Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 09. März 2016 - 4 V 770/15


Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
I. Weil der Antragsteller die erforderliche Bescheinigung über das Ende des Studiums seiner Tochter S. nicht eingereicht habe, hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. März 2015 die Kindergeldfestsetzung für die Tochter des Antragstellers für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. September 2014 auf und forderte das danach zu viel gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 6.072 Euro zurück. Der Bescheid wurde dem Antragsteller nach dem Inhalt der Zustellungsurkunde am 30. März 2015 persönlich übergeben.
- 2
Nachdem der Antragsteller am 18. Mai 2015 ein Schreiben des Antragsgegners erhalten hatte, mit dem er zur Zahlung des zurückgeforderten Betrages aufgefordert worden war, setzte er sich mit diesem telefonisch in Verbindung. In dem Telefonat wurde ihm der Sachverhalt erläutert.
- 3
Daraufhin wandte sich der Antragsteller mit einem – offenbar per E-Mail übersandten – Schreiben vom 19. Mai 2015 an den Antragsgegner, dem er eine Kopie der Exmatrikulationsbescheinigung beifügte, wonach seine Tochter ihr Studium am 30. September 2014 beendet hatte. In diesem Schreiben erklärte er außerdem, dass er diese Bescheinigung bereits im Februar über die Dienstpost seiner Dienststelle eingereicht und den Bescheid vom 26. März 2015 nicht erhalten habe.
- 4
Der Antragsgegner wertete das Schreiben vom 19. Mai 2015 als Einspruch. Er erläuterte dem Antragsteller, dass der Einspruch verspätet eingelegt und deshalb unzulässig sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor.
- 5
Nachdem der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte, hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides beantragt. Über den Einspruch selbst hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
- 6
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, der Einspruch sei nicht verspätet eingelegt und deshalb zulässig. Die Einspruchsfrist betrage ein Jahr, weil die Rechtsbehelfsbelehrung offensichtlich fehlerhaft sei.
- 7
Außerdem sei die Zustellung des angefochtenen Bescheides unwirksam, weil in der Zustellungsurkunde die Uhrzeit der Zustellung nicht vermerkt sei.
- 8
Im Übrigen sei selbst bei einer Verfristung des Einspruchs die Kindergeldfestsetzung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) abzuändern.
- 9
Schließlich stelle die Vollziehung für ihn, den Antragsteller, angesichts seiner finanziellen Situation eine unbillige Härte dar.
- 10
Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags in tatsächlicher Hinsicht bezieht sich der Antragsteller auf seine eidesstattliche Versicherung vom 5. Juli 2015.
- 11
Der Antragsgegner hält den Antrag für unbegründet, weil der angefochtene Bescheid bestandskräftig sei und der gültigen Rechtslage entspreche.
Entscheidungsgründe
- 12
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
- 13
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
- 14
Derartige Zweifel bestehen im Streitfall nicht.
- 15
Der angefochtene Bescheid ist bestandskräftig und damit einer Prüfung durch das Gericht entzogen.
- 16
Der Bescheid ist dem Antragsteller am 30. März 2015 zugestellt und damit wirksam bekannt gegeben worden (§§ 122 Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 1 S. 1 AO).
- 17
Die Zustellung richtet sich gemäß § 122 Abs. 5 S. 2 AO nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Bei der von dem Antragsgegner gewählten Art der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (§ 3 Abs. 1 S. 1 Verwaltungszustellungsgesetz -VwZG-) gelten gemäß Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Die darin geregelten Förmlichkeiten sind im Streitfall gewahrt. Insbesondere ist die gemäß § 182 Abs. 1 S. 1 ZPO zum Nachweis der Zustellung anzufertigende Zustellungsurkunde ordnungsgemäß ausgefüllt worden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers fehlt es nicht an der Angabe über die Uhrzeit der Zustellung. Denn diese ist nur auf Anordnung der die Zustellung beauftragenden Stelle erforderlich (§ 182 Abs. 2 Nr. 7 ZPO).
- 18
Der dagegen vom Antragsteller erhobene Einwand, er habe den zugestellten Bescheid nicht erhalten, greift nicht durch. Denn gemäß § 182 Abs. 1 S. VwZG i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO begründet die Zustellungsurkunde den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Zwar ist gemäß § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen zulässig. Hierzu müssen aber konkrete Umstände dargelegt werden, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen begründen. Die bloße Behauptung der unterbliebenen Zustellung genügt dafür nicht. Die Beweiswirkung der Urkunde muss völlig entkräftet werden. Solange die Möglichkeit der inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde besteht, ist diese Wirkung nicht widerlegt. Insbesondere kann der Gegenbeweis nicht durch Parteivernehmung geführt werden oder – wie im Streitfall – durch lediglich der Glaubhaftmachung dienende eidesstattliche Versicherung (Kruse in Tipke-Kruse, AO/FGO, Stand Juni 2012, Rn. 39 zu § VwZG m.w.N.).
- 19
Der am 19. Mai 2015 vom Antragsteller gegen den Bescheid vom 26. März 2015 eingelegte Einspruch war unzulässig. Er ist entgegen § 355 Abs. 1 S. 1 AO nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides eingelegt worden. Denn diese Frist war bereits am 4. Mai 2015 abgelaufen (§ 108 Abs. 1 und 3 AO i.V.m. § 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-).
- 20
Die Einspruchsfrist beträgt im Streitfall auch nicht gemäß § 356 Abs. 2 S. 1 AO ein Jahr, wie der Antragsteller meint. Denn die im Bescheid vom 26. März 2015 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung war entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht unrichtig.
- 21
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, wenn sie in einer der gemäß § 356 Abs. 1 AO, § 55 Abs. 1 FGO wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (BFH-Beschluss vom 9. November 2009 – IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 – X R 3/96, BStBl II 1998, 748). Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung noch andere als die notwendigen Angaben, müssen auch diese Angaben richtig, vollständig und unmissverständlich sein (BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 – III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064).
- 22
Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der beschließende Senat angeschlossen hat, danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung oder ergänzende Angaben nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste, wobei Unklarheiten oder Mehrdeutigkeiten zu Lasten der Behörde gehen (BFH-Beschlüsse vom 9. November 2009 – IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448, und vom 21. Dezember 2005 – XI B 46/05, juris).
- 23
Diesen Anforderungen genügt die im Streitfall verwendete Rechtsbehelfsbelehrung des Antragsgegners.
- 24
Zwar könnte die Rechtsbehelfsbelehrung nach Auffassung des beschließenden Senats durchaus sprachlich klarer gefasst werden. So lassen z.B. die Finanzämter auf den im ersten Satz ihrer Belehrung enthalten Hinweis, dass gegen den Bescheid Einspruch erhoben werden kann, im zweiten Satz unmittelbar die Ausführungen folgen, dass dieser Einspruch bei der bezeichneten Finanzbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist. Die Erläuterungen, in welchen Fällen der nach Satz eins grundsätzlich zulässige Einspruch unter besonderen Voraussetzungen unzulässig ist, sollte besser durch einen separaten Absatz von den übrigen Ausführungen getrennt werden.
- 25
Aber auch in der vorliegenden Fassung ist die Formulierung noch ausreichend verständlich und hält einen verständigen Leser nicht von der Einlegung eines Einspruchs ab. Denn dass es sich bei der aus Satz eins folgenden Möglichkeit, Einspruch einzulegen, um den Regelfall handelt und bei dem in Satz zwei erläuterten Fall um die Ausnahme, wird durch das in der diesen Satz einleitenden Formulierung "Ein Einspruch ist jedoch ausgeschlossen, …" enthaltene Wort "jedoch" hinreichend verdeutlicht.
- 26
Außerdem ist bei dem beschließenden Senat, der seit mehr als fünfzehn Jahren für Verfahren betreffend Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz zuständig ist, noch in keinem Fall die Unverständlichkeit der von den Familienkassen verwendeten Rechtsbehelfsbelehrung geltend gemacht worden. Dies wertet der Senat als Indiz für die ausreichende Verständlichkeit des hier streitigen Wortlauts dieser Rechtsbehelfsbelehrungen.
- 27
Der Senat teilt demgegenüber nicht die vom Antragsteller auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 24. Juni 2014 (1 K 3876/12, EFG 2014, 1759) zu einer insoweit gleichlautenden Rechtsbehelfsbelehrung gestützte Ansicht, es sei zweifelhaft, ob diese den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung genüge. Denn sie gehe über den notwendigen Mindestinhalt nach § 356 Abs. 1 AO hinaus: Nach dem Hinweis, dass der Bescheid mit dem Einspruch angefochten werden könne, belehre sie nämlich bereits im zweiten Satz darüber, wann ein Einspruch ausgeschlossen sei. Dies geschehe unabhängig davon, ob dies im konkreten Einzelfall von Bedeutung sei. Erst danach – für den Fall, dass der Einspruch nicht ausgeschlossen sei – folgten die notwendigen Angaben über die zuständige Behörde und die Frist. Dies führe dazu, dass die Rechtsbehelfsbelehrung inhaltlich überfrachtet und unübersichtlich sei und insbesondere dann, wenn der Einspruch nicht ausgeschlossen sei, jedenfalls bei einem juristischen Laien für Verwirrung und Verunsicherung sorge.
- 28
Soweit erkennbar, werden die Zweifel des 1. Senat des Finanzgerichts Köln in der zitierten und einer weiteren Entscheidung vom selben Tage (1 K 1227/12, EFG 2014, 1760) lediglich vom 3. Senat des Finanzgerichts Münster geteilt (Urteil vom 9. Januar 2014 – 3 K 742/13 Kg, AO, EFG 2014,622). In diesem Urteil hat es das Finanzgericht Münster indes ausdrücklich offengelassen, ob die Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 356 Abs. 1 AO entspreche. Sie sei jedenfalls sehr unübersichtlich gestaltet, nämlich einzeilig, Satz an Satz aneinandergereiht ohne Absatz, und enthalte erst im fünften Satz den Hinweis auf die Monatsfrist. Demgegenüber befassten sich bereits die Sätze 2 und 3 mit der Frage, in welchen Fällen ein Einspruch ausgeschlossen sei und welche Rechtsfolgen es habe, wenn während eines anhängigen Einspruchs-, Klage-, Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ein geänderter Bescheid ergehe, auch wenn sich diese Problematik im Streitfall gar nicht stelle.
- 29
Dagegen haben das Sächsische Finanzgericht (Urteil vom 15. Januar 2015 – 8 K 959/12 (Kg), juris), das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 8. Januar 2008 – 2 K 2991/06, juris), der 10. Senat des Finanzgerichts München (Urteil vom 11. Dezember 2007 – 10 K 52/07, juris) sowie der 3. und 5. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 15. März 2007 – III R 51/06, BFH/NV 2007, 1484 sowie Beschlüsse vom 12. Oktober 2012 – III B 66/12, BFH/NV 2013,177 – und vom 2. Februar 2010 – III B 20/09, BFH/NV 2010,830) keine durchgreifenden Bedenken gegen den Wortlaut der vom Antragsteller verwendeten Rechtsbehelfsbelehrung.
- 30
So bezeichnet das Sächsische Finanzgericht die Rechtsbehelfsbelehrung als vollständig und unmissverständlich. Kritisiert werden lediglich zusätzliche Hinweise, die in der im vorliegenden Fall vom Antragsgegner verwendeten Rechtsbehelfsbelehrung nicht enthalten sind. Das Hessische Finanzgericht hält die Rechtsbehelfsbelehrung für ausführlich und allgemein verständlich. Nach Ansicht des Finanzgerichts München ist die Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend.
- 31
Keine Bedenken haben offensichtlich auch der 5. Senat des Finanzgerichts München (Gerichtsbescheid vom 5. Juni 2014 – 5 K 1791/13 –, juris), der 6. Senat des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 28. April 2014 – 6 K 1015/13 Kg, EFG 2015, 2), das Finanzgericht Nürnberg (Urteil vom 9. November 2010 – 6 K 987/10, juris) und das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 20. September 2010 – 10 K 776/10, EFG 2011,198).
- 32
Ebenso lehnt der 5. Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 15. März 2007 die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, weil sich die Notwendigkeit rechtzeitiger Einspruchseinlegung unmissverständlich aus der (von ihm nicht beanstandeten) Rechtsbehelfsbelehrung ergeben habe. Schließlich bezeichnet der 3. Senat des Bundesfinanzhofs in seinen Beschlüssen vom 12. Oktober 2012 und 2. Februar 2010 die verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen, die (seiner Ansicht nach) den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO wiedergäben und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie der Fristdauer informierten, als ausreichend.
- 33
Ob eine Änderung des Bescheides vom 26. März 2015 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich ist, wie der Antragsteller meint, kann im Rahmen eines unzulässigen Einspruchs nicht geprüft werden. Darüber ist vielmehr in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden.
- 34
Die begehrte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 26 . März 2015 ist auch nicht deshalb geboten, weil seine Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Vollziehung eines - noch nicht bestandskräftigen - Steuerbescheides ist für den Steuerpflichtigen unbillig hart, wenn ihm dadurch wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur sehr schwer wieder gutzumachen wären, oder wenn sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre (Koch, a.a.O., Rdnr. 105, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Solche Gründe sind weder aus den Akten ersichtlich, noch hat sie der Antragsteller substantiiert vorgetragen.
- 35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
- 36
Die Beschwerde wird gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

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Annotations
(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,
- 1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen, - 2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.
(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben
- 1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post, - 2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.
(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.
(7) Betreffen Verwaltungsakte
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.
(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll, - 2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde, - 3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat, - 4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde, - 5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde, - 6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist, - 7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung, - 8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.
(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.
(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.
(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.
(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.
(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.
(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.
(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.
(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.
(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.
(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.
(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.
(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.
(1) Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 56 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.
(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.
(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.
(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.
(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.
(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,
- 1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen, - 2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.
(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.