Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Okt. 2014 - 5 K 4719/10

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten zum 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer vom 25. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2010 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als EUR 1.500,-, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bis zu EUR 1.500,-, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann die Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Der in A wohnhafte Kläger (Kl) ist von Beruf freier Handelsvertreter. Er erwarb am 30. August 1994 in B ein Einzelhandelsgeschäft, das er aus wirtschaftlichen Gründen zum 31. Oktober 1995 wieder aufgab. Ein betriebliches (damals) Konkursverfahren wurde nicht eingeleitet, da es zunächst zu verschiedenen Einigungsversuchen mit den Gläubigern kam.
Der Kl reichte zu seiner Einzelhandelstätigkeit für die Jahre 1994 und 1995 keine Einkommensteuer-(ESt)-Erklärungen bei dem Betriebsstätten-Finanzamt B (nachfolgend: B-FA) ein. Dieses erließ daraufhin am 14. Oktober 1996 Gewinnfeststellungsbescheide (GFB) 1994 und 1995, in denen es gemäß § 162 Abgabenordnung -AO- die gewerblichen Einkünfte des Kl jeweils mit DM 35.000 schätzte, und zwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN - § 164 AO). Nachdem der Kl seine Bilanz zum 31.12.1994 und seine Schlussbilanz zum 31.10.1995 nebst Gewinnfeststellungserklärungen nachgereicht hatte, erließ das B-FA am 28. Januar 2000 geänderte GFB, in denen es jeweils ein Verlust feststellte, und zwar für das Jahr 1995 i.H. von DM 188.999.
Im Jahr 1999 leitete der Kl über sein Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren (Privatinsolvenz) ein, das mit Beschluss vom 24. September 1999 eröffnet wurde und in dem als Insolvenzgläubiger sowohl das B-FA als auch der Beklagte (Bekl) involviert waren. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2006 erteilte das Amtsgericht (AG) C die Restschuldbefreiung. Eine Ausfertigung des Beschlusses ging dem Bekl nach Rechtskrafterlangung ausweislich seines Eingangsstempels am 28. Juli 2007 zu (Bl. 83 Feststellungsakte B-FA 1995).
In seiner am 29. Februar 2008 beim Bekl eingegangenen ESt-Erklärung 2006 machte der Kl bei seinen gewerblichen Einkünften nur Angaben zur Handelsvertretertätigkeit.
Der Bekl setzte mit Bescheid vom 07. Mai 2008 die ESt 2006 mit EUR 0 fest. Mit selben Datum erließ er gemäß § 10d EStG einen Bescheid zum 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung des verbleidenden Verlustvortrags zur ESt (VFB 2006). Beide Steuerbescheide, die der Bekl weder mit einem VdN noch mit einem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte des Kl (§ 165 AO) versehen hatte, wurden bestandskräftig.
Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt D (RPA) ging lt. seinem dem Bekl am 25. Juli 2008 übergebenen Aktenvermerk (Bl. 80 f. Feststellungsakte B-FA 1995) von Folgendem aus (kursive Hervorhebung hinzugefügt):
„…Nach dem dem FA vorliegenden Gläubigerverzeichnis betrugen die Rückstände des Stpfl. zum 31.12.1998 insgesamt 752.128 DM. Diese setzten sich wie folgt zusammen:
Warenlieferungen 1995
 5.188   DM
 
Finanzamt B
27.671  DM
Steuerbüro F
 59.969  DM
 
Eigenkapitalhilfeprogramm (Existenzgr.)
109.880 DM
Raiba G
156.360 DM
Miete Gewerberäume B
        
(Oktober 1995 bis Januar 1996)
14.391 DM
  
I Darlehen
350.917 DM
Diverse andere Verbindlichkeiten
27.752 DM
  
Somit dürfte der Stpfl. seinen Betrieb in B nach Aktenlage bis Januar 1996 ausgeübt haben. In welcher Höhe dem Stpfl. betriebliche Schulden erlassen wurden geht aus der Akte nicht hervor. Der Erlass der betrieblichen Schulden stellt jedoch einen Ertrag beim Stpfl. im Jahr der Betriebsaufgabe dar (rückwirkendes Ereignis, ggf. 1996), so dass der vortragsfähige Verlust in dieser Höhe verbraucht ist.
Wir bitten die Höhe der erlassenen Verbindlichkeiten, ggf. in Zusammenarbeit mit dem FA B, zu ermitteln und hiernach die Verluste der Jahre bis 1996 zu berichtigen. …“
Mit Schreiben vom 25. Juli 2008 forderte der Bekl den Kl erstmals auf, Angaben über die Art und Höhe der von der Restschuldbefreiung betroffenen Verbindlichkeiten zu machen. Dieser reagierte nicht. Mit Schreiben vom 19. August 2008 versandte der Bekl den Aktenvermerk des RPA mit dem Hinweis an das B-FA, dass der Befreiungsgewinn (nachfolgend: BG) des Kl im Rahmen einer gesonderten Gewinnfeststellung ermittelt und dem Wohnsitz-FA zur Änderung der ESt und insbesondere für die weiteren Verlustvorträge mitgeteilt werden müsse (Bl. 79 Feststellungsakte B-FA 1995). Ferner übersandte er dem B-FA mit Schreiben vom 25. August 2008 eine Aufstellung des AG C zum Verbraucherinsolvenzverfahren des Kl mit einer Auflistung anerkannter Forderungen i.H. von EUR 214.993,87 (Bl. 98 f. Feststellungsakte B-FA 1995).
Auf Veranlassung des Bekl erließ das B-FA am 05. November 2008 einen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nochmals geänderten und mit einem VdN versehenen GFB 1995, in dem es die gewerblichen Einkünfte des Kl aus der Einzelhandelstätigkeit mit DM 224.950,64 feststellte und dabei erstmals die Restschuldbefreiung im Wege der Schätzung des BG mit DM 413.949,64 berücksichtigte. Hiergegen legte der Kl dem Grunde und der Höhe nach Einspruch ein; wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten (PBV) an das B-FA vom 27. Dezember 2008 (Bl. 4 Rechtsbehelfsakte B-FA) verwiesen. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens einigten sich die Beteiligten auf eine ggf. anzusetzende Höhe des BG von DM 168.339,06 (= EUR 86.070,-).
10 
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, 2009/0860000 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2010,18 - nachfolgend: BMF-Schreiben vom 22.12.2009) änderte die Finanzverwaltung (FV) ihre Rechtsauffassung dahingehend, dass der aufgrund einer Restschuldbefreiung entstandene BG nicht - wie bis dahin angenommen - ein rückwirkendes Ereignis i. S. von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO darstelle, sondern erst im Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung realisiert werde.
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Auf Anfrage des Bekl vom 29. Januar 2010, wann zu dem GFB 1995 vom 05. November 2008 mit einer dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 entsprechenden Gewinnfeststellung für 2006 gerechnet werden könne, erfolgte am 19. April 2010 der Hinweis des B-FA, dass nach der Betriebsaufgabe des Kl die Anknüpfungsmerkmale gemäß §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. 18 Abs. 1 Nr. 1-3 AO nicht mehr erfüllt seien.
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Mit Bescheid vom 06. Mai 2010 änderte das B-FA den GFB 1995 ein weiteres Mal und stellte den Verlust des Kl unter Aufhebung des VdN wieder (ohne BG) mit DM 188.999 fest.
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Im Nachgang änderte der Bekl am 25. August 2010 jeweils gemäß § 174 Abs. 4 AO den ESt-Bescheid 2006 (weiter Nullfestsetzung) sowie den VFB 2006, in dem er den im Ausgangsbescheid festgestellten Verlust um den BG minderte. Der Kl legte gegen beide Bescheide Einspruch ein. Nachdem er den Einspruch gegen den ESt-Bescheid 2006 zurückgenommen hatte, wies der Bekl den Einspruch gegen den VFB 2006 mit der Begründung zurück, der BG müsse im Jahr der Restschuldbefreiung besteuert werden. Die Änderungsbefugnis hierzu ergäbe sich aus den §§ 173 Abs. 1 Nr. 1, 174 Abs. 4 AO. Im Zeitpunkt des Ergehens des Ausgangsbescheids für das Jahr 2006 sei zwar die Restschuldbefreiung aktenkundig gewesen, nicht aber, dass insoweit betriebliche Verbindlichkeiten betroffen gewesen seien und erst recht nicht deren Höhe. Auch wenn ihn ein Verstoß gegen seine Ermittlungspflicht treffen könne, sei der Kl bei der Abgabe der ESt-Erklärung 2006 verpflichtet gewesen, die ihm bekannte Höhe der weggefallenen betrieblichen Verbindlichkeiten mitzuteilen. Das vom Kl für die Nichtanwendbarkeit des § 174 Abs. 4 AO herangezogene Urteil des Finanzgerichts -FG- Münster vom 07. September 2006 5 K 1481/06 E (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2007, 428) habe der Bundesfinanzhof -BFH- mit Urteil vom 11. Februar 2009 X R 56/06 (BFH/NV 2009, 1411) aufgehoben; auch wenn der BFH hierbei offen gelassen habe, ob er die Rechtsauffassung des FG Münster teile, wonach eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO nur möglich sei, wenn ausschließlich die richtige Anwendung materiellen Rechts betroffen sei, decke jedenfalls der Gesetzeswortlaut diese Auffassung nicht.
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Der Kl erhob Klage.
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Er macht im Wesentlichen geltend, bei dem BG handele es sich um eine private, nicht steuerbare Vermögensmehrung. Ersatzweise liege ein steuerfreier Sanierungsgewinn nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. vor.
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Ferner hätten die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO nicht vorgelegen, da nach dem Urteil des FG Münster vom 07. September 2006 5 K 1481/06 E (a.a.O.) der Irrtum ausschließlich das materielle Recht betreffen müsse. Es genüge daher nicht, dass ein Änderungsbescheid aufgehoben werde, weil keine Änderungsbefugnis vorgelegen habe. Bereits der Große Senat des BFH -GrS- habe mit Beschluss vom 10. November 1997 GrS 1/96 (BStBl II 1998, 83) entschieden, dass § 174 Abs. 4 AO nicht die Möglichkeit eröffne, vorab eine andere bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit eines Steuerbescheids herzuleiten. Die Vorschrift gebe dem FA nicht das Recht, Fehler in der Weise zu beseitigen, dass es einen bestandskräftigen Bescheid wegen eines angeblichen materiellen Sachverhalts unter Anwendung „irgendeiner“ nicht einschlägigen Korrekturvorschrift ändere und nach der vom Steuerpflichtigen veranlassten Aufhebung dieses rechtswidrigen Bescheids einen anderen bestandskräftigen Bescheid mit § 174 Abs. 4 AO korrigiere, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Rechtswidrigkeit erst nachträglich herausgestellt habe.
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Der bestandskräftige GFB 1995 des B-FA vom 28. Januar 2000 habe nicht gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden dürfen, da der BG bei richtiger Rechtsanwendung schon immer im Jahr 2006 anzusetzen gewesen sei. Eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei nicht mehr zulässig gewesen, da insoweit mit Ablauf des 31. Dezember 2002 Feststellungsverjährung eingetreten und gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO der VdN entfallen sei. Zwar habe das B-FA den geänderten GFB 1995 vom 05. November 2008 nicht bewusst rechtswidrig ohne Änderungsbefugnis erlassen. Der Rechtsirrtum des Bekl könne aber nicht dazu führen, dass eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO eröffnet werde, die bei von vornherein richtiger Rechtsanwendung nicht zur Verfügung gestanden hätte. Dies stünde im Widerspruch zu den Grundsätzen der Bestandskraft und der Festsetzungsverjährung, zumal der Bekl von § 165 Abs. 1 Satz 1 AO hätte Gebrauch machen können.
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Bei der irrigen Beurteilung handele es sich außerdem nicht um den gleichen Sachverhalt. Dem aufgehobenen GFB 1995 habe die (rückwirkende) Verminderung eines Passivpostens in der Betriebsaufgabebilanz und damit die Erhöhung eines nach §§ 16, 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- begünstigten Aufgabegewinns zugrunde gelegen, also ein punktueller und mit der Betriebsaufgabe im Jahr 1995 abgeschlossener Lebenssachverhalt. Dagegen handele es sich bei der Beantragung der Insolvenz im Jahr 1999, dem Durchlaufen der Wohlverhaltensphase und der anschließenden Restschuldbefreiung um einen völlig anderen Sachverhalt, da nachträgliche und nicht nach § 34 EStG begünstigte Einkünfte i.S. des § 24 EStG vorlägen.
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Die Änderung des VFB 2006 gehe zudem nicht auf seinen Rechtsbehelf oder Antrag zurück. Er habe zwar Einspruch eingelegt, der ihm aber aufgrund des tatsächlichen Geschehensablaufs vollumfänglich entzogen worden sei, da er sich nie gegen den Ansatz des BG im Jahr 1995 gewehrt habe. Der VFB 2006 habe nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden dürfen, da es hierfür an dem erforderlichen nachträglichen Bekanntwerden einer Tatsache fehle. Der Bekl selbst führe aus, dass die Restschuldbefreiung bereits bei der ESt-Veranlagung bzw. beim Erlass seines Ausgangsbescheids am 07. Mai 2008 aktenkundig gewesen sei. Nicht bekannt seien nur die ggf. steuerrelevant anzusetzenden Beträge gewesen. Die Tatsache der Restschuldbefreiung sei aber nicht wieder dadurch unbekannt geworden, dass er insoweit in der ESt-Erklärung 2006  (pflichtwidrig oder nicht) keine Angaben gemacht habe. Der Bekl habe im Rahmen der Veranlagungsarbeiten (pflichtwidrig oder nicht bzw. bewusst oder unbewusst) darauf verzichtet, die nach Aktenlage als fehlend erkennbaren Angaben nachzufordern, sondern habe erstmals mit Schreiben vom 25. Juli 2008 nachgefragt. Da zuvor keine neue Unterlagen oder Erkenntnisse zu den Akten gekommen worden seien, hätte der Bekl seine Fragen bereits zum Zeitpunkt der Zeichnung des Eingabewertbogens am 02. Mai 2008 stellen können. Erst mit dem Schreiben vom 25. Juli 2008 habe der Bekl den Hinweis nach § 174 Abs. 3 AO erteilt, dass der BG im Jahr 2006 nicht berücksichtigt worden sei, da dieser nach seiner Auffassung im Jahr 1995 zu erfassen sei. Damit stehe fest, dass der Bekl den maßgeblichen „Lebenssachverhalt“ zu keiner Zeit irrig beurteilt habe, sondern im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Jahr 2006 nicht abschließend habe berücksichtigen wollen. Erst die geläuterte Rechtsansicht des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 habe zur Erkenntnis geführt, dass der rechtskräftige VFB 2006 unrichtig den BG nicht berücksichtige. Nach seiner damaligen Rechtsauffassung hätte der Bekl selbst bei ursprünglicher Kenntnis der betrieblichen Verbindlichkeiten den BG nicht im VFB 2006 vom 07. Mai 2008 berücksichtigt, sondern es wäre nur der vom B-FA gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderte GFB 1995 früher ergangen. Der Bekl wolle seine Verletzung der Ermittlungspflichten durch die Behauptung einer der Schwere nach überwiegenden Verletzung seiner (des Kl) Mitwirkungspflicht wegen der Nichterklärung des BG im Jahr 2006 negieren. Für dieses Jahr habe jedoch bis zum Erlass des BMF-Schreibens vom 29.12.2009 keine Erklärungspflicht bestanden, zumal die Erklärung gegenüber dem B-FA noch innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt sei, so dass ggf. eine Heilung eingetreten sei.
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Schließlich sei der Hinweis des Bekl, er (der Kl) habe damit rechnen müssen, dass der streitgegenständliche Sachverhalt „irgendwie in irgendeinem“ Bescheid münde, irrelevant, da es für die Steuerfestsetzung einer formell zulässigen Möglichkeit bedürfe.
21 
Der Kl beantragt,
1. den geänderten Bescheid zum 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt vom 25. August 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 23. November 2010 aufzuheben,
2. hilfsweise die Revision zuzulassen und
3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
23 
Er trägt ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung im Wesentlichen vor, es lägen keine zwei unterschiedlichen Sachverhalte vor. „Bestimmter Sachverhalt“ sei der Umstand der Restschuldbefreiung für die betrieblichen Verbindlichkeiten des Kl. Diesen habe zunächst das B-FA im Einklang mit der damaligen Rechtsauffassung nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO im geänderten GFB 1995 vom 05. November 2008 berücksichtigt. Im Einspruchsverfahren habe das B-FA dann infolge des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 seinen materiellen Rechtsirrtum erkannt und diesen GFB 1995 wieder aufgehoben. Hiernach habe er (der Bekl) gemäß § 174 Abs. 4 AO den streitgegenständlichen VFB 2006 ändern dürfen. Die Vorschrift verlange nach dem BFH-Urteil vom 11. Mai 2010 IX R 25/09 (BStBl II 2010, 953) nur, dass die Änderung des vorangegangenen Bescheids (GFB 1995) durch den Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen veranlasst worden sei, wobei nicht zwischen Fehlern formeller oder materieller Art unterschieden werde.
24 
Der Änderung nach § 174 Abs. 4 AO stehe auch weder der Leitsatz des GrS-Beschlusses vom 10. November 1997 GrS 1/96 (a.a.O.) noch ein Vertrauenstatbestand des Kl entgegen. Zwar eröffne § 174 Abs. 4 AO nicht die Möglichkeit, vorab eine andere bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Steuerbescheids zu eröffnen. Im Streitfall sei aber im Zeitpunkt der Änderung des bestandskräftigen GFB 1995 gerade nicht beabsichtigt gewesen, einen geänderten VFB 2006 zu erlassen. Zu diesem Zeitpunkt seien alle Beteiligten noch davon ausgegangen, dass der BG nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Jahr 1995 zu berücksichtigen sei. Wenn aber das B-FA im Rahmen des Einspruchs zur Erkenntnis gelange, dass der steuerliche Sachverhalt in einem anderen Jahr als bisher angenommen anzusetzen sei, könne der Steuerpflichtige nicht aus Vertrauensschutzgründen davon ausgehen, dass der Sachverhalt überhaupt nicht steuerlich berücksichtigt werde. Überdies hätte das FA, wenn es von Anfang an von der Nichtanwendbarkeit des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ausgegangen wäre, den ESt-Bescheid 2006 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern können. Insoweit teile er die Rechtsauffassung des Kl nur im Hinblick auf die fehlende Rechtserheblichkeit, auf die es indes vorliegend nicht ankommen könne. Denn die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO schlössen sich aus, da die erste Norm Tatsachen betreffe, die erst nach der ursprünglichen Steuerfestsetzung entstanden seien, wohingegen die zweite Vorschrift Tatsachen erfasse, die bereits zuvor entstanden, dem FA aber bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht bekannt gewesen seien. Im Streitfall hätten die Steuererklärungen des Kl den Anschein der Vollständigkeit erweckt. Er (der Bekl) hätte daher allenfalls eine Teilschätzung zur Höhe der von der Restschuldbefreiung betroffenen betrieblichen Verbindlichkeiten vornehmen können. Dass er dieses nicht getan habe, stelle kein pflichtwidriges Unterlassen dar. Die Teilschätzung hätte sich zudem so dargestellt, dass der Wegfall aller Schulden als gewinnerhöhend angesehen worden wäre. Nicht ohne Grund habe das B-FA diese Vorgehensweise gewählt, bevor im Einspruchsverfahren die Höhe des BG unstreitig geworden sei. Die tatsächliche Höhe der von der Restschuldbefreiung betroffenen betrieblichen Verbindlichkeiten sei daher auch im Fall einer vorangegangenen Teilschätzung eine neue Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO, wobei im Fall der Bestandskraft der Teilschätzung die weitere Problematik bestanden hätte, ob gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO grobes Verschulden einer Änderung zugunsten des Kl entgegengestanden hätte. Dieser wäre somit bei der Vornahme der Teilschätzung keinesfalls besser, sondern allenfalls gleich oder sogar schlechter gestellt worden.
25 
Zusammengefasst habe kein Vertrauensschutz des Kl bestanden, da dieser zu jeder Zeit mit einer Berücksichtigung des BG habe rechnen müssen. Er (der Bekl) habe daher die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO nicht willkürlich erlangt. Vertrauensschutz könne nur bestehen, wenn formelle und materielle Bestandskraft eingetreten sei. Im Unterschied hierzu habe im Urteilsfall des FG Bremen vom 19. Februar 1982 I 43/80 (EFG 1982, 388) keine Korrekturvorschrift vorgelegen, so dass die Änderung willkürlich vorgenommen worden sei, um zur Anwendung des § 174 Abs. 4 AO zu kommen.
26 
Schließlich weise er auf das BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06 (BStBl II 2008, 277) hin, nach dem vorliegend die Änderungsbefugnis des § 174 Abs. 4 AO selbst im Fall der Verneinung der Änderungsmöglichkeit nach § 173 AO gegeben sei.
27 
Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
29 
I. Der angegriffene VFB 2006 vom 25. August 2010 ist bereits formell rechtswidrig. Dem Bekl fehlte es für die mit diesem zu Lasten des Kl vorgenommene Umsetzung der geänderten Rechtsauffassung aus dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (Ansatz des BG im Jahr der Restschuldbefreiung) an einer Änderungsbefugnis, insbesondere konnte er sich nicht auf § 174 Abs. 4 Satz 1 AO stützen. Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob die in dem BMF-Schreiben statuierte Rechtsauffassung zutrifft (dieses ist unterstellt worden, da ansonsten der VFB 2006 auch materiell-rechtlich rechtswidrig wäre).
30 
1. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bestimmt Folgendes: Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden können. „Irrige Beurteilung“ eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Unter einem "bestimmten Sachverhalt" ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; der Begriff ist nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat. Dem Sinn und Zweck des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO liegt das Spannungsfeld zwischen den Rechtsgütern „gesetzmäßiger Steuerfestsetzung“ einerseits und „Rechtssicherheit" bzw. "Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen" andererseits zugrunde. Die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und das Interesse an seiner übereinstimmenden steuerrechtlichen Beurteilung erlauben es, einer zutreffenden Besteuerung den Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu geben. Die Finanzbehörde soll die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen. Derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (vgl. zu alledem: BFH-Urteile vom 14. November 2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690; vom 11. Mai 2010 IX R 25/09, BStBl II 2010, 953; vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Hinsichtlich der verfahrensmäßigen Abfolge setzt § 174 Abs. 4 AO voraus, dass ein angefochtener Bescheid als irrig erkannt und deswegen auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dieses löst dann nachträglich die Rechtsfolge aus, dass ein (oder mehrere) anderer Bescheide erlassen oder geändert werden können, wobei eine spezielle Festsetzungsfrist von einem Jahr zur Anwendung kommt (vgl. zu den diesbezüglichen Details: § 174 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AO).Die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bezieht sich mithin ausschließlich auf die Befugnis zur Änderung des"Zweitbescheids" und nicht auf die Änderung des "Erstbescheids", für die eine andere Korrekturvorschrift erfüllt sein muss (vgl. Bilsdorfer, Steuer und Studium -SteuerStud- 1998, 323). § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gibt nicht die rechtliche Möglichkeit, eine bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids herzuleiten (vgl. GrS mit Beschluss vom 10. November 1997 GrS 1/96, a.a.O., zur speziellen Problematik des sog. "formellen Bilanzzusammenhangs").
31 
2. Nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen hat der Bekl den geänderten VFB 2006 vom 25. August 2010 zu Unrecht auf § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gestützt. Die FV hat sich zwar vorliegend nicht unzulässig eine Rechtsposition „erschleichen“ wollen (s.u. a). Nach Auffassung des Senats ist aber die Anwendbarkeit der Vorschrift über diesen „Missbrauchsfall“ hinaus einzuschränken, was im Streitfall zu ihrer Nichtanwendbarkeit führt (s.u. b).
32 
a) "Bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist die Betriebsaufgabe des Kl, seine spätere Restschuldbefreiung sowie die Frage der Höhe seines BG. Insoweit hat das B-FA den (erstmals um den geschätzten BG erhöhten) GFB 1995 vom 05. November 2008 (= „Erstbescheid“) nicht bewusst fehlerhaft erlassen, es hat sich diese Rechtsposition nicht „erschleichen“ wollen. Denn wie auch der Kl einräumt, befand sich das B-FA bei Erlass dieses Bescheids noch in dem Rechtsirrtum, die Restschuldbefreiung des Kl stelle ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Erst das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 führte zum Erkennen des Irrtums und infolgedessen zu der vom B-FA mit dem GFB vom 06. Mai 2010 vorgenommenen weiteren Änderung des GFB 1995 (wieder ohne BG) sowie zu dem vom Bekl gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO erlassenen geänderten (um den BG geminderten) VFB 2006 vom 25. August 2010 (= "Zweitbescheid").
33 
Für den Senat steht allerdings außer Frage, dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO im Fall eines vorsätzlich rechtswidrig erlassenen"Erstbescheids" nicht zur Anwendung kommen darf. In diesem Fall ist das Tatbestandsmerkmal „irrt“ nicht erfüllt, da ein Irrtum nur vortäuscht wird; zudem ist das FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an einer Änderung gehindert (vgl. von Wedelstädt in Beermann, AO/FGO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 110. Lieferung, September 2014, § 174 AO Rz. 97; Koenig in Pahlke/Koenig, AO-Kommentar, 2. Auflage, 2009, § 174 Rz. 60; Leimkühler in Pump/Leibner, AO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 78. Lieferung, März 2009, § 174 Rz. 67; Woerner/Grube, Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, 6. Auflage, 1983, S. 109 f.; s.a. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. April 2014 2 K 1972/12, EFG 2014, 1159 - Revision eingelegt: Az. BFH X R 31/14; FG Hamburg, Urteil vom 11. Februar 1993 VII 17/91, EFG 1993, 629; FG Baden Württemberg, Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, EFG 1986, 534; FG Bremen, Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, EFG 1982, 388).
34 
Dagegen hat der BFH in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2012 IV R 34/09 (BFH/NV 2012, 1644) und vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (BFH/NV 2004, 1497) ausgeführt, ein vorsätzliches Handeln des FA stehe der Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht entgegen (s. dazu auch unten 3). Er hat dieses damit begründet, dass der Wortlaut der Norm eine solche Einschränkung nicht enthalte und auch der Sinn der Vorschrift dagegen spreche, da der Steuerpflichtige im Fall des Obsiegens an seiner Rechtsauffassung festgehalten werden solle. Demgegenüber hatte der BFH in seinem Beschluss vom 22. Dezember 1988 V B 148/87 (BFH/NV 1990, 341) noch - obiter dictum - ausgeführt, das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" erkläre sich am ehesten mit einer vom Gesetzgeber gewollten Abgrenzung zur nicht irrigen Beurteilung, so dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO beim Erlass eines bewusst unrichtigen Bescheids nicht zur Anwendung kommen solle. Dieses Verständnis drängt sich auch dem erkennenden Senat auf, der im Streitfall diese Frage aber mangels vorsätzlich fehlerhaften Handels des B-FA offen lassen konnte.
35 
b) Nach Auffassung des Senats muss die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO unter Berücksichtigung seines Telos, insbesondere aus Vertrauensschutzgründen, sogar über den vorstehend dargelegten „Missbrauchsfall“ hinaus eingeschränkt werden, was im Streitfall zur Nichtanwendbarkeit der Vorschrift führt.
36 
Das FG Münster sowie die herrschende Meinung im Schrifttum gehen ebenfalls von einer eingeschränkten Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus und vertreten die Auffassung, dass die irrige Beurteilung des bestimmten Sachverhalts sich auf die richtige Anwendung des materiellen Rechts beschränken, mithin die materiell-rechtlich unzutreffende Würdigung die einzige Ursache der Fehlerhaftigkeit sein müsse (vgl. FG Münster mit Urteil vom 07. September 2006 5 K 1481/06 E, a.a.O.; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 228. Lieferung, Juli 2014, § 174 AO Rz. 237 u. 240; Frotscher in AO-Praxiskommentar, Loseblatt, Stand: 160. Lieferung, September 2014, § 174 Rz. 148; Koenig, a.a.O., § 174 AO Rz. 64). Der BFH hat mit Urteil vom 11. Februar 2009 X R 56/08 (a.a.O.) das o.g. Urteil des FG Münster aufgehoben, hierbei aber die Frage der richtigen Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ausdrücklich offengelassen. Insoweit ist allerdings anzumerken, dass die Auffassung der FG Münster keine Stütze im Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO findet, der lediglich verlangt, dass aufgrund eines Irrtums ein rechtswidriger Steuerbescheid ergangen ist, was auch im Fall der fehlerhafter Annahme einer Änderungsbefugnis erfüllt ist. Hinzu kommt, dass ein materiell-rechtlicher Irrtum des FA häufig - wie im Streitfall - die fehlerhafte Annahme einer Korrekturbefugnis nach sich ziehen wird. Da das Entstehen dieses „Folgeirrtums“ oft vom bloßen Zufall abhängen wird, erscheint es kaum sachgerecht, hiervon die Frage der Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO abhängig zu machen. Auch der erkennende Senat brauchte aber diese Auslegungsfrage nicht abschließend zu klären. Im Streitfall führt nämlich die gebotene teleologische Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO schon ohne diese abschließende Klärung zur Verneinung der Änderungsbefugnis. Denn bereits die vom B-FA mit dem geänderten GFB 1995 vom 05. November 2008 vorgenommene erstmalige Berücksichtigung des BG war rechtswidrig (s.u. aa). Diese darf daher nicht dazu führen, dass die FV die im Zeitpunkt der Änderung ihrer Rechtsauffassung (Erlass des BMF-Schreibens vom 22.12.2009) insgesamt verlorengegangene Möglichkeit der Umsetzung derselben wiedererlangt (s.u. bb). Vielmehr hat die FV aus Vertrauensschutzgründen die Nachteile aus ihrem zu späten (unterstellt) Erkennen der gültigen Rechtslage zu tragen (s.u. cc).
37 
aa) Die vom B-FA mit dem GFB 1995 vom 05. November 2008 (= "Erstbescheid") vorgenommene erstmalige Berücksichtigung des BG war rechtwidrig, da es an der Befugnis zur Änderung des bestandskräftigen Vorbescheids vom 28. Januar 2000 fehlte. Der § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO griff nicht ein, da die Restschuldbefreiung (unterstellt) kein rückwirkendes Ereignis darstellt, sondern im Befreiungsjahr zur Gewinnrealisierung führt. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (Restschuldbefreiung als "neue Tatsache") war nicht zulässig, da der Vorbescheid bereits bestandskräftig war, weil die (Regel-) Feststellungsfrist für das Jahr 1995 spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2002 abgelaufen (§§ 181 Abs. 1, 169 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 AO) und damit auch der VdN weggefallen war (§ 164 Abs. 4 AO).
38 
bb) Im Zeitpunkt des Erlasses des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 bestand für die FV insgesamt keine Möglichkeit mehr, den BG des Kl noch entsprechend anzusetzen. Denn der Bekl durfte diesen ebenfalls nicht mehr berücksichtigen, da bei Erlass des angegriffenen, den BG erstmals einbeziehenden VFB 2006 vom 25. August 2010 auch dessen Ausgangsbescheid vom 07. Mai 2008 bereits bestandskräftig war.
39 
Der - weder mit einem VdN (§ 164 AO) noch mit einem entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 AO) versehene - Ausgangsbescheid vom 07. Mai 2008 durfte nicht nach § 174 Abs. 3 AO geändert werden. Diese Norm bestimmt: Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen selbst dann nicht erfüllt, wenn zu Gunsten des Bekl unterstellt würde, dass er den BG nicht berücksichtigt hatte, weil er von dessen Erfassung durch das B-FA im GFB 1995 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgegangen war. Hieran bestehen allerdings Zweifel. Denn wie der Eingangsstempel des Bekl auf der Ausfertigung des Beschlusses des AG C vom 20. Dezember 2006 belegt, hatte dieser zumindest seit dem 28. Juli 2007 Kenntnis von der Restschuldbefreiung des Kl. Dennoch griff er den Sachverhalt erst auf Hinweis des RPA im Juli 2008 auf. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Bekl diesen zuvor insgesamt für steuerlich nicht bedeutsam erachtet oder schlicht nicht entsprechend steuerlich gewürdigt hatte. Jedenfalls scheiterte eine Änderung des Ausgangsbescheids an § 174 Abs. 3 Satz 2 AO, nach dem die Änderung längstens bis zum Ablauf derjenigen Steuer zulässig war, bei der der Sachverhalt nach der zunächst geäußerten Auffassung hätte berücksichtigt werden sollen. Im Streitfall war dieses die Gewinnfeststellung 1995, für die die Feststellungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezembers 2002 verstrichen war (vgl. oben aa).
40 
Entgegen der Auffassung des Bekl war eine Änderung des Ausgangsbescheids vom 07. Mai 2008 auch nicht gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig. Hierfür fehlte es an dem erforderlichen nachträglichen Bekanntwerden einer rechtserheblichen Tatsache, da der Bekl als Insolvenzgläubiger bereits bei Erlass seines Ausgangsbescheids Kenntnis von dem Insolvenzverfahren des Kl und zumindest seit dem 28. Juli 2007 auch Kenntnis von dessen Restschuldbefreiung hatte. Für den Senat steht daher außer Frage, dass der Bekl ferner wusste, dass von der Restschuldbefreiung im erheblichen Umfang betriebliche Verbindlichkeiten des Kl erfasst waren. Jede andere Annahme wäre lebensfremd. Dem Bekl war wegen der fehlenden Mitwirkung des Kl lediglich die genaue Höhe der betrieblichen Verbindlichkeiten nicht bekannt. Beides belegt der Aktenvermerk des RPA vom 25. Juli 2008, der auf der Grundlage der Aktenlage beim Bekl verfasst wurde und eindeutig betriebliche Verbindlichkeiten des Kl aufführt. Es sind ferner keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder erkennbar, dass sich die Aktenlage beim Bekl nach Erlass seines Ausgangsbescheids bis zur Fertigung dieses Aktenvermerks in relevanter Weise geändert hätte. Im Nachgang zum Hinweis des RPA hat der Bekl dann auch mit Schreiben vom 19. August 2008 das B-FA aufgefordert, die Erträge des Kl aus der Restschuldbefreiung zu ermitteln. Dies verdeutlicht, dass ihm die bereits bei Erlass des Ausgangsbescheids vorliegende Tatsachengrundlage Anlass zur (Teil-) Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO im Wege der Schätzung des BG hätte geben müssen (wenn damals das BMF-Schreiben vom 20.12.2009 existiert hätte). Ein Rechtsfolgeermessen des Bekl bestand insoweit nicht. § 162 Abs. 2 AO hebt die Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen als Hauptanwendungsfall der Schätzung hervor, da der pflichtwidrig handelnde Steuerpflichtige keinesfalls gegenüber dem seine steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß Erfüllenden privilegiert werden darf. Die Schätzung des BG wäre daher „am oberen Rand“ vorzunehmen gewesen. Bezeichnender Weise ist das B-FA in seinem GFB vom 05. November 2008 genau in dieser Weise vorgegangen und hat den BG des Kl unter der Annahme geschätzt, dass der Restschuldbefreiung ausschließlich betriebliche Verbindlichkeiten zugrunde lagen, wobei es wegen der weiterhin fehlenden Mitwirkung des Kl auf der Grundlage der schon beim Bekl vorhandenen Tatsachenkenntnis handelte. Ein Schätzungsbescheid ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung nur gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO änderbar, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die Anknüpfungspunkt für eine abweichende Schätzung sein können. Hierbei sind die Schätzungsgrundlagen die Tatsachen. Denn die Schätzung selbst ist keine Tatsache, sondern ein Denkprozess. Da Schätzungen naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden sind und in pauschaler Weise alle nach den Vorstellungen des Schätzenden möglichweise vorliegenden Tatsachen (bekannte wie unbekannte) abdecken sollen, ist eine Schätzungsgrundlage nur "neu" i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn sie nicht im bisherigen Schätzungsrahmen liegt, das FA also bei rechtzeitiger Kenntnis veranlasst hätte, die Schätzung nicht oder nicht in der gewählten Weise vorzunehmen (vgl. Frotscher, a.a.O., § 173 AO Rz. 69 ff.; von Wedelstädt, a.a.O., § 173 AO Rz. 15 ff.; Koenig, a.a.O., § 173 AO Rz. 26 ff.; von Groll, a.a.O., § 173 AO Rz. 73). Nichts anderes kann gelten, wenn - wie im Ausgangsbescheid des Bekl - eine (Teil-) Schätzung pflichtwidrig unterlassen wurde. Die Pflichtwidrigkeit ergibt sich daraus, dass die mit dem BMF-Schreiben vom 20.12.2009 gewandelte Rechtsauffassung der FV nichts an dem Umstand ändert, dass diese (unterstellte) Rechtslage bereits zuvor existent war. Im Streitfall sind nach Erlass des Ausgangsbescheides des Bekl jedoch keine neuen Tatsachen bekannt geworden, die bei rechtzeitiger Kenntnis zu einem außerhalb des Schätzungsrahmens liegenden Ergebnis geführt hätten. Der Kl hat lediglich noch die tatsächlich unter dem Schätzungsbetrag liegende Höhe des BG nachgewiesen, was zu einer Korrektur zu seinen Gunsten innerhalb des Schätzungsrahmens führte. Der Bekl hat dann auch im VFB 2006 vom 25. August 2008 den im Ausgangsbescheid festgestellten Verlust um exakt den BG gemindert, auf den sich der Kl im Einspruchsverfahren mit dem B-FA geeinigt hatte.
41 
cc) Der Kl durfte auf die Bestandskraft des GFB 1995 des B-FA vom 28. Januar 2000 und des VFB 2006 des Bekl vom 07. Mai 2008 vertrauen, zumal der Bekl letzteren Bescheid mittels der § 164 f. AO hätte offen halten können. Insoweit kann nicht von Bedeutung sein, dass der Bekl bei Erlass seines Ausgangsbescheids vom 07. Mai 2008 noch keinen Anlass hatte, den BG den Kl zu berücksichtigen, sondern dieser erst mit dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 entstand. Denn mit diesem Schreiben hat die FV nur ihren (unterstellt) bestehenden Rechtsirrtum ausgeräumt und die auch bereits zuvor gültige Rechtslage erkannt. Das verfahrensrechtliche Risiko, dass sich aus dem späten bzw. für bestimmte Fälle - wie den Streitfall - zu späten Erkennen der Rechtslage ergibt, muss jedoch in die Risikosphäre des Irrenden fallenden. Es geht mithin zu Lasten der FV, dass diese ihre Rechtsauffassung erst zu einem Zeitpunkt geändert hat, als auf der Grundlage der gewandelten Auffassung der Ansatz des BG des Kl verfahrensrechtlich insgesamt nicht mehr zulässig war - vgl. oben aa) und bb). Zwar soll der Steuerpflichtige mittels des § 174 Abs. 4 AO im Fall des Obsiegens mit seinem Rechtstandpunkt im Rahmen desselben Sachverhalts an diesem festgehalten werden und die damit verbundenen Nachteile hinnehmen müssen. Nach Auffassung des Senats kann dieses aber nicht bedeuten, dass der Steuerpflichtige hinter die Rechtsposition zurückfallen kann, die er bereits vor seinem Rechtsbehelf bzw. Antrag inne hatte. Denn der § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bietet gerade nicht die Möglichkeit, eine bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids herzuleiten (vgl. GrS des BFH mit Beschluss vom 10. November 1997 GrS 1/96, a.a.O.). Eine - wie im Streitfall - ohne Änderungsbefugnis vorgenommene Aufhebung des "Erstbescheids" darf dem FA deshalb keine weitergehenden Rechte geben, als es sie vor der Änderung hatte (vgl. FG Bremen mit Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, a.a.O.). Dieses zuzulassen, würde das Regelwerk der Bestandskraft und der Korrekturbestände (§§ 172 ff. AO) untergraben. Es ergäbe sich die unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht hinnehmbare Folge, dass bestandskräftige Steuerbescheide mittels eines (vorsätzlich oder irrtümlich) fehlerhaften Änderungsbescheids wieder „änderungsfähig“ würden (vgl. ähnlich: FG Bremen mit Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, a.a.O.; FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, a.a.O.; FG Nürnberg mit Urteil vom 09. Mai 2006 I 43/2003, EFG 2007, 447 - aufgehoben mit BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06, BStBl II 2008, 487; s.a. Macher, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1979, 548 ff.). Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt sich ferner daran, dass es im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen keinen Unterschied macht, ob die ohne Befugnis vorgenommene Änderung des "Erstbescheids" vom FA bewusst im Sinne eines "Erschleichens" (vgl. oben a) oder - wie vorliegend - nur irrtümlich erfolgte. Entgegen der Auffassung des Bekl musste der Kl schließlich auch nicht jederzeit mit der Berücksichtigung des BG rechnen, da er - wie jeder Steuerpflichtige - darauf vertrauen durfte, dass dieser gesetzmäßig, d.h. verfahrensfehlerfrei im materiell-rechtlich zutreffenden Bescheid berücksichtigt wird. Aus den dargelegten Gründen kommt dem Vertrauensschutz des Kl Vorrang vor der materiellen Richtigkeit zu.
42 
Nicht zu entscheiden war im Streitfall die Frage, ob die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO im Fall des Fehlens einer Änderungsbefugnis für den"Erstbescheid" bejaht werden kann, wenn die Finanzbehörden in der Gesamtbetrachtung durch die rechtswidrige Änderung gegenüber dem Steuerpflichtigen nicht - wie vorliegend - eine Rechts-position erlangen, sondern eine solche gerade aufgeben (vgl. dazu FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, a.a.O.).
43 
3. Der Senatsauffassung stehen nicht die BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 2012 IV R 34/09 (a.a.O.) und vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (a.a.O.) entgegen, in denen der BFH die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO selbst bei einem vom FA vorsätzlich falsch erlassenen Erstbescheid bejaht hat (vgl. oben 2.a). Denn diesen Fällen lag gerade nicht die - im Streitfall gegebene - Konstellation einer Änderung des "Erstbescheids" durch das FA ohne Korrekturbefugnis zugrunde. Der Senat verkennt ferner nicht, dass das BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06 (a.a.O.) vorliegend eine Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gebieten könnte, da der BFH in diesem ausführt, dass die Vorschrift selbst dann anwendbar sei, wenn das FA den"Erstbescheid" wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist bei seinem Erlass aufgehoben habe. Allerdings handelt es sich - soweit ersichtlich - um die einzige BFH-Entscheidung zur hier streitentscheidenden Problematik, der der Senat für den vorliegenden Einzelfall aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen vermag, zumal der BFH seine Auffassung nicht näher begründen musste.
44 
II. Der unterlegene Bekl trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens.
45 
III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 151 Abs. 3 und §§ 155 FGO i.V.m. 708 Nr. 11 und 709 Zivilprozessordnung -ZPO-. Die Abwendungsbefugnis resultiert aus § 711 ZPO. Insoweit folgt der Senat zu der Frage, ob bei Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit die Sicherheitsleistung auch dem Fiskus obliegt, der Auffassung des FG Baden-Württemberg im Urteil vom 26. Februar 1991 4 K 23/90 (EFG 1991, 338), auf das wegen der Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird.
46 
IV. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Die streitgegenständliche Frage, ob die „irrige Beurteilung“ i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auf die richtige Anwendung des materiellen Rechts beschränkt sein muss oder die Anwendbarkeit der Vorschrift, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Telos, sonstigen Einschränkungen unterliegt, erscheint höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt.
47 
V. Dem Verfahren lag ein in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilender Sachverhalt zugrunde, so dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
29 
I. Der angegriffene VFB 2006 vom 25. August 2010 ist bereits formell rechtswidrig. Dem Bekl fehlte es für die mit diesem zu Lasten des Kl vorgenommene Umsetzung der geänderten Rechtsauffassung aus dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (Ansatz des BG im Jahr der Restschuldbefreiung) an einer Änderungsbefugnis, insbesondere konnte er sich nicht auf § 174 Abs. 4 Satz 1 AO stützen. Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob die in dem BMF-Schreiben statuierte Rechtsauffassung zutrifft (dieses ist unterstellt worden, da ansonsten der VFB 2006 auch materiell-rechtlich rechtswidrig wäre).
30 
1. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bestimmt Folgendes: Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden können. „Irrige Beurteilung“ eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Unter einem "bestimmten Sachverhalt" ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; der Begriff ist nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat. Dem Sinn und Zweck des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO liegt das Spannungsfeld zwischen den Rechtsgütern „gesetzmäßiger Steuerfestsetzung“ einerseits und „Rechtssicherheit" bzw. "Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen" andererseits zugrunde. Die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und das Interesse an seiner übereinstimmenden steuerrechtlichen Beurteilung erlauben es, einer zutreffenden Besteuerung den Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu geben. Die Finanzbehörde soll die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen. Derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (vgl. zu alledem: BFH-Urteile vom 14. November 2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690; vom 11. Mai 2010 IX R 25/09, BStBl II 2010, 953; vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Hinsichtlich der verfahrensmäßigen Abfolge setzt § 174 Abs. 4 AO voraus, dass ein angefochtener Bescheid als irrig erkannt und deswegen auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dieses löst dann nachträglich die Rechtsfolge aus, dass ein (oder mehrere) anderer Bescheide erlassen oder geändert werden können, wobei eine spezielle Festsetzungsfrist von einem Jahr zur Anwendung kommt (vgl. zu den diesbezüglichen Details: § 174 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AO).Die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bezieht sich mithin ausschließlich auf die Befugnis zur Änderung des"Zweitbescheids" und nicht auf die Änderung des "Erstbescheids", für die eine andere Korrekturvorschrift erfüllt sein muss (vgl. Bilsdorfer, Steuer und Studium -SteuerStud- 1998, 323). § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gibt nicht die rechtliche Möglichkeit, eine bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids herzuleiten (vgl. GrS mit Beschluss vom 10. November 1997 GrS 1/96, a.a.O., zur speziellen Problematik des sog. "formellen Bilanzzusammenhangs").
31 
2. Nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen hat der Bekl den geänderten VFB 2006 vom 25. August 2010 zu Unrecht auf § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gestützt. Die FV hat sich zwar vorliegend nicht unzulässig eine Rechtsposition „erschleichen“ wollen (s.u. a). Nach Auffassung des Senats ist aber die Anwendbarkeit der Vorschrift über diesen „Missbrauchsfall“ hinaus einzuschränken, was im Streitfall zu ihrer Nichtanwendbarkeit führt (s.u. b).
32 
a) "Bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist die Betriebsaufgabe des Kl, seine spätere Restschuldbefreiung sowie die Frage der Höhe seines BG. Insoweit hat das B-FA den (erstmals um den geschätzten BG erhöhten) GFB 1995 vom 05. November 2008 (= „Erstbescheid“) nicht bewusst fehlerhaft erlassen, es hat sich diese Rechtsposition nicht „erschleichen“ wollen. Denn wie auch der Kl einräumt, befand sich das B-FA bei Erlass dieses Bescheids noch in dem Rechtsirrtum, die Restschuldbefreiung des Kl stelle ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Erst das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 führte zum Erkennen des Irrtums und infolgedessen zu der vom B-FA mit dem GFB vom 06. Mai 2010 vorgenommenen weiteren Änderung des GFB 1995 (wieder ohne BG) sowie zu dem vom Bekl gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO erlassenen geänderten (um den BG geminderten) VFB 2006 vom 25. August 2010 (= "Zweitbescheid").
33 
Für den Senat steht allerdings außer Frage, dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO im Fall eines vorsätzlich rechtswidrig erlassenen"Erstbescheids" nicht zur Anwendung kommen darf. In diesem Fall ist das Tatbestandsmerkmal „irrt“ nicht erfüllt, da ein Irrtum nur vortäuscht wird; zudem ist das FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an einer Änderung gehindert (vgl. von Wedelstädt in Beermann, AO/FGO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 110. Lieferung, September 2014, § 174 AO Rz. 97; Koenig in Pahlke/Koenig, AO-Kommentar, 2. Auflage, 2009, § 174 Rz. 60; Leimkühler in Pump/Leibner, AO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 78. Lieferung, März 2009, § 174 Rz. 67; Woerner/Grube, Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, 6. Auflage, 1983, S. 109 f.; s.a. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. April 2014 2 K 1972/12, EFG 2014, 1159 - Revision eingelegt: Az. BFH X R 31/14; FG Hamburg, Urteil vom 11. Februar 1993 VII 17/91, EFG 1993, 629; FG Baden Württemberg, Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, EFG 1986, 534; FG Bremen, Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, EFG 1982, 388).
34 
Dagegen hat der BFH in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2012 IV R 34/09 (BFH/NV 2012, 1644) und vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (BFH/NV 2004, 1497) ausgeführt, ein vorsätzliches Handeln des FA stehe der Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht entgegen (s. dazu auch unten 3). Er hat dieses damit begründet, dass der Wortlaut der Norm eine solche Einschränkung nicht enthalte und auch der Sinn der Vorschrift dagegen spreche, da der Steuerpflichtige im Fall des Obsiegens an seiner Rechtsauffassung festgehalten werden solle. Demgegenüber hatte der BFH in seinem Beschluss vom 22. Dezember 1988 V B 148/87 (BFH/NV 1990, 341) noch - obiter dictum - ausgeführt, das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" erkläre sich am ehesten mit einer vom Gesetzgeber gewollten Abgrenzung zur nicht irrigen Beurteilung, so dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO beim Erlass eines bewusst unrichtigen Bescheids nicht zur Anwendung kommen solle. Dieses Verständnis drängt sich auch dem erkennenden Senat auf, der im Streitfall diese Frage aber mangels vorsätzlich fehlerhaften Handels des B-FA offen lassen konnte.
35 
b) Nach Auffassung des Senats muss die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO unter Berücksichtigung seines Telos, insbesondere aus Vertrauensschutzgründen, sogar über den vorstehend dargelegten „Missbrauchsfall“ hinaus eingeschränkt werden, was im Streitfall zur Nichtanwendbarkeit der Vorschrift führt.
36 
Das FG Münster sowie die herrschende Meinung im Schrifttum gehen ebenfalls von einer eingeschränkten Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus und vertreten die Auffassung, dass die irrige Beurteilung des bestimmten Sachverhalts sich auf die richtige Anwendung des materiellen Rechts beschränken, mithin die materiell-rechtlich unzutreffende Würdigung die einzige Ursache der Fehlerhaftigkeit sein müsse (vgl. FG Münster mit Urteil vom 07. September 2006 5 K 1481/06 E, a.a.O.; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO-Kommentar, Loseblatt, Stand: 228. Lieferung, Juli 2014, § 174 AO Rz. 237 u. 240; Frotscher in AO-Praxiskommentar, Loseblatt, Stand: 160. Lieferung, September 2014, § 174 Rz. 148; Koenig, a.a.O., § 174 AO Rz. 64). Der BFH hat mit Urteil vom 11. Februar 2009 X R 56/08 (a.a.O.) das o.g. Urteil des FG Münster aufgehoben, hierbei aber die Frage der richtigen Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ausdrücklich offengelassen. Insoweit ist allerdings anzumerken, dass die Auffassung der FG Münster keine Stütze im Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO findet, der lediglich verlangt, dass aufgrund eines Irrtums ein rechtswidriger Steuerbescheid ergangen ist, was auch im Fall der fehlerhafter Annahme einer Änderungsbefugnis erfüllt ist. Hinzu kommt, dass ein materiell-rechtlicher Irrtum des FA häufig - wie im Streitfall - die fehlerhafte Annahme einer Korrekturbefugnis nach sich ziehen wird. Da das Entstehen dieses „Folgeirrtums“ oft vom bloßen Zufall abhängen wird, erscheint es kaum sachgerecht, hiervon die Frage der Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO abhängig zu machen. Auch der erkennende Senat brauchte aber diese Auslegungsfrage nicht abschließend zu klären. Im Streitfall führt nämlich die gebotene teleologische Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO schon ohne diese abschließende Klärung zur Verneinung der Änderungsbefugnis. Denn bereits die vom B-FA mit dem geänderten GFB 1995 vom 05. November 2008 vorgenommene erstmalige Berücksichtigung des BG war rechtswidrig (s.u. aa). Diese darf daher nicht dazu führen, dass die FV die im Zeitpunkt der Änderung ihrer Rechtsauffassung (Erlass des BMF-Schreibens vom 22.12.2009) insgesamt verlorengegangene Möglichkeit der Umsetzung derselben wiedererlangt (s.u. bb). Vielmehr hat die FV aus Vertrauensschutzgründen die Nachteile aus ihrem zu späten (unterstellt) Erkennen der gültigen Rechtslage zu tragen (s.u. cc).
37 
aa) Die vom B-FA mit dem GFB 1995 vom 05. November 2008 (= "Erstbescheid") vorgenommene erstmalige Berücksichtigung des BG war rechtwidrig, da es an der Befugnis zur Änderung des bestandskräftigen Vorbescheids vom 28. Januar 2000 fehlte. Der § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO griff nicht ein, da die Restschuldbefreiung (unterstellt) kein rückwirkendes Ereignis darstellt, sondern im Befreiungsjahr zur Gewinnrealisierung führt. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (Restschuldbefreiung als "neue Tatsache") war nicht zulässig, da der Vorbescheid bereits bestandskräftig war, weil die (Regel-) Feststellungsfrist für das Jahr 1995 spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2002 abgelaufen (§§ 181 Abs. 1, 169 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 AO) und damit auch der VdN weggefallen war (§ 164 Abs. 4 AO).
38 
bb) Im Zeitpunkt des Erlasses des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 bestand für die FV insgesamt keine Möglichkeit mehr, den BG des Kl noch entsprechend anzusetzen. Denn der Bekl durfte diesen ebenfalls nicht mehr berücksichtigen, da bei Erlass des angegriffenen, den BG erstmals einbeziehenden VFB 2006 vom 25. August 2010 auch dessen Ausgangsbescheid vom 07. Mai 2008 bereits bestandskräftig war.
39 
Der - weder mit einem VdN (§ 164 AO) noch mit einem entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 AO) versehene - Ausgangsbescheid vom 07. Mai 2008 durfte nicht nach § 174 Abs. 3 AO geändert werden. Diese Norm bestimmt: Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen selbst dann nicht erfüllt, wenn zu Gunsten des Bekl unterstellt würde, dass er den BG nicht berücksichtigt hatte, weil er von dessen Erfassung durch das B-FA im GFB 1995 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgegangen war. Hieran bestehen allerdings Zweifel. Denn wie der Eingangsstempel des Bekl auf der Ausfertigung des Beschlusses des AG C vom 20. Dezember 2006 belegt, hatte dieser zumindest seit dem 28. Juli 2007 Kenntnis von der Restschuldbefreiung des Kl. Dennoch griff er den Sachverhalt erst auf Hinweis des RPA im Juli 2008 auf. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Bekl diesen zuvor insgesamt für steuerlich nicht bedeutsam erachtet oder schlicht nicht entsprechend steuerlich gewürdigt hatte. Jedenfalls scheiterte eine Änderung des Ausgangsbescheids an § 174 Abs. 3 Satz 2 AO, nach dem die Änderung längstens bis zum Ablauf derjenigen Steuer zulässig war, bei der der Sachverhalt nach der zunächst geäußerten Auffassung hätte berücksichtigt werden sollen. Im Streitfall war dieses die Gewinnfeststellung 1995, für die die Feststellungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezembers 2002 verstrichen war (vgl. oben aa).
40 
Entgegen der Auffassung des Bekl war eine Änderung des Ausgangsbescheids vom 07. Mai 2008 auch nicht gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig. Hierfür fehlte es an dem erforderlichen nachträglichen Bekanntwerden einer rechtserheblichen Tatsache, da der Bekl als Insolvenzgläubiger bereits bei Erlass seines Ausgangsbescheids Kenntnis von dem Insolvenzverfahren des Kl und zumindest seit dem 28. Juli 2007 auch Kenntnis von dessen Restschuldbefreiung hatte. Für den Senat steht daher außer Frage, dass der Bekl ferner wusste, dass von der Restschuldbefreiung im erheblichen Umfang betriebliche Verbindlichkeiten des Kl erfasst waren. Jede andere Annahme wäre lebensfremd. Dem Bekl war wegen der fehlenden Mitwirkung des Kl lediglich die genaue Höhe der betrieblichen Verbindlichkeiten nicht bekannt. Beides belegt der Aktenvermerk des RPA vom 25. Juli 2008, der auf der Grundlage der Aktenlage beim Bekl verfasst wurde und eindeutig betriebliche Verbindlichkeiten des Kl aufführt. Es sind ferner keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder erkennbar, dass sich die Aktenlage beim Bekl nach Erlass seines Ausgangsbescheids bis zur Fertigung dieses Aktenvermerks in relevanter Weise geändert hätte. Im Nachgang zum Hinweis des RPA hat der Bekl dann auch mit Schreiben vom 19. August 2008 das B-FA aufgefordert, die Erträge des Kl aus der Restschuldbefreiung zu ermitteln. Dies verdeutlicht, dass ihm die bereits bei Erlass des Ausgangsbescheids vorliegende Tatsachengrundlage Anlass zur (Teil-) Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO im Wege der Schätzung des BG hätte geben müssen (wenn damals das BMF-Schreiben vom 20.12.2009 existiert hätte). Ein Rechtsfolgeermessen des Bekl bestand insoweit nicht. § 162 Abs. 2 AO hebt die Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen als Hauptanwendungsfall der Schätzung hervor, da der pflichtwidrig handelnde Steuerpflichtige keinesfalls gegenüber dem seine steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß Erfüllenden privilegiert werden darf. Die Schätzung des BG wäre daher „am oberen Rand“ vorzunehmen gewesen. Bezeichnender Weise ist das B-FA in seinem GFB vom 05. November 2008 genau in dieser Weise vorgegangen und hat den BG des Kl unter der Annahme geschätzt, dass der Restschuldbefreiung ausschließlich betriebliche Verbindlichkeiten zugrunde lagen, wobei es wegen der weiterhin fehlenden Mitwirkung des Kl auf der Grundlage der schon beim Bekl vorhandenen Tatsachenkenntnis handelte. Ein Schätzungsbescheid ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung nur gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO änderbar, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die Anknüpfungspunkt für eine abweichende Schätzung sein können. Hierbei sind die Schätzungsgrundlagen die Tatsachen. Denn die Schätzung selbst ist keine Tatsache, sondern ein Denkprozess. Da Schätzungen naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden sind und in pauschaler Weise alle nach den Vorstellungen des Schätzenden möglichweise vorliegenden Tatsachen (bekannte wie unbekannte) abdecken sollen, ist eine Schätzungsgrundlage nur "neu" i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn sie nicht im bisherigen Schätzungsrahmen liegt, das FA also bei rechtzeitiger Kenntnis veranlasst hätte, die Schätzung nicht oder nicht in der gewählten Weise vorzunehmen (vgl. Frotscher, a.a.O., § 173 AO Rz. 69 ff.; von Wedelstädt, a.a.O., § 173 AO Rz. 15 ff.; Koenig, a.a.O., § 173 AO Rz. 26 ff.; von Groll, a.a.O., § 173 AO Rz. 73). Nichts anderes kann gelten, wenn - wie im Ausgangsbescheid des Bekl - eine (Teil-) Schätzung pflichtwidrig unterlassen wurde. Die Pflichtwidrigkeit ergibt sich daraus, dass die mit dem BMF-Schreiben vom 20.12.2009 gewandelte Rechtsauffassung der FV nichts an dem Umstand ändert, dass diese (unterstellte) Rechtslage bereits zuvor existent war. Im Streitfall sind nach Erlass des Ausgangsbescheides des Bekl jedoch keine neuen Tatsachen bekannt geworden, die bei rechtzeitiger Kenntnis zu einem außerhalb des Schätzungsrahmens liegenden Ergebnis geführt hätten. Der Kl hat lediglich noch die tatsächlich unter dem Schätzungsbetrag liegende Höhe des BG nachgewiesen, was zu einer Korrektur zu seinen Gunsten innerhalb des Schätzungsrahmens führte. Der Bekl hat dann auch im VFB 2006 vom 25. August 2008 den im Ausgangsbescheid festgestellten Verlust um exakt den BG gemindert, auf den sich der Kl im Einspruchsverfahren mit dem B-FA geeinigt hatte.
41 
cc) Der Kl durfte auf die Bestandskraft des GFB 1995 des B-FA vom 28. Januar 2000 und des VFB 2006 des Bekl vom 07. Mai 2008 vertrauen, zumal der Bekl letzteren Bescheid mittels der § 164 f. AO hätte offen halten können. Insoweit kann nicht von Bedeutung sein, dass der Bekl bei Erlass seines Ausgangsbescheids vom 07. Mai 2008 noch keinen Anlass hatte, den BG den Kl zu berücksichtigen, sondern dieser erst mit dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 entstand. Denn mit diesem Schreiben hat die FV nur ihren (unterstellt) bestehenden Rechtsirrtum ausgeräumt und die auch bereits zuvor gültige Rechtslage erkannt. Das verfahrensrechtliche Risiko, dass sich aus dem späten bzw. für bestimmte Fälle - wie den Streitfall - zu späten Erkennen der Rechtslage ergibt, muss jedoch in die Risikosphäre des Irrenden fallenden. Es geht mithin zu Lasten der FV, dass diese ihre Rechtsauffassung erst zu einem Zeitpunkt geändert hat, als auf der Grundlage der gewandelten Auffassung der Ansatz des BG des Kl verfahrensrechtlich insgesamt nicht mehr zulässig war - vgl. oben aa) und bb). Zwar soll der Steuerpflichtige mittels des § 174 Abs. 4 AO im Fall des Obsiegens mit seinem Rechtstandpunkt im Rahmen desselben Sachverhalts an diesem festgehalten werden und die damit verbundenen Nachteile hinnehmen müssen. Nach Auffassung des Senats kann dieses aber nicht bedeuten, dass der Steuerpflichtige hinter die Rechtsposition zurückfallen kann, die er bereits vor seinem Rechtsbehelf bzw. Antrag inne hatte. Denn der § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bietet gerade nicht die Möglichkeit, eine bestandskräftige Veranlagung aufzuheben oder zu ändern, um hieraus die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids herzuleiten (vgl. GrS des BFH mit Beschluss vom 10. November 1997 GrS 1/96, a.a.O.). Eine - wie im Streitfall - ohne Änderungsbefugnis vorgenommene Aufhebung des "Erstbescheids" darf dem FA deshalb keine weitergehenden Rechte geben, als es sie vor der Änderung hatte (vgl. FG Bremen mit Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, a.a.O.). Dieses zuzulassen, würde das Regelwerk der Bestandskraft und der Korrekturbestände (§§ 172 ff. AO) untergraben. Es ergäbe sich die unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht hinnehmbare Folge, dass bestandskräftige Steuerbescheide mittels eines (vorsätzlich oder irrtümlich) fehlerhaften Änderungsbescheids wieder „änderungsfähig“ würden (vgl. ähnlich: FG Bremen mit Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, a.a.O.; FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, a.a.O.; FG Nürnberg mit Urteil vom 09. Mai 2006 I 43/2003, EFG 2007, 447 - aufgehoben mit BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06, BStBl II 2008, 487; s.a. Macher, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1979, 548 ff.). Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt sich ferner daran, dass es im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen keinen Unterschied macht, ob die ohne Befugnis vorgenommene Änderung des "Erstbescheids" vom FA bewusst im Sinne eines "Erschleichens" (vgl. oben a) oder - wie vorliegend - nur irrtümlich erfolgte. Entgegen der Auffassung des Bekl musste der Kl schließlich auch nicht jederzeit mit der Berücksichtigung des BG rechnen, da er - wie jeder Steuerpflichtige - darauf vertrauen durfte, dass dieser gesetzmäßig, d.h. verfahrensfehlerfrei im materiell-rechtlich zutreffenden Bescheid berücksichtigt wird. Aus den dargelegten Gründen kommt dem Vertrauensschutz des Kl Vorrang vor der materiellen Richtigkeit zu.
42 
Nicht zu entscheiden war im Streitfall die Frage, ob die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO im Fall des Fehlens einer Änderungsbefugnis für den"Erstbescheid" bejaht werden kann, wenn die Finanzbehörden in der Gesamtbetrachtung durch die rechtswidrige Änderung gegenüber dem Steuerpflichtigen nicht - wie vorliegend - eine Rechts-position erlangen, sondern eine solche gerade aufgeben (vgl. dazu FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, a.a.O.).
43 
3. Der Senatsauffassung stehen nicht die BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 2012 IV R 34/09 (a.a.O.) und vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (a.a.O.) entgegen, in denen der BFH die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO selbst bei einem vom FA vorsätzlich falsch erlassenen Erstbescheid bejaht hat (vgl. oben 2.a). Denn diesen Fällen lag gerade nicht die - im Streitfall gegebene - Konstellation einer Änderung des "Erstbescheids" durch das FA ohne Korrekturbefugnis zugrunde. Der Senat verkennt ferner nicht, dass das BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06 (a.a.O.) vorliegend eine Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO gebieten könnte, da der BFH in diesem ausführt, dass die Vorschrift selbst dann anwendbar sei, wenn das FA den"Erstbescheid" wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist bei seinem Erlass aufgehoben habe. Allerdings handelt es sich - soweit ersichtlich - um die einzige BFH-Entscheidung zur hier streitentscheidenden Problematik, der der Senat für den vorliegenden Einzelfall aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen vermag, zumal der BFH seine Auffassung nicht näher begründen musste.
44 
II. Der unterlegene Bekl trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens.
45 
III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 151 Abs. 3 und §§ 155 FGO i.V.m. 708 Nr. 11 und 709 Zivilprozessordnung -ZPO-. Die Abwendungsbefugnis resultiert aus § 711 ZPO. Insoweit folgt der Senat zu der Frage, ob bei Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit die Sicherheitsleistung auch dem Fiskus obliegt, der Auffassung des FG Baden-Württemberg im Urteil vom 26. Februar 1991 4 K 23/90 (EFG 1991, 338), auf das wegen der Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird.
46 
IV. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Die streitgegenständliche Frage, ob die „irrige Beurteilung“ i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auf die richtige Anwendung des materiellen Rechts beschränkt sein muss oder die Anwendbarkeit der Vorschrift, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Telos, sonstigen Einschränkungen unterliegt, erscheint höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt.
47 
V. Dem Verfahren lag ein in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilender Sachverhalt zugrunde, so dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Einkommensteuergesetz - EStG | § 3


Steuerfrei sind1.a)Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,b)Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nac

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 10d Verlustabzug


(1) 1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 0

Einkommensteuergesetz - EStG | § 34 Außerordentliche Einkünfte


(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außeror

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Abgabenordnung - AO 1977 | § 165 Vorläufige Steuerfestsetzung, Aussetzung der Steuerfestsetzung


(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn1.ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteue

Abgabenordnung - AO 1977 | § 174 Widerstreitende Steuerfestsetzungen


(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuhe

Abgabenordnung - AO 1977 | § 181 Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht


(1) Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. Wird eine Erklärung zur gesondert

Einkommensteuergesetz - EStG | § 24


Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch 1. Entschädigungen, die gewährt worden sind a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oderb) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteili

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Tenor Der Einkommensteuerbescheid 2011 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2011, jeweils vom 19.3.2015 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.9.2015, werden

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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war als Geschäftsführer bei der A-GmbH beschäftigt, an der er ursprünglich auch zur Hälfte beteiligt war. Das Anstellungsverhältnis wurde vorzeitig zum 31. Dezember 1999 beendet; zum Ausgleich verpflichtete sich die A-GmbH, dem Kläger eine Abfindung von 500.000 DM zu zahlen, fällig am 1. Januar 2000. Bereits im Jahr 1998 hatten der Kläger und sein Mitgesellschafter ihre restliche Beteiligung an der A-GmbH an die B-GmbH veräußert, an der der Kläger ebenfalls beteiligt war. Sein Kaufpreisanteil betrug 3.500.000 DM, wobei er sich zur Rückerstattung desjenigen Teils des Kaufpreises verpflichtet hatte, um den der von ihm erzielte Erlös einen späteren (anteiligen) Weiterveräußerungserlös der B-GmbH überstieg. Bei der Weiterveräußerung im Jahr 1999 erzielte die B-GmbH den von ihr gezahlten Kaufpreis nicht, weshalb ihr ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 500.000 DM gegen den Kläger zustand. Im Folgenden trat der Kläger seinen Abfindungsanspruch gegen die A-GmbH an die B-GmbH ab und zeigte die Abtretung mit Schreiben vom 11. November 1999 der A-GmbH an, die am 21. Dezember 1999 an die B-GmbH zahlte. Der Zufluss der 500.000 DM wurde bei der B-GmbH als Betriebseinnahme der Besteuerung unterworfen; eine Berücksichtigung der Zahlung bei dem Kläger erfolgte zunächst weder für den Veranlagungszeitraum 1998 noch für den Veranlagungszeitraum 1999.

2

Am 2. April 2004 erhielt das damals für den Kläger zuständige Finanzamt (FA HO) eine Kontrollmitteilung, dass der Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von 500.000 DM aufgrund der vorzeitigen Aufhebung des Geschäftsführervertrages erhalten habe. Die Zahlung an die B-GmbH sei am 21. Dezember 1999 erfolgt. Ohne diese Kontrollmitteilung auszuwerten, änderte das FA HO aus anderen Gründen mit Bescheid vom 16. März 2005 den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1999.

3

Unter dem 16. Dezember 2005 änderte das FA HO diesen Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer für 1999 unter Berücksichtigung der Abfindung auf 271.811,97 € (531.618 DM) fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass nach Berücksichtigung des Abfindungsbetrags bei der Einkommensteuer des Klägers konsequenterweise in Höhe dieses Betrages der Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH berichtigt werden müsse. Dies habe das für die B-GmbH zuständige Finanzamt jedoch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt. Es werde daher beantragt, das sie betreffende Verfahren im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid ruhen zu lassen.

4

Anlässlich des beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens der B-GmbH (3 K 78/06) betreffend die Körperschaftsteuer 1999 regte das FG an, bei dem Kläger für den Veranlagungszeitraum 1998 den ihm ursprünglich zugeflossenen Veräußerungserlös um 500.000 DM zu mindern, damit die Zahlung des Betrages nicht nur isoliert im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Veranlagungszeitraum 1999 berücksichtigt werde. Der zwischenzeitlich für die Einkommensteuer zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) schlug daraufhin am 11. Dezember 2006 schriftlich vor, den Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung an der A-GmbH in 1998 aufgrund der 1999 erfolgten Kaufpreiserstattung um 500.000 DM zu reduzieren und die Einkommensteuer für 1998 entsprechend herabzusetzen. Im Gegenzug solle eine Rücknahme des Einspruchs für 1999 erfolgen. Laut Telefonvermerk des FA vom selben Tag erklärte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, nach Vorlage des entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheids 1998 die Klage betreffend die B-GmbH und nach Bestandskraft des Bescheids den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 zurücknehmen zu wollen. Die schriftliche Fixierung der Vereinbarung durch das FA vom 12. Dezember 2006 entsprach dem zuvor von ihm unterbreiteten Vorschlag; die Rücknahme der Klage der B-GmbH wird darin nicht erwähnt.

5

Das FA erließ wie angekündigt am 21. Dezember 2006 einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, in dem der Erlös aus der Veräußerung der Geschäftsanteile um 500.000 DM herabgesetzt war. Der Kläger nahm in der Folge den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 nicht zurück, sondern beantragte über einen neuen Prozessbevollmächtigten die Fortsetzung des bis dahin ruhenden Einspruchsverfahrens. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 16. März 2005 sei nicht zulässig gewesen, weil es an einer Änderungsvorschrift fehle.

6

Mit Bescheid vom 12. November 2007 hob das FA den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag erließ er gestützt auf § 174 Abs. 4 AO den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid und setzte die Einkommensteuer 1999 wiederum auf 271.811,97 € fest.

7

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nach Auffassung des FG waren die Voraussetzungen für den Erlass eines auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheids gegeben. Durch die Abtretung seiner Forderung gegen die A-GmbH an die B-GmbH habe der Kläger seinen Abfindungsanspruch mit der gegen ihn gerichteten Rückzahlungsverpflichtung in einer Weise miteinander verbunden, dass sich das Geschehen als einheitliches Ganzes und damit als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 darstelle. Diesen Sachverhalt habe das FA irrig beurteilt, weil es die steuerrechtlichen Folgerungen der Kaufpreisminderung für die Einkommensteuer 1998 zunächst nicht gezogen habe. Nachdem der Kläger wiederholt --wenn auch im Zusammenhang mit dem Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH-- sein Anliegen zum Ausdruck gebracht habe, dass bei einer Besteuerung der Abfindungszahlung in 1999 auch der steuermindernde Umstand der Kaufpreisrückerstattung Berücksichtigung finden müsse, sei die zutreffende steuerliche Erfassung dieses Geschehens durch das FA im Veranlagungszeitraum 1998 auch auf seinen Antrag erfolgt.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf die Verletzung von § 174 Abs. 4 AO stützen.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG und den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 12. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

10

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG angenommen, der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. März 2005 habe nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geändert werden können.

12

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404). Durch § 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen (BFH-Urteil vom 28. Januar 2009 X R 27/07, BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620). Die Vorschrift setzt hinsichtlich der verfahrensmäßigen Abfolge voraus, dass ein angefochtener Bescheid als irrig erkannt und deswegen auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dies löst sodann --"nachträglich"-- die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, nämlich dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid nunmehr eine "widerstreitende Steuerfestsetzung" enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83, unter C.II.1.).

13

Die durch § 174 Abs. 4 AO eingeräumte Möglichkeit, einen bestandskräftigen Steuerbescheid nachträglich zu ändern, findet ihre Rechtfertigung im fehlenden schutzwürdigen Vertrauen des Steuerpflichtigen; derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475, unter II.2.). Die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und das Interesse an seiner übereinstimmenden steuerrechtlichen Beurteilung erlauben es, unter diesen Voraussetzungen einer zutreffenden Besteuerung den Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu geben (BFH-Urteil in BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 174 Rz 4). Der Steuerpflichtige ist allerdings nur dann nicht schutzwürdig, wenn er die Aufhebung oder Änderung des vorangegangenen Steuerbescheides selbst herbeigeführt hat. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO lässt deshalb --anders als § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO-- die Zustimmung des Steuerpflichtigen nicht genügen, sondern verlangt --unter Gleichsetzung von Antrag und Rechtsbehelf--, dass die Änderung gerade auf Grund einer vom Steuerpflichtigen ausgehenden Initiative erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751; vom 18. Juni 1991 VIII R 54/89, BFHE 165, 445, BStBl II 1992, 124). Allerdings ist es nicht notwendig, dass dem Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen auch aus den von ihm geltend gemachten Gründen entsprochen wurde, solange die Änderung jedenfalls durch den Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen veranlasst worden ist (BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I.2.; in BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562). Die auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützte Durchbrechung des Vertrauensschutzes ist aber dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen den letztlich geänderten Bescheid nicht zum Gegenstand hatte (vgl. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 247; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 44). Der Steuerpflichtige muss vielmehr spezifisch die Änderung des vorausgegangenen Bescheides veranlasst haben. Die bloße Hinnahme einer allein von der Finanzverwaltung ausgehenden Änderung reicht vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts und der Systematik der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung nicht aus.

14

2. Nach diesen Grundsätzen konnte der Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2005 nicht nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden. Ausweislich der getroffenen und für das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen hat der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt, auch nicht konkludent, gegen die Festsetzung der Einkommensteuer für 1998 gewandt. Einspruch hat er lediglich gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 eingelegt und diesen damit begründet, dass die steuerliche Erfassung der Abfindung bei seinen Einkünften dazu führen müsse, dass der Betrag nicht mehr bei der B-GmbH besteuert werden dürfe; einen Bezug zu der gegen ihn festgesetzten Einkommensteuer für 1998 hat er nicht hergestellt. Für einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1998 fehlt danach jeder Anhalt. Die Änderung dieses Bescheides erfolgte vielmehr auf ein --durch das FG im Verfahren gegen die B-GmbH veranlasstes-- Angebot des FA hin. Damit hat der Kläger gerade nicht selbst die Ursache für die Abänderung des auf einer irrigen Beurteilung beruhenden ersten Bescheids gesetzt, die die nachträgliche Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1999 rechtfertigen würde.

15

3. Vor diesem Hintergrund bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob die vor Fälligkeit erfolgte Abtretung des Abfindungsanspruchs zum Zwecke der Erfüllung der den Kläger treffenden Rückzahlungsverpflichtung überhaupt geeignet ist, die beiden Ereignisse zu einem bestimmten Sachverhalt i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu verbinden.

16

4. Da die Vorentscheidung von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Mangels Änderungsmöglichkeit des Einkommensteuerbescheides für 1999 vom 16. März 2005 ist der Klage stattzugeben.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berechtigt war, die Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr (1990) nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Jahren 1990 bis 1992 an einer irischen Kapitalanlagegesellschaft (B) beteiligt. Das Vermögen der B bestand aus verschiedenen Wertpapieren, aus denen sie Erträge erzielte. Im Streitjahr waren die Anteile an der B in der Bilanz des Klägers unter dem Bilanzposten "Beteiligung" erfasst. Die Erträge aus der Beteiligung behandelte der Kläger nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17. Oktober 1962 (BGBl II 1964, 267, BStBl I 1964, 321) als steuerfreie Ausschüttungen.

3

Dem folgte das FA zunächst, sah dann aber in der "Zwischenschaltung" der B einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO und löste den Bilanzposten "Beteiligung" gewinnmindernd auf. Stattdessen erfasste es unter dem Konto "Sammelposten" erfolgswirksam die Wertpapiere, Debitoren, Geldkonten, Kreditoren und das Kapitalkonto der B. Die Steuerfreistellung der ausländischen Einkünfte entfiel im Streitjahr und in den darauffolgenden Jahren. Die Anrechnung ausländischer Quellensteuer unterblieb. Die in der Gewinn- und Verlust-Rechnung der B ausgewiesenen Betriebsausgaben ließ das FA nicht zum Betriebsausgabenabzug zu, berücksichtigte aber pauschal 0,3 v.H. der Einnahmen als Betriebsausgaben. Im Ergebnis führte die Auflösung des Bilanzpostens "Beteiligung" und dessen Ersetzung durch den Bilanzposten "Sammelposten" im Streitjahr zu einer niedrigeren und in den Folgejahren zu einer höheren Körperschaftsteuerfestsetzung.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr nahm der Kläger in der Annahme zurück, ihm fehle für dieses Verfahren die Beschwer. Die Klagen gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Folgejahre ruhten zunächst bis zum Abschluss der beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren I R 94/97 und I R 117/97. Nachdem der erkennende Senat in jenen Verfahren entschieden hatte, dass die Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an Kapitalanlagegesellschaften im niedrig besteuerten Ausland nicht rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO ist, wenn die ausländische Gesellschaft auf eine gewisse Dauer angelegt ist und über ein Mindestmaß an personeller und sachlicher Ausstattung verfügt, die die unternehmerische Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit sicherstellt (vgl. Senatsurteile vom 25. Februar 2004 I R 42/02, BFHE 206, 5, BStBl II 2005, 14; vom 19. Januar 2000 I R 94/97, BFHE 191, 257, BStBl II 2001, 222, und I R 117/97, Internationales Steuerrecht 2000, 182), wurden diese Klageverfahren wieder aufgenommen und außergerichtlich in der Weise erledigt, dass die Beteiligung an der B nicht länger als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde. Dementsprechend erließ das FA nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO Änderungsbescheide für die Folgejahre, in denen die Körperschaftsteuer entsprechend herabgesetzt wurde.

5

Für das Streitjahr erließ das FA am 20. Februar 2006 einen gemäß § 174 Abs. 4 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid, in dem die Körperschaftsteuer heraufgesetzt wurde. Aus der Richtigstellung der irrigen Beurteilung eines einheitlichen Sachverhalts --der Beteiligung an der B-- seien steuerrechtliche Folgen sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Klägers in mehreren Veranlagungszeiträumen zu ziehen. Das Finanzgericht (FG) Köln gab der daraufhin erhobenen Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011  13 K 3702/07, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1856, statt. Das FA sei nicht befugt gewesen, den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr nach § 174 Abs. 4 AO zu Lasten des Klägers zu ändern. Der Begriff des "bestimmten Sachverhalts" in § 174 Abs. 4 AO sei bei über mehrere Veranlagungszeiträume andauernden Sachverhalten durch das Periodizitätsprinzip zu begrenzen.

6

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorinstanz hat zu Unrecht eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO abgelehnt.

9

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Februar 1996 I R 150/94, BFHE 180, 8, BStBl II 1996, 417). Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404, m.w.N., und vom 22. Juli 1980 VIII R 114/78, BFHE 131, 429, BStBl II 1981, 101). Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes steuerrechtlich bedeutsames Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (vgl. Senatsurteil vom 22. August 1990 I R 42/88, BFHE 162, 470, BStBl II 1991, 387; BFH-Urteile vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647; vom 18. März 2004 V R 23/02, BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763, und vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (BFH-Urteil vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; Senatsurteil vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, und BFH-Urteil vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFH/NV 2012, 1644, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist, dass aus demselben unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt andere steuerliche Folgen in einem anderen Steuerbescheid gegenüber dem Steuerpflichtigen zu ziehen sind (BFH-Urteil in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647). Der Steuerpflichtige soll im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497; BFH-Urteile vom 11. Juli 1991 IV R 52/90, BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126, 128, unter 2. b; vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; vgl. auch BTDrucks VI/1982, 153, 154; BFH-Urteil vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475).

10

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Änderung des streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheides nach § 174 Abs. 4 AO vor.

11

a) Der BFH versteht § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger Rechtsprechung als eine gegenüber den Regelungen des § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO eigenständige Änderungsnorm, die nicht auf die Fälle der alternativen Erfassung eines bestimmten Sachverhalts beschränkt ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404; vom 2. August 1994 VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl II 1995, 264; in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647, m.w.N.). Der teilweise im Schrifttum vertretenen abweichenden Auffassung, auch § 174 Abs. 4 Satz 1 AO setze zwingend ein wechselseitiges Ausschließlichkeitsverhältnis voraus, das nur die alternative Berücksichtigung desselben Sachverhalts erlaube (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 42; Brüning, Die widerstreitende Steuerfestsetzung, 1989, 88 f.), ist die Rechtsprechung des BFH unter Hinweis auf den Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht gefolgt. Im Gegensatz zu § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO enthält § 174 Abs. 4 Satz 1 AO das Merkmal, dass ein bestimmter Sachverhalt sich nur einmal auswirken darf, nicht. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

12

b) Als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist das Halten der Beteiligung an der B und die damit einhergehende Erzielung von Einnahmen zu sehen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt der einheitliche Sachverhalt im Halten der Beteiligung an der B in den Jahren 1990 bis 1992. Der Begriff des "bestimmten Sachverhalts" ist damit nicht periodenbezogen einschränkend auszulegen. Im Vordergrund der Regelung des § 174 Abs. 4 AO steht --anders als z.B. bei § 174 Abs. 3 AO-- nicht der Verwaltungsakt, sondern der Sachverhalt. Es soll nicht ein unrichtiger Verwaltungsakt durch einen für den gleichen Besteuerungszeitraum, die gleiche Steuerart und den gleichen Steuerpflichtigen ergehenden fehlerfreien Verwaltungsakt ersetzt werden, sondern die richtige Besteuerung eines "bestimmten Sachverhalts" hergestellt werden. Die "richtigen steuerlichen Folgerungen" sind dabei ohne Rücksicht auf die Steuerart (Senatsbeschluss vom 3. August 1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482), den Steuerpflichtigen (vgl. insoweit die Regelung des § 174 Abs. 5 AO) oder den Besteuerungszeitraum (Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 176 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942) zu ziehen.

13

aa) Den bestimmten Sachverhalt bildet für die Rechtsfrage danach, ob die Zwischenschaltung der B in Irland als missbräuchlich oder nicht missbräuchlich i.S. von § 42 AO anzusehen ist, das Halten der Beteiligung an der B. Der Sachverhalt beschränkt sich dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes steuerrechtlich bedeutsames Merkmal in einem bestimmten Veranlagungszeitraum. Im Streitfall kommt es daher beispielsweise nicht darauf an, zu welchem konkreten Zeitpunkt die B über welches Maß an personeller und sachlicher Ausstattung verfügt hat. Erfasst wird vielmehr der einheitliche, für diese Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex, und das ist vorliegend das Halten der Beteiligung an der B in den Jahren 1990 bis 1992. An diesen Lebensvorgang werden durch § 42 AO die steuerlichen Folgen für die Jahre 1990 bis 1992 geknüpft.

14

Bestätigt wird dieses Ergebnis letztlich auch dadurch, dass der Kläger ansonsten durch Rücknahme der --trotz punktueller steuerlicher "Besserstellung" keineswegs unzulässigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527)-- Klage für das Streitjahr in die Lage versetzt würde, die steuerlichen Folgen aus einem einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex im Hinblick auf die für ihn günstigen steuerlichen Folgewirkungen zu beeinflussen. Dass die Klagerücknahme in casu in der fälschlichen Annahme ihrer Unzulässigkeit erfolgt sein mag, widerspricht dem objektiv nicht.

15

bb) Der Einheitlichkeit des Lebensvorgangs steht nicht das Prinzip der Abschnittsbesteuerung (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 2 Rz 69; Fehrenbacher in Schnitger/ Fehrenbacher, KStG, § 7 Rz 26) entgegen. Zwar ist es richtig, dass alle für die Entstehung eines Steueranspruchs bedeutsamen Tatsachen innerhalb eines Veranlagungszeitraums (§ 25 des Einkommensteuergesetzes 2002 --EStG 2002-- i.V.m. § 31 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 --KStG 2002--) gegeben sein und daher für jeden Veranlagungszeitraum gesondert geprüft werden müssen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767). Dieses in § 2 Abs. 7 Sätze 1 und 2 EStG 2002 sowie § 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KStG 2002 für die Steuern vom Einkommen niedergelegte ertragsteuerliche Prinzip findet sich allerdings in der Abgabenordnung nicht wieder. Die "technische" Umsetzung des Periodizitätsprinzips wird in § 149 Abs. 1 AO ausdrücklich den Einzelsteuergesetzen überlassen. Ebenso verhält es sich mit dem Periodizitätsprinzip selbst. Der Abgabenordnung liegt ein solches, grundsätzlich zu beachtendes Prinzip nicht zugrunde. Solange der Wortlaut der einzelnen Bestimmungen der Abgabenordnung keinen entsprechenden Hinweis erkennen lässt, kann dieses auch nicht in einzelne Bestimmungen "hineingelesen" werden (a.A. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 277, 279). Da § 174 Abs. 4 AO den "bestimmten Sachverhalt" nicht auf einen Veranlagungszeitraum begrenzt, können somit entgegen der Vorinstanz die "richtigen steuerlichen Folgerungen" auch nicht nur in diesem Veranlagungszeitraum gezogen werden.

16

cc) Die Änderung des streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheides widerspricht schließlich nicht dem Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475. Im dortigen Fall hatte der Kläger aufgrund eines zu seinen Gunsten geänderten Einkommensteuerbescheides, in dem eine berufliche Tätigkeit als nicht gewerblich qualifiziert wurde, eine entsprechende Änderung des ihn belastenden Gewerbesteuermessbescheides begehrt. Er hatte damit eine Übertragung der umstrittenen Vorteile auf eine andere Steuerart angestrebt. Der XI. Senat hat dies abgelehnt, da § 174 Abs. 4 AO es nicht zulasse, die durch Rechtsbehelf erwirkte Änderung eines Bescheides zu Gunsten des Steuerpflichtigen auf bestandskräftige andere Bescheide zu übertragen. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass eine Änderung aufgrund des § 174 Abs. 4 AO immer zu Ungunsten des Steuerpflichtigen erfolgt (vgl. Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 174 Rz 153; s.a. Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 174 Rz 56). Nur eine derartige Auslegung wird letztlich dem Telos der Vorschrift, das sich auch in der amtlichen Überschrift der Regelung --"Widerstreitende Steuerfestsetzungen"-- widerspiegelt, gerecht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass § 174 Abs. 4 AO nur Anpassungen erfassen kann, die sich aus dem Sachverhalt, nicht aber aus den steuerlichen Folgen dieses Sachverhalts ergeben (vgl. Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 174 Rz 163; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 56). Die Regelung bezweckt damit lediglich den Ausgleich einer zu Gunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Änderung; wer erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil in BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475; BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1497). Hieraus ergibt sich jedoch weiter, dass aus dem Urteil des XI. Senats des BFH gerade keine Einschränkung des § 174 Abs. 4 AO abzuleiten ist.

17

dd) Der Senat schließt sich nicht der Auffassung der Vorinstanz an, wonach bei gleichförmigen, über mehrere Veranlagungszeiträume verwirklichten Lebenssachverhalten eine Änderung zu Lasten des Steuerpflichtigen zu begrenzen sei, da die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO es nicht erlaube, sämtliche bereits bestandskräftig veranlagten Jahre zu Gunsten des Steuerpflichtigen, der in einem Veranlagungszeitraum die Aufhebung eines ihn belastenden Steuerbescheides wegen der bis dahin irrigen Beurteilung des Sachverhalts erstreite, zu ändern. Eine dahingehende einschränkende Auslegung der Norm wäre --unabhängig davon, dass für eine derartige Auslegung im Wortlaut der Norm keine Anhaltspunkte erkennbar sind-- auch nicht wegen einer möglichen "einseitigen" Wirkung der Norm gerechtfertigt.

18

Diese "einseitige" Wirkung der Regelung des § 174 Abs. 4 AO steht letztlich im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift, wonach bei einer antragsgemäßen Änderung des Steuerbescheides zu Gunsten des betroffenen Steuerpflichtigen der Finanzverwaltung die Durchsetzung des sich aus demselben Sachverhalt ergebenden materiell-rechtlich richtigen Steueranspruchs ermöglicht werden soll (vgl. BFH-Urteile in BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126, 128, unter 2. b, und in BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; vgl. auch BTDrucks VI/1982, 153, 154). Diese ungleiche Berücksichtigung ist Ausfluss des vom Gesetzgeber vorgenommenen Ausgleichs zwischen Bestandskraft und materieller Gerechtigkeit. Der Gesetzgeber hat bei der Abwägung dieser beiden Prinzipien dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit in den Fällen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO den Vorzug gegeben. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, diese verfassungsrechtlich unbedenkliche Abwägung des Gesetzgebers zu korrigieren.

19

c) Der Senat sieht sich insoweit im Einklang mit der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH. Dieser hat in seinem Urteil in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647 entschieden, dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht verlangt, die richtigen steuerrechtlichen Folgerungen aus einem Sachverhalt nur in einem Steuerbescheid zu ziehen. Die irrige Beurteilung des Sachverhalts kann sich in mehreren Besteuerungsabschnitten auswirken und dementsprechend die Änderung der Steuerbescheide für mehrere Veranlagungszeiträume erforderlich machen. Der VIII. Senat verweist dabei unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die amtliche Überschrift des § 174 AO darauf, dass es "widerstreitend" wäre, wenn der Kläger wegen der auf die Verhältnisse des Streitjahres gestützten Annahme der Einkunftserzielungsabsicht die Änderung der Steuerfestsetzungen für die Jahre, in denen ein Werbungskostenüberschuss aufgetreten ist, zu seinen Gunsten erreicht hat, der Einnahmeüberschuss im Streitjahr dagegen einkommensteuerrechtlich unbeachtet bleiben müsste.

20

3. Die Vorinstanz hat ein abweichendes Rechtsverständnis vertreten. Die Sache ist spruchreif, und die Klage ist unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war als Geschäftsführer bei der A-GmbH beschäftigt, an der er ursprünglich auch zur Hälfte beteiligt war. Das Anstellungsverhältnis wurde vorzeitig zum 31. Dezember 1999 beendet; zum Ausgleich verpflichtete sich die A-GmbH, dem Kläger eine Abfindung von 500.000 DM zu zahlen, fällig am 1. Januar 2000. Bereits im Jahr 1998 hatten der Kläger und sein Mitgesellschafter ihre restliche Beteiligung an der A-GmbH an die B-GmbH veräußert, an der der Kläger ebenfalls beteiligt war. Sein Kaufpreisanteil betrug 3.500.000 DM, wobei er sich zur Rückerstattung desjenigen Teils des Kaufpreises verpflichtet hatte, um den der von ihm erzielte Erlös einen späteren (anteiligen) Weiterveräußerungserlös der B-GmbH überstieg. Bei der Weiterveräußerung im Jahr 1999 erzielte die B-GmbH den von ihr gezahlten Kaufpreis nicht, weshalb ihr ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 500.000 DM gegen den Kläger zustand. Im Folgenden trat der Kläger seinen Abfindungsanspruch gegen die A-GmbH an die B-GmbH ab und zeigte die Abtretung mit Schreiben vom 11. November 1999 der A-GmbH an, die am 21. Dezember 1999 an die B-GmbH zahlte. Der Zufluss der 500.000 DM wurde bei der B-GmbH als Betriebseinnahme der Besteuerung unterworfen; eine Berücksichtigung der Zahlung bei dem Kläger erfolgte zunächst weder für den Veranlagungszeitraum 1998 noch für den Veranlagungszeitraum 1999.

2

Am 2. April 2004 erhielt das damals für den Kläger zuständige Finanzamt (FA HO) eine Kontrollmitteilung, dass der Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von 500.000 DM aufgrund der vorzeitigen Aufhebung des Geschäftsführervertrages erhalten habe. Die Zahlung an die B-GmbH sei am 21. Dezember 1999 erfolgt. Ohne diese Kontrollmitteilung auszuwerten, änderte das FA HO aus anderen Gründen mit Bescheid vom 16. März 2005 den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1999.

3

Unter dem 16. Dezember 2005 änderte das FA HO diesen Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer für 1999 unter Berücksichtigung der Abfindung auf 271.811,97 € (531.618 DM) fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass nach Berücksichtigung des Abfindungsbetrags bei der Einkommensteuer des Klägers konsequenterweise in Höhe dieses Betrages der Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH berichtigt werden müsse. Dies habe das für die B-GmbH zuständige Finanzamt jedoch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt. Es werde daher beantragt, das sie betreffende Verfahren im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid ruhen zu lassen.

4

Anlässlich des beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens der B-GmbH (3 K 78/06) betreffend die Körperschaftsteuer 1999 regte das FG an, bei dem Kläger für den Veranlagungszeitraum 1998 den ihm ursprünglich zugeflossenen Veräußerungserlös um 500.000 DM zu mindern, damit die Zahlung des Betrages nicht nur isoliert im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Veranlagungszeitraum 1999 berücksichtigt werde. Der zwischenzeitlich für die Einkommensteuer zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) schlug daraufhin am 11. Dezember 2006 schriftlich vor, den Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung an der A-GmbH in 1998 aufgrund der 1999 erfolgten Kaufpreiserstattung um 500.000 DM zu reduzieren und die Einkommensteuer für 1998 entsprechend herabzusetzen. Im Gegenzug solle eine Rücknahme des Einspruchs für 1999 erfolgen. Laut Telefonvermerk des FA vom selben Tag erklärte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, nach Vorlage des entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheids 1998 die Klage betreffend die B-GmbH und nach Bestandskraft des Bescheids den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 zurücknehmen zu wollen. Die schriftliche Fixierung der Vereinbarung durch das FA vom 12. Dezember 2006 entsprach dem zuvor von ihm unterbreiteten Vorschlag; die Rücknahme der Klage der B-GmbH wird darin nicht erwähnt.

5

Das FA erließ wie angekündigt am 21. Dezember 2006 einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, in dem der Erlös aus der Veräußerung der Geschäftsanteile um 500.000 DM herabgesetzt war. Der Kläger nahm in der Folge den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 nicht zurück, sondern beantragte über einen neuen Prozessbevollmächtigten die Fortsetzung des bis dahin ruhenden Einspruchsverfahrens. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 16. März 2005 sei nicht zulässig gewesen, weil es an einer Änderungsvorschrift fehle.

6

Mit Bescheid vom 12. November 2007 hob das FA den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag erließ er gestützt auf § 174 Abs. 4 AO den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid und setzte die Einkommensteuer 1999 wiederum auf 271.811,97 € fest.

7

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nach Auffassung des FG waren die Voraussetzungen für den Erlass eines auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheids gegeben. Durch die Abtretung seiner Forderung gegen die A-GmbH an die B-GmbH habe der Kläger seinen Abfindungsanspruch mit der gegen ihn gerichteten Rückzahlungsverpflichtung in einer Weise miteinander verbunden, dass sich das Geschehen als einheitliches Ganzes und damit als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 darstelle. Diesen Sachverhalt habe das FA irrig beurteilt, weil es die steuerrechtlichen Folgerungen der Kaufpreisminderung für die Einkommensteuer 1998 zunächst nicht gezogen habe. Nachdem der Kläger wiederholt --wenn auch im Zusammenhang mit dem Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH-- sein Anliegen zum Ausdruck gebracht habe, dass bei einer Besteuerung der Abfindungszahlung in 1999 auch der steuermindernde Umstand der Kaufpreisrückerstattung Berücksichtigung finden müsse, sei die zutreffende steuerliche Erfassung dieses Geschehens durch das FA im Veranlagungszeitraum 1998 auch auf seinen Antrag erfolgt.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf die Verletzung von § 174 Abs. 4 AO stützen.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG und den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 12. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

10

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG angenommen, der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. März 2005 habe nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geändert werden können.

12

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404). Durch § 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen (BFH-Urteil vom 28. Januar 2009 X R 27/07, BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620). Die Vorschrift setzt hinsichtlich der verfahrensmäßigen Abfolge voraus, dass ein angefochtener Bescheid als irrig erkannt und deswegen auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dies löst sodann --"nachträglich"-- die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, nämlich dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid nunmehr eine "widerstreitende Steuerfestsetzung" enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83, unter C.II.1.).

13

Die durch § 174 Abs. 4 AO eingeräumte Möglichkeit, einen bestandskräftigen Steuerbescheid nachträglich zu ändern, findet ihre Rechtfertigung im fehlenden schutzwürdigen Vertrauen des Steuerpflichtigen; derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475, unter II.2.). Die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und das Interesse an seiner übereinstimmenden steuerrechtlichen Beurteilung erlauben es, unter diesen Voraussetzungen einer zutreffenden Besteuerung den Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu geben (BFH-Urteil in BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 174 Rz 4). Der Steuerpflichtige ist allerdings nur dann nicht schutzwürdig, wenn er die Aufhebung oder Änderung des vorangegangenen Steuerbescheides selbst herbeigeführt hat. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO lässt deshalb --anders als § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO-- die Zustimmung des Steuerpflichtigen nicht genügen, sondern verlangt --unter Gleichsetzung von Antrag und Rechtsbehelf--, dass die Änderung gerade auf Grund einer vom Steuerpflichtigen ausgehenden Initiative erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751; vom 18. Juni 1991 VIII R 54/89, BFHE 165, 445, BStBl II 1992, 124). Allerdings ist es nicht notwendig, dass dem Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen auch aus den von ihm geltend gemachten Gründen entsprochen wurde, solange die Änderung jedenfalls durch den Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen veranlasst worden ist (BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I.2.; in BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562). Die auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützte Durchbrechung des Vertrauensschutzes ist aber dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen den letztlich geänderten Bescheid nicht zum Gegenstand hatte (vgl. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 247; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 44). Der Steuerpflichtige muss vielmehr spezifisch die Änderung des vorausgegangenen Bescheides veranlasst haben. Die bloße Hinnahme einer allein von der Finanzverwaltung ausgehenden Änderung reicht vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts und der Systematik der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung nicht aus.

14

2. Nach diesen Grundsätzen konnte der Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2005 nicht nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden. Ausweislich der getroffenen und für das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen hat der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt, auch nicht konkludent, gegen die Festsetzung der Einkommensteuer für 1998 gewandt. Einspruch hat er lediglich gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 eingelegt und diesen damit begründet, dass die steuerliche Erfassung der Abfindung bei seinen Einkünften dazu führen müsse, dass der Betrag nicht mehr bei der B-GmbH besteuert werden dürfe; einen Bezug zu der gegen ihn festgesetzten Einkommensteuer für 1998 hat er nicht hergestellt. Für einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1998 fehlt danach jeder Anhalt. Die Änderung dieses Bescheides erfolgte vielmehr auf ein --durch das FG im Verfahren gegen die B-GmbH veranlasstes-- Angebot des FA hin. Damit hat der Kläger gerade nicht selbst die Ursache für die Abänderung des auf einer irrigen Beurteilung beruhenden ersten Bescheids gesetzt, die die nachträgliche Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1999 rechtfertigen würde.

15

3. Vor diesem Hintergrund bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob die vor Fälligkeit erfolgte Abtretung des Abfindungsanspruchs zum Zwecke der Erfüllung der den Kläger treffenden Rückzahlungsverpflichtung überhaupt geeignet ist, die beiden Ereignisse zu einem bestimmten Sachverhalt i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu verbinden.

16

4. Da die Vorentscheidung von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Mangels Änderungsmöglichkeit des Einkommensteuerbescheides für 1999 vom 16. März 2005 ist der Klage stattzugeben.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.


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Tenor

I. Die geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 vom 5. April 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 werden aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der von dem Beklagten zu tragenden Kosten zu Gunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Einkommensteuerbescheide 2000-2003 noch nach § 174 Abs. 4 AO zu Ungunsten der Klägerin geändert werden konnten.

2

Auslöser des vorliegenden Rechtsstreites ist eine Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. August 2011 (2 K 1270/10). Ausgangspunkt dieses Rechtsstreits war ein am 14. September 2009 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 2004. Damit hat der Beklagte im Jahre 2005 der Klägerin zugeflossene Kirchensteuerübererstattungen, welche aus Kirchensteuerzahlungen für die  Veranlagungszeiträume 2000-2003 resultierten, in den Veranlagungszeitraum 2004 zurück übertragen. Im genannten gerichtlichen Verfahren befand das Gericht, dass Kirchensteuernübererstattungen nicht aus Vereinfachungsgründen in das jüngste Zahlungsjahr zurückgetragen werden könnten, sondern dem jeweiligen Zahlungsjahr zuzuordnen seien. Danach durften in 2004 nur noch Übererstattungen von 11.199,24 € als die Sonderausgaben mindernd zurückgetragen werden. Dies führte dazu, dass die Übererstattungen für 2000 bis 2003 bei der Berechnung der Sonderausgaben unberücksichtigt blieben. Der Einkommensteuerbescheid 2004 wurde nach den Vorgaben des Urteils am 13. Dezember 2011 geändert. Alle dadurch nicht berücksichtigten Übererstattungen übertrug der Beklagte nunmehr auf die entsprechenden Zahlungsjahre 2000 bis 2003 und änderte die entsprechenden Einkommensteuerbescheide am 5. April 2012 nach § 174 Abs. 4 AO zu Ungunsten der Klägerin.

3

Mit ihrem Einspruch hiergegen trug die Klägerin vor, beim Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheides 2004 am 14. September 2009 sei für 2000 bis 2003 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 könnten deshalb nur dann nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden, wenn die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vorlägen. Dazu müsse ein bestimmter Sachverhalt in den Einkommensteuerbescheiden 2000 bis 2003 erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden sein, weil er in dem Bescheid für 2004 zu berücksichtigen sei. Stelle sich die Annahme als unrichtig heraus, könne die Festsetzung, bei der die Berücksichtigung unterblieben sei, hier in 2000 bis 2003 geändert werden. Diese Voraussetzungen dürften nicht vorliegen. Überdies sei § 174 Abs. 3 Satz 2 AO zu beachten, wonach die Änderung für 2000 bis 2003 nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist 2004 zulässig sei. Diese sei jedoch mit der Rechtskraft des Urteils für 2004 abgelaufen. § 174 Abs. 4 AO sei nur anwendbar, wenn aus dem Sachverhalt, der der irrigen Beurteilung des Finanzamts zu Grunde gelegen habe, andere steuerliche Folgen gezogen werden müssten. Der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass die fehlerhafte Erfassung des Sachverhaltes auf einer irrigen Beurteilung beruhe. Er müsse beweisen, aufgrund welcher noch nachvollziehbaren Erwägungen er den Sachverhalt im falschen Bescheid erfasst habe. Das Gericht habe eindeutig darauf hingewiesen, dass die Handhabe des Beklagten der Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung widerspreche. Ein Hinausschieben der durch das rückwirkende Ereignis geänderten Festsetzungsfrist durch Bezug auf § 174 AO sei damit nicht möglich. Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14. September 2009 sei zudem bereits nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geändert und wegen § 173 Abs. 2 AO nicht mehr änderbar.

4

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 wurden die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Hierzu trug der Beklagte vor, § 174 Abs. 4 AO wirke erstrittenen Vorteilen des Steuerpflichtigen durch folgerichtige Korrektur an anderer Stelle entgegen. Würden fehlerhafte Steuerfestsetzungen aufgrund irriger Beurteilung auf Initiative des Steuerpflichtigen geändert, könne der Beklagte Fehler bezüglich desselben Sachverhaltes in anderen Festsetzungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen korrigieren. Eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhaltes im Tatsächlichen oder Rechtlichen oder das Übersehen einer möglichen Rechtsfolge oder eine falsche rechtliche Beurteilung könnten geändert werden. Die Gründe für die irrige Beurteilung seien unmaßgeblich.

5

Der Änderung stehe die Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Das Urteil vom 24. August 2011 sei am 21. September 2011 zugestellt und am 21. Oktober 2011 rechtskräftig geworden. Die geänderten Bescheide 2000 bis 2003 seien binnen Jahresfrist am 5. April 2012 ergangen. Da für diese Folgebescheide bei Erlass des Ausgangsbescheides keine Festsetzungsverjährung bestanden habe, komme § 174 Abs. 4 Satz 4 AO und somit § 174 Abs. 3 Satz 1 AO nicht zur Anwendung. Der Ausgangsbescheid 2004 vom 14. September 2009 sei unstreitig innerhalb der regulären Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO ergangen. Die Festsetzungsfrist für die Folgebescheide sei bei Erlass des Ausgangsbescheides noch nicht abgelaufen gewesen, da sie nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zu ändern gewesen seien. Dies habe der Beklagte aus Vereinfachungsgründen jedoch nicht getan. Das rückwirkende Ereignis Kirchensteuerüberhang sei mit der Konkretisierung der Nichtverrechenbarkeit der Erstattungen 2000 bis 2003 durch den Einkommensteuerbescheid 2005 am 8. Februar 2007 eingetreten. Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginne die Festsetzungsfrist für aufgrund rückwirkender Ereignisse zu ändernde Steuerbescheide mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintrete. Die Festsetzungsfrist für die Änderung der Jahre 2000 bis 2003 habe daher mit Ablauf des Jahres 2007 begonnen und sei bis zum 31. Dezember 2011 gelaufen (§ 169 Abs. 2 AO). Das bedeute, für die Folgebescheide 2000 bis 2003 sei bei Erlass des Ausgangsbescheides 2004 am 14. September 2009 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die von der Klägerin geteilte Meinung (Tipke-Kruse Rz. 46 zu § 174), der Beklagte treffe für seine Fehler im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO eine Beweislast, werde nicht geteilt. Auf die Umstände, weshalb es zu der irrigen Beurteilung komme, komme es nicht an. Es reiche, wenn das Finanzamt einen Sachverhalt falsch beurteile. Der Einwand, der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14. September 2009 sei bereits nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geändert und nicht mehr nach § 173 Abs. 2 AO änderbar, sei unzutreffend. § 174 Abs. 4 AO stelle eine Spezialvorschrift zum Vorteilsausgleich da und könne stets ohne Rücksicht auf den Grund von Voränderungen angewandt werden. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO greife nicht, da die Änderungen nicht auf neuen Tatsachen, sondern auf dem Ausgang des Gerichtsverfahrens beruhten.

6

Mit ihrer Klage hiergegen trägt die Klägerin vor, mit der Rückübertragung von Kirchensteuererstattungen in die Jahre 2003 und 2004 am 14. September 2009 habe der Beklagte entgegen der gefestigten Rechtsprechung gehandelt, wonach Erstattungen auf das Zahlungsjahr zurückzuführen seien. Der nochmaligen Änderung der Bescheide 2000 bis 2003 stehe die Festsetzungsverjährung entgegen, da die Bescheide, aufgrund derer sich die Notwendigkeit der Rückrechnung ergeben habe, im Jahr 2007 ergangen seien. Damit sei die Festsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2011 gelaufen. Die später erlassenen Änderungsbescheide seien erst im April 2012 ergangen. § 174 Abs. 4 AO sei nicht anwendbar, da das Finanzamt aus "Vereinfachungsgründen" und nicht wegen irriger Beurteilung eines Sachverhaltes zunächst die Übererstattungen falsch zurückgetragen habe.  Unklar sei daher, wie er sich über den klaren Sachverhalt und die Rechtslage habe irren können. Der Beklagte hätte der Auffassung sein müssen, richtig zu handeln. Ursache der angefochtenen Änderung sei nicht die klägerische Rechtsverfolgung, sondern die Bescheidänderung aus Vereinfachungsgründen.

7

Im Streitfall bestünden tiefgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Allein der Bescheid für 2003 sei insgesamt sechsmal erlassen worden, die Bescheide für 2000, 2001, 2003 seien im Jahr 2005 und dann im Jahr 2012 geändert worden. Auch der Bescheid 2004 liege in einer Vielzahl von Fassungen vor. Die Klägerin habe aber einen Anspruch auf Rechtssicherheit. Es könne nicht sein, dass aus "Vereinfachungsgründen" ein rechtswidriger Weg gewählt werde und alleine der Steuerpflichtige das Risiko trage, wenn diese "vereinfachte" Steuerfestsetzung gerichtlich beanstandet werde.

8

Die Klägerin beantragt,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 vom 5. April 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung trägt er hierzu vor, unmaßgeblich sei, ob der Sachverhalt 2004 "aus Vereinfachungsgründen" falsch beurteilt worden sei. Auf die Umstände für die falsche Beurteilung komme es nicht an (so BFH mit Urteil vom 2. Mai 2001 VII R 44/00).

11

Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht, da alle Änderungen auf den Vorschriften der AO beruhten. Die meisten Änderungen seien durch geänderte Beteiligungseinkünfte der Klägerin veranlasst gewesen. Die nun streitgegenständlichen Änderungen beruhten ausschließlich auf der klägerischen Rechtsverfolgung. § 174 AO eröffne die Möglichkeiten, Vor- und Nachteile auszugleichen, die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben hätten, die inhaltlich einander widersprächen. Der Widerspruch zwischen einem aus der Bestandskraft folgenden Vertrauensschutz sowie der Rechtssicherheit und der materiellen Richtigkeit werde zu Gunsten der letzteren entschieden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

13

Dem Erlass von geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 2000-2003 am 5. April 2012 stand die Festsetzungsverjährung entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war der entsprechende Ablauf der Verjährung zum 31. Dezember 2011 nicht durch die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO und hier insbesondere § 174 Abs. 4 Satz 3 AO zu verschieben.

14

Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können aus einem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird (§ 174 Abs. 4 Satz 2 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO).

15

Die irrige Beurteilung eines Sachverhaltes bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Vorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern umfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (BFH Entscheidungen vom 22. Dezember 1988 V B 148/87, BFH/NV 1990, 341, vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, Bundessteuerblatt II 1997, 647, vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, Bundessteuerblatt II 2001, 562, vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751).

16

Eine irrige Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts liegt vor, wenn die Finanzbehörde, in der Annahme richtig zu handeln, aus dem Sachverhalt objektiv unzutreffende steuerrechtliche Folgerungen zieht und diese fehlerhafte Beurteilung sich in einem Steuerbescheid auswirkt (BFH Urteil vom 28. Juni 1990, V R 93/85, BFH/NV 1991, 210).

17

Die objektive Unrichtigkeit muss irrtümlich, also durch die subjektiv unzutreffende Annahme richtig zu handeln, ausgelöst sein (Koenig in Pahlke/Koenig, Kommentar zur Abgabenordnung, beck-online, § 174 Rz. 60). § 174 Abs. 4 AO ist nicht anwendbar, wenn der unrichtigen Veranlagung keine irrige Beurteilung eines Sachverhalts zu Grunde lag, sondern trotz richtiger Beurteilung absichtlich ein unrichtiger Steuerbescheid erlassen wurde. Ein solches Verhalten, durch das sich die Verwaltung die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO durch bewusstes Erlassen eines unrichtigen Steuerbescheids verschaffen würde, verstößt gegen Treu und Glauben (Frotscher in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 174 Rz. 171).

18

In die gleiche Richtung tendiert die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 22. Dezember 1988 (V B 148/87, BFH/NV 1990, 341). Soweit der BFH unter Würdigung des Sachverhaltes in der Entscheidung davon ausging, dass die für die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO maßgebliche irrige Beurteilung eines Sachverhaltes nicht in für ihn offensichtlich bewusst rechtsfehlerhaft erlassenen Steuerbescheiden ihren Niederschlag gefunden hatte, sondern in nachfolgend nicht nachgewiesenermaßen vorsätzlich falschen Bescheiden, hielt er die im Streitfall vorliegende Problematik für seinen Rechtsstreit aber für nicht entscheidungserheblich.

19

Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1, 3 AO im Streitfall nicht eröffnet. Trotz der für den Beklagten ersichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Kirchensteuererstattungen in den Veranlagungszeiträumen ihrer Zahlung hat er im Wissen einer dieser Rechtsprechung nicht entsprechenden Vorgehensweise die im Veranlagungszeitraum 2005 nicht mit den für diesen Zeitraum gezahlten Kirchensteuern verrechenbaren Erstattungen auf die Kirchensteuerzahlungen im Veranlagungszeitraum 2004 angerechnet. Soweit dies nicht zutreffend gewesen ist, wird auf die Ausführungen des Urteils vom 24. August 2011 (2 K 1270/10) und die darin genannte Rechtsprechung verwiesen.

20

Dass dies mit der geltenden Rechtslage sowie der auch von der Verwaltung selbst vertretenen Auffassung nicht zu vereinbaren gewesen ist, ergibt sich aus der OFD-Verfügung vom 11. April 2005 (S 2221 A - St 32 3; Blatt 4 bis 7 der Rechtsbehelfsakten 2000 bis 2003). Hierin wird angeführt, dass entgegen der auch mit der oben genannten Entscheidung korrigierten Handhabe zu verfahren sei, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Einspruches oder eines Änderungsantrags bei Erstattungsüberhängen, die sich aus mehreren Jahren zusammensetzten, eine abweichende, für ihn günstigere Form des Rücktrags durch die anteilige Aufteilung des Erstattungsüberhanges und Korrektur im jeweiligen Zahlungsjahr der Kirchensteuer verlange. Die Verwaltung führt hierzu aus, dass in diesen Fällen auf die aus Vereinfachungsgründen gewählte Übertragung auf das jeweils jüngste Zahlungsjahr zu verzichten sei. Von dieser in der Verfügung angeordneten Lösung im Falle eines Antrags oder Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen hat der Beklagte wissentlich keinen Gebrauch gemacht.

21

Im Streitfall hat sich der Beklagte somit seine Probleme, ohne die Möglichkeit zur Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO eine Korrektur durch Rückübertragung auf die jeweiligen Zahlungsjahre wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr vornehmen zu können, selbst geschaffen.

22

Aus diesem Grunde folgt der Senat nicht der Auffassung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 21. Mai 2004 (V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497), in der angeführt wird, dass der Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung beinhalte, nach der zwar eine Änderung des angefochtenen Bescheides aufgrund des Rechtsbehelfs zulässig sein solle, die Änderung der irrigen Beurteilung in anderen Bescheiden aber deswegen unterbleiben müsse, weil das Finanzamt vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Die Vorschrift biete den Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen eine Ermächtigungsgrundlage dahingehend, den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen. Der Steuerpflichtige solle folglich im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten habe, müsse auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen.

23

Diese Rechtsansicht des BFH in der genannten Entscheidung ist mit dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht zu vereinbaren. So beinhaltet das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" sowohl die objektive Seite, wonach eine materiell falsche Rechtsanwendung das Ergebnis der Beurteilung sein muss, wie auch eine subjektive Seite, wonach eine irrige Beurteilung auf einem Irrtum beruht. Dabei ist Irrtum eine falsche Annahme oder Meinung, wobei die diese Annahme oder Meinung vertretende Person von deren Wahrheit oder, übertragen auf die Vorschrift des § 174 AO, der zutreffenden rechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes ausgeht.

24

Irrig ist eine Beurteilung aber nur, wenn sich die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung in subjektiver Hinsicht allenfalls auf (grobe) Fahrlässigkeit beschränkt (von Groll in Hübschman/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 174, Rz. 236).

25

Überdies kommt der seitens des BFH zu § 174 Abs. 4 AO angestellten Erwägung, dass ein Steuerpflichtiger konsequenterweise seine erfolgreich vertretene Rechtsauffassung auch zu seinem Nachteil gelten lassen muss, im Streitfall keine entscheidende Bedeutung zu.

26

So hätte die Klägerin die Nachteile des für sie erfolgreichen Klageverfahrens 2 K 2720/10 für den Fall tragen müssen, dass der Beklagte vor Ablauf der Festsetzungsverjährung zum 31. Dezember 2011 die entsprechenden Schlussfolgerungen für die Übertragung der Kirchensteuererstattungen in die Streitjahre gezogen hätte. Hierzu hatte er ausreichend Gelegenheit, auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 24. August 2011 (2 K 1270/10) am 21. Oktober 2011.

27

Im Ergebnis erkennt der Senat aufgrund des gesamten zeitlichen Ablaufes einen Vorrang der Rechtssicherheit für die Klägerin gegenüber dem Prinzip einer folgerichtigen Umsetzung des von ihr erstrittenen Urteils. So war der Sachverhalt für eine Entscheidung über alle streitgegenständlichen Probleme des Verfahrens 2 K 1270/10 mit Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005 bereits am 8. Februar 2007 geklärt. Der in diesem Verfahren angefochtene Einkommensteuerbescheid 2004 erging aber erst am 14. September 2009, also über 2 Jahre nach Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005. Trotz des hiergegen eingelegten Einspruches und im Widerspruch zur zitierten OFD-Verfügung vertrat der Beklagte noch im Klageverfahren seine Auffassung zur Problematik, bis hin zur Zustellung und Rechtskraft des Urteils vom 24. August 2011.

28

Im Vordergrund stand bei der Entscheidung daher, dass mit Ablauf der Festsetzungsverjährung nach Eintritt des rückwirkenden Ereignisses, dem Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005 am 8. April 2007, gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zum 31. Dezember 2011 dem Gedanken der Rechtssicherheit der Vorrang einzuräumen gewesen ist.

29

Im Streitfall handelt es sich, was sich insbesondere aufgrund des Inhalts der OFD-Verfügung ergibt, auch nicht um einen Einzelfall, in dem eine Steuerpflichtige ohne entsprechende Änderungen zu ihren Lasten in anderen Veranlagungszeiträumen eine Begünstigung durch Anfechtung eines rechtswidrigen Steuerbescheides anstrebt. Vielmehr soll die Klägerin, wie sie zutreffend ausführt, aus grundsätzlichen "Vereinfachungsgründen" eine ihrer Ansicht nach nachteilige Berücksichtigung der Erstattungen akzeptieren. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass dem Beklagten bei einem von ihm wohl regelmäßig angewandten Vorgehen gemäß der OFD-Verfügung über die übliche Festsetzungsverjährung hinaus die Möglichkeit zur Änderung von Steuerbescheiden eröffnet werden sollte.

30

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Beklagten gemäß dem von ihm zitierten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. Mai 2001 (VIII R 44/00, Bundessteuerblatt II 2001, 562) wonach eine irrige Beurteilung eines Sachverhaltes im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bedeute, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweise.

31

Im Streitfall hat sich die Beurteilung des Sachverhalts nicht erst nachträglich als unrichtig erwiesen, der Beklagte wusste zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheides 2004 am 14. September 2009, dass dieser unrichtig ist.

32

Auch die weiteren Ausführungen des Urteils tragen die Auffassung des Beklagten nicht. So wird ausgeführt, dass Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO der einzelne Vorgang sei, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpfe. Unerheblich sei, ob der für die rechtsirrige Beurteilung des Sachverhaltes ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder Rechtlichen gelegen habe.

33

Der Senat erkennt nicht, inwieweit der streitige Sachverhalt unter diese Ausführungen zu subsumieren ist. Insbesondere ein Fehler im Tatsächlichen bedeutet nicht, dass eine von der korrekten Rechtslage bewusst abweichende Beurteilung zulässig sein soll. Vielmehr ergibt sich aus dem Grundtenor der Rechtsprechung, dass es hinsichtlich des Irrtums unmaßgeblich ist, auf welchen Umständen dieser beruht, nämlich einer falschen tatsächlichen oder rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes.

34

Wegen der im Streitfall nicht gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist auch § 174 Abs. 4 Satz 3 AO nicht anwendbar.

35

Nur durch die unzutreffende Anwendung dieser Vorschrift war dem Beklagten der Weg eröffnet, trotz Ablauf der Festsetzungsverjährung nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zum 31. Dezember 2011 für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 noch am 5. April 2012 Änderungsbescheide für diese Jahre zu erlassen. So bestimmt die Vorschrift des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist unbeachtlich ist, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden. Die Änderung des insoweit maßgeblichen fehlerhaften Steuerbescheides 2004 erfolgte durch das Urteil vom 24. August 2011 bzw. dem Eintritt seiner Rechtskraft am 21. Oktober 2011. Demzufolge wären nach Auffassung des Beklagten innerhalb eines Jahres die notwendigen Folgerungen aus seiner Änderung gezogen worden.

36

Zutreffend war die Auffassung des Beklagten, dass die Vorschriften des § 174 Abs. 4 Satz 4 AO in Verbindung mit § 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht anzuwenden waren, weil aufgrund des rückwirkenden Ereignisses der Feststellung von Erstattungsansprüchen mit Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007 über § 175 Abs. 1 Satz 2 AO noch im Jahre 2009 die Möglichkeit zur Änderung der Bescheide 2000-2003 bestand. So begann die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2007 bis zum Ende des Jahres 2011 zu laufen (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Nummer 2 AO).

37

Aus dem Vorgenannten ergibt sich aber, das nach dem 31. Dezember 2011 eine Änderung der Bescheide für 2000 bis 2003 gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1, 3 AO nicht mehr möglich war.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.10, 709, 711 ZPO.

40

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Die vorliegende Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen einer Änderung von Steuerbescheiden nach § 174 Abs. 4 AO ab.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. April 2014  2 K 1972/12 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erhielt im Jahr 2005 Kirchensteuererstattungen, die aus den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2003 resultieren. Mangels ausreichender in diesem Jahr gezahlter Kirchensteuer (vgl. Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007) entstand ein Erstattungsüberhang. Diesen verrechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit der im Jahr 2004 gezahlten Kirchensteuer und änderte am 14. September 2009 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) den Einkommensteuerbescheid 2004. Den danach noch verbleibenden Erstattungsüberhang verrechnete das FA mit den Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraums 2003.

2

Die Klägerin hatte mit der gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 gerichteten Klage Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied am 24. August 2011 in dem Rechtsstreit 2 K 1270/10, Erstattungsüberhänge bei der Kirchensteuer könnten auch aus Vereinfachungsgründen nicht in das jüngste Zahlungsjahr zurückgetragen werden, sondern seien dem jeweiligen Zahlungsjahr zuzuordnen. Damit waren im Veranlagungszeitraum 2004 nur noch Erstattungsüberhänge in Höhe von 11.199,24 € verrechenbar.

3

Das FA änderte daraufhin am 13. Dezember 2011 den Einkommensteuerbescheid 2004 den Vorgaben des Urteils entsprechend. Die nunmehr nicht berücksichtigten Erstattungsüberhänge übertrug das FA auf die weiteren Zahlungsjahre und änderte am 5. April 2012 gemäß § 174 Abs. 4 AO die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 zu Ungunsten der Klägerin.

4

Die Klägerin war und ist der Auffassung, beim Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids 2004 am 14. September 2009 sei für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Eine Änderung sei nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für 2004 und damit bis zur Rechtskraft des Urteils im Herbst 2011 zulässig gewesen. Ein Hinausschieben der durch ein rückwirkendes Ereignis geänderten Festsetzungsfrist sei auch nicht durch Bezugnahme auf § 174 Abs. 4 AO möglich, da diese Vorschrift im Streitfall nicht anwendbar sei, weil die fehlerhafte Erfassung des Sachverhalts nicht auf einer irrigen Beurteilung des FA beruht habe. Die Änderungspraxis des FA begegne tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Einkommensteuerbescheide vielfach geändert worden seien, sie, die Klägerin, jedoch einen Anspruch auf Rechtssicherheit habe.

5

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, das FA habe die Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 am 5. April 2012 wegen der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht ändern dürfen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1159). Der Eintritt der Festsetzungsverjährung zum 31. Dezember 2011 sei nicht durch § 174 Abs. 4 AO gehindert worden, da dessen Voraussetzungen mangels irriger Beurteilung des FA im Streitfall nicht erfüllt gewesen seien. Das FA habe trotz der ihm bekannten Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Kirchensteuererstattungen in den Veranlagungszeiträumen ihrer Zahlung den Erstattungsüberhang des Jahres 2005 mit den Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraumes 2004 verrechnet, obwohl es gewusst habe, dass seine Vorgehensweise nicht diesen Grundsätzen entspreche. Die fehlende Vereinbarkeit mit der geltenden Rechtslage ergebe sich auch aus der Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz (OFD) vom 11. April 2005 (S 2221 A - St 32 3), die sich in der Rechtsbehelfsakte wegen der Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 befinde. Von der in der Verfügung angeordneten Lösung für den Fall eines Antrags oder Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen habe das FA wissentlich keinen Gebrauch gemacht. Aufgrund des gesamten zeitlichen Ablaufes des Verfahrens sei der Rechtssicherheit für die Klägerin Vorrang vor dem Prinzip einer folgerichtigen Umsetzung des von ihr erstrittenen Urteils einzuräumen.

6

Das FA begründet seine Revision mit der fehlerhaften Auslegung des § 174 Abs. 4 AO durch das FG. Die eine Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO ermöglichende Änderung eines (anderen) Bescheids müsse nach dem Gesetzeswortlaut lediglich durch einen Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen ausgelöst worden sein (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Zweck der Vorschrift sei allein, nach antragsgemäßer Änderung des Steuerbescheids ggf. unter Durchbrechung der Bestandskraft die in einem anderen Steuerbescheid gezogenen steuerlichen Folgerungen rückgängig zu machen (BFH-Urteil vom 4. April 2001 XI R 59/00, BFHE 195, 286, BStBl II 2001, 564), die sich als unzutreffend erwiesen hätten (so auch Begründung des Gesetzentwurfs einer Abgabenordnung, BTDrucks VI/1982, S. 153, 154; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83).

7

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

§ 174 Abs. 4 AO sei im Streitfall nicht anwendbar, weil der unrichtigen Veranlagung keine irrige Beurteilung eines Sachverhaltes zugrunde gelegen habe. Das FA habe sich nicht in einem Irrtum befunden, sondern die durch die OFD vorgegebene Lösung wissentlich nicht angewendet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.

11

Das FG hat zu Unrecht entschieden, das FA habe die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nicht gemäß § 174 Abs. 4 AO ändern dürfen. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO waren im Streitfall erfüllt (unter 1.). Der Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 stand der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (unter 2.).

12

1. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird.

13

a) Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass § 174 Abs. 4 AO u.a. die Möglichkeit eröffnet, Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt, die zunächst nicht im "richtigen" Bescheid, sondern in einem anderen Verfahren gezogen worden sind, durch Erlass eines richtigen Bescheids nachzuholen (Senatsurteil vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751, unter 1.). Somit erfasst § 174 AO auch Sachverhalte wie den Streitfall, in denen die Finanzbehörde darüber irrt, in welchem Jahr die steuerrechtlichen Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt zu ziehen sind (s. Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1751, unter 1.), hier die streitgegenständliche Frage, in welche Veranlagungszeiträume der Erstattungsüberhang des Jahres 2005 zurückzutragen war. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch Einigkeit.

14

b) Nicht nur zwischen den Beteiligten, sondern auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum ist indes umstritten, wie das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" auszulegen ist.

15

aa) Zweifelsfrei ist die Beurteilung eines Sachverhalts irrig, wenn sie sich nachträglich als unrichtig erweist (vgl. BFH-Entscheidungen vom 16. Februar 1996 I R 150/94, BFHE 180, 8, BStBl II 1996, 417; vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647). Dabei ist unerheblich, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen liegt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277; vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471; vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, Rz 20; vom 19. August 2015 X R 50/13, BFHE 251, 389, Rz 34; vom 4. Februar 2016 III R 12/14, BFHE 253, 290, BStBl II 2016, 818, Rz 12, jeweils m.w.N.).

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bb) Fraglich und umstritten ist jedoch, ob eine irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 AO auch dann angenommen werden kann, wenn dem FA bei Erlass des Bescheids bereits dessen Fehlerhaftigkeit bekannt, d.h. es zu diesem Zeitpunkt subjektiv nicht der Auffassung war, eine richtige Beurteilung vorzunehmen.

17

(1) Ein Teil des Fachschrifttums und der Finanzgerichtsbarkeit geht davon aus --worauf die Klägerin und das FG hinweisen--, dass es an einer irrtümlichen Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 AO fehle, wenn das FA den Fehler vor Erlass des Steuerbescheids erkenne, den Steuerbescheid aber gleichwohl unverändert, also bewusst fehlerhaft erlasse (so z.B. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014  5 K 4719/10, juris, Revision X R 4/15; Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 171; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 60; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 236; nicht eindeutig von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 97, und Bartone in: Kühn/von Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 174 Rz 56; nicht streiterhebliche Bedenken äußerte auch der V. Senat in dem Beschluss vom 22. Dezember 1988 V B 148/87, BFH/NV 1990, 341, unter 1.b bb).

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(2) Demgegenüber haben sowohl der V. Senat in seinem späteren Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (BFH/NV 2004, 1497, unter II.1.) als auch der IV. Senat im Urteil in BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471, Rz 26 bereits ausdrücklich entschieden, eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Der Wortlaut des § 174 Abs. 4 AO enthalte keine weitere Einschränkung, nach der zwar eine Änderung des angefochtenen Bescheids aufgrund des Rechtsbehelfs zulässig sein solle, die Änderung der irrigen Beurteilung in anderen Bescheiden aber deswegen unterbleiben müsse, weil das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Gegen eine solche Auslegung spreche vor allem der Sinn des § 174 Abs. 4 AO. Die Vorschrift biete den Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen eine Ermächtigungsgrundlage dahingehend, den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen. Der Steuerpflichtige solle im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten habe, müsse auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (ebenso Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 45; Forchhammer in Leopold/ Madle/Rader AO, § 174, Rz 40).

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(3) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die gerade dargestellte Begründung, insbesondere auf den Telos der Vorschrift, den Steuerpflichtigen im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an dieser Auffassung festzuhalten.

20

(a) Es handelt sich dabei um eine besondere gesetzliche Ausformung des Grundsatzes von Treu und Glauben (s. Senatsurteil in BFHE 251, 389, Rz 42, m.w.N.). Durch § 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen (Senatsurteil vom 28. Januar 2009 X R 27/07, BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620, Rz 15). Wie der Große Senat des BFH entschieden hat, regelt die Vorschrift die verfahrensrechtlichen (inhaltlichen) Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Diese Aufhebung oder Änderung löst sodann --"nachträglich"-- die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid nunmehr eine "widerstreitende Steuerfestsetzung" enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83, unter C.II.1.; Senatsurteil in BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620, Rz 15).

21

(b) Zudem ist auf die erheblichen praktischen Schwierigkeiten hinzuweisen, unter denen die Vorschrift des § 174 AO dann nur angewendet werden könnte.

22

Würde gefordert, dass die Finanzverwaltung auch subjektiv der Auffassung gewesen sein müsse, nicht rechtswidrig zu handeln, müsste die Behörde --da es sich dann um eine Voraussetzung für ihre Änderungsbefugnis handelt-- jeweils darlegen und rechtfertigen, warum sie die sich später als richtig herausstellende Auffassung nicht bereits bei Erlass des fehlerhaften Steuerbescheids vertreten hatte. Es dürfte im Regelfall jedoch erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die Erwägungen daraufhin zu überprüfen, ob sie unter keinen Umständen vertretbar gewesen sind, um ein bewusst fehlerhaftes Handeln auszuschließen, wie der Streitfall zeigt.

23

(aa) Zunächst kann aus der Tatsache, dass in der Rechtsbehelfsakte der Streitjahre 2000 bis 2003 die OFD-Verfügung vom 11. April 2005 enthalten war, eine bewusst fehlerhafte Steuerfestsetzung durch das FA im Jahr 2009 nicht abgeleitet werden.

24

Zwar wird in dieser Verwaltungsanweisung die Auffassung vertreten, dass im Falle von Erstattungen für mehrere Jahre in einem Veranlagungszeitraum der verbleibende Erstattungsüberhang aus Vereinfachungsgründen zunächst in das jüngste Zahlungsjahr zurückzutragen sei. Erst wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Einspruchs oder Änderungsantrags eine abweichende, für ihn günstigere Form der Aufteilung beantrage, könne dem Einspruch bzw. dem Änderungsantrag durch die anteilige Aufteilung des Erstattungsüberhangs und Korrektur im jeweiligen Zahlungsjahr gefolgt werden. Die OFD-Verfügung befindet sich jedoch nicht in der insoweit relevanten Rechtsbehelfsakte für den Veranlagungszeitraum 2004, sondern in der Rechtsbehelfsakte für die Streitjahre 2000 bis 2003. Dass sie dem FA bereits in dem zeitlich vorgelagerten Rechtsbehelfsverfahren bezüglich der Veranlagung 2004 bekannt gewesen sein soll, kann --im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und des FG-- hieraus nicht gefolgert werden.

25

(bb) Aber auch aus anderen Gründen kann nicht von einer bewusst fehlerhaften Steuerfestsetzung 2004 ausgegangen werden.

26

Das FA hatte in dem Steuerbescheid 2004 vom 14. September 2009, in der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2010 sowie in dem finanzgerichtlichen Verfahren 2 K 1270/10 die Meinung vertreten, aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung eines Kaskadeneffektes sei der Erstattungsüberhang in das jüngste Zahlungsjahr 2004 zurückzutragen. Dass diese Auffassung in den Jahren 2009 und 2010 unter keinem rechtlichen Aspekt zu vertreten gewesen sein sollte, ist eher zu bezweifeln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung aus Gründen der Praktikabilität und auch der Rechtskontinuität bei in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie der Kirchensteuer am Grundsatz der Verrechnung im Erstattungsjahr festgehalten hat (s. Senatsurteil vom 26. Juni 1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646, unter II.2.). Deshalb konnte im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. die Rechtsprechung aus Vereinfachungsgründen auch eine vorrangige Verrechnung des Erstattungsüberhangs im ersten Zahlungsjahr erlauben würde. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die relevanten Senatsentscheidungen vom 2. September 2008 X R 46/07 (BFHE 222, 215, BStBl II 2009, 229), vom 9. Dezember 2009 X R 4/09 (BFH/NV 2010, 596) und vom 19. Januar 2010 X B 32/09 (BFH/NV 2010, 1250) stammen.

27

c) Die weiteren Voraussetzungen für eine Änderung der streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO sind --dies ist wiederum zwischen den Beteiligten unstreitig-- erfüllt.

28

d) Die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 war nicht wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung ausgeschlossen.

29

aa) Das FG hat den fehlerhaft geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14. September 2009 mit Urteil vom 24. August 2011 aufgehoben, das Urteil wurde im Oktober 2011 rechtskräftig. Das FA änderte zugunsten der Klägerin den Einkommensteuerbescheid am 13. Dezember 2011 (vgl. § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2000 bis 2003 ergingen am 5. April 2012, sie sind demnach binnen der Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO erlassen worden.

30

bb) Dem steht § 174 Abs. 4 Satz 4 AO nicht entgegen.

31

(1) Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO ist der Fristablauf für den Fall, dass die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO unbeachtlich. Der in Abs. 4 Satz 4 genannte "später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid" ist der auf Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 1993 I R 20/93, BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, unter II.B.5.; vom 23. Mai 1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89; vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073, unter II.b; BFH-Beschluss vom 8. Februar 2007 XI B 70/06, BFH/NV 2007, 1071, unter 2.), hier also der geänderte Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14. September 2009.

32

(2) Wie das FA und das FG zu Recht erkannt haben, war für die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 aufgrund des durch den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007 ermittelten Überhangs an erstatteter Kirchensteuer am 14. September 2009 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

33

Die Einkommensteuerbescheide hätten zu diesem Zeitpunkt noch gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden können, da der Erstattungsüberhang als rückwirkendes Ereignis den Sonderausgabenabzug in den Zahlungsjahren 2000 bis 2003 gemindert hätte (s. auch Senatsentscheidungen vom 28. Mai 1998 X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95, Rz 19 f., und in BFH/NV 2010, 1250, Rz 5). Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginnt in diesem Fall die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt, also im Streitfall mit Ablauf des Jahres 2007. Damit trat unter Berücksichtigung der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO für die Jahre 2000 bis 2003 die Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 ein, so dass der angefochtene Änderungsbescheid für 2004 vom 14. September 2009 in noch nicht festsetzungsverjährter Zeit ergangen ist. Damit kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht an.

34

2. Die Änderung der Steuerfestsetzungen 2000 bis 2003 verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

35

a) Da bereits die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO ihre Grundlage in dem Grundsatz von Treu und Glauben hat, darf sich das FA als derjenige, der daraus Vorteile zieht, nicht selbst treuwidrig verhalten.

36

Die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO kann damit beispielsweise ausgeschlossen sein, wenn die Möglichkeit bestünde, dass die Finanzbehörde ihr Änderungsrecht auf Grund eines entsprechenden vertrauensbegründenden Vorverhaltens verwirkt hat (noch offengelassen im BFH-Beschluss vom 10. Juli 2003 I B 150/02, BFH/NV 2003, 1535, unter II.1.). Eine weitere Konstellation für eine treuwidrige Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO kann darin zu sehen sein, dass sich die Finanzverwaltung absichtlich eine ansonsten nicht gegebene Voraussetzung einer Änderungsmöglichkeit gemäß § 174 Abs. 4 AO verschafft (so auch die Beispiele bei Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 171, und von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 97). Allein die abstrakte Besorgnis, die Zulässigkeit der Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO könne die Finanzverwaltung zum Missbrauch einladen, reicht indes nicht aus, um die Änderungsmöglichkeit allgemein einzuschränken, da dies den Kern des § 174 Abs. 4 AO berührte (ebenso zur im Grundsatz vergleichbaren Zulässigkeit der Fehlersaldierung gemäß § 177 AO, Senatsurteil vom 22. April 2015 X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334, Rz 33). Es bedarf vielmehr konkreter Indizien, die auf ein treuwidriges Verhalten hindeuten.

37

b) Diese sind im Streitfall nicht zu erkennen.

38

Das FA hätte am 8. Februar 2007, d.h. zu dem Zeitpunkt, in dem feststand, dass die im Jahr 2005 erstattete Kirchensteuer die in diesem Jahr gezahlte Kirchensteuer überstieg, die Steuerfestsetzungen der Jahre 2000 bis 2003 bereits ändern können und müssen (s. dazu auch oben unter II.1.d bb). Es hat durch das von ihm gewählte Verfahren keine ihm ansonsten nicht oder nicht mehr zustehende Änderungsmöglichkeit erhalten. Das FA hat vielmehr die ihm aufgrund des erfolgreichen Rechtsstreits der Klägerin eingeräumte Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO genutzt, um die materiell rechtmäßige Rechtslage herzustellen.

39

c) Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist --im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und des FG-- auch nicht dem konkreten Verfahrensablauf zu entnehmen.

40

aa) Das FA wusste zwar seit der Einkommensteuerveranlagung 2005 vom 8. Februar 2007, dass ein Kirchensteuererstattungsüberhang gegeben war und somit die Einkommensteuerfestsetzungen früherer Veranlagungszeiträume zu ändern waren. Die gesetzliche Festsetzungsverjährung für die davon betroffenen Veranlagungen trat aber erst zum 31. Dezember 2011 ein.

41

Dass das FA erst zwei Jahre nach Kenntnis, aber immer noch innerhalb der Festsetzungsfrist, die ersten --wenn auch nur teilweise richtigen-- Schlussfolgerungen aus dem Erstattungsüberhang gezogen und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2003 geändert hat, führt noch zu keinem Verstoß gegen Treu und Glauben. Dasselbe gilt für die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 am 5. April 2012: Auch hier wurde das FA fristgerecht noch innerhalb der Einjahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO tätig, da das finanzgerichtliche Urteil, das den Einkommensteuerbescheid 2004 änderte, im Oktober 2011 rechtskräftig wurde.

42

In einer solchen Konstellation, in der --soweit erkennbar-- keine Anhaltspunkte für einen besonderen Vertrauenstatbestand dergestalt gegeben sind, dass das FA nicht tätig werden würde, ist es nicht möglich, die gesetzlichen Verjährungsregelungen außer Acht zu lassen, um der Rechtssicherheit zugunsten des Steuerpflichtigen Vorrang einzuräumen.

43

bb) Dieser Vorrang kann sich auch nicht in den Fällen ergeben, in denen ein Einkommensteuerbescheid mehrfach geändert werden muss, um die materiell richtige Besteuerung zu gewährleisten. Daher kann dem Vorbringen der Klägerin auch darin nicht gefolgt werden, dass zumindest der Einkommensteuerbescheid 2003 nicht mehr zu ändern sei, weil dieser wegen des Kirchensteuerüberhangs 2005 bereits einmal geändert worden sei. Die in § 174 Abs. 4 AO getroffene Regelung beinhaltet eine eigenständige Änderungsmöglichkeit für den Fall, dass der Steuerpflichtige erfolgreich gegen einen anderen Bescheid vorgegangen ist.

44

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ehemaliger Kommanditist (Beteiligung: 52 %) der A-GmbH & Co. KG (im Folgenden: Produktionsgesellschaft). Weitere Gesellschafter der KG waren im Streitjahr die B-GmbH (Komplementärin), Frau C (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 3.) und Frau D (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 2.). Daneben war der Kläger zusammen mit den Beigeladenen zu 2. und 3. im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen Gesellschafter der E-GmbH (im Folgenden: Vertriebsgesellschaft) sowie der F Grundstücksverwaltungs GbR (im Folgenden: Besitzgesellschaft). Die Besitzgesellschaft wurde ab 2004 in die F Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG umgewandelt. Es bestand in dem Streitjahr eine (doppelte) Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft sowie der Vertriebsgesellschaft als Betriebsgesellschaften.

2

Die Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Vertriebsgesellschaft wurden im Jahr 2006 auf die G-GmbH & Co. KG --nunmehr umfirmiert in H-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1.)-- verschmolzen, welche zuvor die Kommanditanteile an der Produktionsgesellschaft im Wege der Sonderrechtsnachfolge von dem Kläger und den Beigeladenen zu 2. und 3. übernommen hatte. Das Vermögen der Produktionsgesellschaft ist der Beigeladenen zu 1. daher im Jahr 2006 angewachsen.

3

Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2002 erfasste die Produktionsgesellschaft eine am 23. Juli 2002 beschlossene Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von insgesamt 400.000 € - nebst den dazugehörigen Steuerabzugsbeträgen (80.000 € Kapitalertragsteuer, 4.400 € Solidaritätszuschlag). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 2. Oktober 2003 einen entsprechenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2002. Beide gingen übereinstimmend davon aus, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft Sonderbetriebsvermögen bei der Produktionsgesellschaft darstellten und Ausschüttungen dort zu erfassen seien.

4

Mit Urteil vom 2. April 2004  11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 981) entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Streitjahre 1995 bis 1997, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft darstellten und dass für diese eine eigene Gewinnfeststellung durchzuführen sei.

5

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Produktionsgesellschaft sowie der Besitzgesellschaft für die Jahre 2001 bis 2003 bzw. 2004 folgte der Prüfer dem FG-Urteil und erfasste die Anteile an der Vertriebsgesellschaft und damit auch die betreffenden Gewinnausschüttungen bei der Besitzgesellschaft. In dem Betriebsprüfungsbericht sind keine Hinweise über die Behandlung der entsprechenden Steuerabzugsbeträge enthalten.

6

Am 13. Februar 2007 erließ das FA einen (erstmaligen) Fest-stellungsbescheid für die Besitzgesellschaft für das Jahr 2002. Darin wurde die Ausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von 400.000 € erfasst, nicht jedoch die Steuerabzugsbeträge. Zugleich änderte das FA am 13. Februar 2007 den Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft, gerichtet an die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Produktionsgesellschaft, und minderte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend. Die Steuerabzugsbeträge wurden nicht geändert.

7

Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2007 wandte sich die Besitzgesellschaft mit dem als Einspruch bezeichneten Schreiben vom 13. März 2007 und beantragte, die auf die Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 80.000 € sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.400 € festzustellen und entsprechend dem Verteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen.

8

Mit Verfügungen vom 18. April 2007 zog das FA die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Beigeladenen zu 2. und 3. und den Kläger zum Rechtsbehelfsverfahren der Besitzgesellschaft (Feststellungen 2001 bis 2003) gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) hinzu.

9

Sodann erließ das FA am 22. Juni 2007 einen Abhilfebescheid gegenüber der Besitzgesellschaft, in dem die Steuerabzugsbeträge entsprechend festgestellt wurden. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2008, die auch den Hinzugezogenen bekannt gegeben wurde, entschied das FA, dass der Einspruch begründet sei.

10

Am 26. Juni 2007 erging ein nach § 174 AO geänderter Feststellungsbescheid für die Produktionsgesellschaft für das Jahr 2002, in dem die Einkünfte unverändert festgestellt wurden, der jedoch die streitgegenständlichen Steuerabzugsbeträge nicht mehr enthielt.

11

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 174 AO nicht vorlägen. Das FA verwarf den Einspruch des Klägers als unzulässig.

12

Das FG hat neben den Beigeladenen zu 2. und 3. auch die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren beigeladen.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den angefochtenen Feststellungsbescheid zu Recht gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO geändert habe. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung, die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf Feststellungsbescheide sinngemäß anwendbar sei, seien erfüllt. Die Entscheidungsgründe sind in EFG 2009, 1812 abgedruckt.

14

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO lägen nicht vor, da die Nachholung einer unterlassenen Feststellung keine Änderung im Sinne dieser Norm sei. Das als Einspruch bezeichnete Schreiben vom 13. März 2007 der Besitzgesellschaft stelle keinen Rechtsbehelf oder Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Ein Einspruch scheide aus, da es an einem Verwaltungsakt fehle, gegen den sich die Besitzgesellschaft habe wenden können. Jede einzelne Besteuerungsgrundlage eines Feststellungsbescheids erwachse in Bestandskraft und sei daher als eigenständiger Verwaltungsakt einzustufen. Da weder eine positive noch eine negative Feststellung der Steueranrechnungsbeträge vorgenommen worden sei, fehle es an einem Verwaltungsakt, gegen den Einspruch eingelegt worden sein könnte. Anders als das FG meine, könne der (einheitliche) Feststellungsbescheid nicht auch zumindest einen einheitlichen Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO darstellen, da dieser über die Feststellungen der einzelnen Besteuerungsgrundlagen hinaus keinen weiteren Regelungsgehalt habe.

15

Das Schreiben sei als Antrag auf den erstmaligen Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO auszulegen. Ein solcher Antrag stelle aber keinen Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Denn es fehle an der Ursächlichkeit des Schreibens vom 13. März 2007 für die Aufhebung bzw. Änderung des Feststellungsbescheids der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007.

16

Es fehle auch an der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts. Die bewusst herbeigeführte Fehlerhaftigkeit lasse sich nicht darunter subsumieren. Im Streitfall habe das FA die Feststellung der Steueranrechnungsbeträge aus verfahrensökonomischen Gründen weiterhin bei der Produktionsgesellschaft belassen und deshalb bewusst eine Zuordnung und Feststellung bei der Besitzgesellschaft unterlassen.

17

Eine Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids könne auch nicht auf § 174 Abs. 2 AO gestützt werden. Eine Berichtigung gemäß § 129 AO komme ebenfalls nicht in Betracht.

18

Die Voraussetzungen für eine Änderung lägen auch deshalb nicht vor, weil die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Produktionsgesellschaft gewesen seien. Die Besitzgesellschaft sei in dem Streitjahr Besitzunternehmen für zwei Betriebsunternehmen, nämlich die Produktionsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft gewesen. Die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft erfüllten sowohl bei der Besitzgesellschaft als auch bei der Produktionsgesellschaft die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II. In diesem Fall gleichrangigen Sonderbetriebsvermögens II obliege es dem Steuerpflichtigen, die Zuordnung zu einem Sonderbetriebsvermögen zu treffen. Hier sei das Wahlrecht dahin ausgeübt worden, dass die Anteile der Produktionsgesellschaft zugeordnet worden seien. Der angefochtene Bescheid habe deshalb nicht ergehen dürfen.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der Vorentscheidung. Ergänzend weist das FA darauf hin, dass eine irrige Beurteilung auch vorliege, wenn das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe.

22

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

24

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den an die Produktionsgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid 2002 vom 13. Februar 2007 nach § 174 Abs. 4 AO ändern konnte. Der streitgegenständliche geänderte Feststellungsbescheid 2002 vom 26. Juni 2007 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

25

1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

26

a) Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562, und vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, jeweils m.w.N.). Eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt hat. Der Steuerpflichtige soll vielmehr im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497).

27

b) Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der Feststellungsbeteiligte nicht Dritter im Sinne der Regelung ist (BFH-Urteile vom 15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914, und vom 5. November 2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593).

28

2. Der an die Produktionsgesellschaft gerichtete Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 durfte daher gemäß § 174 Abs. 4 AO durch den Feststellungsbescheid vom 26. Juni 2007 geändert werden.

29

a) Der hier zu beurteilende einheitliche Lebenssachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist darin zu sehen, dass die Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter, den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3., unter Einbehaltung von Steuerabzugsbeträgen vorgenommen hat. Diesen Sachverhalt hat das FA insoweit zutreffend beurteilt, als es die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft erfasst hat. Es hat den Sachverhalt aber insoweit irrig beurteilt, als es die damit zusammenhängenden, einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht ebenfalls bei der Besitzgesellschaft als anrechenbar gesondert und einheitlich festgestellt hat.

30

aa) Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft und nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten bei der Produktionsgesellschaft zuzuordnen waren. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft erfüllt danach nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft. Auch bei Letzterer war die Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zu dienen (so bereits entschieden in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Jahre 1995 und 1996: BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). In dem Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 war der BFH ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz einer Zuordnungsentscheidung enthoben. Er hat in den die Entscheidung betreffenden Streitjahren ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz ohne weitere rechtliche Prüfung die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft zugeordnet. Denn einer evtl. anderweitigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft stand bereits das rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige Feststellung, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft zuzuordnen sind, war der BFH gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO im Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 daher gebunden. Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass weder das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 noch das BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 materielle Bindungswirkung gemäß § 110 Abs. 1 FGO für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Streitjahr entfalten.

31

Gleichwohl hält der Senat die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft auch unter Berücksichtigung der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz für zutreffend. Für die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz sind zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht dabei die zeitliche Abfolge. Ist ein Wirtschaftsgut danach vor der Entstehung der Bilanzierungskonkurrenz zu Recht einem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet worden, kann die spätere Entstehung der Konkurrenz eine Änderung der Zuordnung zu einem anderen Sonderbetriebsvermögen nicht begründen. Die Änderung in der Zuordnung setzt insoweit eine Entnahme oder Veräußerung des Wirtschaftsguts aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen voraus. Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Danach geht etwa Sonderbetriebsvermögen I bei einer Mitunternehmerschaft dem Sonderbetriebsvermögen II bei einer anderen Mitunternehmerschaft vor (BFH-Urteil vom 6. Oktober 1987 VIII R 137/84, BFHE 152, 446, BStBl II 1988, 679).

32

Im Streitfall war die Zuordnung der Anteile der Vertriebsgesellschaft auf Grund der Änderung der Rechtsprechung zur Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der Gesellschafter der Besitzgesellschaft bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325) erst zu einem Zeitpunkt zu treffen, zu dem die Bilanzierungskonkurrenz bereits bestand. Folge der Rechtsprechungsänderung war, dass nunmehr die Besitzgesellschaft erstmals steuerlich erfasst und das Betriebsgrundstück deren (Sonder-)Betriebsvermögen zugeordnet wurde. Die steuerliche Verselbständigung der Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erforderte darüber hinaus, dass die Zuordnung der bisher im Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft erfassten Anteile an der Vertriebsgesellschaft ebenfalls im Lichte der bestehenden mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erstmals zuzuordnen waren. Es fehlte mithin an der zeitlich bedingten vorrangigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft. Die Anteile erfüllten vielmehr sowohl bei der Produktionsgesellschaft als auch bei der Besitzgesellschaft die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen II.

33

Die danach qualitativen Kriterien folgende Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens führt nach Auffassung des Senats zur Auflösung der Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzgesellschaft. Die die Betriebsaufspaltung mitbegründende Grundstücksvermietung (sachliche Verflechtung) bildet das Bindeglied zwischen allen drei Gesellschaften. Die enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit legt es nahe, faktisch nur von dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auszugehen. Dieser Umstand lässt es jedenfalls im Streitfall gerechtfertigt erscheinen, die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft so vorzunehmen, als ob auf Seiten der Betriebsgesellschaft keine weitere (Betriebs-)Aufspaltung vorgelegen hätte. Da die Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei einer einfachen mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, wie ausgeführt, dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zuzuordnen sind, muss dies im Streitfall gleichermaßen für die Anteile an der Vertriebsgesellschaft gelten. Ein Zuordnungswahlrecht, wie von dem Kläger gefordert, besteht nicht.

34

bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FA zutreffend die im Streitjahr erfolgten Gewinnausschüttungen der Vertriebsgesellschaft an ihre Gesellschafter als deren Sonderbetriebseinnahmen in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 erfasst. Soweit das FA demgegenüber die Steuerabzugsbeträge nicht in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft, sondern in dem insoweit wiederholenden Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft gleichen Datums gesondert und einheitlich festgestellt hat, liegt dem eine irrige Beurteilung des Sachverhalts zu Grunde. Wie unter II.1.a ausgeführt, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob das FA die Steuerabzugsbeträge bewusst fehlerhaft bei der Produktionsgesellschaft festgestellt oder sich bezüglich der Zuordnung der Steuerabzugsbeträge nur in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geirrt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das FA, wie der Kläger ohne nähere Substantiierung vorträgt, die Steuerabzugsbeträge aus Vereinfachungsgründen in dem an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid nicht erfasst hat. Denn auch dies stünde der Annahme einer irrigen Beurteilung nicht entgegen.

35

b) Der Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 ist auch auf den Einspruch der Besitzgesellschaft geändert worden. Anders als der Kläger meint, ist eine Feststellung der Steuerabzugsbeträge bei der Besitzgesellschaft in dem Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 nicht unterblieben. Die Feststellungen des FG lassen vielmehr den Schluss zu, dass in dem Feststellungsbescheid auch die negative Feststellung enthalten ist, dass die von der Vertriebsgesellschaft einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht bei der Besitzgesellschaft zu berücksichtigen sind.

36

aa) Ob eine als Verwaltungsakt i.S. von § 118 Satz 1 AO zu qualifizierende Regelung vorliegt und welchen Regelungsinhalt ein Verwaltungsakt hat, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen --nach seinem "objektiven Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)-- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 18. April 1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675, und vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

37

Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes kommt es somit nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Es kommt auch nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste (BFH-Urteil vom 30. September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Weil der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293, und in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96; BFH-Beschluss vom 16. März 2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103). Maßgebend sind deshalb auch nicht die erst nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zutage tretenden Umstände (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758). Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

38

Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Der BFH ist nicht an die Auslegung eines Feststellungsbescheids durch das FG gebunden. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht vielmehr in eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

39

bb) Nach diesen Auslegungsmaßstäben und nach den besonderen Umständen des Streitfalles konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. als von der hier streitigen Regelung betroffene Inhaltsadressaten des an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheids vom 13. Februar 2007 diesen nur dahin gehend verstehen, dass neben der Erfassung der Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft zugleich negativ festgestellt worden ist, dass für das Streitjahr bei der Besitzgesellschaft keine anrechenbaren Steuerabzugsbeträge festzustellen sind. Zwar ist dem FG zuzugeben, dass der Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 keine ausdrückliche positive oder negative Feststellung hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge enthält. Im Rahmen der Auslegung des Regelungsgehalts dieses Feststellungsbescheids kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass unter dem gleichen Datum gegenüber der Produktionsgesellschaft ein geänderter Feststellungsbescheid bekannt gegeben worden ist, in dem die bisher bei der Produktionsgesellschaft erfasste Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft nicht mehr bei den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. berücksichtigt, gleichwohl aber die mit dieser Gewinnausschüttung im Zusammenhang stehenden Steuerabzugsbeträge als anrechenbar festgestellt worden sind. Von der Änderung betroffene Inhaltsadressaten beider Feststellungsbescheide waren der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. Wie der Kläger selber einräumt, sind die Steueranrechnungsbeträge akzessorisch zu der Gewinnausschüttung. Es lag für den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. deshalb ohne weiteres auf der Hand, dass die Gewinnausschüttung und die damit zusammenhängenden Steuerabzugsbeträge entweder bei der Besitzgesellschaft oder bei der Produktionsgesellschaft zu berücksichtigen waren. Aus Sicht des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. war deshalb in den jeweiligen Feststellungsbescheiden über beide Sachverhalte einheitlich zu entscheiden. Soweit das FA davon abweichend die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft im Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft und die darauf entfallenden anrechenbaren Steuerabzugsbeträge im Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft berücksichtigt hat, konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. den Regelungsgehalt des erstgenannten Bescheids nur dahin verstehen, dass eine rechtlich gebotene Feststellung der anrechenbaren Steuerabzugsbeträge jedenfalls konkludent negativ beschieden worden ist, da die Steuerabzugsbeträge in dem Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft erfasst waren.

40

cc) Der so auszulegende negative Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft ist auch auf deren Einspruch zu ihren Gunsten insoweit geändert worden, als die Steuerabzugsbeträge in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2007 nunmehr positiv festgestellt worden sind. Da die von der Änderung betroffenen Gesellschafter der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft in den Streitjahren identisch waren, konnte das FA aus der Änderung des Feststellungsbescheids zu Gunsten der Besitzgesellschaft auch die richtigen steuerlichen Folgerungen durch die Änderung des Feststellungsbescheids der Produktionsgesellschaft ziehen und die dort getroffene Feststellung der Steuerabzugsbeträge aufheben. Der gleichwohl erfolgten Hinzuziehung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zum Vorverfahren gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hätte es daher nicht bedurft, um die Rechtsfolgen des § 174 Abs. 4 AO auch auf diese zu erstrecken.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 2 und Abs. 5, 139 Abs. 4 FGO. Der Senat hält es für ermessensgerecht, dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. die Kosten nicht nach Kopfteilen, sondern entsprechend ihrer Beteiligung im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418).

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. Wird eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 2 ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde abgegeben, gilt § 170 Absatz 3 sinngemäß. In den Fällen des § 180 Absatz 1a ist keine Erklärung zur gesonderten Feststellung abzugeben; als Steuererklärung nach § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 gilt in diesem Fall die Steuererklärung, für deren Besteuerungszeitraum der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet.

(2) Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung hat derjenige abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. Erklärungspflichtig sind insbesondere

1.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist;
2.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b der Unternehmer;
3.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den Wirtschaftsgütern, Schulden oder sonstigen Abzügen zuzurechnen ist;
4.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 3 auch die in § 34 bezeichneten Personen.
Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

(2a) Die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben.

(3) Die Frist für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten oder von Grundsteuerwerten (Feststellungsfrist) beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung eines Einheitswerts oder eines Grundsteuerwerts vorzunehmen ist. Ist eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Einheitswerts oder des Grundsteuerwerts abzugeben, beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung oder die Grundsteuerwertfeststellung vorzunehmen oder aufzuheben ist. Wird der Beginn der Feststellungsfrist nach Satz 2 hinausgeschoben, wird der Beginn der Feststellungsfrist für die weiteren Feststellungszeitpunkte des Hauptfeststellungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 beginnt die Feststellungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, auf dessen Beginn der Einheitswert oder der Grundsteuerwert erstmals steuerlich anzuwenden ist.

(5) Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 außer Betracht. Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen. § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ehemaliger Kommanditist (Beteiligung: 52 %) der A-GmbH & Co. KG (im Folgenden: Produktionsgesellschaft). Weitere Gesellschafter der KG waren im Streitjahr die B-GmbH (Komplementärin), Frau C (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 3.) und Frau D (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 2.). Daneben war der Kläger zusammen mit den Beigeladenen zu 2. und 3. im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen Gesellschafter der E-GmbH (im Folgenden: Vertriebsgesellschaft) sowie der F Grundstücksverwaltungs GbR (im Folgenden: Besitzgesellschaft). Die Besitzgesellschaft wurde ab 2004 in die F Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG umgewandelt. Es bestand in dem Streitjahr eine (doppelte) Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft sowie der Vertriebsgesellschaft als Betriebsgesellschaften.

2

Die Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Vertriebsgesellschaft wurden im Jahr 2006 auf die G-GmbH & Co. KG --nunmehr umfirmiert in H-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1.)-- verschmolzen, welche zuvor die Kommanditanteile an der Produktionsgesellschaft im Wege der Sonderrechtsnachfolge von dem Kläger und den Beigeladenen zu 2. und 3. übernommen hatte. Das Vermögen der Produktionsgesellschaft ist der Beigeladenen zu 1. daher im Jahr 2006 angewachsen.

3

Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2002 erfasste die Produktionsgesellschaft eine am 23. Juli 2002 beschlossene Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von insgesamt 400.000 € - nebst den dazugehörigen Steuerabzugsbeträgen (80.000 € Kapitalertragsteuer, 4.400 € Solidaritätszuschlag). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 2. Oktober 2003 einen entsprechenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2002. Beide gingen übereinstimmend davon aus, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft Sonderbetriebsvermögen bei der Produktionsgesellschaft darstellten und Ausschüttungen dort zu erfassen seien.

4

Mit Urteil vom 2. April 2004  11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 981) entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Streitjahre 1995 bis 1997, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft darstellten und dass für diese eine eigene Gewinnfeststellung durchzuführen sei.

5

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Produktionsgesellschaft sowie der Besitzgesellschaft für die Jahre 2001 bis 2003 bzw. 2004 folgte der Prüfer dem FG-Urteil und erfasste die Anteile an der Vertriebsgesellschaft und damit auch die betreffenden Gewinnausschüttungen bei der Besitzgesellschaft. In dem Betriebsprüfungsbericht sind keine Hinweise über die Behandlung der entsprechenden Steuerabzugsbeträge enthalten.

6

Am 13. Februar 2007 erließ das FA einen (erstmaligen) Fest-stellungsbescheid für die Besitzgesellschaft für das Jahr 2002. Darin wurde die Ausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von 400.000 € erfasst, nicht jedoch die Steuerabzugsbeträge. Zugleich änderte das FA am 13. Februar 2007 den Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft, gerichtet an die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Produktionsgesellschaft, und minderte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend. Die Steuerabzugsbeträge wurden nicht geändert.

7

Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2007 wandte sich die Besitzgesellschaft mit dem als Einspruch bezeichneten Schreiben vom 13. März 2007 und beantragte, die auf die Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 80.000 € sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.400 € festzustellen und entsprechend dem Verteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen.

8

Mit Verfügungen vom 18. April 2007 zog das FA die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Beigeladenen zu 2. und 3. und den Kläger zum Rechtsbehelfsverfahren der Besitzgesellschaft (Feststellungen 2001 bis 2003) gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) hinzu.

9

Sodann erließ das FA am 22. Juni 2007 einen Abhilfebescheid gegenüber der Besitzgesellschaft, in dem die Steuerabzugsbeträge entsprechend festgestellt wurden. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2008, die auch den Hinzugezogenen bekannt gegeben wurde, entschied das FA, dass der Einspruch begründet sei.

10

Am 26. Juni 2007 erging ein nach § 174 AO geänderter Feststellungsbescheid für die Produktionsgesellschaft für das Jahr 2002, in dem die Einkünfte unverändert festgestellt wurden, der jedoch die streitgegenständlichen Steuerabzugsbeträge nicht mehr enthielt.

11

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 174 AO nicht vorlägen. Das FA verwarf den Einspruch des Klägers als unzulässig.

12

Das FG hat neben den Beigeladenen zu 2. und 3. auch die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren beigeladen.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den angefochtenen Feststellungsbescheid zu Recht gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO geändert habe. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung, die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf Feststellungsbescheide sinngemäß anwendbar sei, seien erfüllt. Die Entscheidungsgründe sind in EFG 2009, 1812 abgedruckt.

14

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO lägen nicht vor, da die Nachholung einer unterlassenen Feststellung keine Änderung im Sinne dieser Norm sei. Das als Einspruch bezeichnete Schreiben vom 13. März 2007 der Besitzgesellschaft stelle keinen Rechtsbehelf oder Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Ein Einspruch scheide aus, da es an einem Verwaltungsakt fehle, gegen den sich die Besitzgesellschaft habe wenden können. Jede einzelne Besteuerungsgrundlage eines Feststellungsbescheids erwachse in Bestandskraft und sei daher als eigenständiger Verwaltungsakt einzustufen. Da weder eine positive noch eine negative Feststellung der Steueranrechnungsbeträge vorgenommen worden sei, fehle es an einem Verwaltungsakt, gegen den Einspruch eingelegt worden sein könnte. Anders als das FG meine, könne der (einheitliche) Feststellungsbescheid nicht auch zumindest einen einheitlichen Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO darstellen, da dieser über die Feststellungen der einzelnen Besteuerungsgrundlagen hinaus keinen weiteren Regelungsgehalt habe.

15

Das Schreiben sei als Antrag auf den erstmaligen Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO auszulegen. Ein solcher Antrag stelle aber keinen Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Denn es fehle an der Ursächlichkeit des Schreibens vom 13. März 2007 für die Aufhebung bzw. Änderung des Feststellungsbescheids der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007.

16

Es fehle auch an der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts. Die bewusst herbeigeführte Fehlerhaftigkeit lasse sich nicht darunter subsumieren. Im Streitfall habe das FA die Feststellung der Steueranrechnungsbeträge aus verfahrensökonomischen Gründen weiterhin bei der Produktionsgesellschaft belassen und deshalb bewusst eine Zuordnung und Feststellung bei der Besitzgesellschaft unterlassen.

17

Eine Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids könne auch nicht auf § 174 Abs. 2 AO gestützt werden. Eine Berichtigung gemäß § 129 AO komme ebenfalls nicht in Betracht.

18

Die Voraussetzungen für eine Änderung lägen auch deshalb nicht vor, weil die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Produktionsgesellschaft gewesen seien. Die Besitzgesellschaft sei in dem Streitjahr Besitzunternehmen für zwei Betriebsunternehmen, nämlich die Produktionsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft gewesen. Die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft erfüllten sowohl bei der Besitzgesellschaft als auch bei der Produktionsgesellschaft die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II. In diesem Fall gleichrangigen Sonderbetriebsvermögens II obliege es dem Steuerpflichtigen, die Zuordnung zu einem Sonderbetriebsvermögen zu treffen. Hier sei das Wahlrecht dahin ausgeübt worden, dass die Anteile der Produktionsgesellschaft zugeordnet worden seien. Der angefochtene Bescheid habe deshalb nicht ergehen dürfen.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der Vorentscheidung. Ergänzend weist das FA darauf hin, dass eine irrige Beurteilung auch vorliege, wenn das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe.

22

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

24

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den an die Produktionsgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid 2002 vom 13. Februar 2007 nach § 174 Abs. 4 AO ändern konnte. Der streitgegenständliche geänderte Feststellungsbescheid 2002 vom 26. Juni 2007 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

25

1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

26

a) Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562, und vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, jeweils m.w.N.). Eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt hat. Der Steuerpflichtige soll vielmehr im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497).

27

b) Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der Feststellungsbeteiligte nicht Dritter im Sinne der Regelung ist (BFH-Urteile vom 15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914, und vom 5. November 2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593).

28

2. Der an die Produktionsgesellschaft gerichtete Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 durfte daher gemäß § 174 Abs. 4 AO durch den Feststellungsbescheid vom 26. Juni 2007 geändert werden.

29

a) Der hier zu beurteilende einheitliche Lebenssachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist darin zu sehen, dass die Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter, den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3., unter Einbehaltung von Steuerabzugsbeträgen vorgenommen hat. Diesen Sachverhalt hat das FA insoweit zutreffend beurteilt, als es die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft erfasst hat. Es hat den Sachverhalt aber insoweit irrig beurteilt, als es die damit zusammenhängenden, einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht ebenfalls bei der Besitzgesellschaft als anrechenbar gesondert und einheitlich festgestellt hat.

30

aa) Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft und nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten bei der Produktionsgesellschaft zuzuordnen waren. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft erfüllt danach nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft. Auch bei Letzterer war die Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zu dienen (so bereits entschieden in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Jahre 1995 und 1996: BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). In dem Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 war der BFH ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz einer Zuordnungsentscheidung enthoben. Er hat in den die Entscheidung betreffenden Streitjahren ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz ohne weitere rechtliche Prüfung die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft zugeordnet. Denn einer evtl. anderweitigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft stand bereits das rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige Feststellung, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft zuzuordnen sind, war der BFH gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO im Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 daher gebunden. Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass weder das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 noch das BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 materielle Bindungswirkung gemäß § 110 Abs. 1 FGO für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Streitjahr entfalten.

31

Gleichwohl hält der Senat die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft auch unter Berücksichtigung der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz für zutreffend. Für die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz sind zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht dabei die zeitliche Abfolge. Ist ein Wirtschaftsgut danach vor der Entstehung der Bilanzierungskonkurrenz zu Recht einem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet worden, kann die spätere Entstehung der Konkurrenz eine Änderung der Zuordnung zu einem anderen Sonderbetriebsvermögen nicht begründen. Die Änderung in der Zuordnung setzt insoweit eine Entnahme oder Veräußerung des Wirtschaftsguts aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen voraus. Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Danach geht etwa Sonderbetriebsvermögen I bei einer Mitunternehmerschaft dem Sonderbetriebsvermögen II bei einer anderen Mitunternehmerschaft vor (BFH-Urteil vom 6. Oktober 1987 VIII R 137/84, BFHE 152, 446, BStBl II 1988, 679).

32

Im Streitfall war die Zuordnung der Anteile der Vertriebsgesellschaft auf Grund der Änderung der Rechtsprechung zur Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der Gesellschafter der Besitzgesellschaft bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325) erst zu einem Zeitpunkt zu treffen, zu dem die Bilanzierungskonkurrenz bereits bestand. Folge der Rechtsprechungsänderung war, dass nunmehr die Besitzgesellschaft erstmals steuerlich erfasst und das Betriebsgrundstück deren (Sonder-)Betriebsvermögen zugeordnet wurde. Die steuerliche Verselbständigung der Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erforderte darüber hinaus, dass die Zuordnung der bisher im Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft erfassten Anteile an der Vertriebsgesellschaft ebenfalls im Lichte der bestehenden mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erstmals zuzuordnen waren. Es fehlte mithin an der zeitlich bedingten vorrangigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft. Die Anteile erfüllten vielmehr sowohl bei der Produktionsgesellschaft als auch bei der Besitzgesellschaft die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen II.

33

Die danach qualitativen Kriterien folgende Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens führt nach Auffassung des Senats zur Auflösung der Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzgesellschaft. Die die Betriebsaufspaltung mitbegründende Grundstücksvermietung (sachliche Verflechtung) bildet das Bindeglied zwischen allen drei Gesellschaften. Die enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit legt es nahe, faktisch nur von dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auszugehen. Dieser Umstand lässt es jedenfalls im Streitfall gerechtfertigt erscheinen, die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft so vorzunehmen, als ob auf Seiten der Betriebsgesellschaft keine weitere (Betriebs-)Aufspaltung vorgelegen hätte. Da die Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei einer einfachen mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, wie ausgeführt, dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zuzuordnen sind, muss dies im Streitfall gleichermaßen für die Anteile an der Vertriebsgesellschaft gelten. Ein Zuordnungswahlrecht, wie von dem Kläger gefordert, besteht nicht.

34

bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FA zutreffend die im Streitjahr erfolgten Gewinnausschüttungen der Vertriebsgesellschaft an ihre Gesellschafter als deren Sonderbetriebseinnahmen in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 erfasst. Soweit das FA demgegenüber die Steuerabzugsbeträge nicht in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft, sondern in dem insoweit wiederholenden Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft gleichen Datums gesondert und einheitlich festgestellt hat, liegt dem eine irrige Beurteilung des Sachverhalts zu Grunde. Wie unter II.1.a ausgeführt, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob das FA die Steuerabzugsbeträge bewusst fehlerhaft bei der Produktionsgesellschaft festgestellt oder sich bezüglich der Zuordnung der Steuerabzugsbeträge nur in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geirrt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das FA, wie der Kläger ohne nähere Substantiierung vorträgt, die Steuerabzugsbeträge aus Vereinfachungsgründen in dem an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid nicht erfasst hat. Denn auch dies stünde der Annahme einer irrigen Beurteilung nicht entgegen.

35

b) Der Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 ist auch auf den Einspruch der Besitzgesellschaft geändert worden. Anders als der Kläger meint, ist eine Feststellung der Steuerabzugsbeträge bei der Besitzgesellschaft in dem Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 nicht unterblieben. Die Feststellungen des FG lassen vielmehr den Schluss zu, dass in dem Feststellungsbescheid auch die negative Feststellung enthalten ist, dass die von der Vertriebsgesellschaft einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht bei der Besitzgesellschaft zu berücksichtigen sind.

36

aa) Ob eine als Verwaltungsakt i.S. von § 118 Satz 1 AO zu qualifizierende Regelung vorliegt und welchen Regelungsinhalt ein Verwaltungsakt hat, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen --nach seinem "objektiven Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)-- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 18. April 1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675, und vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

37

Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes kommt es somit nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Es kommt auch nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste (BFH-Urteil vom 30. September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Weil der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293, und in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96; BFH-Beschluss vom 16. März 2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103). Maßgebend sind deshalb auch nicht die erst nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zutage tretenden Umstände (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758). Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

38

Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Der BFH ist nicht an die Auslegung eines Feststellungsbescheids durch das FG gebunden. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht vielmehr in eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

39

bb) Nach diesen Auslegungsmaßstäben und nach den besonderen Umständen des Streitfalles konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. als von der hier streitigen Regelung betroffene Inhaltsadressaten des an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheids vom 13. Februar 2007 diesen nur dahin gehend verstehen, dass neben der Erfassung der Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft zugleich negativ festgestellt worden ist, dass für das Streitjahr bei der Besitzgesellschaft keine anrechenbaren Steuerabzugsbeträge festzustellen sind. Zwar ist dem FG zuzugeben, dass der Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 keine ausdrückliche positive oder negative Feststellung hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge enthält. Im Rahmen der Auslegung des Regelungsgehalts dieses Feststellungsbescheids kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass unter dem gleichen Datum gegenüber der Produktionsgesellschaft ein geänderter Feststellungsbescheid bekannt gegeben worden ist, in dem die bisher bei der Produktionsgesellschaft erfasste Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft nicht mehr bei den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. berücksichtigt, gleichwohl aber die mit dieser Gewinnausschüttung im Zusammenhang stehenden Steuerabzugsbeträge als anrechenbar festgestellt worden sind. Von der Änderung betroffene Inhaltsadressaten beider Feststellungsbescheide waren der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. Wie der Kläger selber einräumt, sind die Steueranrechnungsbeträge akzessorisch zu der Gewinnausschüttung. Es lag für den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. deshalb ohne weiteres auf der Hand, dass die Gewinnausschüttung und die damit zusammenhängenden Steuerabzugsbeträge entweder bei der Besitzgesellschaft oder bei der Produktionsgesellschaft zu berücksichtigen waren. Aus Sicht des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. war deshalb in den jeweiligen Feststellungsbescheiden über beide Sachverhalte einheitlich zu entscheiden. Soweit das FA davon abweichend die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft im Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft und die darauf entfallenden anrechenbaren Steuerabzugsbeträge im Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft berücksichtigt hat, konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. den Regelungsgehalt des erstgenannten Bescheids nur dahin verstehen, dass eine rechtlich gebotene Feststellung der anrechenbaren Steuerabzugsbeträge jedenfalls konkludent negativ beschieden worden ist, da die Steuerabzugsbeträge in dem Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft erfasst waren.

40

cc) Der so auszulegende negative Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft ist auch auf deren Einspruch zu ihren Gunsten insoweit geändert worden, als die Steuerabzugsbeträge in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2007 nunmehr positiv festgestellt worden sind. Da die von der Änderung betroffenen Gesellschafter der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft in den Streitjahren identisch waren, konnte das FA aus der Änderung des Feststellungsbescheids zu Gunsten der Besitzgesellschaft auch die richtigen steuerlichen Folgerungen durch die Änderung des Feststellungsbescheids der Produktionsgesellschaft ziehen und die dort getroffene Feststellung der Steuerabzugsbeträge aufheben. Der gleichwohl erfolgten Hinzuziehung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zum Vorverfahren gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hätte es daher nicht bedurft, um die Rechtsfolgen des § 174 Abs. 4 AO auch auf diese zu erstrecken.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 2 und Abs. 5, 139 Abs. 4 FGO. Der Senat hält es für ermessensgerecht, dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. die Kosten nicht nach Kopfteilen, sondern entsprechend ihrer Beteiligung im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418).

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berechtigt war, die Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr (1990) nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Jahren 1990 bis 1992 an einer irischen Kapitalanlagegesellschaft (B) beteiligt. Das Vermögen der B bestand aus verschiedenen Wertpapieren, aus denen sie Erträge erzielte. Im Streitjahr waren die Anteile an der B in der Bilanz des Klägers unter dem Bilanzposten "Beteiligung" erfasst. Die Erträge aus der Beteiligung behandelte der Kläger nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17. Oktober 1962 (BGBl II 1964, 267, BStBl I 1964, 321) als steuerfreie Ausschüttungen.

3

Dem folgte das FA zunächst, sah dann aber in der "Zwischenschaltung" der B einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO und löste den Bilanzposten "Beteiligung" gewinnmindernd auf. Stattdessen erfasste es unter dem Konto "Sammelposten" erfolgswirksam die Wertpapiere, Debitoren, Geldkonten, Kreditoren und das Kapitalkonto der B. Die Steuerfreistellung der ausländischen Einkünfte entfiel im Streitjahr und in den darauffolgenden Jahren. Die Anrechnung ausländischer Quellensteuer unterblieb. Die in der Gewinn- und Verlust-Rechnung der B ausgewiesenen Betriebsausgaben ließ das FA nicht zum Betriebsausgabenabzug zu, berücksichtigte aber pauschal 0,3 v.H. der Einnahmen als Betriebsausgaben. Im Ergebnis führte die Auflösung des Bilanzpostens "Beteiligung" und dessen Ersetzung durch den Bilanzposten "Sammelposten" im Streitjahr zu einer niedrigeren und in den Folgejahren zu einer höheren Körperschaftsteuerfestsetzung.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr nahm der Kläger in der Annahme zurück, ihm fehle für dieses Verfahren die Beschwer. Die Klagen gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Folgejahre ruhten zunächst bis zum Abschluss der beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren I R 94/97 und I R 117/97. Nachdem der erkennende Senat in jenen Verfahren entschieden hatte, dass die Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an Kapitalanlagegesellschaften im niedrig besteuerten Ausland nicht rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO ist, wenn die ausländische Gesellschaft auf eine gewisse Dauer angelegt ist und über ein Mindestmaß an personeller und sachlicher Ausstattung verfügt, die die unternehmerische Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit sicherstellt (vgl. Senatsurteile vom 25. Februar 2004 I R 42/02, BFHE 206, 5, BStBl II 2005, 14; vom 19. Januar 2000 I R 94/97, BFHE 191, 257, BStBl II 2001, 222, und I R 117/97, Internationales Steuerrecht 2000, 182), wurden diese Klageverfahren wieder aufgenommen und außergerichtlich in der Weise erledigt, dass die Beteiligung an der B nicht länger als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde. Dementsprechend erließ das FA nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO Änderungsbescheide für die Folgejahre, in denen die Körperschaftsteuer entsprechend herabgesetzt wurde.

5

Für das Streitjahr erließ das FA am 20. Februar 2006 einen gemäß § 174 Abs. 4 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid, in dem die Körperschaftsteuer heraufgesetzt wurde. Aus der Richtigstellung der irrigen Beurteilung eines einheitlichen Sachverhalts --der Beteiligung an der B-- seien steuerrechtliche Folgen sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Klägers in mehreren Veranlagungszeiträumen zu ziehen. Das Finanzgericht (FG) Köln gab der daraufhin erhobenen Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011  13 K 3702/07, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1856, statt. Das FA sei nicht befugt gewesen, den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr nach § 174 Abs. 4 AO zu Lasten des Klägers zu ändern. Der Begriff des "bestimmten Sachverhalts" in § 174 Abs. 4 AO sei bei über mehrere Veranlagungszeiträume andauernden Sachverhalten durch das Periodizitätsprinzip zu begrenzen.

6

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorinstanz hat zu Unrecht eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO abgelehnt.

9

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Februar 1996 I R 150/94, BFHE 180, 8, BStBl II 1996, 417). Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404, m.w.N., und vom 22. Juli 1980 VIII R 114/78, BFHE 131, 429, BStBl II 1981, 101). Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes steuerrechtlich bedeutsames Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (vgl. Senatsurteil vom 22. August 1990 I R 42/88, BFHE 162, 470, BStBl II 1991, 387; BFH-Urteile vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647; vom 18. März 2004 V R 23/02, BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763, und vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (BFH-Urteil vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; Senatsurteil vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, und BFH-Urteil vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFH/NV 2012, 1644, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist, dass aus demselben unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt andere steuerliche Folgen in einem anderen Steuerbescheid gegenüber dem Steuerpflichtigen zu ziehen sind (BFH-Urteil in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647). Der Steuerpflichtige soll im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497; BFH-Urteile vom 11. Juli 1991 IV R 52/90, BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126, 128, unter 2. b; vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; vgl. auch BTDrucks VI/1982, 153, 154; BFH-Urteil vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475).

10

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Änderung des streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheides nach § 174 Abs. 4 AO vor.

11

a) Der BFH versteht § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger Rechtsprechung als eine gegenüber den Regelungen des § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO eigenständige Änderungsnorm, die nicht auf die Fälle der alternativen Erfassung eines bestimmten Sachverhalts beschränkt ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404; vom 2. August 1994 VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl II 1995, 264; in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647, m.w.N.). Der teilweise im Schrifttum vertretenen abweichenden Auffassung, auch § 174 Abs. 4 Satz 1 AO setze zwingend ein wechselseitiges Ausschließlichkeitsverhältnis voraus, das nur die alternative Berücksichtigung desselben Sachverhalts erlaube (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 42; Brüning, Die widerstreitende Steuerfestsetzung, 1989, 88 f.), ist die Rechtsprechung des BFH unter Hinweis auf den Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht gefolgt. Im Gegensatz zu § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO enthält § 174 Abs. 4 Satz 1 AO das Merkmal, dass ein bestimmter Sachverhalt sich nur einmal auswirken darf, nicht. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

12

b) Als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist das Halten der Beteiligung an der B und die damit einhergehende Erzielung von Einnahmen zu sehen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt der einheitliche Sachverhalt im Halten der Beteiligung an der B in den Jahren 1990 bis 1992. Der Begriff des "bestimmten Sachverhalts" ist damit nicht periodenbezogen einschränkend auszulegen. Im Vordergrund der Regelung des § 174 Abs. 4 AO steht --anders als z.B. bei § 174 Abs. 3 AO-- nicht der Verwaltungsakt, sondern der Sachverhalt. Es soll nicht ein unrichtiger Verwaltungsakt durch einen für den gleichen Besteuerungszeitraum, die gleiche Steuerart und den gleichen Steuerpflichtigen ergehenden fehlerfreien Verwaltungsakt ersetzt werden, sondern die richtige Besteuerung eines "bestimmten Sachverhalts" hergestellt werden. Die "richtigen steuerlichen Folgerungen" sind dabei ohne Rücksicht auf die Steuerart (Senatsbeschluss vom 3. August 1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482), den Steuerpflichtigen (vgl. insoweit die Regelung des § 174 Abs. 5 AO) oder den Besteuerungszeitraum (Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 176 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942) zu ziehen.

13

aa) Den bestimmten Sachverhalt bildet für die Rechtsfrage danach, ob die Zwischenschaltung der B in Irland als missbräuchlich oder nicht missbräuchlich i.S. von § 42 AO anzusehen ist, das Halten der Beteiligung an der B. Der Sachverhalt beschränkt sich dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes steuerrechtlich bedeutsames Merkmal in einem bestimmten Veranlagungszeitraum. Im Streitfall kommt es daher beispielsweise nicht darauf an, zu welchem konkreten Zeitpunkt die B über welches Maß an personeller und sachlicher Ausstattung verfügt hat. Erfasst wird vielmehr der einheitliche, für diese Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex, und das ist vorliegend das Halten der Beteiligung an der B in den Jahren 1990 bis 1992. An diesen Lebensvorgang werden durch § 42 AO die steuerlichen Folgen für die Jahre 1990 bis 1992 geknüpft.

14

Bestätigt wird dieses Ergebnis letztlich auch dadurch, dass der Kläger ansonsten durch Rücknahme der --trotz punktueller steuerlicher "Besserstellung" keineswegs unzulässigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527)-- Klage für das Streitjahr in die Lage versetzt würde, die steuerlichen Folgen aus einem einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex im Hinblick auf die für ihn günstigen steuerlichen Folgewirkungen zu beeinflussen. Dass die Klagerücknahme in casu in der fälschlichen Annahme ihrer Unzulässigkeit erfolgt sein mag, widerspricht dem objektiv nicht.

15

bb) Der Einheitlichkeit des Lebensvorgangs steht nicht das Prinzip der Abschnittsbesteuerung (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 2 Rz 69; Fehrenbacher in Schnitger/ Fehrenbacher, KStG, § 7 Rz 26) entgegen. Zwar ist es richtig, dass alle für die Entstehung eines Steueranspruchs bedeutsamen Tatsachen innerhalb eines Veranlagungszeitraums (§ 25 des Einkommensteuergesetzes 2002 --EStG 2002-- i.V.m. § 31 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 --KStG 2002--) gegeben sein und daher für jeden Veranlagungszeitraum gesondert geprüft werden müssen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767). Dieses in § 2 Abs. 7 Sätze 1 und 2 EStG 2002 sowie § 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KStG 2002 für die Steuern vom Einkommen niedergelegte ertragsteuerliche Prinzip findet sich allerdings in der Abgabenordnung nicht wieder. Die "technische" Umsetzung des Periodizitätsprinzips wird in § 149 Abs. 1 AO ausdrücklich den Einzelsteuergesetzen überlassen. Ebenso verhält es sich mit dem Periodizitätsprinzip selbst. Der Abgabenordnung liegt ein solches, grundsätzlich zu beachtendes Prinzip nicht zugrunde. Solange der Wortlaut der einzelnen Bestimmungen der Abgabenordnung keinen entsprechenden Hinweis erkennen lässt, kann dieses auch nicht in einzelne Bestimmungen "hineingelesen" werden (a.A. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 277, 279). Da § 174 Abs. 4 AO den "bestimmten Sachverhalt" nicht auf einen Veranlagungszeitraum begrenzt, können somit entgegen der Vorinstanz die "richtigen steuerlichen Folgerungen" auch nicht nur in diesem Veranlagungszeitraum gezogen werden.

16

cc) Die Änderung des streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheides widerspricht schließlich nicht dem Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475. Im dortigen Fall hatte der Kläger aufgrund eines zu seinen Gunsten geänderten Einkommensteuerbescheides, in dem eine berufliche Tätigkeit als nicht gewerblich qualifiziert wurde, eine entsprechende Änderung des ihn belastenden Gewerbesteuermessbescheides begehrt. Er hatte damit eine Übertragung der umstrittenen Vorteile auf eine andere Steuerart angestrebt. Der XI. Senat hat dies abgelehnt, da § 174 Abs. 4 AO es nicht zulasse, die durch Rechtsbehelf erwirkte Änderung eines Bescheides zu Gunsten des Steuerpflichtigen auf bestandskräftige andere Bescheide zu übertragen. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass eine Änderung aufgrund des § 174 Abs. 4 AO immer zu Ungunsten des Steuerpflichtigen erfolgt (vgl. Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 174 Rz 153; s.a. Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 174 Rz 56). Nur eine derartige Auslegung wird letztlich dem Telos der Vorschrift, das sich auch in der amtlichen Überschrift der Regelung --"Widerstreitende Steuerfestsetzungen"-- widerspiegelt, gerecht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass § 174 Abs. 4 AO nur Anpassungen erfassen kann, die sich aus dem Sachverhalt, nicht aber aus den steuerlichen Folgen dieses Sachverhalts ergeben (vgl. Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 174 Rz 163; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 56). Die Regelung bezweckt damit lediglich den Ausgleich einer zu Gunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Änderung; wer erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil in BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475; BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1497). Hieraus ergibt sich jedoch weiter, dass aus dem Urteil des XI. Senats des BFH gerade keine Einschränkung des § 174 Abs. 4 AO abzuleiten ist.

17

dd) Der Senat schließt sich nicht der Auffassung der Vorinstanz an, wonach bei gleichförmigen, über mehrere Veranlagungszeiträume verwirklichten Lebenssachverhalten eine Änderung zu Lasten des Steuerpflichtigen zu begrenzen sei, da die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO es nicht erlaube, sämtliche bereits bestandskräftig veranlagten Jahre zu Gunsten des Steuerpflichtigen, der in einem Veranlagungszeitraum die Aufhebung eines ihn belastenden Steuerbescheides wegen der bis dahin irrigen Beurteilung des Sachverhalts erstreite, zu ändern. Eine dahingehende einschränkende Auslegung der Norm wäre --unabhängig davon, dass für eine derartige Auslegung im Wortlaut der Norm keine Anhaltspunkte erkennbar sind-- auch nicht wegen einer möglichen "einseitigen" Wirkung der Norm gerechtfertigt.

18

Diese "einseitige" Wirkung der Regelung des § 174 Abs. 4 AO steht letztlich im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift, wonach bei einer antragsgemäßen Änderung des Steuerbescheides zu Gunsten des betroffenen Steuerpflichtigen der Finanzverwaltung die Durchsetzung des sich aus demselben Sachverhalt ergebenden materiell-rechtlich richtigen Steueranspruchs ermöglicht werden soll (vgl. BFH-Urteile in BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126, 128, unter 2. b, und in BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; vgl. auch BTDrucks VI/1982, 153, 154). Diese ungleiche Berücksichtigung ist Ausfluss des vom Gesetzgeber vorgenommenen Ausgleichs zwischen Bestandskraft und materieller Gerechtigkeit. Der Gesetzgeber hat bei der Abwägung dieser beiden Prinzipien dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit in den Fällen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO den Vorzug gegeben. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, diese verfassungsrechtlich unbedenkliche Abwägung des Gesetzgebers zu korrigieren.

19

c) Der Senat sieht sich insoweit im Einklang mit der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH. Dieser hat in seinem Urteil in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647 entschieden, dass § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht verlangt, die richtigen steuerrechtlichen Folgerungen aus einem Sachverhalt nur in einem Steuerbescheid zu ziehen. Die irrige Beurteilung des Sachverhalts kann sich in mehreren Besteuerungsabschnitten auswirken und dementsprechend die Änderung der Steuerbescheide für mehrere Veranlagungszeiträume erforderlich machen. Der VIII. Senat verweist dabei unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die amtliche Überschrift des § 174 AO darauf, dass es "widerstreitend" wäre, wenn der Kläger wegen der auf die Verhältnisse des Streitjahres gestützten Annahme der Einkunftserzielungsabsicht die Änderung der Steuerfestsetzungen für die Jahre, in denen ein Werbungskostenüberschuss aufgetreten ist, zu seinen Gunsten erreicht hat, der Einnahmeüberschuss im Streitjahr dagegen einkommensteuerrechtlich unbeachtet bleiben müsste.

20

3. Die Vorinstanz hat ein abweichendes Rechtsverständnis vertreten. Die Sache ist spruchreif, und die Klage ist unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war als Geschäftsführer bei der A-GmbH beschäftigt, an der er ursprünglich auch zur Hälfte beteiligt war. Das Anstellungsverhältnis wurde vorzeitig zum 31. Dezember 1999 beendet; zum Ausgleich verpflichtete sich die A-GmbH, dem Kläger eine Abfindung von 500.000 DM zu zahlen, fällig am 1. Januar 2000. Bereits im Jahr 1998 hatten der Kläger und sein Mitgesellschafter ihre restliche Beteiligung an der A-GmbH an die B-GmbH veräußert, an der der Kläger ebenfalls beteiligt war. Sein Kaufpreisanteil betrug 3.500.000 DM, wobei er sich zur Rückerstattung desjenigen Teils des Kaufpreises verpflichtet hatte, um den der von ihm erzielte Erlös einen späteren (anteiligen) Weiterveräußerungserlös der B-GmbH überstieg. Bei der Weiterveräußerung im Jahr 1999 erzielte die B-GmbH den von ihr gezahlten Kaufpreis nicht, weshalb ihr ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 500.000 DM gegen den Kläger zustand. Im Folgenden trat der Kläger seinen Abfindungsanspruch gegen die A-GmbH an die B-GmbH ab und zeigte die Abtretung mit Schreiben vom 11. November 1999 der A-GmbH an, die am 21. Dezember 1999 an die B-GmbH zahlte. Der Zufluss der 500.000 DM wurde bei der B-GmbH als Betriebseinnahme der Besteuerung unterworfen; eine Berücksichtigung der Zahlung bei dem Kläger erfolgte zunächst weder für den Veranlagungszeitraum 1998 noch für den Veranlagungszeitraum 1999.

2

Am 2. April 2004 erhielt das damals für den Kläger zuständige Finanzamt (FA HO) eine Kontrollmitteilung, dass der Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von 500.000 DM aufgrund der vorzeitigen Aufhebung des Geschäftsführervertrages erhalten habe. Die Zahlung an die B-GmbH sei am 21. Dezember 1999 erfolgt. Ohne diese Kontrollmitteilung auszuwerten, änderte das FA HO aus anderen Gründen mit Bescheid vom 16. März 2005 den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1999.

3

Unter dem 16. Dezember 2005 änderte das FA HO diesen Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer für 1999 unter Berücksichtigung der Abfindung auf 271.811,97 € (531.618 DM) fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass nach Berücksichtigung des Abfindungsbetrags bei der Einkommensteuer des Klägers konsequenterweise in Höhe dieses Betrages der Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH berichtigt werden müsse. Dies habe das für die B-GmbH zuständige Finanzamt jedoch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt. Es werde daher beantragt, das sie betreffende Verfahren im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid ruhen zu lassen.

4

Anlässlich des beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens der B-GmbH (3 K 78/06) betreffend die Körperschaftsteuer 1999 regte das FG an, bei dem Kläger für den Veranlagungszeitraum 1998 den ihm ursprünglich zugeflossenen Veräußerungserlös um 500.000 DM zu mindern, damit die Zahlung des Betrages nicht nur isoliert im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Veranlagungszeitraum 1999 berücksichtigt werde. Der zwischenzeitlich für die Einkommensteuer zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) schlug daraufhin am 11. Dezember 2006 schriftlich vor, den Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung an der A-GmbH in 1998 aufgrund der 1999 erfolgten Kaufpreiserstattung um 500.000 DM zu reduzieren und die Einkommensteuer für 1998 entsprechend herabzusetzen. Im Gegenzug solle eine Rücknahme des Einspruchs für 1999 erfolgen. Laut Telefonvermerk des FA vom selben Tag erklärte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, nach Vorlage des entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheids 1998 die Klage betreffend die B-GmbH und nach Bestandskraft des Bescheids den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 zurücknehmen zu wollen. Die schriftliche Fixierung der Vereinbarung durch das FA vom 12. Dezember 2006 entsprach dem zuvor von ihm unterbreiteten Vorschlag; die Rücknahme der Klage der B-GmbH wird darin nicht erwähnt.

5

Das FA erließ wie angekündigt am 21. Dezember 2006 einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, in dem der Erlös aus der Veräußerung der Geschäftsanteile um 500.000 DM herabgesetzt war. Der Kläger nahm in der Folge den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 nicht zurück, sondern beantragte über einen neuen Prozessbevollmächtigten die Fortsetzung des bis dahin ruhenden Einspruchsverfahrens. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 16. März 2005 sei nicht zulässig gewesen, weil es an einer Änderungsvorschrift fehle.

6

Mit Bescheid vom 12. November 2007 hob das FA den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag erließ er gestützt auf § 174 Abs. 4 AO den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid und setzte die Einkommensteuer 1999 wiederum auf 271.811,97 € fest.

7

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nach Auffassung des FG waren die Voraussetzungen für den Erlass eines auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheids gegeben. Durch die Abtretung seiner Forderung gegen die A-GmbH an die B-GmbH habe der Kläger seinen Abfindungsanspruch mit der gegen ihn gerichteten Rückzahlungsverpflichtung in einer Weise miteinander verbunden, dass sich das Geschehen als einheitliches Ganzes und damit als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 darstelle. Diesen Sachverhalt habe das FA irrig beurteilt, weil es die steuerrechtlichen Folgerungen der Kaufpreisminderung für die Einkommensteuer 1998 zunächst nicht gezogen habe. Nachdem der Kläger wiederholt --wenn auch im Zusammenhang mit dem Körperschaftsteuerbescheid der B-GmbH-- sein Anliegen zum Ausdruck gebracht habe, dass bei einer Besteuerung der Abfindungszahlung in 1999 auch der steuermindernde Umstand der Kaufpreisrückerstattung Berücksichtigung finden müsse, sei die zutreffende steuerliche Erfassung dieses Geschehens durch das FA im Veranlagungszeitraum 1998 auch auf seinen Antrag erfolgt.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf die Verletzung von § 174 Abs. 4 AO stützen.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG und den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 12. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

10

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG angenommen, der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. März 2005 habe nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geändert werden können.

12

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404). Durch § 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen (BFH-Urteil vom 28. Januar 2009 X R 27/07, BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620). Die Vorschrift setzt hinsichtlich der verfahrensmäßigen Abfolge voraus, dass ein angefochtener Bescheid als irrig erkannt und deswegen auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dies löst sodann --"nachträglich"-- die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, nämlich dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid nunmehr eine "widerstreitende Steuerfestsetzung" enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83, unter C.II.1.).

13

Die durch § 174 Abs. 4 AO eingeräumte Möglichkeit, einen bestandskräftigen Steuerbescheid nachträglich zu ändern, findet ihre Rechtfertigung im fehlenden schutzwürdigen Vertrauen des Steuerpflichtigen; derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475, unter II.2.). Die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und das Interesse an seiner übereinstimmenden steuerrechtlichen Beurteilung erlauben es, unter diesen Voraussetzungen einer zutreffenden Besteuerung den Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu geben (BFH-Urteil in BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 174 Rz 4). Der Steuerpflichtige ist allerdings nur dann nicht schutzwürdig, wenn er die Aufhebung oder Änderung des vorangegangenen Steuerbescheides selbst herbeigeführt hat. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO lässt deshalb --anders als § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO-- die Zustimmung des Steuerpflichtigen nicht genügen, sondern verlangt --unter Gleichsetzung von Antrag und Rechtsbehelf--, dass die Änderung gerade auf Grund einer vom Steuerpflichtigen ausgehenden Initiative erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751; vom 18. Juni 1991 VIII R 54/89, BFHE 165, 445, BStBl II 1992, 124). Allerdings ist es nicht notwendig, dass dem Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen auch aus den von ihm geltend gemachten Gründen entsprochen wurde, solange die Änderung jedenfalls durch den Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen veranlasst worden ist (BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I.2.; in BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562). Die auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützte Durchbrechung des Vertrauensschutzes ist aber dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen den letztlich geänderten Bescheid nicht zum Gegenstand hatte (vgl. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 247; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 44). Der Steuerpflichtige muss vielmehr spezifisch die Änderung des vorausgegangenen Bescheides veranlasst haben. Die bloße Hinnahme einer allein von der Finanzverwaltung ausgehenden Änderung reicht vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts und der Systematik der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung nicht aus.

14

2. Nach diesen Grundsätzen konnte der Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2005 nicht nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden. Ausweislich der getroffenen und für das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen hat der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt, auch nicht konkludent, gegen die Festsetzung der Einkommensteuer für 1998 gewandt. Einspruch hat er lediglich gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16. Dezember 2005 eingelegt und diesen damit begründet, dass die steuerliche Erfassung der Abfindung bei seinen Einkünften dazu führen müsse, dass der Betrag nicht mehr bei der B-GmbH besteuert werden dürfe; einen Bezug zu der gegen ihn festgesetzten Einkommensteuer für 1998 hat er nicht hergestellt. Für einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1998 fehlt danach jeder Anhalt. Die Änderung dieses Bescheides erfolgte vielmehr auf ein --durch das FG im Verfahren gegen die B-GmbH veranlasstes-- Angebot des FA hin. Damit hat der Kläger gerade nicht selbst die Ursache für die Abänderung des auf einer irrigen Beurteilung beruhenden ersten Bescheids gesetzt, die die nachträgliche Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1999 rechtfertigen würde.

15

3. Vor diesem Hintergrund bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob die vor Fälligkeit erfolgte Abtretung des Abfindungsanspruchs zum Zwecke der Erfüllung der den Kläger treffenden Rückzahlungsverpflichtung überhaupt geeignet ist, die beiden Ereignisse zu einem bestimmten Sachverhalt i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu verbinden.

16

4. Da die Vorentscheidung von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Mangels Änderungsmöglichkeit des Einkommensteuerbescheides für 1999 vom 16. März 2005 ist der Klage stattzugeben.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.


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Tenor

I. Die geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 vom 5. April 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 werden aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der von dem Beklagten zu tragenden Kosten zu Gunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Einkommensteuerbescheide 2000-2003 noch nach § 174 Abs. 4 AO zu Ungunsten der Klägerin geändert werden konnten.

2

Auslöser des vorliegenden Rechtsstreites ist eine Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. August 2011 (2 K 1270/10). Ausgangspunkt dieses Rechtsstreits war ein am 14. September 2009 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 2004. Damit hat der Beklagte im Jahre 2005 der Klägerin zugeflossene Kirchensteuerübererstattungen, welche aus Kirchensteuerzahlungen für die  Veranlagungszeiträume 2000-2003 resultierten, in den Veranlagungszeitraum 2004 zurück übertragen. Im genannten gerichtlichen Verfahren befand das Gericht, dass Kirchensteuernübererstattungen nicht aus Vereinfachungsgründen in das jüngste Zahlungsjahr zurückgetragen werden könnten, sondern dem jeweiligen Zahlungsjahr zuzuordnen seien. Danach durften in 2004 nur noch Übererstattungen von 11.199,24 € als die Sonderausgaben mindernd zurückgetragen werden. Dies führte dazu, dass die Übererstattungen für 2000 bis 2003 bei der Berechnung der Sonderausgaben unberücksichtigt blieben. Der Einkommensteuerbescheid 2004 wurde nach den Vorgaben des Urteils am 13. Dezember 2011 geändert. Alle dadurch nicht berücksichtigten Übererstattungen übertrug der Beklagte nunmehr auf die entsprechenden Zahlungsjahre 2000 bis 2003 und änderte die entsprechenden Einkommensteuerbescheide am 5. April 2012 nach § 174 Abs. 4 AO zu Ungunsten der Klägerin.

3

Mit ihrem Einspruch hiergegen trug die Klägerin vor, beim Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheides 2004 am 14. September 2009 sei für 2000 bis 2003 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 könnten deshalb nur dann nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden, wenn die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vorlägen. Dazu müsse ein bestimmter Sachverhalt in den Einkommensteuerbescheiden 2000 bis 2003 erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden sein, weil er in dem Bescheid für 2004 zu berücksichtigen sei. Stelle sich die Annahme als unrichtig heraus, könne die Festsetzung, bei der die Berücksichtigung unterblieben sei, hier in 2000 bis 2003 geändert werden. Diese Voraussetzungen dürften nicht vorliegen. Überdies sei § 174 Abs. 3 Satz 2 AO zu beachten, wonach die Änderung für 2000 bis 2003 nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist 2004 zulässig sei. Diese sei jedoch mit der Rechtskraft des Urteils für 2004 abgelaufen. § 174 Abs. 4 AO sei nur anwendbar, wenn aus dem Sachverhalt, der der irrigen Beurteilung des Finanzamts zu Grunde gelegen habe, andere steuerliche Folgen gezogen werden müssten. Der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass die fehlerhafte Erfassung des Sachverhaltes auf einer irrigen Beurteilung beruhe. Er müsse beweisen, aufgrund welcher noch nachvollziehbaren Erwägungen er den Sachverhalt im falschen Bescheid erfasst habe. Das Gericht habe eindeutig darauf hingewiesen, dass die Handhabe des Beklagten der Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung widerspreche. Ein Hinausschieben der durch das rückwirkende Ereignis geänderten Festsetzungsfrist durch Bezug auf § 174 AO sei damit nicht möglich. Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14. September 2009 sei zudem bereits nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geändert und wegen § 173 Abs. 2 AO nicht mehr änderbar.

4

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 wurden die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Hierzu trug der Beklagte vor, § 174 Abs. 4 AO wirke erstrittenen Vorteilen des Steuerpflichtigen durch folgerichtige Korrektur an anderer Stelle entgegen. Würden fehlerhafte Steuerfestsetzungen aufgrund irriger Beurteilung auf Initiative des Steuerpflichtigen geändert, könne der Beklagte Fehler bezüglich desselben Sachverhaltes in anderen Festsetzungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen korrigieren. Eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhaltes im Tatsächlichen oder Rechtlichen oder das Übersehen einer möglichen Rechtsfolge oder eine falsche rechtliche Beurteilung könnten geändert werden. Die Gründe für die irrige Beurteilung seien unmaßgeblich.

5

Der Änderung stehe die Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Das Urteil vom 24. August 2011 sei am 21. September 2011 zugestellt und am 21. Oktober 2011 rechtskräftig geworden. Die geänderten Bescheide 2000 bis 2003 seien binnen Jahresfrist am 5. April 2012 ergangen. Da für diese Folgebescheide bei Erlass des Ausgangsbescheides keine Festsetzungsverjährung bestanden habe, komme § 174 Abs. 4 Satz 4 AO und somit § 174 Abs. 3 Satz 1 AO nicht zur Anwendung. Der Ausgangsbescheid 2004 vom 14. September 2009 sei unstreitig innerhalb der regulären Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO ergangen. Die Festsetzungsfrist für die Folgebescheide sei bei Erlass des Ausgangsbescheides noch nicht abgelaufen gewesen, da sie nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zu ändern gewesen seien. Dies habe der Beklagte aus Vereinfachungsgründen jedoch nicht getan. Das rückwirkende Ereignis Kirchensteuerüberhang sei mit der Konkretisierung der Nichtverrechenbarkeit der Erstattungen 2000 bis 2003 durch den Einkommensteuerbescheid 2005 am 8. Februar 2007 eingetreten. Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginne die Festsetzungsfrist für aufgrund rückwirkender Ereignisse zu ändernde Steuerbescheide mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintrete. Die Festsetzungsfrist für die Änderung der Jahre 2000 bis 2003 habe daher mit Ablauf des Jahres 2007 begonnen und sei bis zum 31. Dezember 2011 gelaufen (§ 169 Abs. 2 AO). Das bedeute, für die Folgebescheide 2000 bis 2003 sei bei Erlass des Ausgangsbescheides 2004 am 14. September 2009 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die von der Klägerin geteilte Meinung (Tipke-Kruse Rz. 46 zu § 174), der Beklagte treffe für seine Fehler im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO eine Beweislast, werde nicht geteilt. Auf die Umstände, weshalb es zu der irrigen Beurteilung komme, komme es nicht an. Es reiche, wenn das Finanzamt einen Sachverhalt falsch beurteile. Der Einwand, der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14. September 2009 sei bereits nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO geändert und nicht mehr nach § 173 Abs. 2 AO änderbar, sei unzutreffend. § 174 Abs. 4 AO stelle eine Spezialvorschrift zum Vorteilsausgleich da und könne stets ohne Rücksicht auf den Grund von Voränderungen angewandt werden. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO greife nicht, da die Änderungen nicht auf neuen Tatsachen, sondern auf dem Ausgang des Gerichtsverfahrens beruhten.

6

Mit ihrer Klage hiergegen trägt die Klägerin vor, mit der Rückübertragung von Kirchensteuererstattungen in die Jahre 2003 und 2004 am 14. September 2009 habe der Beklagte entgegen der gefestigten Rechtsprechung gehandelt, wonach Erstattungen auf das Zahlungsjahr zurückzuführen seien. Der nochmaligen Änderung der Bescheide 2000 bis 2003 stehe die Festsetzungsverjährung entgegen, da die Bescheide, aufgrund derer sich die Notwendigkeit der Rückrechnung ergeben habe, im Jahr 2007 ergangen seien. Damit sei die Festsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2011 gelaufen. Die später erlassenen Änderungsbescheide seien erst im April 2012 ergangen. § 174 Abs. 4 AO sei nicht anwendbar, da das Finanzamt aus "Vereinfachungsgründen" und nicht wegen irriger Beurteilung eines Sachverhaltes zunächst die Übererstattungen falsch zurückgetragen habe.  Unklar sei daher, wie er sich über den klaren Sachverhalt und die Rechtslage habe irren können. Der Beklagte hätte der Auffassung sein müssen, richtig zu handeln. Ursache der angefochtenen Änderung sei nicht die klägerische Rechtsverfolgung, sondern die Bescheidänderung aus Vereinfachungsgründen.

7

Im Streitfall bestünden tiefgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Allein der Bescheid für 2003 sei insgesamt sechsmal erlassen worden, die Bescheide für 2000, 2001, 2003 seien im Jahr 2005 und dann im Jahr 2012 geändert worden. Auch der Bescheid 2004 liege in einer Vielzahl von Fassungen vor. Die Klägerin habe aber einen Anspruch auf Rechtssicherheit. Es könne nicht sein, dass aus "Vereinfachungsgründen" ein rechtswidriger Weg gewählt werde und alleine der Steuerpflichtige das Risiko trage, wenn diese "vereinfachte" Steuerfestsetzung gerichtlich beanstandet werde.

8

Die Klägerin beantragt,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 vom 5. April 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung trägt er hierzu vor, unmaßgeblich sei, ob der Sachverhalt 2004 "aus Vereinfachungsgründen" falsch beurteilt worden sei. Auf die Umstände für die falsche Beurteilung komme es nicht an (so BFH mit Urteil vom 2. Mai 2001 VII R 44/00).

11

Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht, da alle Änderungen auf den Vorschriften der AO beruhten. Die meisten Änderungen seien durch geänderte Beteiligungseinkünfte der Klägerin veranlasst gewesen. Die nun streitgegenständlichen Änderungen beruhten ausschließlich auf der klägerischen Rechtsverfolgung. § 174 AO eröffne die Möglichkeiten, Vor- und Nachteile auszugleichen, die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben hätten, die inhaltlich einander widersprächen. Der Widerspruch zwischen einem aus der Bestandskraft folgenden Vertrauensschutz sowie der Rechtssicherheit und der materiellen Richtigkeit werde zu Gunsten der letzteren entschieden.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet.

13

Dem Erlass von geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 2000-2003 am 5. April 2012 stand die Festsetzungsverjährung entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war der entsprechende Ablauf der Verjährung zum 31. Dezember 2011 nicht durch die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO und hier insbesondere § 174 Abs. 4 Satz 3 AO zu verschieben.

14

Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können aus einem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird (§ 174 Abs. 4 Satz 2 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO).

15

Die irrige Beurteilung eines Sachverhaltes bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Vorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern umfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (BFH Entscheidungen vom 22. Dezember 1988 V B 148/87, BFH/NV 1990, 341, vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, Bundessteuerblatt II 1997, 647, vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, Bundessteuerblatt II 2001, 562, vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751).

16

Eine irrige Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts liegt vor, wenn die Finanzbehörde, in der Annahme richtig zu handeln, aus dem Sachverhalt objektiv unzutreffende steuerrechtliche Folgerungen zieht und diese fehlerhafte Beurteilung sich in einem Steuerbescheid auswirkt (BFH Urteil vom 28. Juni 1990, V R 93/85, BFH/NV 1991, 210).

17

Die objektive Unrichtigkeit muss irrtümlich, also durch die subjektiv unzutreffende Annahme richtig zu handeln, ausgelöst sein (Koenig in Pahlke/Koenig, Kommentar zur Abgabenordnung, beck-online, § 174 Rz. 60). § 174 Abs. 4 AO ist nicht anwendbar, wenn der unrichtigen Veranlagung keine irrige Beurteilung eines Sachverhalts zu Grunde lag, sondern trotz richtiger Beurteilung absichtlich ein unrichtiger Steuerbescheid erlassen wurde. Ein solches Verhalten, durch das sich die Verwaltung die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO durch bewusstes Erlassen eines unrichtigen Steuerbescheids verschaffen würde, verstößt gegen Treu und Glauben (Frotscher in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 174 Rz. 171).

18

In die gleiche Richtung tendiert die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 22. Dezember 1988 (V B 148/87, BFH/NV 1990, 341). Soweit der BFH unter Würdigung des Sachverhaltes in der Entscheidung davon ausging, dass die für die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO maßgebliche irrige Beurteilung eines Sachverhaltes nicht in für ihn offensichtlich bewusst rechtsfehlerhaft erlassenen Steuerbescheiden ihren Niederschlag gefunden hatte, sondern in nachfolgend nicht nachgewiesenermaßen vorsätzlich falschen Bescheiden, hielt er die im Streitfall vorliegende Problematik für seinen Rechtsstreit aber für nicht entscheidungserheblich.

19

Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1, 3 AO im Streitfall nicht eröffnet. Trotz der für den Beklagten ersichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Kirchensteuererstattungen in den Veranlagungszeiträumen ihrer Zahlung hat er im Wissen einer dieser Rechtsprechung nicht entsprechenden Vorgehensweise die im Veranlagungszeitraum 2005 nicht mit den für diesen Zeitraum gezahlten Kirchensteuern verrechenbaren Erstattungen auf die Kirchensteuerzahlungen im Veranlagungszeitraum 2004 angerechnet. Soweit dies nicht zutreffend gewesen ist, wird auf die Ausführungen des Urteils vom 24. August 2011 (2 K 1270/10) und die darin genannte Rechtsprechung verwiesen.

20

Dass dies mit der geltenden Rechtslage sowie der auch von der Verwaltung selbst vertretenen Auffassung nicht zu vereinbaren gewesen ist, ergibt sich aus der OFD-Verfügung vom 11. April 2005 (S 2221 A - St 32 3; Blatt 4 bis 7 der Rechtsbehelfsakten 2000 bis 2003). Hierin wird angeführt, dass entgegen der auch mit der oben genannten Entscheidung korrigierten Handhabe zu verfahren sei, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Einspruches oder eines Änderungsantrags bei Erstattungsüberhängen, die sich aus mehreren Jahren zusammensetzten, eine abweichende, für ihn günstigere Form des Rücktrags durch die anteilige Aufteilung des Erstattungsüberhanges und Korrektur im jeweiligen Zahlungsjahr der Kirchensteuer verlange. Die Verwaltung führt hierzu aus, dass in diesen Fällen auf die aus Vereinfachungsgründen gewählte Übertragung auf das jeweils jüngste Zahlungsjahr zu verzichten sei. Von dieser in der Verfügung angeordneten Lösung im Falle eines Antrags oder Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen hat der Beklagte wissentlich keinen Gebrauch gemacht.

21

Im Streitfall hat sich der Beklagte somit seine Probleme, ohne die Möglichkeit zur Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO eine Korrektur durch Rückübertragung auf die jeweiligen Zahlungsjahre wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr vornehmen zu können, selbst geschaffen.

22

Aus diesem Grunde folgt der Senat nicht der Auffassung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 21. Mai 2004 (V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497), in der angeführt wird, dass der Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung beinhalte, nach der zwar eine Änderung des angefochtenen Bescheides aufgrund des Rechtsbehelfs zulässig sein solle, die Änderung der irrigen Beurteilung in anderen Bescheiden aber deswegen unterbleiben müsse, weil das Finanzamt vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Die Vorschrift biete den Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen eine Ermächtigungsgrundlage dahingehend, den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen. Der Steuerpflichtige solle folglich im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten habe, müsse auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen.

23

Diese Rechtsansicht des BFH in der genannten Entscheidung ist mit dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht zu vereinbaren. So beinhaltet das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" sowohl die objektive Seite, wonach eine materiell falsche Rechtsanwendung das Ergebnis der Beurteilung sein muss, wie auch eine subjektive Seite, wonach eine irrige Beurteilung auf einem Irrtum beruht. Dabei ist Irrtum eine falsche Annahme oder Meinung, wobei die diese Annahme oder Meinung vertretende Person von deren Wahrheit oder, übertragen auf die Vorschrift des § 174 AO, der zutreffenden rechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes ausgeht.

24

Irrig ist eine Beurteilung aber nur, wenn sich die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung in subjektiver Hinsicht allenfalls auf (grobe) Fahrlässigkeit beschränkt (von Groll in Hübschman/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 174, Rz. 236).

25

Überdies kommt der seitens des BFH zu § 174 Abs. 4 AO angestellten Erwägung, dass ein Steuerpflichtiger konsequenterweise seine erfolgreich vertretene Rechtsauffassung auch zu seinem Nachteil gelten lassen muss, im Streitfall keine entscheidende Bedeutung zu.

26

So hätte die Klägerin die Nachteile des für sie erfolgreichen Klageverfahrens 2 K 2720/10 für den Fall tragen müssen, dass der Beklagte vor Ablauf der Festsetzungsverjährung zum 31. Dezember 2011 die entsprechenden Schlussfolgerungen für die Übertragung der Kirchensteuererstattungen in die Streitjahre gezogen hätte. Hierzu hatte er ausreichend Gelegenheit, auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 24. August 2011 (2 K 1270/10) am 21. Oktober 2011.

27

Im Ergebnis erkennt der Senat aufgrund des gesamten zeitlichen Ablaufes einen Vorrang der Rechtssicherheit für die Klägerin gegenüber dem Prinzip einer folgerichtigen Umsetzung des von ihr erstrittenen Urteils. So war der Sachverhalt für eine Entscheidung über alle streitgegenständlichen Probleme des Verfahrens 2 K 1270/10 mit Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005 bereits am 8. Februar 2007 geklärt. Der in diesem Verfahren angefochtene Einkommensteuerbescheid 2004 erging aber erst am 14. September 2009, also über 2 Jahre nach Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005. Trotz des hiergegen eingelegten Einspruches und im Widerspruch zur zitierten OFD-Verfügung vertrat der Beklagte noch im Klageverfahren seine Auffassung zur Problematik, bis hin zur Zustellung und Rechtskraft des Urteils vom 24. August 2011.

28

Im Vordergrund stand bei der Entscheidung daher, dass mit Ablauf der Festsetzungsverjährung nach Eintritt des rückwirkenden Ereignisses, dem Erlass des Einkommensteuerbescheides 2005 am 8. April 2007, gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zum 31. Dezember 2011 dem Gedanken der Rechtssicherheit der Vorrang einzuräumen gewesen ist.

29

Im Streitfall handelt es sich, was sich insbesondere aufgrund des Inhalts der OFD-Verfügung ergibt, auch nicht um einen Einzelfall, in dem eine Steuerpflichtige ohne entsprechende Änderungen zu ihren Lasten in anderen Veranlagungszeiträumen eine Begünstigung durch Anfechtung eines rechtswidrigen Steuerbescheides anstrebt. Vielmehr soll die Klägerin, wie sie zutreffend ausführt, aus grundsätzlichen "Vereinfachungsgründen" eine ihrer Ansicht nach nachteilige Berücksichtigung der Erstattungen akzeptieren. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass dem Beklagten bei einem von ihm wohl regelmäßig angewandten Vorgehen gemäß der OFD-Verfügung über die übliche Festsetzungsverjährung hinaus die Möglichkeit zur Änderung von Steuerbescheiden eröffnet werden sollte.

30

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Beklagten gemäß dem von ihm zitierten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. Mai 2001 (VIII R 44/00, Bundessteuerblatt II 2001, 562) wonach eine irrige Beurteilung eines Sachverhaltes im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO bedeute, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweise.

31

Im Streitfall hat sich die Beurteilung des Sachverhalts nicht erst nachträglich als unrichtig erwiesen, der Beklagte wusste zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheides 2004 am 14. September 2009, dass dieser unrichtig ist.

32

Auch die weiteren Ausführungen des Urteils tragen die Auffassung des Beklagten nicht. So wird ausgeführt, dass Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO der einzelne Vorgang sei, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpfe. Unerheblich sei, ob der für die rechtsirrige Beurteilung des Sachverhaltes ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder Rechtlichen gelegen habe.

33

Der Senat erkennt nicht, inwieweit der streitige Sachverhalt unter diese Ausführungen zu subsumieren ist. Insbesondere ein Fehler im Tatsächlichen bedeutet nicht, dass eine von der korrekten Rechtslage bewusst abweichende Beurteilung zulässig sein soll. Vielmehr ergibt sich aus dem Grundtenor der Rechtsprechung, dass es hinsichtlich des Irrtums unmaßgeblich ist, auf welchen Umständen dieser beruht, nämlich einer falschen tatsächlichen oder rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes.

34

Wegen der im Streitfall nicht gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist auch § 174 Abs. 4 Satz 3 AO nicht anwendbar.

35

Nur durch die unzutreffende Anwendung dieser Vorschrift war dem Beklagten der Weg eröffnet, trotz Ablauf der Festsetzungsverjährung nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zum 31. Dezember 2011 für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 noch am 5. April 2012 Änderungsbescheide für diese Jahre zu erlassen. So bestimmt die Vorschrift des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist unbeachtlich ist, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden. Die Änderung des insoweit maßgeblichen fehlerhaften Steuerbescheides 2004 erfolgte durch das Urteil vom 24. August 2011 bzw. dem Eintritt seiner Rechtskraft am 21. Oktober 2011. Demzufolge wären nach Auffassung des Beklagten innerhalb eines Jahres die notwendigen Folgerungen aus seiner Änderung gezogen worden.

36

Zutreffend war die Auffassung des Beklagten, dass die Vorschriften des § 174 Abs. 4 Satz 4 AO in Verbindung mit § 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht anzuwenden waren, weil aufgrund des rückwirkenden Ereignisses der Feststellung von Erstattungsansprüchen mit Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007 über § 175 Abs. 1 Satz 2 AO noch im Jahre 2009 die Möglichkeit zur Änderung der Bescheide 2000-2003 bestand. So begann die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2007 bis zum Ende des Jahres 2011 zu laufen (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Nummer 2 AO).

37

Aus dem Vorgenannten ergibt sich aber, das nach dem 31. Dezember 2011 eine Änderung der Bescheide für 2000 bis 2003 gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1, 3 AO nicht mehr möglich war.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.10, 709, 711 ZPO.

40

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Die vorliegende Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen einer Änderung von Steuerbescheiden nach § 174 Abs. 4 AO ab.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. April 2014  2 K 1972/12 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erhielt im Jahr 2005 Kirchensteuererstattungen, die aus den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2003 resultieren. Mangels ausreichender in diesem Jahr gezahlter Kirchensteuer (vgl. Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007) entstand ein Erstattungsüberhang. Diesen verrechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit der im Jahr 2004 gezahlten Kirchensteuer und änderte am 14. September 2009 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) den Einkommensteuerbescheid 2004. Den danach noch verbleibenden Erstattungsüberhang verrechnete das FA mit den Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraums 2003.

2

Die Klägerin hatte mit der gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 gerichteten Klage Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied am 24. August 2011 in dem Rechtsstreit 2 K 1270/10, Erstattungsüberhänge bei der Kirchensteuer könnten auch aus Vereinfachungsgründen nicht in das jüngste Zahlungsjahr zurückgetragen werden, sondern seien dem jeweiligen Zahlungsjahr zuzuordnen. Damit waren im Veranlagungszeitraum 2004 nur noch Erstattungsüberhänge in Höhe von 11.199,24 € verrechenbar.

3

Das FA änderte daraufhin am 13. Dezember 2011 den Einkommensteuerbescheid 2004 den Vorgaben des Urteils entsprechend. Die nunmehr nicht berücksichtigten Erstattungsüberhänge übertrug das FA auf die weiteren Zahlungsjahre und änderte am 5. April 2012 gemäß § 174 Abs. 4 AO die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 zu Ungunsten der Klägerin.

4

Die Klägerin war und ist der Auffassung, beim Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids 2004 am 14. September 2009 sei für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Eine Änderung sei nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für 2004 und damit bis zur Rechtskraft des Urteils im Herbst 2011 zulässig gewesen. Ein Hinausschieben der durch ein rückwirkendes Ereignis geänderten Festsetzungsfrist sei auch nicht durch Bezugnahme auf § 174 Abs. 4 AO möglich, da diese Vorschrift im Streitfall nicht anwendbar sei, weil die fehlerhafte Erfassung des Sachverhalts nicht auf einer irrigen Beurteilung des FA beruht habe. Die Änderungspraxis des FA begegne tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Einkommensteuerbescheide vielfach geändert worden seien, sie, die Klägerin, jedoch einen Anspruch auf Rechtssicherheit habe.

5

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, das FA habe die Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 am 5. April 2012 wegen der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht ändern dürfen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1159). Der Eintritt der Festsetzungsverjährung zum 31. Dezember 2011 sei nicht durch § 174 Abs. 4 AO gehindert worden, da dessen Voraussetzungen mangels irriger Beurteilung des FA im Streitfall nicht erfüllt gewesen seien. Das FA habe trotz der ihm bekannten Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Kirchensteuererstattungen in den Veranlagungszeiträumen ihrer Zahlung den Erstattungsüberhang des Jahres 2005 mit den Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraumes 2004 verrechnet, obwohl es gewusst habe, dass seine Vorgehensweise nicht diesen Grundsätzen entspreche. Die fehlende Vereinbarkeit mit der geltenden Rechtslage ergebe sich auch aus der Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz (OFD) vom 11. April 2005 (S 2221 A - St 32 3), die sich in der Rechtsbehelfsakte wegen der Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 befinde. Von der in der Verfügung angeordneten Lösung für den Fall eines Antrags oder Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen habe das FA wissentlich keinen Gebrauch gemacht. Aufgrund des gesamten zeitlichen Ablaufes des Verfahrens sei der Rechtssicherheit für die Klägerin Vorrang vor dem Prinzip einer folgerichtigen Umsetzung des von ihr erstrittenen Urteils einzuräumen.

6

Das FA begründet seine Revision mit der fehlerhaften Auslegung des § 174 Abs. 4 AO durch das FG. Die eine Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO ermöglichende Änderung eines (anderen) Bescheids müsse nach dem Gesetzeswortlaut lediglich durch einen Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen ausgelöst worden sein (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Zweck der Vorschrift sei allein, nach antragsgemäßer Änderung des Steuerbescheids ggf. unter Durchbrechung der Bestandskraft die in einem anderen Steuerbescheid gezogenen steuerlichen Folgerungen rückgängig zu machen (BFH-Urteil vom 4. April 2001 XI R 59/00, BFHE 195, 286, BStBl II 2001, 564), die sich als unzutreffend erwiesen hätten (so auch Begründung des Gesetzentwurfs einer Abgabenordnung, BTDrucks VI/1982, S. 153, 154; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83).

7

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

§ 174 Abs. 4 AO sei im Streitfall nicht anwendbar, weil der unrichtigen Veranlagung keine irrige Beurteilung eines Sachverhaltes zugrunde gelegen habe. Das FA habe sich nicht in einem Irrtum befunden, sondern die durch die OFD vorgegebene Lösung wissentlich nicht angewendet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.

11

Das FG hat zu Unrecht entschieden, das FA habe die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nicht gemäß § 174 Abs. 4 AO ändern dürfen. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO waren im Streitfall erfüllt (unter 1.). Der Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 stand der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (unter 2.).

12

1. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird.

13

a) Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass § 174 Abs. 4 AO u.a. die Möglichkeit eröffnet, Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt, die zunächst nicht im "richtigen" Bescheid, sondern in einem anderen Verfahren gezogen worden sind, durch Erlass eines richtigen Bescheids nachzuholen (Senatsurteil vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751, unter 1.). Somit erfasst § 174 AO auch Sachverhalte wie den Streitfall, in denen die Finanzbehörde darüber irrt, in welchem Jahr die steuerrechtlichen Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt zu ziehen sind (s. Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1751, unter 1.), hier die streitgegenständliche Frage, in welche Veranlagungszeiträume der Erstattungsüberhang des Jahres 2005 zurückzutragen war. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch Einigkeit.

14

b) Nicht nur zwischen den Beteiligten, sondern auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum ist indes umstritten, wie das Tatbestandsmerkmal "irrige Beurteilung" auszulegen ist.

15

aa) Zweifelsfrei ist die Beurteilung eines Sachverhalts irrig, wenn sie sich nachträglich als unrichtig erweist (vgl. BFH-Entscheidungen vom 16. Februar 1996 I R 150/94, BFHE 180, 8, BStBl II 1996, 417; vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647). Dabei ist unerheblich, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen liegt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562; vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277; vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471; vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, Rz 20; vom 19. August 2015 X R 50/13, BFHE 251, 389, Rz 34; vom 4. Februar 2016 III R 12/14, BFHE 253, 290, BStBl II 2016, 818, Rz 12, jeweils m.w.N.).

16

bb) Fraglich und umstritten ist jedoch, ob eine irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 AO auch dann angenommen werden kann, wenn dem FA bei Erlass des Bescheids bereits dessen Fehlerhaftigkeit bekannt, d.h. es zu diesem Zeitpunkt subjektiv nicht der Auffassung war, eine richtige Beurteilung vorzunehmen.

17

(1) Ein Teil des Fachschrifttums und der Finanzgerichtsbarkeit geht davon aus --worauf die Klägerin und das FG hinweisen--, dass es an einer irrtümlichen Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 AO fehle, wenn das FA den Fehler vor Erlass des Steuerbescheids erkenne, den Steuerbescheid aber gleichwohl unverändert, also bewusst fehlerhaft erlasse (so z.B. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014  5 K 4719/10, juris, Revision X R 4/15; Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 171; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 60; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz 236; nicht eindeutig von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 97, und Bartone in: Kühn/von Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 174 Rz 56; nicht streiterhebliche Bedenken äußerte auch der V. Senat in dem Beschluss vom 22. Dezember 1988 V B 148/87, BFH/NV 1990, 341, unter 1.b bb).

18

(2) Demgegenüber haben sowohl der V. Senat in seinem späteren Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03 (BFH/NV 2004, 1497, unter II.1.) als auch der IV. Senat im Urteil in BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471, Rz 26 bereits ausdrücklich entschieden, eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Der Wortlaut des § 174 Abs. 4 AO enthalte keine weitere Einschränkung, nach der zwar eine Änderung des angefochtenen Bescheids aufgrund des Rechtsbehelfs zulässig sein solle, die Änderung der irrigen Beurteilung in anderen Bescheiden aber deswegen unterbleiben müsse, weil das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Gegen eine solche Auslegung spreche vor allem der Sinn des § 174 Abs. 4 AO. Die Vorschrift biete den Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen eine Ermächtigungsgrundlage dahingehend, den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen. Der Steuerpflichtige solle im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten habe, müsse auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (ebenso Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 45; Forchhammer in Leopold/ Madle/Rader AO, § 174, Rz 40).

19

(3) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die gerade dargestellte Begründung, insbesondere auf den Telos der Vorschrift, den Steuerpflichtigen im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an dieser Auffassung festzuhalten.

20

(a) Es handelt sich dabei um eine besondere gesetzliche Ausformung des Grundsatzes von Treu und Glauben (s. Senatsurteil in BFHE 251, 389, Rz 42, m.w.N.). Durch § 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im Widerspruch stehen (Senatsurteil vom 28. Januar 2009 X R 27/07, BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620, Rz 15). Wie der Große Senat des BFH entschieden hat, regelt die Vorschrift die verfahrensrechtlichen (inhaltlichen) Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Diese Aufhebung oder Änderung löst sodann --"nachträglich"-- die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid nunmehr eine "widerstreitende Steuerfestsetzung" enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83, unter C.II.1.; Senatsurteil in BFHE 224, 15, BStBl II 2009, 620, Rz 15).

21

(b) Zudem ist auf die erheblichen praktischen Schwierigkeiten hinzuweisen, unter denen die Vorschrift des § 174 AO dann nur angewendet werden könnte.

22

Würde gefordert, dass die Finanzverwaltung auch subjektiv der Auffassung gewesen sein müsse, nicht rechtswidrig zu handeln, müsste die Behörde --da es sich dann um eine Voraussetzung für ihre Änderungsbefugnis handelt-- jeweils darlegen und rechtfertigen, warum sie die sich später als richtig herausstellende Auffassung nicht bereits bei Erlass des fehlerhaften Steuerbescheids vertreten hatte. Es dürfte im Regelfall jedoch erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die Erwägungen daraufhin zu überprüfen, ob sie unter keinen Umständen vertretbar gewesen sind, um ein bewusst fehlerhaftes Handeln auszuschließen, wie der Streitfall zeigt.

23

(aa) Zunächst kann aus der Tatsache, dass in der Rechtsbehelfsakte der Streitjahre 2000 bis 2003 die OFD-Verfügung vom 11. April 2005 enthalten war, eine bewusst fehlerhafte Steuerfestsetzung durch das FA im Jahr 2009 nicht abgeleitet werden.

24

Zwar wird in dieser Verwaltungsanweisung die Auffassung vertreten, dass im Falle von Erstattungen für mehrere Jahre in einem Veranlagungszeitraum der verbleibende Erstattungsüberhang aus Vereinfachungsgründen zunächst in das jüngste Zahlungsjahr zurückzutragen sei. Erst wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Einspruchs oder Änderungsantrags eine abweichende, für ihn günstigere Form der Aufteilung beantrage, könne dem Einspruch bzw. dem Änderungsantrag durch die anteilige Aufteilung des Erstattungsüberhangs und Korrektur im jeweiligen Zahlungsjahr gefolgt werden. Die OFD-Verfügung befindet sich jedoch nicht in der insoweit relevanten Rechtsbehelfsakte für den Veranlagungszeitraum 2004, sondern in der Rechtsbehelfsakte für die Streitjahre 2000 bis 2003. Dass sie dem FA bereits in dem zeitlich vorgelagerten Rechtsbehelfsverfahren bezüglich der Veranlagung 2004 bekannt gewesen sein soll, kann --im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und des FG-- hieraus nicht gefolgert werden.

25

(bb) Aber auch aus anderen Gründen kann nicht von einer bewusst fehlerhaften Steuerfestsetzung 2004 ausgegangen werden.

26

Das FA hatte in dem Steuerbescheid 2004 vom 14. September 2009, in der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2010 sowie in dem finanzgerichtlichen Verfahren 2 K 1270/10 die Meinung vertreten, aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung eines Kaskadeneffektes sei der Erstattungsüberhang in das jüngste Zahlungsjahr 2004 zurückzutragen. Dass diese Auffassung in den Jahren 2009 und 2010 unter keinem rechtlichen Aspekt zu vertreten gewesen sein sollte, ist eher zu bezweifeln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung aus Gründen der Praktikabilität und auch der Rechtskontinuität bei in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie der Kirchensteuer am Grundsatz der Verrechnung im Erstattungsjahr festgehalten hat (s. Senatsurteil vom 26. Juni 1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646, unter II.2.). Deshalb konnte im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. die Rechtsprechung aus Vereinfachungsgründen auch eine vorrangige Verrechnung des Erstattungsüberhangs im ersten Zahlungsjahr erlauben würde. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die relevanten Senatsentscheidungen vom 2. September 2008 X R 46/07 (BFHE 222, 215, BStBl II 2009, 229), vom 9. Dezember 2009 X R 4/09 (BFH/NV 2010, 596) und vom 19. Januar 2010 X B 32/09 (BFH/NV 2010, 1250) stammen.

27

c) Die weiteren Voraussetzungen für eine Änderung der streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO sind --dies ist wiederum zwischen den Beteiligten unstreitig-- erfüllt.

28

d) Die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 war nicht wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung ausgeschlossen.

29

aa) Das FG hat den fehlerhaft geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14. September 2009 mit Urteil vom 24. August 2011 aufgehoben, das Urteil wurde im Oktober 2011 rechtskräftig. Das FA änderte zugunsten der Klägerin den Einkommensteuerbescheid am 13. Dezember 2011 (vgl. § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2000 bis 2003 ergingen am 5. April 2012, sie sind demnach binnen der Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO erlassen worden.

30

bb) Dem steht § 174 Abs. 4 Satz 4 AO nicht entgegen.

31

(1) Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO ist der Fristablauf für den Fall, dass die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO unbeachtlich. Der in Abs. 4 Satz 4 genannte "später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid" ist der auf Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 1993 I R 20/93, BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, unter II.B.5.; vom 23. Mai 1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89; vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073, unter II.b; BFH-Beschluss vom 8. Februar 2007 XI B 70/06, BFH/NV 2007, 1071, unter 2.), hier also der geänderte Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14. September 2009.

32

(2) Wie das FA und das FG zu Recht erkannt haben, war für die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 aufgrund des durch den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Februar 2007 ermittelten Überhangs an erstatteter Kirchensteuer am 14. September 2009 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

33

Die Einkommensteuerbescheide hätten zu diesem Zeitpunkt noch gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden können, da der Erstattungsüberhang als rückwirkendes Ereignis den Sonderausgabenabzug in den Zahlungsjahren 2000 bis 2003 gemindert hätte (s. auch Senatsentscheidungen vom 28. Mai 1998 X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95, Rz 19 f., und in BFH/NV 2010, 1250, Rz 5). Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginnt in diesem Fall die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt, also im Streitfall mit Ablauf des Jahres 2007. Damit trat unter Berücksichtigung der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO für die Jahre 2000 bis 2003 die Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 ein, so dass der angefochtene Änderungsbescheid für 2004 vom 14. September 2009 in noch nicht festsetzungsverjährter Zeit ergangen ist. Damit kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht an.

34

2. Die Änderung der Steuerfestsetzungen 2000 bis 2003 verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

35

a) Da bereits die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO ihre Grundlage in dem Grundsatz von Treu und Glauben hat, darf sich das FA als derjenige, der daraus Vorteile zieht, nicht selbst treuwidrig verhalten.

36

Die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO kann damit beispielsweise ausgeschlossen sein, wenn die Möglichkeit bestünde, dass die Finanzbehörde ihr Änderungsrecht auf Grund eines entsprechenden vertrauensbegründenden Vorverhaltens verwirkt hat (noch offengelassen im BFH-Beschluss vom 10. Juli 2003 I B 150/02, BFH/NV 2003, 1535, unter II.1.). Eine weitere Konstellation für eine treuwidrige Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO kann darin zu sehen sein, dass sich die Finanzverwaltung absichtlich eine ansonsten nicht gegebene Voraussetzung einer Änderungsmöglichkeit gemäß § 174 Abs. 4 AO verschafft (so auch die Beispiele bei Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 171, und von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 97). Allein die abstrakte Besorgnis, die Zulässigkeit der Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO könne die Finanzverwaltung zum Missbrauch einladen, reicht indes nicht aus, um die Änderungsmöglichkeit allgemein einzuschränken, da dies den Kern des § 174 Abs. 4 AO berührte (ebenso zur im Grundsatz vergleichbaren Zulässigkeit der Fehlersaldierung gemäß § 177 AO, Senatsurteil vom 22. April 2015 X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334, Rz 33). Es bedarf vielmehr konkreter Indizien, die auf ein treuwidriges Verhalten hindeuten.

37

b) Diese sind im Streitfall nicht zu erkennen.

38

Das FA hätte am 8. Februar 2007, d.h. zu dem Zeitpunkt, in dem feststand, dass die im Jahr 2005 erstattete Kirchensteuer die in diesem Jahr gezahlte Kirchensteuer überstieg, die Steuerfestsetzungen der Jahre 2000 bis 2003 bereits ändern können und müssen (s. dazu auch oben unter II.1.d bb). Es hat durch das von ihm gewählte Verfahren keine ihm ansonsten nicht oder nicht mehr zustehende Änderungsmöglichkeit erhalten. Das FA hat vielmehr die ihm aufgrund des erfolgreichen Rechtsstreits der Klägerin eingeräumte Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO genutzt, um die materiell rechtmäßige Rechtslage herzustellen.

39

c) Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist --im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und des FG-- auch nicht dem konkreten Verfahrensablauf zu entnehmen.

40

aa) Das FA wusste zwar seit der Einkommensteuerveranlagung 2005 vom 8. Februar 2007, dass ein Kirchensteuererstattungsüberhang gegeben war und somit die Einkommensteuerfestsetzungen früherer Veranlagungszeiträume zu ändern waren. Die gesetzliche Festsetzungsverjährung für die davon betroffenen Veranlagungen trat aber erst zum 31. Dezember 2011 ein.

41

Dass das FA erst zwei Jahre nach Kenntnis, aber immer noch innerhalb der Festsetzungsfrist, die ersten --wenn auch nur teilweise richtigen-- Schlussfolgerungen aus dem Erstattungsüberhang gezogen und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2003 geändert hat, führt noch zu keinem Verstoß gegen Treu und Glauben. Dasselbe gilt für die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 am 5. April 2012: Auch hier wurde das FA fristgerecht noch innerhalb der Einjahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO tätig, da das finanzgerichtliche Urteil, das den Einkommensteuerbescheid 2004 änderte, im Oktober 2011 rechtskräftig wurde.

42

In einer solchen Konstellation, in der --soweit erkennbar-- keine Anhaltspunkte für einen besonderen Vertrauenstatbestand dergestalt gegeben sind, dass das FA nicht tätig werden würde, ist es nicht möglich, die gesetzlichen Verjährungsregelungen außer Acht zu lassen, um der Rechtssicherheit zugunsten des Steuerpflichtigen Vorrang einzuräumen.

43

bb) Dieser Vorrang kann sich auch nicht in den Fällen ergeben, in denen ein Einkommensteuerbescheid mehrfach geändert werden muss, um die materiell richtige Besteuerung zu gewährleisten. Daher kann dem Vorbringen der Klägerin auch darin nicht gefolgt werden, dass zumindest der Einkommensteuerbescheid 2003 nicht mehr zu ändern sei, weil dieser wegen des Kirchensteuerüberhangs 2005 bereits einmal geändert worden sei. Die in § 174 Abs. 4 AO getroffene Regelung beinhaltet eine eigenständige Änderungsmöglichkeit für den Fall, dass der Steuerpflichtige erfolgreich gegen einen anderen Bescheid vorgegangen ist.

44

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ehemaliger Kommanditist (Beteiligung: 52 %) der A-GmbH & Co. KG (im Folgenden: Produktionsgesellschaft). Weitere Gesellschafter der KG waren im Streitjahr die B-GmbH (Komplementärin), Frau C (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 3.) und Frau D (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 2.). Daneben war der Kläger zusammen mit den Beigeladenen zu 2. und 3. im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen Gesellschafter der E-GmbH (im Folgenden: Vertriebsgesellschaft) sowie der F Grundstücksverwaltungs GbR (im Folgenden: Besitzgesellschaft). Die Besitzgesellschaft wurde ab 2004 in die F Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG umgewandelt. Es bestand in dem Streitjahr eine (doppelte) Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft sowie der Vertriebsgesellschaft als Betriebsgesellschaften.

2

Die Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Vertriebsgesellschaft wurden im Jahr 2006 auf die G-GmbH & Co. KG --nunmehr umfirmiert in H-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1.)-- verschmolzen, welche zuvor die Kommanditanteile an der Produktionsgesellschaft im Wege der Sonderrechtsnachfolge von dem Kläger und den Beigeladenen zu 2. und 3. übernommen hatte. Das Vermögen der Produktionsgesellschaft ist der Beigeladenen zu 1. daher im Jahr 2006 angewachsen.

3

Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2002 erfasste die Produktionsgesellschaft eine am 23. Juli 2002 beschlossene Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von insgesamt 400.000 € - nebst den dazugehörigen Steuerabzugsbeträgen (80.000 € Kapitalertragsteuer, 4.400 € Solidaritätszuschlag). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 2. Oktober 2003 einen entsprechenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2002. Beide gingen übereinstimmend davon aus, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft Sonderbetriebsvermögen bei der Produktionsgesellschaft darstellten und Ausschüttungen dort zu erfassen seien.

4

Mit Urteil vom 2. April 2004  11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 981) entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Streitjahre 1995 bis 1997, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft darstellten und dass für diese eine eigene Gewinnfeststellung durchzuführen sei.

5

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Produktionsgesellschaft sowie der Besitzgesellschaft für die Jahre 2001 bis 2003 bzw. 2004 folgte der Prüfer dem FG-Urteil und erfasste die Anteile an der Vertriebsgesellschaft und damit auch die betreffenden Gewinnausschüttungen bei der Besitzgesellschaft. In dem Betriebsprüfungsbericht sind keine Hinweise über die Behandlung der entsprechenden Steuerabzugsbeträge enthalten.

6

Am 13. Februar 2007 erließ das FA einen (erstmaligen) Fest-stellungsbescheid für die Besitzgesellschaft für das Jahr 2002. Darin wurde die Ausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von 400.000 € erfasst, nicht jedoch die Steuerabzugsbeträge. Zugleich änderte das FA am 13. Februar 2007 den Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft, gerichtet an die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Produktionsgesellschaft, und minderte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend. Die Steuerabzugsbeträge wurden nicht geändert.

7

Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2007 wandte sich die Besitzgesellschaft mit dem als Einspruch bezeichneten Schreiben vom 13. März 2007 und beantragte, die auf die Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 80.000 € sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.400 € festzustellen und entsprechend dem Verteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen.

8

Mit Verfügungen vom 18. April 2007 zog das FA die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Beigeladenen zu 2. und 3. und den Kläger zum Rechtsbehelfsverfahren der Besitzgesellschaft (Feststellungen 2001 bis 2003) gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) hinzu.

9

Sodann erließ das FA am 22. Juni 2007 einen Abhilfebescheid gegenüber der Besitzgesellschaft, in dem die Steuerabzugsbeträge entsprechend festgestellt wurden. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2008, die auch den Hinzugezogenen bekannt gegeben wurde, entschied das FA, dass der Einspruch begründet sei.

10

Am 26. Juni 2007 erging ein nach § 174 AO geänderter Feststellungsbescheid für die Produktionsgesellschaft für das Jahr 2002, in dem die Einkünfte unverändert festgestellt wurden, der jedoch die streitgegenständlichen Steuerabzugsbeträge nicht mehr enthielt.

11

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 174 AO nicht vorlägen. Das FA verwarf den Einspruch des Klägers als unzulässig.

12

Das FG hat neben den Beigeladenen zu 2. und 3. auch die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren beigeladen.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den angefochtenen Feststellungsbescheid zu Recht gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO geändert habe. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung, die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf Feststellungsbescheide sinngemäß anwendbar sei, seien erfüllt. Die Entscheidungsgründe sind in EFG 2009, 1812 abgedruckt.

14

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO lägen nicht vor, da die Nachholung einer unterlassenen Feststellung keine Änderung im Sinne dieser Norm sei. Das als Einspruch bezeichnete Schreiben vom 13. März 2007 der Besitzgesellschaft stelle keinen Rechtsbehelf oder Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Ein Einspruch scheide aus, da es an einem Verwaltungsakt fehle, gegen den sich die Besitzgesellschaft habe wenden können. Jede einzelne Besteuerungsgrundlage eines Feststellungsbescheids erwachse in Bestandskraft und sei daher als eigenständiger Verwaltungsakt einzustufen. Da weder eine positive noch eine negative Feststellung der Steueranrechnungsbeträge vorgenommen worden sei, fehle es an einem Verwaltungsakt, gegen den Einspruch eingelegt worden sein könnte. Anders als das FG meine, könne der (einheitliche) Feststellungsbescheid nicht auch zumindest einen einheitlichen Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO darstellen, da dieser über die Feststellungen der einzelnen Besteuerungsgrundlagen hinaus keinen weiteren Regelungsgehalt habe.

15

Das Schreiben sei als Antrag auf den erstmaligen Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO auszulegen. Ein solcher Antrag stelle aber keinen Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Denn es fehle an der Ursächlichkeit des Schreibens vom 13. März 2007 für die Aufhebung bzw. Änderung des Feststellungsbescheids der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007.

16

Es fehle auch an der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts. Die bewusst herbeigeführte Fehlerhaftigkeit lasse sich nicht darunter subsumieren. Im Streitfall habe das FA die Feststellung der Steueranrechnungsbeträge aus verfahrensökonomischen Gründen weiterhin bei der Produktionsgesellschaft belassen und deshalb bewusst eine Zuordnung und Feststellung bei der Besitzgesellschaft unterlassen.

17

Eine Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids könne auch nicht auf § 174 Abs. 2 AO gestützt werden. Eine Berichtigung gemäß § 129 AO komme ebenfalls nicht in Betracht.

18

Die Voraussetzungen für eine Änderung lägen auch deshalb nicht vor, weil die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Produktionsgesellschaft gewesen seien. Die Besitzgesellschaft sei in dem Streitjahr Besitzunternehmen für zwei Betriebsunternehmen, nämlich die Produktionsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft gewesen. Die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft erfüllten sowohl bei der Besitzgesellschaft als auch bei der Produktionsgesellschaft die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II. In diesem Fall gleichrangigen Sonderbetriebsvermögens II obliege es dem Steuerpflichtigen, die Zuordnung zu einem Sonderbetriebsvermögen zu treffen. Hier sei das Wahlrecht dahin ausgeübt worden, dass die Anteile der Produktionsgesellschaft zugeordnet worden seien. Der angefochtene Bescheid habe deshalb nicht ergehen dürfen.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der Vorentscheidung. Ergänzend weist das FA darauf hin, dass eine irrige Beurteilung auch vorliege, wenn das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe.

22

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

24

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den an die Produktionsgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid 2002 vom 13. Februar 2007 nach § 174 Abs. 4 AO ändern konnte. Der streitgegenständliche geänderte Feststellungsbescheid 2002 vom 26. Juni 2007 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

25

1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

26

a) Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562, und vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, jeweils m.w.N.). Eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt hat. Der Steuerpflichtige soll vielmehr im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497).

27

b) Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der Feststellungsbeteiligte nicht Dritter im Sinne der Regelung ist (BFH-Urteile vom 15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914, und vom 5. November 2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593).

28

2. Der an die Produktionsgesellschaft gerichtete Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 durfte daher gemäß § 174 Abs. 4 AO durch den Feststellungsbescheid vom 26. Juni 2007 geändert werden.

29

a) Der hier zu beurteilende einheitliche Lebenssachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist darin zu sehen, dass die Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter, den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3., unter Einbehaltung von Steuerabzugsbeträgen vorgenommen hat. Diesen Sachverhalt hat das FA insoweit zutreffend beurteilt, als es die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft erfasst hat. Es hat den Sachverhalt aber insoweit irrig beurteilt, als es die damit zusammenhängenden, einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht ebenfalls bei der Besitzgesellschaft als anrechenbar gesondert und einheitlich festgestellt hat.

30

aa) Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft und nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten bei der Produktionsgesellschaft zuzuordnen waren. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft erfüllt danach nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft. Auch bei Letzterer war die Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zu dienen (so bereits entschieden in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Jahre 1995 und 1996: BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). In dem Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 war der BFH ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz einer Zuordnungsentscheidung enthoben. Er hat in den die Entscheidung betreffenden Streitjahren ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz ohne weitere rechtliche Prüfung die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft zugeordnet. Denn einer evtl. anderweitigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft stand bereits das rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige Feststellung, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft zuzuordnen sind, war der BFH gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO im Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 daher gebunden. Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass weder das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 noch das BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 materielle Bindungswirkung gemäß § 110 Abs. 1 FGO für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Streitjahr entfalten.

31

Gleichwohl hält der Senat die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft auch unter Berücksichtigung der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz für zutreffend. Für die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz sind zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht dabei die zeitliche Abfolge. Ist ein Wirtschaftsgut danach vor der Entstehung der Bilanzierungskonkurrenz zu Recht einem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet worden, kann die spätere Entstehung der Konkurrenz eine Änderung der Zuordnung zu einem anderen Sonderbetriebsvermögen nicht begründen. Die Änderung in der Zuordnung setzt insoweit eine Entnahme oder Veräußerung des Wirtschaftsguts aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen voraus. Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Danach geht etwa Sonderbetriebsvermögen I bei einer Mitunternehmerschaft dem Sonderbetriebsvermögen II bei einer anderen Mitunternehmerschaft vor (BFH-Urteil vom 6. Oktober 1987 VIII R 137/84, BFHE 152, 446, BStBl II 1988, 679).

32

Im Streitfall war die Zuordnung der Anteile der Vertriebsgesellschaft auf Grund der Änderung der Rechtsprechung zur Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der Gesellschafter der Besitzgesellschaft bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325) erst zu einem Zeitpunkt zu treffen, zu dem die Bilanzierungskonkurrenz bereits bestand. Folge der Rechtsprechungsänderung war, dass nunmehr die Besitzgesellschaft erstmals steuerlich erfasst und das Betriebsgrundstück deren (Sonder-)Betriebsvermögen zugeordnet wurde. Die steuerliche Verselbständigung der Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erforderte darüber hinaus, dass die Zuordnung der bisher im Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft erfassten Anteile an der Vertriebsgesellschaft ebenfalls im Lichte der bestehenden mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erstmals zuzuordnen waren. Es fehlte mithin an der zeitlich bedingten vorrangigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft. Die Anteile erfüllten vielmehr sowohl bei der Produktionsgesellschaft als auch bei der Besitzgesellschaft die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen II.

33

Die danach qualitativen Kriterien folgende Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens führt nach Auffassung des Senats zur Auflösung der Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzgesellschaft. Die die Betriebsaufspaltung mitbegründende Grundstücksvermietung (sachliche Verflechtung) bildet das Bindeglied zwischen allen drei Gesellschaften. Die enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit legt es nahe, faktisch nur von dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auszugehen. Dieser Umstand lässt es jedenfalls im Streitfall gerechtfertigt erscheinen, die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft so vorzunehmen, als ob auf Seiten der Betriebsgesellschaft keine weitere (Betriebs-)Aufspaltung vorgelegen hätte. Da die Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei einer einfachen mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, wie ausgeführt, dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zuzuordnen sind, muss dies im Streitfall gleichermaßen für die Anteile an der Vertriebsgesellschaft gelten. Ein Zuordnungswahlrecht, wie von dem Kläger gefordert, besteht nicht.

34

bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FA zutreffend die im Streitjahr erfolgten Gewinnausschüttungen der Vertriebsgesellschaft an ihre Gesellschafter als deren Sonderbetriebseinnahmen in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 erfasst. Soweit das FA demgegenüber die Steuerabzugsbeträge nicht in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft, sondern in dem insoweit wiederholenden Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft gleichen Datums gesondert und einheitlich festgestellt hat, liegt dem eine irrige Beurteilung des Sachverhalts zu Grunde. Wie unter II.1.a ausgeführt, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob das FA die Steuerabzugsbeträge bewusst fehlerhaft bei der Produktionsgesellschaft festgestellt oder sich bezüglich der Zuordnung der Steuerabzugsbeträge nur in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geirrt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das FA, wie der Kläger ohne nähere Substantiierung vorträgt, die Steuerabzugsbeträge aus Vereinfachungsgründen in dem an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid nicht erfasst hat. Denn auch dies stünde der Annahme einer irrigen Beurteilung nicht entgegen.

35

b) Der Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 ist auch auf den Einspruch der Besitzgesellschaft geändert worden. Anders als der Kläger meint, ist eine Feststellung der Steuerabzugsbeträge bei der Besitzgesellschaft in dem Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 nicht unterblieben. Die Feststellungen des FG lassen vielmehr den Schluss zu, dass in dem Feststellungsbescheid auch die negative Feststellung enthalten ist, dass die von der Vertriebsgesellschaft einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht bei der Besitzgesellschaft zu berücksichtigen sind.

36

aa) Ob eine als Verwaltungsakt i.S. von § 118 Satz 1 AO zu qualifizierende Regelung vorliegt und welchen Regelungsinhalt ein Verwaltungsakt hat, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen --nach seinem "objektiven Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)-- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 18. April 1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675, und vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

37

Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes kommt es somit nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Es kommt auch nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste (BFH-Urteil vom 30. September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Weil der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293, und in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96; BFH-Beschluss vom 16. März 2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103). Maßgebend sind deshalb auch nicht die erst nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zutage tretenden Umstände (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758). Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

38

Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Der BFH ist nicht an die Auslegung eines Feststellungsbescheids durch das FG gebunden. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht vielmehr in eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

39

bb) Nach diesen Auslegungsmaßstäben und nach den besonderen Umständen des Streitfalles konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. als von der hier streitigen Regelung betroffene Inhaltsadressaten des an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheids vom 13. Februar 2007 diesen nur dahin gehend verstehen, dass neben der Erfassung der Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft zugleich negativ festgestellt worden ist, dass für das Streitjahr bei der Besitzgesellschaft keine anrechenbaren Steuerabzugsbeträge festzustellen sind. Zwar ist dem FG zuzugeben, dass der Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 keine ausdrückliche positive oder negative Feststellung hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge enthält. Im Rahmen der Auslegung des Regelungsgehalts dieses Feststellungsbescheids kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass unter dem gleichen Datum gegenüber der Produktionsgesellschaft ein geänderter Feststellungsbescheid bekannt gegeben worden ist, in dem die bisher bei der Produktionsgesellschaft erfasste Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft nicht mehr bei den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. berücksichtigt, gleichwohl aber die mit dieser Gewinnausschüttung im Zusammenhang stehenden Steuerabzugsbeträge als anrechenbar festgestellt worden sind. Von der Änderung betroffene Inhaltsadressaten beider Feststellungsbescheide waren der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. Wie der Kläger selber einräumt, sind die Steueranrechnungsbeträge akzessorisch zu der Gewinnausschüttung. Es lag für den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. deshalb ohne weiteres auf der Hand, dass die Gewinnausschüttung und die damit zusammenhängenden Steuerabzugsbeträge entweder bei der Besitzgesellschaft oder bei der Produktionsgesellschaft zu berücksichtigen waren. Aus Sicht des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. war deshalb in den jeweiligen Feststellungsbescheiden über beide Sachverhalte einheitlich zu entscheiden. Soweit das FA davon abweichend die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft im Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft und die darauf entfallenden anrechenbaren Steuerabzugsbeträge im Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft berücksichtigt hat, konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. den Regelungsgehalt des erstgenannten Bescheids nur dahin verstehen, dass eine rechtlich gebotene Feststellung der anrechenbaren Steuerabzugsbeträge jedenfalls konkludent negativ beschieden worden ist, da die Steuerabzugsbeträge in dem Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft erfasst waren.

40

cc) Der so auszulegende negative Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft ist auch auf deren Einspruch zu ihren Gunsten insoweit geändert worden, als die Steuerabzugsbeträge in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2007 nunmehr positiv festgestellt worden sind. Da die von der Änderung betroffenen Gesellschafter der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft in den Streitjahren identisch waren, konnte das FA aus der Änderung des Feststellungsbescheids zu Gunsten der Besitzgesellschaft auch die richtigen steuerlichen Folgerungen durch die Änderung des Feststellungsbescheids der Produktionsgesellschaft ziehen und die dort getroffene Feststellung der Steuerabzugsbeträge aufheben. Der gleichwohl erfolgten Hinzuziehung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zum Vorverfahren gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hätte es daher nicht bedurft, um die Rechtsfolgen des § 174 Abs. 4 AO auch auf diese zu erstrecken.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 2 und Abs. 5, 139 Abs. 4 FGO. Der Senat hält es für ermessensgerecht, dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. die Kosten nicht nach Kopfteilen, sondern entsprechend ihrer Beteiligung im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418).

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. Wird eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 2 ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde abgegeben, gilt § 170 Absatz 3 sinngemäß. In den Fällen des § 180 Absatz 1a ist keine Erklärung zur gesonderten Feststellung abzugeben; als Steuererklärung nach § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 gilt in diesem Fall die Steuererklärung, für deren Besteuerungszeitraum der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet.

(2) Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung hat derjenige abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. Erklärungspflichtig sind insbesondere

1.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist;
2.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b der Unternehmer;
3.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den Wirtschaftsgütern, Schulden oder sonstigen Abzügen zuzurechnen ist;
4.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 3 auch die in § 34 bezeichneten Personen.
Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

(2a) Die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben.

(3) Die Frist für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten oder von Grundsteuerwerten (Feststellungsfrist) beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung eines Einheitswerts oder eines Grundsteuerwerts vorzunehmen ist. Ist eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Einheitswerts oder des Grundsteuerwerts abzugeben, beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung oder die Grundsteuerwertfeststellung vorzunehmen oder aufzuheben ist. Wird der Beginn der Feststellungsfrist nach Satz 2 hinausgeschoben, wird der Beginn der Feststellungsfrist für die weiteren Feststellungszeitpunkte des Hauptfeststellungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 beginnt die Feststellungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, auf dessen Beginn der Einheitswert oder der Grundsteuerwert erstmals steuerlich anzuwenden ist.

(5) Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 außer Betracht. Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen. § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ehemaliger Kommanditist (Beteiligung: 52 %) der A-GmbH & Co. KG (im Folgenden: Produktionsgesellschaft). Weitere Gesellschafter der KG waren im Streitjahr die B-GmbH (Komplementärin), Frau C (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 3.) und Frau D (Kommanditbeteiligung: 24 %, Beigeladene zu 2.). Daneben war der Kläger zusammen mit den Beigeladenen zu 2. und 3. im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen Gesellschafter der E-GmbH (im Folgenden: Vertriebsgesellschaft) sowie der F Grundstücksverwaltungs GbR (im Folgenden: Besitzgesellschaft). Die Besitzgesellschaft wurde ab 2004 in die F Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG umgewandelt. Es bestand in dem Streitjahr eine (doppelte) Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft sowie der Vertriebsgesellschaft als Betriebsgesellschaften.

2

Die Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Vertriebsgesellschaft wurden im Jahr 2006 auf die G-GmbH & Co. KG --nunmehr umfirmiert in H-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1.)-- verschmolzen, welche zuvor die Kommanditanteile an der Produktionsgesellschaft im Wege der Sonderrechtsnachfolge von dem Kläger und den Beigeladenen zu 2. und 3. übernommen hatte. Das Vermögen der Produktionsgesellschaft ist der Beigeladenen zu 1. daher im Jahr 2006 angewachsen.

3

Im Rahmen ihrer Feststellungserklärung für das Jahr 2002 erfasste die Produktionsgesellschaft eine am 23. Juli 2002 beschlossene Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von insgesamt 400.000 € - nebst den dazugehörigen Steuerabzugsbeträgen (80.000 € Kapitalertragsteuer, 4.400 € Solidaritätszuschlag). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 2. Oktober 2003 einen entsprechenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2002. Beide gingen übereinstimmend davon aus, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft Sonderbetriebsvermögen bei der Produktionsgesellschaft darstellten und Ausschüttungen dort zu erfassen seien.

4

Mit Urteil vom 2. April 2004  11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 981) entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Streitjahre 1995 bis 1997, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft darstellten und dass für diese eine eigene Gewinnfeststellung durchzuführen sei.

5

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Produktionsgesellschaft sowie der Besitzgesellschaft für die Jahre 2001 bis 2003 bzw. 2004 folgte der Prüfer dem FG-Urteil und erfasste die Anteile an der Vertriebsgesellschaft und damit auch die betreffenden Gewinnausschüttungen bei der Besitzgesellschaft. In dem Betriebsprüfungsbericht sind keine Hinweise über die Behandlung der entsprechenden Steuerabzugsbeträge enthalten.

6

Am 13. Februar 2007 erließ das FA einen (erstmaligen) Fest-stellungsbescheid für die Besitzgesellschaft für das Jahr 2002. Darin wurde die Ausschüttung der Vertriebsgesellschaft in Höhe von 400.000 € erfasst, nicht jedoch die Steuerabzugsbeträge. Zugleich änderte das FA am 13. Februar 2007 den Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft, gerichtet an die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Produktionsgesellschaft, und minderte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend. Die Steuerabzugsbeträge wurden nicht geändert.

7

Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2007 wandte sich die Besitzgesellschaft mit dem als Einspruch bezeichneten Schreiben vom 13. März 2007 und beantragte, die auf die Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 80.000 € sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.400 € festzustellen und entsprechend dem Verteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen.

8

Mit Verfügungen vom 18. April 2007 zog das FA die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft sowie die Beigeladenen zu 2. und 3. und den Kläger zum Rechtsbehelfsverfahren der Besitzgesellschaft (Feststellungen 2001 bis 2003) gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) hinzu.

9

Sodann erließ das FA am 22. Juni 2007 einen Abhilfebescheid gegenüber der Besitzgesellschaft, in dem die Steuerabzugsbeträge entsprechend festgestellt wurden. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2008, die auch den Hinzugezogenen bekannt gegeben wurde, entschied das FA, dass der Einspruch begründet sei.

10

Am 26. Juni 2007 erging ein nach § 174 AO geänderter Feststellungsbescheid für die Produktionsgesellschaft für das Jahr 2002, in dem die Einkünfte unverändert festgestellt wurden, der jedoch die streitgegenständlichen Steuerabzugsbeträge nicht mehr enthielt.

11

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 174 AO nicht vorlägen. Das FA verwarf den Einspruch des Klägers als unzulässig.

12

Das FG hat neben den Beigeladenen zu 2. und 3. auch die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin der Komplementärin der Produktionsgesellschaft gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren beigeladen.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den angefochtenen Feststellungsbescheid zu Recht gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO geändert habe. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung, die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auf Feststellungsbescheide sinngemäß anwendbar sei, seien erfüllt. Die Entscheidungsgründe sind in EFG 2009, 1812 abgedruckt.

14

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO lägen nicht vor, da die Nachholung einer unterlassenen Feststellung keine Änderung im Sinne dieser Norm sei. Das als Einspruch bezeichnete Schreiben vom 13. März 2007 der Besitzgesellschaft stelle keinen Rechtsbehelf oder Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Ein Einspruch scheide aus, da es an einem Verwaltungsakt fehle, gegen den sich die Besitzgesellschaft habe wenden können. Jede einzelne Besteuerungsgrundlage eines Feststellungsbescheids erwachse in Bestandskraft und sei daher als eigenständiger Verwaltungsakt einzustufen. Da weder eine positive noch eine negative Feststellung der Steueranrechnungsbeträge vorgenommen worden sei, fehle es an einem Verwaltungsakt, gegen den Einspruch eingelegt worden sein könnte. Anders als das FG meine, könne der (einheitliche) Feststellungsbescheid nicht auch zumindest einen einheitlichen Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO darstellen, da dieser über die Feststellungen der einzelnen Besteuerungsgrundlagen hinaus keinen weiteren Regelungsgehalt habe.

15

Das Schreiben sei als Antrag auf den erstmaligen Erlass eines Ergänzungsbescheids gemäß § 179 Abs. 3 AO auszulegen. Ein solcher Antrag stelle aber keinen Antrag i.S. des § 174 Abs. 4 AO dar. Denn es fehle an der Ursächlichkeit des Schreibens vom 13. März 2007 für die Aufhebung bzw. Änderung des Feststellungsbescheids der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007.

16

Es fehle auch an der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts. Die bewusst herbeigeführte Fehlerhaftigkeit lasse sich nicht darunter subsumieren. Im Streitfall habe das FA die Feststellung der Steueranrechnungsbeträge aus verfahrensökonomischen Gründen weiterhin bei der Produktionsgesellschaft belassen und deshalb bewusst eine Zuordnung und Feststellung bei der Besitzgesellschaft unterlassen.

17

Eine Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids könne auch nicht auf § 174 Abs. 2 AO gestützt werden. Eine Berichtigung gemäß § 129 AO komme ebenfalls nicht in Betracht.

18

Die Voraussetzungen für eine Änderung lägen auch deshalb nicht vor, weil die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Produktionsgesellschaft gewesen seien. Die Besitzgesellschaft sei in dem Streitjahr Besitzunternehmen für zwei Betriebsunternehmen, nämlich die Produktionsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft gewesen. Die Geschäftsanteile an der Vertriebsgesellschaft erfüllten sowohl bei der Besitzgesellschaft als auch bei der Produktionsgesellschaft die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II. In diesem Fall gleichrangigen Sonderbetriebsvermögens II obliege es dem Steuerpflichtigen, die Zuordnung zu einem Sonderbetriebsvermögen zu treffen. Hier sei das Wahlrecht dahin ausgeübt worden, dass die Anteile der Produktionsgesellschaft zugeordnet worden seien. Der angefochtene Bescheid habe deshalb nicht ergehen dürfen.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der Vorentscheidung. Ergänzend weist das FA darauf hin, dass eine irrige Beurteilung auch vorliege, wenn das FA vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe.

22

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
die Vorentscheidung sowie den geänderten Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 26. Juni 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

24

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den an die Produktionsgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid 2002 vom 13. Februar 2007 nach § 174 Abs. 4 AO ändern konnte. Der streitgegenständliche geänderte Feststellungsbescheid 2002 vom 26. Juni 2007 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

25

1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

26

a) Irrige Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562, und vom 21. August 2007 I R 74/06, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277, jeweils m.w.N.). Eine Änderung wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen Bescheid ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt hat. Der Steuerpflichtige soll vielmehr im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497).

27

b) Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der Feststellungsbeteiligte nicht Dritter im Sinne der Regelung ist (BFH-Urteile vom 15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914, und vom 5. November 2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593).

28

2. Der an die Produktionsgesellschaft gerichtete Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 durfte daher gemäß § 174 Abs. 4 AO durch den Feststellungsbescheid vom 26. Juni 2007 geändert werden.

29

a) Der hier zu beurteilende einheitliche Lebenssachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 AO ist darin zu sehen, dass die Vertriebsgesellschaft im Streitjahr Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter, den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3., unter Einbehaltung von Steuerabzugsbeträgen vorgenommen hat. Diesen Sachverhalt hat das FA insoweit zutreffend beurteilt, als es die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft erfasst hat. Es hat den Sachverhalt aber insoweit irrig beurteilt, als es die damit zusammenhängenden, einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht ebenfalls bei der Besitzgesellschaft als anrechenbar gesondert und einheitlich festgestellt hat.

30

aa) Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft und nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten bei der Produktionsgesellschaft zuzuordnen waren. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft erfüllt danach nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft. Auch bei Letzterer war die Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zu dienen (so bereits entschieden in dem Verfahren der Produktionsgesellschaft betreffend die Jahre 1995 und 1996: BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). In dem Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 war der BFH ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz einer Zuordnungsentscheidung enthoben. Er hat in den die Entscheidung betreffenden Streitjahren ungeachtet der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz ohne weitere rechtliche Prüfung die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft zugeordnet. Denn einer evtl. anderweitigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft stand bereits das rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige Feststellung, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der Produktionsgesellschaft zuzuordnen sind, war der BFH gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO im Verfahren in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 daher gebunden. Zutreffend weist der Kläger allerdings darauf hin, dass weder das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 noch das BFH-Urteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 materielle Bindungswirkung gemäß § 110 Abs. 1 FGO für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Streitjahr entfalten.

31

Gleichwohl hält der Senat die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen II des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der Besitzgesellschaft auch unter Berücksichtigung der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz für zutreffend. Für die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz sind zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht dabei die zeitliche Abfolge. Ist ein Wirtschaftsgut danach vor der Entstehung der Bilanzierungskonkurrenz zu Recht einem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet worden, kann die spätere Entstehung der Konkurrenz eine Änderung der Zuordnung zu einem anderen Sonderbetriebsvermögen nicht begründen. Die Änderung in der Zuordnung setzt insoweit eine Entnahme oder Veräußerung des Wirtschaftsguts aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen voraus. Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Danach geht etwa Sonderbetriebsvermögen I bei einer Mitunternehmerschaft dem Sonderbetriebsvermögen II bei einer anderen Mitunternehmerschaft vor (BFH-Urteil vom 6. Oktober 1987 VIII R 137/84, BFHE 152, 446, BStBl II 1988, 679).

32

Im Streitfall war die Zuordnung der Anteile der Vertriebsgesellschaft auf Grund der Änderung der Rechtsprechung zur Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der Gesellschafter der Besitzgesellschaft bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325) erst zu einem Zeitpunkt zu treffen, zu dem die Bilanzierungskonkurrenz bereits bestand. Folge der Rechtsprechungsänderung war, dass nunmehr die Besitzgesellschaft erstmals steuerlich erfasst und das Betriebsgrundstück deren (Sonder-)Betriebsvermögen zugeordnet wurde. Die steuerliche Verselbständigung der Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erforderte darüber hinaus, dass die Zuordnung der bisher im Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft erfassten Anteile an der Vertriebsgesellschaft ebenfalls im Lichte der bestehenden mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erstmals zuzuordnen waren. Es fehlte mithin an der zeitlich bedingten vorrangigen Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Produktionsgesellschaft. Die Anteile erfüllten vielmehr sowohl bei der Produktionsgesellschaft als auch bei der Besitzgesellschaft die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen II.

33

Die danach qualitativen Kriterien folgende Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens führt nach Auffassung des Senats zur Auflösung der Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzgesellschaft. Die die Betriebsaufspaltung mitbegründende Grundstücksvermietung (sachliche Verflechtung) bildet das Bindeglied zwischen allen drei Gesellschaften. Die enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit legt es nahe, faktisch nur von dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auszugehen. Dieser Umstand lässt es jedenfalls im Streitfall gerechtfertigt erscheinen, die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft so vorzunehmen, als ob auf Seiten der Betriebsgesellschaft keine weitere (Betriebs-)Aufspaltung vorgelegen hätte. Da die Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei einer einfachen mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, wie ausgeführt, dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zuzuordnen sind, muss dies im Streitfall gleichermaßen für die Anteile an der Vertriebsgesellschaft gelten. Ein Zuordnungswahlrecht, wie von dem Kläger gefordert, besteht nicht.

34

bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FA zutreffend die im Streitjahr erfolgten Gewinnausschüttungen der Vertriebsgesellschaft an ihre Gesellschafter als deren Sonderbetriebseinnahmen in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 erfasst. Soweit das FA demgegenüber die Steuerabzugsbeträge nicht in dem Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft, sondern in dem insoweit wiederholenden Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft gleichen Datums gesondert und einheitlich festgestellt hat, liegt dem eine irrige Beurteilung des Sachverhalts zu Grunde. Wie unter II.1.a ausgeführt, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob das FA die Steuerabzugsbeträge bewusst fehlerhaft bei der Produktionsgesellschaft festgestellt oder sich bezüglich der Zuordnung der Steuerabzugsbeträge nur in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geirrt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das FA, wie der Kläger ohne nähere Substantiierung vorträgt, die Steuerabzugsbeträge aus Vereinfachungsgründen in dem an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheid nicht erfasst hat. Denn auch dies stünde der Annahme einer irrigen Beurteilung nicht entgegen.

35

b) Der Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 ist auch auf den Einspruch der Besitzgesellschaft geändert worden. Anders als der Kläger meint, ist eine Feststellung der Steuerabzugsbeträge bei der Besitzgesellschaft in dem Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2007 nicht unterblieben. Die Feststellungen des FG lassen vielmehr den Schluss zu, dass in dem Feststellungsbescheid auch die negative Feststellung enthalten ist, dass die von der Vertriebsgesellschaft einbehaltenen Steuerabzugsbeträge nicht bei der Besitzgesellschaft zu berücksichtigen sind.

36

aa) Ob eine als Verwaltungsakt i.S. von § 118 Satz 1 AO zu qualifizierende Regelung vorliegt und welchen Regelungsinhalt ein Verwaltungsakt hat, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen --nach seinem "objektiven Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)-- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 18. April 1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675, und vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

37

Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes kommt es somit nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Es kommt auch nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste (BFH-Urteil vom 30. September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Weil der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293, und in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96; BFH-Beschluss vom 16. März 2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103). Maßgebend sind deshalb auch nicht die erst nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zutage tretenden Umstände (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758). Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

38

Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Der BFH ist nicht an die Auslegung eines Feststellungsbescheids durch das FG gebunden. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht vielmehr in eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

39

bb) Nach diesen Auslegungsmaßstäben und nach den besonderen Umständen des Streitfalles konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. als von der hier streitigen Regelung betroffene Inhaltsadressaten des an die Besitzgesellschaft gerichteten Feststellungsbescheids vom 13. Februar 2007 diesen nur dahin gehend verstehen, dass neben der Erfassung der Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft zugleich negativ festgestellt worden ist, dass für das Streitjahr bei der Besitzgesellschaft keine anrechenbaren Steuerabzugsbeträge festzustellen sind. Zwar ist dem FG zuzugeben, dass der Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft vom 13. Februar 2007 keine ausdrückliche positive oder negative Feststellung hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge enthält. Im Rahmen der Auslegung des Regelungsgehalts dieses Feststellungsbescheids kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass unter dem gleichen Datum gegenüber der Produktionsgesellschaft ein geänderter Feststellungsbescheid bekannt gegeben worden ist, in dem die bisher bei der Produktionsgesellschaft erfasste Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft nicht mehr bei den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. berücksichtigt, gleichwohl aber die mit dieser Gewinnausschüttung im Zusammenhang stehenden Steuerabzugsbeträge als anrechenbar festgestellt worden sind. Von der Änderung betroffene Inhaltsadressaten beider Feststellungsbescheide waren der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. Wie der Kläger selber einräumt, sind die Steueranrechnungsbeträge akzessorisch zu der Gewinnausschüttung. Es lag für den Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. deshalb ohne weiteres auf der Hand, dass die Gewinnausschüttung und die damit zusammenhängenden Steuerabzugsbeträge entweder bei der Besitzgesellschaft oder bei der Produktionsgesellschaft zu berücksichtigen waren. Aus Sicht des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. war deshalb in den jeweiligen Feststellungsbescheiden über beide Sachverhalte einheitlich zu entscheiden. Soweit das FA davon abweichend die Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft im Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft und die darauf entfallenden anrechenbaren Steuerabzugsbeträge im Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft berücksichtigt hat, konnten der Kläger und die Beigeladenen zu 2. und 3. den Regelungsgehalt des erstgenannten Bescheids nur dahin verstehen, dass eine rechtlich gebotene Feststellung der anrechenbaren Steuerabzugsbeträge jedenfalls konkludent negativ beschieden worden ist, da die Steuerabzugsbeträge in dem Feststellungsbescheid der Produktionsgesellschaft erfasst waren.

40

cc) Der so auszulegende negative Feststellungsbescheid der Besitzgesellschaft ist auch auf deren Einspruch zu ihren Gunsten insoweit geändert worden, als die Steuerabzugsbeträge in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2007 nunmehr positiv festgestellt worden sind. Da die von der Änderung betroffenen Gesellschafter der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft in den Streitjahren identisch waren, konnte das FA aus der Änderung des Feststellungsbescheids zu Gunsten der Besitzgesellschaft auch die richtigen steuerlichen Folgerungen durch die Änderung des Feststellungsbescheids der Produktionsgesellschaft ziehen und die dort getroffene Feststellung der Steuerabzugsbeträge aufheben. Der gleichwohl erfolgten Hinzuziehung des Klägers und der Beigeladenen zu 2. und 3. zum Vorverfahren gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hätte es daher nicht bedurft, um die Rechtsfolgen des § 174 Abs. 4 AO auch auf diese zu erstrecken.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 2 und Abs. 5, 139 Abs. 4 FGO. Der Senat hält es für ermessensgerecht, dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. die Kosten nicht nach Kopfteilen, sondern entsprechend ihrer Beteiligung im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418).

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.