Sachs. LAG 17. 2.2005 - 2Sa 751/03, EzA-SD 12/05, S. 12 LS; s. Federhoff-Rink FA 2005, 330 ff.).

43

Bei dem festzustellenden Verschulden des Arbeitgebers ist auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer grds. die Möglichkeit hat, sich gegen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen. Es ist deshalb auch zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Das gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht (LAG SchlH 28.3.2006 NZA-RR 2006,402).

44

Voraussetzung für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sind Handlungen, die der Arbeitnehmer bei Bestreiten des Arbeitgebers konkret darlegen und beweisen muss (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014. 564; LAG SchlH 15. 10. 2008 - 3 Sa 196/08 - EzA-SD 4/2009 S. 12 LS), dadurch kausal verursachte Verletzungen der Rechtsgüter des Arbeitnehmers (BAG 16. 5.2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 NZA 2007, 1154), ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden des Arbeitgebers, der insbes. bei psychischen Gesundheitsverletzungen des Arbeitnehmers diese voraussehen können muss (LAG Bln. 1.11.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

45

In einem Prozess auf Schmerzensgeld wegen »Mobbing« gegen den direkten Vorgesetzten und den Arbeitgeber trägt der Arbeitnehmer bspw. die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutsverletzung und den eingetretenen Schaden. Der Arbeitnehmer muss die klagebegründenden Tatsachen bzgl. aller anspruchsbegründender Tatsachen so vortragen, dass es der Beklagten möglich ist, zu erkennen, auf welche konkreten - nach Zeit und Ort identifizierbaren - Tatsachen sich die Anspruchsstellung bezieht (ArbG München 25.9. 2001 NZA-RR 2002. 123).

46

Die Beweisführung kann u. U. den Regeln des prima-facie-Beweises folgen, wenn es sich um einen typischen Geschehensablauf handelt. Ein solcher liegt nicht vor. wenn für einen Zeitraum von 3 Jahren neun Vorfälle behauptet werden, weil damit nicht schlüssig der Tatbestand der dauernden Rechtsgutsverletzung, der »fortgesetzten aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweisen von Kollegen oder Vorgesetzten« dargelegt ist (LAG Brem. 17. 10.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5). Auch insbes. pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z. B. »gängeln«, »beschimpft«, oder »verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen« ist nicht ausreichend (LAG SchlH 15.10. 2008 - 3Sa 196/08. EzA-SD 4/2009 S. 12 LS).

47

Befindet sich der Arbeitnehmer zudem bereits im Stadium der Arbeitsunfähigkeit, so bedarf es besonderer Darlegungen dafür, dass weitere behauptete Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten kausal für das Weiterbestehen der (psychischen und psychosomatischen) Erkrankungen des Arbeitnehmers (als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch) gegeben sind (LAG Nbg. 2. 7.2002 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 4).

48

Eine Parteivernehmung der beweispflichtigen Partei von Amts wegen nach § 448 ZPO setzt voraus, dass für die zu beweisenden Tatsachen aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Lehnt das Berufungsgericht eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO deshalb ab, weil es die gewisse Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache verneint, so müssen seine diesbezüglichen Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014, 564).

49

In Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht ersichtlich sind.

50

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das vom Kläger vorgelegte sogenannte "Mobbing-Tagebuch" schon deshalb nicht wirklich als authentische Erkenntnisquelle vorliegend herangezogen werden kann, weil es offensichtlich im Nachhinein - retrospektiv - zu Prozesszwecken gefertigt worden ist, also keine authentische Darstellung des täglichen Arbeitsgeschehens enthält. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Tage aufgeführt sind, an denen der Kläger - unstreitig - gar nicht am Arbeitsplatz anwesend war und zum anderen daraus, dass z. B. ein Arbeitstag mit unterschiedlichen Eintragungen doppelt enthalten ist. Des Weiteren ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Eintragungen sich lediglich auf einen Prozentsatz von knapp über 10 Prozent der fraglichen Tage beziehen, so dass sich auch deshalb der Aussagewert sehr stark in Grenzen hält. Hinzukommt, dass die Eintragungen als solche kaum ein nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertes Tatsachensubstrat aufweisen, vielmehr handelt es sich durchgängig um Bewertungen, Werturteile, Einschätzungen, die sich auf die subjektive Befindlichkeit des Klägers beziehen, der Kammer aber - ebenso wenig wie der Beklagten - die Möglichkeit geben, sich inhaltlich im Hinblick auf die zuvor dargestellten maßgeblichen Kriterien - z. B. eine entsprechende Überempfindlichkeit des Klägers - überhaupt auseinander zu setzen. Letztlich fehlt auch auf der Grundlage dieses ungenügenden tatsächlichen Substrats eine nachvollziehbare Darlegung des Klägers, warum die zuvor als wesentlich dargestellten Grenzen durch das Verhalten maßgeblicher Mitarbeiter der Beklagten überschritten worden sein sollen. Insoweit hätte es, davon ist das Arbeitsgericht bereits im erstinstanzlichen Rechtszug zutreffend ausgegangen, substantiierten tatsächlichen Vorbringens des Klägers nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen bedurft, das überhaupt erst einem entsprechend substantiiertem Erwidern der Beklagten zugänglich gewesen wäre. Daran fehlt es vollständig. Insoweit wird vom Kläger auch nichts Unmögliches verlangt, denn eine entsprechende Darlegungslast sehen §§ 138, 139 ZPO auch in verfassungskonformer Auslegung dann vor, wenn insoweit nichts Unmögliches verlangt wird (vgl. BAG 26.06.2008, 23.10.2008 EzA § 23 KSchG Nr. 32, 33 zu § 23 Abs. 1 KSchG). Unmögliches wird vom Kläger insofern schon deshalb nicht verlangt, weil er selbst - Prinzip der Sachnähe - an all den Vorfällen, auf die er sich meint beziehen zu sollen, unmittelbar persönlich beteiligt war. Inhaltlich substantiierter und wahrheitsgemäßer Tatsachenvortrag ist ihm also keinesfalls unmöglich.

51

Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

52

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten; gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht insgesamt lediglich deutlich, dass der Kläger - wenn auch aus seiner Sicht heraus verständlich - mit der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer letztlich folgt, nicht einverstanden ist. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

53

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

55

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

9
Diese Verfahrensweise hat das Berufungsgericht nicht eingehalten , da es die Parteien zu keiner Zeit auf das beabsichtigte Vorgehen nach § 411a ZPO hingewiesen hatte. Die bloße Beiziehung der Nachlassakten des Amtsgerichts durch das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2008 ersetzt das Verfahren nach § 411a ZPO nicht. Hierdurch sind die Akten lediglich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden und können gegebenenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Das Verfahren nach § 411a ZPO stellt demgegenüber die Einholung eines Sachverständigenbeweises mit der Anwendung der allgemeinen Regeln der §§ 404 ff. ZPO dar (MünchKomm-ZPO/Zimmermann aaO Rn. 13; Zöller/Greger aaO Rn. 1; Leipold aaO Rn. 19). Zu einer derartigen Klarstellung hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise bestand für das Berufungsgericht umso mehr Anlass, als zwar der Beklagte die Verwertung der im Erbscheinsverfahren eingeholten Gutachten nach § 411a ZPO angeregt hatte, der Kläger sich hiermit aber nicht einverstanden erklärt, sondern Einwände gegen die Richtigkeit der Gutachten erhoben hat.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung über die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Schmerzensgeld wegen Mobbing zu zahlen. Hinsichtlich des ursprünglich als Beklagten zu 4) beklagten Herrn J.C. (im Folgenden: ehemaliger Beklagte zu 4)), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren abgetrennt.

2

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist ein weiteres, im Wesentlichen ebenfalls auf Schadensersatzforderungen wegen Mobbing gestütztes Verfahren anhängig (AZ: 1 Sa 189/15), in welchem der Kläger unter anderem den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Entgeltausfall geltend macht.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall-und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen.

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt. Seit dem 27.04.2012 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) hat deswegen bei dem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers gestellt.

5

Die Beklagte zu 1) ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten zu 1) wurde ein Betriebsrat gebildet.

6

In der IT-Abteilung der Beklagten zu 1) werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 3), besetzt.

7

Zusätzlich beauftragte die Beklagte zu 1) in der Vergangenheit mehrfach die Beklagte zu 2) mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der ehemalige Beklagte zu 4) war bis Juli 2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 4) war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten zu 2).

8

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Bl. 636 ff. d.A.) durch welches die Beklagte zu 1) verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

9

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Beklagten zu 1) gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte zu 1) anhängig.

10

Am 08.06.2010 forderte der Beklagte zu 3) den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte zu 1) gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn X., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte zu 1) aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen der Beklagte zu 3) dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

11

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn X. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch den Beklagten zu 3) sowie Herrn X. unterzeichnet war. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 3623 der Akten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn X. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 2418 der Akten).

12

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

13

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten zu 1) das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 2) beschäftigten ehemaligen Beklagten zu 4) weitergeleitet.

14

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

15

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte zu 1) den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Blatt 358 ff. d.A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagte zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

16

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die Beklagte zu 2) einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten zu 1) eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

17

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

18

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...000“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

19

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ...000 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ...000 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. G. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

20

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

21

Unter dem 25.05.2011 fertigte die Beklagte zu 2) einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) bezeichnet. Neben diesem hat auch der Beklagte zu 4) den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

22

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

23

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

24

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

25

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte zu 1) bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

26

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte zu 1) gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte zu 1) heraus.

27

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

28

Daraufhin leitete die Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

29

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte zu 1) Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Beklagten zu 3 und 4 sowie den ehemaligen Beklagten zu 4. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft B. K. ... Js 00000/00) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

30

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Beklagten zu 3). Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten zu 1), gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten zu 1) gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte der Beklagte zu 3), er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

31

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

33

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten zu 1) eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zur Person des Klägers äußerte.

34

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte zu 1) leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte zu 1) den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

35

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

36

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte der Beklagte zu 3) im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

37

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) ein. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie der Sachverständige Dr. St., Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 1738 ff. der Akten), beauftragt.

38

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

39

Unter dem 24.01.2011 (Richtig: 2012) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 ff. der Akten im Verfahren 1 Sa 189/15), auf das Bezug genommen wird, wurde die Beklagten zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

40

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger den Beklagten zu 3) darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte der Beklagte zu 3) den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter den 22.03.2012 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

41

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte zu 1) den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte zu 1) erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

42

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zu 1) nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu 1) zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

43

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten zu 1) wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten zu 1) nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

44

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte zu 1) gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten zu 1) und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

45

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte zu 1) sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

46

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

47

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3), dem ehemaligen Beklagten zu 4) sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

48

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte zu 1) die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

49

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1) und der zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

50

Der Beklagten zu 1) wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 2494 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

51

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und G. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

52

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte zu 1) mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

53

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des ehemaligen Beklagten zu 4). Die Beklagte zu 1) brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

54

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens beantragt.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

56

Durch das genannte, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

57

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:

58

Ein die Schmerzensgeldforderung begründender Schadensersatzanspruch des Klägers sei gegenüber keinem der Beklagten gegeben.

59

Die Beklagte zu 1) müsse sich zwar etwaiges Verschulden des Beklagten zu 3) als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zu 1) zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

60

Ein Anspruch gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) sei ebenfalls nicht begründet. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich dieser Beklagten eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

61

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten zu 1) gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

62

Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 sei ein mobbingrelevantes Verhalten, könne offenbleiben, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten zu 1) gedeckt gewesen sei. Jedenfalls sei diese nicht geeignet, von einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen, da die Weisung sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

63

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 hat das Arbeitsgericht nicht als Akte von Mobbing angesehen. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses der Beklagte zu 3) Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

64

Wenn der Kläger geltend mache, die Beklagte zu 1) habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) vorgelegt zu haben, sei der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Der Beklagte zu 3) habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

65

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vorgetragen hat, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte zu 1) erfolgt, sei der Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen, Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

66

Die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, sei sachlich begründet und mithin nicht als mobbingrelevant einzustufen. Die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

67

Für den durch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der Beklagten zu 1) Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

68

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

69

Soweit der Kläger geltend mache, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom 14.07.2011 beschuldigt worden, sich Zugang zu E-Mails des Beklagten zu 3) verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu haben, habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

70

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

71

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein den Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („10. Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 2069 – 2074 der Akten).

72

Im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 sei eine der Beklagten zu 1) vorwerfbaren Pflichtverletzung nicht erwiesen. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

73

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) erfülle ungeachtet der Verurteilung zu deren Entfernung durch Teil-Urteil vom 05.07.2012 (im Verfahren 5 Ca 82/12, dort Blatt 636 ff. der Akten) keinen Mobbingtatbestand. Sie sei nicht schikanös und durch die auch durch den Kläger aufgrund der Vielzahl erfolglos eingeleiteter Beschlussverfahren angespannte Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geprägt. An einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle es daher.

74

Dass die Beklagte zu 1) gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden Zustimmungsersetzungsverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

75

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Abmahnung sei deshalb jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

76

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 2080 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

78

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte zu 1) im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten zu 1) habe einen sachlichen Inhalt.

79

Die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

80

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

81

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagte zu 1) für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

82

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie den ehemaligen Beklagten zu 4) ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

83

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

84

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes vom 31.05.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff. der Akten), macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

85

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte zu 1) gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 3) und 4) sowie des ehemaligen Beklagten zu 4) zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB anzusehen; sie müsse sich deren Verschulden mithin zurechnen lassen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die Beklagte zu 2), die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor. Die Beklagten zu 2) bis 4) sowie der ehemalige Beklagte zu 4) seien neben der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch zur Erfüllung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verpflichtet.

86

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst und im Wesentlichen geltend:

87

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Der Beklagte zu 3) habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte zu 1) ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

88

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Beklagten zu 3) kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten zu 1) gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

89

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung X. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch den Beklagten zu 3) über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

90

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte zu 1) vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

91

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1) ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte zu 1) habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass der Beklagte zu 3) ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich der Beklagte zu 3) ihn zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

92

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten zu 1) kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

93

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden sei.

94

Die Beklagte zu 1) habe zu Unrecht an den durch die Beklagte zu 2) gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des ehemaligen Beklagten zu 4) und des Beklagten zu 4) eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

95

Der Beklagte zu 3) habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Der Beklagte zu 3) habe Kenntnis davon gehabt, dass der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Der Beklagte zu 4) sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie der ehemalige Beklagte zu 4).

96

Der ehemalige Beklagte zu 4) habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der ehemalige Beklagte zu 4) im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten zu 1) im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

97

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „Domainadmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

98

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Der Beklagte zu 3) habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte zu 1) ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 2337 – 2341 der Akten) wird Bezug genommen.

99

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

100

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten zu 1) nicht leichtfertig geäußert wurde, habe die T. GmbH nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

101

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem erstinstanzlichen auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

102

Weiter sei der Beklagten zu 1) sowie dem Beklagten zu 3) anzulasten, dass letzterer trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten habe. Jedenfalls der ehemalige Beklagte zu 4) hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der ehemalige Beklagte zu 4) im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Beklagten zu 3) habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem ehemaligen Beklagten zu 4) bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

103

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, ist der Kläger der Auffassung, dass das Gericht außer Acht lasse, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

104

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte zu 1) hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

105

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 2) – deren Verschulden der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der Beklagten zu 2) Kenntnis davon bestanden habe, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissen gehandelt hätten.

106

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

107

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die Beklagte zu 1) habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Der Beklagte zu 3) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten gewusst, dass allein die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

108

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herr Y., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

109

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2374 – 2379 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte zu 1) als Äußernde die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

110

Das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

111

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 2380 – 2382 der Akten).

112

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte zu 1) die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

113

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

114

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten zu 1) gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte zu 1) habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

115

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er, der Kläger, zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten zu 1) herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten zu 1) seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

116

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte zu 1) seien nicht zu beanstanden, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, berücksichtige es nicht, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu 1) gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

117

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass der Beklagte zu 3) infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten zu 1) geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2384-2391 der Akten) Bezug genommen.

118

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte zu 1) nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

119

Auch die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

120

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von dem ehemaligen Beklagten zu 4) getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte zu 1) abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

121

Er, der Kläger, habe auch im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) in einem Büro arbeiten könne. Dies hätte der Beklagte zu 3) sowie Herr X. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

122

Am 05.11.2013 habe ihn der Beklagte zu 3) dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe der Beklagte zu 3) den ehemaligen Beklagten zu 4) nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu 1) zerstören würde. Diese Frage habe der Beklagte zu 3) ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte der Beklagte zu 3) dem ehemaligen Beklagten zu 4) und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Der Beklagte zu 3) habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

123

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten zu 1) mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft habe, werde verkannt, dass insofern leitendes Motiv seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen sei. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die Beklagte zu 2) fremd zu vergeben. Die Beklagte zu 1) habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1), die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte zu 1) hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem in der Behauptung gegipfelt habe, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) gesät worden.

124

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu 1) zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu 1) zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten zu 1) umkehre.

125

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe das Arbeitsgericht unzulässig eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, obwohl es im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt habe.

126

Der Kläger beantragt,

127

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 40.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte.

128

Die Beklagten beantragen jeweils,

129

die Berufung zurückzuweisen.

130

Die Beklagten zu 1) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 (Blatt 2648 ff. der Akten) und den weiteren Schriftsätzen vom, 06.05.2016 (Bl. 2840 ff., 2847 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, als zutreffend und machen im Wesentlichen geltend:

131

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

132

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Der Beklagte zu 3) sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

133

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagten entsprechend vorgetragen hätten, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

134

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, vier Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

135

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

136

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sich die Beklagte zu 1) lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

137

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Beklagten zu 1) eine seitens des Klägers behauptete betriebliche Übung existiert, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; eine entsprechende Praxis sei fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

138

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass ihnen das Scheitern der Wiedereingliederung vorzuwerfen sei. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien im Arbeitsverhältnis könne nicht immer vermieden werden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

139

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

140

Die Beklagte zu 2) tritt der Berufung mit dem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 28.09.2015 (Blatt 2548 ff. d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 03.05.2016 (Blatt 2815 ff. d.A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, entgegen.

141

Eine Haftung der Beklagten zu 1) für ihr, der Beklagten zu 2), Verschulden gemäß § 278 BGB komme – ohne, dass es hierauf für ihre eigene Haftung ankäme – nicht in Betracht; sie sei nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen, da ihr im Rahmen der Erfüllung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) keine Aufgaben hinsichtlich der Vertragserfüllung gegenüber dem Kläger zugewiesen worden seien.

142

Ihrer Haftung stehe weiter entgegen, dass die relevanten Erkrankungen erst ab April 2012 eingetreten seien und dass sie, die Beklagte zu 2), an der ganz überwiegenden Zahl der seitens des Klägers benannten Mobbinghandlungen auch nach dessen Vortrag nicht beteiligt gewesen sei; hinsichtlich der benannten Handlungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung Bezug genommen (Blatt 2551 – 2552 der Akten).

143

Im Zusammenhang mit der Fertigung der Untersuchungsberichte sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht gegeben. Dem Arbeitsgericht sei darin zu folgen, dass es seitens der Beklagten zu 1) keines Anfangsverdachts bedurfte, um entsprechende Maßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) vorsätzlich falsche Feststellungen bei Fertigung des Untersuchungsberichts getroffen hätten. Aus beiden Untersuchungsberichten gehe eindeutig hervor, dass die Meldung ID 1016 nicht als Beweis, sondern allenfalls als Indiz für einen Zugriff auf E-Mails angesehen werde.

144

In Bezug auf sie, die Beklagte zu 2), sei der verschiedene Sachverhaltskonstellationen erfassende Sachvortrag des Klägers unschlüssig, da ihre Haftung jedenfalls nach einer der genannten Konstellationen mangels rechtswidriger Handlungen der ihr zurechenbaren Personen, namentlich dem Beklagten zu 4) und dem ehemaligen Beklagten zu 4), ausscheide.

145

Ein Anspruch gemäß § 831 BGB für die behaupteten Handlungen des ehemaligen Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der Löschung der Sicherungsbänder sowie anderweitiger Manipulationshandlungen im Nachgang der Erstellung der Untersuchungsberichte scheide aus, da dieser – den Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – insofern jedenfalls nicht in Ausführung der Verrichtung tätig geworden sei. Gleiches gelte für seitens des Beklagten zu 4) und seitens des ehemaligen Beklagten zu 4) getätigten Äußerungen im Rahmen des Straf- bzw. Kündigungsschutzverfahrens.

146

Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) nicht vorsätzlich falsche Untersuchungsberichte erstellt hätten. Dies bestätigten auch die Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. St..

147

Jedenfalls könne sie, die Beklagte zu 2), sich gemäß § 831 Abs. 2 BGB entlasten. Der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Untersuchungsberichte zugunsten der Beklagten zu 1) allenfalls bei Gelegenheit, nicht aber bei Verrichtung des ihr, der Beklagten zu 2), erteilten Auftrags vorgenommen. Selbst wenn die Manipulationen erfolgt wären, scheide ihre Haftung mithin aus.

148

Jedenfalls habe sie, die Beklagte zu 2), den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die sorgfältige Auswahl ergebe sich aus den umfassenden Qualifikation beider Beklagten; hinsichtlich des entsprechenden Vortrags der Beklagten zu 2) wird auf die Berufungserwiderungsschrift (Blatt 2563 - 2580 der Akten) Bezug genommen. Sie habe den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) auch bei Durchführung der Begutachtung ausreichend überwacht; der Beklagte zu 4) habe auf ihren Auftrag hin den Untersuchungsbericht 1 zusätzlich geprüft und unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) berichtet.

149

Der Beklagte zu 4) tritt der Berufung nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2606 ff. der Akten), entgegen. Er macht sich zunächst das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 2) zu eigen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

150

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Beklagten zu 3) und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der Beklagten zu 1) geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei ihnen dies nicht anzulasten. Sie seien insofern unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe sie keine Verantwortung.

151

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der Beklagten zu 1) trägt der Beklagte zu 4) vor, dass diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum hätten abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

152

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den ehemaligen Beklagten zu 4) vorgenommen werden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

153

Der Beklagte zu 4) trägt vor, dass ihm der Inhalt des Untersuchungsberichts 1 nicht bekannt gewesen sei. Er sei ausschließlich an der Erstellung des durch die Versionsnummer 1.0 eindeutig als freigegebene Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 beteiligt gewesen. Er habe sich insofern durch den ehemaligen Beklagten zu 4) sämtliche Angaben mitteilen lassen und im System gegengeprüft; in der Folge habe er einige Änderungen am Bericht vorgenommen und ihn dann freigegeben.

154

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

155

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

156

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

157

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

158

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen keinen der Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die haftungsbegründende Kausalität für einen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegeben ist.

159

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

160

a. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

161

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

162

b. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

163

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegen. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

164

c. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

165

d. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

166

e. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

167

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten zu 1) anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten zu 1) gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

168

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

169

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

170

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten zu 1) folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

171

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte zu 1) (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1) entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

172

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das in einem Arbeitsverhältnis noch als übliche anzusehende Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet.

173

Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

174

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte zu 1) geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

175

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, den Beklagten zu 3) auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

176

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1) ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte zu 1) ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten zu 1) anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe des Beklagten zu 3) bzw. des ehemaligen Beklagten zu 4) psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

177

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 3) nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

178

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte zu 1) ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung einer Inventur unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zu 1) zu Recht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

179

iv. Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten zu 1), ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könne einen Mobbingvorwurf begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte zu 1) veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

180

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

181

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

182

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

183

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten zu 1) erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung des Beklagten zu 3), bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen.

184

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

185

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

186

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

187

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 3) habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

188

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr X. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch den Beklagten zu 3) erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

189

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

190

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten zu 1) und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

191

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten lag. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

192

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kommt. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten zu 1) dar.

193

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte zu 1) hätte sich auf einen - nicht näher definierten – sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten zu 1) einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen; diese sind gerade nicht mutwillig erfolgt.

194

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte zu 1) im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

195

(g) Ebenso ist die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

196

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung „boykottiert“ habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte zu 1) keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1) besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

197

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

198

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

199

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

200

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

201

(d) Die wegen Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

202

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen und dies dem Kläger per E-Mail mitgeteilt. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Abmahnung war daher jedenfalls nicht offensichtlich ungerechtfertigt.

203

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten zu 1) mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte zu 1) dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte zu 1) aus ihrer Sicht die Einleitung des Verfahrens für sachlich gerechtfertigt halten konnte, ohne mutwillig zu handeln.

204

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde lag, seitens der Beklagten zu 1) wider besseren Wissen erhoben wurde.

205

i. Der Beklagten zu 1) ist ein Verschulden des Beklagten zu 3), nicht aber ein solches der Beklagten zu 2) bzw. des Beklagten zu 4) und des ehemaligen Beklagten zu 4), die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) waren, zuzurechnen. Nur der Beklagte zu 3) war zum relevanten Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben, S.27).

206

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte zu 2) war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten zu 1) aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

207

ii. Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Beklagten zu 1) aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4). Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2) in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

208

i. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten zu 1) mithin nicht maßgeblich.

209

ii. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Beklagten zu 3) erfolgt, ist unsubstantiiert und nicht beachtlich. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann der Beklagte zu 3) auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

210

iii. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1), bzw. der ihr zuzurechnende Beklagte zu 3), auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wussten, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, dass der dortige Antrag der Beklagten zu 1) mutwillig erfolgte. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

211

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Beklagten zu 3) erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch den ehemaligen Beklagten zu 4) als verantwortlichen Autor und den Beklagten zu 4) als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

212

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte zu 1) davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Beklagten zu 3) erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass der Beklagte zu 3) zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

213

Das Arbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu 1, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Beklagten zu 3 davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

214

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

215

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

216

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Beklagten zu 3 davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

217

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Bericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zu 1 zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

218

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

219

Eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu 1) zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten zu 1) bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

220

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr nachweisen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte zu 1) oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des ehemaligen Beklagten zu 4) einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten zu 1) mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

221

iv. Die Frage, ob die Beklagte zu 1) vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte zu 1) darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte zu 1) angesichts des eindeutigen Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

222

v. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, zusätzlich zu den durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

223

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte zu 1) nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

224

(c) Die Beklagte zu 1) hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

225

(4) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

226

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

227

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte zu 1) gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht nicht fest, dass seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

228

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

229

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

230

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis würde sich damit als Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises darstellen. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

231

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte zu 1) gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

232

(5) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten zu 1) lässt sich eine das Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht begründen.

233

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

234

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

235

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

236

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte zu 1) betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte zu 1) selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass der ehemalige Beklagte zu 4) die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des ehemaligen Beklagten zu 4) ist der Beklagten zu 1) indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte zu 1) den ehemaligen Beklagten zu 4) diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt. Ungeachtet dessen wäre dies ohnehin allenfalls als Indiz für eine für ein Mobbing erforderliche Systematik anzusehen.

237

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

238

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

239

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

240

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

241

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte zu 1) die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (hierzu bereits oben).

242

f. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

243

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

244

Hier kann offenbleiben, ob die Beklagten zu 2), 3), 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

245

g. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung.

246

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

247

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit Mobbingfällen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

248

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

249

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

250

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

251

(a) Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist (siehe oben), müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Wenn er insofern zum einen vorträgt, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten zu 1) rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

252

(b) Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 2403 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Beklagten jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurden; insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und dem mit der Klage geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

B.

253

Ein Entschädigungsanspruch ist auch gegen die Beklagte zu 2) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

254

1. Wenn sich der Kläger darauf beruft, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den Einbezug des Klägers in den zwischen den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen Vertrag gegeben sind.

255

a. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage steht dem Schadensersatzanspruch die fehlende haftungsbegründende Kausalität gleichermaßen entgegen. Auch im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches ist der Anspruchsgläubiger in Bezug auf den Zurechnungszusammenhang vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet; die Umkehr der Beweislast gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur für das (fehlende) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (vergleiche Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 280 Rn. 34 m. w. N.).

256

b. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) kausal für die seinerseits behauptete Erkrankung als Verletzung der Gesundheit (§ 253 Abs. 2 2. Var. BGB) war. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden haftungsbegründenden Kausalität.

257

2. Aus dem gleichen Grund scheidet ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 823 BGB bzw. § 831 BGB aus.

C.

258

Auch ein – hier mangels vertraglicher Beziehung allein in Betracht kommender – deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 3) und 4) ist ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen jedenfalls mangels Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität nicht gegeben.

D.

259

Die Berufungskammer hat bei ihrer abschließenden Beratung auch den Schriftsatz des Klägers vom 31.05.2016 berücksichtigt und darüber beraten, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist, § 156 ZPO. Ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens § 156 Abs. 1 ZPO besteht für eine Wiedereröffnung keine Veranlassung. Neben Rechtsausführungen, die weitestgehend schon in früheren Schriftsätzen getätigt wurden, enthält der Schriftsatz auch keinen neuen Tatsachenvortrag.

III.

260

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.


Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. Dezember 2015, Az. 2 Ca 2094/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche wegen Mobbings.

2

Die Beklagte unterhält an den Standorten A-Stadt und K. zwei stationäre Altenpflegeheime sowie einen ambulanten Pflegedienst. Die 1986 geborene Klägerin wurde ab 15.08.2012 als examinierte Altenpflegerin zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 2.513,50 eingestellt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es ua:

3

"§ 1 Beginn und Art der Tätigkeit

4

1. Die Mitarbeiterin wird ab 15.08.2012 als ex. Altenpflegerin im Seniorenzentrum Villa am B. K. zu Hause eingestellt.

5

2. …

6

3. Der Arbeitgeber behält sich vor, der Mitarbeiterin auch andere, ihrer Vorbildung und ihrer Fähigkeit entsprechende, gleichwertige und zumutbare Aufgaben zu übertragen oder sie an einem anderen Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen, soweit dies unter Berücksichtigung ihrer Interessen zumutbar ist. …

7

§ 2 Arbeitszeit

8

1. Die Parteien vereinbaren eine Mindestarbeitszeit von 40 Stunden die Woche. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der allgemeinen betrieblichen Arbeitszeitregelung bzw. der Weisung des Arbeitgebers. Die Mitarbeiterin verpflichtet sich zu flexiblen Arbeitszeiten, wenn betriebliche Belange dies erfordern.

9

2. Darüber hinaus vereinbaren die Parteien eine Arbeit auf Abruf gemäß § 12 TzBfG in Höhe von maximal 10 Stunden pro Woche. Wird die Arbeit auf Abruf vom Arbeitgeber in Anspruch genommen, wird sie vergütet. Ansonsten bleibt es bei der Vergütung der Mindestarbeitszeit.

10

3. Die Mitarbeiterin ist verpflichtet, soweit dies betrieblich notwendig ist, auch über die Arbeit auf Abruf hinaus, Mehrarbeit und Überarbeit sowie Nachtschicht, Sonn- und Feiertagsarbeit im gesetzlich zulässigen Umfang zu leisten.

11

§ 3 Vergütung

12

1. Der Arbeitgeber zahlt der Mitarbeiterin eine Grundvergütung von € 2.340,00.
...

13

4. Mehr- und Überarbeit wird vorrangig durch Freizeit ausgeglichen.
…"

14

Die Klägerin war vom 13.12.2013 bis 13.02.2014 wegen einer akuten psychovegetativen Erschöpfung arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 16.04.2014 ist sie ununterbrochen arbeitsunfähig. Ihr Hausarzt diagnostizierte eine kombinierte Angst- und Depressionserkrankung, die Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie eine Anpassungsstörung (ICD F43.2). Die gesetzliche Rentenversicherung gewährte der Klägerin in der Zeit vom 25.11. bis 30.12.2014 eine stationäre medizinische Rehabilitation in einer Fachklinik. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig entlassen. Sie bezog nach eigenen Angaben ab 27.04.2014 Krankengeld; seit dem 14.09.2015 wird ihr Arbeitslosengeld gewährt.

15

Mit ihrer am 26.06.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt sie von der Beklagten wegen Mobbings ein Schmerzensgeld iHv. mindestens € 50.000,00, die Differenzbeträge zwischen Krankengeld und regulärer Monatsvergütung als Verdienstausfallschaden sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftige Schäden. Von einer Darstellung des unstreitigen Tatbestands und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 17.12.2015 Bezug genommen.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

17

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von € 50.000,00 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung jedoch nicht unterschreiten sollte,

18

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr die Differenz zwischen den erhaltenen Krankenbezügen während der Arbeitsunfähigkeit vom 13.12.2013 bis 13.02.2014 und ab dem 16.04.2014 und der regulären Monatsvergütung zu zahlen,

19

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der von der Beklagten verursachten Schädigung ihrer Gesundheit entstehen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.12.2015 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, es sei schon fraglich, ob der Klageantrag zu 1) iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sei; der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Klägerin habe eine kausale Gesundheitsschädigung durch die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Es sei unklar, was angesichts der konstitutionell labilen wie umgebungsbedingt zusätzlich geschwächten psychovegetativen Grundsituation der Klägerin noch und gerade arbeitgeberbedingt gesundheitsschädigend gewirkt haben soll. Im Übrigen sei eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht zu erkennen. Der Klageantrag zu 2) sei als unbezifferter Zahlungsantrag unzulässig. Auch der Klageantrag zu 3) auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden sei unzulässig. Die Klägerin hätte wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit des (weiteren) Schadenseintritts dartun müssen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts vom 17.12.2015 Bezug genommen.

23

Gegen das am 15.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 15.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 15.04.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 15.04.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

24

Sie macht geltend, ihr Klageantrag zu 1) sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 ZPO. Die zur Bemessung des Schmerzensgeldes wesentlichen Faktoren ergäben sich bereits aus dem erstinstanzlich dargelegten Sachverhalt. Ergänzend sei vorzutragen, dass sie zumindest über einen Zeitraum von zwei Jahren unter massiven psychischen und physischen Störungen gelitten habe. Diese führten zu erheblichen Auswirkungen auf ihr Sozialverhalten, ua. auf ihre private Beziehung zu ihrem damaligen Lebensgefährten. Es hätten sich Kontaktängste und Rückzugstendenzen gezeigt, ihr Sozialleben sei praktisch zum Erliegen gekommen. Sie habe sich im gesamten Zeitraum in laufender ärztlicher Behandlung befunden und auch eine Reha-Maßnahme durchführen müssen. Darüber hinaus sei auch von einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts auszugehen. Für jede der Positionen sei aufgrund der schwerwiegenden Folgen ein Betrag iHv. € 25.000,00 angemessen. Der Klageantrag zu 1) sei auch begründet. Entgegen der Wertung des Arbeitsgerichts seien ihre Krankheitsbehauptungen hinreichend substantiiert, insb. liege kein Widerspruch in den angeführten Arbeitsunfähigkeiten. Sie leide unter folgenden Erkrankungen:

25

- phobische Verarbeitung der Arbeitsplatzsituation
- Angst und depressive Störung
- Kontaktanlässe mit Bezug auf das Berufsleben
- schwere depressive Episode
- Kontaktanlässe mit Bezug auf Kindheitserlebnisse

26

Die Wertung des Arbeitsgerichts, dass sich eine akute Stirnhöhlenentzündung am 20.01.2014 mit den übrigen Diagnosen nicht vertrage, sei unzutreffend. Aus dem Kontext der Klageschrift sei klar ersichtlich, dass diese Erkrankung nicht in Bezug zu ihrer arbeitsplatzbedingten Erkrankung stehe, sondern lediglich einen einzelnen Vorfall thematisieren, bei dem sie aufgrund ihres Äußeren hierauf angesprochen worden sei. In sämtlichen medizinischen Unterlagen werde stringent auf eine psychische Erkrankung aufgrund der Arbeitsplatzsituation hingewiesen. Ohne die Belastungen am Arbeitsplatz wäre aufgrund der übrigen Gesundheitsbeeinträchtigungen keine Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Insoweit habe das Arbeitsgericht auch die ärztliche Bescheinigung vom 21.11.2014 unzutreffend gewertet. Die Bescheinigung zeige auf, dass seit 13.12.2013 aufgrund einer akuten psychovegetativen Erschöpfung auf dem Boden einer beruflichen Überlastung eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe.

27

Die Beklagte habe ihr eine überobligatorische Arbeitsmenge zugewiesen. In den Monaten Juni und Juli 2013 habe sie ihre Vorgesetzte, Frau M., vertreten müssen. In der Vertretungszeit habe sich ihre Arbeitsbelastung nochmals gesteigert, das Arbeitsvolumen sei schlichtweg nicht zu erledigen gewesen. Anfang August 2013 habe Frau M. gerügt, dass sie ihren Aufgaben in der Vertretungszeit nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei; sie habe wohl die ihr nicht genehmen Aufgaben nicht erledigt. Auf Nachfrage habe Frau M. keine konkreten Angaben gemacht. Dieses Verhalten einer Vorgesetzten - nach einem überobligatorischen Arbeitseinsatz - stelle, insb. vor dem Hintergrund einer fehlenden Darlegung des vermeintlich korrekten Alternativverhaltens, eine Missachtung von Arbeitsergebnissen dar. Entgegen der Wertung des Arbeitsgerichts habe sie das Vorbringen der Beklagten zu ihren angeblichen Minusstunden in den Monaten Juni und Juli 2013 pauschal bestreiten dürfen. Sie habe keine Minusstunden, insb. nicht in den Monaten Juni und Juli 2013 erbracht. Die diesbezügliche Behauptung der Beklagten erfolge "ins Blaue" hinein. Tatsächlich habe sie regelmäßig unbezahlte Überstunden geleistet und insb. Verwaltungsaufgaben in ihrer Freizeit erledigt.

28

Entgegen der Wertung des Arbeitsgerichts sei sie während ihrer Tätigkeit am Standort K. einem ausgrenzenden Kommunikationsverhalten der Frau Sch. ausgesetzt gewesen. Es habe durchgehend ein zwingend notwendiger Kommunikationsbedarf mit Frau Sch. bestanden. Das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die zwei Abteilungen (ambulanter Pflegedienst und stationäre Pflegeeinrichtung) organisatorisch strikt getrennt seien. Tatsächlich sei der Personaleinsatz auch abteilungsübergreifend erfolgt. So sei sie wegen Fachkräftemangels mehrmals, ua. am 23.10.2013, auch im Pflegeheim auf der Station eingesetzt worden.

29

Ende Oktober 2013 habe ihr die Mitarbeiterin Ma. mitgeteilt, dass sie [die Klägerin] von Frau M. und Herrn S. in einem Gespräch deutlich kritisiert worden sei. Es sei beanstandet worden, dass sie "Dinge einfordere und Ansprüche stelle". Es sei auffällig, dass ihr Frau M. ab Oktober 2013 immer weniger betriebliche Aufgaben zugewiesen habe, stattdessen habe sie wieder vermehrt Einsätze abgeleistet. Zu dieser Zeit sei ihr auch aufgefallen, dass Arbeitskolleginnen ihr gegenüber auf Distanz gegangen seien. So habe ihr bspw. die Mitarbeiterin X. Ende Oktober 2013 erklärt, weil es ständig Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und Frau M. gebe, habe sie wohl keine andere Möglichkeit, als das Unternehmen zu verlassen. Durch die arbeitsplatzmäßige Belastungssituation habe sie sich erschöpft gefühlt und am 07.11.2013 in ärztliche Behandlung begeben. Der Arzt habe eine Depression aufgrund einer Arbeitsplatzbelastung diagnostiziert. Sie habe jedoch auf die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verzichtet, weil sie versucht habe, sich "zusammenzureißen". Im Dezember 2013 habe sie Kenntnis davon erlangt, dass im Betrieb durch Vorgesetzte verbreitet worden sei, sie sei "gefährlich". Am 17.01.2014, also während ihrer Arbeitsunfähigkeit, sei sie von Frau M. in deren Büro bestellt worden. Frau M. habe ihr bekannt gegeben, dass sie aufgrund der Erkrankung, die Leitung nicht bekäme. Außerdem sei sie für eine leitende Funktion nicht erwachsen und reif genug. Die ihr übertragenen Aufgaben sowohl in K. als auch in A-Stadt müsse sie jedoch auch weiterhin verrichten. Am 21.01.2014 habe Frau Sch. gegenüber Frau G.-K. in Bezug auf ihre Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung geäußert: "Die hat dabei nichts zu suchen, die hat keine leitende Funktion und nichts zu sagen". Nach Beendigung ihrer Arbeitsunfähigkeit habe sie bemerkt, dass sich ihre Arbeitskollegen immer weiter von ihr distanzierten. Ihr sei von Arbeitskollegen zugetragen worden, man habe ihnen bedeutet, nicht mit ihr in Kontakt zu treten, "das wäre nicht gut für sie". Ebenfalls in dieser Zeit habe ihr die Arbeitskollegin S. eine Nachricht mit dem Inhalt geschrieben: "P3 haben dich im Visier und vertrauen dir nicht mehr".

30

Bei Betrachtung des Gesamtkomplexes zeige sich, dass sie systematisch schikaniert worden sei. Ihr seien im Laufe der Jahre 2012 und 2013 mit der Inaussichtstellung einer leitenden Tätigkeit immer mehr Aufgaben übertragen worden, die sie bei objektiver Betrachtung nicht hätte erfüllen können. Weil am Standort K. ab September 2013 ein dringender Personalbedarf bestanden habe, sei ihr dort eine leitende Position angetragen worden, ohne ihr in tatsächlicher Hinsicht die entsprechenden Kompetenzen zu übertragen. Ihr sei, wohl um sie zu einem überobligatorischen Einsatz anzuhalten, etwas in Aussicht gestellt worden, was die Beklagte ohnehin nie umsetzen wollte. Dies werde daran deutlich, dass sie zwar einerseits für den reibungslosen Ablauf des ihr übertragenen Bereichs verantwortlich gemacht worden sei, ihr andererseits jedoch die betrieblichen Mittel vorenthalten worden seien, das Ziel zu erreichen. Von ihr aufgestellte Dienstpläne seien von Frau Sch. ignoriert worden, gleichzeitig sei der Arbeitskollegin G.-K. untersagt worden, sie zu unterstützen. Spätestens mit der Verbreitung der Behauptung im Kollegenkreis, sie sei "gefährlich" sei die Grenze zu einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts überschritten. Hierbei handele es sich geradezu um den klassischen Fall einer Ausgrenzung. Diese Gesamtumstände habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend gewürdigt. Insbesondere habe es keine Gesamtbetrachtung der Vorkommnisse vorgenommen, sondern im Wesentlichen eine Bewertung der Einzelvorfälle.

31

Ihr zweitinstanzlicher Klageantrag zu 2) sei zulässig, weil sie ihn beziffert habe. Der Antrag sei auch begründet. Ihr Schaden errechne sich aus der Differenz zwischen dem Bruttoverdienst, den sie bei der Beklagten von Mai 2014 bis März 2016 erzielt hätte (23 Mon. x € 2.513,50), und den Lohnersatzleistungen (Krankengeld vom 27.04.2014 bis 13.09.2015, Arbeitslosengeld vom 14.09.2015 bis 31.03.2016). Ohne die beeinträchtigenden Handlungen der Beklagten hätte sie keine Lohnersatzleistungen in Anspruch nehmen müssen, wodurch ihr ein Verdienstausfallschaden in Höhe des Differenzbetrages entstanden sei.

32

Auch der Klageantrag zu 3) sei zulässig. Das besondere Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass ihre Erkrankung noch nicht ausgeheilt sei, sie befinde sich weiterhin in fachärztlicher Behandlung. Der Antrag sei auch begründet. Die Situation am Arbeitsplatz sei ungeklärt, das Arbeitsverhältnis bestehe fort. Darüber hinaus sei sie nach wie vor auf Lohnersatzleistungen angewiesen, so dass ihr monatlich ein weiterer materieller Schaden entstehe.

33

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

34

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.12.2015, Az. 2 Ca 2094/15, abzuändern,

35

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von € 50.000,00 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung jedoch nicht unterschreiten sollte,

36

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 57.810,50 brutto abzüglich € 29.775,52 netto zu zahlen,

37

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der von der Beklagten verursachten Schädigung ihrer Gesundheit entstehen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

1. die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

40

2. hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

41

Sie ist der Ansicht, die Berufung sei bereits unzulässig. Zum Antrag auf Zahlung von Schmerzensgeld (Klageantrag zu 1) sei eine argumentative Auseinandersetzung mit der Begründung des erstinstanzlichen Urteils, insb. zur Unschlüssigkeit des Vortrags für eine kausale Gesundheitsschädigung durch den Arbeitgeber wie auch für eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht erfolgt. Stattdessen habe die Klägerin wiederum Schilderungen von Einzelereignissen aneinandergereiht, die nicht zur Schlüssigkeit ihrer Klage führten. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) auf Zahlung von Schadensersatz in bezifferter Höhe, sei die zweitinstanzliche Klageänderung unzulässig. Sie willige nicht in die Klageänderung ein, diese sei auch nicht sachdienlich.

42

Die Berufung sei zumindest unbegründet. Die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld sei weiterhin unschlüssig. Die Klägerin sei nicht schikaniert oder diskriminiert worden. Sie habe im Juni 2013 insgesamt 2,3 Minusstunden angesammelt und im Juli 2013 19,45 Minusstunden. Die Arbeitsstunden habe die Klägerin selbst handschriftlich dokumentiert. Die Klägerin genüge auch zweitinstanzlich nicht den Anforderungen an ihre Darlegungslast. Es bestehe kein Kausalzusammenhang zwischen den von ihr behaupteten Belastungen am Arbeitsplatz und ihren Erkrankungen. In diesem Zusammenhang sei auf die Ausführungen im ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 10.12.2014 hinzuweisen, den die Klägerin vorgelegt habe:

43

"Im AVEM, einem Instrument zur interventionsbezogenen Diagnostik beruflichen Bewältigungsverhaltens erzielt Frau R. auf den Skalen "Distanzierungsfähigkeit", "Innere Ruhe und "Ausgeglichenheit", "Erfolgserleben im Beruf" und "Lebenszufriedenheit" unterdurchschnittliche und auf den Skalen "subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit", "Beruflicher Ehrgeiz", "Verausgabungsbereitschaft", "Perfektionsstreben und "Resignationstendenz (bei Misserfolg)" überdurchschnittliche Testwerte.

44

Die Patientin ist mit einer Wahrscheinlichkeit von p = 92 Risikotyp A, der durch gesundheitsgefährdendes Verhaltens- und Erlebensmuster mit überhöhtem Engagement und geringer Distanzierung bezüglich Arbeitsproblemen, verminderter psychischer Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und ein eingeschränkten Lebensgefühl kennzeichnend ist, zuzuordnen."

45

Vor diesem Hintergrund sei nicht zu verstehen, wie die Klägerin eine Kausal-beziehung zwischen einem Verhalten ihrer Vorgesetzten und ihrem Krankheitsbild sehe. Dies sei in Anbetracht der geschilderten zahlreichen Vorerkrankungen und der konstitutionellen Grundsituation der Klägerin auszuschließen. Der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch iHv. mindestens € 50.000,00 sei im Übrigen völlig überhöht.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

47

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch ordnungsgemäß begründet. Die Berufungsbegründung setzt sich iSv. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO mit den die Klageabweisung tragenden Begründungen des Arbeitsgerichts - gerade noch - hinreichend auseinander. Die Klägerin hat aufgezeigt, in welchen Punkten sie das arbeitsgerichtliche Urteil aus welchen Gründen für unrichtig hält, obwohl sie auf eine Vielzahl der rechtlichen und tatsächlichen Argumente des angefochtenen Urteils nicht eingegangen ist.

II.

48

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die drei Klageanträge sind zwar zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Schmerzensgeld noch auf Ersatz eines materiellen Schadens.

49

1. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.

50

a) Der auf Zahlung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung eines Schmerzensgeldes ermöglicht und eine Angabe zur Größenordnung des Schmerzensgeldes, nämlich mindestens € 50.000,00, gemacht. Das genügt (BAG 19.08.2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 26).

51

b) Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK) und ihrer Gesundheit (§ 253 Abs. 2 BGB).

52

aa) „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche wegen Mobbings geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Arbeitnehmer genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17 mwN).

53

Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/ Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17 mwN).

54

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 18 mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der ua. auch den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Er umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 19).

55

Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, muss aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 20 mwN).

56

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlich nochmals erweiterte Vorbringen der Klägerin keinen Anspruch auf Schmerzensgeld oder materiellen Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Mobbings rechtfertigt.

57

(1) Das Arbeitsgericht hat unter ausführlicher und sorgfältiger Würdigung des beiderseitigen Sachvortrags zu den einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorgängen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer nach eigener Prüfung und Würdigung des weiteren Vorbringens vollinhaltlich an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug.

58

Die Rüge der Berufung, das Arbeitsgericht habe keine Gesamtbetrachtung der Vorkommnisse vorgenommen, sondern im Wesentlichen die von der Klägerin geschilderten Einzelvorgänge bewertet, ist nicht berechtigt. Das Arbeitsgericht hat auf Seite 21 und 22 des angefochtenen Urteils ausführlich begründet, dass auch die anzustellende Gesamtschau nicht geeignet sei, den Mobbingvorwurf zu stützen.

59

(2) Soweit die Klägerin in der Berufung als besonders schwerwiegenden Mobbing-Aspekt herausstellt, dass ihr die Beklagte eine "überobligatorische" Arbeitsmenge zugewiesen habe, so dass sie bis zur gesundheitlichen Erschöpfung habe arbeiten müssen, lässt sich dieser Vorwurf nicht verifizieren.

60

Die Klägerin hat sich in § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags zu einer wöchentlichen "Mindestarbeitszeit" von 40 Stunden verpflichtet, so dass sie regelmäßig 173,33 Monatsstunden zu arbeiten hatte. In § 3 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags haben die Parteien außerdem vereinbart, dass Mehr- und Überarbeit vorrangig durch Freizeit ausgeglichen werden soll. Zusätzlich hat sich die Klägerin in § 3 Ziff. 2 verpflichtet, maximal zehn Stunden pro Woche "auf Abruf gemäß § 12 TzBfG" zu arbeiten. Unabhängig davon, ob diese Vereinbarung gesetzlich überhaupt zulässig ist, hätte die Klägerin, um das Gericht in die Lage zu versetzen, den behaupteten "überobligatorischen" Arbeitseinsatz zu prüfen, konkret darlegen müssen, dass sie Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat und die - ggf. - geleisteten Überstunden von der Beklagten nicht durch bezahlte Freizeit ausgeglichen worden sind. Daran fehlt es.

61

Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Arbeitszeitnachweise für die Monate Juni und Juli 2013, in denen die Klägerin nach ihrem Vorbringen besonders viel gearbeitet haben will, arbeitete sie im Juni 2013 insgesamt nur 164:15 Stunden (Bl. 377 d.A.). Im Juli 2013 sind ihr von der Beklagten auf das Stundenkonto 160:20 Stunden verbucht worden, wobei die Beklagte für 11 Krankheitstage 73:22 Stunden in den Arbeitszeitnachweis (Bl. 379 d.A.) aufgenommen hat. Die Klägerin durfte die von der Beklagten behaupteten Minusstunden nicht pauschal bestreiten. Sie verkennt die ihr obliegende Darlegungslast, wenn sie lediglich pauschal behauptet, sie habe regelmäßig unbezahlte Überstunden leisten müssen, worauf bereits das Arbeitsgericht hingewiesen hat. Die Klägerin ist für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen sie Schmerzensgeld- und materielle Schadensersatzansprüche herleitet, darlegungs- und beweispflichtig ist (BAG 11.12.2014 - 8 AZR 838/13 - Rn. 15 mwN). Die Anforderungen an die Darlegungslast für behauptete Überstunden (vgl. hierzu BAG 10.04.2013 - 5 AZR 122/12) werden nicht dadurch geringer, dass die Klägerin anstatt im Überstundenprozess Vergütung einzuklagen, Mobbingvorwürfe wegen "überobligatorischer" Mehrarbeit erhebt und ein Schmerzensgeld iHv. € 50.000,00 verlangt, dass ihr Jahreseinkommen erheblich übersteigt.

62

(3) Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei eine "leitende Position" in Aussicht gestellt worden, um sie zu einem "überobligatorischen" Arbeitseinsatz zu bewegen, ohne ihr jedoch die entsprechenden Kompetenzen zu übertragen; ihre Vorgesetzte M. habe ihr erklärt, sie sei für eine leitende Funktion nicht "erwachsen und reif genug", ist ein mobbingrelevantes Verhalten ebenfalls nicht zu erkennen. Für den behaupteten überobligatorischen Arbeitseinsatz hat die Klägerin - wie oben ausgeführt - nichts Substanzielles vorgetragen. Eine verbindliche Beförderungszusage hat die Beklagte nicht abgegeben. Ein allgemeiner Beförderungsanspruch folgt weder aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht noch aus anderen Vorschriften. Eine unbestimmte Aussicht oder eine bloße Hoffnung auf Erlangung einer leitenden Position, ist nicht geschützt. Der Umstand, dass die Vorgesetzte Müller ihrer Bewertung Ausdruck verliehen hat, der Klägerin fehle (noch) die persönliche Eignung, um Leitungsaufgaben zu meistern, begründet den Mobbingvorwurf nicht.

63

Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen grundsätzlich nicht geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 -16.05.2007 Rn. 85 mwN; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz - 06.06.2016 - 1 Sa 189/15 - Rn. 197 mwN).

64

Bei den von der Klägerin auch zweitinstanzlich dargelegten "Mobbing-Vorfällen" handelt es sich um typische Meinungsverschiedenheiten und "Reibereien" des alltäglichen Arbeitslebens, die die Klägerin subjektiv als unangemessen empfunden haben mag, ohne dass der Schluss auf systematische Anfeindungen und/oder schikanöses oder diskriminierendes Verhalten gerechtfertigt ist. Auch bei einer Gesamtschau der von der Klägerin genannten, behaupteten Vorkommnisse lässt sich nicht feststellen, dass sie vom Geschäftsführer der Beklagten selbst oder ihren Vorgesetzten M. und Sch. durch eine systematische und zielgerichtete Vorgehensweise herabgewürdigt worden ist. Die geschilderten Einzelfälle betreffen das Persönlichkeitsrecht teilweise schon nicht oder in so geringem Maß, dass sie auch in der Gesamtheit nicht das Gewicht einer Persönlichkeitsrechtsverletzung erhalten.

65

cc) Auf die vom Arbeitsgericht vertiefte Frage, ob der Anspruch (auch) daran scheitert, dass es an einer substantiierten Darlegung eines Kausalzusammenhangs zwischen den als Mobbing wahrgenommenen Geschehnissen und den Erkrankungen der Klägerin fehlt, kommt es nicht an. Jedenfalls sprechen die von der Klägerin angegebenen Diagnosen und die vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht zweifelsfrei für eine Kausalität. So können bspw. die psychischen Probleme wegen belastender Erlebnisse in der Kindheit nicht der Beklagten zugerechnet werden.

66

2. Der zweitinstanzliche Klageantrag zu 2) ist zulässig, aber unbegründet.

67

a) Die Klägerin hat zweitinstanzlich ihren Antrag auf Schadensersatz wegen Verdienstausfalls beziffert. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin macht nunmehr als Schaden die entgangene Grundvergütung von Mai 2014 bis März 2016 (23 Mon. x € 2.513,50 brutto) iHv. € 57.810,50 brutto abzüglich der Lohnersatzleistungen (Krankengeld vom 27.04.2014 bis 13.09.2015, Arbeitslosengeld vom 14.09.2015 bis 31.03.2016) iHv. € 29.775,52 netto geltend.

68

b) Die zweitinstanzliche Klageänderung ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - sachdienlich iSd. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO. Sie kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung ohnedies zugrunde zu legen hat. Durch die Zulassung der Klageänderung kann der sachliche Streitstoff im Rahmen des anhängigen Verfahrens ausgeräumt und einer neuen Klage vorgebeugt werden. Die nunmehr beziffert geltend gemachten Ansprüche auf Verdienstausfall knüpfen an den bisherigen Prozessstoff an.

69

c) Die Zahlungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte für die Zeit vom Mai 2014 bis März 2016 keinen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall.

70

Die Klägerin ist seit dem 16.04.2014 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum endete, weil eine Fortsetzungserkrankung vorlag, nach ihrem Vorbringen am 26.04.2014. Ab dem 27.04.2014 zahlte ihr die gesetzliche Krankenkasse bis zum 13.09.2015 Krankengeld. Seit dem 14.09.2015 wird ihr Arbeitslosengeld gewährt. Die Beklagte ist seit dem 27.04.2014 nicht verpflichtet, der Klägerin bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung die Differenz zwischen Krankengeld oder Arbeitslosengeld und der regelmäßigen Arbeitsvergütung als Verdienstausfallschaden zu ersetzen. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage. Ein Schadensersatzanspruch auf entgangene Arbeitsvergütung (§ 252 BGB) scheitert daran, dass der Beklagten bzw. ihren Erfüllungsgehilfen keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. 1b) verwiesen werden.

71

3. Der Klageantrag zu 3) ist zulässig, aber unbegründet.

72

a) Der Feststellungsantrag ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts zulässig. Wird Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden erhoben, liegt ein Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO vor, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss sind. Es muss lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen (BAG 17.03.2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 20 mwN). Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (BAG 22.07.2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 105 mwN). Dies erscheint auf der Grundlage der von der Klägerin behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht gänzlich fernliegend, zumal der für eine Gesundheitsschädigung verantwortliche Schädiger grundsätzlich auch für Folgewirkungen einstehen muss, die auf einer psychischen Prädisposition beruhen (BGH 13.06.2013 - IX ZR 155/11 - Rn. 15 mwN).

73

b) Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weil - wie oben unter Ziff. 1b ausgeführt - die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht vorliegen, also insbesondere kein haftungsrechtlich relevanter Eingriff in ein geschütztes Rechtsgut der Klägerin gegeben ist, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann.

III.

74

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

75

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung über die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Schmerzensgeld wegen Mobbing zu zahlen. Hinsichtlich des ursprünglich als Beklagten zu 4) beklagten Herrn J.C. (im Folgenden: ehemaliger Beklagte zu 4)), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren abgetrennt.

2

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist ein weiteres, im Wesentlichen ebenfalls auf Schadensersatzforderungen wegen Mobbing gestütztes Verfahren anhängig (AZ: 1 Sa 189/15), in welchem der Kläger unter anderem den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Entgeltausfall geltend macht.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall-und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen.

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt. Seit dem 27.04.2012 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) hat deswegen bei dem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers gestellt.

5

Die Beklagte zu 1) ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten zu 1) wurde ein Betriebsrat gebildet.

6

In der IT-Abteilung der Beklagten zu 1) werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 3), besetzt.

7

Zusätzlich beauftragte die Beklagte zu 1) in der Vergangenheit mehrfach die Beklagte zu 2) mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der ehemalige Beklagte zu 4) war bis Juli 2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 4) war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten zu 2).

8

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Bl. 636 ff. d.A.) durch welches die Beklagte zu 1) verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

9

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Beklagten zu 1) gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte zu 1) anhängig.

10

Am 08.06.2010 forderte der Beklagte zu 3) den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte zu 1) gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn X., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte zu 1) aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen der Beklagte zu 3) dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

11

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn X. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch den Beklagten zu 3) sowie Herrn X. unterzeichnet war. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 3623 der Akten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn X. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 2418 der Akten).

12

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

13

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten zu 1) das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 2) beschäftigten ehemaligen Beklagten zu 4) weitergeleitet.

14

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

15

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte zu 1) den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Blatt 358 ff. d.A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagte zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

16

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die Beklagte zu 2) einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten zu 1) eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

17

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

18

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...000“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

19

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ...000 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ...000 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. G. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

20

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

21

Unter dem 25.05.2011 fertigte die Beklagte zu 2) einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) bezeichnet. Neben diesem hat auch der Beklagte zu 4) den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

22

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

23

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

24

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

25

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte zu 1) bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

26

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte zu 1) gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte zu 1) heraus.

27

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

28

Daraufhin leitete die Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

29

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte zu 1) Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Beklagten zu 3 und 4 sowie den ehemaligen Beklagten zu 4. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft B. K. ... Js 00000/00) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

30

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Beklagten zu 3). Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten zu 1), gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten zu 1) gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte der Beklagte zu 3), er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

31

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

33

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten zu 1) eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zur Person des Klägers äußerte.

34

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte zu 1) leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte zu 1) den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

35

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

36

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte der Beklagte zu 3) im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

37

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) ein. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie der Sachverständige Dr. St., Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 1738 ff. der Akten), beauftragt.

38

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

39

Unter dem 24.01.2011 (Richtig: 2012) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 ff. der Akten im Verfahren 1 Sa 189/15), auf das Bezug genommen wird, wurde die Beklagten zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

40

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger den Beklagten zu 3) darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte der Beklagte zu 3) den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter den 22.03.2012 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

41

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte zu 1) den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte zu 1) erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

42

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zu 1) nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu 1) zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

43

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten zu 1) wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten zu 1) nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

44

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte zu 1) gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten zu 1) und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

45

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte zu 1) sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

46

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

47

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3), dem ehemaligen Beklagten zu 4) sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

48

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte zu 1) die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

49

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1) und der zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

50

Der Beklagten zu 1) wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 2494 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

51

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und G. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

52

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte zu 1) mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

53

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des ehemaligen Beklagten zu 4). Die Beklagte zu 1) brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

54

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens beantragt.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

56

Durch das genannte, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

57

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:

58

Ein die Schmerzensgeldforderung begründender Schadensersatzanspruch des Klägers sei gegenüber keinem der Beklagten gegeben.

59

Die Beklagte zu 1) müsse sich zwar etwaiges Verschulden des Beklagten zu 3) als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zu 1) zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

60

Ein Anspruch gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) sei ebenfalls nicht begründet. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich dieser Beklagten eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

61

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten zu 1) gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

62

Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 sei ein mobbingrelevantes Verhalten, könne offenbleiben, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten zu 1) gedeckt gewesen sei. Jedenfalls sei diese nicht geeignet, von einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen, da die Weisung sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

63

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 hat das Arbeitsgericht nicht als Akte von Mobbing angesehen. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses der Beklagte zu 3) Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

64

Wenn der Kläger geltend mache, die Beklagte zu 1) habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) vorgelegt zu haben, sei der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Der Beklagte zu 3) habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

65

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vorgetragen hat, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte zu 1) erfolgt, sei der Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen, Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

66

Die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, sei sachlich begründet und mithin nicht als mobbingrelevant einzustufen. Die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

67

Für den durch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der Beklagten zu 1) Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

68

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

69

Soweit der Kläger geltend mache, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom 14.07.2011 beschuldigt worden, sich Zugang zu E-Mails des Beklagten zu 3) verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu haben, habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

70

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

71

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein den Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („10. Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 2069 – 2074 der Akten).

72

Im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 sei eine der Beklagten zu 1) vorwerfbaren Pflichtverletzung nicht erwiesen. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

73

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) erfülle ungeachtet der Verurteilung zu deren Entfernung durch Teil-Urteil vom 05.07.2012 (im Verfahren 5 Ca 82/12, dort Blatt 636 ff. der Akten) keinen Mobbingtatbestand. Sie sei nicht schikanös und durch die auch durch den Kläger aufgrund der Vielzahl erfolglos eingeleiteter Beschlussverfahren angespannte Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geprägt. An einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle es daher.

74

Dass die Beklagte zu 1) gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden Zustimmungsersetzungsverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

75

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Abmahnung sei deshalb jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

76

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 2080 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

78

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte zu 1) im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten zu 1) habe einen sachlichen Inhalt.

79

Die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

80

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

81

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagte zu 1) für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

82

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie den ehemaligen Beklagten zu 4) ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

83

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

84

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes vom 31.05.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff. der Akten), macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

85

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte zu 1) gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 3) und 4) sowie des ehemaligen Beklagten zu 4) zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB anzusehen; sie müsse sich deren Verschulden mithin zurechnen lassen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die Beklagte zu 2), die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor. Die Beklagten zu 2) bis 4) sowie der ehemalige Beklagte zu 4) seien neben der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch zur Erfüllung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verpflichtet.

86

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst und im Wesentlichen geltend:

87

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Der Beklagte zu 3) habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte zu 1) ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

88

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Beklagten zu 3) kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten zu 1) gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

89

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung X. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch den Beklagten zu 3) über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

90

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte zu 1) vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

91

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1) ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte zu 1) habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass der Beklagte zu 3) ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich der Beklagte zu 3) ihn zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

92

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten zu 1) kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

93

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden sei.

94

Die Beklagte zu 1) habe zu Unrecht an den durch die Beklagte zu 2) gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des ehemaligen Beklagten zu 4) und des Beklagten zu 4) eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

95

Der Beklagte zu 3) habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Der Beklagte zu 3) habe Kenntnis davon gehabt, dass der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Der Beklagte zu 4) sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie der ehemalige Beklagte zu 4).

96

Der ehemalige Beklagte zu 4) habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der ehemalige Beklagte zu 4) im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten zu 1) im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

97

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „Domainadmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

98

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Der Beklagte zu 3) habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte zu 1) ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 2337 – 2341 der Akten) wird Bezug genommen.

99

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

100

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten zu 1) nicht leichtfertig geäußert wurde, habe die T. GmbH nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

101

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem erstinstanzlichen auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

102

Weiter sei der Beklagten zu 1) sowie dem Beklagten zu 3) anzulasten, dass letzterer trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten habe. Jedenfalls der ehemalige Beklagte zu 4) hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der ehemalige Beklagte zu 4) im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Beklagten zu 3) habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem ehemaligen Beklagten zu 4) bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

103

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, ist der Kläger der Auffassung, dass das Gericht außer Acht lasse, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

104

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte zu 1) hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

105

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 2) – deren Verschulden der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der Beklagten zu 2) Kenntnis davon bestanden habe, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissen gehandelt hätten.

106

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

107

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die Beklagte zu 1) habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Der Beklagte zu 3) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten gewusst, dass allein die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

108

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herr Y., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

109

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2374 – 2379 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte zu 1) als Äußernde die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

110

Das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

111

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 2380 – 2382 der Akten).

112

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte zu 1) die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

113

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

114

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten zu 1) gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte zu 1) habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

115

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er, der Kläger, zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten zu 1) herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten zu 1) seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

116

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte zu 1) seien nicht zu beanstanden, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, berücksichtige es nicht, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu 1) gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

117

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass der Beklagte zu 3) infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten zu 1) geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2384-2391 der Akten) Bezug genommen.

118

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte zu 1) nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

119

Auch die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

120

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von dem ehemaligen Beklagten zu 4) getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte zu 1) abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

121

Er, der Kläger, habe auch im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) in einem Büro arbeiten könne. Dies hätte der Beklagte zu 3) sowie Herr X. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

122

Am 05.11.2013 habe ihn der Beklagte zu 3) dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe der Beklagte zu 3) den ehemaligen Beklagten zu 4) nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu 1) zerstören würde. Diese Frage habe der Beklagte zu 3) ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte der Beklagte zu 3) dem ehemaligen Beklagten zu 4) und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Der Beklagte zu 3) habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

123

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten zu 1) mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft habe, werde verkannt, dass insofern leitendes Motiv seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen sei. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die Beklagte zu 2) fremd zu vergeben. Die Beklagte zu 1) habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1), die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte zu 1) hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem in der Behauptung gegipfelt habe, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) gesät worden.

124

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu 1) zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu 1) zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten zu 1) umkehre.

125

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe das Arbeitsgericht unzulässig eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, obwohl es im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt habe.

126

Der Kläger beantragt,

127

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 40.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte.

128

Die Beklagten beantragen jeweils,

129

die Berufung zurückzuweisen.

130

Die Beklagten zu 1) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 (Blatt 2648 ff. der Akten) und den weiteren Schriftsätzen vom, 06.05.2016 (Bl. 2840 ff., 2847 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, als zutreffend und machen im Wesentlichen geltend:

131

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

132

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Der Beklagte zu 3) sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

133

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagten entsprechend vorgetragen hätten, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

134

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, vier Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

135

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

136

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sich die Beklagte zu 1) lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

137

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Beklagten zu 1) eine seitens des Klägers behauptete betriebliche Übung existiert, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; eine entsprechende Praxis sei fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

138

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass ihnen das Scheitern der Wiedereingliederung vorzuwerfen sei. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien im Arbeitsverhältnis könne nicht immer vermieden werden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

139

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

140

Die Beklagte zu 2) tritt der Berufung mit dem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 28.09.2015 (Blatt 2548 ff. d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 03.05.2016 (Blatt 2815 ff. d.A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, entgegen.

141

Eine Haftung der Beklagten zu 1) für ihr, der Beklagten zu 2), Verschulden gemäß § 278 BGB komme – ohne, dass es hierauf für ihre eigene Haftung ankäme – nicht in Betracht; sie sei nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen, da ihr im Rahmen der Erfüllung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) keine Aufgaben hinsichtlich der Vertragserfüllung gegenüber dem Kläger zugewiesen worden seien.

142

Ihrer Haftung stehe weiter entgegen, dass die relevanten Erkrankungen erst ab April 2012 eingetreten seien und dass sie, die Beklagte zu 2), an der ganz überwiegenden Zahl der seitens des Klägers benannten Mobbinghandlungen auch nach dessen Vortrag nicht beteiligt gewesen sei; hinsichtlich der benannten Handlungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung Bezug genommen (Blatt 2551 – 2552 der Akten).

143

Im Zusammenhang mit der Fertigung der Untersuchungsberichte sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht gegeben. Dem Arbeitsgericht sei darin zu folgen, dass es seitens der Beklagten zu 1) keines Anfangsverdachts bedurfte, um entsprechende Maßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) vorsätzlich falsche Feststellungen bei Fertigung des Untersuchungsberichts getroffen hätten. Aus beiden Untersuchungsberichten gehe eindeutig hervor, dass die Meldung ID 1016 nicht als Beweis, sondern allenfalls als Indiz für einen Zugriff auf E-Mails angesehen werde.

144

In Bezug auf sie, die Beklagte zu 2), sei der verschiedene Sachverhaltskonstellationen erfassende Sachvortrag des Klägers unschlüssig, da ihre Haftung jedenfalls nach einer der genannten Konstellationen mangels rechtswidriger Handlungen der ihr zurechenbaren Personen, namentlich dem Beklagten zu 4) und dem ehemaligen Beklagten zu 4), ausscheide.

145

Ein Anspruch gemäß § 831 BGB für die behaupteten Handlungen des ehemaligen Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der Löschung der Sicherungsbänder sowie anderweitiger Manipulationshandlungen im Nachgang der Erstellung der Untersuchungsberichte scheide aus, da dieser – den Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – insofern jedenfalls nicht in Ausführung der Verrichtung tätig geworden sei. Gleiches gelte für seitens des Beklagten zu 4) und seitens des ehemaligen Beklagten zu 4) getätigten Äußerungen im Rahmen des Straf- bzw. Kündigungsschutzverfahrens.

146

Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) nicht vorsätzlich falsche Untersuchungsberichte erstellt hätten. Dies bestätigten auch die Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. St..

147

Jedenfalls könne sie, die Beklagte zu 2), sich gemäß § 831 Abs. 2 BGB entlasten. Der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Untersuchungsberichte zugunsten der Beklagten zu 1) allenfalls bei Gelegenheit, nicht aber bei Verrichtung des ihr, der Beklagten zu 2), erteilten Auftrags vorgenommen. Selbst wenn die Manipulationen erfolgt wären, scheide ihre Haftung mithin aus.

148

Jedenfalls habe sie, die Beklagte zu 2), den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die sorgfältige Auswahl ergebe sich aus den umfassenden Qualifikation beider Beklagten; hinsichtlich des entsprechenden Vortrags der Beklagten zu 2) wird auf die Berufungserwiderungsschrift (Blatt 2563 - 2580 der Akten) Bezug genommen. Sie habe den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) auch bei Durchführung der Begutachtung ausreichend überwacht; der Beklagte zu 4) habe auf ihren Auftrag hin den Untersuchungsbericht 1 zusätzlich geprüft und unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) berichtet.

149

Der Beklagte zu 4) tritt der Berufung nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2606 ff. der Akten), entgegen. Er macht sich zunächst das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 2) zu eigen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

150

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Beklagten zu 3) und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der Beklagten zu 1) geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei ihnen dies nicht anzulasten. Sie seien insofern unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe sie keine Verantwortung.

151

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der Beklagten zu 1) trägt der Beklagte zu 4) vor, dass diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum hätten abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

152

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den ehemaligen Beklagten zu 4) vorgenommen werden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

153

Der Beklagte zu 4) trägt vor, dass ihm der Inhalt des Untersuchungsberichts 1 nicht bekannt gewesen sei. Er sei ausschließlich an der Erstellung des durch die Versionsnummer 1.0 eindeutig als freigegebene Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 beteiligt gewesen. Er habe sich insofern durch den ehemaligen Beklagten zu 4) sämtliche Angaben mitteilen lassen und im System gegengeprüft; in der Folge habe er einige Änderungen am Bericht vorgenommen und ihn dann freigegeben.

154

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

155

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

156

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

157

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

158

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen keinen der Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die haftungsbegründende Kausalität für einen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegeben ist.

159

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

160

a. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

161

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

162

b. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

163

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegen. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

164

c. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

165

d. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

166

e. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

167

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten zu 1) anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten zu 1) gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

168

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

169

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

170

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten zu 1) folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

171

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte zu 1) (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1) entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

172

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das in einem Arbeitsverhältnis noch als übliche anzusehende Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet.

173

Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

174

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte zu 1) geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

175

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, den Beklagten zu 3) auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

176

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1) ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte zu 1) ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten zu 1) anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe des Beklagten zu 3) bzw. des ehemaligen Beklagten zu 4) psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

177

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 3) nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

178

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte zu 1) ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung einer Inventur unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zu 1) zu Recht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

179

iv. Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten zu 1), ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könne einen Mobbingvorwurf begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte zu 1) veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

180

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

181

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

182

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

183

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten zu 1) erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung des Beklagten zu 3), bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen.

184

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

185

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

186

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

187

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 3) habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

188

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr X. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch den Beklagten zu 3) erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

189

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

190

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten zu 1) und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

191

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten lag. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

192

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kommt. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten zu 1) dar.

193

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte zu 1) hätte sich auf einen - nicht näher definierten – sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten zu 1) einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen; diese sind gerade nicht mutwillig erfolgt.

194

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte zu 1) im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

195

(g) Ebenso ist die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

196

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung „boykottiert“ habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte zu 1) keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1) besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

197

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

198

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

199

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

200

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

201

(d) Die wegen Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

202

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen und dies dem Kläger per E-Mail mitgeteilt. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Abmahnung war daher jedenfalls nicht offensichtlich ungerechtfertigt.

203

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten zu 1) mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte zu 1) dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte zu 1) aus ihrer Sicht die Einleitung des Verfahrens für sachlich gerechtfertigt halten konnte, ohne mutwillig zu handeln.

204

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde lag, seitens der Beklagten zu 1) wider besseren Wissen erhoben wurde.

205

i. Der Beklagten zu 1) ist ein Verschulden des Beklagten zu 3), nicht aber ein solches der Beklagten zu 2) bzw. des Beklagten zu 4) und des ehemaligen Beklagten zu 4), die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) waren, zuzurechnen. Nur der Beklagte zu 3) war zum relevanten Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben, S.27).

206

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte zu 2) war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten zu 1) aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

207

ii. Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Beklagten zu 1) aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4). Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2) in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

208

i. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten zu 1) mithin nicht maßgeblich.

209

ii. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Beklagten zu 3) erfolgt, ist unsubstantiiert und nicht beachtlich. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann der Beklagte zu 3) auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

210

iii. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1), bzw. der ihr zuzurechnende Beklagte zu 3), auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wussten, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, dass der dortige Antrag der Beklagten zu 1) mutwillig erfolgte. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

211

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Beklagten zu 3) erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch den ehemaligen Beklagten zu 4) als verantwortlichen Autor und den Beklagten zu 4) als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

212

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte zu 1) davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Beklagten zu 3) erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass der Beklagte zu 3) zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

213

Das Arbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu 1, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Beklagten zu 3 davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

214

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

215

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

216

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Beklagten zu 3 davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

217

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Bericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zu 1 zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

218

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

219

Eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu 1) zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten zu 1) bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

220

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr nachweisen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte zu 1) oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des ehemaligen Beklagten zu 4) einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten zu 1) mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

221

iv. Die Frage, ob die Beklagte zu 1) vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte zu 1) darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte zu 1) angesichts des eindeutigen Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

222

v. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, zusätzlich zu den durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

223

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte zu 1) nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

224

(c) Die Beklagte zu 1) hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

225

(4) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

226

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

227

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte zu 1) gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht nicht fest, dass seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

228

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

229

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

230

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis würde sich damit als Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises darstellen. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

231

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte zu 1) gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

232

(5) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten zu 1) lässt sich eine das Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht begründen.

233

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

234

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

235

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

236

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte zu 1) betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte zu 1) selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass der ehemalige Beklagte zu 4) die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des ehemaligen Beklagten zu 4) ist der Beklagten zu 1) indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte zu 1) den ehemaligen Beklagten zu 4) diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt. Ungeachtet dessen wäre dies ohnehin allenfalls als Indiz für eine für ein Mobbing erforderliche Systematik anzusehen.

237

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

238

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

239

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

240

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

241

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte zu 1) die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (hierzu bereits oben).

242

f. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

243

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

244

Hier kann offenbleiben, ob die Beklagten zu 2), 3), 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

245

g. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung.

246

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

247

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit Mobbingfällen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

248

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

249

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

250

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

251

(a) Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist (siehe oben), müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Wenn er insofern zum einen vorträgt, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten zu 1) rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

252

(b) Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 2403 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Beklagten jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurden; insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und dem mit der Klage geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

B.

253

Ein Entschädigungsanspruch ist auch gegen die Beklagte zu 2) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

254

1. Wenn sich der Kläger darauf beruft, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den Einbezug des Klägers in den zwischen den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen Vertrag gegeben sind.

255

a. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage steht dem Schadensersatzanspruch die fehlende haftungsbegründende Kausalität gleichermaßen entgegen. Auch im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches ist der Anspruchsgläubiger in Bezug auf den Zurechnungszusammenhang vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet; die Umkehr der Beweislast gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur für das (fehlende) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (vergleiche Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 280 Rn. 34 m. w. N.).

256

b. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) kausal für die seinerseits behauptete Erkrankung als Verletzung der Gesundheit (§ 253 Abs. 2 2. Var. BGB) war. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden haftungsbegründenden Kausalität.

257

2. Aus dem gleichen Grund scheidet ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 823 BGB bzw. § 831 BGB aus.

C.

258

Auch ein – hier mangels vertraglicher Beziehung allein in Betracht kommender – deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 3) und 4) ist ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen jedenfalls mangels Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität nicht gegeben.

D.

259

Die Berufungskammer hat bei ihrer abschließenden Beratung auch den Schriftsatz des Klägers vom 31.05.2016 berücksichtigt und darüber beraten, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist, § 156 ZPO. Ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens § 156 Abs. 1 ZPO besteht für eine Wiedereröffnung keine Veranlassung. Neben Rechtsausführungen, die weitestgehend schon in früheren Schriftsätzen getätigt wurden, enthält der Schriftsatz auch keinen neuen Tatsachenvortrag.

III.

260

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

33
aa) Die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten - nichts anderes gilt für den im Wege der Legalzession (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.) zum Anspruchsinhaber gewordenen Versicherer - erstreckt sich auch auf den Ursachenzusammenhang zwischen dem Pflichtverstoß und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823 Rdn. 80). Eine Beweiserleichterung zu seinen Gunsten scheidet aus, da ein Abdriften der Feuerwerksrakete auf zahlreichen, von der Stabilität der Abschussposition unabhängigen Ursachen (z.B. Wind) beruhen kann.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Tenor

Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.10.2011, Az.: 8 Ca 2030/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Pflicht zur Sonderprämiengewährung, über Schmerzensgeld- und Entschädigungsansprüche sowie Unterlassungs- und Absicherungspflichten.

2

Die Klägerpartei ist produktionsmitarbeitende Arbeitnehmerin bei der Beklagten, die ein eigenständiges schuhproduzierendes (Wirtschafts-)Unternehmen mit Sitz in St. K. betreibt. Sie ging 1996 aus der Y Schuhtechnik GmbH & Co KG sowie der Z Schuhtechnik GmbH hervor. Sie beschäftigt ca. 150 Mitarbeiter. Mit der S Schuhproduktion GmbH - nachfolgend Q - und der J Schuhproduktion GmbH - nachfolgend P - teilt sich die Beklagte Produktionshallen und Sozialeinrichtungen (wie Kantine, Toilette, Parkplätze). In Inhaberschaft der Familie Y, d.h. des Herrn Karl Y sowie seiner 3 Söhne (u.a. Christian und Stephan) gibt es mit Sitz in St. K., B-Stadt und V. noch weiteren Kapitalgesellschaften. Die Herren Christian und Stephan Y sind alleinige Gesellschafter Beklagten, der Q, der P sowie der in B. (Sachsen) ansässigen XGmbH - nachfolgend I -, welche Ausgangsprodukte für die Verarbeitung durch die Beklagte herstellt. Es gibt sieben Vertriebsunternehmen mit Sitz in V. oder L. am Rhein - die Y Orthopädie GmbH & Co. KG sowie die W GmbH, V Schuh GmbH, U Schuh GmbH, T Schuh GmbH, S Schuh GmbH - sowie das Logistikunternehmen L GmbH (Sitz: V.), von denen die Klägerseite durchweg meint, es handele sich aufgrund der Gesellschafterstellung der Herren Christian und Stephan Y ebenfalls um Unternehmen der „Y-Gruppe“.

3

Die Klägerseite erhob - ebenso wie 18 weitere Beklagtenbeschäftigte - im April 2011, nachdem von der Beklagten für langjährig praktizierte Gehaltsbestandteile (wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Prämien) auf Leistungsvorbehalte aufmerksam gemacht worden war, Klagen auf Feststellung, dass es sich um verbindliche Ansprüche handele. Sie begehrte zudem Gleichbehandlung, soweit ihr weniger als die für ab 58-jährige im Betrieb gewährten 36 Erholungsurlaubstage jährlich zukamen (nebst 2.000,- EUR Diskriminierungsentschädigung).

4

In einer Teamleiterbesprechung vom 5. Mai 2011 (frühnachmittags) antwortete der Beklagtengeschäftsführer auf Fragen nach einer Sonderprämie für das Geschäftsjahr 2010, wie sie für die Praxis der Q und der P angekündigt worden sei (die Parteien streiten, ob hierzu die Summe von 500,- EUR brutto genannt wurde [so die Klägerseite] sowie ob auch eine Prämienankündigung für Mitarbeiter der K GmbH und ohne Erwähnung von individuellen Besonderheiten thematisiert wurde [so die Klägerseite weiter]). Der Beklagtengeschäftsführer erwähnte darauf eine bei der (die Beklagte meint: Kernmarke - die Kernmarke wird von der Y Orthopädie GmbH & Co. KG vertrieben) Y - erfreuliche Geschäftsentwicklung des Jahres 2010 (die Klägerseite behauptet unter Bezifferung einer Umsatzsteigerung von mehr als 2%). Er teilte jedoch weiter mit, dass die Beklagtenmitarbeiter keine Sonderprämie erhielten. Aufgrund von 19 anhängig gemachten Mitarbeiterklagen stehe die Beklagte unter internem Bearbeitungs- und Kostenaufdruck. Neben der Rechtsverfolgung stelle die jeweilige Klageforderung ein Kostenrisiko dar, welches in seiner Größenordnung nicht zu kalkulieren sei. Der Beklagtengeschäftsführer nannte weder anlässlich dieses Gesprächs noch später gegenüber „Kollegen“ der Klägerpartei Namen der einzelnen Kläger.

5

Die Beklagtenmitarbeiter erhielten in der Folgezeit keine Sonderprämie.

6

Die Teamleiter gaben das Ergebnis der am 6. Mai 2011 zu Beginn der Frühschicht an ihre jeweils 10 bis 15 Teammitarbeiter weiter, woraufhin Beschäftigte, die keine Klagen erhoben hatten, den Eindruck erhielten, sie müssten für die Klageverfahren büßen, was zu Äußerungen der Verärgerung führte. Diese Beschäftigten gaben den klagenden Kollegen die Verantwortung für das Ausbleiben der Prämie.

7

In der Kantine der Beklagten wurde (noch vor dem 11. Mai 2011) ein Aushang angebracht, welcher die Unterschrift von 36 (so die Klägerseite) oder 29 (so die Beklagte) Mitarbeitern trug - darunter auch von Kandidaten der im noch Mai 2011 stattfindenden Betriebsratswahl - mit folgendem Text:

8

„G
Hört auf mit eurem Mist!!! Wir wollen unseren Job behalten!!!
Geht doch freiwillig“

9

Der Beklagtengeschäftsführer entschied - weil er den Aushang als Meinungsäußerung im Betriebsratswahlkampf ansah und keine Wahlbeeinflussung vornehmen wollte -, den Aushang nicht sofort zu entfernen. Am 11. Mai 2011 wurde die Betriebsratswahl abgehalten. Nachdem die Klägerseite (erstmals und einmalig) mit Bevollmächtigtenschreiben vom 24. Mai 2011 um Abnahme des Aushangs gebeten hatte, ließ die Beklagte ihn am 27. Mai 2011 ohne weitere Erklärungen an die Mitarbeiter entfernen.

10

Auf die im Bevollmächtigtenschreiben weiter erhobenen Forderungen, nämlich die Behauptung, Sonderzahlungen würden wegen der Klägerpartei nicht gezahlt, zu widerrufen, ferner geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit es nicht zu weiteren Übergriffen wie durch den Aushang komme, sowie die Sonderprämie, Schmerzensgeld und immateriellen Schadensersatz zu zahlen, antwortete die Beklagten am 30. Mai 2011 mit der Bitte um ergänzenden Sach- und Rechtsvortrag sowie mit Hinweis darauf, dass „die bekannten Klagen inhaltlich ein erhebliches Kostenrisiko darstellen“. Die Klägerpartei erhob daraufhin mit Eingang vom 8. Juni 2011 die vorliegende Klage.

11

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich vorgetragen:

12

Es liege eine Ungleichbehandlung, eine Maßregelung, ein Verstoß gegen § 612a BGB und § 16 Abs. 2 AGG vor. Es sei unzulässig, die erhobenen Klagen als Differenzierungsgrund bei der Prämienzahlung heranzuziehen, insbesondere vor dem Hintergrund des nach § 7 AGG geltend gemachten Mehrurlaubsanspruchs. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne von einer Mitursächlichkeit dieser Geltendmachung ausgegangen werden.

13

Die Beklagte sei ein Unternehmen der Y Gruppe. Diese führe zumindest einen gemeinsamen Betrieb. Es bestünden mehrere Produktionsfirmen in ähnlicher Größe; neben der Beklagten insbesondere die Q und die P. Deren Gesellschafter, Christian und Stephan Y, seien auch Gesellschafter der K Personalservice GmbH mit Sitz in St. K.. Diese habe im Fall von besonderem Personalbedarfs ihre (ehemals) 50 Mitarbeiter den Produktionsbetrieben Q, P wie auch der Beklagten zur Verfügung gestellt, bis die Beschäftigten am 1. Oktober 2010 von der Q übernommen worden seien. Christian und Stephan Y seien zudem Geschäftsführer Y Orthopädie GmbH & Co. KG, über die zunächst der Vertrieb erfolgt sei. Zwischenzeitlich gebe es noch sechs 100%ige Tochtergesellschaften der Y Orthopädie GmbH & Co. KG als Vertriebsfirmen (W GmbH, V Schuh GmbH, U Schuh GmbH, T Schuh GmbH, S Schuh GmbH). Zudem seien Christian und Stephan Y alleinige Gesellschafter der L GmbH, welche sämtliche Bestellungen in Empfang nehme, Versendungen unter automatisierter Weiterleitung an das Auslieferungslager besorge, die Zentrale Verwaltung einschließlich der zentralen Personalsachbearbeitung samt Gehaltsabrechnungen - auch der Beklagtenmitarbeiter - ausführe und von den Gesellschaften hinzugezogen werde, wenn es um Abfindungsvereinbarungen gehe. Die Gesellschaften in St. K., V. und A. verfügten über ein gemeinsames Zeiterfassungssystem und nutzten die Einrichtungen der EDV wie der Telefonanlage gemeinsam. Die Beklagte hänge - weil andere Kunden nicht existierten - faktisch von Beauftragungen durch die Y Gruppe ab. Sie sei außerdem in die Entwicklungs-, Vorproduktions-, Produktions-, Vertriebs- und Absatzprozesse, also ins organisatorische Gefüge der Gruppe insgesamt eingebunden. Die Beschäftigten würden mit ihren Arbeitserfolgen maßgeblich zum Geschäftserfolg der gesamten Y Gruppe beitragen. Der Beklagtengeschäftsführer könne - wie auch die Geschäftsführer bei Q und P - keine eigenständigen Entscheidungen treffen, sondern unterliege Anweisungen der beiden Gesellschafter.

14

Aufgrund dieser Unternehmensverknüpfung habe sich die begründete Mitarbeiterhoffnung auf eine Sondeprämie wegen des guten Geschäftsergebnisses in 2010 entwickelt. Wäre die Beklagte unabhängiges, eigenständiges Unternehmen hätte kein Mitarbeiter Hoffnungen dieser Art gehegt. Ihr (der Klägerpartei) sei nicht bekannt, welche individuellen Gründe die Geschäftsführer der Q wie der P gehabt haben mochten, einzelnen ihrer Beschäftigten aus individuellen Gründen ohne Sonderprämie zu behandeln. Sie gehe vielmehr von einer Sonderzahlung an alle Q- und P-Mitarbeiter aus (Zeugnis O, N, M, Parteivernehmung des Beklagtengeschäftsführers). Zudem folge aus der Beklagteneinlassung zum Teamleitergespräch am 5. Mai 2011, dass der Beklagtengeschäftsführer die Nichtzahlung einer Sonderprämie mit den von (u.a.) der Klägerpartei eingeleiteten und mit Kosten verbundenen gerichtlichen Schritten erläutert habe. Die Bilanz der Beklagten habe indes zwischen 10/09 und 9/10 ein positives Saldo von + 2.175 Mio. EUR (bzw. + 2.5 Mio. EUR) ausgewiesen, von denen 1.5 Mio. EUR an die Gesellschafter ausgeschüttet worden seien. Da eine Ausschüttung von 500 EUR Bruttoprämien an 150 Mitarbeiter nur etwa 90.000,- EUR Kosten verursacht hätte, sei der den Teamleitern am 5. Mai 2011 gegebene Hinweis irreführend gewesen.

15

Die Beklagte habe im Übrigen ihr (der Klägerpartei) allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt und sie zudem (weiter) diskriminiert.

16

Die Maßnahme der Prämienverweigerung füge sich insofern in die einschüchternden Umstände anlässlich der wegen zu geringer Beteiligung 2010 zunächst erfolglosen Betriebsratswahlinitiative, aufgrund derer schließlich (was unstreitig blieb) u.a. die zu den 19 klagenden Personen zählenden Mitarbeiter V.H. F, E, D, Q.T. F, C und O gerichtlich zu Mitgliedern/ Ersatzmitgliedern eines Wahlvorstands bestellt worden seien. Weiter folge aus dem Inhalt der Teamleiterbsprechung, dass der Beklagtengeschäftsführer das Ziel verfolgt habe, die Klägerpartei innerhalb der Belegschaft zu diskreditieren. Immerhin habe er (was unstreitig blieb) kein Stillschweigen über die Gründe für die Nichtzahlung der Prämie ausgegeben. Es liege mithin ein Anstacheln vor. Infolge dessen seien die Klägerparteien von ihren Kollegen in den Teams (teils lautstark) aufgefordert worden, „den Scheiß“ zu lassen, weil man nicht einsehe, für die Klagen herhalten zu müssen. Die Vorwürfe seien weiter in die Erklärung gemündet, die Klägerparteien sollten abhauen und das Arbeitsverhältnis kündigen. Derartige Vorfälle hätten sich in den Tagen nach dem 6. Mai 2011 immer wieder wiederholt (Zeugnis E, C, D, U, T. L. D. W, B, A, Z, V, H. T. Y, Q. B. Y, X, M H W, T. N. W, T. Q. W, T. T. A., V. L. A., Q. T. F, V. T. F). Zeitgleich zum Aushang in der Kantine sei den Klägerparteien auch vorgehalten worden, sie gefährdeten die Arbeitsplätze der übrigen Beschäftigten (Zeugnis E, C, D, U, T. L. D. W, B, A, Z, V, H. T. Y, Q. B. Y, X, M H W, T. N. W, T. Q. W, T. T. A., V. L. A., Q. T. F, V. T. F). Für die Klägerparteien habe sich das weitere Arbeiten zu einem regelrechten Spießrutenlaufen entwickelt.

17

Der Beklagtengeschäftsführer habe diese Vorgänge bewusst hervorgerufen. Dies ergebe sich aus der Teamleiterbesprechung. Diese Besprechung sei der erste Versuch des Geschäftsführers gewesen, die klagenden Personen als Querulanten darzustellen, die den Betriebsfrieden störten und das Unternehmen schädigen wollten. Die einzelnen Namen habe er dazu nicht eigens erwähnen müssen. Den Teamleitern sei bekannt gewesen, um welche Mitarbeiter es sich bei den 19 Klägern handele. Diese seien vom Betriebsleiter oder ihnen (den Teamleitern) selbst auf die Verfahren angesprochen und mit der Frage konfrontiert worden, ob es ihnen um eine Beendigung mit Abfindung ginge. Gebrüstet hätten diese sich mit den Verfahren indes nie (Zeugnis E, C, D, U, T. L. D. W, B, A, Z, V, H. T. Y, Q. B. Y, X, M H W, T. N. W, T. Q. W, T. T. A., V. L. A., Q. T. F, V. T. F). Da diese Gespräche im Beisein von Kollegen geführt worden seien, sei schnell klar gewesen, wer zum Kreis der Klagenden gehört habe. Die Beklagte habe zudem in der betriebsinternen Kommunikation, nicht zuletzt bei Betriebsversammlungen, keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die Klagen als völlig unbegründet und letztlich schädlich ansehe (Zeugnis E, C, D, U, T. L. D. W, B, A, Z, V, H. T. Y, Q. B. Y, X, M H W, T. N. W, T. Q. W, T. T. A., V. L. A., Q. T. F, V. T. F). Seitens der Kollegen sei den Klägerparteien sodann die Schuld für den Verlust der Prämie gegeben worden, so dass sie sie geschnitten und schlussendlich sogar aufgefordert hätten, zu kündigen. Das habe die Klägerpartei an den Pranger gestellt. Weil sie auf ihren Arbeitsplatz dringend angewiesen sei - dieser stelle die wirtschaftliche Existenzgrundlage für die Klägerpartei dar -, sei die Aufforderung der Teammitglieder und Kollegen, den Arbeitsplatz aufzugeben psychisch belastend gewesen. Diverse Kollegen sprächen mit der Klägerpartei auch nur noch, soweit es im Rahmen der Arbeitsleistung zwingend erforderlich sei, was ein Ausgrenzen oder In-die-Ecke-Stellen bedeute (Zeugnis E, C, D, U, T. L. D. W, B, A, Z, V, H. T. Y, Q. B. Y, X, M H W, T. N. W, T. Q. W, T. T. A., V. L. A., Q. T. F, V. T. F). All dies bedeute eine massive Persönlichkeitsverletzung der Klägerpartei, die es als erhebliche Belastung empfinde, unter Voraussetzungen dieser Art jeden Tag die Arbeit kommen zu müssen. Wenn die Beklagte im vorliegenden Verfahren von Schädigungsabsicht der Klägerseite spreche, verschärfe das die Situation nur noch.

18

Das vom Geschäftsführer initiierte Verhalten stelle sich zudem als Mobbing (iS einer Schaffung eines durch Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gezeichneten Umfelds) dar. Die Klägerparteien seien in ihren Arbeitsteams heute isoliert und würden als Querulanten gelten, ohne dass die Beklagte etwas zur Besserung unternehme (etwa durch Aufforderung an die Belegschaft, die Klägerparteien nicht zur Arbeitsvertragsbeendigung aufzufordern, oder richtig zu stellen, dass durch die Klägerparteien keine Arbeitsplätze gefährdet seien oder die wirtschaftliche Situation der Beklagten beeinträchtigt werde, oder durch Geschäftsführererklärung, dass nicht aufgrund von Kosten aus vorausgehenden Mitarbeiterklagen die Sonderprämienzahlung ausgeblieben sei). Eben dieses Unterlassen perpetuiere und verschärfe die Persönlichkeitsverletzung. Die Klägerparteien sähen sich bis heute (wenn auch mit großem Abstand) entsprechenden Vorwürfen ausgesetzt. Im Übrigen sei die Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten durch die Rechte der Klägerparteien aus Art. 5 Abs. 2, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 7, 16 AGG überlagert.

19

Diese Verletzung sei mit einem angemessenen Schmerzensgeld von mindestens 1.000,- EUR auszugleichen. Weiter sei wegen des Versuchs, sie (die Klägerpartei) zur Rücknahme der voranhängigen Klage zu bewegen, eine weitere auf § 15 Abs. 2 AGG gestützte Entschädigung von 2.000,- EUR wegen Verschärfung des diskriminierenden Verhaltens hinsichtlich der Ungleichbehandlung bezüglich des Mehrurlaubs für ältere Beschäftigte zu gewähren.

20

Im Übrigen schulde die Beklagte Unterlassung und Beseitigung des von ihr durch Erklärung gegenüber Mitarbeitern erweckten Eindrucks, die Sonderprämie über 500,- EUR würde nicht geleistet, weil (u.a.) die Klägerpartei gerichtliche Schritte gegen sie (die Beklagte) eingeleitet habe. Dies folge aus dem klägerseitigen Anspruch auf Schutz des Persönlichkeitsrechts. Ferner habe sie (die Klägerpartei) aufgrund der Mobbingattacken, welche durch die Mitarbeiter, die die Plakate unterzeichneten ausgelöst hätten, Anspruch auf geeignete arbeitgeberseitige Abschirmungsmaßnahmen, damit entsprechendes zukünftig nicht mehr passiere.

21

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich beantragt,

22

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 500,00 EUR brutto Sonderprämie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

23

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe jedoch nicht 1.000,00 EUR unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

24

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

25

die Beklagte bzw. die sie vertretenden Geschäftsführer unter Meidung eines Zwangsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, Mitarbeiter der Beklagten erhielten die Sonderprämie in Höhe von 500,00 EUR brutto deshalb nicht, da die Klägerin und andere Kollegen gerichtliche Schritte gegen die Beklagte eingeleitet hätten,

26

die Beklagte zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Klägerin nicht mehr von anderen Mitarbeitern zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedrängt wird.

27

Die Beklagte hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen:

30

Allein aus wirtschaftlichen Gründen, welche bei den anderen von Klägerseite bezeichneten Unternehmen nicht vorlägen, d.h. ohne dass dies mit der Klägerpartei etwas zu tun hätte, sei sie zur Nichtleistung der Sonderprämie gehalten gewesen. Ihre Gesamtsituation habe dies erfordert. Entgegen der Klägermutmaßung sei die betriebswirtschaftlich veranlasste Entscheidung hierzu auch schon längst zuvor getroffen gewesen und habe in keinerlei Zusammenhang mit der klageweisen Anspruchsverfolgung wegen u.a. (vermeintlicher) Altersdiskriminierung gestanden. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gelte nicht jenseits von Unternehmensgrenzen.

31

Sie (die Beklagte) sei mit den Unternehmen K GmbH, S Schuhproduktion GmbH oder J Schuhproduktion GmbH nicht i.S.v. § 15 AktG oder in sonstiger Weise konzernrechtlich verbunden. Sie habe auch keinerlei Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge abgeschlossen. Gemeinsam sei den Unternehmen lediglich, dass sämtliche Geschäftsanteile von Christian und Stephan Y persönlich und unmittelbar gehalten würden. Die Richtigkeit der von Klägerseite im Übrigen dargestellten Strukturen werde bestritten.

32

Seitens der Q wie der P seien Sonderprämien auch nicht an alle Arbeitnehmer, sondern nur an die überwiegende Anzahl, und zwar auf individueller Basis erbracht worden. In dem (ebenfalls produzierenden) Unternehmen I sei es - wie bei ihr (der Beklagten) - indes zu keiner Prämienzahlung gekommen. Auch den Beschäftigten der K GmbH sei eine Sonderprämie weder angekündigt noch gezahlt worden.

33

Es liege des Weiteren kein Verstoß gegen § 16 AGG oder § 612a BGB vor. Namentlich sei keine Altersdiskriminierung in Urlaubsfragen zu erkennen.

34

Auch habe sie (die Beklagte) die Klägerpartei nicht in Persönlichkeitsrechten verletzt.

35

Einschüchterungen habe es im Umfeld des Aufrufs zur Wahl eines Betriebsrats in 2010 nicht gegeben. Spannungen innerhalb der Belegschaft seien erst aufgekommen, weil die überwiegende Mehrzahl der Beschäftigten die rechtshängigen Klagen der Klägerpartei wie auch weiterer 18 anderer Beschäftigter im Hinblick auf den Betriebsfrieden kritisch bewertet habe. Dem überwiegenden Teil der Mitarbeiter sei die Klagewelle als aggressiv und in Schädigungsabsicht geführt vorgekommen, was auch die Sichtweise ihres (der Beklagten) Geschäftsführers wie auch der Gesellschafter gewesen sei. Den Klagen habe die Subsubstanz gefehlt, und es sei unklar gewesen, was das eigentliche Begehren der Klageführenden habe sein sollen.

36

Tatsächlich sei die Klägerpartei auch nicht in ihrem persönlicher Wirkungskreis durch negative Anwürfe seitens der Kollegen beeinträchtigt worden. Der Diskreditierungsvorwurf entbehre jeden Tatsachenkerns und sei nicht einlassungsfähig. Der Geschäftsführer habe nicht weiter angedeutet, dass gerade wegen der Klagen der Klägerparteien keine Sonderprämienausschüttung erfolge. Das Vorbringen zu „den Klägerparteien“ im Zusammenhang der (vermeintlich teils lautstarken) Aufforderung in den Produktionsteams, den Scheiß zu lassen, sei unsubstantiiert. Das behauptete Anstacheln beinhalte keinen erwiderbaren Kern. Gleiches gelte auch für das vermeintliche Spießrutenlaufen, Geschnittenwerden oder Anprangern. All dieser Klägervortrag werde zurückgewiesen. Ihr (der Beklagten) Geschäftsführer habe zu keiner Zeit Namen der klagenden Mitarbeiter genannt. Es beruhe auf Mutmaßungen der Klägerseite, wie die Namen in den Kreis der Belegschaft gelangt sein mochten; dies könne ebenso gut darauf zurückzuführen sein, dass sich die Klagenden mit den angestrengten Verfahren gebrüstet hätten. Schon die vorliegende Klage belege im Übrigen, dass die Klägerpartei keineswegs sonderlich eingeschränkt sei, schon gar nicht in gesundheitlicher Hinsicht. Es fehle ferner für einen Haftungsanspruch am Verschulden sowie der Kausalität.

37

Die Beklagtenmitteilung über die Umstände der Nichtleistung einer Prämie seien im Übrigen auch wahrheitsgemäß und durch § 193 StGB sowie Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Es sei nicht verlautbart worden, die Sonderprämie würde nicht geleistet, weil (u.a.) die Klägerpartei gerichtliche Schritte gegen die Beklagte eingeleitet habe und ein Kausalzusammenhang zwischen Klagen und Prämienverweigerung bestehe.

38

Im Übrigen lägen auch keine „Mobbingattacken“ vor. Der Aushang in der Kantine sei Ausdruck einer Meinungsäußerung im Kollegenkreis gewesen, welcher im Rahmen der Betriebsratswahl wie auch im Interesse der freien Meinungsäußerung sowie aus datenschutzrechtlichen Gründen zunächst habe hingenommen werden müssen.

39

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die Schriftsätze der Klägerseite vom 7. Juni 2011 und 6. Oktober 2011, der Beklagten vom 26. Juli 2011 und14. Oktober 2011 sowie den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

40

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Oktober 2011 vollumfänglich abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags zu 1 hat es ausgeführt, es fehle an einer Ungleichbehandlung, weil dem Gleichbehandlungsgrundsatz lediglich der Arbeitgeber persönlich unterliege, so dass er auf Gemeinschaftsbetriebe nicht ausgreife. § 16 Abs. 2 AGG sei mangels Verstoßes gegen das Altersdiskriminierungsverbot durch Mehrurlaubszeiten für ältere Beschäftigte nicht einschlägig. Im Übrigen seien die anhängig gemachten Klagen allenfalls Anlass, nicht aber Grund einer Prämienversagung gewesen, da das Kostenrisiko auf den ganzen Betrieb habe ausgreifen können. Insofern scheitere auch ein Anspruch aus § 612a BGB an fehlender Kausalität. Hinsichtlich des Antrags zu 2 fehle es an einem rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverstoß. Der Aushang habe keine namentliche Bloßstellung bewirkt. Zudem sei nicht ersichtlich, aufgrund welchen Beklagtenverhaltens die Klägerparteien hätten individualisiert werden können. Eine Instrumentalisierung der Teamleiter sei nicht nachvollziehbar behauptet. Im Übrigen habe der Beklagtengeschäftsführer bei seiner Äußerung in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt. Der Antrag zu 3 sei mangels altersdiskriminierender Mehrurlaubsgewährung für ältere Menschen nicht begründet. Der Antrag zu 4 sei ebenfalls unbegründet, weil es an einem objektiv rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtseingriff der Beklagten fehle. Dem Antrag zu 5 sei nicht zu folgen, weil kein fortwährender Störungszustand bestehe, nachdem der Aushang entfernt worden sei und aus dem Klägervorbringen für die Folgezeit kein weiterer hinreichend konkreter Störungszustand entnommen werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

41

Die Klägerpartei hat gegen das ihr am 21. November 2011 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 (beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. Februar 2012 (eingegangen am 17. Februar 2012) innerhalb der bis zum 21. Februar 2012 verlängerten Frist begründet.

42

Die Klägerpartei trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen weiter vor:

43

Die Tragweite des § 16 Abs. 2 AGG sei größer als vom Arbeitsgericht angenommen. Es reiche zur Darlegung der Schlüssigkeit bereits aus, dass die Zurückweisung benachteiligender Verhaltensweisen überhaupt nur als Grundlage einer Entscheidung gedient habe. Da die Gewährung eines zweitägigen Mehrurlaubs an ältere Beschäftigte dem Antidiskriminierungsrecht widerspreche, liege die erforderliche Kausalität sogar auf der Hand. Die Verneinung eines Anspruchs nach § 612a BGB beruhe auf einer ebenfalls fehlerhaften Kausalitätserwägung des Erstgerichts. Da die anhängigen Klagen in der Teamleiterbesprechung als mutwillig, rechtsmissbräuchlich und ohne Erfolgsaussicht kategorisiert worden seien und zum Vorhalt der Teamleiter in den Teambesprechungen bezüglich eines Ausscheidens gegen Abfindung geführt hätten, woraufhin weiter eine Einschätzung des Geschehens „als Scheiß“ gefolgert worden sei, während die Existenz der Beklagten in Wirklichkeit nie gefährdet gewesen sei, könne eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerseite nicht verneint werden. Im Übrigen sei der zusätzliche Schaden bezüglich der Altersdiskriminierung nicht hinreichend berücksichtigt. Ein Unterlassungsanspruch folge aus allgemeinen Grundsätzen wegen der rechtswidrigen Äußerung des Beklagtengeschäftsführers und sei im Übrigen aus § 16 Abs. 2 AGG und 612a BGB eröffnet. Es habe keinerlei Rehabilitation stattgefunden. Vielmehr habe der Beklagtengeschäftsführer die vormaligen Klagen noch in der Betriebsversammlung vom 19. Oktober 2011 als völlig unnötig und unangebracht bezeichnet.

44

Die Klägerpartei beantragt sinngemäß,

45

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2011 - 8 Ca 2030/11 - abzuändern und

46

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 500,00 EUR brutto Sonderprämie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

47

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe jedoch nicht 1.000,00 EUR unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

48

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

49

die Beklagte bzw. die sie vertretenden Geschäftsführer unter Meidung eines Zwangsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, Mitarbeiter der Beklagten erhielten die Sonderprämie in Höhe von 500,00 EUR brutto deshalb nicht, da die Klägerin und andere Kollegen gerichtliche Schritte gegen die Beklagte eingeleitet hätten,

50

die Beklagte zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Klägerin nicht mehr von anderen Mitarbeitern zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedrängt wird.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Berufung zurückzuweisen.

53

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist - zusammengefasst - nochmals darauf hin, dass es keine Y Gruppe im eigentlichen Sinn gebe und auch keine konzernrechtlichen Verbindungen bestünden, ferner dass nicht sämtliche Mitarbeiter der produzierenden Unternehmen Sonderprämien erhalten hätten, sowie dass die Klägerpartei zu keiner Zeit als Störenfried, Querulant oder Schädling bezeichnet worden sei.

54

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Klägerpartei vom 16. Februar 2012 und 3. August 2012 sowie der Beklagten vom 26. April 2012 und 5. Juli 2012 wie auch auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

55

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

56

Die Berufung ist zulässig. Sie ist aufgrund der überschrittenen Wertbeschwer nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a ArbGG statthaft und wurde sowohl form- wie fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) als auch rechtzeitig und hinreichend begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 ZPO).

II.

57

Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 3 nicht zulässig, im Übrigen nicht begründet.

58

1. Der Antrag zu 1 ist zulässig, aber unbegründet. Da aus der Klageschrift Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs derart hervorgehen, als eine Prämiengewähr wegen des Geschäftsergebnisses aus 2010 unter Gründen der Gleichbehandlung sowie des Maßregelungsverbots begehrt wird, sind Streitgegenstand wie auch Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis hinreichend i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO klargestellt (vgl. BAG 16.5.2012 - 4 AZR 224/10 - Rn. 10, juris). Der Klägerpartei stehen jedoch aus keiner der herangezogenen Anspruchsgrundlagen die gewünschten Zahlungen zu.

59

a) Der Anspruch folgt nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

60

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln (BAG 22.12.2009 - 3 AZR 136/08 - Rn. 40, NZA-RR 2010, 541). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wirkt sich dabei - ebenso wie der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG - kompetenzakzessorisch aus. Ein Arbeitgeber, der auf der Grundlage der arbeitsvertraglichen Rahmenermächtigung, seines Eigentumsrechts oder seiner Unternehmerfreiheit die rechtliche Möglichkeit hat, privatrechtliche Regelungen für den von ihm beherrschten und verantworteten Arbeitsbereich zu schaffen, muss als Folge dieser Kompetenz bei einer von ihm ausgehenden privatautonomen Regelsetzung die Grundsätze der Verteilungsgerechtigkeit wahren (BAG 15.6.2004 - 3 AZR 414/03 - zu II 3 der Gründe, ZTR 2005, 95)

61

bb) Vorliegend besteht das Arbeitsverhältnis unstreitig allein zwischen den Parteien, so dass regelungsbefugt gegenüber der Klägerpartei nur die Beklagte als Arbeitgeberin ist, nicht indes die Q, die P oder sonstige Dritte. Auf die entsprechende Begründung im arbeitsgerichtlichen Urteil hat die Klägerseite keine weiteren Umstände vorgebracht. Da die Regelsetzung der Beklagten im Hinblick auf die begehrte Sonderprämie einheitlich i.S. der Nichtgewährung ausfiel, kann der Klägerpartei kein Anspruch aus Gleichbehandlungsgründen zukommen. Auf die Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage einer Leistungsgewährung - unter welchen konkreten Regelsetzungen in anderen Unternehmen der von der Klägerseite behaupteten Y Gruppe auch immer - kommt es deshalb nicht weiter an.

62

b) Der Anspruch folgt auch nicht aus § 16 Abs. 2 AGG i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB (bzw. ggf. § 823 Abs. 2 BGB). Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 AGG sind nicht dargetan.

63

aa) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AGG darf die Zurückweisung oder Duldung benachteiligender Verhaltensweisen durch betroffene Beschäftigte nicht als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, die diese Beschäftigten berührt. § 16 Abs. 3 AGG erklärt § 22 AGG für entsprechend anwendbar, wonach die andere Partei die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat, wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf Kausalität zulassen, aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist (16.2.2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 43, NZA 2012, 667). Dabei reicht es aus, dass der Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (BAG 28.4.2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 32, NJW 2011, 2458). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (16.2.2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 43, a.a.O.).

64

bb) Vorliegend sind keine hinreichenden Tatsachen dargetan, aus denen die Motivation der Beklagten, die Prämie aufgrund des Mehrurlaubsverlangens der Klägerpartei wegen vermeintlicher Altersdiskriminierung nicht zu leisten, zu folgern wäre. Aus der beigezogenen Akte ergibt sich zum Mehrurlaubsverlangen, dass dieses von der Klägerpartei nicht schon in ihr Forderungsschreiben vom 16. Februar 2011 aufgenommen war. Ob und wann die Beklagte das in die erst Ende April 2011 zugestellte Klage aufgenommene Begehren hierzu vor der Teamleiterbesprechung durch den Geschäftsführers bewusst zur Kenntnis genommen haben mochte, war nach dem Klägervorbringen nicht weiter zu ersehen. Da die Klägerpartei im Übrigen meint, der Beklagtengeschäftsführer sei grundlegend von den Vorgaben der Beklagtengesellschafter abhängig, konnte sie für die Frage, wann und aus welchen Erwägungen die Beklagte die Nichtgewähr von Sonderprämie beschieden haben mochte, auch nicht ohne weiteres auf das Geschehen vom 5. X 2011 abstellen, weil hiernach nicht klar war, wer wann welche interne Entscheidung zur Gewährung oder Nichtgewährung getroffen haben sollte. Aufgrund des nur marginalen Umfangs von 2 Mehrurlaubstagen im Rahmen der auf das 33-fache angesetzten Gesamtsumme der anhängig gemachten Klage (300,- EUR gegenüber rund 10.000,- EUR Gesamtstreitwert), scheidet auch ein erkennbarer Motivationszusammenhang zwischen dem Urlaubsmehrverlangen und der Prämienverweigerung - das Klägervorbringen hierbei entgegen dem Vorstehenden als im Übrigen zureichend unterstellt - aus. Die gesetzgeberisch beispielsweise in § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgeführten Relationen können verallgemeinernd für das Bedeutungs- und zusammenhängend auch Motivationsverhältnis klageweise geltend gemachter Ansprüche herangezogen werden. Nach dieser Norm war der Mehrurlaubswert gegenüber dem weiteren Streitinhalt der anhängig gemachten Klagen bloß geringfügig.

65

cc) Selbst wenn dem Klägervorbringen hinreichende Indizien zu entnehmen gewesen wären, wäre die Vermutung des § 16 Abs. 2, 3 i.V.m. § 22 AGG aufgrund des unbestritten gebliebenen Beklagtenvorbringens hinreichend widerlegt, wonach die unternehmerische Entscheidung gegen die Prämie schon längst zuvor und allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen gefallen gewesen sei, § 138 Abs. 3 ZPO (Schriftsatz der Beklagten vom 26. Juli 2011, S. 10, Bl. 18 d.A.).

66

c) Der Anspruch folgt weiter nicht aus § 612a BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB.

67

aa) Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese ihre Rechte nicht ausüben (BAG 14.12.2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 23, NZA 2012, 618). Die Regelung findet auch im Bereich freiwilliger Leistungen Anwendung (BAG 12.6.2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 1 a der Gründe, NZA 2002, 1389). Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Insoweit schränkt § 612a BGB die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (BAG 15.7.2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, NZA 2009, 1202). Das Maßregelungsverbot setzt allerdings voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 16.5.2012 - 10 AZR 174/11 - Rn. 18, juris).

68

bb) Es kann vor dem Hintergrund dieser Anforderungen dahin stehen, ob den Erfordernissen denkgesetzlich überhaupt genügt werden kann, wenn es um keine Vorenthaltung anderen Personen gewährter Leistungen geht, sondern weitergehend um die Nichteinräumung von freiwilligen Leistungen generell und überhaupt. Es fehlt vorliegend - wie vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt - jedenfalls an einer hinreichenden Darlegung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass die bloße Rechtswahrnehmung der klagenden Partei tragender Beweggrund für die Nichtgewähr einer Sonderprämie gewesen sein mochte. Die betriebswirtschaftlichen Kosten der Beklagtenverbindlichkeiten aus Weihnachts- und Urlaubsgeld, Leistungs- und Anwesenheitsprämien sowie Fahrtkostenvergütungen, welche die Beklagte nach dem Klägervorbringen im vorangehend anhängig gemachten Streit im Lauf des Jahres 2010 sukzessive unter Vorbehalt gestellt hatte, beliefen sich bei betrieblicher Übung für 150 Mitarbeiter schon anhand der arbeitsgerichtlichen Wertbemessung hierzu gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dreijähriger Wertobergrenze auf ca. 8.000,- EUR je Beschäftigtem, d.h. 1.2 Mio. EUR hinsichtlich der 150-köpfigen Belegschaft für die Dauer von drei Jahren. Warum nicht gerade dies wesentlicher und maßgeblicher Grund für eine Nichtausschüttung einer Sonderprämie gewesen sein mochte, folgt aus dem Klägervorbringen an keiner Stelle. Die Klägerseite wäre aufgrund des Beklagtenvorbringens, die unternehmerische Entscheidung gegen die Prämie sei schon längst zuvor und allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen gefallen gewesen, angehalten gewesen, hierzu konkreten und schlüssigen Gegenvortrag zu bieten. Ihr oblag insofern die primäre Darlegungslast (ErfK/Preis 11. Aufl. § 612a BGB Rn. 22). Auch in zweiter Instanz wurde kein weiterer Vortrag gehalten.

69

2. Auch der auf Schmerzensgeld gerichtete Antrag zu 2 ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg. Dabei ist den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt. Der Kläger hat die zur Ausübung billigen Ermessens i.S.d. § 253 Abs. 2 BGB maßgeblichen Tatsachen in Gestalt von (vermeintlichen) Persönlichkeitsverletzungen im Wege des Diskreditierens, Anprangerns, Schneidens bis hin zu Kündigungsaufforderungen bezeichnet und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung benannt. Es fehlt jedoch an einer haftungsbegründenden Persönlichkeitsverletzung durch die Beklagte i.S.d. §§ 280, 241 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG (bzw. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG).

70

a) Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB. Dies verbietet auch die Herabwürdigung oder Missachtung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Dieser hat Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 24.4.2008 - 8 AZR 347/07 - Rn. 32, NZA 2009, 38). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen sowie die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 18, NZA-RR 2011, 378). Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 65, NZA 2008, 223). Verletzt der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt ist, liegt darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG 16.5.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 70, NZA 2007, 1154). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt so genanntes folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten auf Grund einer objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (BAG 16.5.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85, a.a.O.).

71

b) Vor diesem Hintergrund ergibt sich - wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt - kein erheblicher Rechtsverstoß durch die Beklagte.

72

aa) Aus der Äußerung des Beklagtengeschäftsführers vom 5. Mai 2011 konnte keine Persönlichkeitsrechtsverletzung im vorgenannten Sinn hervorgehen.

73

(1) Der Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) bedarf gegenüber dem Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) der Abwägung. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt dessen Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst im Wege einer Abwägung widerstreitender grundrechtlich geschützter Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. (BGH 20.12.2011 - VI ZR 261/10 - Rn. 12, NJW 2012, 771). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden (BVerfG 10.6.2009 - 1 BvR 1107/09 - Rn. 17, NJW 2009, 3357), und zwar auch dann wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können (BGH 20.12.2011 - VI ZR 261/10 - Rn. 16 a.a.O.). Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbesondere das berufliche Wirken des Einzelnen (BGH 20.12.2011 - VI ZR 261/10 - Rn. 14, 16, 20, a.a.O.). Die Erkennbarkeit der betroffenen Person ist auch ohne namentliche Nennung gewährleistet, wenn zumindest für einen Teil des Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände die Identität hinreichend erkennbar wird (BGH 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - Rn. 10, NJW 2005, 2844).

74

(2) Die Tatsachenäußerung des Beklagtengeschäftsführers unter dem 5. Mai 2011, eine Sonderprämiengewähr könne aufgrund der mit den Anspruchsverfolgungen (u.a.) der Klägerpartei verbundenen betrieblichen Kostenfolgen nicht geschehen - dies als so passiert unterstellt -, war auch nach dem Klägervorbringen noch als wahr anzusehen. Sie beinhaltete entgegen der klägerseitigen Einschätzung auch kein stigmatisierende, ausgrenzende oder anprangernde Intention.

75

(a) Die Äußerung des Beklagtengeschäftsführers, eine Sonderprämie entfalle aufgrund des Kostenrisikos des u.a. mit der Klägerpartei geführten Rechtsstreits war - auch nach dem Klägervorbringen - Tatsachenbehauptung. Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, ist auf der Basis ihres vollständigen Aussagegehalts zu ermitteln. Der Begriff der Meinung ist durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt (Hessisches LAG 14.11.2005 - 10 Sa 1580/04 - Rn. 46). Dem Klägervorbringen nach konnte, weil seine Einlassung als Antwort auf die Frage nach einer Prämiengewähr im Beklagtenunternehmen erfolgte, aufgrund des erwarteten Aussagegehalts wie auch der organschaftlichen Stellung als Geschäftsführer nur als Tatsachenschilderung beklagteninterner Geschehnisse aufgefasst werden. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige innere wie äußere Geschehnisse oder Zustände (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 16.8.2011 - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 a aa der Gründe, juris).

76

(b) Die Äußerung war auch nach dem Klägervorbringen nicht unwahr. Die Äußerung umfasste keine Mitteilung von Umsatzzahlen, sondern betraf (so das Klägervorbringen) lediglich von Steigerungswerte im Umsatz. Selbst bei unterstellt erwirtschaftetem Bilanzgewinn von 2.175 oder 2,5 Mio. EUR betrafen die unter streitigem Freiwilligkeitsvorbehalt stehenden Gratifikationen und/ oder Vergütungsbestandteile ein Kostenvolumen von etwa 1,2 Mio. EUR über einem Zeitrahmen von 3 Jahren. Ihre Verbindlichkeit war im Rahmen der anhängig gemachten Klagen zur gerichtlichen Klärung gestellt. Der mit der Geschäftsführeräußerung gegenüber den Teamleitern vermittelte Eindruck, ergab deshalb auch ohne Benennung eines konkreten Bilanzüberschusses ein durchaus zutreffendes Bild. Die Sachlage, dass mit der äußerstenfalls zu gewärtigen Kostenlast betriebswirtschaftliche Einschränkungen verbunden sein würden, entsprach immer noch den äußeren Gegebenheiten. Diese wurden weder überzeichnet noch sinnentstellend dramatisiert.

77

(c) Die Äußerung war auch nicht zur Stigmatisierung, sozialen Ausgrenzung oder Prangerwirkung geeignet.

78

(aa) Entgegen der klägerseitigen Annahme war dem zwischen dem 6. und 10. Mai 2011 angebrachten und bis zum 27. Mai 2011 verbliebenen Kantinenaushang keine derartige Wirkung beizumessen. Dabei kann zugunsten der Klägerpartei unterstellt werden, dass - wozu indes hinreichender Klägervortrag fehlt, da die Beklagte unstreitig keine Namen bekannt gab und die Klägerpartei für sich in Anspruch nimmt, ebenfalls kein Klageverfahren offen gelegt zu haben, was denkgesetzlich jede betriebsinterne Kenntnis ausgeschlossen haben musste - die Personen, welche die Klagen gegen die Beklagte angestrengt hatten, im Betrieb ermittelbar gewesen seien und der Beklagtengeschäftsführer Unmutsreaktionen der geschehenen Art habe absehen können - wozu ebenfalls mangels nachvollziehbarer Kundgaben der Klägernamen im Betrieb wie auch im Übrigen aus dem Klägervorbringen nichts greifbares hervorging.

79

(aaa) Der Aushang war anfangs nicht zu beanstanden.

80

(aaaa) Den dafür Verantwortlichen kam ebenfalls das Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit in der betrieblichen Arbeitswelt zu. Dieser Grundrechtsschutz galt unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos war, und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wurde. Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung. Selbst polemische oder verletzende Formulierungen entziehen eine Äußerung noch nicht dem Grundrechtsschutz (BAG 24.11.2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 24, NZA 2006, 650). Allerdings ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht schrankenlos. Es wird durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis zu diesen gebracht werden. Dies gilt insbesondere, wenn beiderseits verfassungsrechtlich geschützte Positionen in Betracht kommen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) oder das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Es bedarf einer Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern, in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Voraussetzung jeder Abwägung ist dabei, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird. Die Auslegung hat vom „Wortlaut“ der Äußerung auszugehen, darf aber den Kontext, in dem sie steht, sowie die für den Empfänger erkennbaren Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, nicht unberücksichtigt lassen. Einer Äußerung darf ferner kein Sinn beigelegt werden, den sie nicht besitzt; bei mehrdeutigen Äußerungen muss eine ebenfalls mögliche Deutung mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden (BAG 24.11.2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 26 f., a.a.O.).

81

(bbbb) Die dem Aushang bei der danach gebotenen Auslegung innewohnende Meinungsäußerung war weder beleidigend, noch aus sonstigen Gründen für die Betroffenen als unzulässige Grundrechtseinschränkung aufzufassen. Von einer Formalbeleidigung oder Schmähkritik kann dabei schon mangels entsprechenden Wortlauts nicht ausgegangenen werden. Das einzig einem ggf. auch vulgären Sprachgebrauch zugängliche Wort „Mist“ lässt ohne weiteres auch ein figuratives Verständnis in der Art eines nur für unzweckmäßig erachteten Vorgehens zu (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort Mist). Dieses Verständnis hat aus Gründen der Äußerungsfreiheit als gleichermaßen gewollt zu gelten. Es musste im vorliegenden Fall nicht zwingend auf den Charakter oder die Persönlichkeit eines anderen zugeschnitten gewesen sein. Der Begriff konnte im gegebenen Zusammenhang auch in figurativer Verwendung Sinn entfalten. Aus dem grammatikalischen Zusammenhang mit dem voranstehenden „hört auf“, sowie den drei nachstehenden Ausrufezeichen folgt unschwer ein unaggressiv kommunikativer Aussagegehalt i.S. eines bloßen Appells. Aus dem erläuternden dem Nachsatz „Wir wollen unseren Job behalten“ ergibt sich zudem, dass die Erklärenden mit den Adressaten dahin gehend in Meinungsaustausch zu treten beabsichtigten, dass sie (die Erklärenden) die kritisierte Vorgehensweise für besser zu unterlassen erachteten, weil wenig zweckmäßig und dem allgemeinen Arbeitsplatzerhalt im Unternehmen eher abträglich. Wie die Ausführungen der Klägerseite zum Antrag zu 4 und 5 der vorliegenden Klage ergeben (die Beklagte möge ihre Äußerung revidieren, die Prämienzahlungen seien betriebswirtschaftlich wegen der Inanspruchnahmen u.a. durch die Klägerparte nicht zu realisieren und vor Weiterungen schützen), ergab sich ein solches Verständnis gerade auch im Verständnis der Klägerpartei. Auch das schlussendlich gesetzte „geht doch freiwillig“ fügte sich in diesen Gehalt einer bloß meinungsäußernden Anregung. Der Nachsatz war nicht mehr mit Ausrufezeichen versehen und aufgrund der eingefügten Verknüpfung „doch“ von einem dialogischen Gehalt geprägt, der dahin ging, wenn man schon nicht mit den bestehenden Arbeitsbedingungen zufrieden sei, möge man („doch“) konsequenterweise neben dem beschrittenen Klageweg ebenso ein Ausscheiden aus dem unliebsamen Arbeitsverhältnis in betracht ziehen. Sämtliche Wendungen waren frei von jedem Zwangsgehalt. Der Aushang trug außerdem die Unterschriften aller Erklärenden, was der Klägerpartei wie den weiteren Angesprochenen die jederzeitigen Möglichkeit zur austauschenden Stellungnahme sowie zum betriebsoffenen Diskurs einräumte. Die Einschränkung „G“ zu Beginn der Erklärung begrenzte im Übrigen die Reichweite der Äußerung abschließend. Ein mit begrenzter Äußerungstragweite angestoßener innerbetrieblicher Diskurs, der weder formalbeleidigend noch schmähend ausfällt, sondern Gruppenklagen gegen den Arbeitgeber kritisch aufnimmt, verhält sich vor dem Hintergrund des Anspruchs auf Schutz von Persönlichkeit und Beruf der nicht Klagenden keineswegs unangemessen, wenn - wie vorliegend - die Klagen mit erheblichen finanziellen Folgelasten für den Arbeitgeber und damit mittelbar auch den übrigen Beschäftigtenkreis verbunden sein können. Diese Sichtweise wird auch durch den Umstand bestätigt, dass die Klägerpartei den Aushang bis zum 24. Mai 2011 unbeanstandet ließ.

82

(bbb) Da die Beklagte den Aushang auf Erhalt des vom 24. Mai 2011 stammenden Klägerschreibens am 27. Mai 2011 bereits abhängte, scheidet auch eine Rechtsbeeinträchtigung in späterer Zeit aus.

83

(bb) Soweit die Klägerseite mit der Berufung vorbringt, der Geschäftsführer habe ihr Klagevorgehen sogar als mutwillig, rechtsmissbräuchlich und ohne Erfolgsaussicht bezeichnet, lässt das - wenn man die Äußerung mit der anfänglichen Unterrichtung der Teamleiter in Verbindung bringt - jenes Geschehen in keinem anderen Licht erscheinen. Vor dem Hintergrund der beruflichen Qualifikation des Erklärenden als Volljurist handelte es sich bei der Würdigung der Klageerfolgsaussichten für alle Beteiligten ersichtlich um eine bloß wertende Meinungsäußerung, die ihm in Abwägung seiner Aufgabenwahrnehmung gegenüber den Rechten der Klägerpartei ohne weiteres zukam. Wie die arbeitsgerichtliche Bewertung ergab, entsprach die geäußerte Einschätzung im Wesentlichen auch der späteren gerichtlichen Würdigung.

84

(cc) Soweit die Berufung weiter meint, der Geschäftsführer habe bezüglich der Klagen in der Betriebsversammlung vom 19. Oktober 2011 die Einschätzung der Klagen als völlig unnötig und unangebracht vertreten, gilt gleiches. Die Behauptung die „Beklagte“ habe die Klägerpartei als „Prozesshansel“ dargestellt, wurde nicht hinreichend nach der Person des Äußernden substantiiert.

85

bb) Auch aus den im Übrigen klägerseits vorgebrachten Verhaltensweisen folgt keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerpartei. Es liegen insbesondere keine „Mobbingattacken“ durch die Beklagte oder von ihr toleriert vor.

86

(1) „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage. Zu beachten ist allerdings, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17, NZA-RR 2011, 378).

87

(2) Dem klägerseitigen Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass Vorkommnisse solcher Art vorkamen.

88

(a) Soweit die Klägerseite dabei auf vermeintliche Einschüchterungen aus dem Jahr 2010 anspielt, fehlt jeder nachvollziehbare Tatsachenvortrag dazu, wer wann wen durch welche Verhaltensweise auf welche Art derart eingeschüchtert haben mochte, dass dies der Beklagten näher zuzurechnen wäre. Die beklagtenseitige Einlassung, es sei zu Spannungen erst im Nachgang der von der Klägerseite mitinitiierten Klagen gekommen, wurde klägerseits nicht weiter in Abrede gestellt.

89

(b) Soweit die Klägerseite moniert, es sei zu Unmutsäußerungen auch lautstarker Art im Nachgang der Teamleiterbesprechung vom 5. Mai 2011 gekommen, fehlt ebenfalls jeder greifbare Vortrag dazu, welcher „Kollege“ welcher Klägerpartei wann genau welche Vorhalte i.S. verärgerter Reaktionen gemacht haben sollte.

90

(c) Gleiches gilt für die weitere Behauptung, die Klägerpartei sei aufgefordert worden, den „Scheiß“ zu lassen, weil man nicht einsehe, für dessen Klagen herhalten zu sollen, bzw. die Erklärung, die Klägerpartei solle „abhauen“ und das Arbeitsverhältnis kündigen. Auch die Menge der hierzu benannten Zeugen ersetzte diesbezüglich keinen substantiierten Tatsachenvortrag. Zudem hatten die Kläger kritischen Meinungsäußerungen im Kollegenkreis bei verständiger Würdigung der Tragweite ihrer Anspruchserhebungen sowie der möglichen Kostenbelastungen für das Unternehmen stand zu halten. Aufgrund der ihnen im Arbeitsverhältnis nach § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG obliegenden Rücksichtnahmepflicht mussten sie sich den kollegialiter geäußerten Ängste und Befürchtungen im Rahmen betriebsüblicher Kommunikation stellen und diese ernst nehmen. Dass die Worte „Scheiß“ und „abhauen“ im kollegialen Gespräch unüblich sein sollten, hat auch die Klägerpartei nicht behauptet.

91

(d) Aus denselben Gründen verfängt auch das Klägervorbringen nicht, seitens der Teamleiter sei gefragt worden, ob es den Klagenden um ein Ausscheiden gegen Abfindung ginge. Wenn schon die Klägerseite selbst auf Gespräche unter Einbindung der L GmbH verweist, in denen über Aufhebungsverträge gesprochen worden sein soll, konnte es sich bei dem von Teamleiterseite thematisierten Vorgehen nicht um gänzlich betriebsunübliche Geschehnisse handeln. Die von Klägerseite aus diesen Gesprächen abgeleitete Mutmaßung, die Konversation habe allein dazu gedient, sie als Querulanten darzustellen, die den Betriebsfrieden störten und das Unternehmen schädigten, lässt sich bei objektiver Betrachtung schon im Ansatz nicht nachvollziehen.

92

(e) Auch die weiteren Klägerbehauptungen entbehren, soweit sie der Beklagten über die vorbezeichneten Vorkommnisse hinaus ein Diskreditieren, Anstacheln oder Verursachen von Spießrutenlaufen unterstellen (wobei jeweils unklar bleibt, aufgrund welcher Beklagtenveranlassung welche konkrete Störung mit welchen Belastungsfolgen wann wie wem gegenüber eingetreten sein mochte), der hinreichenden tatsächlichen Grundlage. Auch für den Umstand eines Geschnitten-Werdens fehlt es, soweit damit auf ein über den Gehalt des betriebsüblich uneinheitlichen kollegialen Kommunikationsverhaltens angespielt sein sollte, wiederum jeder greifbare Tatsachenkern. Gleiches gilt auch für das pauschale Vorbringen weitergehender Einschüchterungen (von wem wann wie mit welcher Beklagtenverantwortung?), wie auch der Isolation, Stigmatisierung, Beleidigung oder Erniedrigung. Ebenso unsubstantiiert verhält sich der schlussendliche Hinweis, dass die Belastungen bis dato andauerten.

93

3. Die im Antrag zu 3 erhobene Klage auf Entschädigung wegen AGG-Verstoßes bzgl. des klägerseitigen Mehrurlaubsverlangens ist nicht zulässig. Der Antrag genügt, sofern er über den bereits rechtshängigen Anspruch auf Zahlung einer (Mindest-)Entschädigung i.H.v. 2.000,- EUR wegen der (vermeintlich) altersdiskriminierenden Vorenthaltung von zwei Mehrurlaubstagen hinaus gehen soll, auch bei gebotener Auslegung nicht den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

94

a) Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann die Streitsache während der Dauer der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein (BAG 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 37, NZA 2011, 289). Der Klageantrag im vorangehenden Verfahren lautete, „die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin wegen Verstoßes gegen das AGG eine angemessene Entschädigung, die sich jedoch auf mindestens 2.000,00 EUR belaufen soll, zu zahlen“. Dem zugrunde lag das gesamte Vorenthaltungsgeschehen der Beklagten, wie es sich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung darstellte. Selbst wenn die Klägerpartei meint, die ursprünglich begehrte Mindestentschädigung für die Urlaubsvorenthaltung sei aufgrund veränderter Umstände zu gering angesetzt gewesen, wäre es geboten gewesen, dies in das vorangehende Verfahren einzubeziehen, über das in zweiter Instanz zeitgleich mit dem vorliegenden entschieden wurde. Der diesbezügliche Streitgegenstand ließ sich nicht zum Anlass einer zusätzlichen Klage heranziehen.

95

b) Soweit der vorliegende Antrag darüber hinausgehend aus anderem Lebenssachverhalt als der Nichtgewähr von Mehrurlaub Diskriminierungsentschädigung beinhaltet haben sollte, fehlte seiner Begründung jeder abgrenzbare Hinweis dazu, auf welche konkrete Benachteiligungshandlung i.S.d. §§ 1, 2 AGG hierzu abgestellt werden sollte. Maßgeblich für die Bestimmtheit eines Klageantrags i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind die Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts sowie die Umstände des Einzelfalls (BAG 14.12.2011 - 10 AZR 283/10 - Rn. 14, NZA 2012, 501). Die Ausführung der Klageschrift, der Versuch die Klägerpartei zur Klagerücknahme zu bewegen, in dem man die Kollegen gegen sie aufgebracht habe, lässt auf keinen dem in §§ 1, 2 AGG gebildeten Benachteiligungsbegriff zweifelsfrei rückschließen.

96

4. Der zu 4 gestellte Antrag auf Unterlassung der Beklagtenbehauptung, eine Prämienzahlung könne wegen der eingeleiteten gerichtlicher Schritte nicht erfolgen, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antrag zielt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auf die Nichtvornahme der beanstandeten Behauptungen in der Zukunft. Er ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen der §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1Abs. 1 GG ebenso wenig vorliegen, wie die der §§ 612a BGB, 16 Abs. 2 AGG.

97

a) Ein quasinegatorischer Abwehranspruch bezüglich des Persönlichkeitsrechts setzt nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1Abs. 1 GG dessen Verletzung durch den Arbeitgeber voraus, ohne dass dies durch arbeitgeberseitige überwiegende Interessen gerechtfertigt ist (BAG 12.9.2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 21, NZA 2007, 269). Da die Behauptung - als so geschehen zugunsten der Klägerpartei unterstellt - nicht wahrheitswidrig war, sondern aufgrund des Hinweises zur Nichtzahlung der Prämie mit Bezug auf die aktuellen betriebswirtschaftlichen Risiken einer (aus vorgenannten Gründen) zutreffenden äußeren Tatsachengrundlage entsprach, die zudem von einer (klägerseits nicht weiter in Abrede gestellten) internen vorab Entscheidung getragen war, konnte die beanstandete Beklagteneinschätzung nicht wahrheitswidrig und damit auch nicht persönlichkeitsverletzend sein.

98

b) Wegen der fehlenden Voraussetzungen nach § 16 Abs. 2 AGG und §612a BGB kann auf die Ausführungen zu A II 1 b und c verwiesen werden.

99

5. Der Antrag zu 5 auf Vornahme geeigneter Abschirmungsmaßnahmen gegen ein Drängen der Klägerpartei zur Kündigung durch andere Mitarbeiter ist zulässig, aber unbegründet.

100

a) Der Antrag ist zulässig. Den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist genügt.

101

aa) Maßgeblich für die Bestimmtheit eines Klageantrags sind die Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und die Umstände des Einzelfalls. Hierbei ist das zu schützende Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie sein Interesse an der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz abzuwägen. Generalisierende Formulierungen können daher im Einzelfall unvermeidlich sein. Andernfalls würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert, wenn nicht gar beseitigt (BAG 14.12.2011 - 10 AZR 283/10 - Rn. 14, NZA 2012, 501). Wird auf die Vornahme einer Handlung geklagt, so muss diese zwar hinreichend genau bezeichnet werden. Wird aber materiell-rechtlich nur ein Erfolg geschuldet, so genügt prozessual bereits die Angabe dieses Erfolgs. Die Wahl einer hierzu geeigneten Maßnahme ist dann Sache des Klagegegners, so dass die Benennung einer bestimmten Verhaltensweise die Klage sogar unbegründet machen könnte (LG Köln 21.12.2011 - 13 S 253/10 - zu 1 der Gründe, juris).

102

bb) Die Klage zielt vorliegend auf den Erfolg, dass die Klägerpartei keine innerbetrieblichen Aufforderungen zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mehr zu gewärtigen hat. Ausweislich der Klagebegründung geht die Klägerseite davon aus, dass dieser Erfolg beispielsweise durch einen Hinweis der Beklagten an ihre Betriebsbelegschaft erreicht werden kann, die Klägerpartei nicht weiter mit Aufforderungen zur Kündigung zu behelligen. Vor dem Hintergrund dieses Erfolges und der beispielhaften Bewirkungshandlung ist das Klagebegehren hinreichend bestimmt.

103

b) Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Nur bei objektiv rechtswidrigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers hat dieser nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 bzw. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Beseitigung der fortwirkenden Beeinträchtigung. Ein solcher Anspruch scheitert vorliegend indes daran, dass entsprechende Störungshandlungen durch die Beklagte wie auch deren Beschäftigte nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt wurden. Ein Drängen zur Kündigung i.S. eines Zwangs unter Gewalt oder Drohungen ist weder dargetan, noch aufgrund des weitgehend pauschalen Vorbringens zu erkennen. Die Aufforderung, das Arbeitsverhältnis bei Unzufriedenheit über die geltenden Arbeitsbedingungen zu verlassen, sei es am 6. Mai 2011 durch Kollegen geäußert worden, oder im folgenden sinngemäß (wofür indes konkrete Einzelheiten offen blieben) durch die Teamleiter oder in Gestalt des Kantinenaushangs, waren von der Klägerpartei vor dem Hintergrund des mit den Anspruchsbegehren verbundenen betrieblichen Kostenaufwands im Rahmen von üblichen Konflikte am Arbeitsplatz hinzunehmen. Soweit der Beklagtengeschäftsführer in der Betriebsversammlung vom 19. Oktober 20.11 gemeint haben sollte, die am Vortag durch das Arbeitsgericht vollumfänglich abgewiesenen Klagen seien völlig unnötig und unangebracht gewesen, gilt dasselbe.

B.

104

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe zur Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) ergaben sich nicht.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

31

2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

34

3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

35

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend, da sie von ihr bei einer Bewerbung wegen ihres Alters diskriminiert wurde.

2

Die Beklagte suchte mit einer am 15. November 2007 veröffentlichten Stellenanzeige Mitarbeiter für das von ihr betriebene Callcenter. Die Anzeige lautete auszugsweise:

        

„CALL CENTER AGENTS

        

Wir suchen für unser junges Team in der City motivierte Mitarbeiter/innen.

        

Du telefonierst gerne?

        

Dann bist Du genau richtig bei uns. Wir geben Dir die Möglichkeit sogar damit Geld zu verdienen.

        

Du bist zwischen 18 - 35 Jahre alt und verfügst über gute Deutschkenntnisse und suchst eine Vollzeitaufgabe?

        

Wir bieten Dir gute Verdienstmöglichkeiten und ein sehr nettes Arbeitsklima.“

3

Auf die Anzeige bewarb sich die damals 41-jährige, arbeitssuchende Klägerin. Ihrer Bewerbung fügte sie einen vollständigen tabellarischen Lebenslauf bei. Die Beklagte stellte zwei andere Bewerberinnen der Geburtsjahrgänge 1985 und 1987 zum 19. November 2007 ein. Am gleichen Tag sagte sie der Klägerin telefonisch ab, wobei der genaue Gesprächsinhalt streitig ist. Mit Poststempel vom 21. November 2007 schickte sie der Klägerin ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Sie fügte eine handschriftliche Notiz bei, der zufolge „alle Plätze belegt“ seien. Weitere, ähnliche Stellenanzeigen schaltete die Beklagte am 22. November 2007 und am 9. April 2008.

4

Ohne vorherige schriftliche Geltendmachung reichte die Klägerin beim Arbeitsgericht Hamburg am 29. Januar 2008 die vorliegende Klage ein, die der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellt wurde.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen ihres Alters bei der Stellenbesetzung benachteiligt worden. Schon der Inhalt der Stellenanzeige weise auf eine solche Diskriminierung hin. Im Telefonat vom 19. November 2007 sei ihr zudem mitgeteilt worden, sie entspreche nicht dem Bewerberprofil der Beklagten. Neben einer Entschädigung iHv. drei Monatsgehältern sei ihr daher die Beklagte auch zum Ersatz der materiellen Schäden verpflichtet, wozu neben den Bewerbungskosten iHv. 1,59 Euro (Porto, Papier) die Anwaltskosten der ersten Instanz iHv. 1.139,43 Euro gehörten. Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße gegen die unionsrechtlichen Gebote der Gleichwertigkeit und der Effektivität. Letzteres gelte auch für § 12a ArbGG, da die erstinstanzlich zu tragenden Anwaltskosten eine nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG begrenzte Entschädigung immer teilweise aufzehrten.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. 1,59 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung von 5.709,00 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie entstandene Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren erster Instanz iHv. 1.139,43 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat behauptet, die Bewerbung der Klägerin sei am 19. November 2007 bei ihr eingegangen, als die beiden offenen Stellen schon besetzt gewesen seien. Dies habe man der Klägerin im Telefongespräch vom 19. November 2007 mitgeteilt. Sie beschäftige auch ältere Arbeitnehmer. Jedenfalls habe die Klägerin die wirksame Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das Landesarbeitsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

        

„Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung - oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung - gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?“

9

Mit Urteil vom 8. Juli 2010 (- C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8) hat der Gerichtshof der Europäischen Union für Recht erkannt:

        

„1.     

Das Primärrecht der Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegenstehen, wonach derjenige, der bei der Einstellung wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Vermögens- und Nichtvermögensschadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalb von zwei Monaten geltend machen muss, sofern

                 

-       

zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts,

                 

-       

zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

                 

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind.

        

2.    

Art. 8 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, in deren Folge eine frühere Regelung geändert worden ist, die eine Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bei geschlechtsbezogener Diskriminierung vorsah.“

10

Sodann hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 27. Oktober 2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ein ihr möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist wie ein etwa bestehender Schadensersatzanspruch verfallen.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe die Klägerin mit der von der Beklagten verfassten, gegen § 11 AGG verstoßenden Stellenanzeige ein Indiz iSd. § 22 AGG vorgetragen. Auch seien die Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen gewesen, da am 22. November 2007 die nächste diskriminierende Stellenausschreibung erschienen sei. Jedoch habe die Klägerin die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt. Um dem Effektivitätsgebot zu genügen, müsse § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG europarechtskonform dahin ausgelegt werden, dass die Frist erst mit Kenntniserlangung von der Diskriminierung beginne. In Anbetracht des diskriminierenden Inhalts der Stellenanzeige habe eine solche Kenntnis der Klägerin schon mit der Absage am 19. oder 21. November 2007 bestanden. Die Klageeinreichung am 29. Januar 2008 wahre daher die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht. Die Frist sei auch nicht weniger günstig als vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts. Der deutsche Gesetzgeber habe selbst für das bestehende Arbeitsverhältnis eine Reihe von deutlich unter zwei Monaten liegenden Fristen normiert, die die Arbeitnehmer einzuhalten hätten, um ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu verlieren.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).

15

1. Der von der Klägerin gestellte bezifferte Zahlungsantrag ist hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin hat die von ihr nach § 15 Abs. 2 AGG begehrte angemessene Entschädigung beziffert und Tatsachen benannt, die den geltend gemachten Entschädigungsbetrag rechtfertigen sollen.

16

2. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung.

17

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin „Beschäftigte“ iSd. AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Bewerbung der Klägerin sei bei ihr erst nach der Besetzungsentscheidung über zwei Stellen eingegangen. Jedenfalls hat die Beklagte noch weitere Bewerber gesucht, wie sich ihrer Anzeige vom 22. November 2007 entnehmen lässt.

18

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

3. Die Klägerin hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).

20

a) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.

21

aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.

22

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).

23

cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart. Dies hat der Senat bereits mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 (- 8 AZR 37/11 - Rn. 32 - 48, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 30 - 46) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

24

dd) Ebenso wenig verstößt § 15 Abs. 4 AGG gegen den Effektivitätsgrundsatz, wie der Senat gleichfalls mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 erkannt hat (- 8 AZR 37/11 - Rn. 49 - 53, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 47 - 51). Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines angestrebten beruflichen Aufstiegs unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt. Hierüber gibt die bloße Ablehnung der Bewerbung durch den Arbeitgeber nicht in jedem Fall zwingend Auskunft (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 54 - 59, aaO).

25

b) Mit der Ablehnung im Telefongespräch vom 19. November 2007 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Durch das Telefonat wusste sie, dass ihre Bewerbung keine Berücksichtigung für das Auswahlverfahren gefunden hat oder finden wird. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn die Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Da im Zeitpunkt der Absage die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Stellenanzeige hatte, die die Beklagte am 15. November 2007 veröffentlichen ließ und die gegen § 11 AGG verstieß, war sie seit dem 19. November 2007 in der Lage, Entschädigungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Nach dem eigenen, von der Beklagten jedoch bestrittenen Vortrag, ist die Klägerin zudem in dem Telefongespräch direkt auf die unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verwiesen worden, da sie „dem Bewerberprofil nicht entspreche“.

26

Mit ihrer Ausschreibung suchte die Beklagte Bewerber im Alter „zwischen 18 - 35 Jahre“ und differenzierte damit nach dem verpönten Merkmal des Alters. Die Ausschreibung verstieß gegen § 7 Abs. 1 AGG, was nach der Rechtsprechung des Senats die Vermutung begründet, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Rn. 63, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF; 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4 zu § 611a BGB aF).

27

c) Die Zweimonatsfrist begann danach am 20. November 2007 (§ 187 Abs. 1 BGB) und endete am 21. Januar 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB), nachdem der 19. Januar 2008 auf einen Sonnabend fiel. Zwar wird die von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geforderte Schriftform auch durch eine gerichtliche Klage gewahrt(vgl. BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 96, 352 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 154 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 135; 24. Juni 1960 - 1 AZR 29/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 9, 296 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 5 zu tariflichen Ausschlussfristen; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 110; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 73), allerdings setzt dies voraus, dass die Klage rechtzeitig zugestellt wird; § 167 ZPO findet keine Anwendung(vgl. BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Die am 29. Januar 2008 bei Gericht eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte die am 21. Januar 2008 abgelaufene Frist nicht.

28

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

29

1. Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

30

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65 ff. mwN, NZA 2012, 910).

31

2. Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen der Klägerin ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre. Auch wenn diese unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1, § 11 AGG Arbeitsplätze altersdiskriminierend ausgeschrieben hat, genügt das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) gegebenenfalls anzunehmen wäre. Eine „Herabwürdigung“ ergibt sich nicht aus Form und Inhalt der Ablehnungen, und zwar weder aus dem Inhalt des Telefonats vom 19. November 2007, selbst wenn man dessen Inhalt mit der Darstellung der Klägerin unterstellt, noch aus der handschriftlichen Ablehnungsnotiz vom 21. November 2007.

32

III. Den Ersatz der von ihr geltend gemachten materiellen Schäden - Bewerbungskosten und Kosten der Rechtsverfolgung - kann die Klägerin schon deswegen nicht von der Beklagten nach § 15 Abs. 1 AGG verlangen, da sie auch insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist nicht eingehalten hat.

33

1. Auch und soweit die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG materielle Schadensersatzansprüche erfasst, verstößt sie nicht gegen den primärrechtlichen Grundsatz der Gleichwertigkeit. Nach nationalem Recht bestand kein dem Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses oder in Bezug auf andere, vergleichbare Merkmale. Es gilt insoweit grundsätzlich das für die Gleichwertigkeit des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG Ausgeführte.

34

a) Durch die Verabschiedung des AGG hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG, der Richtlinie 2000/78/EG, der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuvor schon bestehende einzelne Diskriminierungsverbote erstmals zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz in Deutschland ausgebaut. Zur effektiven Durchsetzung dient dabei in besonderer Weise die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung. Die vom Grundsatz der Privatautonomie geprägte deutsche Rechtsordnung unterscheidet sich grundlegend vom europäischen Antidiskriminierungsrecht. Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukamen und zukommen, übernahmen in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse teilweise als funktionelle Äquivalente der allgemeine Kündigungsschutz oder bei der Gewährung von Leistungen der Gleichbehandlungsgrundsatz. An diesen ist jedoch der Arbeitgeber bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht gebunden (vgl. BAG 20. August 1986 - 4 AZR 272/85 - BAGE 52, 380 = AP TVG § 1 Tarifverträge - Seniorität Nr. 6 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 44; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 311, 578; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 287). Für die Nichteinstellung schuldet der Arbeitgeber nach deutschem Recht grundsätzlich keinerlei Rechtfertigung (vgl. ErfK/Preis aaO Rn. 311; Buchner NZA 1991, 577, 579). Zur Richtlinienumsetzung durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden Diskriminierungsschutz anknüpfen (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Jacobs RdA 2009, 193, 200 f.; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092). Keinen Vergleichsmaßstab können die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF bilden, da diese ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten(vgl. Jacobs RdA 2009, 193, 201).

35

Damit unterscheiden sich Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB von solchen aus § 15 Abs. 1 AGG hinsichtlich ihres Rechtsgrundes und ihrer wesentlichen Merkmale, sodass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert war, für Ansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG eine besondere Ausschlussfrist vorzusehen.

36

b) Der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG ist auch nicht dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vergleichbar.

37

Beide Ansprüche unterscheiden sich bereits hinsichtlich des Gegenstands. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewährt bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung. Der Ersatz materieller Schäden ist bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur für vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (bspw. der unerlaubten Verwertung des Bildes, des Namens, der Stimme oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu kommerziellen Zwecken) anerkannt (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214; Palandt/Sprau 71. Aufl. § 823 BGB Rn. 125; MünchKommBGB/Wagner 5. Aufl. § 823 Rn. 180). Aufwendungen und Schäden des erfolglosen Stellenbewerbers, wie bspw. der entgangene Gewinn, fallen demgegenüber nicht in den Schutzbereich von § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 114, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Demgegenüber gewährt § 15 Abs. 1 AGG Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens.

38

2. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt ausdrücklich, dass neben einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG auch der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend zu machen ist(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 85, 87; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 15; Jacobs RdA 2009, 193, 199). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Tarifvertragsparteien dies vereinbart haben, § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AGG. Hinsichtlich des Fristbeginns differenziert § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht zwischen Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG und solchen nach § 15 Abs. 2 AGG, sondern bestimmt für beide Ansprüche, dass die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist auch im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs erst zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 AGG ergibt sich somit, dass es für den Fristbeginn zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG nicht auf die Entstehung des Schadens oder dessen Fälligkeit ankommt.

39

Die am 29. Januar 2008 eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte daher die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch hinsichtlich eines materiellen Schadensersatzanspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG nicht.

40

IV. Ein Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 3 AGG. Soweit diese Anspruchsgrundlage allein mit einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet wird, kommt sie neben dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG nicht in Betracht.

41

1. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, im Übrigen unberührt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass der Gesetzgeber insbesondere an Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den §§ 252, 823 BGB dachte(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Eine abschließende und klare Regelung des Konkurrenzverhältnisses zu anderen möglichen Ansprüchen auf Schadensersatz und Entschädigung ergibt sich hieraus nicht. Insbesondere ist unklar, inwieweit der Beschäftigte Schadensersatzansprüche bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auf § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB stützen kann, nachdem § 7 Abs. 3 AGG bestimmt, dass eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch den Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt.

42

2. In der Rechtslehre ist die Frage umstritten. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass Ansprüche aus § 280 BGB, die auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt werden, neben Ansprüchen aus § 15 AGG bestehen, ohne dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG Geltung erlangt(vgl. v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69, 112; Bücker in Rust/Falke AGG § 15 Rn. 57; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 3 AGG Rn. 10 u. § 15 AGG Rn. 10; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 535; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 8). Weiter wird auch vertreten, § 280 BGB finde zwar neben § 15 Abs. 1 AGG Anwendung, jedoch sei auch die Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG bei diesem Anspruch zu beachten(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 65, 67; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 102). Der überwiegende Teil der Literatur nimmt an, dass § 15 Abs. 1 AGG als speziellere Norm mögliche Ansprüche aus § 280 BGB verdrängt(vgl. Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 24, 126; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 66; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 96; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 88; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 137; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 60; Richardi NZA 2006, 881, 886; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 270; Stoffels RdA 2009, 204, 214; Staudinger/Annuß [2005] § 611a Rn. 80 zu § 611a BGB aF; Walker NZA 2009, 5, 10 f. für Entschädigungsansprüche).

43

3. Der überwiegenden Auffassung der Literatur ist der Vorzug zu geben. Für die Annahme einer spezielleren Regelung durch § 15 Abs. 1 AGG spricht sowohl der gesetzliche Regelungszusammenhang als auch der Wortlaut von § 15 Abs. 1 und Abs. 5 AGG.

44

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG bestimmt weiter, dass eine Ersatzpflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber die „Pflichtverletzung“ nicht zu vertreten hat. Damit übernimmt § 15 Abs. 1 AGG das Regelungskonzept des § 280 Abs. 1 BGB, bezieht dies aber auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. § 7 Abs. 3 AGG enthält dazu die Klarstellung, dass die vom Arbeitgeber oder Beschäftigten begangenen Benachteiligungen Vertragsverletzungen darstellen. Durch die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG werden gleichzeitig die §§ 276 bis 278 BGB für den Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG anwendbar(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). § 15 Abs. 1 AGG normiert daher einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, der sich allein gegen den Arbeitgeber richtet und hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen besonderen Regelungen unterliegt. So hat der Beschäftigte nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nur hinsichtlich eines Anspruchs nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eine Ausschlussfrist einzuhalten. Auf der Rechtsfolgenseite stellt § 15 Abs. 6 AGG klar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Damit wird eine Naturalrestitution ausgeschlossen. Hieran zeigt sich, dass der Gesetzgeber den materiellen Schadensersatz, der sich bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ergeben kann, innerhalb vertraglicher Beziehungen speziell ausgestaltet hat. Dies spricht dafür, den allgemeinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB als verdrängt zu betrachten, soweit dieser allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt wird(§ 7 Abs. 1, Abs. 3 AGG). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die besonderen Voraussetzungen die der Gesetzgeber an einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG knüpft(insb. Ausschlussfrist), nicht durch Gewährung eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB umgangen werden.

45

b) Ebenso spricht der Wortlaut von § 15 Abs. 5 AGG für die Annahme, § 15 Abs. 1 AGG stelle in seinem Anwendungsbereich eine § 280 Abs. 1 BGB verdrängende Norm dar. § 15 Abs. 5 AGG bestimmt, dass „im Übrigen“ Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung spricht maßgeblich dafür, dass die allgemeinen Regelungen nur insoweit zur Anwendung kommen sollen, als § 15 AGG keine eigene Regelung trifft. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz materieller Schäden auf (vor-)vertraglicher Grundlage ist dies aber in § 15 Abs. 1 AGG geschehen.

46

V. Den von ihr begehrten Ersatz ihres materiellen Schadens kann die Klägerin von der Beklagten vorliegend schließlich nicht nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG verlangen.

47

1. Grundsätzlich werden Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nicht durch § 15 Abs. 1 AGG verdrängt. Insoweit regelt das AGG nur einen (vor-)vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots, „im Übrigen“ werden aber nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus anderen Rechtsvorschriften nicht berührt. Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass es insoweit bei der echten Anspruchskonkurrenz zwischen Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten und solchen aus unerlaubter Handlung bleiben soll (BT-Drucks. 16/1780 S. 38).

48

2. Ob § 11 AGG oder, näherliegend, § 7 Abs. 1 AGG „Schutzgesetze“ iSd. § 823 Abs. 2 BGB sind, also zumindest auch Individualschutz wegen eines der vom Gesetzgeber mit einer Norm verfolgten Anliegens gewähren wollen, ist in der Rechtslehre umstritten, kann aber vorliegend dahinstehen. Denn wenn die Beklagte mit ihrem Vorgehen vorliegend § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG als „Schutzgesetz“ iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt hätte, wäre ein daraus resultierender Anspruch der Klägerin aufgrund der auch insoweit anzuwendenden Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG untergegangen.

49

a) Zwar gilt als Grundregel, dass vertragliche und deliktische Ansprüche nach ihren jeweiligen Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihrer Durchsetzung selbständig zu beurteilen sind und den jeweils eigenen Regeln folgen. Ausnahmen kommen aber dann in Betracht, wenn einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragshaftung zu entnehmen ist, dass die Möglichkeit des Geschädigten, nach einem Ausschluss mit seinem vertraglichen Schadensersatzanspruch auf den aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch auszuweichen, jedenfalls den Zweck einer für den vertraglichen Schadensersatzanspruch geltenden gesetzlichen Vorschrift vereiteln und diese gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (vgl. BGH 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03 - zu 2 der Gründe mwN, NJW-RR 2005, 172; Palandt/Sprau 71. Aufl. Einf. v. § 823 Rn. 5). Deshalb sind die für Ansprüche aus Vertragsverletzung geltenden kurzen Verjährungsfristen auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Lebenssachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch eine Zweckvereitelung der kurzen Verjährungsvorschrift zur Folge hätte (vgl. BGH 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 162, 306; 11. Dezember 1991 - XII ZR 269/90 - zu 1 a der Gründe, BGHZ 116, 293). Auch wendet das Bundesarbeitsgericht eine Ausschlussfrist, die „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst, nicht nur auf vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung an, wenn diese auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26 mwN, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 41, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6), da andernfalls die angestrebte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht erreicht werden kann.

50

b) Danach fallen deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie Ansprüche aus § 15 Abs. 1 AGG gestützt werden, unter die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.

51

3. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt, dass ein Anspruch „nach Absatz 1 oder 2“ innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss, es sei denn, die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG besteht jedoch darin, angesichts der für das AGG durch § 22 geregelten Beweislastverteilung die Arbeitgeber nicht zu zwingen, Argumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Für Ansprüche aus dem AGG soll binnen kürzerer Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eintreten. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es, die Ausschlussfrist auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, die auf denselben Sachverhalt gestützt werden, also auf eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Da der Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verschuldensabhängig ausgestaltet ist, tritt bei einer Verwirklichung des Haftungstatbestandes nach § 15 Abs. 1 AGG regelmäßig auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB ein, sofern einzelnen Bestimmungen des AGG, etwa § 7 Abs. 1 AGG, Schutzgesetzcharakter zuzusprechen wäre. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG, innerhalb einer kurzen Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf solche Ansprüche herbeizuführen, würde jedoch vereitelt, wollte man § 15 Abs. 4 AGG nicht auf alle Ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gegründet werden.

52

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Pauli    

                 

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Die Revisionen gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Mai 2014 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unzulässiger Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch, das sie in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege am Strand von El Arenal auf Mallorca zeigt.

2

Die Print-Ausgabe der Zeitung "BILD", deren Herausgeberin die Beklagte zu 1 ist, berichtete am 10. Mai 2012 über einen Raubüberfall auf den Profifußballer A. in El Arenal ("Am Ballermann"). Darin heißt es u.a.:

3

"Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ... - Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."

4

Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im Vordergrund A. am Strand von El Arenal vor einer Mülltonne zeigt, in die er einen Eimer leert. In dem Bildabschnitt, der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text:

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"Strohhut, dunkle Sonnenbrille: A. am Strand von El Arenal. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall".

6

Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter A., ist die Klägerin in einem Bikini zu erkennen.

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Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9. Mai 2013 im Internet-Portal www.bild.de veröffentlicht, das von der Beklagten zu 2 betrieben wird.

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Die Klägerin nahm zuletzt die Beklagte zu 1 wegen des in der Print-Ausgabe veröffentlichten Fotos auf Unterlassung und wegen der Veröffentlichung des Fotos im Internet-Portal der Beklagten zu 2 beide Beklagten auf Unterlassung und Entfernung von der Webseite in Anspruch. Ferner begehrte sie von der Beklagten zu 1 wegen der Veröffentlichung in der Print-Ausgabe und von der Beklagten zu 2 wegen der Veröffentlichung im Internet die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren stattgegeben, hinsichtlich des im Internet veröffentlichten Fotos jedoch nur gegenüber der Beklagten zu 2. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren gegen die Beklagte zu 1 sowie ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung gegen beide Beklagten weiter. Die Beklagten erstreben mit ihren Revisionen die Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 wegen der Veröffentlichung des Fotos in der Print-Ausgabe der Zeitung "BILD" vom 10. Mai 2012 gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 22 KUG bejaht. Es hat sich die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin auf dem Foto identifizierbar abgebildet ist. Da die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent in die Veröffentlichung des Fotos eingewilligt habe, sei die Zulässigkeit der Veröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach komme eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe. Davon könne im Hinblick auf die Klägerin nicht ausgegangen werden. Auch wenn man annehme, dass die Abbildung des Fußballprofis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Kontext des Berichts zulässig gewesen sei, sei damit noch nichts darüber ausgesagt, ob auch die von der Klägerin beanstandete identifizierbare Abbildung ihrer Person rechtmäßig sei. Da die Klägerin in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen oder absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre - das zeitgeschichtliche Ereignis unterstellt - jedenfalls bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Recht der Klägerin am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi, der gestern noch am Strand gewesen sei und dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe, jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse. Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig zu schützenden Kernbereich der Privatsphäre gehöre. Insbesondere sei es für die Information der Allgemeinheit nicht erforderlich gewesen, dass die völlig außerhalb des Geschehens stehende Klägerin identifizierbar abgebildet worden sei. Es sei der Beklagten zu 1 als Presseunternehmen ohne Weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Was dies an der Aussagekraft des Berichts im Sinne ihres Anliegens, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, geändert hätte, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die nur mit einem Bikini bekleidete Klägerin den Blicken des Publikums in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Teile der Leserschaft hätten die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen können, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte "pikante Frauenbegleitung" gehandelt habe. Die Bildveröffentlichung sei auch nicht - wie das Landgericht angenommen habe - aufgrund einer analogen Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gerechtfertigt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheitere bereits daran, dass nicht die Abbildung einer Örtlichkeit im Vordergrund gestanden habe, sondern die Person des Fußballers A. Der teilweise vertretenen Auffassung, wonach auch Personen, die im zufälligen Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet würden, sofern sie dadurch nicht schon selbst Teil des zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden seien, § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in analoger Anwendung unterfielen, sei nicht zu folgen. Denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne Weiteres die Veröffentlichung des Begleiterfotos rechtfertige. Da bereits die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu interessengerechten Ergebnissen führe, liege insoweit auch keine Lücke vor. Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu 2 aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung des auf der von der Beklagten zu 2 betriebenen Webseite seit dem 10. Mai 2012 verbreiteten Fotos. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei hier noch in stärkerer Weise betroffen als durch die Veröffentlichung der Print-Ausgabe. Bei dem in der Print-Ausgabe abgedruckten Foto handele es sich lediglich um einen Ausschnitt des auf der Internetseite der Beklagten zu 2 vollständig veröffentlichten Fotos, welches auch die unbekleideten Beine der Klägerin zeige. Da der dazu veröffentlichte Text sich nicht erheblich von dem der Print-Ausgabe unterscheide, könne die Abwägung zu keinem anderen Ergebnis führen als bei der Print-Ausgabe der Beklagten zu 1. Der hinsichtlich der Internetveröffentlichung geltend gemachte Anspruch bestehe nicht gegen die Beklagte zu 1. Diese sei unstreitig nicht Betreiberin der Internetseite. Eine Haftung ergebe sich auch nicht - wie die Klägerin meine - aus Rechtsscheinsgesichtspunkten. Störer sei lediglich, wer willentlich und adäquat kausal zur Persönlichkeitsrechtsverletzung beitrage. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagten hätten unwidersprochen vorgetragen, dass weder die Beklagte zu 2 entscheiden könne, welche Publikation in den Medien der Beklagten zu 1 erschienen, noch dass dies umgekehrt der Fall sei. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der beanstandeten Bildveröffentlichungen stehe der Klägerin nicht zu, da es sich nicht um einen so schwerwiegenden Eingriff handele, dass eine Geldentschädigung gerechtfertigt sei.

II.

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Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

12

A) Revisionen der Beklagten:

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Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 aus § 1004 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22, 23 KUG bejaht.

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1. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen ist (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06, BGHZ 171, 275 Rn. 9 ff.; vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 5/10, VersR 2012, 116 Rn. 8 f.; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 23 f.; vom 18. September 2012 - VI ZR 291/10, VersR 2012, 1403 Rn. 26, vom 28. Mai 2013 - VI ZR 125/12, VersR 2013, 1178 Rn. 10, und vom 8. April 2014 - VI ZR 197/13, VersR 2014, 890 Rn. 8; jeweils mwN), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 120, 180, 210) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (vgl. EGMR NJW 2004, 2647 Rn. 57 ff.; 2006, 591 Rn. 37 ff., sowie NJW 2012, 1053 Rn. 95 ff., und 1058 Rn. 75 ff.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes von einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG NJW 2011, 740 Rn. 52 mwN). Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 17; ausführlich dazu v. Pentz, AfP 2013, 20, 23 f.).

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a) Nach den von den Revisionen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos nicht eingewilligt (§ 22 Satz 1 KUG).

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b) Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens.

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aa) Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; BVerfG, AfP 2008, 163, 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, aaO; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06, aaO und vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, BGHZ 177, 123 Rn. 15 ff.; jeweils mwN).

18

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Veröffentlichung eines Fotos, das einem Millionenpublikum die - identifizierbar abgebildete - Klägerin im Bikini zeigt, sei durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht (vgl. - zu einer ähnlichen Fallgestaltung - Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 26).

19

cc) Soweit die Revisionen meinen, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, wie der Leser den Bericht interpretiere, sondern ausschließlich auf das Foto abgestellt und den Zusammenhang zum zugehörigen Text ignoriert, aus welchem sich ergebe, dass sich die Abbildung allein auf den Fußballer A. beziehe, kann dem nicht gefolgt werden. Das Bildnis zeigt auch die Klägerin, wie sie sich mit dem Betrachter halb zugewandtem Gesicht auf der Strandliege sonnt.

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dd) Entgegen der Auffassung der Revisionen der Beklagten hat das Berufungsgericht auch nicht den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verkannt und diesen Begriff zu eng gefasst. Das beanstandete Foto als solches hatte mit dem Umstand, dass der bekannte Fußball-Star A. am "Ballermann" überfallen und ausgeraubt wurde, ersichtlich nichts zu tun. Das Berufungsgericht hat gleichwohl zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Veröffentlichung des Bildnisses von Herrn A. im Kontext des Berichts zulässig war und für die Entscheidung des Streitfalles zutreffend darauf abgestellt, ob der Gegenstand dieses Berichts auch die Veröffentlichung einer Abbildung der Klägerin rechtfertigt. Dies hat es mit Recht verneint. Denn es besteht außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung zwischen der als "Urlauberin" gezeigten Klägerin und dem - unterstellt - als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Raubüberfall auf den Nationalspieler A.

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ee) Der Revisionen der Beklagten ist weiter nicht darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit abgebildet werden, stets zurücktreten müssen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der insbesondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwartungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen sind. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, nach der selbst die Abbildung von Begleitpersonen nicht ohne Weiteres zulässig ist. Wollte man dies anders sehen, würde dies zu dem (widersinnigen) Ergebnis führen, dass Begleitpersonen, die in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Berichterstattung stehen (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06, VersR 2007, 1135 Rn. 28), vor einer Veröffentlichung eher geschützt wären, als Personen, die ohne jeden Zusammenhang Gegenstand einer "zufälligen" Bildaufnahme geworden sind.

22

c) Entgegen der Auffassung der Revisionen der Beklagten hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler im Streitfall eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG verneint.

23

aa) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG ist die Veröffentlichung eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person grundsätzlich zulässig, wenn diese Person nur als "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Hiervon kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit das Bild prägt und nicht selbst "Beiwerk" ist. Im Streitfall bezog sich die Abbildung indes - wovon die Revisionen der Beklagten selbst ausgehen - in erster Linie auf Herrn A. Das Strandleben am "Ballermann" bildete lediglich den Hintergrund des Fotos.

24

Die Erwägungen der Revisionen der Beklagten zu der Frage, ob eine Abbildung von Badegästen im Zusammenhang mit einer Schilderung des Strandlebens zulässig wäre, sind im Streitfall unerheblich. Im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG kann ein Interesse an der Wiedergabe einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit zwar unabhängig von einem konkreten Ereignis der Zeitgeschichte bestehen. Die Revisionen der Beklagten gehen jedoch selbst davon aus, dass Zweck des Bildes die Berichterstattung über den Fußballer A. im Zusammenhang mit dem auf diesen erfolgten Überfall gewesen sei.

25

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionen kommt eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Denn dem von den Revisionen der Beklagten angeführten Interesse an der Berichterstattung über eine bestimmte Person unter Einbeziehung von Abbildungen anderer "zufällig" anwesender Personen wird bereits durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG und die dort erforderliche Interessenabwägung hinreichend Rechnung getragen.

26

d) Selbst wenn eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in Betracht käme, erstreckte sich die Befugnis nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG).

27

Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung mit Recht nicht nur auf das Foto, sondern auch auf den dazugehörigen Text abgestellt und dabei angenommen, dass die Erwähnung einer "pikanten Frauenbegleitung" zumindest bei einem Teil der Leserschaft zum Anlass für Spekulationen in Bezug auf die Klägerin genommen werden könnte. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die Formulierung geboten: "Gestern sahen wir ... - Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat." Denn die Revisionen der Beklagten zeigen keinen (übergangenen) Sachvortrag dazu auf, dass das Foto vom Folgetag stamme und dies für den Leser ersichtlich gewesen sei.

28

e) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken für möglich und den Beklagten zumutbar erachtet. Die Revisionen berufen sich demgegenüber ohne Erfolg auf angebliche Redaktionsabläufe und die Gefahr der Verhinderung einer atmosphärischen Illustration. Eine Verpixelung hätte an der Aussagekraft des Berichts im Hinblick auf das Anliegen der Beklagten, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, nichts geändert. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei den im Internet im Zusammenhang mit der vorliegenden Berichterstattung veröffentlichten Bildern die Gesichter anderer dort mit dem Fußballprofi abgebildeter Frauen gepixelt, was dagegen spricht, dass ihr eine entsprechende Vorgehensweise im Hinblick auf die Abbildung der Klägerin nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre.

29

B) Revision der Klägerin:

30

Die Revision der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.

31

1. Das Berufungsgericht hat mit Recht eine Haftung der Beklagten zu 1 hinsichtlich der Veröffentlichung der beanstandeten Bilder im Internet abgelehnt, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte zu 1 willentlich und adäquat kausal durch die Veröffentlichung der - rechtlich selbständigen - Beklagten zu 2 im Internet zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin beigetragen hätte. Allein die Tatsache, dass beiden Beklagten dieselben Lichtbilder zugänglich waren, vermag noch keine wechselseitige Haftung hinsichtlich der Veröffentlichung der Fotos zu begründen. Die Revision der Klägerin zeigt keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag auf, wonach die Beklagte zu 1 der Beklagten zu 2 die Lichtbilder zur Verfügung gestellt hat. Die von der Revision der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des I. Zivilsenats vom 11. März 2009 (I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 Rn. 16 ff.) betrifft eine andere Fallgestaltung (Verletzung von Schutzrechten durch Pflichtverletzung des Kontoinhabers bei der Verwahrung von Zugangsdaten).

32

2. Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler den Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung für unbegründet erachtet.

33

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 12; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, VersR 1985, 391, 393; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 - VersR 1988, 405; vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, VersR 1996, 341 f.; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591, 592). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, aaO, 13; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, aaO; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, aaO Rn. 38; vom 17. März 1970 - VI ZR 151/68, VersR 1970, 675, 676; vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70, VersR 1971, 845, 846; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, juris Rn. 3). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70, DB 1971, 1660, 1661; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, aaO). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, aaO, 12 ff.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, aaO; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, aaO).

34

b) Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalles mit Recht verneint. Selbst wenn man - was das Berufungsgericht offengelassen hat - zugunsten der Klägerin ihre Behauptung, sie sei im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von mehreren Personen angesprochen und ihr sei von "mehreren Männern" Geld für ein Treffen angeboten worden, als richtig unterstellt, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die beanstandete Veröffentlichung des Strandbildes mit der Klägerin keine Veranlassung zu der Annahme gab, dass die Klägerin käuflich sei.

Galke                     Wellner                        Diederichsen

            v. Pentz                     Offenloch

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.