Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Der Kircheneinkommensteuerbescheid 2008 vom ... und die geänderten Kircheneinkommensteuerbescheide 2008 vom ... und vom ... sowie die Einspruchsentscheidung vom ... werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand

I. Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 2008 Mitglied der römisch-katholischen Kirche und damit kirchensteuerpflichtig war.

Der Kläger wurde am … in …, Usbekistan, geboren (vgl. Mitteilung über Kirchenaustritt, Kirchensteuerakte – KiSt-Akte –) und übersiedelte im Jahr 1991 mit seiner Familie als Spätaussiedler nach Deutschland.

Im … 1991 wohnte die Familie des Klägers in … (A); Pfarrer des zuständigen katholischen Pfarramtes in … (Pfarramt) war damals Herr … (P). In zwei jeweils auf den …1991 datierten Formblättern der Diözese … "Anmeldung zur Taufe" betreffend den Kläger bzw. seinen Bruder … (W) wurden jeweils u.a. verschiedene persönliche Angaben festgehalten:

  • ·Nach dem den Kläger betreffenden Formular (Anmeldungsformular; Finanzgerichtsakte - FG-Akte -, Bl. 35) wurde dieser am … 1979 in … geboren und  … 1983 in … (S) durch den polnischen Priester … getauft; als Pate wurde in diesem Formular … genannt;

  • ·Nach dem W betreffenden Formular (Taufanmeldung; FG-Akte … – FG-Akte V -, Bl. 50) wurde dieser am … 1985 in … geboren und bei P für den … zur Taufe angemeldet (welche in der Folge auch entsprechend erteilt wurde; FG-Akte V, Bl. 49).

  • ·Außerdem waren hiernach ihre Eltern, Herr … (V, für diesen angegebener Geburtsort: S) und Frau … (M), jeweils römisch-katholischen Glaubens.

Die beiden Formblätter wurden jeweils von P ausgefüllt, wobei er das den Kläger betreffende Anmeldungsformular lediglich handschriftlich ausfüllte, nach seinen schriftlichen Angaben im vorliegenden Verfahren entsprechend der ihm von V und M hierzu mündlich erteilten Auskünfte und zum Zwecke der Aufnahme der Personendaten des Klägers (vgl. Schreiben des P vom …, FG-Akte, Bl. 50, und vom …, FG-Akte, Bl. 87).

In einer auf den … 1992 datierten und unter Nennung von V und M unterzeichneten Taufbestätigung (Taufbestätigung; Kirchensteuerakte - KiSt-Akte -) wurde gegenüber P bestätigt, dass der in … geborenen Kläger in ihrem Beisein von einem Priester der römisch-katholischen Kirche getauft worden sei; die Taufe sei im "… 1983 in S … durch einen polnischen Priester" gespendet worden. P legte diese Taufbestätigung dem Bischöflichen Generalvikariat … mit dem Hinweis vor (vgl. das auf den … 1992 datierte Schreiben von P, KiSt-Akte), dass der Kläger am Weißen Sonntag (26. April 1992) die Heilige Erstkommunion und im Juni 1992 das Sakrament der Firmung empfangen wolle. Nachdem das Generalvikariat die erbetene Zustimmung erteilt hatte (Taufanerkennung Kläger; KiSt-Akte), stellte P am …1992 einen entsprechenden Taufschein (Taufschein Kläger; KiSt-Akte) aus; in der Folge wurden dem Kläger die beiden Sakramente entsprechend erteilt (vgl. Schreiben des Pfarramtes vom …, FG-Akte, Bl. 86).

Dem Beklagten (das Katholische Kirchensteueramt … – Kirchensteueramt –) wurden vom zuständigen Finanzamt … (Finanzamt) Veranlagungsdaten des Klägers jeweils für die Veranlagungszeiträume 1997, 1998, 2000 und 2003 bis 2008 übermittelt. In den noch aufbewahrten bzw. vom Kläger vorgelegten Seiten 1 der Mantelbögen der Einkommensteuererklärungen seit 2003 machte der Kläger hinsichtlich seiner Religionszugehörigkeit jeweils folgende Angaben (FG-Akte, Bl. 93-95, 26):

  • ·2003 (vom …): “RK“,

  • ·2004 (vom …): “römisch-katholisch“,

  • ·2005 (vom …): “keine Religion“,

  • ·2006 (vorgelegt in der mündlichen Verhandlung): “keine“, und

  • ·2007: “keine Religion“.

Für diese Veranlagungszeiträume seit 1997 setzte das Kirchensteueramt gegenüber dem Kläger jeweils Kirchensteuer in folgender Höhe bestandskräftig fest (vgl. Schreiben des Kirchensteueramtes vom …, FG-Akte, Bl. 80, 83):

  • ·1997 i.H.v. – … € (Bescheid vom …),

  • ·1998 i.H.v. – … € (Bescheid vom …),

  • ·2000 i.H.v. – … € (Bescheid vom …),

  • ·2003 und 2004 erfolgten jeweils keine Kirchensteuerveranlagungen, da jeweils Einkommensteuer i.H.v. 0 € festgesetzt worden war,

  • ·2005 i.H.v. … € (Bescheid vom …, geändert mit Bescheid vom …),

  • ·2006 i.H.v. … € (Bescheid vom … – festgesetzte Kirchensteuer: … € -, geändert mit Bescheid vom …) und

  • ·2007 i.H.v. … € (Bescheid vom …, geändert mit Bescheid vom …, FG-Akte, Bl. 112).

Im Jahr 2008 zahlte der Kläger im Lastschrifteneinzugsverfahren an das Kirchensteueramt

  • ·Kirchensteuervorauszahlungen für 2007 i.H.v. … € sowie

  • ·die mit der Erstveranlagung für 2006 festgesetzte Kirchensteuer i.H.v. … €.

Die entsprechende Einzugsermächtigung (FG-Akte, Bl. 96) hatte der Kläger mit Faxschreiben vom … 2008 beim Kirchensteueramt eingereicht; mit Faxschreiben vom … 2009 (FG-Akte, Bl. 97) widerrief er sie, nachdem er bereits am … 2009 beim Standesamt … seinen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche erklärt hatte (vgl. Mitteilung über Kirchenaustritt; KiSt-Akte).

Auf der Grundlage des vom Finanzamt gegenüber dem Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 erlassenen Einkommensteuerbescheids setzte das Kirchensteueramt ihm gegenüber mit Kircheneinkommensteuerbescheid 2008 vom … (KiSt-Akte) Kircheneinkommensteuer i.H.v. … € fest.

Seinen hiergegen mit Schreiben vom … fristgerecht eingelegten Einspruch begründete der hierbei nicht steuerlich vertretene Kläger damit, dass er "nie freiwillig in die Katholische Gemeinde durch eine Taufe eingetreten" und deshalb nicht Kirchenmitglied sei. Seine bisher dennoch freiwillig an die Kirche gezahlten Beiträge könne er derzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr finanzieren (vgl. Schreiben des Klägers vom …, KiSt-Akte). Er sei in der UdSSR geboren und aufgewachsen, in der "Religion unter Strafe verboten" gewesen sei und deshalb nicht getauft worden (vgl. Schreiben des Klägers vom …; KiSt-Akte).

Während des Einspruchsverfahrens erging gegenüber dem Kläger am … ein geänderter Kirchensteuerbescheid 2008, der eine Kirchensteuer i.H.v. … € festsetzte (KiSt-Akte; FG-Akte, Bl. 110).

Den Einspruch des Klägers wies das Kirchensteueramt mit der Einspruchsentscheidung vom … (KiSt-Akte) als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass der Kläger "laut vorliegender Taufbestätigung und Taufschein" im Streitjahr 2008 Mitglied der römisch-katholischen Kirche und dementsprechend kirchensteuerpflichtig gewesen sei. Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit Faxschreiben vom … (KiSt-Akte; FG-Akte, Bl. 5), in dem er nochmals bekräftigte, mangels Taufe nicht Kirchenmitglied und damit nicht kirchensteuerpflichtig gewesen zu sein; einen entsprechenden Taufschein gebe es nicht. Das Kirchensteueramt legte dieses Schreiben des Klägers als Klageerhebung nach erfolglosem Einspruchsverfahren aus und leitete es dementsprechend an das Finanzgericht weiter.

Zur weiteren Begründung seiner Klage verweist der nunmehr steuerlich vertretene Kläger im Wesentlichen und z.T. sinngemäß auf sein bisheriges Vorbringen sowie auf folgende Punkte:

Er bestreite, jemals getauft worden zu sein. Seine Familie sei konfessionslos, V Atheist und er entsprechend erzogen worden. Zu keinem Zeitpunkt habe Kontakt zu einem Pfarrer irgendeiner Kirche bestanden. Zum Beweis hierfür benenne er V und M (unter der Adresse …, vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 22, 23) als Zeugen.

Bei ihrer Einreise nach Deutschland im Jahr 1991 hätten er und seine Eltern nicht deutsch gesprochen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass und ggf. aus welchen Gründen er als Mitglied einer Kirche geführt worden sei.

Er habe erst durch die entsprechende Eintragung in "seinem Einkommensteuerbescheid", welchen er Anfang des Jahres 2009 erhalten habe, erkannt, dass er zur Entrichtung von Kirchensteuer herangezogen worden sei. Daraufhin habe er formal seinen Austritt aus der Kirche erklärt. Bis zu diesem Zeitpunkt sei er davon ausgegangen, dass sämtliche von ihm zu leistenden Abgaben nach den Steuergesetzen verpflichtend gewesen seien, ohne sie mit der Institution Kirche in Verbindung zu bringen.

Mangels Mitgliedschaft sei er zu keinem Zeitpunkt kirchensteuerpflichtig gewesen (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 22).

Zum Beweis dafür, dass er nie getauft worden sei, benenne er weiterhin

  • ·Herrn … (Al), sowie

  • ·Herrn … (Ad),

als Zeugen; diese seien mit ihm zusammen aufgewachsen (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 38, und vom …, FG-Akte, Bl. 52).

Die vier benannten Zeugen würden weiterhin als Zeugen dafür benannt, dass er atheistisch erzogen worden sei, so dass auch aus diesem Grund eine Taufe ausgeschlossen sei (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 22, 24, und vom …, FG-Akte, Bl. 52, 53).

Die vom Kirchensteueramt seinen Eltern (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 38, 39) bzw. dem V (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 52) zugeschriebenen Angaben im Anmeldungsformular hätten diese bzw. habe dieser nicht gemacht bzw. hätten seine Eltern wegen zum damaligen Zeitpunkt noch fehlender Sprachkenntnisse auch gar nicht verstanden.

Zudem sei die Angabe eines polnischen Priesters als Taufender in S, einem Ort im äußersten Osten Russlands an einer Bucht des Japanischen Meeres, hanebüchen (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 38).

Auch wenn sich seine Eltern daran erinnern könnten, dass sie damals zahlreiche Papiere unterzeichnen hätten müssen, hätten sie doch niemals bewusst eine Erklärung über seine angebliche Taufe abgegeben und unterschrieben. Zumindest habe V bei Unterzeichnung des Anmeldungsformulars einem Erklärungsirrtum unterlegen und würde diese Erklärung deshalb anfechten. Auch hierzu würden V und M als Zeugen benannt. Er bestreite, dass an P die Bitte herangetragen worden sei, ihn zur Erstkommunion und im Juni 1992 zur Firmung zuzulassen (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte Bl. 52).

V und M hätten in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom … (Versicherung; unter der Wohnadresse …; FG-Akte Bl. 59) bestätigt, dass

  • ·er nicht getauft und atheistisch erzogen worden sei sowie

  • ·sie selbst

  • ·niemals einer Religionsgemeinschaft angehört hätten und

  • ·nach ihrem Umzug nach Deutschland nie bewusst eine Erklärung abgegeben

    · hätten, wonach der Kläger getauft werden solle

                  (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 58).

Auf die Anordnung des Gerichts vom … erklärte der Kläger ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen u.a. Folgendes (vgl. Schreiben des Klägers vom …, FG-Akte, Bl. 134):

  • ·Ihm sei nicht erinnerlich, an der Erstkommunion und der Firmung teilgenommen zu haben.

  • ·Die Angaben auf dem Anmeldungsformular seien schlichtweg erfunden.

  • ·Seine Familie habe sich nie in einem Ort namens S aufgehalten; seines Wissens liege diese Ortschaft im äußersten Osten Russlands.

  • ·Sein Geburts- und bis 1991 Wohnort sei … im heutigen Usbekistan.

  • ·Die in den Jahren 2006 und 2007 als Kirchensteuer einbehaltenen Beträge i.H.v. … € bzw. … € habe er aufgrund der geringen Höhe hingenommen, ohne sich insoweit Gedanken gemacht zu haben. Angaben zu einer Religionszugehörigkeit habe er in seinen Einkommensteuererklärungen nicht gemacht.

  • ·Wer die Anmeldung seines Bruders W zur Taufe organisiert habe, sei nicht mehr nachvollziehbar; dies sei jedenfalls nicht durch seine Eltern initiiert worden.

Während des Klageverfahrens erging gegenüber dem Kläger am … ein geänderter Kirchensteuerbescheid 2008, der eine Kirchensteuer i.H.v. … € festsetzte (FG-Akte, Bl. 33).

Der Kläger beantragt,

den Kircheneinkommensteuerbescheid 2008 vom … und die geänderten Kircheneinkommensteuerbescheide 2008 vom … und vom … sowie die Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.

Das Kirchensteueramt beantragt,

die Klage abzuweisen und die Kosten des Verfahrens auch im Falle der Klagestattgabe dem Kläger aufzuerlegen nach § 137 FGO.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen und z.T. sinngemäß auf sein Vorbringen im Einspruchsverfahren sowie auf folgende Punkte:

Die Diözese … sei berechtigt, von ihren Angehörigen Kirchensteuer zu erheben. Im Falle des Zuzugs orientiere sich das staatliche Recht hinsichtlich der Bekenntniszugehörigkeit des Zuziehenden an dessen Selbstangabe, zunächst in meldebehördlichen Verfahren. Bei entsprechenden Angaben eines aus dem Ausland Zuziehenden könne für die Kirchensteuerpflicht bis auf weiteres an diese Erklärung angeknüpft werden, insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige auch in der Folge entsprechende Bekenntnisangaben in seinen Einkommensteuererklärungen mache und jahrelang die Kirchensteuerfestsetzungen nicht beanstande.

Die Mitgliedschaft zu einer Religionsgemeinschaft bestimme sich nach innerkirchlichem Recht.

Es stehe außer Zweifel, dass das religiöse Bekenntnis des Klägers bis zu seinem Kirchenaustritt am … nach katholischem Kirchenrecht römisch-katholisch gewesen sei (vgl. Schreiben des Kirchensteueramtes vom …, FG-Akte, Bl. 14).

Dies ergebe sich auch aus den Angaben im Anmeldungsformular (vgl. Schreiben des Kirchensteueramtes vom …, FG-Akte, Bl. 34).

Voraussetzung für die Begründung der Kirchenmitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche sei nach dem maßgeblichen innerkirchlichen Recht die Taufe, unabhängig von deren Ort und dem Alter des Täuflings, der hierbei im Kindesalter durch seine Eltern bzw. Erziehungsberechtigten vertreten werde.

Nach dem Beschluss des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vom 27. August 1990 (Ratsbeschluss; FG-Akte, Bl. 47) könne bei Spätaussiedlern der Taufnachweis durch Zeugen erfolgen. Dies entspräche der Regelung in Can. 876 des Codex Iuris Canonici in der seit dem 25. Januar 1983 geltenden Fassung (CIC). Die dieser Regelung entsprechenden Angaben in der Taufbestätigung über eine dem Kläger gespendete Taufe seien durch V und M unterschriftlich bestätigt worden. Hierzu werde auf die entsprechende schriftliche Bestätigung von P vom … (FG-Akte, Bl. 50) verwiesen und dieser, Herr Pfarrer …, hierzu als Zeuge benannt. Nachdem somit die Kirchenmitgliedschaft des Klägers gemäß innerkirchlichem Recht bis zum Kirchenaustritt im Jahr 2009 nachgewiesen sei, sei die Klage unbegründet (vgl. Schreiben des Kirchensteueramtes vom …, FG-Akte, Bl. 44).

Auf die Anordnung des Gerichts vom … (FG-Akte, Bl. 71) erklärte das Kirchensteueramt ergänzend u.a. Folgendes (vgl. Schreiben des Kirchensteueramts vom …, FG-Akte, Bl. 80, und vom …, FG-Akte, Bl. 134):

P habe (mit Schreiben vom …, FG-Akte, Bl. 87) bestätigt, dass er sich u.a. anlässlich der Datenaufnahme für den Kläger und W am … 1991 bzw. im Zusammenhang mit der Taufe von W am … 1991 trotz gelegentlicher Verständigungsschwierigkeiten gut mit den Bewohnern im … in A habe unterhalten können, u.a. durch die Vermittlung einer die deutsche Sprache sehr gut beherrschenden Großmutter.

In den Jahren 1980-1985 sei in Kasachstan ein aus Litauen stammender Priester namens … (B) tätig gewesen (FG-Akte, Bl. 148); Litauen habe in der Geschichte teilweise zu Polen gehört und sei heute noch Heimat einer polnischen Minderheit. B sei im Jahr 1980 in die im Norden Kasachstans gelegene Pfarrei … gekommen.

In der ehemaligen Sowjetunion hätten zwar keine Kirchenbücher geführt werden können, jedoch lägen der Diözese … eine Vielzahl von Zeugenerklärungen über u.a. durch ukrainische (vgl. etwa FG-Akte, Bl. 171) und polnische Priester (vgl. etwa FG-Akte, Bl. 168) u.a. in Kasachstan (und dort u.a. in einer Ortschaft namens S) gespendete Taufen vor. Auch für das Jahr 1983 lägen der Diözese mehrere (anonymisiert vorgelegte, FG-Akte, Bl. 159-166) Bestätigungen über in S in Kasachstan gespendete Taufen vor; hiernach wurden

  • ·drei dieser Taufen jeweils von einem (jeweils unbenannten) römisch-katholischen Priester vorgenommen,

  • ·weitere vier durch Nichtgeistliche (u.a. eine Taufe am … 1983 durch eine Person namens …, vgl. FG-Akte, Bl. 162) sowie

  • ·eine weitere Taufe am … 1983 durch eine Person namens … (vgl. FG-Akte, Bl. 161).

Seit Inkrafttreten des Aussiedleraufnahmegesetzes am 1. Juli 1990 seien einfache Sprachkenntnisse in Deutsch eine Voraussetzung für die Berechtigung zur Einreise als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland (FG-Akte, 155).

Ein Ort namens S liege im Süden von Kasachstan an der Grenze zu Usbekistan im Bereich der Stadt … (ehemals …). Ein Ort namens … liege in Usbekistan (FG-Akte, Bl. 156).

Das Gericht erhob Beweis durch die Vernehmung von

  • ·Herrn … und Frau …,

  • ·Herrn …,

  • ·Herrn …, sowie von

  • ·Herrn …,

als Zeugen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2014 Bezug genommen.

Gründe

II. 1. Die Klage ist begründet. Der Kirchensteuerbescheid 2008 vom …, jeweils geändert mit den Bescheiden vom … und vom …, entspricht insoweit nicht den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften, als nicht von einer Kirchenmitgliedschaft des Klägers im Veranlagungszeitraum 2008 ausgegangen werden kann.

a) Kirchensteuerpflichtig sind gemäß Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, Religions- und weltanschauliche Gemeinschaften vom 21. November 1994 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1994, 1026) in der Fassung des Streitjahres 2008 (KiStG) die Angehörigen von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie weltanschaulichen Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

aa) Wer Angehöriger einer solchen Kirche oder Religionsgemeinschaft ist, bestimmt sich gemäß Art. 3 Abs. 3 KiStG nach innerkirchlichem Recht. Über Bestand und Inhalt dieses Rechts hat gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) das Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu entscheiden.

Aufgrund der staatlichen Neutralitätspflicht ist es dem Staat verwehrt, die Frage der mitgliedschaftlichen Zugehörigkeit selbst zu regeln. Das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten und damit auch die Mitgliedschaft ihrer Angehörigen selbständig zu regeln, findet gemäß Art. 140 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung seine Schranken in den für alle geltenden Gesetzen; dementsprechend erkennt der  Staat die kirchenrechtlichen Mitgliedschaftsregelungen innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes auch für den staatlichen Rechtsbereich als verbindlich an. Zu diesen für alle geltenden Gesetze gehören vornehmlich die Grundrechte und in diesem Zusammenhang vor allem Art. 4 Abs. 1 GG. Diese Regelung schützt insbesondere auch das Recht, über den Eintritt in eine Religionsgemeinschaft selbst zu bestimmen. Demzufolge darf - unabhängig von dem Recht der Kirchen zur selbständigen Ordnung der Kirchenmitgliedschaft - eine kirchliche Mitgliedschaftsregelung, die eine Person einseitig und ohne Rücksicht auf ihren Willen der Kirchengewalt unterwirft, nicht als Grundlage für die Kirchensteuerpflicht herangezogen werden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG – Beschluss vom 31. März 1971 1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, 423; Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 3. August 2005 I R 85/03, BFHE 210, 573, BStBl II 2006, 139).

Sehen die innerkirchlichen Regelungen ein formalisiertes Verfahren zur Begründung der Kirchenmitgliedschaft vor, haben staatliche Stellen lediglich zu prüfen, ob im Einzelfall das Verfahren zur Aufnahme in die Kirche nach den innerkirchlichen Bestimmungen erfolgreich vollzogen wurde. Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Steueranspruch geltend machen zu können, und damit u.a. für die den Steuertatbestand begründende Tatsache der Kirchenangehörigkeit, trägt nach dem hierzu für das finanzgerichtliche Verfahren vom BFH in ständiger Rechtsprechung vertretenen, allgemeinen Grundsatz (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1999, I R 124/97, BFHE 188, 245, BStBl II 1999, 499, zu Kirchensteuer) die den Steuergläubiger repräsentierende Behörde; der in Anspruch genommene Steuerpflichtige trägt hingegen die Feststellungslast für Tatsachen, die Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken (vgl. Verwaltungsgericht – VG - Osnabrück, Urteil vom 21. März 2006 1 A 491/05, juris).

bb) Die Eingliederung in die römisch-katholische Kirche erfolgt durch die Taufe oder durch (im Streitfall unstreitig nicht in Betracht kommende) Konversion. Die römisch-katholische Kirche versteht sich als die unter päpstlicher Oberhoheit geeinte weltweite bekenntnisgleiche Gemeinschaft aller römisch-katholisch getauften oder konvertierten Gläubigen (vgl. Bundesverwaltungsgericht – BVerwG –Urteil vom 23. September 2010 7 C 22/09, NVwZ-RR 2011, 90; Finanzgericht Münster, Urteil vom 25. November 2011 4 K 597/10 Ki, EFG 2012, 390). Die Taufe als der Akt, durch den die Mitgliedschaft in der Kirche begründet wird - und damit die Mitgliedschaft selbst - ist nach christlichem Verständnis nicht aufhebbar (vgl. BVerwG-Urteil vom 26. September 2012 6 C 7/12, BVerwGE 144, 171, BFH/NV 2013, 175).

Die Taufe ist als rechtskonstitutiver Akt normalerweise nicht wiederholbar, allerdings sind nach katholischem Kirchenrechtsverständnis auch formgerechte Taufen anderer christlicher Bekenntnisse gültig. Dementsprechend stellen etwa auch evangelische Taufen gültige Taufen i.S. des innerkirchlichen römisch-katholischen Kirchenrechts dar und begründen ebenfalls die Zugehörigkeit zur "Kirche Christi" und insofern eine "wahre Verbindung im Heiligen Geist" zwischen allen Christen. Can. 869 § 3 CIC 1983 bestätigt diese Anschauung aus kirchenrechtlicher Perspektive (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 2. Juli 1993 13 K 4098/92, EFG 1994, 167, m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klage Erfolg. Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger im Streitjahr Angehöriger der römisch-katholischen Kirche und damit kirchensteuerpflichtig war. Dies geht nach den dargelegten Grundsätzen der Feststellungslast zu Lasten des Kirchensteueramtes.

aa) Die hier anzuwendenden innerkirchlichen Regeln setzen – wie dargelegt - zur Begründung der Mitgliedschaft in der katholischen Kirche in jedem Fall eine nach den Cann. 849 bis 878 CIC 1983 gültige Taufe der betreffenden Person als konstitutive Voraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche voraus. Insbesondere auch Can. 204 § 1 CIC 1983 verweist ausdrücklich darauf, dass Gläubige jene seien, die durch die Taufe Christus eingegliedert und zum Volke Gottes gemacht seien. Von einer wirksamen Taufe des Klägers kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

(1) Zwar ist das erkennende Gericht aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass V und M

  • ·sowohl am … 1991 gegenüber P die von diesem in der Taufanmeldung festgehaltenen Angaben gemacht,

  • ·als auch am … 1992 die Taufbestätigung (welche der Regelung in Can. 876 CIC bzw. im Ratsbeschluss im Hinblick auf das Taufsakrament im Wesentlichen entspricht) jeweils selbst unterzeichnet haben.

Jedenfalls der Aussage von P, bzgl. der aus Sicht des Gerichts keinerlei Veranlassung zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit besteht, ist unmissverständlich zu entnehmen, dass dieser

  • ·entsprechende Angaben nur persönlich entgegengenommen hat – ggf. auch unter Zuhilfenahme dolmetschender Dritter – und

  • ·Unterschriften unter Taufbestätigungen nur in seiner Gegenwart nach entsprechender Aufklärung durch ihn leisten ließ.

Der schlüssig in Übereinstimmung zum sonstigen Akteninhalt aussagende P ist zur Überzeugung des Senats uneingeschränkt glaubwürdig; hierbei kann im Übrigen auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der insoweit von P in der Taufanmeldung sowie der Taufbestätigung niedergelegte Sachverhalt objektiv sehr einfach gelagert ist und grundsätzlich keine Ansatzpunkte für mögliche Missverständnisse bietet. Maßgebliche Zweifel, dass es sich bei den fraglichen, gegenüber P jedenfalls als Eltern des Klägers aufgetretenen Personen nicht um V und M gehandelt haben könnte, sind vorliegend nicht erkennbar; insbesondere müssen die fraglichen persönlichen Angaben (wie etwa Geburtsdatum und -ort sowie korrekte Berufsbezeichnung) ersichtlich von V und M zumindest stammen. Auch haben V und M im Rahmen ihrer jeweiligen Zeugenaussage jedenfalls nicht bestritten, ggü. P entsprechende Angaben gemacht zu haben (auch wenn sie sich nach ihren Angaben hieran nicht mehr erinnern konnten) und u.a. jeweils angegeben, dass etwa die Unterschriften unter der Taufbestätigung von ihnen stammen könnten.

Bestätigt wird dies dadurch, dass im zeitlichen Zusammenhang mit diesen Urkunden auch die Taufanmeldung für W ausgefüllt wurde, der sich anschließend unstreitig auch die Taufe von W anschloss; hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass V und M jedenfalls Ende 1991 Inhalt und Bedeutung einer Kindstaufe zumindest im Grundsatz bekannt und bewusst waren.  Den dieser Schlussfolgerung entgegenstehenden Angaben von V und M kann – wie jeweils ihren gesamten Zeugenaussagen – grundsätzlich nicht gefolgt werden; dem steht das ersichtliche Bemühen beider Zeugen entgegen, das Klagebegehren unter allen Umständen zu stützen, u.a. (insbesondere von V) auch unter Behauptung offensichtlich unglaubwürdiger Erinnerungslücken sowie ständiger Vermeidung eindeutiger Antworten, wie etwa insbesondere wiederum von Seiten des V anfänglich in Bezug auf seinen Geburtsort S.

Die Taufanmeldung und die Taufbestätigung enthalten unstreitig insoweit unmissverständliche Angaben seitens von V und M, als sich hieraus – im Falle ihrer Richtigkeit - eine nach den innerkirchlichen Regelungen der römisch-katholischen Kirche gültige Taufe des Klägers im … 1983 ergäbe.

(2) Allerdings hat das Gericht aus der mündlichen Verhandlung auch die Überzeugung gewonnen, dass nicht von der Richtigkeit der entsprechenden Angaben von V und M in der Taufanmeldung bzw. der Taufbestätigung (über die Durchführung einer Taufe des Klägers im …1983 in S) ausgegangen werden kann; entgegen der Ansicht des Kirchensteueramts ist vielmehr davon auszugehen, dass diese Angaben von V und M gegenüber P – entsprechend auch deren sinngemäßen Vorbringens in der Versicherung – nicht der Wahrheit entsprochen haben.

Diese Überzeugung beruht im Wesentlichen auf der glaubhaften Aussage von Al, wonach er an der fraglichen Taufe des Klägers nicht teilgenommen habe, sondern vielmehr erst in Deutschland – und damit offensichtlich an seinem damaligen Wohnort A – gefragt worden sei, ob er bereit sei, als Taufpate für den Kläger aufzutreten. Auch wenn den gesamten Umständen, welche aus den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen erkennbar sind, eine nicht unerhebliche persönliche Nähe der – auch verschwägerten - Familien des Klägers und des Zeugen entnommen werden muss, bestehen vorliegend jedenfalls keine erheblichen Anhaltspunkte dafür, dass den Angaben von Al (und entsprechend auch den des weiteren Zeugen Ad) im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge nicht geglaubt werden könnte; weder war bei Al die bei V und M gegebene unbedingte Unterstützungsabsicht zu Gunsten des Klägers erkennbar, noch konnte etwa festgestellt werden, dass er sich Fragen des Gerichts durch ersichtlich vorgeschobene Erinnerungslücken entzogen hätte.

Die in der Taufanmeldung enthaltene Angabe, wonach Al Taufpate bei der Taufe des Klägers im Jahr 1983 gewesen sei, muss somit unwahr sein. In Zusammenschau mit den sich aus den vom Kirchensteueramt im vorliegenden Verfahren vorgelegten Unterlagen über die in der früheren UdSSR bestehenden Schwierigkeiten und Einschränkungen im Zusammenhang mit der Religionsausübung, denen sich u.a. auch die katholischen Russlanddeutschen gegenüber sahen, ergeben sich damit (aus Sicht des Klagebegehrens) zumindest hinreichende Zweifel an der Richtigkeit sämtlicher in dieser Taufanmeldung niedergelegten Angaben von V und M über die fragliche Taufe des Klägers. Im Ergebnis muss damit davon ausgegangen werden, dass sämtliche Angaben von V und M in Bezug auf die vorgebliche Taufe des Klägers in der Taufanmeldung und der Taufbestätigung unwahr waren.

Diese Schlussfolgerung des Gerichts findet eine zumindest ansatzweise Bestätigung in dem Vortrag von M im Rahmen ihrer Zeugenaussagen, wonach ihr im Jahr 1991 an ihrem damaligen Wohnort A Bekannte geraten hätten, nur ihren jüngeren Sohn W taufen zu lassen, in Bezug auf den Kläger jedoch aufgrund seines damaligen Alters gegenüber P anzugeben, dass er bereits getauft worden sei. Auch wenn der Zeugenaussage von M aus den dargelegten Gründen grundsätzlich nicht gefolgt werden kann, erscheint dennoch jedenfalls dieser genannte Vortrag von M isoliert betrachtet als zumindest schlüssig und unter Vorbehalt glaubwürdig, nachdem auch P den Kläger als besonders großen und schüchternen Jungen in Erinnerung hatte.

Auch wenn sich somit aus der Taufanmeldung sowie der Taufbestätigung eine zu Lasten des Klägers zu berücksichtigende tatsächliche Vermutung (vgl. hierzu etwa BVerwG-Urteil vom 25. Juni 2008 8 C 12/07, juris) der Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben ergeben kann, wurde diese jedenfalls durch das Ergebnis der mündlichen Verhandlung widerlegt (vgl. hierzu etwa BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2013 II B 31/13, BFH/NV 2014, 68).

(3) Auch anderweitige hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger getauft ist, sind im Streitfall nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf eine Taufe des Klägers durch eine der vom Zeugen Ad beschriebenen Großmütter, welche offenbar in dessen, in unmittelbarer Nähe von S gelegenen Heimatort in Kasachstan ein zumindest rudimentäres religiöses Leben der dortigen römisch-katholisch Gläubigen aufrecht erhielten. Im Ergebnis kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger vor dem Streitjahr 2008 wirksam getauft wurde.

bb) Eine anders als durch wirksame Taufe begründete und gemäß Art. 3 Abs. 2 KiStG die Kirchensteuerpflicht begründende Mitgliedschaft des Klägers in der römisch-katholischen Kirche ist nach den maßgeblichen innerkirchlichen Regelungen bereits nicht möglich; selbst der (hier nicht einschlägige) Übertritt (Konversion) zur römisch-katholischen Kirche ist nach kanonischem Recht nicht Eintritt, sondern Rückkehr (vgl. Erler in Kirchenrecht, 5. Auflage 1983, Kapitel 38) und setzt damit eine zeitlich vorgehende, von der römisch-katholischen Kirche anerkannte Taufe nach dem Ritus einer anderen christlichen Kirche voraus (vgl. hierzu etwa Canon 883 Tz. 2 CIC; vgl. Verwaltungsgericht Osnabrück, Urteil vom 21. März 2006 1 A 491/05, juris; vgl. auch BFH-Urteil vom 3. August 2005 I R 85/03, BFHE 210, 573, BStBl II 2006, 139). Demzufolge kann auch im Streitfall, in dem eine Taufe des Klägers als rechtskonstitutiver Akt nicht gegeben ist (bzw. hiervon jedenfalls nach den Grundsätzen der Feststellungslast zu Lasten des Kirchensteueramtes auszugehen ist), auch keine Mitgliedschaft des Klägers in der römisch-katholischen Kirche im Streitjahr 2008 bestanden haben. Dies gilt insbesondere insoweit, als das Kirchensteueramt zutreffend von der sich aus Can. 125 § 2 CIC ergebenden Wirksamkeit der Taufanerkennung Kläger bzw. den sich hierauf erlassenen Taufschein Kläger ausgeht, obwohl diese Rechtshandlungen des jeweiligen Erlasses dieser bzw. die diesen jeweils zugrunde liegenden Entscheidungen jeweils durch die dargelegten Täuschungshandlungen von V und M veranlasst worden sind.

(1) Das Gericht geht hierbei davon aus, dass im Rahmen der Prüfung des Tatbestandsmerkmals “Angehöriger“ i.S. des Art 3 Abs. 2 KiStG entsprechend dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 KiStG sowie der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche ausschließlich auf deren einschlägigen innerkirchlichen Regelungen abzustellen ist und nicht auch auf sonstige staatskirchenrechtlichen und/oder allgemeinen Rechtsgrundsätze. Dies hat jedoch zur Folge, dass die (ggf. und im Gegensatz zur Taufe nur zeitweise) Begründung einer zur Kirchensteuerpflicht führenden Mitgliedschaft i.S. des Art. 3 Abs. 2 KiStG

  • ·etwa unter Ersetzung einer Taufe als rechtskonstitutiven Akt durch einen anderweitigen bloßen Rechtsakt, wie etwa der nach innerkirchlichen Recht (wenn auch gültig) erfolgten Anerkennung einer (tatsächlich jedoch nicht durchgeführten) Taufhandlung (wie vorliegend durch das Taufanerkenntnis Kläger und die Ausstellung des Taufscheins Kläger),

  • ·oder unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben

nicht in Betracht kommt.

(2) Dementsprechend kann entgegen dem Vorbringen des Kirchensteueramtes allein aus

  • ·den innerkirchlichen Regelungen im Ratsbeschluss über die Behandlung von Spätaussiedlern (und/oder grundsätzlich aus der diesem zu Grunde liegenden, sich aus Canon 876 CIC 1983 ergebenden Möglichkeit, eine – darin ersichtlich als tatsächlich gültig vollzogen vorausgesetzte - Taufspendung nachzuweisen) und

  • ·deren (im Streitfall unstreitig gegebenen) verfahrensrechtlich zutreffender Umsetzung

nicht geschlossen werden, dass hiernach ggf. auch Ungetaufte Mitglieder der römisch-katholischen Kirche und damit gemäß Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 KiStG kirchensteuerpflichtig sein oder werden könnten.

Vielmehr wird auch im Ratsbeschluss kein bestimmtes Verfahren zur Begründung der Mitgliedschaft in einer Kirchengemeinde vorgeschrieben, sondern lediglich - ohne Absehen von dem Erfordernis der Taufe - an der entsprechenden Auskunft von Zeugen über das römisch-katholische Bekenntnis des betreffenden Immigranten angeknüpft und die von diesen bezeugte Kirchenzugehörigkeit grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass sich etwa aus dem Ratsbeschluss ergeben könnte, dass hiernach ggf. auch nicht wirksam Getaufte als Angehörige der römisch-katholischen Kirche zu gelten hätten. Folglich kann damit jedoch aus solchen – ersichtlich lediglich zur Erleichterung des Nachweises einer tatsächlich erfolgten Taufe erlassenen - Regelungen keine Kirchensteuerpflicht abgeleitet werden, welche im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 und 3 KiStG nicht auf einer nach dem maßgeblichen innerkirchlichen Recht wirksam begründeten Kirchenmitgliedschaft beruht. Inwieweit somit entsprechende Rechtshandlungen i.S. des Can. 125 § 2 – wie vorliegend das Taufanerkenntnis Kläger und der Taufschein Kläger als verfahrensrechtliche Folgerungen aus der Taufbestätigung – ggf. ex tunc oder aber (wie vorliegend vom Kirchensteueramt vertreten) ex nunc aufgehoben werden könnten, kann folglich mangels Streiterheblichkeit dahinstehen.

(3) Ebenso wenig kann (wie dargelegt, unter Anwendung allein der einschlägigen innerkirchlichen Regelungen) selbst in Fällen, in denen (wie im vorliegenden Streitfall) über Jahre und wiederholt auch unmittelbar gegenüber der römisch-katholischen Kirche der Eindruck vermittelt wird, Mitglied zu sein, die Angehörigeneigenschaft i.S. des Art. 3 Abs. 2 KiStG als Anknüpfungspunkt der Kirchensteuerpflicht ohne eine nach innerkirchlichem Recht gültige Taufe nicht begründet werden. Die (ausdrücklichen und/oder konkludenten) Erklärungen des Klägers oder – in seiner Kindheit - der ihn hierbei vertretenden Eltern als Erziehungsberechtigte konnten folglich nicht zu seiner Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche ohne erfolgte Taufe führen.

Dies gilt insbesondere hinsichtlich der vom Kirchensteueramt im Laufe des Klageverfahrens in Bezug auf die von ihm angenommene Kirchenmitgliedschaft des Klägers vorgetragenen Indizien,

  • ·der entsprechenden Angaben des Religionsmerkmals “rk“ oder "römisch-katholisch" durch den Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen jedenfalls für 2003 und 2004 sowie ggf. – entsprechend den wiederholten Meldungen von Veranlagungsdaten seitens des Finanzamtes – in seinen Einkommensteuererklärungen für 1997, 1998 und 2000, sowie

  • ·der jahrelangen Bezahlung ihm gegenüber festgesetzter Kirchensteuern, u.a. auch unter zeitweiser Einräumung einer Einzugsermächtigung.

Selbst derartige wiederholt bewusst und gewollt abgegebene Erklärungen des Klägers können jedoch – wie dargelegt –, seine entsprechende Mitgliedschaft nach dem maßgeblichen innerkirchlichen Recht nicht begründen und damit auch nicht zu einer entsprechenden Kirchensteuerpflicht im Streitjahr führen.

Soweit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2001 6 A 10237/01 (juris) zu entnehmen ist, dass in Fällen des Zuzugs aus dem Ausland die Kirchensteuerpflicht auch (allein) an eine entsprechende substantiierte Selbstauskunft geknüpft werden könne, folgt dem der erkennende Senat nicht.

cc) Zusammenfassend ergeben sich damit im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Streitjahr 2008 Angehöriger i.S. des Art. 3 Abs. 2 KiStG der römisch-katholischen Kirche gewesen ist. Nach dem maßgeblichen innerkirchlichen Recht der römisch-katholischen Kirche die Mitgliedschaft des Klägers begründende Handlungen oder Umstände sind nicht erkennbar. Dies geht nach den dargelegten Grundsätzen der Feststellungslast zu Lasten des Kirchensteueramtes.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dem Kläger waren die Kosten des Rechtsstreits nicht nach § 137 FGO aufzuerlegen.

Nach dieser Vorschrift können einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Vorliegend hatte der Kläger zwar im Einspruchsverfahren seinen Einspruch trotz Aufforderung und Möglichkeit jedenfalls nicht hinreichend begründet. Doch setzt § 137 FGO nach seinem Sinn und Zweck voraus, dass die Verfahrenskosten durch das Verhalten des obsiegenden Verfahrensbeteiligten entstanden sind und bei rechtzeitigem Vorbringen der erheblichen Tatsachen das Verfahren vor dem Finanzgericht sich erübrigt hätte. Die Vorschrift ist deshalb nicht anzuwenden, wenn die Finanzbehörde auch bei rechtzeitigem Vorbringen der verspätet vorgetragenen Tatsachen unterlegen wäre, weil sie eben dem Begehren ersichtlich nicht abgeholfen hätte (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 19. Januar 2000 2 K 699/97, EFG 2000, 615).

So liegt der Fall jedoch hier. Auch wenn der Kläger schon im Einspruchsverfahren vorgetragen hätte, was er später im Klageverfahren vorgetragen hat, hätte das Kirchensteueramt seinem Begehren, wie der Prozessverlauf zeigt, nicht schon im Rechtsbehelfsverfahren entsprochen. Da es an der notwendigen Kausalität fehlt, bleibt es bei der Grundregel für die Kostentragung nach § 135 Abs. 1 FGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

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(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

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Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft der Kläger in der beklagten jüdischen Gemeinde.

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Einem Beteiligten können die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Berücksichtigt das Gericht nach § 76 Abs. 3 Erklärungen und Beweismittel, die im Einspruchsverfahren nach § 364b der Abgabenordnung rechtmäßig zurückgewiesen wurden, sind dem Kläger insoweit die Kosten aufzuerlegen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft der Kläger in der beklagten jüdischen Gemeinde.

2

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 2 Satz 1 ihrer Satzung sind Mitglieder der jüdischen Gemeinde alle Personen jüdischen Glaubens, die in F. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach ihrem Zuzug nach F. gegenüber dem Gemeindevorstand schriftlich erklären, dass sie nicht Mitglieder der Gemeinde sein wollen. Nach § 3 der Satzung endet die Mitgliedschaft unter anderem durch Wegzug oder Austritt aus der jüdischen Gemeinde nach den Bestimmungen des staatlichen Rechts.

3

Die Kläger sind französische Staatsangehörige jüdischen Glaubens. Am 8. November 2002 verlegten sie ihren Hauptwohnsitz von N., wo sie Mitglied einer jüdischen Gemeinde waren, nach F. Im Anmeldeschein der Stadt F. gaben sie am 11. November 2002 unter der Rubrik Religion "mosaisch" an.

4

Mit Schreiben vom 12. Mai 2003 begrüßte die Beklagte die Kläger als neue Gemeindemitglieder, übersandte ihnen die Satzung und forderte sie auf, die dem Schreiben beigefügten Anmeldeformulare zusammen mit entsprechenden Nachweisen der Zugehörigkeit zum Judentum ausgefüllt zurückzusenden. Die Kläger widersprachen mit Schreiben vom 11. Juni 2003 ihrer Mitgliedschaft und beantragten hilfsweise die Wiedereinsetzung in die versäumte Erklärungsfrist. Durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht F. vom 29. Oktober 2003 traten sie mit Wirkung zum 31. Oktober 2003 vorsorglich aus der Beklagten aus.

5

Die Klage der Kläger auf Feststellung, dass sie vom 11. November 2002 bis zum 31. Oktober 2003 nicht Mitglieder der Beklagten gewesen seien, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Mit Urteil vom 19. Mai 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Bei sachdienlichem Verständnis werde mit der Klage die Feststellung begehrt, eine Mitgliedschaft der Kläger in der Beklagten, deren diese sich für die Zeit vom 8. November 2002 bis zum 31. Oktober 2003 berühme, könne staatlicherseits nicht anerkannt werden und ziehe deshalb keine Rechtsfolgen im staatlichen Bereich nach sich. In dieser Auslegung sei die Feststellungsklage zulässig, aber nicht begründet. Nach der Satzung der Beklagten seien die Kläger mit ihrem Zuzug nach F. deren Mitglieder geworden. Diese innerkirchliche Rechtsfolge müsse auch staatlicherseits anerkannt werden. Eine nach innerkirchlichem Recht - wie hier - allein durch Abstammung und Wohnsitznahme im Gemeindegebiet begründete Mitgliedschaft könne zwar wegen der Garantie der negativen Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG nicht als Grundlage für staatskirchenrechtliche Anknüpfungen dienen. Sie sei aber staatlicher Anerkennung fähig, wenn sich der Wille, der Religionsgemeinschaft anzugehören, in einem positiven Bekenntnis zu dem genannten - hier jüdischen - Glauben manifestiere. Eines formalisierten Eintrittsakts oder einer förmlichen Beitrittserklärung nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen Rechts bedürfe es nicht. Das erforderliche Bekenntnis ergebe sich im Fall der Kläger zunächst aus der Erklärung gegenüber dem Einwohnermeldeamt. Ob diese allgemein genüge, bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Denn hinzu komme, dass die Kläger sich bereits vor ihrem Zuzug nach F. zum jüdischen Glauben bekannt hätten. Dies ergebe sich unter anderem aus ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde an ihrem Wohnort in Frankreich, aus ihrer Eheschließung dort nach jüdischem Ritus und der Angabe gegenüber der Beklagten, sie hielten ihre Mitgliedschaft in der jüdischen Gemeinde des bisherigen Wohnorts aufrecht. Die Klägerin sei zudem während eines früheren Aufenthalts in F. Mitglied der Beklagten gewesen, ohne vor ihrem Wegzug nach Frankreich von der Möglichkeit des Austritts Gebrauch gemacht zu haben. Den Klägern habe die Existenz der Beklagten und auch die Bedeutung der Erklärung der mosaischen Religionszugehörigkeit bewusst sein müssen. In der Gesamtschau ergebe sich damit ein hinreichendes Bekenntnis zum jüdischen Glauben. Dagegen könne nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Angabe "mosaisch" im Meldebogen sei ein Bekenntnis zum progressiven oder liberalen Judentum, nicht aber zu der orthodox geprägten Beklagten. Ein solcher Vorbehalt sei unbeachtlich. Nach dem objektiven Empfängerhorizont könne das darin liegende Bekenntnis zum Judentum nur als Bekenntnis zu der Beklagten als einziger jüdischer Gemeinde in F. verstanden werden. Im Übrigen sei der Satzung der Beklagten kein Bekenntnis zur Orthodoxie als einzig akzeptierter oder vertretener Form des jüdischen Glaubens zu entnehmen. Schließlich könnten die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die Beklagte verstoße in ihrem Fall gegen ihre eigene Verwaltungspraxis, weil sie in anderen Fällen die dreimonatige Frist für die Erklärung, ihr nicht angehören zu wollen, nicht mit dem Zuzug nach F., sondern mit dem Zugang eines Begrüßungsschreibens habe beginnen lassen. Zum einen habe die Beklagte schlüssig dargelegt, dass die abweichende Verwaltungspraxis bereits Ende 2001 aufgegeben worden sei. Zum anderen widerspreche die Verwaltungspraxis jedenfalls der Satzung, und eine unzulässige Gleichbehandlung könnten die Kläger nicht verlangen.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs weiter. Zur Begründung tragen sie vor: Die Satzung der Beklagten, die den Erwerb der Mitgliedschaft an die Abstammung anknüpfe, könne bei Anwendung der staatlichen Gesetze nicht anerkannt werden. Die Satzung könne auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung um das Erfordernis eines positiven Bekenntnisses zu der bei der Beklagten praktizierten jüdischen Glaubensrichtung ergänzt werden, denn darauf habe die Beklagte bewusst verzichtet. Jedenfalls fehle es bei einer verfassungskonformen Auslegung des Begriffs des "Kirchenangehörigen" an einer nach außen hin erkennbaren und zurechenbaren Willensäußerung, der Religionsgemeinschaft zuzugehören. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Frage, ob die Angabe gegenüber der Meldebehörde als Bekenntnis genüge, zunächst offen gelassen, sich in der Sache aber gleichwohl darauf gestützt. Mit der Angabe, die Religionszugehörigkeit sei "mosaisch", hätten sie sich allgemein zum "israelitischen" Glauben, nicht aber gerade zur Beklagten bekannt, denn nach der Konfession als einer bestimmten Richtung des jüdischen Glaubens oder nach der Religionsgemeinschaft als einer bestimmten Vereinigung sei nicht gefragt worden. Es verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, dass die in der Satzung bestimmte Frist, in der neu Hinzugezogene erklären könnten, der Beklagten nicht anzugehören, unabhängig von der Kenntnis und einer Belehrung der Betroffenen zu laufen beginne, obwohl die Satzung niemals veröffentlicht worden sei. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommen, die Beklagte biete auch Angehörigen des liberalen Judentums Raum.

8

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das Berufungsurteil ebenfalls für zutreffend. Er trägt vor: Der Erwerb der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft setze eine ausdrückliche Beitrittserklärung nicht voraus. Vielmehr reiche schlüssiges Verhalten im staatlichen Rechtsbereich aus. Die freiwillige Konfessionsangabe bei der meldebehördlichen Erfassung lasse auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft schließen. Diese Erklärung erlaube der Religionsgemeinschaft, eine Organisation nach dem Parochialprinzip zu verwirklichen. Als Wissenserklärung sei eine solche Angabe nicht anfechtbar. Eine hiernach automatische Mitgliedschaft zuziehender ausländischer Bekenntnisverwandter sei nach der Beziehung der Religionsgemeinschaften zueinander zu beurteilen. Hier verblieben die Kläger im Verbund bekenntnisgleicher Religionsgemeinschaften, denn zwischen liberalem und orthodoxem Judentum als Strömungen innerhalb der jüdischen Religionsgemeinschaft herrsche Bekenntnisgemeinschaft.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Kläger ist zulässig. Insbesondere genügt sie hinsichtlich der erhobenen Sachrügen mit der Bezugnahme auf das Beschwerdevorbringen dem Begründungserfordernis des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO (vgl. Urteil vom 25. Oktober 1988 - BVerwG 9 C 37.88 - BVerwGE 80, 321 <322 f.>).

11

Die Revision ist auch begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft nur dann im staatlichen Recht anerkannt werden kann, wenn sie vom Willen des Betroffenen getragen ist (1.). Die daraus folgenden Anforderungen an eine Willensbekundung des Betroffenen hat er jedoch unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verkannt (2.). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich auch nicht aus anderen Gründen auf der Grundlage der vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) (3.). Gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO kann der Senat abschließend eine Entscheidung zu Gunsten der Kläger treffen (4.)

12

1. a) Knüpft die staatliche Rechtsordnung - wie hier etwa § 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften im Lande Hessen - Kirchensteuergesetz - an die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft Rechtsfolgen, so richtet sich die Frage der Mitgliedschaft nach dem innerkirchlichen (religionsgemeinschaftlichen) Recht. Das gebietet das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV; deren eigene Angelegenheiten erstrecken sich auch auf das Mitgliedschaftsrecht (vgl. etwa Kästner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 140 Rn. 299, 310 f., m.w.N.). Im Interesse der Religionsgemeinschaft soll damit zum einen verhindert werden, dass ihr jemand aufgedrängt wird, den sie selbst nicht als ihr zugehörig erachtet; zum anderen soll sich kein Mitglied den aus der Mitgliedschaft folgenden Pflichten entziehen können. Das Selbstbestimmungsrecht findet allerdings seine Grenzen in den allgemeinen Gesetzen, so dass insoweit die religionsgemeinschaftlichen Regelungen nicht vorbehaltlos angewendet werden können. Vielmehr fordern die grundrechtlichen Gewährleistungen der negativen Bekenntnisfreiheit und der negativen Vereinigungsfreiheit im religiösen Bereich sowie das objektive Prinzip der staatlichen Neutralität die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft; eine Vereinnahmung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen kann durch das staatliche Recht nicht anerkannt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <423>; Urteil vom 14. Dezember 1965 - 1 BvR 413, 416/60 - BVerfGE 19, 206 <216>; BFH, Urteil vom 3. August 2005 - I R 85/03 - BFHE 210, 573 <574>).

13

b) Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft durch die satzungsrechtlichen Bestimmungen der Beklagten nicht gewahrt. Mit der "Zugehörigkeit zur jüdischen Religion" nimmt die Satzung nach den in Übereinstimmung mit den Einlassungen der Beklagten getroffenen Feststellungen - entsprechend der jüdischen Tradition - auf die Abstammung von einer jüdischen Mutter Bezug (vgl. hierzu auch BFH, Urteil vom 6. Oktober 1993 - I R 28/93 - BFHE 172, 570 <572>); eine - willensgetragene - Konversion steht hier nicht in Rede.

14

Dieses Verständnis der Satzung ist mit Bundesrecht vereinbar. Es steht mit den genannten verfassungsrechtlichen Maßstäben in Einklang. Das Selbstbestimmungsrecht der Beklagten wird nur im erforderlichen Maß beschränkt; denn die Anforderungen an die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft werden nicht verkannt.

15

Die Begründung der Mitgliedschaft durch Abstammung findet in der Zurechnung des Elternwillens bei der Kindstaufe (BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <424>) keine Parallele (so aber etwa Kapischke, ZevKR 50, 112 <113 f.>). Der Hinweis, dass die Zuordnung zum Judentum voraussetze, dass die Mutter sich - willentlich - gerade nicht vom Judentum gelöst habe, führt nicht weiter. Denn das bloße Unterlassen einer auf die eigene Person bezogenen Abkehr vom Glauben ist mit der ausdrücklich für den Täufling als einem Dritten abgegebenen Taufbitte nicht gleichzusetzen.

16

Die Satzungsregelung, wonach die Mitgliedschaft durch eine Erklärung binnen drei Monaten ausgeschlagen werden kann, macht diese ebenso wenig zu einer vom Willen des Betroffenen getragenen. Zwar ist das "votum negativum" nicht als eine besondere Art des Austritts einzuordnen, der an einer gegebenenfalls zuvor begründeten (Zwangs-)Mitgliedschaft für die Vergangenheit nichts zu ändern vermag und deshalb den Anforderungen an die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft nicht genügt (a.A. noch BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1965 - BVerwG 7 C 16.62 - BVerwGE 21, 330 <333 f.>). Vielmehr ist die Mitgliedschaft auflösend bedingt. Aber auch ungeachtet des Umstands, dass einem Schweigen nur ein Erklärungswert zugemessen werden könnte, wenn der Betreffende sich des möglichen Erklärungsgehalts bewusst ist, fehlt es jedenfalls im vorliegenden Fall an der unabdingbaren positiven Erklärung. Denn die Satzungsbestimmung knüpft die Drei-Monats-Frist nicht an die Bekanntgabe gegenüber dem Zuziehenden an.

17

c) Entspricht die religionsgemeinschaftliche Regelung über die Begründung der Mitgliedschaft den Anforderungen an die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft nicht, so kann sie als solche die Inanspruchnahme des Betroffenen als eines Angehörigen der Religionsgemeinschaft mit Wirkung für das staatliche Recht nicht rechtfertigen. Daraus folgt aber nicht, dass das an die insoweit unzulängliche Norm anknüpfende staatliche Recht von vornherein nicht angewendet werden kann.

18

Der insbesondere grundrechtlich begründete Vorbehalt für die Beachtlichkeit des religionsgemeinschaftlichen Rechts ist - jedenfalls auch - eine Ausprägung des grundrechtlichen Schutzpflichtgedankens. Es geht hier zwar nicht um die unmittelbare Einwirkung der Religionsgemeinschaft als eines außerhalb der staatlichen Organisation stehenden Dritten auf grundrechtliche Schutzgüter, der die staatlichen Organe entgegentreten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1 <16>). Aber auch dann, wenn der Staat die Belange der Religionsgemeinschaft mittels hoheitlicher Befugnisse stärkt, ist er in gleicher Weise gehalten, entgegenstehenden Rechtspositionen Rechnung zu tragen. Seinen Schutzpflichten kann der Staat dabei durch den Erlass genereller Regelungen nachkommen. Zur Wahrung der negativen Religionsfreiheit hat er das etwa durch den Erlass von Gesetzen über den Kirchenaustritt getan (vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 4 Rn. 134; Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit, 2004, S. 113).

19

Die Handlungsmöglichkeiten beschränken sich aber nicht auf die abstrakt-generelle Ebene durch die Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen bzw. deren Nichtanwendung, falls sie in ihrer allgemeinen Fassung den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen. Vielmehr kann der Schutz je nach der spezifischen Art der abzuwehrenden Grundrechtsverletzung auch im Rahmen einer einzelfallbezogenen Betrachtungsweise gewährt werden. Denn alle staatlichen Organe sind - in den ihnen von der Rechtsordnung und insbesondere vom Gesetzesvorbehalt gesetzten Grenzen - gehalten, den grundgesetzlich geforderten Schutz zu gewährleisten. Ein solches einzelfallbezogenes Vorgehen ist hier geboten. Denn das Vorliegen eines Eingriffs in die negative Bekenntnisfreiheit richtet sich danach, ob der Betroffene in dem für die Rechtmäßigkeit der nach staatlichem Recht zu beurteilenden Maßnahme entscheidungserheblichen Zeitpunkt auf freiwilliger Basis Mitglied der Religionsgemeinschaft war.

20

Das vermag die Mitgliedschaftsregelung der Beklagten aber bereits deswegen nicht abschließend zu beantworten, weil sie neben der Wohnsitzbegründung nur die Abstammung in den Blick nimmt, nachfolgende Ereignisse demgegenüber aber ausblendet. Allein die Orientierung an der normativen Ausgestaltung der religionsgemeinschaftlichen Mitgliedschaftsregelung geht jedoch über den Schutzzweck hinaus und verfehlt demnach die Zielrichtung der staatlichen Schutzpflicht, wenn ungeachtet der Norm im konkreten Einzelfall eine freiwillige Mitgliedschaft bejaht werden kann (vgl. auch Magen, a.a.O. S. 114). Vor diesem Hintergrund ist die Prüfung geboten, ob eine Willensbekundung festgestellt werden kann, die den Schluss auf eine solche vom Willen des Betroffenen getragenen Zuordnung erlaubt (so im Ergebnis auch BFH, Urteil vom 24. März 1999 - I R 124/97 - BFHE 188, 245 <249>).

21

2. a) Diese Willensbekundung muss sich auf die Mitgliedschaft in der konkreten rechtlich verfassten Religionsgemeinschaft beziehen. Allein die Zuordnung zu einem bestimmten religiösen Bekenntnis im Sinne von Glaubenslehren und Glaubensinhalten als solches kann es demgegenüber nicht ankommen. Das Bekenntnis bestimmt zwar die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <423>); der Übergang vom vor- bzw. außerrechtlichen Bekenntnis zur rechtlich relevanten Eingliederung in die Religionsgemeinschaft muss aber wegen des Rechts auf negative Vereinigungsfreiheit im religiösen Bereich vom Willen getragen sein. Diese grundsätzliche Unterscheidung schließt aber nicht aus, dass nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ein bestimmtes Verhalten zugleich mit dem Bekenntnis auf die Mitgliedschaft in der durch dieses geprägten Religionsgemeinschaft gerichtet ist.

22

b) Den Charakter einer Beitrittserklärung muss die Willensbekundung nicht haben (so auch BFH, Urteile vom 6. Oktober 1993 - I R 28/93 - BFHE 172, 570 <573> und vom 28. Januar 2004 - I R 63/02 - KirchE 45, 76 <78>). Zum einen drängte dies den Religionsgemeinschaften, die sich gerade nicht vereinsrechtlich organisiert haben, eine ihrem Selbstverständnis unangemessene Rechtsform auf. Zum anderen läge einem solchen Erfordernis die verfehlte Vorstellung zugrunde, dass die Willensbekundung die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft erst begründet. Um zwei getrennte Mitgliedschaften - eine im kirchenrechtlichen und eine im staatskirchenrechtlichen Sinn - geht es aber nicht, sondern nur darum, ob die einheitliche, nach Maßgabe des religionsgemeinschaftlichen Rechts begründete Mitgliedschaft anerkannt werden kann (vgl. etwa Muckel, JZ 2009, 174 <177 f.>). Die erforderliche Willensbekundung kann sich demnach aus den verschiedensten Äußerungen und Handlungen ergeben, sofern diese nur dem Erfordernis nach eindeutigen und nachprüfbaren Tatbeständen als Grundlage der Rechts- und Pflichtenstellung des Betroffenen genügt (siehe BVerfG, Beschluss vom 31. März 1971 - 1 BvR 744/67 - BVerfGE 30, 415 <426>).

23

c) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Es verfehlt den rechtlichen Bezugspunkt der erforderlichen Willensbekundung. Der Verwaltungsgerichtshof führt zwar auch aus, dass das in der Angabe gegenüber der Meldebehörde liegende Bekenntnis zum Judentum nur als Bekenntnis zur Beklagten verstanden werden könne. Auf eine so begründete Zugehörigkeit zur Beklagten als rechtlich verfasster Religionsgemeinschaft stellt der Verwaltungsgerichtshof letztlich aber nicht ab. Bei seiner die Entscheidung tragenden "Gesamtschau" aller Umstände zieht er nämlich Willensbekundungen der Kläger heran, aus denen sich nur ihre - unstreitige - Zuwendung und Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben ergeben sollen. Damit stellt der Verwaltungsgerichtshof mit Blick auf Art. 4 GG zu geringe Anforderungen an den gebotenen "Bekenntnisakt".

24

3. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht wegen der Angabe der Kläger gegenüber der Meldebehörde im Ergebnis als richtig. Auch bei der Klägerin bildet dies - abgesehen von der nachfolgend unter 4. erörterten Fragestellung - den einzigen möglichen Ansatzpunkt für eine willensgetragene Mitgliedschaft in der Beklagten. Denn eine frühere Mitgliedschaft ist jedenfalls mit ihrem ehebedingten Umzug nach Frankreich beendet worden (§ 3 Buchst. a der Satzung der Beklagten). Eine Willensbekundung, der Beklagten anzugehören, kann aus der Angabe im Anmeldeschein nicht entnommen werden.

25

a) Auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Nr. 11 MRRG, § 3 Abs. 1 Nr. 11 des Hessischen Meldegesetzes - HMG - wird bei der Anmeldung einer neuen Wohnung nach der rechtlichen Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft gefragt. Die geforderte Angabe hat demnach vor diesem rechtlichen Hintergrund den für die Willensbekundung gebotenen Bezugspunkt. Ob sie entsprechend ihrer gesetzlichen Zielrichtung verwertbar ist, hängt indessen wesentlich davon ab, ob die vom Gesetz beabsichtigte Fragestellung dem Betroffenen gegenüber hinreichend verdeutlicht wird und wie angesichts dessen die Antwort ausfällt.

26

So ist für den Verständnishorizont des Zuziehenden und nachfolgend den Erklärungswert seiner Angabe von Bedeutung, ob im Anmeldeformular - sowie gegebenenfalls in weiteren Erläuterungen und Ausfüllhinweisen - nach der "Religion", nach der "Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft" oder nach der "öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft" gefragt wird und ob alle oder jedenfalls die zahlenmäßig bedeutsamen korporierten - und insbesondere kirchensteuerberechtigten - Religionsgemeinschaften aufgeführt werden und der Zuziehende bei seinen Angaben eine diesen jeweils eindeutig zuzuordnende Bezeichnung verwendet.

27

b) Hiernach lässt sich allein dem Eintrag der Kläger im Anmeldeschein der Wille, der Beklagten zuzugehören, nicht entnehmen.

28

Der Senat ist dabei nicht an die Auslegung und Bewertung der Angabe der Kläger durch den Verwaltungsgerichtshof gebunden. Die Bindung nach § 137 Abs. 2 VwGO bezieht sich lediglich auf die der Auslegung zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen; die darauf aufbauende Frage nach dem zutreffenden Verständnis ist hingegen maßgeblich von rechtlichen Vorgaben geprägt, so dass deren Beantwortung dem Senat obliegt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 165 f., 169 m.w.N.).

29

Die Kläger haben im Anmeldeschein in der Rubrik "Religion" "mosaisch" angegeben. Daraus lässt sich nicht mit der rechtlich gebotenen Eindeutigkeit und Klarheit entnehmen, dass die Kläger gerade der Beklagten angehören wollen. Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger in zusätzlichen Erläuterungen darauf hingewiesen worden sind, dass ungeachtet der Verwendung des weiten Begriffs "Religion" nicht eine allgemeine Auskunft zu Glaubensüberzeugungen verlangt war, sondern die am neuen Wohnort gegebene Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen - und folglich kirchensteuerberechtigten - Religionsgemeinschaft erklärt werden sollte (siehe etwa die derzeit geltenden Ausfüllhinweise, Erlass des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 21. Februar 2006, abgedruckt bei Lüttmann, Melderecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Teil II: Hessen, E 1). Denn jedenfalls fehlt der Angabe "mosaisch" der eindeutige Bezug auf die Beklagte. Die Kläger haben sich damit nicht der in der hessischen Verwaltungspraxis üblichen Kürzel bedient, mit denen die in Hessen als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten jüdischen Gemeinden bezeichnet werden und zweifelsfrei zu identifizieren sind (IS: Jüdische Gemeinde Frankfurt a.M.; IL: Kultussteuerberechtigte jüdische Gemeinden im Landesverband Hessen; vgl. Lüttmann, a.a.O., F 4). Nach ihrer Auffassung wird die Beklagte von der von ihr verwendeten Bezeichnung schon deshalb nicht erfasst, weil der Begriff "mosaisch" jedenfalls im Französischen eine bestimmte, nämlich die liberale, Richtung des Judentums umschreibe, der die Beklagte nicht zuzurechnen sei. Ob diese begriffliche Unterscheidung zutrifft, bedarf keiner Klärung. Denn auch wenn "mosaisch" als Synonym für "jüdisch" zu verstehen sein sollte, lässt der Hinweis auf eine "mosaische" Religionszugehörigkeit angesichts der allgemeinkundigen und dem Senat aus anderen Verfahren bekannten (vgl. Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 7 C 7.01 - BVerwGE 116, 86 <90>) Tendenz zur Pluralisierung und Rekonfessionalisierung des Judentums (vgl. Weber, LKV 2006, 9 <10>) die Zuordnung zur konkreten jüdischen Gemeinde nicht zu. Der jüdische Glaube kann in verschiedenen Strömungen und in unterschiedlichen Organisationen gelebt werden; bei deren Auswahl ist der Gläubige frei. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Beklagte sich nach ihrem Selbstverständnis als sogenannte Einheitsgemeinde begreift und alle Strömungen des Judentums unter einem Dach vereinigen will. Denn der Gläubige muss sich diesem Alleinvertretungsanspruch angesichts der ihm zukommenden negativen Bekenntnisfreiheit nicht unterordnen.

30

4. Eine vom Willen getragene Mitgliedschaft kann sich im Falle des Umzugs aus der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft am bisherigen Wohnort ergeben. Die Voraussetzungen für eine solche Fortsetzung der Mitgliedschaft liegen hier aber nicht vor. Das kann der Senat selbst feststellen und deswegen nach § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO eine abschließende Entscheidung zu Gunsten der Kläger treffen.

31

a) Hat sich der Betroffene bereits vor seinem Zuzug an seinem bisherigen Wohnort einer Religionsgemeinschaft angeschlossen, so kann sich nach einem Umzug die Mitgliedschaft nur dann in der nunmehr örtlich zuständigen Gemeinschaft fortsetzen, wenn auch diese Mitgliedschaft auf einer freiwilligen Grundlage beruhte.

32

b) Dieser Grundsatz der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in einer rechtlich verfassten Religionsgemeinschaft wird bei korporierten Religionsgemeinschaften durch das Parochialrecht nicht überlagert.

33

Nach dem Parochialrecht, das als ungeschriebene Befugnis nach dem Herkommen mit dem Körperschaftsstatus verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1997 - BVerwG 7 C 11.96 - BVerwGE 105, 117 <119>), kann eine Religionsgemeinschaft bestimmen, dass alle Angehörigen des jeweiligen Bekenntnisses ipso iure als Mitglieder der örtlich zuständigen Gemeinde in Anspruch genommen werden. Das Parochialrecht als Ausdruck des überkommenen religionsrechtlichen Territorialprinzips ist zwar als öffentlich-rechtliche Befugnis ausgestaltet. Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, in welchem Umfang und insbesondere gegenüber welchen Personen hoheitliche Befugnisse verliehen werden (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <388>). Beim Parochialrecht betrifft dies angesichts der negativen Bekenntnisfreiheit allein die Mitglieder der korporierten Religionsgemeinschaft (vgl. Magen, a.a.O., S. 94; BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <371>), die sich so in Ausübung ihrer Organisationsgewalt in bestimmter Weise örtlich strukturiert und rechtlich selbstständige Untergliederungen bildet (vgl. hierzu Beschluss vom 8. Januar 2009 - BVerwG 7 B 42.08 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 77). Unmittelbar hat das Parochialrecht demnach (nur dann) seine Bedeutung, wenn die als öffentlich-rechtliche Körperschaft konstituierte Religionsgemeinschaft, der der Betroffene kraft einer Willensentscheidung angehört, in rechtlich selbstständige Einheiten untergliedert ist. Dies ist etwa der Fall bei den Diözesen der römisch-katholischen Kirche und den einzelnen Pfarrgemeinden oder den evangelischen Landeskirchen und den einzelnen Kirchengemeinden.

34

Soweit es dagegen um die (Neu-)Begründung der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft geht, zu der der Betroffene bislang nach Maßgabe des staatlichen Rechts in keiner mitgliedschaftlichen Beziehung stand, ist ein auf dem Parochialrecht basierendes Organisationsprinzip zwar nicht völlig unbeachtlich. Es ist aber nicht als Hoheitsrecht der Religionsgemeinschaft des Zuzugsortes von Bedeutung, sondern kann nur mittelbar - nämlich als Teil der am früheren Wohnort auf freiwilliger Basis eingegangenen Rechtspflichten - herangezogen werden. Hat der Betroffene willentlich die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft begründet, die nach ihrem Selbstverständnis und religionsgemeinschaftlichen Recht Teil eines umfassenderen Verbands ist, der nach den Grundsätzen des Parochialrechts gegliedert ist, so nimmt er auch den automatischen Wechsel der Mitgliedschaft bereits vorweg in seinen Willen auf. Dies gilt etwa für die römisch-katholische Kirche, die sich als einheitliche Weltkirche unter päpstlicher Oberhoheit begreift (siehe etwa v. Campenhausen, HdbStKirchR, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 26, S. 773 f.), sowie für die unter dem Dach der EKD zusammengeschlossenen evangelischen Landeskirchen (§ 8 des Kirchengesetzes über die Kirchenmitgliedschaft). Auch ohne eine solche Einordnung in einen höherstufigen Verband kann sich eine Rechtspflicht zur Eingliederung in eine andere Religionsgemeinschaft aus Vereinbarungen der Religionsgemeinschaften ergeben, die auf der Ebene der Gleichordnung abgeschlossen werden; denn auch diese bestimmen den Rechtsstatus des betroffenen Mitglieds. Fehlen solche vertraglichen Vereinbarungen, ist entsprechendes Gewohnheitsrecht nicht ausgeschlossen.

35

c) Hiernach sind die Voraussetzungen für eine allein an die Mitgliedschaft in der jüdischen Gemeinde in Frankreich anknüpfende Mitgliedschaft der Kläger in der Beklagten nicht gegeben. Das kann der Senat selbst feststellen.

36

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass entsprechende "Übernahmevereinbarungen" zwischen ihr und anderen jüdischen Gemeinden nicht geschlossen worden seien. Sie hat betont, dass es einen Automatismus im Übergang der Mitgliedschaft nach dem Selbstverständnis der jüdischen Gemeinden nicht gebe und nicht geben könne; denn die Gemeinden seien jeweils eigenständig.

37

Der Senat ist - nicht zuletzt im Interesse der Prozessökonomie - nicht gehindert, diese von den Klägern nicht in Zweifel gezogenen Einlassungen der Beklagten zu ihrer eigenen Rechtspraxis und ihrem Rechtsverständnis im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. Neumann, a.a.O., § 137 Rn. 148).

Tatbestand

1

Der Kläger, das Erzbistum Freiburg, wendet sich gegen eine Bescheinigung, die das Standesamt der beklagten Stadt Staufen dem Beigeladenen über den Austritt aus der Kirche erteilt hat.

2

Der Beigeladene ist emeritierter Professor für kanonisches Recht und kirchliche Rechtsgeschichte. Er gab auf dem Standesamt der beklagten Stadt Staufen eine Erklärung über seinen "Austritt aus einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft" ab. In dem so überschriebenen Formular trug der Standesbeamte auf Wunsch des Beigeladenen in der Rubrik "Erklärung" unter der Überschrift "Rechtliche Zugehörigkeit zu einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft" ein: "römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechtes" und darunter: "Ich trete aus der angegebenen Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft aus." Das Standesamt händigte dem Beigeladenen eine Bescheinigung über den Austritt aus und übersandte dem katholischen Pfarramt in Staufen eine entsprechende Mitteilung.

3

Der Beigeladene legte in Schreiben an das Erzbistum, ebenso gegenüber der Presse und später der Beklagten dar: Nach katholischem Verständnis sei ein Austritt aus der Kirche unmöglich. Deshalb sei zwingend zwischen der Mitgliedschaft im staatlichen und im kirchlichen Bereich zu unterscheiden. Der Austritt sei korrekt als Körperschaftsaustritt und nicht als Kirchenaustritt zu bezeichnen. Der Körperschaftsaustritt berühre die volle Zugehörigkeit zur katholischen Kirche nicht. Das Erzbistum bat die Beklagte, zu überprüfen, ob die Erklärung des Beigeladenen über seinen Austritt wirksam sei: Nach der einschlägigen Bestimmung des § 26 Abs. 1 Kirchensteuergesetz Baden-Württemberg (KiStG) dürfe die Erklärung keine Zusätze enthalten. Der Beigeladene habe die Kirche, aus der er austreten wolle, mit dem Zusatz "Körperschaft des öffentlichen Rechts" bezeichnet. Er habe sich hierzu eingelassen, er habe seinen Austritt aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts erklärt; seine Erklärung beeinträchtige jedoch nicht die Mitgliedschaft in der Kirche als Glaubensgemeinschaft. Die Beklagte teilte dem Erzbistum mit, sie halte den Zusatz für unbedenklich. Das Erzbistum bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

4

Die Beklagte wertete die Eingabe des Erzbistums als Widerspruch gegen die Bescheinigung, die sie dem Beigeladenen über dessen Kirchenaustritt erteilt hatte. Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald wies den Widerspruch zurück.

5

Das Erzbistum hat daraufhin mit dem Antrag Klage erhoben, die Bescheinigung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts aufzuheben.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Der verwendete Begriff "Körperschaft des öffentlichen Rechts" stelle keinen unzulässigen Zusatz im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 KiStG dar, sondern kennzeichne nur zutreffend die Religionsgemeinschaft, aus der der Beigeladene habe austreten wollen.

7

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof der Klage stattgegeben und die streitige Bescheinigung aufgehoben: Verfassungsrechtlich sei unter anderem durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 und Art. 137 Abs. 6 WRV eine Auslegung des § 26 Abs. 1 Satz 2 KiStG geboten, die sicherstelle, dass der Austrittswillige seine Austrittserklärung nicht auf den staatlichen Rechtskreis beschränken könne. Der Staat müsse Erklärungen über den Kirchenaustritt auslegen, und zwar auch im Lichte sie begleitender Umstände, und sich vergewissern, ob der Erklärende sich bedingungslos, ernsthaft und vollständig von der Religionsgemeinschaft lossagen wolle. Das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgemeinschaften hindere den Staat daran, ein Austrittsrecht für Fälle vorzusehen, in denen die negative Religionsfreiheit nicht berührt sei, weil der Einzelne sich nicht gegen seine Zugehörigkeit zu der Religionsgemeinschaft im innerkirchlichen Sinne wende. Die Erklärung des Beigeladenen lasse keinen hinreichenden Willen erkennen, aus der Religionsgemeinschaft im kirchenrechtlichen Sinne auszutreten. Nach Wortlaut und Sinn ziele sie zwar darauf ab, dass staatliche Behörden und Gerichte ihn nicht länger als Mitglied der römisch-katholischen Kirche ansehen sollten. Der Beigeladene habe aber in seinem umfangreichen Schriftverkehr mit dem Kläger und der Beklagten deutlich gemacht, dass er nur diejenigen Rechtswirkungen habe auslösen wollen, die der Staat an den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts knüpfe.

8

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beigeladenen, mit der er die Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts erstrebt: Mit dem Grundrecht des Austrittswilligen auf negative Bekenntnisfreiheit sei nicht vereinbar, wenn die staatliche Behörde seine Erklärung auslege und sich darüber Gewissheit verschaffen wolle, ob er sich ernsthaft und vollständig von seiner Religionsgemeinschaft lossagen wolle. Für die Wirksamkeit der Erklärung seien ihre Motive unerheblich, soweit nur ihr Wortlaut eindeutig sei. Die Austrittserklärung könne sich nur auf die Kirche als Körperschaft beziehen, da ein Austritt aus der Glaubensgemeinschaft kirchenrechtlich nicht möglich sei. Insoweit werde die Kirche aber allein durch die Nennung ihres Status "Körperschaft des öffentlichen Rechts" eindeutig identifiziert.

9

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und hebt hervor: Bereits nach dem reinen Wortsinn seiner Erklärung habe der Beigeladene durch den Hinweis auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts einen Kirchenaustritt vermeiden wollen, der darauf gerichtet sei, die Glaubensgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche zu verlassen.

10

Die Beklagte hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs: Der Staat dürfe eine Austrittserklärung auslegen, um deren Eindeutigkeit und Klarheit zu ermitteln, dürfe die Motive des Austrittswilligen aber nicht erforschen. Dem Beigeladenen bleibe es unbenommen, der katholischen Kirche seinen Willen mitzuteilen, der Glaubengemeinschaft begrenzt auf den Kultus weiter anzugehören. Dem Staat sei es von Verfassungs wegen untersagt, Feststellungen zu den Wirkungen zu treffen, die eine Austrittserklärung nach dem Recht der Religionsgemeinschaft in deren internen Bereich erzeuge. Ein Zusatz zu der Austrittserklärung sei unzulässig, wenn die Behörde mit der Bescheinigung über den Austritt zumindest inzident bestätigen würde, dass eine Mitgliedschaft im innergemeinschaftlichen Bereich bestehe oder nicht bestehe. Indem die Beklagte den Austritt mit dem Zusatz "Körperschaft des öffentlichen Rechts" bestätigt habe, habe sie dem Beigeladenen einen nur teilweisen, nämlich auf den staatlichen Bereich beschränkten Austritt bescheinigt. Das Grundgesetz kenne aber nur die unteilbare Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beigeladenen ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar zu Recht aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV einerseits, Art. 4 Abs. 1 GG andererseits hergeleitet, wer aufgrund staatlicher Vorschriften aus einer Religionsgemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts austreten wolle, dürfe seine Erklärung nicht auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts unter Verbleib in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft beschränken. Er hat aber unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 GG angenommen, ob der Austrittserklärung ein hierauf gerichteter Zusatz beigefügt sei, sei über den Wortlaut der Erklärung hinaus auch anhand der sie begleitenden Umstände zu ermitteln. Wird entsprechend der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben nur der protokollierte Wortlaut der Erklärung berücksichtigt, ist die Erklärung des Beigeladenen über den Austritt aus seiner Religionsgemeinschaft nicht mit einem Zusatz im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg (Kirchensteuergesetz - KiStG) in der Fassung vom 15. Juni 1978 (GBl S. 370) versehen und die hierüber erteilte Bescheinigung rechtmäßig. Der Verwaltungsgerichtshof hätte sie nicht aufheben dürfen, sondern die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen. Die insoweit noch erforderliche Auslegung der landesrechtlichen Vorschrift kann der Senat selbst vornehmen. Für ihre Anwendung auf den konkreten Fall bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen. Der Senat entscheidet daher in der Sache selbst (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

13

1. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV sowie aus Art. 4 Abs. 1 GG die Forderung abgeleitet, § 26 Abs. 1 KiStG verlange eine Erklärung, nach deren Wortlaut der Austrittswillige sich von seiner Religionsgemeinschaft als solcher trennen will.

14

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 KiStG hat jeder das Recht, aus einer Religionsgemeinschaft durch eine Erklärung gegenüber dem für seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zuständigen Standesbeamten mit bürgerlicher Wirkung auszutreten. Die Erklärung ist nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 KiStG persönlich zur Niederschrift abzugeben oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen; sie darf nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KiStG keine Bedingungen oder Zusätze enthalten.

15

Der Verwaltungsgerichtshof definiert den Begriff des Zusatzes dadurch, dass er ihn von dem Begriff des Erklärungskerns absetzt. Den Erklärungskern bestimmt er normativ, nämlich unter Rückgriff auf Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 WRV: Der Austrittswillige muss erklären, dass er sich ernsthaft, bedingungslos und vollständig von seiner Religionsgemeinschaft trennen will. Auf dieser Grundlage sind Zusätze insbesondere solche Ergänzungen, die den Austritt auf den staatlichen Rechtskreis (die Körperschaft des öffentlichen Rechts) beschränken sollen, die Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft (hier der römisch-katholischen Kirche) aber von der Erklärung ausnehmen wollen. Diese Auslegung des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KiStG beruht auf einem zutreffenden Verständnis der bundesrechtlichen Vorgaben.

16

a) Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 1 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

17

Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft in ihren eigenen Angelegenheiten umfasst das Recht, die Mitgliedschaft in ihr zu regeln. Im Interesse der Religionsgemeinschaft soll damit zum einen verhindert werden, dass ihr jemand aufgedrängt wird, den sie selbst nicht als ihr zugehörig betrachtet; zum anderen soll sich kein Mitglied den Pflichten entziehen können, die aus der Mitgliedschaft folgen. Knüpft die staatliche Rechtsordnung - wie in § 1 Abs. 1 KiStG - an die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft Rechtsfolgen, richtet sich die Frage der Mitgliedschaft nach dem religionsgemeinschaftlichen Recht (Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 7 C 22.09 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 79 Rn. 12).

18

Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft findet seine Schranken in dem für alle geltenden Gesetz. Die grundrechtlichen Gewährleistungen der negativen Bekenntnisfreiheit und der negativen Vereinigungsfreiheit im religiösen Bereich sowie das objektive Prinzip der staatlichen Neutralität fordern die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft. Eine Vereinnahmung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen kann durch das staatliche Recht nicht anerkannt werden (Urteil vom 23. September 2010 a.a.O. Rn. 12). Die in Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Glaubensfreiheit umfasst neben der Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu bilden und zu haben sowie sich zu diesen Überzeugungen zu bekennen und sie zu verbreiten, die negative Glaubensfreiheit, also die Freiheit, keine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu haben oder eine solche abzulehnen (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2008 - 1 BvR 462/06 - BVerfGE 122, 89 <119>). Das schließt die Freiheit, einer Religionsgemeinschaft fernzubleiben, ebenso ein wie die Freiheit, sich jederzeit von der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft mit Wirkung für das staatliche Recht durch Austritt zurückzuziehen (BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 329/71 u.a. - BVerfGE 44, 37 <49>; Kammerbeschluss vom 2. Juli 2008 - 1 BvR 3006/07 - NJW 2008, 2978).

19

Der Staat darf an die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft nur dann Rechtsfolgen im staatlichen Bereich knüpfen, wenn die Fortdauer einer zunächst freiwillig oder doch zurechenbar begründeten Mitgliedschaft weiterhin auf Freiwilligkeit beruht. Einige der korporierten Religionsgemeinschaften erkennen in ihrem Recht nicht die Möglichkeit an, die Religionsgemeinschaft wieder zu verlassen. So ist nach christlichem Verständnis die Taufe als der Akt, durch den die Mitgliedschaft in der Kirche begründet wird, und damit die Mitgliedschaft selbst nicht aufhebbar. Stärkt der Staat die Belange der Religionsgemeinschaft mittels hoheitlicher Befugnisse, ist er in gleicher Weise gehalten, entgegenstehenden Rechtspositionen Rechnung zu tragen. Seinen Schutzpflichten ist er dabei dadurch nachgekommen, dass er anders als den Eintritt in eine Religionsgemeinschaft den Austritt aus ihr durch staatliche Gesetze geregelt hat, die die negative Religionsfreiheit wahren sollen (Urteil vom 23. September 2010 a.a.O. Rn. 18).

20

Aufgrund dieser verfassungsrechtlich vorgegebenen Funktion des staatlich geregelten Austritts aus einer Religionsgemeinschaft muss eine Auslegung von § 26 Abs. 1 KiStG und vergleichbarer Vorschriften anderer Bundesländer zum einen das Recht des Austrittswilligen aus Art. 4 Abs. 1 GG gewährleisten, über seine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft frei zu entscheiden. Sie muss zum anderen sicherstellen, dass die ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgten Körperschaftsrechte der Religionsgemeinschaft, die an die Mitgliedschaft in ihr anknüpfen, nicht stärker beschränkt werden, als es zur Gewährleistung der (negativen) Glaubensfreiheit des Einzelnen erforderlich ist.

21

Danach ist eine Auslegung des § 26 Abs. 1 KiStG verfassungsrechtlich geboten, die fordert, dass sich die Erklärung des Austrittswilligen auf seine Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft zu beziehen hat und die Aufgabe der Zugehörigkeit zu ihr zum Gegenstand haben muss. Unzulässig ist eine Erklärung, die selbst oder durch Zusätze den Willen zum Ausdruck bringt, nur die mit der Mitgliedschaft verbundenen Wirkungen im staatlichen Bereich zu beseitigen, also aus der Religionsgemeinschaft in ihrer rechtlichen Gestalt einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auszutreten, in der Glaubensgemeinschaft selbst aber zu verbleiben.

22

Die öffentlich-rechtlichen Pflichten, die aus der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft folgen, müssen auf der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft beruhen. Der Austritt aus der Religionsgemeinschaft soll die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft beseitigen, deren Fortdauer erforderlich ist, um weiterhin öffentlich-rechtliche Rechtsfolgen an die Mitgliedschaft zu knüpfen. Soll die Mitgliedschaft nach der abgegebenen Erklärung freiwillig fortdauern, wird von der negativen Glaubensfreiheit nicht Gebrauch gemacht. Deshalb kann dort der Schutz des Staates nicht eingreifen und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft nicht beschränken (vgl. Listl, JZ 1971, 345 <351>).

23

Die öffentlich-rechtlichen Wirkungen der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft beruhen auf ihr verfassungsrechtlich verliehenen Rechten. Sie folgen aus der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft. Solange die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft nicht in Frage gestellt wird, kann der Staat die Wirkungen der Mitgliedschaft in seinem Bereich nicht zurücknehmen, ohne die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Religionsgemeinschaft zu verletzen. Der Staat muss daher den Austritt aus der Religionsgemeinschaft und damit die Beendigung der Mitgliedschaft in ihr zur Voraussetzung dafür machen, dass ihre Wirkungen im staatlichen Bereich nicht eintreten. Er kann nicht von den Wirkungen der Mitgliedschaft im staatlichen Bereich befreien, ohne dass eine auf die Beendigung der Mitgliedschaft gerichtete Erklärung vorliegt, die jedenfalls die Freiwilligkeit der weiteren Mitgliedschaft aufhebt, auch wenn die Mitgliedschaft selbst nach dem innergemeinschaftlichen Recht nicht beendet werden kann.

24

b) Die Austrittserklärung ist nicht deshalb notwendig auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit auf die staatlichen Wirkungen der Mitgliedschaft zu beschränken, weil eine Religionsgemeinschaft, namentlich die römisch-katholische Kirche, als Glaubensgemeinschaft nicht mit der Körperschaft des öffentlichen Rechts als weltlicher Organisationsform identisch sei (so aber insbesondere: Löhnig/Preisner, Zu den Folgen eines Kirchenaustritts nach den Landeskirchenaustrittsgesetzen, AöR 137 <2012>, 118 ff.; Zumbült, Körperschaft des öffentlichen Rechts und Corpus Christi Mysticum, KuR 2010, 176 ff.; hiergegen insbesondere: Listl, Verfassungsrechtlich unzulässige Formen des Kirchenaustritts, JZ 1971, 345 ff.; Muckel, Körperschaftsaustritt oder Kirchenaustritt?, JZ 2009, 174 ff.). Die Notwendigkeit einer solchen Unterscheidung zwischen einer Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts und einer Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft lässt sich nicht, jedenfalls nicht zwingend aus staatlichen Normen herleiten. Sie kann, wenn überhaupt, nur aus dem innergemeinschaftlichen Recht der Religionsgemeinschaft begründet werden. Hieran anknüpfende Folgen können aber nicht zum Gegenstand einer Austrittserklärung vor der staatlichen Stelle und der von ihr hierüber zu erteilenden Bescheinigung gemacht werden.

25

aa) Der Staat knüpft in staatlichen Normen an die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft an, die allein nach deren Recht begründet worden ist. Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft entfaltet zwar rechtliche Wirkungen sowohl im internen Bereich der Religionsgemeinschaft als auch im staatlichen Bereich, wird aber allein durch Normen der Religionsgemeinschaft begründet. Aus den öffentlich-rechtlichen Wirkungen der Mitgliedschaft kann daher nicht geschlossen werden, es gebe wegen dieser Wirkungen und damit kraft staatlichen Rechts eine staatskirchenrechtliche Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft, die unabhängig von der innergemeinschaftlichen Mitgliedschaft und neben ihr besteht (vgl.: Listl, JZ 1971, 345 <346>).

26

Der auf Grund staatlichen Gesetzes erklärte Kirchenaustritt hat zwar nach dem insoweit allein maßgeblichen staatlichen Recht (hier § 26 Abs. 1 KiStG) lediglich die Folge, mit Wirkung für den Bereich des staatlichen Rechts die staatlich durchsetzbaren Konsequenzen der Mitgliedschaft entfallen zu lassen. Welche Folgerungen aus einer Austrittserklärung vor einer staatlichen Behörde für den innergemeinschaftlichen Bereich zu ziehen sind, regelt indes allein das religionsgemeinschaftliche Recht. Denkgesetzlich ausgeschlossen ist es nicht, dass in den verschiedenen Bereichen die Wirkungen eines Austritts verschieden sind, also hier eintreten, dort nicht eintreten oder unterschiedlich weit gehen.

27

Ob es eine Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts gibt, die von der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft zu trennen ist und die deshalb isoliert aufgegeben werden könnte, beantwortet sich nach dem theologischen Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft und ihrem darauf aufgebauten innergemeinschaftlichen Recht. Eine Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts, wenn sie denn von der Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft unterschieden werden kann, könnte nur eine abgeleitete Mitgliedschaft sein. Die Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft, bei den christlichen Kirchen begründet durch die Taufe, vermittelt eine Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Es gibt keine Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft. Lediglich umgekehrt kann es eine Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft geben, ohne zugleich Mitglied in der Körperschaft des öffentlichen Rechts sein zu müssen, nämlich wenn nach dem theologischen Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft eine Unterscheidung von Glaubensgemeinschaft und Körperschaft des öffentlichen Rechts möglich ist.

28

bb) Fragen des Selbstverständnisses einer Religionsgemeinschaft und ihres hierauf aufbauenden religionsgemeinschaftlichen Rechts können nicht von der staatlichen Stelle, die für den Austritt aus der Religionsgemeinschaft zuständig ist, durch die von ihr zu erteilende Bescheinigung mit Anspruch auf Verbindlichkeit entschieden werden. Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG hindert den Staat daran, in religionsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen einer Religionsgemeinschaft und einem ihrer Mitglieder öffentlich-rechtlich Partei zu ergreifen und den Standpunkt des Mitglieds gegenüber der Religionsgemeinschaft oder umgekehrt den Standpunkt der Religionsgemeinschaft gegenüber einem Mitglied mit öffentlich-rechtlichem Zwang durchzusetzen. Partei ergriffe der Staat auch, wenn er durch die Bescheinigung oder deren Verweigerung sich zu einer streitigen Rechtsfolge verhielte, die seiner Regelungsbefugnis und seiner Beurteilung entzogen ist.

29

Dem Staat ist es deshalb verwehrt, die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft in eine zur Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts und in eine Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft als einer bloßen Glaubensgemeinschaft aufzuspalten (Listl, JZ 1971, 345 <352>). Der Staat ist gehindert, durch eine Bescheinigung des Austritts den Anschein zu erwecken, er bestätige über die öffentlich-rechtlichen Wirkungen hinaus kraft seiner Autorität, der Austritt sei innergemeinschaftlich ohne Bedeutung (so wohl auch schon Urteil vom 23. Februar 1979 - BVerwG 7 C 32.78 - Buchholz 401.70 Kirchensteuer Nr. 17 S. 31 f.).

30

c) Diese Auslegung der staatlichen Normen über den Kirchenaustritt beeinträchtigt nicht die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Betroffenen aus Art. 4 Abs. 1 GG. Austrittswillige Mitglieder einer Religionsgemeinschaft werden nicht zu einer Erklärung genötigt, die mit ihrer Glaubensfreiheit unvereinbar ist, wenn sie vorbehaltlos den Austritt aus ihrer Religionsgemeinschaft erklären müssen, auch wenn sie nur die staatlichen Wirkungen der Mitgliedschaft beenden wollen.

31

aa) Art. 4 Abs. 1 GG umfasst das Recht, die innere Einstellung zu Glaube und Bekenntnis zu äußern. Dem Austrittswilligen kann aus Glaubensgründen daran gelegen sein, seiner inneren Verbundenheit im Glauben mit der Religionsgemeinschaft, aus der er austreten will, Ausdruck zu geben und die - möglicherweise gerade durch seinen Glauben bedingten - Motive klarzustellen, die ihn zu dem Austritt bewogen haben. Er kann eine Trennung zwischen einer rechtlichen Mitgliedschaft in der Körperschaft des öffentlichen Rechts und einer außerrechtlichen Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft aufgreifen wollen, die nach seinem religiösen Verständnis im Recht seiner Religionsgemeinschaft angelegt ist; er mag deshalb seinen Austritt nach staatlichem Recht mit den Glaubenslehren seiner Religionsgemeinschaft - wie er sie versteht - für vereinbar halten und sich ihr weiter zugehörig fühlen (vgl. Urteil vom 23. Februar 1979 a.a.O. S. 35). Er kann mithin zwar eine Erklärung abgeben, die auf den Austritt aus seiner Religionsgemeinschaft gerichtet ist, dabei aber der in seinem Glauben wurzelnden Überzeugung sein, dass diese Erklärung nur eingeschränkte Wirkungen hat, nämlich sich nicht auf seine Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft erstrecken kann.

32

bb) Der Austrittswillige muss aber zur Vermeidung von Missverständnissen im Interesse der Rechtssicherheit hinnehmen, dass er seine Vorstellungen über die angestrebten innergemeinschaftlichen Wirkungen seines Austritts nicht zum Inhalt seiner Erklärung und der ihm hierüber zu erteilenden Bescheinigung machen kann. Unzumutbares wird ihm damit nicht abverlangt. Es besteht kein schützenswertes Interesse daran, in die Erklärung Erläuterungen über die Rechtsfolgen aufzunehmen, die für den innergemeinschaftlichen Bereich beabsichtigt sind. Dass der formalisierte Austritt aus der Religionsgemeinschaft nur Wirkungen für den staatlichen Bereich erzeugt, ergibt sich bereits unmittelbar aus § 26 Abs. 1 KiStG.

33

Der Austrittswillige besitzt hinreichende Möglichkeiten, seine innere Einstellung zu Glaube und Bekenntnis zu äußern. Er ist dafür nicht auf das Standesamt als Adressaten angewiesen. Seine Freiheit, seine Einstellung zu Fragen des Glaubens gegenüber beliebigen anderen Adressaten zu bekennen, wird nicht beeinträchtigt. Dem Austrittswilligen bleibt unbenommen, der Religionsgemeinschaft, aus der er austreten will, und Personen, an deren Unterrichtung ihm gelegen ist, in der ihm geeignet erscheinenden Form seine Motive für den Austritt oder seinen Willen mitzuteilen, der Glaubensgemeinschaft, so wie er sie versteht, im internen Bereich weiter anzugehören (Urteil vom 23. Februar 1979 a.a.O. S. 35).

34

cc) Die Religionsgemeinschaft ihrerseits hat demgegenüber kein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass der Staat einer Austrittserklärung die Wirkung nach staatlichem Recht versagt, wenn der Austrittswillige bestimmte Wirkungen für den innergemeinschaftlichen Bereich anstrebt oder ausschließen will und dies Dritten, namentlich aber der Religionsgemeinschaft selbst gegenüber bekundet. Die Schwierigkeiten, die für die Religionsgemeinschaft damit möglicherweise verbunden sind, kann der Staat wegen des Verbots der Einmischung in innergemeinschaftliche Angelegenheiten nicht verhindern, indem er einer nach staatlichem Recht eindeutigen Erklärung bereits die Wirkungen für den staatlichen Bereich bestreitet und dadurch der Religionsgemeinschaft die Möglichkeit nimmt und die Notwendigkeit erspart, über die innergemeinschaftlichen Wirkungen selbst in der nach ihren Vorstellungen angemessenen Weise zu befinden oder notfalls neues innergemeinschaftliches Recht zu schaffen (Urteil vom 23. Februar 1979 a.a.O S. 32 f.).

35

dd) Unter dieser Voraussetzung wird der Austrittswillige allenfalls geringfügig in seiner Freiheit beschränkt, sein Bekenntnis zu äußern, wenn ihm für einen wirksamen Austritt aus einer Religionsgemeinschaft mit Wirkung für den staatlichen Bereich eine Erklärung abverlangt wird, die sich auf die Religionsgemeinschaft bezieht und davon absieht, zwischen dem Austritt aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts und dem Verbleib in der Religionsgemeinschaft als einer Glaubensgemeinschaft zu unterscheiden. Diese Beschränkung ist durch Rechtswerte von Verfassungsrang (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV) gedeckt. Die Religionsgemeinschaft muss vor Austrittserklärungen geschützt werden, deren Rechtsfolgen für sie selbst - sei es im staatlichen, sei es im innergemeinschaftlichen Bereich - wie für den Austrittswilligen nicht von vornherein klar sind (Urteil vom 23. Februar 1979 a.a.O. S. 35 f.).

36

2. Zu Unrecht ergänzt der Verwaltungsgerichtshof diese inhaltlichen Anforderungen an die Erklärung um die verfahrensrechtliche Pflicht der Behörde, den wahren Willen des Austretenden zu erforschen. Mit Bundesrecht unvereinbar ist seine Annahme, dass die Wirksamkeit der Austrittserklärung nicht allein an dem protokollierten Wortlaut der Erklärung und ihrem dadurch umrissenen Sinn zu messen ist, sondern weitere äußere, sie begleitende Umstände heranzuziehen sind, namentlich andere Äußerungen des Austrittswilligen im zeitlichen Umfeld seines Austritts. Damit stellt der Verwaltungsgerichtshof an eine Erklärung Anforderungen, die von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV nicht gefordert werden und mit Art. 4 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.

37

a) Das Recht, die innere Einstellung zu Glaube und Bekenntnis zu äußern, wird beeinträchtigt, wenn derartige Erläuterungen des Austretenden zur Auslegung seiner Erklärung herangezogen werden und seine für sich genommen eindeutige Erklärung erst in ihrem Lichte als mehrdeutig und unklar betrachtet wird. Die Aufgabe des Bekenntnisses kann nicht verlangt werden, sondern nur eine auf die Mitgliedschaft bezogene eindeutige Erklärung, die einerseits die Aufgabe der Zugehörigkeit zu der Religionsgemeinschaft mit bürgerlicher Wirkung über jeden Zweifel stellt, andererseits aber den Staat nicht zwingt, durch die Beurkundung der Erklärung Wirkungen im rein innergemeinschaftlichen Bereich zu bestätigen oder den Anschein einer solchen Bestätigung zu erwecken.

38

Ein in dieser Weise formalisiertes Verfahren bleibt mit der Glaubensfreiheit des Einzelnen gerade deshalb vereinbar, weil der Austretende seine Vorstellungen außerhalb des formalisierten Verfahrens äußern kann. Diese Gewährleistung darf nicht dadurch zurückgenommen werden, dass solche Äußerungen inhaltsbestimmend der formal eindeutigen Austrittserklärung übergeordnet werden. Maßgeblich ist allein der Wortlaut der Erklärung selbst. In dem formalisierten Verfahren des Austritts aus der Religionsgemeinschaft kann es nur auf das ankommen, was der Standesbeamte nach dem Willen des Erklärenden in die Niederschrift aufnimmt und was dadurch Inhalt der anschließend ausgestellten Bescheinigung wird.

39

Welche innergemeinschaftlichen Wirkungen der Austrittswillige mit seiner Erklärung verbindet und was er hierüber gegenüber Dritten, auch der Religionsgemeinschaft äußert, ist mit Blick auf § 26 Abs. 1 KiStG unerheblich, solange nur eindeutig ist, dass die innergemeinschaftlichen Folgen seiner Erklärung nicht Gegenstand der Austrittserklärung sind. Äußerungen hierzu gegenüber Dritten können den eindeutigen Willen nicht in Frage stellen, die in § 26 KiStG vorgesehenen Rechtsfolgen herbeizuführen.

40

Aus denselben Gründen ist unerheblich, was der Austrittswillige dem Standesbeamten bei Gelegenheit der Niederschrift seiner Erklärung zusätzlich über seine Gründe für den Austritt und die Vorstellungen unterbreitet, die sein Austritt für sein Verhältnis zu der Religionsgemeinschaft nach seiner Ansicht hat, solange derartige Vorstellungen nicht zum Gegenstand der aufgenommenen Erklärung gemacht werden. Der Standesbeamte hat nur darauf hinzuweisen, dass die Erklärung, um wirksam zu sein, auf den Austritt aus der Religionsgemeinschaft gerichtet sein muss und dies unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden muss (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 VwVfG).

41

b) Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf diesem Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 GG. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach dem Inhalt seiner Entscheidungsgründe die Erklärung des Beigeladenen nur deshalb für unvereinbar mit dem Zusatzverbot des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KiStG angesehen, weil es die Äußerungen des Beigeladenen im Umfeld seines Austritts maßgeblich zur Bestimmung der abgegebenen Erklärung herangezogen hat. Diese Aussagen hat der Beigeladene fast ausschließlich nachträglich im Widerspruchsverfahren, im Klageverfahren und im Zusammenhang mit diesen Verfahren in der Öffentlichkeit abgegeben. Sie betrafen die Gründe und die kirchenrechtlichen Vorstellungen, die den Beigeladenen zu seinem Austritt bestimmt haben. Aus ihnen hat der Verwaltungsgerichtshof entscheidend hergeleitet, dass der Beigeladene mit den Worten "Körperschaft des öffentlichen Rechts" in seiner Austrittserklärung nicht seine Religionsgemeinschaft, die römisch-katholische Kirche, als diejenige hat bezeichnen wollen, aus der er austreten wollte, sondern dass er seinen Austritt auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts unter Verbleib in der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft hatte beschränken wollen.

42

3. Bei einer bundesrechtskonformen Auslegung und Anwendung des § 26 Abs. 1 KiStG ist die Erklärung des Beigeladenen über seinen Austritt aus der Religionsgemeinschaft wirksam; insbesondere stellen die Worte "Körperschaft des öffentlichen Rechts", die der Beigeladene neben die Worte "römisch-katholisch" hat setzen lassen, keinen Zusatz im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KiStG dar.

43

a) Der Senat kann die landesrechtliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 KiStG selbst auslegen, weil ihre Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof teilweise mit Bundesrecht unvereinbar ist (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1986 - BVerwG 7 C 79.85 - BVerwGE 75, 67 <72> = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 18 S. 33).

44

b) Nach der vom Verwaltungsgerichtshof mitgeteilten Entstehungsgeschichte und nach ihrem Sinn und Zweck hat der Landesgesetzgeber mit dem hier einschlägigen Halbsatz 2 in den § 26 Abs. 1 Satz 2 KiStG ein striktes Verbot jedweden Zusatzes eingefügt. Er hat damit im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 23. Februar 1979 - BVerwG 7 C 32.78 - Buchholz 401.70 Kirchensteuer Nr. 17 und - BVerwG 7 C 37.78 - Buchholz 401.70 Kirchensteuer Nr. 18) gespaltene Austrittserklärungen ausschließen wollen, die einen Austritt aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Verbleib in der Glaubensgemeinschaft zum Inhalt hatten.

45

Danach löst der Austritt aus der Religionsgemeinschaft für den Austretenden wie für die Religionsgemeinschaft im Bereich des staatlichen Rechts gewichtige Wirkungen aus. Selbst wenn eine Auslegung der Erklärung und der mit ihr beabsichtigten Folgen im Einzelfall möglich sein und zu eindeutigen Ergebnissen führen mag, kann es angesichts der mit einer solchen Auslegung nicht selten verbundenen Zweifel dem Gesetzgeber jedenfalls nicht verwehrt sein, im Interesse klarer rechtlicher Verhältnisse und damit zur Vermeidung von Irrtümern oder Zweifeln und von Streitigkeiten über den Umfang der Rechtsfolgen eindeutige, jeden Zweifel ausschließende Erklärungen und damit Erklärungen ohne jeden Zusatz zu verlangen. Damit werden zugleich die Standesbeamten der Schwierigkeiten enthoben, die mit der Auslegung unklarer Erklärungen häufig verbunden sind, dies zumal in einem Bereich, der wegen der gerade für Nichtspezialisten häufig schwer zu überblickenden Gemengelage von staatskirchenrechtlichem und innergemeinschaftlichem Recht und wegen der Gefahr, in die inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft hineinzuwirken oder auch nur diesen Anschein zu erwecken, besondere Probleme aufwirft. Das gilt auch für Zusätze, die lediglich die nach staatlichem Recht ohnehin bestehende Beschränkung der Wirksamkeit des Austritts aus der Religionsgemeinschaft klarstellen sollen. Das Interesse an Klarheit deckt bei einer generalisierenden Vorschrift auch das Verbot von Zusätzen ab, die bei einer in diesem Bereich nur selten ganz eindeutigen Auslegung klar sein mögen (Urteil vom 23. Februar 1979 - BVerwG 7 C 32.78 - a.a.O. S. 33 ff.).

46

c) Auch bei dieser strikten Auslegung des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KiStG ist die Erklärung des Beigeladenen wirksam. Die Vorschrift gibt keinen bestimmten Wortlaut für die Austrittserklärung vor. Der Austrittswillige wählt den Wortlaut selbst. Ihm bleibt ein gewisser Spielraum. Dieser ist hier gewahrt. Der Beigeladene hat seinen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche erklärt, ohne seine Erklärung auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zu beschränken.

47

Wenn nur der Wortlaut der Erklärung des Beigeladenen berücksichtigt wird, besteht kein Zweifel, dass er einen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche erklärt und sich auf diese Erklärung beschränkt hat. Der Verwaltungsgerichtshof selbst hat die Erklärung in diesem Sinne gewürdigt. Er hat ausdrücklich hervorgehoben, nach Wort und Sinn ziele die Äußerung des Beigeladenen darauf ab, dass staatliche Behörden ihn nicht länger als Mitglied der römisch-katholischen Kirche ansehen sollen. Nach ihrem formalen Gehalt entspricht die Erklärung danach den Anforderungen, die sich aus Bundesverfassungsrecht für einen wirksamen Austritt aus einer Religionsgemeinschaft ergeben. Die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs kann in der Sache nicht beanstandet werden. Gemeinsam mit der Überschrift "Rechtliche Zugehörigkeit zu einer Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft" bezieht sich die Angabe "römisch-katholisch" auf die Religionsgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche, die in Deutschland nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV als (altkorporierte) Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist. Die Worte "Körperschaft des öffentlichen Rechts" in der Erklärung des Beigeladenen sind danach ein zwar nicht notwendiger, aber auch nicht schädlicher Teil der Bezeichnung für die Religionsgemeinschaft, aus der der Beigeladene austreten wollte. Die Erklärung bezieht sich nicht auf eine von der Glaubensgemeinschaft getrennte Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auf die Glaubensgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche in der Form, wie sie im Geltungsbereich des Kirchensteuergesetzes besteht.

48

Zu Unrecht macht der Kläger geltend, aufgrund der Ergänzung bleibe unklar, auf welche Körperschaft die Erklärung des Beigeladenen ziele, da die römisch-katholische Kirche in zahlreiche Körperschaften des öffentlichen Rechts gegliedert sei. Die Erklärung betrifft die Religionsgemeinschaft als solche. Sie erfasst daher in der Folge alle Körperschaften, in denen der Beigeladene im Falle seiner fortbestehenden Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche, insbesondere aufgrund des Parochialrechts, Mitglied wäre oder werden könnte.

Tatbestand

1

I. Die Sache befindet sich im II. Rechtsgang. Im I. Rechtsgang hatte das Finanzgericht (FG) die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte das Urteil des FG durch das Urteil vom 30. Juli 2008 II R 37/07 (BFH/NV 2009, 44) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Zur Begründung hatte der BFH ausgeführt, der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sei zwar das Grundstück in dem noch zu schaffenden baureifen Zustand gewesen. Das FG habe auch die Höhe der Gegenleistung zutreffend ermittelt. Noch nicht abschließend entschieden werden könne aber, ob die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG in der im Jahr 1993 geltenden Fassung in Höhe eines Teilbetrags von 40,066 % zutreffend verwehrt worden sei. Da sich die Beteiligung der Gründungsgesellschafter A und E an der … GbR (GbR), deren Gesamtrechtsnachfolgerin die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sei, innerhalb eines kurzen Zeitraums nach dem Grundstücksübergang verringert habe, bestehe die widerlegbare Vermutung, dass die Grundstücksübertragung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, zu dem die Veränderung der Gesellschafterstellung bereits abgesprochen gewesen sei. Der Klägerin sei Gelegenheit zu geben, diese Vermutung zu widerlegen und nachzuweisen, dass die Absprache zwischen den Gesamthändern, weitere Neugesellschafter über die ursprünglich vereinbarte 50 %-Grenze hinaus aufzunehmen, erst nach dem Übergang des Grundstücks auf die GbR getroffen worden sei. Der BFH verwies in diesem Zusammenhang u.a. auf sein Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 72/94 (BFHE 181, 344, BStBl II 1997, 87).

2

Das FG lud im II. Rechtsgang auf einen Beweisantrag der Klägerin hin als Zeugen A, B, C und D und bestimmte den Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme auf den 19. Februar 2013. Als Gegenstand der Vernehmung wurde die Frage angegeben, wann im Jahr 1993 die Absprache zwischen den Gesamthändern der GbR getroffen wurde, weitere Neugesellschafter über die ursprünglich vereinbarte 50 %-Grenze hinaus aufzunehmen.

3

Da die Zeugen A und B dem FG anzeigten, sie seien am Erscheinen zum Termin am 19. Februar 2013 verhindert, teilte ihnen das FG mit, der Termin sei durch richterliche Verfügung aufgehoben worden. Die Ladung zu dem aufgehobenen Termin sei damit gegenstandslos. Die Beteiligten erhielten hiervon Ablichtungen.

4

Auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2013, in der die Zeugen C und D vernommen worden waren, wies das FG die Klage erneut im Wesentlichen ab. Es führte zur Begründung aus, die Vermutung, dass die Verminderung der Beteiligung der Gründungsgesellschafter an der GbR über 50 % hinaus auch in Höhe von 40,066 % bereits bei der Grundstücksübertragung auf die GbR abgesprochen gewesen sei, habe die Klägerin nicht mit Erfolg widerlegt. Es fehlten entsprechende Nachweise.

5

Die Klägerin stützt ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision u.a. darauf, dass das FG nicht ohne Vernehmung von A und B als Zeugen hätte entscheiden dürfen. Die Vorentscheidung weiche zudem von näher bezeichneten Entscheidungen ab, nach denen die Widerlegung einer tatsächlichen Vermutung nicht den vollen Gegenbeweis erfordere. Vielmehr genüge es, wenn Tatsachen und Beweismittel dargelegt würden, die einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen ließen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

7

1. Der von der Klägerin den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend geltend gemachte Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt vor. Das FG hat der Klägerin rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) versagt, indem es ihr vor Erlass des Urteils nicht mit der erforderlichen Klarheit zu erkennen gegeben hat, dass es nicht mehr beabsichtigte, die Zeugen A und B zu vernehmen.

8

a) Durch einen Beweisbeschluss entsteht eine Verfahrenslage, auf welche die Beteiligten ihre Prozessführung einrichten dürfen. Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht ergehen wird, bevor der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt ist. Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, eine angeordnete Beweisaufnahme in vollem Umfang durchzuführen. Will es von einer Beweisaufnahme absehen, muss es aber zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung vor Erlass des Urteils die von ihm durch den Beweisbeschluss geschaffene Prozesslage wieder beseitigen. Dazu hat es für die Beteiligten unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet (BFH-Beschlüsse vom 3. Dezember 2002 X B 26/02, BFH/NV 2003, 343; vom 27. August 2010 III B 113/09, BFH/NV 2010, 2292, und vom 19. Dezember 2012 XI B 84/12, BFH/NV 2013, 745, Rz 15).

9

Ein Hinweis darauf, dass der Beweisbeschluss nicht oder nicht vollständig ausgeführt werde, kann allerdings entbehrlich sein. Hierfür genügt es jedoch nicht, dass die Beteiligten allgemein in Betracht ziehen müssen, das FG werde von der Beweisaufnahme absehen. Die Beteiligten können grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht ergehen wird, bevor der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt ist. Abweichendes kann nur gelten, wenn das Gericht zu Recht annehmen kann, es sei auch aus der Sicht der Beteiligten zweifelsfrei, dass sich eine angeordnete Beweisaufnahme erledigt habe, ohne dass es eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedürfte (BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2012 X B 4/10, BFH/NV 2012, 958, Rz 19, und in BFH/NV 2013, 745, Rz 17). Wenn Zeugen zu einem Vernehmungstermin aus terminlichen Gründen nicht erscheinen können, hat dies für sich genommen noch nicht zur Folge, dass sich ihre vom Gericht als erforderlich angesehene und deshalb durch Beweisbeschluss angeordnete Vernehmung erledigt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 745, Rz 16).

10

b) Gleiches gilt auch dann, wenn kein Beweisbeschluss ergangen ist, sondern ein Zeuge gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 FGO zur mündlichen Verhandlung geladen wurde. Auch in einem solchen Fall können die Beteiligten grundsätzlich annehmen, dass das Gericht die Zeugenvernehmung als erforderlich ansieht und kein Urteil erlässt, bevor diese durchgeführt wurde (BFH-Beschluss vom 2. August 2013 XI B 97/12, BFH/NV 2013, 1791). Ein Beweisbeschluss ist nach § 82 FGO i.V.m. § 358 der Zivilprozessordnung nur dann erforderlich, wenn die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren (einen besonderen Termin) erfordert. Dies ist nicht der Fall, wenn die Zeugenvernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung stattfinden soll (BFH-Beschluss vom 8. November 2006 VI B 62/06, BFH/NV 2007, 468). Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht von der Vernehmung eines Zeugen, der zwar geladen worden war, aber aus terminlichen Gründen nicht zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme erscheinen konnte, ohne weiteres, insbesondere ohne unmissverständlichen Hinweis an die Beteiligten von dessen Vernehmung absehen kann, es sei denn, das Gericht kann zu Recht annehmen, es sei auch aus der Sicht der Beteiligten zweifelsfrei, dass sich die Beweisaufnahme erledigt habe, ohne dass es eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedürfte (BFH-Beschluss vom 2. August 2013 XI B 97/12, BFH/NV 2013, 1791).

11

c) Das FG hat demnach dadurch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, dass es die Vorentscheidung erlassen hat, ohne die Beteiligten zuvor unmissverständlich darauf hingewiesen zu haben, dass es nicht mehr beabsichtige, die Zeugen A und B zu vernehmen. Ein solcher Hinweis lässt sich weder den Akten des FG noch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung entnehmen. Das FG hatte die Abladung der Zeugen A und B nicht damit begründet, dass ihre Aussagen als Zeugen nicht benötigt würden, sondern mit dem (unzutreffenden) Hinweis darauf, dass der Termin vom 19. Februar 2013 durch richterliche Verfügung aufgehoben worden sei.

12

Ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass die Zeugen A und B nicht mehr vernommen werden sollen, war auch nicht entbehrlich. Weder aus den Akten noch aus der Sitzungsniederschrift ist ersichtlich, dass es auch aus der Sicht der Beteiligten zweifelsfrei gewesen sei, dass sich die zunächst beabsichtigte Vernehmung der Zeugen A und B erledigt habe. Dass diese Zeugen zur mündlichen Verhandlung entschuldigt nicht erschienen waren, begründete für sich genommen keine Erledigung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen. Das FG konnte auch nicht daraus, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift den Antrag auf Vernehmung der Zeugen A und B nicht ausdrücklich wiederholt hat, mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass sich deren Vernehmung aus der Sicht der Klägerin erledigt habe. Von einer solchen Erledigung hätte das FG vielmehr nur dann ausgehen dürfen, wenn es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die nach den Ausführungen im BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 44 begründete tatsächliche Vermutung als widerlegt angesehen hätte.

13

Die Vorentscheidung kann auch auf dem Verfahrensmangel beruhen. Hätte das FG die Klägerin darauf hingewiesen, dass es die Zeugen A und B nicht mehr vernehmen wolle, hätte die Klägerin Gelegenheit gehabt, dem zu widersprechen und in der mündlichen Verhandlung den schriftsätzlich gestellten Beweisantrag zu wiederholen. Einer Aussage des Zeugen A könnte zudem deshalb besondere Bedeutung zukommen, weil er Gründungsgesellschafter der GbR war.

14

2. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die nach dem BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 44 begründete tatsächliche Vermutung, dass die Verminderung der Beteiligung der Gründungsgesellschafter an der GbR in einem Umfang von insgesamt 90,066 % und nicht lediglich von 50 % bereits bei der Einbringung des Grundstücks in die GbR abgesprochen war, nicht nur durch den Nachweis widerlegt werden kann, dass die Absprache zwischen den Gesellschaftern, weitere Neugesellschafter über die ursprünglich vereinbarte 50 %-Grenze hinaus aufzunehmen, erst nach dem Übergang des Grundstücks auf die GbR getroffen wurde. Es genügt vielmehr, wenn die Klägerin Tatsachen nachweist, die einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen lassen. Dies hat der BFH zwar in dem Urteil in BFH/NV 2009, 44 nicht ausdrücklich erwähnt; es ergibt sich aber aus der Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 181, 344, BStBl II 1997, 87, in dem dies in Abschn. II.1. am Ende ausgesprochen wurde.

15

3. Es erscheint sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen; denn im Streitfall ist von einer Revisionsentscheidung keine weitere rechtliche Klärung zu erwarten (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 745, Rz 22, m.w.N.).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Einem Beteiligten können die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Berücksichtigt das Gericht nach § 76 Abs. 3 Erklärungen und Beweismittel, die im Einspruchsverfahren nach § 364b der Abgabenordnung rechtmäßig zurückgewiesen wurden, sind dem Kläger insoweit die Kosten aufzuerlegen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.