Finanzgericht Baden-Württemberg Beschluss, 12. Aug. 2015 - 3 V 4193/13

bei uns veröffentlicht am12.08.2015

Tenor

1.Die Vollziehung der Feststellungsbescheide für die Feststellungsjahre 2003 und 2004 vom 28. September 2012, für die Feststellungsjahre 2005 bis 2009 vom 13. August 2012 und für die Feststellungsjahre 2010 und 2011 vom 29. Oktober 2012 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne weitere Sicherheitsleistung ausgesetzt.

2.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3.Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand

 
I. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung betrifft Feststellungsbescheide zur Hinzurechnungsbesteuerung für die Jahre 2003 bis 2011 nach § 18 in Verbindung mit den §§ 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) in der jeweils maßgeblichen Fassung (vgl. zur zeitlichen Anwendung § 21 AStG).
Der in X bei Y wohnende, im Jahr 1952 geborene Antragsteller hatte auch in den Streitjahren einen inländischen Wohnsitz. Er hielt und hält die Anteile an der M AG (vgl. www... und Gerichtsakte Bl. 226 ff.), einer Kapitalgesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in der Schweiz (ursprünglich Z, seit 2013 W, vgl. Internet-Auszüge der Handelsregister der Kantone W und Z, Bl. 230 ff., vgl. Mietverträge Bl. 125 ff., 137 ff.). Im Rahmen einer Sachgründung hatte der Antragsteller im Dezember 2000 sein im Jahr 1999 gegründetes schweizerisches Einzelunternehmen (M, Handelsregisterauszug Bl. 163) in die neue Aktiengesellschaft eingebracht (vgl. Vertragsakte Bl. 1 ff.). Das Aktienkapital beträgt 100.000 CHF. Der Zweck der Gesellschaft wird mit „Suche und Vermittlung
sowie Planung, Verkauf, Vermietung und Verwaltung sowie Erwerb von Grundstücken und Liegenschaften; Beteiligungen“ beschrieben. Ausweislich des Handelsregisters war und ist der Antragsteller Geschäftsführer der M AG mit Einzelzeichnungsbefugnis (vgl. Anstellungsvertrag, Vertragsakte Bl. 15 ff.). Im Hinblick auf die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der M AG für die Wirtschaftsjahre 2002 bis 2010 wird auf Bl. 144 ff. der Gerichtsakte sowie auf die Bilanzakte des Antragsgegners (des Finanzamts) verwiesen. Die von der Gesellschaft an ihre Kunden in diesen Jahren berechneten Provisionen sind aus Bl. 42 ff., 87 ff. der Gerichtsakte ersichtlich (zusammenfassende Auflistung Bl. 87).
Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung des Finanzamts A (Kurzbericht vom 30. August 2011 siehe Akte „Steufa A“, Bl. 179 ff.) kam es zwischen den Beteiligten, der Ehefrau des Antragstellers sowie den Finanzämtern Y und A im Jahr 2012 zu einer tatsächlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt für die Jahre 2003 bis 2008 geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG; wegen aller Einzelheiten wird auf Bl. 235 ff. der Gerichtsakte verwiesen (vgl. Bl. 156 ff. der Akte Feststellung AStG). Bezüglich der Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 2009 bis 2011 wird auf Bl. 265 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen (vgl. zu den vom Finanzamt festgestellten Hinzurechnungsbeträgen die Auflistung in dessen Streitwertberechnung, Rechtbehelfsakte Bl. 151). Ausdrücklich zugelassen wurde in der tatsächlichen Verständigung „ein Rechtsbehelf zur Klärung der Frage der Anwendung des Motivtests des § 8 Abs. 2 AStG im Verhältnis zur Schweiz“. Über die darauf abzielenden Einsprüche des Antragstellers, welche die Feststellungsjahre 2003 bis 2011 betreffen, hat das Finanzamt bislang noch nicht entschieden.
Die vom Antragsteller beantragte Aussetzung der Vollziehung (vgl. Rechtsbehelfsakte Bl. 13 ff., 18) lehnte das Finanzamt ab (Rechtsbehelfsakte Bl. 47 f.). Durch Einspruchsentscheidung vom 28. November 2013 (Gerichtsakte Bl. 8 f.) wies das Finanzamt den diesbezüglichen Einspruch des Antragstellers als unbegründet zurück.
Mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht (FG) beruft sich der Antragsteller auf ernstliche Zweifel in unionsrechtlicher, abkommens- und verfassungsrechtlicher Hinsicht sowie auf das Vorliegen einer unbilligen Härte.
Bei der nicht missbräuchlichen Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz sei ernstlich zweifelhaft, ob die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG auch im Fall der Erfüllung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AStG Anwendung finden könne. Der Antragsteller macht geltend, bei Ausübung derselben Tätigkeit in einem niedrig besteuerten Staat der Europäischen Union (EU) wäre die Hinzurechnungsbesteuerung nicht anwendbar, da die Ausübung der vorliegend gegebenen tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Folge hätte, dass der Gegenbeweis (sog. Motivtest) als erbracht anzusehen wäre. Die M AG betreibe in der Schweiz ein international tätiges Maklerbüro für den Kauf/Verkauf und die Vermietung von vorwiegend Schweizer Geschäftsliegenschaften in Fußgängerzonen der größten Städte der Schweiz wie W, P und Z und vermittle diese an in der Schweiz tätige Filialen internationaler Konzerne. Die Maklertätigkeit sei im Wesentlichen vom geschäftsführenden Antragsteller von den Büroräumen der AG aus ausgeübt worden. Die nahezu ausschließliche Lage der Geschäftsliegenschaften in der Schweiz habe eine ständige Präsenz in räumlicher Nähe vorausgesetzt (Objektauswahl, Objektbegutachtung, Gespräche mit den im Regelfall in der Schweiz ansässigen Eigentümern, Durchführung von Besichtigungen). Im Übrigen sei die Gründung einer Schweizer AG schon allein aus Marketinggründen notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Maklertätigkeit auf dem Schweizer Immobilienmarkt. Auf die vom Antragsteller vorgelegte eidesstattliche Versicherung wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 159).
Der Antragsteller stützt sich in unionsrechtlicher Hinsicht auf die Niederlassungsfreiheit in Verbindung mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, L 114, S. 6, im Folgenden: Freizügigkeitsabkommen) sowie auf die auch im Verhältnis zu Drittstaaten anzuwendende Kapitalverkehrsfreiheit. Er setzt sich ferner intensiv mit der im Verhältnis zum Drittstaat Schweiz bereits ergangenen - und ebenso der noch ausstehenden - nationalen und internationalen Rechtsprechung insbesondere seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, früher Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) vom 12. September 2006 C-196/04 (Cadbury Schweppes, Slg 2006, I-7995) auseinander. Abweichend von der Auffassung des Finanzamts spiele es im Ergebnis keine Rolle, dass der EuGH die Entscheidung in dieser Rechtssache auf die Niederlassungsfreiheit gestützt habe. Die überzeugenderen Gründe sprächen vielmehr dafür, dass der EuGH einen vergleichbaren Streitfall zur deutschen Hinzurechnungsbesteuerung unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit mit dem gleichen Ergebnis entschieden hätte. Neben der Kapitalverkehrsfreiheit finde hinsichtlich der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz über das Freizügigkeitsabkommen auch die Niederlassungsfreiheit Anwendung.
Das Finanzamt erwecke zu Unrecht den Eindruck, dass die Rechtsprechung des EuGH mangels Anwendbarkeit des Unionsrechts für die Schweiz hier nicht relevant sei. Da die Kapitalverkehrsfreiheit auch für Drittstaaten anzuwenden sei, spiele es keine Rolle, ob die Schweiz Mitglied der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sei. Die Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV greife angesichts wesentlicher Änderungen der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung im Jahr 2001 nicht ein. Ergänzt werde die Rechtsprechung des EuGH durch jene des Gerichtshofs der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Gerichtshof). Der Antragsteller verweist auf ein Urteil dieses Gerichtshofs zur norwegischen Hinzurechnungsbesteuerung vom 9. Juli 2014
E-3/13, E-20/13 (juris). Der EFTA-Gerichtshof sei Dialogpartner des EuGH.
Die dargelegten Zweifel in rechtlicher Hinsicht begründet der Antragsteller mit einer Vielzahl von Fundstellen aus dem Schrifttum, datierend insbesondere aus den Jahren seit 2011 (zum Beispiel Haarmann, Wirksamkeit, Rechtmäßigkeit, Bedeutung und Notwendigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung im AStG, IStR 2011, 565; Kraft/Quilitzsch, Verbleibende unionsrechtliche Schwachstellen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den legislativen Rettungsbemühungen in § 8 II AStG, EWS 2012, 130; Linn, Kapitalverkehrsfreiheit trotz Mehrheitsbeteiligung in Drittstaat - zugleich Auslegung des Urteils des EuGH in der Rs. C-446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation, IStR 2012, 924, 933; Schön, Deutsche Hinzurechnungsbesteuerung und Europäische Grundfreiheiten, IStR-Beihefter 2013, 3; Sunde, Entfalten die Grundfreiheiten ihre steuerlichen Auswirkungen auch im Verhältnis zur Schweiz? Besprechung des EuGH-Urteils vom 28.02.2013, C-425/11, Ettwein, IStR 2013, 568; Mitschke, Direktes Europäisches Steuerrecht auf Schlingerkurs? - Eine Bestandsaufnahme zum Jahreswechsel 2013/2014, IStR 2014, 37; Kraft, Treaty Override und Hinzurechnungsbesteuerung - Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf, FR 2015, 328; Kröger/Philipp, Keine Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags - zugleich Anmerkung zu BFH, Urt. vom 11.03.2015 I R 10/14, DB 2015, 1432).
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In verfassungsrechtlicher Hinsicht beruft sich der Antragsteller auf Zweifel im Hinblick auf das Gebot der Normenklarheit (vgl. Waldhoff/Grefrath, Normenklarheit und Bestimmtheit der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung als Problem des Steuervollzugs, IStR 2013, 477; vgl. auch Maciejewski, Zielgenaue Missbrauchsabwehr: Verfassungskonformität der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7-14 AStG, IStR 2013, 449). Mit Blick auf § 20 Abs. 1 AStG bezieht er sich auf jüngere Vorlagen des Bundesfinanzhofs (BFH) an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu Normen, die ein Treaty Override anordnen (vgl. Kraft/Schreiber, Treaty Override und Hinzurechnungsbesteuerung - Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf, FR 2015, 328, und die anhängigen BVerfG-Verfahren 2 BvL 1/12, 2 BvL 15/14 und 2 BvL 21/14 zu den Vorlagebeschlüssen des BFH vom 10. Januar 2012 I R 66/09, BFHE 236, 304, vom 11. Dezember 2013 I R 4/13, BStBl II 2014, 791 und vom 20. August 2014 I R 86/13, BStBl II 2015, 18).
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Der Antragsteller verweist ferner auf zum vorliegenden Fall erstellte Vermerke der Kanzlei D vom 11. Juni 2013, vom 20. Januar 2014 und vom 10. April 2014 (Bl. 74 ff., 154 ff., 183 f.; das Wort „postum“ auf Bl. 158 dürfte irrig gebraucht worden sein). Darin wird die entsprechende Anwendung des Motivtests gemäß § 8 Abs. 2 AStG auf Drittstaaten unter Hinweis auf die Niederlassungsfreiheit (Bl. 76 ff.) und die Kapitalverkehrsfreiheit (Bl. 79 ff., vgl. Bl. 80: „Direktinvestition in eine Kapitalgesellschaft nach schweizerischem Recht“) bejaht. Verwiesen wird dort auch auf die berufsrechtlichen Voraussetzungen für eine Maklertätigkeit in der Schweiz, nach denen der Antragsteller ohne Zwischenschaltung der in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft dort nicht der Maklertätigkeit hätte nachgehen dürfen (Bl. 74).
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Das FG Münster habe im Urteil vom 30. Oktober 2014 2 K 618/11 F (EFG 2015, 351) die Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen. Die
Zulassung der Revision beweise, dass sehr wohl ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz bestünden.
13 
Zur geltend gemachten unbilligen Härte wird in der Antragsbegründung vorgetragen, die Beitreibung der Steuer würde für den Antragsteller einen irreparablen Schaden verursachen, weil sie seine wirtschaftliche Existenz vernichten würde.
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Die Aussetzung der Vollziehung sei ohne Sicherheitsleistung zu gewähren. Der Antragsteller habe auf die aus den strittigen Feststellungsbescheiden resultierende Einkommensteuerschuld von insgesamt ca. 700.000 EUR bereits Zahlungen von ca. 230.000 EUR geleistet und dem Finanzamt eine Bankbürgschaft über 315.000 EUR vorgelegt.
15 
Der Antragsteller hält eine mündliche Erörterung für geboten und beantragt (vgl. Bl. 3, 200, 223 der Gerichtsakte),
die Vollziehung der Feststellungsbescheide gemäß § 18 AStG für die Feststellungsjahre 2003 bis 2009 vom 13. August 2012 bzw. 29. September 2012 und für die Feststellungsjahre 2010 und 2011 vom 29. Oktober 2012 in vollem Umfang ohne weitere Sicherheitsleistung auszusetzen.
16 
Das Finanzamt beantragt (vgl. Gerichtsakte Bl. 187 R., 217),
den Antrag als unbegründet abzuweisen, hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zuzulassen.
17 
Es hält eine Erörterung nicht für zweckmäßig, da es weisungsgebunden an der Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung festhalte. Die Einsprüche des Antragstellers hätten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Es bestünden weder verfassungsrechtliche noch unionsrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide.
18 
Das Finanzamt sieht die Streitfrage darin, ob der Antragsteller aus unionsrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Gründen einen Motivtest beanspruchen könne. Ob § 8 Abs. 2 AStG in allen Veranlagungszeiträumen anwendbar gewesen sei oder nicht, sei unerheblich (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Januar 2007, BStBl I 2007, 99). Der Antragsteller könne jedoch unzweifelhaft keinen Motivtest beanspruchen, so dass die beantragte Aussetzung der Vollziehung nur im Fall einer unbilligen Härte der Steuererhebung in Betracht kommen könnte. Nähere Umstände dafür seien nicht substantiiert dargelegt.
19 
Die Escape-Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 AStG sehe vor, dass der Steuerpflichtige nachweise, dass die betroffene Gesellschaft im Sitzstaat einer tatsächlichen wirtschaftlichen Betätigung nachgehe. Weitere Voraussetzung sei nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AStG, dass eine entsprechende Auskunftsregelung vereinbart sei, damit die Finanzbehörden die Angaben - soweit erforderlich - durch Auskunftsersuchen nachprüfen könnten. § 8 Abs. 2 AStG sei anwendbar für Gesellschaften, die innerhalb der EU oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung hätten. Die Schweiz gehöre weder zur EU noch sei sie dem EWR-Abkommen beigetreten. Der Gesetzeswortlaut sehe keine Anwendung der Escape-Klausel auf Drittstaaten wie die Schweiz vor. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der gesonderten Feststellung gemäß § 18 AStG, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigten.
20 
Sofern der EFTA-Gerichtshof die norwegischen Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung als unvereinbar mit dem EWR-Abkommen ansehe, könne diese Argumentation auf Steuerfälle zur Schweiz nicht analog übertragen werden. In der Rechtssache Cadbury-Schweppes (C-196/04) habe der EuGH durch das Urteil vom 12. September 2006 entschieden, dass die britischen Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung bei Controlled Foreign Companies (sog. CFC-Rules) nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar seien. Der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit sei aber nur innerhalb der EU bzw. des EWR-Raums zu prüfen, sie wirke sich im Verhältnis zu Drittstaaten nicht aus.
21 
Auch vor dem Hintergrund der neueren EuGH-Rechtsprechung (zum Beispiel Urteil vom 11. September 2014 C-47/12, juris) sei aufgrund der Mehrheitsbeteiligung in derartigen Fällen der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit einschlägig, nicht jener der Kapitalverkehrsfreiheit. Einer „analogen“ Anwendung der Niederlassungsfreiheit über das Freizügigkeitsabkommen zwischen EU und der Schweiz fehle europarechtlich die Grundlage.
22 
Eventuell seien die Vertreter des Antragstellers der Auffassung, einen Anspruch auf Gleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) zu haben. Auch aus dem Freizügigkeitsabkommen ergebe sich diesbezüglich nichts. Der Fall Ettwein (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Februar 2013
C-425/11, BStBl II 2013, 896) sei in keinem Punkt auf den vorliegenden Fall übertragbar. Das Freizügigkeitsabkommen beinhalte keine Vorschriften, die sich mit der Beteiligung an juristischen Personen im Ausland befassten.
23 
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG sei nach dem Ergehen des Urteils in der Rechtssache Cadbury-Schweppes (C-196/04) eingeführt worden, um die deutschen Hinzurechnungsregelungen der §§ 7 ff. AStG EU-konform zu gestalten. Aus der Sicht der deutschen Finanzverwaltung sei die Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar. Insbesondere könnten sich - so das Finanzamt zunächst - Gesellschafter, die einen sicheren Einfluss auf die Gesellschaft in einem Drittstaat haben, bei der Anwendung der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Wegen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung seien derzeit - so das Finanzamt zunächst - weder ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland noch andere nationale Gerichtsverfahren anhängig.
24 
Im späteren Verlauf des Verfahrens wies das Finanzamt auf das Urteil des FG Münster vom 30. Oktober 2014 2 K 618/11 F (EFG 2015, 351) und das insoweit anhängige Revisionsverfahren I R 78/14 hin. Nach diesem Urteil stimmten die §§ 7 ff. AStG in der für die Jahre 2005, 2006 und 2007 geltenden Fassung im Wesentlichen mit den §§ 7 ff. AStG in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung überein.
25 
Zur Kapitalverkehrsfreiheit führte das Finanzamt aus, sie sei vom Anwendungsbereich her zwar betroffen, weil der EuGH nach seiner Grundsatzentscheidung im Urteil vom 13. November 2012 C-35/11 (IStR 2012, 924) hinsichtlich der Abgrenzung der Grundfreiheiten grundsätzlich nur noch auf die Norm abstelle, nicht mehr auf die Höhe der tatsächlichen Beteiligung. Die Kapitalverkehrsfreiheit finde danach Anwendung. Die Ausnahme, der zufolge es in bestimmten Situationen doch auch auf die tatsächliche Beteiligungshöhe ankommen solle, sei vorliegend nicht einschlägig. Eine Direktinvestition werde angenommen werden müssen.
26 
Eine etwaige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei jedoch gerechtfertigt. Zum einen hätten die §§ 7 ff. AStG bereits am 31. Dezember 1993 bestanden, der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts trete daher wegen der Stand-still-Klausel zurück (Hinweis auf FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Oktober 2006 3 V 32/05, FR 2007, 198). Zum anderen sei die Beschränkung gerechtfertigt, weil es im Verhältnis zur Schweiz an einem Rahmen des Auskunftsaustauschs fehle, wie er im Unionsraum durch die Amtshilferichtlinie (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 AStG) gewährleistet sei. Insofern sei die Argumentation nicht schlüssig, wenn die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Cadbury-Schweppes (C-196/04) für das Recht auf einen Motivtest zitiert werde, diese Entscheidung aber doch gerade in einem Unionsrechtsfall und gestützt allein auf die Niederlassungsfreiheit ergangen sei. Dem Antragsteller sei kein Motivtest einzuräumen, da feststehe, dass seine Angaben nicht kontrolliert werden könnten.
27 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
28 
Dem Senat haben die Finanzamtsakten vorgelegen (Akte Feststellung AStG, Rechtsbehelfsakte, Akte „Steufa A“, Bilanzakte, Vertragsakte, Betriebsprüfungsakte).

Entscheidungsgründe

 
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II. Der Antrag ist zulässig und begründet, so dass die Feststellungsbescheide der Jahre 2003 bis 2011 im beantragten Umfang von der Vollziehung auszusetzen sind. Die Anordnung einer weitergehenden Sicherheitsleistung ist nicht geboten. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Beschwerde zuzulassen.
30 
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll unter anderem dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437 und vom 16. Oktober 2012 I B 128/12, BStBl II 2013, 30). Dabei müssen die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe nicht überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. August 2007 VII B 110/06, BFH/NV 2007, 2361; vom 16. Juni 2011 I B 28/11; vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BStBl II 2013, 983; vom 17. September 2013 VII B 160/13, BFH/NV 2014, 10 und vom 14. November 2013 VII B 170/13, BFH/NV 2014, 387). Es genügt, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg; ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85; vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180 und vom 3. Mai 2012 V S 13/12, BFH/NV 2012, 1485). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids können schon dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 23. Januar 2015 IX S 25/14, BFH/NV 2015, 497).
31 
2. Gemessen hieran lassen sich nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung zur Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG im Fall von Drittstaaten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht verneinen (vgl. Reiche in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 7 AStG Rn. 21 ff., zu Drittstaaten § 7 AStG Rn. 26 und § 8 AStG Rn. 149 ff.). Das gilt schon allein wegen der nicht höchstrichterlich geklärten Vereinbarkeit mit den einschlägigen Grundfreiheiten des Unionsrechts. Diese sind hier die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV- (früher Art. 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -EG-) - im Fall der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des Freizügigkeitsabkommens (vgl. Reiche in Haase, a.a.O., § 7 AStG Rn. 27, § 8 AStG Rn. 150 ff.) - und die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV (früher Art. 56 EG). Auf die Frage, ob etwaige verfassungsrechtliche Zweifel für sich genommen hinreichende ernstliche Zweifel begründen könnten, muss nicht mehr eingegangen werden, weil die verfassungsrechtlichen Fragen von den jedenfalls hinreichenden unionsrechtlichen Zweifeln unabhängig sind und zu diesen allenfalls noch hinzukommen.
32 
a) Nach der gebotenen summarischen Prüfung des beschließenden Senats erscheint nicht zuverlässig vorhersehbar, wie der EuGH die Vereinbarkeit der AStG-Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung für die Streitjahre, im Verhältnis zu Drittstaaten generell und insbesondere im Verhältnis zur Schweiz beurteilen wird. Zwar hat das FG Münster jüngst durch das Urteil vom 30. Oktober 2014 (EFG 2015, 351) in einem die Schweiz betreffenden Fall entschieden, dass die für gegeben erachtete Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit wegen der Fortbestandsgarantie für Ende 1993 bereits bestehende Regelungen zulässig sei. Die Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV (früher Art. 57 Abs. 1 EG) gelte auch für Regelungen, die nach dem 31. Dezember 1993 erlassen worden seien, aber im Wesentlichen mit einer am 31. Dezember 1993 bestehenden Regelung übereinstimmten. Die Alleinbeteiligung an der Schweizer GmbH stelle zwar eine Direktinvestition dar, die §§ 7 ff. AStG in ihrer in den Streitjahren (2004 bis 2006) geltenden Fassung stimmten jedoch, zumindest soweit sie für den Streitfall maßgeblich seien, im Wesentlichen mit den §§ 7 ff. AStG in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung überein (Zitate: „so auch BFH-Urteil vom 21.12.2005 I R 4/05, BFHE 212, 226, BStBl II 2006, 555 für das Streitjahr 1994; FG München, Urteil vom 07.12.2009 7 K 1390/07, EFG 2010, 622 für die Streitjahre 1996 bis 2001; FG Baden Württemberg, Beschluss vom 26.10.2006 3 V 32/05, FR 2007, 198 für die Streitjahre 1999, 2001, 2002; FG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2013 16 K 2513/12 G, EFG 2014, 304 für das Streitjahr 2009; a. A. zumindest für Hinzurechnungen nach dem 01.01.2001 Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 8 AStG Rn. 432“). Unabhängig von der Stand-still-Klausel sieht das FG Münster einen weiteren Rechtfertigungsgrund für einen etwaigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darin, dass im Verhältnis zur Schweiz im Zeitraum 2004 bis 2006 kein Amtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer der Richtlinie 77/799/EWG gleichwertigen Auskunftsregelung bestanden habe. Nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a DBA-Schweiz in der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung hätten die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nur die zur Durchführung des Abkommens notwendigen Auskünfte austauschen können. Amtshilfe zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts sei nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweiz in der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung nur bei Betrugsdelikten gewährt worden.
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Der beschließende Senat muss sich im Detail mit dem Urteil des FG Münster ebenso wenig wie mit den insoweit unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens auseinandersetzen. Denn der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass das FG Münster die Revision im Urteil in EFG 2015, 351 zugelassen hat und diese mittlerweile auch eingelegt wurde. Nach den Hinweisen des BFH zum Gegenstand des insoweit anhängigen Revisionsverfahrens I R 78/14 betrifft es insbesondere die Frage, ob die Vorschriften des AStG über die Hinzurechnungsbesteuerung unter Durchbrechung des DBA-Schweiz gegen Verfassungsrecht und gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Im Hinblick darauf dürften gute Gründe dafür sprechen, dass das vom Finanzamt noch nicht zum Abschluss gebrachte Einspruchsverfahren des Antragstellers gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 2003 bis 2011 nun gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zunächst von Gesetzes wegen ruhen muss.
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Hinzu kommt, dass der I. Senat des BFH im Urteil vom 11. März 2015 I R 10/14 (BFHE 249, 241) ausdrücklich offen gelassen hat, ob die Hinzurechnungsbesteuerung im Allgemeinen gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstoße, diese Grundfreiheit ihrerseits trotz des Erfordernisses einer Mindestbeteiligung nicht durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) verdrängt werde und deswegen drittstaatenweit wirke. Ebenso ließ der BFH im Urteil in BFHE 249, 241 offen, ob die Drittstaatenwirkung an der Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV scheitern könnte. Die vom FG Münster in seinem Urteil (EFG 2015, 351) zitierte Auffassung, dass die Hinzurechnungsbesteuerung auch noch für das Jahr 2009 durch Art. 64 Abs. 1 AEUV gerechtfertigt werden könne (Zitat Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2014, 304), hat der BFH damit ausdrücklich nicht bestätigt.
35 
Insgesamt betrachtet dürfte es nach derzeitigem Stand im vorliegend relevanten Kontext der §§ 7 ff. AStG bei Beteiligungen in der Schweiz ausscheiden, die Notwendigkeit einer Vorlage an den EuGH unter Berufung auf die bereits geklärte Rechtslage zu verneinen. Es dürfte nicht mit der nach der acte-clair-Doktrin (vgl. z.B. die EuGH-Urteile vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33 und vom 6. Oktober 1982 - 283/81 -CILFIT, Slg. 1982, 3415Rn. 16, und die EuGH-Vorlage des BFH vom 6. August 2013 VIII R 39/12, BFHE 242, 324, juris-Rn. 94; vgl. auch Kraft/Hohage, Die Itelcar-Entscheidung des EuGH - ein Ausreißer? Eine Entgegnung zu Mitschke, IStR 2014, 174 <177 f.>) erforderlichen Gewissheit feststehen, dass die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG im Verhältnis zu Drittstaaten in den Jahren 2003 bis 2011 unionsrechtlich nicht zu beanstanden waren. Dies gilt auch und gerade im Verhältnis zur Schweiz, zumal zur Bedeutung des Freizügigkeitsabkommens für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des EuGH ergangen sind und eine mögliche Relevanz für die Fälle der Hinzurechnungsbesteuerung nicht zweifelsfrei zu verneinen ist. Das Freizügigkeitsabkommen trat am 1. Juni 2002 in Kraft und ist für die Hinzurechnungsbesteuerung im Fall des Antragstellers möglicherweise rechtlich relevant. Letztlich ist für die Hinzurechnungsbesteuerung bislang nur das im Jahr 2006 ergangene Urteil in der Rechtssache Cadbury Schweppes (C-196/04) unmittelbar aussagekräftig (vgl. dazu die Ausführungen des BFH zu § 8 Abs. 2 AStG im Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BStBl II 2010, 774, juris-Rn. 25 ff.). Die Frage, ob die aus dieser Entscheidung des EuGH mit der neuen Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG gezogenen Konsequenzen für das deutsche Recht zu einer in jeder Hinsicht unionsrechtskonformen Umsetzung geführt haben, ist mangels einer positiven Bestätigung durch den EuGH bisher noch nicht verbindlich geklärt worden und derzeit ernstlich zweifelhaft (vgl. Reiche in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 7 AStG Rn. 24, § 8 AStG Rn. 122 ff.; Köhler in Struck/Kaminski/Köhler, AStG/DBA-Kommentar, Rn. 19 ff., 40 ff. vor §§ 7-14 AStG, Stand: Juni 2013;Schön, IStR-Beihefter 2013, 3, Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im AStG durch das AmtshilfeRLUmsG - Quo vadis Außensteuergesetz?, DStR 2013, 1917; Blümich/Vogt, AStG, § 8 Rn. 4, Stand: August 2014; Gropp in Lademann, AStG, Handkommentar, 2011, Einf. §§ 7-14, Rn. 47 ff.).
36 
Für Drittstaaten und insbesondere für die Schweiz bestehen gleichfalls, wenn nicht gar erst recht unionsrechtliche Zweifel (vgl. Reiche in Haase, a.a.O., § 8 AStG Rn. 149 ff; Blümich/Vogt, a.a.O., Rn. 88 ff. vor §§ 7-14, Stand: Juni 2014, und § 8 Rn. 159, Stand: August 2014; vgl. in diesem Kontext auch Patzner/Nagler, Drittstaatenwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit contra Verwaltungsmoratorium; zu dem Einzelrichter-Beschluss vom 26. Oktober 2006 3 V 32/05 eines früheren Mitglieds des beschließenden Senats vgl. ferner bereits die damalige Anmerkung von Schönfeld, FR 2007, 200).
37 
b) Angesichts der gegebenen ernstlichen Zweifel in unionsrechtlicher Hinsicht muss auf die im Schrifttum diskutierten verfassungsrechtlichen Zweifel (vgl. Blümich/Vogt, a.a.O. § 8 Rn. 5, Stand: August 2014) nicht mehr näher eingegangen werden. Das gilt für die Frage der Normenklarheit (vgl. Waldhoff/Grefrath, IStR 2013, 477) und die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Treaty Override (vgl. § 20 Abs. 1 AStG und Kraft/Schreiber, FR 2015, 328) wie auch für die typisierende, hinsichtlich der 25%-Grenze unverändert gebliebene Definition der Niedrigbesteuerung trotz Absenkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem Veranlagungszeitraum 2008 von 25% auf 15% (vgl. hierzu auch Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, Hinzurechnungsbesteuerung und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, IStR 2013, 549).
38 
3. Ob und inwieweit eine unbillige Härte vorliegt, bedarf ebenfalls keiner Erörterung mehr. Der Antragsteller hat diese Frage ersichtlich nicht als den Schwerpunkt seiner Antragsbegründung verstanden. Der Hinweis des Finanzamts auf die unzureichende Substantiierung ist zutreffend, ändert indes nichts daran, dass der eigenständige Aussetzungsgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 2003 bis 2011 erfüllt ist.
39 
4. Ausgehend vom Vorliegen dieser ernstlichen rechtlichen Zweifel war die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß zu gewähren. Nachdem der beschließende Senat den Vortrag des Antragstellers bei verständiger Würdigung dahin verstanden hat, dass die Aussetzung der Vollziehung ohne weitergehende Sicherheitsleistung beantragt wird, war dem Antrag des Antragstellers in vollem Umfang zu entsprechen.
III.
40 
1. Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO ergeht die vorliegende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Ein vorheriger Erörterungstermin vor dem Senat oder dem Berichterstatter erschien nicht zuletzt angesichts des klaren Verweises des Finanzamts auf die bestehende Weisungsgebundenheit entbehrlich.
41 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
42 
3. Die Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung beruht auf § 128 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 115 Abs. 2 FGO. Der vom Finanzamt vertretenen Verneinung ernstlicher Zweifel dürfte eine einheitliche Meinungsbildung der Finanzverwaltung unter Einbeziehung des Bundesministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg und der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zugrunde liegen.

Gründe

 
29 
II. Der Antrag ist zulässig und begründet, so dass die Feststellungsbescheide der Jahre 2003 bis 2011 im beantragten Umfang von der Vollziehung auszusetzen sind. Die Anordnung einer weitergehenden Sicherheitsleistung ist nicht geboten. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Beschwerde zuzulassen.
30 
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll unter anderem dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437 und vom 16. Oktober 2012 I B 128/12, BStBl II 2013, 30). Dabei müssen die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe nicht überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. August 2007 VII B 110/06, BFH/NV 2007, 2361; vom 16. Juni 2011 I B 28/11; vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BStBl II 2013, 983; vom 17. September 2013 VII B 160/13, BFH/NV 2014, 10 und vom 14. November 2013 VII B 170/13, BFH/NV 2014, 387). Es genügt, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg; ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85; vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180 und vom 3. Mai 2012 V S 13/12, BFH/NV 2012, 1485). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids können schon dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 23. Januar 2015 IX S 25/14, BFH/NV 2015, 497).
31 
2. Gemessen hieran lassen sich nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung zur Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG im Fall von Drittstaaten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht verneinen (vgl. Reiche in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 7 AStG Rn. 21 ff., zu Drittstaaten § 7 AStG Rn. 26 und § 8 AStG Rn. 149 ff.). Das gilt schon allein wegen der nicht höchstrichterlich geklärten Vereinbarkeit mit den einschlägigen Grundfreiheiten des Unionsrechts. Diese sind hier die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV- (früher Art. 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -EG-) - im Fall der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des Freizügigkeitsabkommens (vgl. Reiche in Haase, a.a.O., § 7 AStG Rn. 27, § 8 AStG Rn. 150 ff.) - und die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV (früher Art. 56 EG). Auf die Frage, ob etwaige verfassungsrechtliche Zweifel für sich genommen hinreichende ernstliche Zweifel begründen könnten, muss nicht mehr eingegangen werden, weil die verfassungsrechtlichen Fragen von den jedenfalls hinreichenden unionsrechtlichen Zweifeln unabhängig sind und zu diesen allenfalls noch hinzukommen.
32 
a) Nach der gebotenen summarischen Prüfung des beschließenden Senats erscheint nicht zuverlässig vorhersehbar, wie der EuGH die Vereinbarkeit der AStG-Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung für die Streitjahre, im Verhältnis zu Drittstaaten generell und insbesondere im Verhältnis zur Schweiz beurteilen wird. Zwar hat das FG Münster jüngst durch das Urteil vom 30. Oktober 2014 (EFG 2015, 351) in einem die Schweiz betreffenden Fall entschieden, dass die für gegeben erachtete Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit wegen der Fortbestandsgarantie für Ende 1993 bereits bestehende Regelungen zulässig sei. Die Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV (früher Art. 57 Abs. 1 EG) gelte auch für Regelungen, die nach dem 31. Dezember 1993 erlassen worden seien, aber im Wesentlichen mit einer am 31. Dezember 1993 bestehenden Regelung übereinstimmten. Die Alleinbeteiligung an der Schweizer GmbH stelle zwar eine Direktinvestition dar, die §§ 7 ff. AStG in ihrer in den Streitjahren (2004 bis 2006) geltenden Fassung stimmten jedoch, zumindest soweit sie für den Streitfall maßgeblich seien, im Wesentlichen mit den §§ 7 ff. AStG in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung überein (Zitate: „so auch BFH-Urteil vom 21.12.2005 I R 4/05, BFHE 212, 226, BStBl II 2006, 555 für das Streitjahr 1994; FG München, Urteil vom 07.12.2009 7 K 1390/07, EFG 2010, 622 für die Streitjahre 1996 bis 2001; FG Baden Württemberg, Beschluss vom 26.10.2006 3 V 32/05, FR 2007, 198 für die Streitjahre 1999, 2001, 2002; FG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2013 16 K 2513/12 G, EFG 2014, 304 für das Streitjahr 2009; a. A. zumindest für Hinzurechnungen nach dem 01.01.2001 Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 8 AStG Rn. 432“). Unabhängig von der Stand-still-Klausel sieht das FG Münster einen weiteren Rechtfertigungsgrund für einen etwaigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darin, dass im Verhältnis zur Schweiz im Zeitraum 2004 bis 2006 kein Amtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer der Richtlinie 77/799/EWG gleichwertigen Auskunftsregelung bestanden habe. Nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a DBA-Schweiz in der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung hätten die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nur die zur Durchführung des Abkommens notwendigen Auskünfte austauschen können. Amtshilfe zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts sei nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweiz in der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung nur bei Betrugsdelikten gewährt worden.
33 
Der beschließende Senat muss sich im Detail mit dem Urteil des FG Münster ebenso wenig wie mit den insoweit unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens auseinandersetzen. Denn der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass das FG Münster die Revision im Urteil in EFG 2015, 351 zugelassen hat und diese mittlerweile auch eingelegt wurde. Nach den Hinweisen des BFH zum Gegenstand des insoweit anhängigen Revisionsverfahrens I R 78/14 betrifft es insbesondere die Frage, ob die Vorschriften des AStG über die Hinzurechnungsbesteuerung unter Durchbrechung des DBA-Schweiz gegen Verfassungsrecht und gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Im Hinblick darauf dürften gute Gründe dafür sprechen, dass das vom Finanzamt noch nicht zum Abschluss gebrachte Einspruchsverfahren des Antragstellers gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 2003 bis 2011 nun gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zunächst von Gesetzes wegen ruhen muss.
34 
Hinzu kommt, dass der I. Senat des BFH im Urteil vom 11. März 2015 I R 10/14 (BFHE 249, 241) ausdrücklich offen gelassen hat, ob die Hinzurechnungsbesteuerung im Allgemeinen gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstoße, diese Grundfreiheit ihrerseits trotz des Erfordernisses einer Mindestbeteiligung nicht durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) verdrängt werde und deswegen drittstaatenweit wirke. Ebenso ließ der BFH im Urteil in BFHE 249, 241 offen, ob die Drittstaatenwirkung an der Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV scheitern könnte. Die vom FG Münster in seinem Urteil (EFG 2015, 351) zitierte Auffassung, dass die Hinzurechnungsbesteuerung auch noch für das Jahr 2009 durch Art. 64 Abs. 1 AEUV gerechtfertigt werden könne (Zitat Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2014, 304), hat der BFH damit ausdrücklich nicht bestätigt.
35 
Insgesamt betrachtet dürfte es nach derzeitigem Stand im vorliegend relevanten Kontext der §§ 7 ff. AStG bei Beteiligungen in der Schweiz ausscheiden, die Notwendigkeit einer Vorlage an den EuGH unter Berufung auf die bereits geklärte Rechtslage zu verneinen. Es dürfte nicht mit der nach der acte-clair-Doktrin (vgl. z.B. die EuGH-Urteile vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33 und vom 6. Oktober 1982 - 283/81 -CILFIT, Slg. 1982, 3415Rn. 16, und die EuGH-Vorlage des BFH vom 6. August 2013 VIII R 39/12, BFHE 242, 324, juris-Rn. 94; vgl. auch Kraft/Hohage, Die Itelcar-Entscheidung des EuGH - ein Ausreißer? Eine Entgegnung zu Mitschke, IStR 2014, 174 <177 f.>) erforderlichen Gewissheit feststehen, dass die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG im Verhältnis zu Drittstaaten in den Jahren 2003 bis 2011 unionsrechtlich nicht zu beanstanden waren. Dies gilt auch und gerade im Verhältnis zur Schweiz, zumal zur Bedeutung des Freizügigkeitsabkommens für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des EuGH ergangen sind und eine mögliche Relevanz für die Fälle der Hinzurechnungsbesteuerung nicht zweifelsfrei zu verneinen ist. Das Freizügigkeitsabkommen trat am 1. Juni 2002 in Kraft und ist für die Hinzurechnungsbesteuerung im Fall des Antragstellers möglicherweise rechtlich relevant. Letztlich ist für die Hinzurechnungsbesteuerung bislang nur das im Jahr 2006 ergangene Urteil in der Rechtssache Cadbury Schweppes (C-196/04) unmittelbar aussagekräftig (vgl. dazu die Ausführungen des BFH zu § 8 Abs. 2 AStG im Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BStBl II 2010, 774, juris-Rn. 25 ff.). Die Frage, ob die aus dieser Entscheidung des EuGH mit der neuen Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG gezogenen Konsequenzen für das deutsche Recht zu einer in jeder Hinsicht unionsrechtskonformen Umsetzung geführt haben, ist mangels einer positiven Bestätigung durch den EuGH bisher noch nicht verbindlich geklärt worden und derzeit ernstlich zweifelhaft (vgl. Reiche in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 7 AStG Rn. 24, § 8 AStG Rn. 122 ff.; Köhler in Struck/Kaminski/Köhler, AStG/DBA-Kommentar, Rn. 19 ff., 40 ff. vor §§ 7-14 AStG, Stand: Juni 2013;Schön, IStR-Beihefter 2013, 3, Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im AStG durch das AmtshilfeRLUmsG - Quo vadis Außensteuergesetz?, DStR 2013, 1917; Blümich/Vogt, AStG, § 8 Rn. 4, Stand: August 2014; Gropp in Lademann, AStG, Handkommentar, 2011, Einf. §§ 7-14, Rn. 47 ff.).
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Für Drittstaaten und insbesondere für die Schweiz bestehen gleichfalls, wenn nicht gar erst recht unionsrechtliche Zweifel (vgl. Reiche in Haase, a.a.O., § 8 AStG Rn. 149 ff; Blümich/Vogt, a.a.O., Rn. 88 ff. vor §§ 7-14, Stand: Juni 2014, und § 8 Rn. 159, Stand: August 2014; vgl. in diesem Kontext auch Patzner/Nagler, Drittstaatenwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit contra Verwaltungsmoratorium; zu dem Einzelrichter-Beschluss vom 26. Oktober 2006 3 V 32/05 eines früheren Mitglieds des beschließenden Senats vgl. ferner bereits die damalige Anmerkung von Schönfeld, FR 2007, 200).
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b) Angesichts der gegebenen ernstlichen Zweifel in unionsrechtlicher Hinsicht muss auf die im Schrifttum diskutierten verfassungsrechtlichen Zweifel (vgl. Blümich/Vogt, a.a.O. § 8 Rn. 5, Stand: August 2014) nicht mehr näher eingegangen werden. Das gilt für die Frage der Normenklarheit (vgl. Waldhoff/Grefrath, IStR 2013, 477) und die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Treaty Override (vgl. § 20 Abs. 1 AStG und Kraft/Schreiber, FR 2015, 328) wie auch für die typisierende, hinsichtlich der 25%-Grenze unverändert gebliebene Definition der Niedrigbesteuerung trotz Absenkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem Veranlagungszeitraum 2008 von 25% auf 15% (vgl. hierzu auch Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, Hinzurechnungsbesteuerung und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, IStR 2013, 549).
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3. Ob und inwieweit eine unbillige Härte vorliegt, bedarf ebenfalls keiner Erörterung mehr. Der Antragsteller hat diese Frage ersichtlich nicht als den Schwerpunkt seiner Antragsbegründung verstanden. Der Hinweis des Finanzamts auf die unzureichende Substantiierung ist zutreffend, ändert indes nichts daran, dass der eigenständige Aussetzungsgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 2003 bis 2011 erfüllt ist.
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4. Ausgehend vom Vorliegen dieser ernstlichen rechtlichen Zweifel war die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß zu gewähren. Nachdem der beschließende Senat den Vortrag des Antragstellers bei verständiger Würdigung dahin verstanden hat, dass die Aussetzung der Vollziehung ohne weitergehende Sicherheitsleistung beantragt wird, war dem Antrag des Antragstellers in vollem Umfang zu entsprechen.
III.
40 
1. Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO ergeht die vorliegende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Ein vorheriger Erörterungstermin vor dem Senat oder dem Berichterstatter erschien nicht zuletzt angesichts des klaren Verweises des Finanzamts auf die bestehende Weisungsgebundenheit entbehrlich.
41 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
42 
3. Die Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung beruht auf § 128 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 115 Abs. 2 FGO. Der vom Finanzamt vertretenen Verneinung ernstlicher Zweifel dürfte eine einheitliche Meinungsbildung der Finanzverwaltung unter Einbeziehung des Bundesministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg und der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zugrunde liegen.

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Tatbestand   1  Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 wa

Referenzen

(1) Diese Fassung des Gesetzes gilt, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist,

1.
für die Einkommen- und Körperschaftsteuer erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022,
2.
für die Gewerbesteuer erstmals für den Erhebungszeitraum 2022,
3.
für die Erbschaftsteuer auf Erwerbe, bei denen die Steuerschuld nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist.

(2) § 1 Absatz 2 in der Fassung des Artikels 5 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist für Zwecke der Anwendung des § 4k Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) bereits für den Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 2020 anzuwenden.

(3) Wurde ein Tatbestand des § 6 Absatz 1 in einer bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung vor dem 1. Januar 2022 verwirklicht, ist § 6 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung für die Abwicklung dieses Falles über den 31. Dezember 2021 hinaus anzuwenden. Abweichend von Satz 1 sind Minderungen des Vermögenszuwachses im Sinne des § 6 Absatz 6 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung auf Veräußerungen nach dem 24. März 2021 nicht mehr zu berücksichtigen.

(4) Die §§ 7 bis 13, 16 bis 18 und 20 in der am 1. Juli 2021 geltenden Fassung und § 15 in der am 21. Dezember 2022 geltenden Fassung sind erstmals anzuwenden

1.
für die Einkommen- und Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum,
2.
für die Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum,
für den Zwischeneinkünfte hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft oder der Betriebsstätte entstanden sind, das nach dem 31. Dezember 2021 beginnt. Verluste, die für Veranlagungszeiträume oder Erhebungszeiträume vor dem 1. Januar 2022 bei Einkünften entstanden sind, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, können in entsprechender Anwendung des § 10d des Einkommensteuergesetzes, soweit sie die nach § 9 außer Ansatz zu lassenden Einkünfte übersteigen, abgezogen werden. Für Steuern der ausländischen Gesellschaft für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2022 enden, gelten § 10 Absatz 1 Satz 2, § 10 Absatz 3 Satz 6 und § 12 Absatz 1 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung fort. Als Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens zum 31. Dezember 2021 wird die Summe der Hinzurechnungsbeträge erfasst, die beim Steuerpflichtigen gemäß § 10 Absatz 2 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung für die Veranlagungszeiträume 2015 bis 2022 der Besteuerung unterliegen, soweit sie nicht für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 41 des Einkommensteuergesetzes in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung zu berücksichtigen sind. Soweit Verluste im Sinne des Satzes 2 durch Anwendung des § 14 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung einer anderen Gesellschaft zugerechnet worden und noch nicht verrechnet worden sind, können sie auf bis zum 31. Juli 2023 zu stellenden Antrag denjenigen nachgeordneten Zwischengesellschaften im Sinne des § 14 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung zugeordnet werden, durch deren Tätigkeit sie wirtschaftlich verursacht sind; bei mehreren Steuerpflichtigen ist der Antrag einheitlich zu stellen.

(5) Für Zwischeneinkünfte, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft oder der Betriebsstätte entstanden sind, das vor dem 1. Januar 2022 beginnt, ist § 8 Absatz 1 Nummer 10 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung auf Umwandlungen und Einbringungen, deren steuerlicher Übertragungsstichtag nach dem 31. Dezember 2021 liegt, in der folgenden Fassung anzuwenden:

„10.
Umwandlungen, die ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten erfolgen könnten; dies gilt nicht, soweit eine Umwandlung den Anteil an einer Kapitalgesellschaft erfasst, dessen Veräußerung nicht die Voraussetzungen der Nummer 9 erfüllen würde.“

(1) Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10), die anrechenbaren Steuern (§ 12), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11) und der Verlustvortrag werden gesondert festgestellt. Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, so ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3, und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

(2) Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, so ist das Finanzamt zuständig, das nach Satz 1 für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist. Läßt sich das zuständige Finanzamt nach den Sätzen 1 und 2 nicht feststellen, so ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befaßt wird.

(3) Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von Satz 1 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach Satz 1 maßgeblichen Fristen entsprechend. Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten. Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des Satzes 2 die Abgabe einer Erklärung nach Satz 1 verlangen. Die Verpflichtungen nach diesem Absatz können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden. Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 entsprechend.

(5) Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem Steuerpflichtigen zulässig.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Die Vorschriften der §§ 7 bis 18 und des Absatzes 2 werden durch die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht berührt.

(2) Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen und wären die Einkünfte ungeachtet des § 8 Absatz 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden; ein negativer Betrag ist nicht zu berücksichtigen, § 10 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. Satz 1 gilt nicht, soweit in der ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären.

(3) (weggefallen)

Tenor

§ 50d Absatz 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG gegen das Grundgesetz verstößt, weil er für Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit eine von den Regelungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abweichende Besteuerung erlaubt.

A.

I.

2

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen der Einkommensteuer (alle) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Entsprechend diesen Regelungen werden alle aus nichtselbständiger Arbeit erzielten Einkünfte natürlicher Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unabhängig vom Ort ihrer Erzielung nach deutschem Recht besteuert (sog. Welteinkommensprinzip).

3

Mit Abkommen vom 16. April 1985 haben die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl II 1989 S. 867, im Folgenden abgekürzt als DBA-Türkei 1985) unter anderem Folgendes vereinbart:

Art. 15 DBA-Türkei 1985 (Unselbständige Arbeit)

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

(2) - (3) … .

Art. 23 DBA-Türkei 1985 (Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat)

(1) Bei in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Personen wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

a) Vorbehaltlich des Buchstabens b werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen innerhalb der Republik Türkei sowie die in der Republik Türkei gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach den vorstehenden Artikeln in der Republik Türkei besteuert werden können oder nur dort besteuert werden können; die Bundesrepublik Deutschland kann jedoch bei der Festsetzung des Steuersatzes für die nicht so ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte die Einkünfte und Vermögenswerte berücksichtigen, die nach den vorstehenden Artikeln in der Republik Türkei berücksichtigt werden können. […]

b) - d) … .

4

Der Bundestag hat diesem Abkommen mit der Türkei mit Gesetz vom 27. November 1989 zugestimmt (BGBl II S. 866).

5

Nach den Regelungen in Art. 15 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 DBA-Türkei 1985 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen in der Türkei erzielen, in Abweichung vom Welteinkommensprinzip der § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 EStG von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Sie dürfen nicht für die Bemessung der Einkommensteuer nach deutschem Recht herangezogen werden. Lediglich bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte dürfen sie berücksichtigt werden.

6

§ 50d EStG in der vorliegend maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) regelt nach seiner amtlichen Überschrift "Besonderheiten im Fall von Doppelbesteuerungsabkommen". Sein Absatz 8 lautet:

Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern. § 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

7

§ 50d Abs. 8 EStG knüpft damit die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von der deutschen Steuer an den Nachweis, dass der Vertragsstaat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die von ihm festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Dies wurde im Gesetzgebungsverfahren folgendermaßen begründet (BRDrucks 630/03, S. 66):

"[§ 50d Abs. 8] Satz 1 macht die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gebotene Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von dem Nachweis abhängig, dass der Tätigkeitsstaat auf die Besteuerung dieser Einkünfte verzichtet hat oder dass die in diesem Staat festgesetzte Steuer entrichtet wurde. Damit soll verhindert werden, dass die Einkünfte nicht besteuert werden, weil der Steuerpflichtige die Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erklärt und dieser Staat deshalb häufig seinen Steueranspruch nicht mehr durchsetzen kann, wenn er von dem Sachverhalt erfährt, z.B. weil dann keine Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Steuerpflichtigen mehr bestehen. Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, die Steuerbefreiung aufgrund DBA von einem solchen Nachweis abhängig zu machen. Vgl. hierzu die Ausführungen des BFH im Urteil vom 20. März 2002, I R 38/00, BStBl. II S. 819. Sind die Einkünfte der deutschen Besteuerung unterworfen worden, so ist nach Satz 2 der Steuerbescheid zu ändern, sobald der Steuerpflichtige den in Satz 1 geforderten Nachweis erbringt. Dadurch wird sichergestellt, dass das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats geschützt ist und die Gefahr einer sonst eintretenden Doppelbesteuerung vermieden wird. Nach Satz 3 ist § 175 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechend anzuwenden. Danach beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Nachweis nach Satz 1 geführt wird. Der Steuerpflichtige hat damit ausreichend Zeit, die dem Abkommen entsprechende steuerliche Behandlung herbeizuführen."

8

§ 50d Abs. 8 EStG war für den Veranlagungszeitraum 2004 erstmals anzuwenden.

9

Das DBA-Türkei 1985 wurde von der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt. Am 1. August 2012 ist das Abkommen vom 19. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (BGBl II 2012 S. 527), dem der Bundestag mit Gesetz vom 24. Mai 2012 (BGBl II S. 526) zugestimmt hat, in Kraft getreten.

II.

10

1. Im Ausgangsverfahren wenden sich die Kläger, gemeinsam veranlagte Eheleute, gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004, in dem der Ehemann teils in Deutschland, teils in der Türkei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte. Die Kläger beantragten, die in der Türkei erzielten Einkünfte entsprechend den Regelungen des DBA-Türkei 1985 steuerfrei zu belassen. Da sie jedoch nicht entsprechend § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nachgewiesen hatten, dass die in der Türkei erzielten Einkommensbestandteile dort versteuert worden waren oder die Türkei auf die Besteuerung verzichtet hatte, behandelte das Finanzamt den gesamten Bruttoarbeitslohn als steuerpflichtig. Die Klage zum Finanzgericht blieb erfolglos.

11

2. Mit Beschluss vom 10. Januar 2012 hat der Bundesfinanzhof das daraufhin von den Klägern eingeleitete Revisionsverfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

12

Zur Begründung der Vorlage trägt der Bundesfinanzhof vor, dass die Revision im Fall der Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG zurückzuweisen wäre. Nach seiner Auffassung verstößt die Vorschrift jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG. Mit Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens habe sich Deutschland seines Besteuerungsrechts für in der Türkei erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit begeben. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG, der das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfallen lasse, verstoße daher gegen bindendes Völkervertragsrecht und laufe der in Art. 25 GG enthaltenen Wertentscheidung des Grundgesetzes für den Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zuwider, ohne dass dafür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliege. Die Kläger des Ausgangsverfahrens würden dadurch in ihrem Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzt (a). Zudem widerspreche die Regelung dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG (b).

13

a) § 50d Abs. 8 EStG weiche von der im DBA-Türkei 1985 völkerrechtlich vereinbarten Verteilung des Besteuerungsrechts zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei ab, da sich beide Staaten hinsichtlich der Besteuerung von Arbeitseinkünften völkerrechtlich auf das Quellenprinzip und die Freistellungsmethode geeinigt hätten und diese Vereinbarung vorbehaltlos in nationales Recht überführt worden sei. Das Abkommen enthalte zudem weder eine Rückfallklausel (subject-to-tax-Klausel) noch einen Nachweisvorbehalt für die Besteuerung im anderen Vertragsstaat. In diesem Zusammenhang könne auch dahinstehen, ob bilaterale Abkommen - wie der Bundesfinanzhof in früheren Entscheidungen angenommen habe - unter einem allgemeinen Umgehungsvorbehalt stünden, der durch nationales Recht konkretisiert werden könne. Denn bei § 50d Abs. 8 EStG handele es sich jedenfalls nicht um einen der Ausfüllung eines solchen Umgehungsvorbehalts dienenden Tatbestand zur Abwehr von Abkommensmissbräuchen, also von Maßnahmen, die darauf abzielten, sich in gestaltungsmissbräuchlicher Weise in die Inanspruchnahme von Vorteilen eines bilateralen Abkommens einzukaufen.

14

Der vorlegende Senat wolle der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum, die im unilateralen "Bruch" des völkervertraglich Vereinbarten - dem so genannten Treaty Overriding - keinen verfassungsrelevanten Vorgang sähen, im Einklang mit Teilen der Literatur sowie der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr folgen. Das Bundesverfassungsgericht habe im Görgülü- (BVerfGE 111, 307) und im Alteigentümer-Beschluss (BVerfGE 112, 1) sowie in seinem Urteil zur Sicherungsverwahrung (BVerfGE 128, 326) die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verpflichtung aller staatlichen Organe zur Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention bestätigt, die kraft Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG ebenso wie Doppelbesteuerungsabkommen in den Rang eines Bundesgesetzes überführt worden sei. Es habe sich im Görgülü-Beschluss dahingehend geäußert, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten sei, Völkervertragsrecht zu beachten, wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen vorlägen, von denen das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer Abweichung abhängig mache. Darauf aufbauend ergebe sich aus dem Alteigentümer-Beschluss die Verpflichtung aller Staatsorgane, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen - durch das Rechtsstaatsgebot in Art. 20 Abs. 3 GG - in die Pflicht genommen werde, Völkervertragsrecht zu beachten. Die prinzipielle Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sei vorrangig und wirke für den Gesetzgeber als materiell-rechtliche Sperre, die ihm die Verfügungsmacht über den Rechtsbestand in dem Maße nehme, das der völkerrechtliche Vertrag vorgebe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht diese Frage in der Entscheidung zum Reichskonkordat (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>) noch anders beantwortet. Aus dem Alteigentümer-Beschluss ergebe sich jedoch, dass Abweichungen von völkervertraglichen Vereinbarungen einer besonderen Rechtfertigung bedürften, deren Voraussetzungen eng seien. Rechtfertigungsgrund sei die Beachtung der Menschenwürde und der Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht habe damit methodisch den Weg zu einer Prüfung der Erforderlichkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) gewiesen. Für den Ausgleich der hier widerstreitenden Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie komme es entscheidend darauf an, ob dem Gesetzgeber gegenüber dem Vertragsbruch ein milderes Mittel zur Verfügung stehe.

15

Im vorliegenden Fall sei eine Rechtfertigung für den Verstoß gegen das Völkerrecht nicht zu erkennen. Zwar orientiere sich § 50d Abs. 8 EStG am Leistungsfähigkeitsprinzip, verhindere eine sogenannte Keinmalbesteuerung und stelle eine gleichheitsgerechte Besteuerung (wieder) her, indem es dem Steuerpflichtigen den Vorteil, dass seine im Ausland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dort unbesteuert blieben, wieder nehme und ihn im Ergebnis mit anderen Steuerpflichtigen gleichbehandele, die entsprechende Einkünfte im Inland erzielten. Dem Gesetzgeber sei es jedoch nicht in erster Linie um die Verhinderung einer sogenannten Keinmalbesteuerung gegangen, sondern - ausweislich der Gesetzesbegründung - um die Förderung der Steuerehrlichkeit. Da die so erhobenen Steuern aber nicht an den anderen Staat weitergeleitet würden, sei § 50d Abs. 8 EStG wohl von fiskalischen Überlegungen geleitet. Diese seien ebenso wenig wie mangelnde Steuerehrlichkeit ein rechtfertigender Grund für die Durchbrechung der Freistellungsmethode. Unabhängig davon sei die Möglichkeit der Keinmalbesteuerung für die Freistellungsmethode kennzeichnend, so dass es systemfremd wäre, daraus einen Rechtfertigungsgrund für den einseitig angeordneten Besteuerungsrückfall abzuleiten. Eine Rechtfertigung der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) ergebe sich auch nicht daraus, dass Deutschland gezwungen gewesen sei, mittels § 50d Abs. 8 EStG schnell auf einen besonderen Missstand oder einen besonders kurzfristig zutage tretenden Steuerausfall bei im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu reagieren. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte mit der Kündigung des Abkommens - wie mit Wirkung zum 1. Januar 2011 geschehen - ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden.

16

b) § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verstoße auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil er den Steuerpflichtigen mit im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, der den Nachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbringe, anders behandle als den Steuerpflichtigen, dem dieser Nachweis nicht gelinge. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot liege auch darin, dass das Nachweiserfordernis allein Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit treffe, nicht dagegen solche mit anderen Einkünften.

17

3. Zu dem Vorlagebeschluss haben namens der Bundesregierung das Bundesministerium der Finanzen sowie alle Senate des Bundesverwaltungsgerichts Stellung genommen.

18

Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unbegründet. Die nachträgliche Abweichung von einer durch Vertragsgesetz innerstaatlich in Geltung gesetzten völkerrechtlichen Vereinbarung sei nicht verfassungswidrig. Nach dem sich klar im Wortlaut des Grundgesetzes widerspiegelnden Modell sei zwischen allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG) und völkervertragsrechtlichen Bindungen (Art. 59 Abs. 2 GG) zu unterscheiden. Daraus ergebe sich für Völkervertragsrecht eindeutig der Rang einfachen Rechts, weshalb der demokratisch legitimierte Gesetzgeber durch leges posteriores wirksam von völkervertraglichen Vorgaben abweichen könne. Die abstrakte Berufung auf den Gedanken der Völkerrechtsfreundlichkeit sei nicht geeignet, Rechtsfolgen zu begründen, die Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG widersprächen. Unabhängig davon verstoße § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG auch in den Fällen, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen keinesubject-to-tax-Klausel enthalte, schon deshalb nicht gegen Völkervertragsrecht, weil er lediglich einen allgemeinen, ungeschriebenen Missbrauchsvorbehalt, unter dem alle Doppelbesteuerungsabkommen stünden, konkretisiere. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der geforderte Nachweis diene der Missbrauchsverhinderung und sei insofern sachlich geboten. Die Beschränkung auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sei dadurch gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber gerade hier besonderen Handlungsbedarf erkannt habe, weil nichtselbständige Tätigkeiten, beispielsweise von Piloten, Berufskraftfahrern oder Seeleuten, für die Steuerbehörden erheblich schwerer zu erfassen seien als selbständige oder unternehmerische Tätigkeiten.

19

Die Senate des Bundesverwaltungsgerichts teilen überwiegend die Ansicht, dass das Grundgesetz keine Vorrangregelung für völkerrechtliche Verträge enthalte, diese innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hätten und der Gesetzgeber daher von ihnen abweichen dürfe. Weder die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes noch das Rechtsstaatsgebot nivellierten die differenzierten Regelungen über die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtlicher Bestimmungen gemäß Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG.

III.

20

Der Senat hat dem Bundesfinanzhof Gelegenheit gegeben, den Vorlagebeschluss zu ergänzen. Dem ist der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 10. Juni 2015 nachgekommen.

B.

21

Die Vorlage ist zulässig.

I.

22

Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Die Begründung, die das Bundesverfassungsgericht entlasten soll (vgl. BVerfGE 37, 328 <333 f.>; 65, 265 <277>), muss daher mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und weshalb das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 79, 240 <243>; 105, 61 <67>; 121, 108 <117>; 133, 1 <11>; 135, 1 <10 f., Rn. 28>; 136, 127 <142, Rn. 44>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). Das vorlegende Gericht muss dabei den Sachverhalt darstellen (vgl. BVerfGE 22, 175 <177>), sich mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, seine insoweit einschlägige Rechtsprechung darlegen und die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 136, 127 <142, Rn. 45; 145 ff., Rn. 53 ff.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht jedoch nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen. Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f., 193>; 88, 187 <194>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11, Rn. 35>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <24>).

23

Was die verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung gestellten Norm angeht, muss das vorlegende Gericht von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein und die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). Der Vorlagebeschluss muss hierzu den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben und sich mit der Rechtslage, insbesondere der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 136, 127 <142, Rn. 45; 145 ff., Rn. 53 ff.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <24>).

II.

24

Die Vorlage genügt diesen Anforderungen.

25

Der Bundesfinanzhof legt seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG und die dafür maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar dar und setzt sich jedenfalls im Hinblick auf die aus der angenommenen Völkerrechtswidrigkeit abgeleitete Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG hinreichend mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinander (1.). Ob auch die Ausführungen zur Gleichheitswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügen, kann deshalb dahinstehen (2.).

26

1.a) Aus der Begründung der Vorlage ergibt sich, dass der Bundesfinanzhof von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG unter anderem wegen seines Widerspruchs zu den Regelungen des DBA-Türkei 1985 überzeugt ist. In diesem Zusammenhang geht er - wie geboten (vgl. BVerfGE 136, 127 <145 ff., Rn. 53 ff.>) - auch auf die beiden in seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung vertretenen Ansätze zur Verfassungsmäßigkeit von abkommensüberschreibenden Gesetzen ein. Er erläutert ausführlich, aus welchen Gründen nach seiner jetzigen Überzeugung die von ihm bislang angenommene Befugnis des nationalen Gesetzgebers, ein Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag durch ein hiervon abweichendes Gesetz ändern oder aufheben zu können (vgl. BFHE 175, 351 <352>; 178, 59 <61 f.>; 198, 514 <521>; BFH, Beschluss vom 28. November 2001 - I B 169/00 -, juris, Rn. 10 f.), nicht besteht. Auch setzt er sich damit auseinander, dass er in früheren Entscheidungen einen ungeschriebenen allgemeinen Umgehungsvorbehalt in Doppelbesteuerungsabkommen anerkannt hat, so dass sich bei einer einen derartigen Vorbehalt konkretisierenden Regelung die Frage ihrer Völkerrechts- und damit auch ihrer dadurch bedingten Verfassungswidrigkeit nicht stellt (vgl. BFHE 198, 514 <518>; 210, 117 <121 f.>; 220, 244 <246>; 220, 392 <395>). Er bringt dabei nachvollziehbar zum Ausdruck, dass und weshalb die Wertungen dieser (bisherigen) Rechtsprechung zu völkerrechtlichen Umgehungsvorbehalten § 50d Abs. 8 EStG nicht beträfen und auch nicht auf diese Regelung übertragen werden könnten. Zudem legt er schlüssig dar, weshalb die vorgelegte Norm nach seiner Auffassung als Abkommensüberschreibung (Treaty Override) anzusehen ist.

27

b) Auch die Erläuterung der für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG maßgeblichen Erwägungen genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Der Bundesfinanzhof benennt insoweit den seiner Ansicht nach maßgeblichen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab - Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG - und legt seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG jedenfalls unter dem Aspekt der Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG nachvollziehbar dar.

28

aa) Unter dem Blickwinkel der Völkerrechtswidrigkeit bezieht sich der Bundesfinanzhof zur Begründung der Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG auf jüngere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 111, 307; 112, 1; 128, 326) zum Verhältnis von Völker- und Verfassungsrecht. Unter Einbeziehung vor allem steuerrechtlicher Fachliteratur erläutert er, dass und in welchem Umfang der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und das Rechtsstaatsprinzip die Befugnisse des Gesetzgebers seiner Auffassung nach beschränken.

29

Die Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird in Auseinandersetzung mit dessen Rechtsprechung begründet (vgl. BVerfGE 80, 182 <186>; BVerfGK 4, 184 <196>). Auch soweit der Bundesfinanzhof den in Bezug genommenen jüngeren Senatsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts entnimmt, dass völkerrechtswidrige Gesetze regelmäßig nichtig sind, genügt die Vorlage - entgegen insoweit geäußerten Zweifeln (vgl. Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <230>; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 ff.>) - den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verlangt vom vorlegenden Gericht lediglich die Darlegung, aus welchen Erwägungen es eine Norm für verfassungswidrig "hält", und stellt insofern ausschließlich auf dessen Rechtsansicht ab; ob diese zutrifft oder nicht, entscheidet das Bundesverfassungsgericht in der Sachprüfung oder - bei offensichtlich unzutreffender Rechtsauffassung - im vereinfachten Verfahren nach § 24 BVerfGG (vgl. Müller-Terpitz, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 80 Rn. 244 ). Die vom Bundesfinanzhof unter Bezugnahme auf die jüngere Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertretene Auffassung, dass abkommensüberschreibende Gesetze regelmäßig verfassungswidrig sind, ist jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend. Sie entspricht einer in der Literatur vertretenen (vgl. Gosch, IStR 2008, S. 413 <418 ff.>; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Rauschning, in: Bonner Kommentar, GG, Bd. 9, Art. 59 Rn. 137 ff. ; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 ff.; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, JZ 1997, S. 161 ff.; ders., in: Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 193 ff., 205; Weigell, IStR 2009, S. 636 <637 ff.>) Ansicht.

30

bb) Dass sich der Bundesfinanzhof bei der Darlegung der Verfassungswidrigkeit von Abkommensüberschreibungen nicht mit einer Kammerentscheidung vom 22. Dezember 2006 (BVerfGK 10, 116) auseinandergesetzt hat, in der die 1. Kammer des Zweiten Senats unter Bezugnahme auf eine Passage des Alteigentümer-Beschlusses (BVerfGE 112, 1 <25>) ausgeführt hat, dass eine verfassungsunmittelbare Pflicht der staatlichen Organe zur Berücksichtigung des Völkerrechts nicht unbesehen für jede beliebige Bestimmung des Völkerrechts anzunehmen sei, sondern nur, soweit dies dem in den Art. 23 bis Art. 26 GG sowie in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Konzept des Grundgesetzes entspreche (vgl. BVerfGK 10, 116 <124>), steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verlangt zwar eine Darstellung der aus Sicht des vorlegenden Gerichts für die Verfassungswidrigkeit der Norm sprechenden Erwägungen und in diesem Zusammenhang auch eine Auseinandersetzung mit der die Vorlagefrage betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Ein Gebot, auch sämtliche Kammerentscheidungen auszuwerten, ist damit jedoch nicht verbunden. In der Sache hat die 1. Kammer zudem lediglich die Alteigentümer-Entscheidung wiedergegeben, die der Bundesfinanzhof in seine Argumentation einbezogen hat.

31

2. Da die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG mit Blick auf den Gesichtspunkt der möglichen Völkerrechtswidrigkeit den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügen, kann dahinstehen, ob der Bundesfinanzhof auch die von ihm angenommene Gleichheitswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ausreichend begründet hat. Ist eine Richtervorlage zumindest unter einem Gesichtspunkt zulässig, hat das Bundesverfassungsgericht die vorgelegte Norm unter allen in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (vgl. BVerfGE 26, 44 <58>; 90, 145 <168>; 120, 125 <144>; 126, 77 <98>; 133, 1 <12, Rn. 41>), unabhängig davon, ob sie im Vorlagebeschluss angesprochen worden sind oder nicht (vgl. BVerfGE 90, 145 <168>).

C.

32

Die Vorlage ist unbegründet. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Er ist weder aufgrund seines (möglichen) Widerspruchs zu völkerrechtlichen Verträgen (I.) noch wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG (II.) verfassungswidrig.

I.

33

1. In der Ordnung des Grundgesetzes haben völkerrechtliche Verträge in der Regel den Rang einfacher Bundesgesetze. Sie können daher durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden (a-c). Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (d) noch aus dem Rechtsstaatsprinzip (e).

34

a) Rang und Einordnung eines völkerrechtlichen Vertrags innerhalb der deutschen Rechtsordnung werden durch das Grundgesetz bestimmt, das das Verhältnis von internationalem und nationalem Recht an verschiedenen Stellen regelt. So bekennt es sich in Art. 1 Abs. 2 GG zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Diese unveräußerlichen Rechte liegen ihm voraus und sind selbst der Disposition des Verfassungsgebers entzogen (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 112, 1 <27>; 128, 326 <369>). In Art. 23 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und Abs. 1a GG ermöglicht das Grundgesetz dem Gesetzgeber, Hoheitsrechte auf die Europäische Union, andere zwischenstaatliche und grenznachbarschaftliche Einrichtungen zu übertragen und dem von diesen Organisationen gesetzten Recht einen Anwendungsvorrang vor dem innerstaatlichen Recht einzuräumen (vgl. BVerfGE 37, 271 <280>; 73, 339 <374 f.>), in Art. 24 Abs. 2 GG, sich einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit anzuschließen und in eine entsprechende Beschränkung der Hoheitsrechte einzuwilligen (vgl. BVerfGE 90, 286 <345 ff.>). In Art. 25 GG bestimmt es, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind und den Gesetzen vorgehen (vgl. BVerfGE 23, 288 <300>; 31, 145 <177>; 112, 1 <21 f.>). Gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schließlich bedürfen völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.

35

Aus der Existenz dieser Öffnungsklauseln ergibt sich, dass das Grundgesetz nicht nur über die Wirksamkeit, sondern auch über den Rang von internationalem Recht innerhalb der nationalen Rechtsordnung entscheidet. In ihrem Geltungsbereich bestimmt die Verfassung insofern auch über Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Völkerrecht sowie über die Auflösung von Kollisionen. Sie kann dabei grundsätzlich auch dem staatlichen Recht Vorrang einräumen.

36

Hängen Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Völkerrecht innerhalb der deutschen Rechtsordnung von den Vorgaben des Grundgesetzes ab, so können sie durch die Verfassung auch begrenzt werden, mit der Folge, dass es zu einem Auseinanderfallen von innerstaatlich wirksamem Recht und völkerrechtlichen Verpflichtungen kommen kann.

37

b) Während die allgemeinen Regeln des Völkerrechts kraft unmittelbar in der Verfassung erteilten Vollzugsbefehls innerstaatlich wirksam sind und im Rang über dem Gesetz stehen (Art. 25 GG) (aa), bedürfen völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, für ihre innerstaatliche Wirksamkeit gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG eines Zustimmungsgesetzes und haben grundsätzlich nur den Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes (bb).

38

aa) Art. 25 Satz 1 GG verschafft den allgemeinen Regeln des Völkerrechts innerstaatliche Wirksamkeit (1). Sie haben gemäß Art. 25 Satz 2 GG innerhalb der nationalen Rechtsordnung einen Rang über den (einfachen) Gesetzen, aber unterhalb der Verfassung (2). Völkerrechtliche Verträge nehmen in der Regel nicht an dem in Art. 25 Satz 2 GG bestimmten Vorrang vor den (einfachen) Gesetzen teil (3).

39

(1) Art. 25 Satz 1 GG bestimmt, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind. Er verschafft den allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar, das heißt, ohne dass ein sonstiger (einfachrechtlicher) Rechtsakt hinzukommen müsste, Wirksamkeit innerhalb der deutschen Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>).

40

(2) Nach Art. 25 Satz 2 GG gehen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts den Gesetzen vor. Er räumt diesen Regeln damit Vorrang vor den Gesetzen ein. Ein Gesetz, das mit einer allgemeinen Regel des Völkerrechts kollidiert, verstößt daher gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 23, 288 <300>; 31, 145 <177>; 112, 1 <21 f.>).

41

Gleichzeitig ist Art. 25 GG jedoch dahingehend zu verstehen, dass er - dem Wortlaut von Satz 2 entsprechend - den allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen Rang oberhalb der (einfachen) Gesetze, aber unterhalb der Verfassung einräumt (Zwischenrang) (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 37, 271 <279>; 111, 307 <318>; 112, 1 <24, 26>; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 42 ; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 11; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 55). Dies korrespondiert mit Art. 100 Abs. 2 GG, der dem Bundesverfassungsgericht die Prüfung zuweist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist, nicht jedoch die Prüfung, ob das Grundgesetz mit dem (vorrangigen) Völkerrecht vereinbar ist.

42

(3) Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören das Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (vgl. BVerfGE 15, 25 <32 f., 34 f.>; 23, 288 <317>; 31, 145 <177>; 94, 315 <328>; 95, 96 <129>; 96, 68 <86>; 117, 141 <149>; 118, 124 <134>), das heißt diejenigen Normen des Völkerrechts, die unabhängig von vertraglicher Zustimmung für alle oder doch die meisten Staaten gelten (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 1 ; vgl. auch BVerfGE 15, 25 <34>; 16, 27 <33>; 118, 124 <164 ff.>). Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen nehmen daher grundsätzlich nicht an dem in Art. 25 Satz 2 GG vorgesehenen Vorrang teil (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 31, 145 <178>; 117, 141 <149>; 118, 124 <134 f.>). Anders als andere Rechtsordnungen - etwa die französische (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl. 1989, S. 113 f.; Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 51; Oellers-Frahm, in: Festschrift für Helmut Steinberger, 2002, S. 865 <868 f.>) oder die luxemburgische (vgl. Vogel, in: ders./Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 204) - sieht das Grundgesetz einen generellen Vorrang völkerrechtlicher Verträge vor dem einfachen Gesetzesrecht nicht vor.

43

bb) Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erlangen völkerrechtliche Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, erst durch das dort vorgesehene Zustimmungsgesetz innerstaatliche Wirksamkeit (1). Sie haben den Rang einfacher Bundesgesetze (2). Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Grundsatz pacta sunt servanda (3) noch - auch nicht für völkerrechtliche Verträge über die Besteuerung - aus § 2 Abs. 1 AO (4).

44

(1) Der Zustimmungsvorbehalt gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG hat unterschiedliche Funktionen. Er dient - neben der Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse im Bereich des auswärtigen Handelns (vgl. BVerfGE 90, 286 <357>; 104, 151 <194>; 118, 244 <258>) - der Ermöglichung einer rechtzeitigen und damit effektiven Kontrolle der Exekutive durch die Legislative vor Eintritt der völkerrechtlichen Verbindlichkeit eines Vertrags (vgl. BVerfGE 90, 286 <357>; 118, 244 <258>; 131, 152 <195 f.>). Zudem sichert er den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, da aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG hervorgeht, dass die in einem völkerrechtlichen Vertrag enthaltenen Regelungen nur unter der Voraussetzung Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründen, abändern oder aufheben können, dass ihnen der Gesetzgeber zugestimmt hat (vgl. Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 65 ff.; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 26). Im Interesse der Funktionsfähigkeit völkerrechtlicher Beziehungen soll der Zustimmungsvorbehalt darüber hinaus verhindern, dass (wichtige) Verträge mit auswärtigen Staaten geschlossen werden, die später - mangels notwendiger Billigung durch den Gesetzgeber - nicht erfüllt werden können (Zweck der Vollzugssicherung) (vgl. BVerfGE 1, 372 <389 f.>; 118, 244 <258>). Damit dient der Zustimmungsvorbehalt zugleich der Wahrung der Entscheidungsfreiheit der Legislative, denn er verhindert, dass das Parlament durch völkerrechtliche Verpflichtungen, die innerstaatlich ein gesetzgeberisches Tätigwerden verlangen, präjudiziert wird (vgl. Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 33; Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 21).

45

(2) Aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zudem, dass völkerrechtlichen Verträgen, soweit sie nicht in den Anwendungsbereich einer anderen, spezielleren Öffnungsklausel - insbesondere Art. 23 bis Art. 25 GG - fallen, innerstaatlich der Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes zukommt und sie insofern keinen Übergesetzes- oder gar Verfassungsrang besitzen (vgl. BVerfGE 111, 307 <318>).

46

Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt nicht nur die Methodik, durch die völkervertragliche Regelungen in der nationalen Rechtsordnung wirksam werden, sondern auch den Rang, der dem für anwendbar erklärten Völkervertragsrecht innerhalb der nationalen Rechtsordnung zukommt. Das (einfache) Gesetz kann - ohne eine dahingehende grundgesetzliche Ermächtigung - dem völkervertraglich Vereinbarten keinen höheren Rang verleihen. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass der Rechtsanwendungsbefehl im Sinne von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG einem völkerrechtlichen Vertrag innerhalb der Normenhierarchie keinen Rang über den Gesetzen einräumt (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 22, 254 <265>; 25, 327 <331>; 35, 311 <320>; 74, 358 <370>; 111, 307 <317>; 128, 326 <367>).

47

(3) Aus dem Grundsatz pacta sunt servanda, der seinerseits eine allgemeine Regel des Völkerrechts ist (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 9 ; Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 92), ergibt sich nichts anderes. Der Grundsatz beschreibt zwar eine besondere (völkerrechtliche) Pflichtenstellung des Staates gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner, sagt jedoch nichts über die innerstaatliche Geltung und den Rang völkerrechtlicher Verträge (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 9 ). Er bewirkt insbesondere nicht, dass alle Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge zu allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG werden (vgl. BVerfGE 31, 145 <178>; vgl. auch BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. August 1983 - 2 BvR 1193/83 -, NVwZ 1984, S. 165 <165>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 1643/95 -, VIZ 2001, S. 114 <114>).

48

(4) An diesem Ergebnis vermag § 2 Abs. 1 AO - auch für völkerrechtliche Verträge über die Besteuerung - nichts zu ändern (vgl. Lehner, IStR 2012, S. 389 <400>). Nach dieser Vorschrift gehen zwar Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG über die Besteuerung, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor. Da es sich bei § 2 AO um eine einfachgesetzliche Regelung handelt, kann er den von ihm geregelten völkerrechtlichen Verträgen keinen höheren Rang in der Normenhierarchie vermitteln (vgl. Mitschke, DStR 2011, S. 2221 <2226>). Allenfalls könnte er die Subsidiarität der nationalen Steuergesetze gegenüber Doppelbesteuerungsabkommen und anderen völkerrechtlichen Verträgen im Steuerrecht anordnen.

49

c) Haben völkerrechtliche Verträge den Rang (einfacher) Bundesgesetze, können sie entsprechend dem lex-posterior-Grundsatz durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden (aa). Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schließt dies nicht aus (bb). Auch aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nicht, dass eine solche Verdrängung an besondere Voraussetzungen gebunden wäre (cc). Das Völkerrecht steht der innerstaatlichen Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht entgegen (dd).

50

aa) Für ranggleiches innerstaatliches Recht gilt im Fall der Kollision der Grundsatz lex posterior derogat legi priori, es sei denn, die ältere Regelung ist spezieller als die jüngere oder die Geltung des lex-posterior-Grundsatzes wird abbedungen. Sind die Regelungen eines völkerrechtlichen Vertrags in der innerstaatlichen Rechtsordnung wirksam und kommt ihnen dabei der Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes zu, so können auch sie durch ein späteres, gegenläufiges Bundesgesetz im Umfang des Widerspruchs außer Kraft gesetzt werden (vgl. Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 118 f.; a.A. Becker, NVwZ 2005, S. 289 <291>).

51

bb) Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schränkt die Geltung deslex-posterior-Grundsatzes für völkerrechtliche Verträge nicht ein. Da der Gesetzgeber einem völkerrechtlichen Vertrag regelmäßig nur insgesamt zustimmen oder nicht zustimmen kann (vgl. BVerfGE 90, 286 <358>), wird zwar mitunter angenommen, dass Zustimmungsgesetz und völkerrechtlicher Vertrag derart untrennbar miteinander verbunden seien, dass das Zustimmungsgesetz - abgesehen von seiner Aufhebung im Ganzen - durch Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG gegen inhaltliche Abänderungen geschützt sei (vgl. Wohlschlegel, FR 1993, S. 48 <49>) oder sich der Gesetzgeber von einem völkerrechtlichen Vertrag nur in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht lösen könne (vgl. Vöneky, in: Isensee/Kirchhof, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 236 Rn. 33).

52

Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen.

53

Sie widerspricht insbesondere dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG) und dem Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität. Demokratie ist Herrschaft auf Zeit (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20 Rn. 79). Dies impliziert, dass spätere Gesetzgeber - entsprechend dem durch die Wahl zum Ausdruck gebrachten Willen des Volkes - innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren können müssen (vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 174; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>). Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn ein Parlament die Gesetzgeber späterer Legislaturperioden binden und in ihren Möglichkeiten beschränken könnte, gesetzgeberische Entscheidungen der Vergangenheit aufzuheben oder zu korrigieren, weil dadurch politische Auffassungen auf Dauer festgeschrieben würden (vgl. Hofmann, DVBl. 2013, S. 215 <219>; Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>; Nettesheim, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 59 Rn. 184 ; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>). Das Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG soll einem innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vertrag zudem ein hinreichendes demokratisches Legitimationsniveau vermitteln (vgl. Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 21), nicht dieses absenken. Es soll die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers schützen (vgl. Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 37; Musil, Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 65; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 33; Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 21). Dem widerspräche es, aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG eine "Änderungssperre" für die Zukunft ableiten zu wollen (vgl. Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 261).

54

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Unterschied zu Exekutive und Judikative gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht jedoch an einfachrechtliche Regelungen gebunden ist. Diese soll er - innerhalb der verfassungsrechtlichen Bindungen - durchaus ändern und neu gestalten können. Für ihn sollen daher gerade keine einfachgesetzlichen Bindungen bestehen (vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 173). Würde der Gesetzgeber seine Normsetzungsbefugnis in dem Umfang verlieren, in dem er in der Form eines Bundesgesetzes völkerrechtliche Vereinbarungen gebilligt hat, führte dies im Ergebnis zu einer Art. 20 Abs. 3 GG widersprechenden Bindung (vgl. Hofmann, DVBl 2013, S. 215 <219>).

55

Auch ist der Gesetzgeber nicht für die Kündigung völkerrechtlicher Verträge zuständig. Bestünde tatsächlich eine entsprechende Selbstbindung nach der Ratifikation eines völkerrechtlichen Vertrags, würde er dauerhaft auf seine Gesetzgebungsbefugnis verzichten (vgl. BVerfGE 68, 1 <83, 85 f.>). Wenn aber das Demokratieprinzip eine dauerhafte Bindung des Gesetzgebers an Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber verbietet und ihm gleichzeitig die Befugnis fehlt, völkerrechtliche Verträge, mit deren Inhalt er nicht mehr einverstanden ist, zu beenden, muss er zumindest in der Lage sein, innerhalb seines Kompetenzbereichs vom völkerrechtlich Vereinbarten abweichende Gesetze zu erlassen.

56

Schließlich hat das Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag für die Beteiligten am Rechtsverkehr ebenso wenig wie ein sonstiges innerstaatliches Gesetz eine Garantiefunktion dahingehend, dass kein abweichendes Gesetz erlassen wird (vgl. Rudolf, Völkerrecht und deutsches Recht, 1967, S. 212 ff.; Becker, NVwZ 2005, S. 289 <289>).

57

cc) Auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nicht, dass völkervertragliche Regelungen nicht durch spätere, ihnen widersprechende (Bundes-)Gesetze verdrängt werden können.

58

So hat der Zweite Senat in seiner Entscheidung zur C-Waffen-Stationierung ausgeführt, dass der Verfassung schwerlich unterlegt werden könne, dass sie es der Bundesrepublik Deutschland verwehre, sich völkerrechtswidrig zu verhalten (vgl. BVerfGE 77, 170 <233 f.>; vgl. auch BVerfGE 68, 1 <107>). In der Entscheidung zur Unschuldsvermutung hat er zwar festgestellt, dass Gesetze im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands auszulegen und anzuwenden seien, selbst wenn sie zeitlich später wirksam geworden seien als ein völkerrechtlicher Vertrag, da nicht anzunehmen sei, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet habe, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Pflichten ermöglichen wolle (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>). Daher sei davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht in Widerspruch zu völkerrechtlichen Pflichten Deutschlands setzen will (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; v. Arnauld, Völkerrecht, 2012, Rn. 515; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <488>); er ist dazu jedoch in der Lage (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>).

59

Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (vgl. v. Arnauld, Völkerrecht, 2012, Rn. 518; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 4a; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Rauschning, in: Bonner Kommentar, GG, Bd. 9, Art. 59 Rn. 109 ff. ; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <848>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, in: ders./Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 205; ders., IStR 2005, S. 29 <30>; Weigell, IStR 2009, S. 636 <639 f.>) hat das Bundesverfassungsgericht auch im Görgülü-Beschluss (BVerfGE 111, 307) nicht entschieden, dass der Gesetzgeber nur zur Wahrung tragender Verfassungsgrundsätze von völkerrechtlichen Vereinbarungen abweichen dürfe. Zwar hat der Senat dort festgehalten, dass es dem Ziel der Völkerrechtsfreundlichkeit nicht widerspreche, wenn der Gesetzgeber Völkervertragsrecht ausnahmsweise nicht beachte, sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden sei (vgl. BVerfGE 111, 307 <319>). Er hat zudem festgestellt, dass das Zustimmungsgesetz eine Pflicht der zuständigen Stellen zur Berücksichtigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs für Menschenrechte begründe und dass diese die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis nehmen und in ihren Willensbildungsprozess einfließen lassen müssten (vgl. BVerfGE 111, 307 <324>). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit einem völkerrechtlichen Vertrag regelmäßig zu dessen Verfassungswidrigkeit führt. Der Görgülü-Beschluss verhält sich zu den Folgen eines Verstoßes des Gesetzgebers gegen Völker(vertrags)recht nicht, sondern betrifft ausschließlich die Rechtsfolgen einer unzureichenden Beachtung von Völkerrecht durch die Fachgerichte (vgl. Hahn, BB 2012, S. 1955 <1958>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 f.>; Schwenke, FR 2012, S. 443 <447>).

60

dd) Das Völkerrecht verbietet die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte grundsätzlich nicht (1); unbeachtlich ist ein Verstoß gegen Völkerrecht gleichwohl nicht (2).

61

(1) Das Völkerrecht schließt die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht aus. Allgemeine Regeln des Völkerrechts zur innerstaatlichen Erfüllung von Vertragspflichten existieren nicht (vgl. BVerfGE 73, 339 <375>; vgl. auch BVerfGE 111, 307 <322>; 123, 267 <398>; 126, 286 <302>; 134, 366 <384, Rn. 26>; Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 704; Musil, Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 64; Vogel, JZ 1997, S. 161 <165>). Das Völkerrecht überlässt es vielmehr den Staaten, in welcher Weise sie ihrer Pflicht zur Beachtung völkerrechtlicher Regelungen genügen (so in Bezug auf die EMRK jedenfalls BVerfGE 111, 307 <316> m.w.N.; 128, 326 <370>). Zwar fordert es von den Staaten die Erfüllung der zwischen ihnen geschlossenen Verträge nach Treu und Glauben (Art. 26 WVRK). Es schließt allerdings nur aus, dass ein Staat unter Berufung auf innerstaatliches Recht die Verletzung einer völkerrechtlichen Pflicht auf völkerrechtlicher Ebene rechtfertigen kann (Art. 27 Satz 1 WVRK).

62

Insoweit überlässt es das Völkerrecht den Staaten, die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer Kollision zwischen einem völkerrechtlichen Vertrag und einem Gesetz nach den entsprechenden Rang- und Kollisionsregeln des nationalen Rechts zu regeln und dem nationalen Recht den Vorrang einzuräumen (vgl. Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 30; Nettesheim, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 59 Rn. 183 ). Innerstaatliche Regelungen betreffen andere Rechtsverhältnisse als die völkerrechtlichen Vorschriften, zu denen sie im Widerspruch stehen.

63

(2) Auch wenn das Völkerrecht die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht ausschließt, ist der damit verbundene Verstoß nicht unbeachtlich. Verletzt ein Staat seine Pflichten aus einem völkerrechtlichen Vertrag, haben der oder die Vertragspartner verschiedene Möglichkeiten, auf den Vertragsbruch zu reagieren. Bei weniger gravierenden Vertragsverletzungen kommen regelmäßig nur ein Recht zur ordentlichen Kündigung (Art. 56 WVRK), ein Anspruch auf Herstellung des vertragsmäßigen Zustands oder - subsidiär - eine Schadensersatzforderung in Betracht (vgl. Art. 34 ff. der ILC, Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 ; Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 370 mit Fn. 82, Rn. 371 ff. mit Fn. 86). Bei erheblichen Verletzungen (material breach) kann der andere Teil berechtigt sein, den Vertrag unabhängig von der Vereinbarung eines Kündigungsrechts zu beenden oder ihn zu suspendieren (Art. 60 Abs. 1 WVRK; vgl. Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 371). Eine erhebliche Verletzung liegt gemäß Art. 60 Abs. 3 WVRK bei Verletzung einer für die Erreichung des Vertragsziels oder -zwecks wesentlichen Bestimmung vor (vgl. Art. 2b i.V.m. Art. 12 der ILC Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 ).

64

d) Die Verfassungswidrigkeit völkerrechtswidriger Gesetze lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes begründen (a.A. Vogel, JZ 1997, S. 161 <165 ff.>; Becker, NVwZ 2005, S. 289 <291>; Richter, in: Giegerich , Der "offene Verfassungsstaat" des Grundgesetzes nach 60 Jahren, 2010, S. 159 <177 f.>; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <846>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>). Der Grundsatz hat zwar Verfassungsrang (aa), beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen. Er dient vielmehr vor allem als Auslegungshilfe (bb). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann insbesondere die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts nicht verdrängen und ihre Systematik nicht unterlaufen (cc).

65

aa) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit hat Verfassungsrang. Er ergibt sich aus einer Zusammenschau der verfassungsrechtlichen Vorschriften, die das Verhältnis Deutschlands zur internationalen Staatengemeinschaft zum Gegenstand haben (vgl. Herdegen, Völkerrecht, 13. Aufl. 2014, § 22 Rn. 9 f.; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <470 ff.>). Das Grundgesetz hat die deutsche öffentliche Gewalt auf die internationale Zusammenarbeit (Art. 24 GG) und die europäische Integration (Art. 23 GG) festgelegt. Es hat das Völkerrecht jedenfalls in seinen allgemeinen Regeln besonders hervorgehoben (Art. 25 GG), das Völkervertragsrecht durch Art. 59 Abs. 2 GG in das System der Gewaltenteilung eingeordnet, die Einfügung Deutschlands in Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit zugelassen (Art. 24 Abs. 2 GG), den Auftrag zur friedlichen Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit erteilt (Art. 24 Abs. 3 GG) und den Angriffskrieg für verfassungswidrig erklärt (Art. 26 GG) (vgl. BVerfGE 111, 307 <318>). Mit diesen Regelungen zielt es, auch ausweislich der Präambel, darauf, die Bundesrepublik Deutschland als friedliches und gleichberechtigtes Glied in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft einzufügen (vgl. BVerfGE 63, 343 <370>; 111, 307 <318>). Die Bestimmungen enthalten eine Verfassungsentscheidung für eine auf die Achtung und Stärkung des Völkerrechts aufbauende zwischenstaatliche Zusammenarbeit (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 112, 1 <25>; Mosler, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, 1992, § 175 Rn. 1 ff.; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <481>) und verpflichten daher die gesamte öffentliche Gewalt dazu, einem Auseinanderfallen von völkerrechtlicher und innerstaatlicher Rechtslage entgegenzuwirken und im Außenverhältnis eine mit einer Verletzung des Völkerrechts verbundene Haftung Deutschlands zu vermeiden (vgl. BVerfGE 58, 1 <34>; 59, 63 <89>; 109, 13 <23 f.>; 109, 38 <49 f.>; 111, 307 <316, 318, 328>; 112, 1 <25>; 128, 326 <368 f.>).

66

Der daraus abgeleitete Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes wird in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - vor allem im Verhältnis zu Menschenrechtspakten und dabei insbesondere im Verhältnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention - hervorgehoben (vgl. BVerfGE 92, 26 <48>; 111, 307 <317 ff.>; 112, 1 <26>; 113, 273 <296>; 123, 267 <344, 347>; 128, 326 <365, 366, 369>; BVerfGK 9, 174 <186, 190, 191, 192>; 17, 390 <397 f.>), ist aber auch schon in der älteren Rechtsprechung des Gerichts nachweisbar (vgl. BVerfGE 6, 309 <362>; 18, 112 <121>; 31, 58 <75>; 41, 88 <120 f.>). Während zunächst vor allem die Grenzen der Völkerrechtsfreundlichkeit thematisiert wurden (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>; 18, 112 <121>; 31, 58 <75 f.>; 41, 88 <120 f.>), betont die Rechtsprechung heute, dass das Grundgesetz die Staatsorgane in den Dienst der Durchsetzung des Völkerrechts stellt und dadurch das Risiko der Nichtbefolgung internationalen Rechts mindert (vgl. BVerfGE 109, 38 <50>; 111, 307 <328>; 112, 1 <25>).

67

bb) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Verträge (1-2). Er dient vor allem als Auslegungshilfe für die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassung sowie das einfache Recht (3).

68

(1) Das Grundgesetz erstrebt die Einfügung Deutschlands in die Rechtsgemeinschaft friedlicher und freiheitlicher Staaten, verzichtet aber nicht auf die in dem letzten Wort der deutschen Verfassung liegende Souveränität.

69

(2) Aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes folgt keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung jeder Bestimmung des Völkerrechts. Eine solche widerspräche, wie der Zweite Senat im Alteigentümer-Beschluss erläutert hat, dem in den Art. 23 bis Art. 26 GG, in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG und in Art. 59 Abs. 2 GG niedergelegten Konzept des Grundgesetzes und damit den differenzierten Regelungen über den innerstaatlichen Rang völkerrechtlicher Normen (vgl. BVerfGE 112, 1 <25>), aus denen der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit abgeleitet wird und die daher auch bei der näheren Bestimmung seines Inhalts zu beachten sind. Das Grundgesetz hat nicht die uneingeschränkte Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung und den unbedingten Vorrang von Völkerrecht auch vor dem Verfassungsrecht angeordnet, sondern will die Öffnung der innerstaatlichen Rechtsordnung für das Völkerrecht und die internationale Zusammenarbeit (nur) in den Formen einer kontrollierten Bindung (vgl. BVerfGE 112, 1 <25>), das heißt so, wie sie in den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über das Verhältnis zwischen den beiden Rechtsordnungen vorgesehen ist. Diese beinhalten für die Regelungen völkerrechtlicher Verträge jedoch gerade keine Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung.

70

(3) Die sich aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ergebende Pflicht, das Völkerrecht zur respektieren, besitzt vielmehr drei Dimensionen: Erstens sind die deutschen Staatsorgane verpflichtet, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Zweitens hat der Gesetzgeber für die deutsche Rechtsordnung zu gewährleisten, dass durch eigene Staatsorgane begangene Völkerrechtsverstöße korrigiert werden können. Drittens können die deutschen Staatsorgane - unter hier nicht näher zu bestimmenden Voraussetzungen - auch verpflichtet sein, das Völkerrecht im eigenen Verantwortungsbereich zur Geltung zu bringen, wenn andere Staaten es verletzen (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>).

71

(4) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit dient nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner als Auslegungshilfe für die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassung sowie das einfache Recht (vgl. zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Auslegungshilfe BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; 111, 307 <315 f., 317, 324, 325, 329>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <365, 367 f.>; BVerfGK 3, 4 <8>; 9, 174 <190>; 10, 66 <77>; 10, 234 <239>; 11, 153 <159 ff.>; 20, 234 <247>). Er gebietet, die nationalen Gesetze nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; 111, 307 <317 f.>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <367 f.>; BVerfGK 9, 174 <190>). In der Kammerrechtsprechung ist dies dahingehend konkretisiert worden, dass im Rahmen geltender methodischer Grundsätze von mehreren möglichen Auslegungen eines Gesetzes grundsätzlich eine völkerrechtsfreundliche zu wählen ist (vgl. BVerfGK 10, 116 <123>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2014 - 2 BvR 450/11 -, NVwZ 2015, S. 361 <364>; so auch Proelß, in: Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Bd. 1, 2009, S. 553 <556 ff.>).

72

Das aus dem Grundgesetz abgeleitete Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung gilt jedoch nicht absolut und ungeachtet der methodischen Grenzen der Gesetzesauslegung. Es verlangt keine schematische Parallelisierung der innerstaatlichen Rechtsordnung mit dem Völkerrecht, sondern eine möglichst vollständige Übernahme der materiellen Wertungen - soweit dies methodisch vertretbar und mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <323, 329>; 128, 326 <366, 371 f.>; BVerfGK 20, 234 <247>; bezogen auf die EMRK vgl. Thym, JZ 2015, S. 53 <54>). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit entfaltet Wirkung nur im Rahmen des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307 <318, 323, 329>; 128, 326 <366, 371 f.>) und lässt etwa den Grundsatz der demokratischen Selbstbestimmung unangetastet (vgl. BVerfGE 123, 267 <344>). Zwar ist grundsätzlich nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; BVerfGK 10, 116 <123>). Eine Auslegung entgegen eindeutig entgegenstehendem Gesetzes- oder Verfassungsrecht ist jedoch methodisch nicht vertretbar (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; vgl. auch Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <425 f.>).

73

cc) Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG kann daher nicht völkerrechtsfreundlich dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen, in denen allein auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist, über völkervertragliche Bindungen hinwegsetzen dürfte. Eine Auslegung von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach völkerrechtlichen Verträgen zumindest im Regelfall ein Rang über den (einfachen) Gesetzen zukäme, ist methodisch nicht vertretbar. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann die Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts nicht verdrängen (1) und die damit verbundene Systematik nicht unterlaufen (2).

74

(1) Das Grundgesetz hat sich in Art. 59 Abs. 2 GG dafür entschieden, völkerrechtliche Verträge innerstaatlich (nur) mit dem Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes auszustatten (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 22, 254 <265>; 25, 327 <331>; 35, 311 <320>; 74, 358 <370>; 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <367>; BVerfGK 10, 116 <124>). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit - der seinerseits keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 1643/95 -, juris, Rn. 11) und unter anderem aus Art. 59 Abs. 2 GG abgeleitet wird - vermag an dieser Einordnung und an der daran anknüpfenden Geltung des lex-posterior-Grundsatzes nichts zu ändern. In diesem Sinne hat der Senat bereits in seiner Entscheidung zum Reichskonkordat festgestellt, dass das Grundgesetz in seiner Völkerrechtsfreundlichkeit nicht so weit gehe, die Einhaltung bestehender völkerrechtlicher Verträge durch eine Bindung des Gesetzgebers an das ihnen entsprechende Recht zu sichern (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>). Der aus ihm abgeleitete ungeschriebene Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann das Grundgesetz konkretisieren oder ergänzen. Er kann das geschriebene Verfassungsrecht jedoch nicht entgegen der in Art. 79 Abs. 1 und Abs. 2 GG vorgesehenen Zuständigkeit und Methodik ändern oder außer Kraft setzen (vgl. Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 251).

75

(2) Die hier in Rede stehende Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG, die sich auf den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit beruft, führte im Ergebnis dazu, dass die Unterschiede in der Bindungswirkung der verschiedenen Quellen des Völkerrechts, die durch ihren jeweiligen grundgesetzlich bestimmten Rang bedingt sind, eingeebnet würden und damit die grundgesetzliche Systematik hinsichtlich des Rangs von Völkerrecht unterlaufen würde (vgl. Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <231 f.>; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.I.). Dies wird, nimmt man Doppelbesteuerungsabkommen in den Blick, sehr deutlich: Da Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig nicht gegen tragende Grundsätze der Verfassung verstoßen (vgl. Fehrenbacher/Traut, in: Festschrift für Kay Hailbronner, 2013, S. 569 <580>; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, IStR 2005, S. 29 <30>), hätten sie de facto - wie die allgemeinen Regeln des Völkerrechts - regelmäßig einen Rang über den Gesetzen. Eine solche Gleichsetzung widerspräche jedoch der in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG getroffenen Unterscheidung. Darüber kann sich die Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG nicht hinwegsetzen.

76

Die Forderung nach einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG verkennt zudem, dass das Grundgesetz nicht nur zwischen Völkervertragsrecht und allgemeinen Regeln des Völkerrechts unterscheidet, sondern auch zwischen zwingenden, der Disposition des Verfassungsgebers entzogenen Regelungen, insbesondere den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (Art. 1 Abs. 2 GG), und sonstigem Völkerrecht (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 112, 1 <27 f.>; 128, 326 <369>). Daher können die vom Bundesfinanzhof und Teilen des Schrifttums zur Begründung einer grundsätzlichen Bindung des Gesetzgebers an Völkervertragsrecht herangezogenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die sich durchgängig auf grund- und menschenrechtliche Fragestellungen (vgl. BVerfGE 111, 307 <308 ff.>; 112, 1 <13 ff.>; 128, 326 <359 ff.>) beziehen, nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragen werden (zur fehlenden Übertragbarkeit der Entscheidungen aufgrund des unterschiedlichen normativen Gesamtgefüges vgl. Hahn, BB 2012, S. 1955 <1958>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 f.>; Musil, IStR 2014, S. 192 <194>; Schwenke, FR 2012, S. 443 <447>).

77

e) Entgegen einer vor allem in der steuerrechtlichen Literatur vertretenen und vom Bundesfinanzhof nun aufgegriffenen Ansicht (z.B. Frotscher, IStR 2009, S. 593 <599>; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Kempf/Bandl, DB 2007, 1377 <1381>; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 105 ff.; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>; Stein, IStR 2006, S. 505 <509>; Vogel, JZ 1997, S. 161 <165>), ist die einseitige Abkommensüberschreibung (Treaty Override) schließlich nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig.Die Auslegung des grundgesetzlichen Rechtsstaatsgebots muss den Anforderungen einer systematischen Interpretation des Verfassungstextes genügen. Eine (vermeintlich) rechtsstaatliche Auslegung findet jedenfalls an ausdrücklichen Vorgaben des Grundgesetzes und am Demokratieprinzip ihre Grenze (aa). Daher kann aus dem Rechtsstaatsprinzip ein insbesondere den Art. 25 Satz 2, Art. 59 Abs. 2 GG widersprechender (begrenzter) Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem (einfachen) Gesetz oder eine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes nicht abgeleitet werden (bb).

78

aa) Das Verfassungsrecht besteht nicht nur aus den einzelnen Sätzen der geschriebenen Verfassung, sondern darüber hinaus aus gewissen sie verbindenden, innerlich zusammenhaltenden allgemeinen Grundsätzen und Leitideen, die der Verfassungsgeber, weil sie das vorverfassungsmäßige Gesamtbild geprägt haben, von dem er ausgegangen ist, nicht in einem besonderen Rechtssatz konkretisiert hat (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 80 ff., 84 f.; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, 1997, S. 399 ff.). Zu diesen Grundsätzen gehört das Rechtsstaatsprinzip, das sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG über die Bindung der einzelnen Gewalten und der Art. 1 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes ergibt (vgl. BVerfGE 2, 380 <403>). Seine vornehmliche Verankerung findet das Rechtsstaatsprinzip allerdings in den in Art. 20 Abs. 3 GG ausgesprochenen Bindungen der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 35, 41 <47>; 39, 128 <143>; 48, 210 <221>; 51, 356 <362>; 56, 110 <128>; 58, 81 <97>; 101, 397 <404>; 108, 186 <234>; 133, 143 <157 f., Rn. 40>; 134, 33 <89, Rn. 129>; stRspr).

79

Das Rechtsstaatsprinzip enthält keine bis in alle Einzelheiten gehenden, eindeutig bestimmten Ge- oder Verbote, sondern ist entsprechend den jeweiligen sachlichen Gegebenheiten zu konkretisieren (vgl. BVerfGE 7, 89 <92 f.>; 65, 283 <290>; 111, 54 <82>). Angesichts dieser Weite und Unbestimmtheit des Rechtsstaatsprinzips ist bei der Ableitung konkreter Bindungen mit Behutsamkeit vorzugehen (vgl. BVerfGE 90, 60 <86>; vgl. auch BVerfGE 57, 250 <276>; 65, 283 <290>; 111, 54 <82>). Eine (vermeintlich) rechtsstaatliche Auslegung des Grundgesetzes findet jedenfalls an anderen Vorgaben des Grundgesetzes ihre Grenze. Sie darf der geschriebenen Verfassung nicht widersprechen (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 85, 87). Das Rechtsstaatsprinzip ist daher auch kein Einfallstor für eine den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes zur Bindungswirkung völkerrechtlicher Regelungen widersprechende schematische "Vollstreckung" von Völkerrecht (vgl. bezogen auf die Durchführung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte BVerfGE 111, 307 ).

80

bb) Wollte man die Verfassungswidrigkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) aus ihrer Rechtsstaatswidrigkeit abzuleiten versuchen, liefe dies darauf hinaus, dem Völkervertragsrecht entgegen dem insbesondere Art. 25 Satz 2, Art. 59 Abs. 2 GG zu entnehmenden Konzept des Grundgesetzes zumindest einen begrenzten Vorrang vor dem (einfachen) Gesetz einzuräumen. Ein verfassungsrechtliches Verbot der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) würde bedeuten, dass nicht nur das Abkommen selbst, das mitunter erst nach Ablauf mehrerer Jahre (vgl. Art. 30 Abs. 2 Satz 1 DBA-Türkei 1985) und nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes gemäß Art. 59 Abs. 1 GG nicht vom Gesetzgeber (vgl. oben Rn. 55) gekündigt werden kann, sondern auch seine Auslegung durch die Fachgerichte korrigierenden Eingriffen des Gesetzgebers entzogen wäre (vgl. BVerfGE 135, 1 <15, Rn. 45>; Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>). Das widerspräche nicht nur der in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommenden Entscheidung gegen eine Unterwerfung der Verfassung unter das Völkerrecht und für den einfachgesetzlichen Rang des Völkervertragsrechts, sondern auch dem Demokratieprinzip.

81

Aus dem Urteil des Zweiten Senats zur Verpackungsteuer ergibt sich nichts anderes. Dort ging es um sich widersprechende Regeln des Steuergesetzgebers (Land) und des Sachgesetzgebers (Bund), also um den - vom Senat allerdings nicht erwähnten - Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG und die Kohärenz der (einheitlichen) nationalen Rechtsordnung. Auf sie bezieht sich der dort entwickelte Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 98, 106 <118 f.>), der verhindern soll, dass der Bürger einander widersprechenden Normbefehlen unterschiedlicher Gesetzgeber ausgesetzt wird. Demgegenüber geht es bei der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) um die Kollision zweier gleichrangiger Normen desselben Gesetzgebers. Derartige Kollisionen sind - wie der Senat in dem Verpackungsteuerbeschluss ausgeführt hat - grundsätzlich "nach dem Rang, der Zeitenfolge und der Spezialität der Regelungen" aufzulösen (BVerfGE 98, 106 <119>).

82

2. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG eine Abkommensüberschreibung (Treaty Override) darstellt. Das Grundgesetz verbietet eine Überschreibung der dort genannten völkervertraglichen Vereinbarungen durch abweichende nationale Regelungen im Regelfall nicht (a). Das verstößt weder gegen die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (b) noch gegen das Rechtsstaatsprinzip (c). Auch sonstige Erwägungen stehen ihr nicht entgegen (d).

83

a) Das DBA-Türkei 1985 ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Da er nicht allgemeine Regeln des Völkerrechts klarstellend wiederholt und die allgemeine Regel des Völkerrechts pacta sunt servanda die einzelnen Normen eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht in allgemeine Regeln des Völkerrechts verwandelt, scheidet Art. 25 GG als Maßstab für die verfassungsrechtliche Überprüfung der hier in Rede stehenden Abkommensüberschreibung (Treaty Override) schon tatbestandlich aus.

84

Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung einer Überschreibung des DBA-Türkei 1985 ist allein Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Demnach bedürfen Doppelbesteuerungsabkommen wie andere völkerrechtliche Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, für ihre innerstaatliche Wirksamkeit eines ihnen den Anwendungsbefehl innerhalb der innerstaatlichen Rechtsordnung erteilenden Bundesgesetzes. Durch diesen erhalten sie innerstaatlich den Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes.

85

Da der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 Halbsatz 1 GG und in Übereinstimmung mit dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht aber an einfache Gesetze gebunden ist, kann er das Zustimmungsgesetz zu dem DBA-Türkei 1985 ungeachtet der fortbestehenden völkerrechtlichen Verbindlichkeit durch den Erlass von Gesetzen, die dem im Doppelbesteuerungsabkommen Vereinbarten inhaltlich widersprechen, aufheben oder ändern.

86

b) Nichts anderes ergibt sich - wie dargelegt - aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit. Dieser ist ein die Verfassungs- und Gesetzesauslegung leitender Grundsatz, verleiht jedoch auch Doppelbesteuerungsabkommen wie dem DBA-Türkei 1985 keinen Rang über dem einfachen Gesetzesrecht und insofern auch keine die Befugnisse des Gesetzgebers beschränkende Bindung.

87

c) Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip, insbesondere der Einheit der Rechtsordnung, könnte nicht die Verfassungswidrigkeit einer etwaigen Abkommensüberschreibung (Treaty Override) durch § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG abgeleitet werden.

88

Eine Abkommensüberschreibung (Treaty Override) führt zu keiner größeren Rechtsunsicherheit, als sie mit den Grundsätzen der lex posterior und der lex specialis allgemein verbunden ist. Im vorliegendem Fall kommt hinzu, dass der Gesetzgeber in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG seinen Willen zur Abkommensüberschreibung (Treaty Override) eindeutig zum Ausdruck gebracht hat ("ungeachtet des Abkommens"), so dass weder mit Blick auf den Rang noch auf die Zeitfolge noch auf die Spezialität der Regelung Zweifel am Vorrang des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG vor inhaltlich abweichenden völkerrechtlichen Vereinbarungen in Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 wollte der (Bundes-)Gesetzgeber vielmehr offensichtlich eine gegenüber Zustimmungsgesetzen zu Doppelbesteuerungsabkommen vorrangige Regelung treffen (vgl. Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <390>).

89

d) Selbst wenn man davon ausginge, dass es für die Zulässigkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) entscheidend auf die Möglichkeit des Gesetzgebers ankommt, sich im Einklang mit dem Völkerrecht von einem (teilweise) nicht mehr gewollten Vertrag zu lösen, führte dies nicht zur Unzulässigkeit einer Überschreibung. Denn der Gesetzgeber ist unabhängig davon, ob eine Kündigung völkerrechtlich zulässig ist, nach den Regelungen des Grundgesetzes zur Kündigung eines völkerrechtlichen Abkommens nicht befugt (Art. 59 Abs. 1 GG) (vgl. BVerfGE 68, 1 <82>). Die Kündigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zum Zweck der Neuverhandlung und vertraglichen Durchsetzung eigener Absichten ist insoweit, verglichen mit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) und entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs, kein milderes, aber ebenso geeignetes Mittel, um dem Demokratieprinzip gerecht zu werden, und deshalb auch nicht vorzugswürdig (vgl. Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>).

90

Hinzu kommt, dass die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrags auch aus Sicht des Vertragspartners nicht unbedingt ein milderes Mittel ist, sich vom völkerrechtlich Vereinbarten zu lösen, weil das Abkommen infolge der Kündigung regelmäßig insgesamt wegfällt (vgl. Art. 44 WVRK). Dies nähme ihm die völkerrechtlich vorgesehene Möglichkeit, den Inhalt oder zumindest die Auslegung eines Abkommens durch die Praxis seiner Anwendung in Übereinstimmung mit der anderen Vertragspartei in ganz bestimmten Punkten (konkludent) zu ändern (vgl. Art. 31 Abs. 3 Buchstabe b, Art. 39 WVRK).

91

Schließlich kann die Kündigung des Doppelbesteuerungsabkommens auch aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht als milderes Mittel angesehen werden (vgl. Mitschke, DStR 2011, S. 2221 <2225>). Denn ohne Doppelbesteuerungsabkommen ist er - vorbehaltlich der Anrechnung entsprechend § 34c EStG - der Gefahr einer Doppelbesteuerung ausgesetzt.

II.

92

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

93

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 116, 164 <180>; 122, 210 <230>; 130, 240 <252>). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 122, 210 <230>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>; 135, 126 <143, Rn. 51>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>; stRspr). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>; 132, 179 <188, Rn. 30>; 133, 59 <86, Rn. 72>; 135, 126 <143, Rn. 52>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 107, 218 <244>; 115, 381 <389>). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>; 132, 179 <188, Rn. 30>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 88, 5 <12>; 88, 87 <96>; 105, 73 <110>; 110, 274 <291>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 1 <23>; 122, 210 <230>; 123, 111 <119>; 126, 400 <416>; 127, 224 <244>; 129, 49 <68>; 130, 52 <66>; 130, 240 <254>; 131, 239 <255 f.>; 135, 126 <143 f., Rn. 52>; stRspr).

94

Das Willkürverbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung zweier Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfGE 76, 256 <329>; 84, 239 <268>; 85, 176 <187>; 90, 145 <196>; 101, 275 <291>; 115, 381 <389>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den neben Art. 3 GG betroffenen Freiheitsrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 122, 210 <230>; 129, 49 <69>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>) und aus der Ungleichbehandlung von Personengruppen ergeben (vgl. BVerfGE 101, 54 <101>; 103, 310 <319>; 110, 274 <291>; 131, 239 <256>; 133, 377 <407 f., Rn. 75>). Zudem verschärfen sich die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; 132, 179 <188 f., Rn. 31>).

95

b) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit (vgl. BVerfGE 84, 239 <268 ff.>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Die Steuerpflichtigen müssen entsprechend diesem Grundsatz durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und so als rechtlich gleich qualifiziert (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 105, 73 <125 f.>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>), wird, insbesondere für den Bereich des Einkommensteuerrechts (vgl. BVerfGE 82, 60 <86>; 105, 73 <125 f.>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>), daher vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfGE 105, 73 <125>; 107, 27 <46 f.>; 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 122, 210 <231>).

96

Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 99, 246 <260>; 107, 27 <46 f.>; 116, 164 <180>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss zudem die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfGE 84, 239 <271>; 93, 121 <136>; 99, 88 <95>; 99, 280 <290>; 101, 132 <138>; 101, 151 <155>; 105, 73 <125 f.>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Demgemäß müssen sich Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen Belastungsentscheidung ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands; vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>; 137, 350 <366, Rn. 41>) und bedürfen folglich eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 99, 88 <95>; 99, 280 <290>; 105, 73 <125 f.>; 107, 27 <47>; 116, 164 <180 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 121, 108 <119 f.>; 122, 210 <231>; 126, 400 <417>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>; 137, 350 <366, Rn. 41>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht als besonderer sachlicher Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen anzuerkennen (vgl. BVerfGE 116, 164 <182>; 105, 17 <45>; 122, 210 <233>).

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2.§ 50d Abs. 8 EStG enthält zwar eine Ungleichbehandlung (a). Diese weist jedoch nur eine geringe Eingriffsintensität auf (b) und ist durch vernünftige, einleuchtende Gründe gerechtfertigt (c).

98

a) Bei der Prüfung der Frage, ob mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG eine Ungleichbehandlung verbunden ist, ist davon auszugehen, dass die gesetzgeberische Unterscheidung zwischen beschränkter (§ 1 Abs. 4, § 49 EStG) und unbeschränkter (§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3, § 2 EStG) Steuerpflicht als sachgerecht und die damit verbundene unterschiedliche Behandlung der entsprechenden Personengruppen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG regelmäßig als gerechtfertigt anzusehen ist (vgl. BVerfGE 43, 1 <10>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Februar 2010 - 2 BvR 1178/07 -, NJW 2010, S. 2419 <2420>). Daher bildet die Gruppe der unbeschränkt Steuerpflichtigen ebenso wie die Gruppe der beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich die maßgebliche Obergruppe, innerhalb derer Ungleichbehandlungen einer Rechtfertigung bedürfen. Innerhalb der Gruppe der unbeschränkt Steuerpflichtigen hat der Gesetzgeber mit der Berücksichtigung einer Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften, die auf unterschiedlichen Wegen (Anrechnung, Freistellung, Abzug) erfolgen kann (vgl. § 34c EStG), eine eigenständige Untergruppe geschaffen. Differenzierungen innerhalb dieser Untergruppe müssen ihrerseits nach Maßgabe des Gebots der horizontalen und vertikalen Steuergerechtigkeit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG genügen.

99

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen von der Besteuerung in Deutschland freigestellt sind, für den Fall (doch) der Besteuerung in Deutschland unterwirft, dass der geforderte Nachweis nicht erbracht wird, behandelt unbeschränkt Steuerpflichtige im Hinblick auf die in Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von Einkünften von der deutschen Steuer ungleich. So werden Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger aus nichtselbständiger Arbeit, die nach den Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens von der deutschen Steuer befreit sind, im Fall der Nichterbringung des von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG geforderten Nachweises genauso behandelt wie Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger, die nicht aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer befreit sind, so dass die mit der Freistellung von der deutschen Steuer verbundene Begünstigung aufgehoben wird, während sie für diejenigen, die den Nachweis erbringen, bestehen bleibt. Darüber hinaus verlangt § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als zusätzliche Voraussetzung für die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von der deutschen Steuer einen Nachweis über einen Besteuerungsverzicht des Vertragsstaates beziehungsweise über die Entrichtung der von diesem Staat festgesetzten Steuer. Bei anderen Einkunftsarten, die ebenso wie Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nach den Regelungen von Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer freigestellt sein können, so zum Beispiel Unternehmensgewinne (Art. 7 Abs. 1 DBA-Türkei 1985) oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 14 Abs. 1 DBA-Türkei 1985), wird dagegen kein derartiger Nachweis verlangt.

100

b) Die Vereinbarkeit der mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verbundenen Ungleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG setzt einen hinreichend tragfähigen Differenzierungsgrund voraus. Dafür genügt hier ein vernünftiger, einleuchtender Grund im Sinne des Willkürverbots. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall eine intensivere gerichtliche Kontrolle stattfinden müsste, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist der mit der Nachweisobliegenheit verbundene Eingriff in andere Grundrechte so gering, dass die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle einer intensivierten verfassungsgerichtlichen Kontrolle von mit Freiheitseingriffen einhergehenden Ungleichbehandlungen (vgl. BVerfGE 37, 342 <353 f.>; 62, 256 <274 f.>; 79, 212 <218 f.>; 88, 87 <96 ff.>; 98, 365 <385>; 99, 341 <355 f.>; 111, 160 <169 ff.>; 112, 50 <67 ff.>; 116, 243 <259 ff.>) hier nicht Platz greifen.

101

c) Die mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verbundene Ungleichbehandlung unbeschränkt Steuerpflichtiger im Hinblick auf die in Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

102

Dafür, dass § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nur für die Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, nicht jedoch für die Freistellung von sonstigen, nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer freigestellten Einkünften eine Nachweisobliegenheit vorsieht, gibt es - ebenso wie für die Nachweisobliegenheit als solche - einen hinreichenden sachlichen Grund. Der Gesetzgeber wollte damit - wie aus der Stellungnahme der Bundesregierung im vorliegenden Verfahren hervorgeht und der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist - der im Vergleich zu sonstigen Einkunftsarten erhöhten Gefahr des Missbrauchs der in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von der deutschen Steuer entgegenwirken.

103

Dass die missbräuchliche Ausnutzung von Freistellungsregelungen in Doppelbesteuerungsabkommen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgrund ihrer im Vergleich zu unternehmerischer Tätigkeit verringerten Wahrnehmbarkeit besonders einfach ist und daher insoweit besonderer Bedarf für eine Gegensteuerung besteht, ist nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr als Auslöser für den Erlass von § 50d Abs. 8 EStG die Tätigkeit von Piloten, Seeleuten und Berufskraftfahrern war, bei denen in der Regel nicht erkennbar ist, in welchem Land sie ihre Einkünfte erzielen, und die zudem oftmals zwischen mehreren Ländern unterwegs und behördlich daher nur schwer zu erfassen sind.

Abw. Meinung

1

Die Entscheidung der Senatsmehrheit kann ich weder in der Argumentation noch im Ergebnis mittragen. Denn sie lässt dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen freie Hand, sich nach dem lex-posterior-Grundsatz mit einem späteren Gesetz bewusst und gewollt über Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen (bei denen es sich nicht um Menschenrechtsverträge handelt) hinwegzusetzen.

I.

2

1. Die Senatsmehrheit stützt ihre Auffassung in erster Linie auf das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Diskontinuität. Da Demokratie Herrschaft auf Zeit sei, müssten spätere Gesetzgeber innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren können. Das Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG solle die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers schützen; dem widerspräche es, aus dieser Norm eine "Änderungssperre" für die Zukunft ableiten zu wollen. Etwas anderes lasse sich weder unter Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit noch auf das Rechtsstaatsprinzip begründen. Diese beiden Verfassungsprinzipien könnten nicht dazu herangezogen werden, um die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes zur Bindungswirkung völkerrechtlicher Normen zu unterlaufen. Damit bestätigt die Senatsmehrheit im Wesentlichen die Auffassung, die der Zweite Senat bereits in seinem Urteil zum Reichskonkordat aus dem Jahr 1957 (BVerfGE 6, 309 <362 f.>) vertreten hat.

3

2. a) Diese Rechtsauffassung halte ich - in einer globalisierten Welt, in der die Staaten durch eine Vielzahl völkerrechtlicher Verträge in einem weiten Spektrum von Regelungsbereichen miteinander verflochten sind - für nicht (mehr) überzeugend. Um den Entwicklungen dieser umfangreichen internationalen Zusammenarbeit auf der Grundlage bi- und multilateraler völkerrechtlicher Verträge und dem in der modernen Völkerrechtsordnung geltenden Grundsatz der "rule of law" (vgl. Kadelbach/Kleinlein, AVR 44 [2006], S. 235 <243 f.>; Wittinger, JöR 57 [2009], S. 427 <444 ff.>; Kotzur, in: Festschrift für Eckart Klein, 2013, S. 797 <797 f., 804 ff.>) Rechnung zu tragen, muss vielmehr zwischen dem Demokratieprinzip einerseits und dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit andererseits ein angemessener Ausgleich hergestellt werden.

4

In Anlehnung an die von Robert Alexy verwandte Begrifflichkeit (Alexy, Theorie der Grundrechte, 1986, S. 75 ff.) geht es bei der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) nur vordergründig um einen Konflikt zweier Regeln, die einfachen Gesetzesrang haben. Dieser Konflikt wird von der Senatsmehrheit nach der lex-posterior-Regel zugunsten des späteren völkerrechtswidrigen Gesetzes aufgelöst. Jedoch wird der Konflikt einer völkerrechtsdeterminierten lex prior mit einer den völkerrechtlichen Vertrag überschreibenden lex posterior auf der Ebene des Verfassungsrechts nicht durch eine abschließende Regel aufgelöst. Allein der Verweis auf den Rang, der Zustimmungsgesetzen nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zukommen soll und aus dem ohne Weiteres die uneingeschränkte Anwendung der lex-posterior-Regel abgeleitet wird (kritisch zur Anwendung der lex-posterior-Regel Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 220 ff.; ders., NVwZ 2005, S. 289 <290 f.>; Giegerich, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, Bd. I, 2. Aufl. 2013, Kap. 2 Rn. 65), vermag nicht zu überzeugen. Ein solcher Lösungsansatz lässt die hinter der Rangfrage stehende Kollision zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip außer Acht (zum Rekurs auf die Unterscheidung von Regeln und Prinzipien auch im Hinblick auf objektiv-rechtliche Rechtsgüter vgl. Unger, Das Verfassungsprinzip der Demokratie, 2008, S. 100 f. m.w.N.; Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 91 f.).

5

b) Hinter den miteinander kollidierenden Gesetzesbestimmungen stehen die genannten Verfassungsprinzipien, die in ein Spannungsverhältnis zueinander geraten. Das Rechtsstaatsprinzip ist - ebenso wie das Demokratieprinzip - ein grundlegendes Strukturprinzip und als solches Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, an die auch der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden ist. Der Rechtsstaatsbegriff gehört - wie es Ernst-Wolfgang Böckenförde so treffend ausgedrückt hat - "zu jenen vom Wortsinn her vagen und nicht ausdeutbaren Schleusenbegriffen, die sich 'objektiv', aus sich heraus, niemals abschließend definieren lassen, vielmehr offen sind für das Einströmen sich wandelnder staats- und verfassungstheoretischer Vorstellungen und damit auch für verschiedenartige Konkretisierungen, …" (Böckenförde, in: Festschrift für Adolf Arndt, 1969, S. 53 <53>). Der Inhalt des Rechtsstaatsprinzips bedarf mithin der Konkretisierung in Bezug auf den jeweils zu entscheidenden Sachverhalt (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 259 ff.), wobei es für neuere Entwicklungen offen ist. Damit kann, ja muss das Rechtsstaatsprinzip bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Treaty Override in dem offenen Verfassungsstaat des Grundgesetzes (Vogel, Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit, 1964, S. 33, 35 f.; ders., JZ 1997, S. 161 <162 f.>; Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, 1998, S. 137 ff., 380 ff.; Schorkopf, Grundgesetz und Überstaatlichkeit, 2007, S. 134 ff., 220 ff.; Sommermann, in: v. Bogdandy/Cruz Villalón/Huber: Handbuch Ius Publicum Europaeum, Bd. II, 2008, § 14) unter Beachtung des Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit konkretisiert werden (Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 222; ders., NVwZ 2005, S. 289 <291>; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>; die völkerrechtskonforme Auslegung des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls bejahend Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 254; Giegerich, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, Bd. I, 2. Aufl. 2013, Kap. 2 Rn. 62 f.; Hofmann, DVBl 2013, S. 215 <219>). Aus dem letztgenannten Grundsatz hat der Zweite Senat in der Alteigentümer-Entscheidung aus dem Jahr 2004 die Pflicht hergeleitet, das Völkerrecht zu respektieren. Diese habe drei Elemente: Erstens seien die deutschen Staatsorgane verpflichtet, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Zweitens habe der Gesetzgeber für die deutsche Rechtsordnung zu gewährleisten, dass durch eigene Staatsorgane begangene Völkerrechtsverstöße korrigiert werden könnten. Und drittens könnten die deutschen Staatsorgane verpflichtet sein, das Völkerrecht im eigenen Verantwortungsbereich zur Geltung zu bringen, wenn andere Staaten es verletzten (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>).

6

c) Legt man das Rechtsstaatsprinzip, dessen Kernbestandteil die Rechtstreue beziehungsweise die Einhaltung rechtlicher Bindungen ist (zur Bindung aller staatlichen Gewalt an die Verfassung: Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 248 ff.; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Abs. 3 Rn. 17 ff. [Dezember 2007]), im Lichte dieser Aussagen aus, so ergibt sich auch für den Gesetzgeber grundsätzlich die Verpflichtung, die von ihm durch das Zustimmungsgesetz legitimierte Bindung an völkerrechtliche Verträge zu respektieren und sich von diesen nicht bewusst - und damit treuwidrig - einseitig zu lösen. Klaus Vogel hat denn auch in seiner Münchener Abschiedsvorlesung 1996 plastisch von einem "Wortbruch" gesprochen, zu dem der Gesetzgeber nicht legitimiert sei (vgl. Vogel, JZ 1997, S. 161 <167>; ähnlich Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>, wo es heißt: "Der Wortbruch ist keine Verhaltensoption des Verfassungsstaats; …"). Streitet mithin das völkerrechtsfreundlich ausgelegte Rechtsstaatsprinzip für eine vollständige Bindung auch späterer Gesetzgeber an den völkerrechtlichen Vertrag in der Form des Zustimmungsgesetzes, so ist allerdings zu berücksichtigen, dass dadurch deren durch das Demokratieprinzip gewährleistete Entscheidungsfreiheit vollständig eingeschränkt würde. Die Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip führte nämlich dazu, dass dem Zustimmungsgesetz faktisch die Wirkung einer "Änderungssperre" für spätere Gesetzgeber zukäme. Das Rechtsstaatsprinzip, das für eine vollständige Bindung, und das Demokratieprinzip, das für eine völlige Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers spricht, werden zu gegenläufigen Sollensgeboten. Diese zwischen den beiden Prinzipien bestehende Konfliktlage muss zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden, bei dem das Ziel kein "Alles oder nichts", sondern ein "Sowohl als auch" ist (vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1986, S. 75 ff.).

7

3. Die Entscheidung der Senatsmehrheit gibt dem Demokratieprinzip - unter Hintanstellung des Rechtsstaatsprinzips in seiner Auslegung nach dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit - uneingeschränkt den Vorzug. Im Ergebnis ist der spätere Gesetzgeber frei, bewusst von den Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrags - ungeachtet des damit verbundenen Völkerrechtsbruchs - abzuweichen. Besonderer Voraussetzungen oder einer Rechtfertigung bedarf es hierfür nicht. Demgegenüber verlangt der hier vertretene Ansatz die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Rechtsstaats- und Demokratieprinzip in einer Weise, die beiden Prinzipien möglichst weitreichende Wirkung belässt.

8

a) Als Kriterien, die bei der Abwägung heranzuziehen sind, kommen insbesondere die folgenden in Betracht: das mit dem späteren Gesetzverfolgte Regelungsziel und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl, die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der durch die völkerrechtliche Regelung begünstigten Individuen, die Dringlichkeit der abweichenden Regelung, die Möglichkeit des Rückgriffs auf zumutbare völkerrechtsgemäße Mittel zur Beendigung der völkerrechtlichen Bindung, wie etwa Abgabe einer interpretativen Erklärung, Kündigung oder Modifizierung des Vertrags, und die bei einem Völkerrechtsbruch im Raume stehenden Rechtsfolgen.

9

b) Überwiegt das Gewicht der Kriterien, die für eine einseitige Abkehr von dem konkret in Rede stehenden völkerrechtlichen Vertrag sprechen, nicht das Gewicht derjenigen Gesichtspunkte, die gegen eine Abkommensüberschreibung streiten, so muss dem im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit ausgelegten Rechtsstaatsprinzip der Vorrang vor dem Demokratieprinzip zukommen. Eine solche Abwägung muss in jedem Einzelfall getroffen werden, um Rechtsstaats- und Demokratieprinzip zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847 ff.>; Richter, Völkerrechtsfreundlichkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - Die unfreundliche Erlaubnis zum Bruch völkerrechtlicher Verträge, in: Giegerich, Der "offene Verfassungsstaat" des Grundgesetzes nach 60 Jahren, 2010, S. 159 <177 f.>; im Ergebnis wohl auch Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 242 f.; weitgehender Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 222; ders., NVwZ 2005, S. 289 <290 f.>).

10

c) Diesem Lösungsansatz kann nicht entgegengehalten werden, dass er eine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller Normen des Völkerrechts begründe (aa) oder die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts verdränge oder ihre Systematik unterlaufe (bb).

11

aa) Die vorgeschlagene Lösung führt weder zu einer uneingeschränkten Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung noch zu einem unbedingten Vorrang des Völkerrechts auch vor dem Verfassungsrecht. Vielmehr bleibt es bei einer kontrollierten Bindung, und sie lässt Raum dafür, "die letzte Verantwortung für die Achtung der Würde des Menschen und die Beachtung der Grundrechte durch die deutsche öffentliche Gewalt [nicht] aus der Hand zu geben" (BVerfGE 112, 1<25 f.> unter Verweis auf BVerfGE 111, 307 <328 f.>). Der (spätere) Gesetzgeber wird allerdings verpflichtet, vor einer bewussten Abweichung von einem völkerrechtlichen Vertrag sorgfältig die einzelnen oben aufgeführten Aspekte gegeneinander abzuwägen und insbesondere zu prüfen, ob eine völkerrechtsgemäße Lösung von der völkerrechtlichen Bindung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens möglich ist. Ist dies der Fall, so muss zunächst der Versuch unternommen werden, im Einklang mit dem Völkerrecht zu handeln. Richtig ist zwar, dass das Parlament selbst einen völkerrechtlichen Vertrag nicht kündigen oder suspendieren kann. Es hat jedoch die Möglichkeit, seinen politischen Willen kundzutun und die Regierung zu entsprechenden Schritten im Außenverhältnis aufzufordern. Erst wenn diese sich weigert oder keine entsprechenden Aktivitäten entfaltet oder wenn im konkreten Fall keine Möglichkeit besteht, sich in angemessener Zeit mit völkerrechtsgemäßen Mitteln von dem Vertrag zu lösen, kann der Gesetzgeber einseitig von dem Vertragsinhalt abweichen. Das Bundesverfassungsgericht überprüft Abwägungsvorgang und -ergebnis, wobei dem Gesetzgeber - wie sonst auch - ein Einschätzungsspielraum zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 7, 377 <403>; 50, 290 <332 ff.>; 77, 170 <171>; 102, 197 <218>; 110, 177 <194>; 129, 124 <182 f.>; stRspr).

12

bb) Die in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Systematik wird nicht unterlaufen, weil die vorgeschlagene Lösung nicht zu einer generellen"Sperrwirkung" führt. Der Gesetzgeber behält die aus dem Demokratieprinzip folgende Kompetenz, völkerrechtliche Verträge zu überschreiben; aus dem im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ausgelegten Rechtsstaatsprinzipergeben sich allerdings Einschränkungen in Bezug auf ihre Ausübung. Durch diese Einschränkungen wird sichergestellt, dass, wie es der Zweite Senat im Alteigentümer-Beschluss formuliert hat, die deutschen Staatsorgane - und dazu gehört auch der Gesetzgeber - die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit unterlassen (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>). Nur so kommt dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit, dessen wichtigste Funktion es ist, möglichst einen Gleichlauf zwischen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung herzustellen oder aufrechtzuerhalten und damit Konflikte zu vermeiden (vgl. zur Funktion des Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit als Konfliktvermeidungsregel Payandeh, JöR 57 [2009] S. 465 <481>; Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 201 ff. <238>), im Verhältnis zum Demokratieprinzip hinreichende Beachtung zu.

II.

13

Nach diesen Maßstäben wäre § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

14

1. Das vorlegende Gericht hat ausführlich dargelegt, dass die in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. enthaltene Regelung von den Bestimmungen des Abkommens vom 16. April 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl II 1989 S. 867 [im Folgenden: DBA-Türkei 1985]) abweicht. Insbesondere verstößt sie dadurch, dass die Freistellung der Auslandseinkünfte eines Arbeitnehmers von dem Nachweis der tatsächlichen Entrichtung der Steuer an den anderen Vertragsstaat oder dessen Besteuerungsverzicht abhängig gemacht wird, gegen die in Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 DBA-Türkei 1985 vereinbarte Freistellungsmethode auf der Grundlage der so genannten virtuellen Doppelbesteuerung im Ausland(hier in der Türkei). Diese Rechtsauffassung ist sorgfältig begründet und gut vertretbar, so dass sie der verfassungsrechtlichen Prüfung zugrunde gelegt werden kann.

15

Die von dem Inhalt des DBA-Türkei 1985 abweichende Regelung ist überdies nicht durch einen dem Abkommen innewohnenden ungeschriebenen Missbrauchsvorbehalt gedeckt. Das Bestehen derartiger Vorbehalte ist generell umstritten (vgl. nur die Darstellung bei Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <229 f.>). Gegen einen solchen Vorbehalt im konkreten Fall spricht insbesondere, dass die Bundesrepublik Deutschland - anders als in dem Protokoll zum DBA-Türkei 1985 - in dem Protokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 19. September 2011 (BGBl II 2012 S. 527 [im Folgenden: DBA-Türkei 2011]) ausdrücklich eine Vereinbarung zur Anwendbarkeit innerstaatlicher Missbrauchsvorschriften getroffen hat (vgl. Ziffer 10 des Protokolls zum DBA-Türkei 2011, BTDrucks 17/8841 S. 29, und die Erläuterung in der Denkschrift, S. 34). Ein derartiges Vorgehen wäre beim Vorliegen eines allgemeinen ungeschriebenen Vorbehalts entbehrlich gewesen.

16

Es ist mithin von einer völkerrechtswidrigen Abkommensüberschreibung auszugehen.

17

2. Bei der Abwägung der für und gegen diese mit dem DBA Türkei 1985 nicht vereinbare Gesetzesbestimmung sind die oben genannten Kriterien (siehe unter Punkt I.3.a) heranzuziehen.

18

a) Laut Gesetzesbegründung verfolgt der Gesetzgeber mit der Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. das Ziel, zu verhindern, "dass die Einkünfte nicht besteuert werden, weil der Steuerpflichtige die Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erklärt und dieser Staat deshalb häufig seinen Steueranspruch nicht mehr durchsetzen kann, wenn er von dem Sachverhalt erfährt, …" (BTDrucks 15/1562 S. 39 f.). Damit geht es dem Gesetzgeber bei der Nachweispflicht, wie auch der Bundesfinanzhof festgestellt hat, in erster Linie um die Herstellung von "Steuerehrlichkeit". Jedenfalls in den Fällen, in denen der andere Vertragsstaat nicht vollständig auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, soll zudem die so genannte Keinmalbesteuerung verhindert werden. Hierbei handelt es sich um legitime Ziele von erheblicher Bedeutung für das Gemeinwohl, weil verhindert werden soll, dass Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte im Tätigkeitsstaat nicht erklären, im Vergleich zu "steuerehrlichen" Steuerpflichtigen von ihrem pflichtwidrigen Verhalten profitieren. An dieser Bewertung ändert sich auch nichts, wenn man - wie das vorlegende Gericht - davon ausgeht, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 50d Abs. 8 EStG n.F. eher von fiskalischen Überlegungen geleitet gewesen sein dürfte (BFH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - I R 66/09 -, juris, Rn. 27).

19

b) Die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der durch die völkerrechtliche Regelung begünstigten Personen können, je nach den konkreten Umständen, sehr unterschiedlich ausfallen. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die im DBA-Türkei 1985 ohne Rückfallklausel vereinbarte Freistellungsmethode auf der Grundlage der virtuellen Doppelbesteuerung in erster Linie im Interesse der beiden Vertragsstaaten liegt, die nicht auf die Regelungslage und Besteuerungspraxis des jeweils anderen Staates oder deren Kenntnis angewiesen sein sollen (BFH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - I R 66/09 -, juris, Rn. 28). Demgegenüber liegt es nicht in der Absicht der Vertragsstaaten, dem von der Freistellung betroffenen Steuerpflichtigen eine Rechtsposition zu verschaffen, die es ihm ermöglicht, in keinem der beiden Staaten Steuern zu entrichten, auch wenn sich die völkerrechtliche Vereinbarung so auswirken kann. Damit stellt sich die mit einer "Keinmalbesteuerung" der im anderen Vertragsstaat erzielten Einkünfte verbundene finanzielle Begünstigung des Steuerpflichtigen eher als begünstigender Rechtsreflex dar, der bei der Abwägung nicht erheblich ins Gewicht fällt.

20

c) Nach dem DBA-Türkei 1985 standen mit dem Völkerrecht vereinbare Mittel zur Verfügung, um sich von dem Vertrag zu lösen. Gemäß Art. 30 Abs. 2 Satz 1 DBA Türkei 1985 kann jeder Vertragsstaat vom 1. Januar des dritten Jahres an, welches auf das Jahr der Ratifikation des Abkommens folgt, jeweils während der ersten sechs Monate eines Kalenderjahres das Abkommen kündigen. Es besteht also nach Ablauf von rund drei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags ein Kündigungsrecht, das jeweils in den ersten sechs Monaten des Jahres, in dem gekündigt werden soll, ausgeübt werden muss. Besonderer Gründe für die Kündigung bedarf es nicht.Damit hätte die Bundesrepublik Deutschland das DBA-Türkei 1985 bereits im Jahr 2003, als das Steueränderungsgesetz beraten wurde, oder im ersten Halbjahr 2004 kündigen und ein neues, verbessertes Abkommen aushandeln können. Dass dieser Weg grundsätzlich gangbar war, zeigt sich, wie auch das vorlegende Gericht hervorhebt, daran, dass das Abkommen von deutscher Seite am 27. Juli 2009 mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden ist. Das daraufhin neu verhandelte Doppelbesteuerungsabkommen vom 19. September 2011, welches das DBA-Türkei 1985 mit Wirkung vom 1. Januar 2011 ersetzt, sieht nach wie vor die Freistellungsmethode vor (vgl. Art. 22 Abs. 2Buchstabe a), enthält aber insbesondere in Art. 22 Abs. 2 Buchstabe e eine so genannte Umschwenk- oder Rückfallklausel, die es der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht, von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zu wechseln. Zweck dieser Klausel ist es, dass es zu keinem deutschen Steuerverzicht kommt, wenn Einkünfte in keinem der beiden Vertragsstaaten besteuert werden (BTDrucks 17/8841 S. 33). Zudem ist, wie bereits erwähnt, im Protokoll zum DBA-Türkei 2011 ausdrücklich eine Klausel zur Anwendbarkeit innerstaatlicher Missbrauchsvorschriften vereinbart worden.

21

d) Für eine besondere Dringlichkeit der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG n.F., etwa zur Abwehr erheblicher Nachteile für den deutschen Fiskus, ist nichts ersichtlich. Die zeitliche Verzögerung, die mit der Ergreifung völkerrechtsgemäßer Handlungsoptionen zur Beendigung der völkerrechtlichen Bindung an das DBA-Türkei 1985 verbunden gewesen wäre, fällt daher nicht ins Gewicht.

22

e) Schließlich müssen die möglichen Rechtsfolgen eines Völkerrechtsbruchs in die Abwägung einfließen. Bei einem erheblichen Vertragsbruch (material breach) kann der damit konfrontierte andere Staat nicht nur seinerseits den Vertrag kündigen oder suspendieren (vgl. Art. 60, 65 ff. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl II 1985 S. 927). Vielmehr kann er in jedem Fall - unabhängig von der Schwere der Rechtsverletzung - die Beendigung des völkerrechtswidrigen Verhaltens und - im Wege der Naturalrestitution - die Wiederherstellung eines vertragsgemäßen Zustands einfordern (vgl. Art. 30, 34 und 35 der ILC Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 [im Folgenden: ILC-Entwurf]). Daraus ergibt sich zuvörderst die völkerrechtliche Verpflichtung Deutschlands, seine innerstaatliche Rechtslage mit dem Inhalt des betroffenen Vertrags (wieder) in Einklang zu bringen. Erst wenn dies tatsächlich unmöglich ist, kann der verletzte Staat - subsidiär - Schadensersatz in Geld verlangen (vgl. Art. 36 Abs. 1 des ILC-Entwurfs).

23

Selbst wenn der verletzte Staat, wie in diesem Fall, keine konkreten Schritte zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Wiedergutmachung einleitet, steht bei jedem bewusst herbeigeführten Vertragsbruch die Verlässlichkeit Deutschlands als Partner im internationalen Rechtsverkehr auf dem Spiel. Genauso wie Deutschland von seinen Vertragspartnern auf europäischer und internationaler Ebene Vertrags- beziehungsweise Rechtstreue erwartet, muss es bereit sein, seinerseits seine vertraglichen Pflichten einzuhalten und die vertragliche Bindung nicht einseitig durch ein späteres entgegenstehendes Gesetz "abzuschütteln".

24

f) Wägt man die genannten Kriterien gegeneinander ab, so überwiegen die Gesichtspunkte, die gegen die Abkommensüberschreibung sprechen. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Erlass der Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. zwar einen legitimen, für das Gemeinwohl auch erheblichen Zweck, indem er die Steuerpflichtigen durch die Nachweispflicht zu mehr "Steuerehrlichkeit" anhalten will. Zudem sind die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der von der Anwendung des Abkommens begünstigten Steuerpflichtigen von geringem Gewicht. Für die Neuregelung bestand allerdings keine besondere Dringlichkeit, die es erfordert hätte, das abweichende Gesetz ohne vorherige Aufforderung der Bundesregierung, auf völkerrechtsgemäße Mittelzurückzugreifen, zu erlassen. Nach dem DBA-Türkei 1985 bestand auch die Möglichkeit, das Abkommen ohne weitere Begründung zeitnah zu kündigen. Hätte man eine Kündigung wegen der weitreichenden Folgewirkungen vermeiden wollen, so hätte die Bundesregierung - auf Aufforderung durch den Bundestag oder von sich aus - zumindest versuchen können, sich mit der Türkei auf eine nachträgliche Auslegung der einschlägigen Vertragsbestimmungen zu verständigen, der zufolge die Anwendung der Freistellungsmethode von einer Nachweispflicht abhängig gemacht werden darf. Schließlich schlägt der mit der Abkommensüberschreibung zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers, sich trotz Vorhandenseins völkerrechtsgemäßer Mittel einseitig vom DBA-Türkei 1985 zu lösen und damit bewusst und ohne Not über die völkerrechtliche Bindung hinwegzusetzen, wegen der damit verbundenen Signalwirkung negativ zu Buche.

III.

25

In der Folge wäre § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) verfassungswidrig und nichtig (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 BVerfGG).

IV.

26

Nach meiner Auffassung wäre es an der Zeit gewesen, den "Mentalitätenwandel", den Klaus Vogel für das Grundgesetz in Bezug auf die Öffnung des deutschen Staates für die internationale Zusammenarbeit und die Einbindung Deutschlands in die internationale Gemeinschaft im Vergleich zu früheren deutschen Verfassungen festgestellt hat (vgl. Vogel, JZ 1997, S. 161 <163>), auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu völkerrechtswidrigen späteren Gesetzen zu vollziehen. Zu meinem Bedauern hat sich die Senatsmehrheit hierzu nicht entschließen können.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2009  6 K 1415/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Es handelt sich um das Verfahren, das der erkennende Senat mit Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFHE 236, 304) --ergänzt durch weiteren Beschluss vom 10. Juni 2015 I R 66/09 (BFH/NV 2015, 1250)-- ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der mit der Regelung des § 50d Abs. 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2002 i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710) --EStG 2002 n.F.-- verbundenen Abkommensüberschreibung (sog. Treaty override) vorgelegt hatte. Nachdem das BVerfG diese Frage mit Beschluss vom 15. Dezember 2015  2 BvL 1/12 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2016, 359) bejaht hat, war --wie mit Senatsbeschluss vom 2. März 2016 I R 66/09 ausgesprochen-- das Revisionsverfahren fortzusetzen.

2

II. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr als Techniker --und wohl auch als Gesellschafter-Geschäftsführer-- Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei einer im Inland ansässigen GmbH. Sein Bruttoarbeitslohn betrug insgesamt 133.276 €. Laut Arbeitgeberbescheinigung sind darin Einkünfte für in der Republik Türkei (Türkei) erbrachte Tätigkeiten in Höhe von 93.441 € enthalten. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, den für die Zeit vom 8. März bis 31. Dezember des Streitjahres auf die Türkei entfallenden Anteil des Arbeitslohns nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16. April 1985 (BGBl II 1989, 867) --DBA-Türkei 1985-- (i.V.m. dem dazu ergangenen Zustimmungsgesetz vom 27. November 1989, BGBl II 1989, 866) steuerfrei zu belassen und nur den Differenzbetrag der Einkommensteuer zu unterwerfen.

3

Da der Kläger keinen Nachweis über die Steuerfreiheit oder Steuerentrichtung für den auf die Tätigkeit in der Türkei entfallenden Arbeitslohn erbracht hat, behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den gesamten im Streitjahr erzielten Bruttoarbeitslohn unter Hinweis auf § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 n.F. als steuerpflichtig.

4

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos; das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz wies sie mit Urteil vom 30. Juni 2009  6 K 1415/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1649) als unbegründet ab.

5

Die Kläger haben auch nach dem Beschluss des BVerfG in DStR 2016, 359 an ihrer Rechtsauffassung insofern festgehalten, als sie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) rügen. Sie beantragen sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2004 dahingehend zu ändern, dass der auf die Tätigkeit in der Türkei entfallende Arbeitslohn des Klägers in Höhe von 93.441 € steuerfrei belassen wird.

6

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

III. Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

8

Wie im Vorlagebeschluss in BFHE 236, 304 im Einzelnen dargelegt, ist § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 n.F. im Streitfall anwendbar; der Senat nimmt hierauf (Abschn. B.II.1. der Beschlussgründe) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (dazu allgemein Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 105 Rz 44, m.w.N.). Die Vorschrift, nach der die vorliegend strittigen und auf die Türkei entfallenden Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nicht von der deutschen Einkommensteuer auszunehmen sind, ist --wie vom BVerfG mit Beschluss in DStR 2016, 359 entschieden-- auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsgemäß. Die Revision konnte hiernach keinen Erfolg haben.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

A. An der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer inländischen GmbH & Co. KG, waren im Streitjahr 2000 die A-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin sowie B als Kommanditist beteiligt. Zwischen der Klägerin und Familienangehörigen des Kommanditisten bestand eine atypisch stille Gesellschaft, zu welcher der seinerzeit in Italien wohnende Beigeladene gehörte. Aus der Beteiligung erzielte letzterer Gewinnanteile von 15.000 DM sowie Zinsen von 718.952 DM, welche in Höhe von 669.544 DM aus einem der Klägerin gewährten Darlehen und in Höhe von 49.408 DM aus der Verzinsung seines Verrechnungskontos resultierten. Für die Zinszahlungen wurde in Italien Einkommensteuer festgesetzt.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bezog die Zinszahlungen mit Blick auf § 50d Abs. 10 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) --EStG 2002 n.F.-- in die einheitliche und gesonderte Feststellung der Klägerin ein. Nach Auffassung der Klägerin und des Beigeladenen steht das Besteuerungsrecht hierfür jedoch nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18. Oktober 1989 (BGBl II 1990, 741, BStBl I 1990, 397) --DBA-Italien 1989-- nicht der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), sondern Italien zu; Deutschland habe wegen § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F. --entgegen Art. 11 Abs. 2 DBA-Italien 1989-- auch kein Recht, Kapitalertragsteuer auf die Zinsen einzubehalten.

3

Die deswegen --nach Ergehen einer ablehnenden Teileinspruchsentscheidung-- erhobene Klage war erfolgreich; das Finanzgericht (FG) München gab ihr durch Urteil vom 8. November 2012  10 K 1984/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 455 statt.

4

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

6

Der Beigeladene schließt sich in der Sache der Klägerin an, stellt selbst aber keine Anträge.

7

Zwischenzeitlich --am 29. Mai 2013-- ist dem Rechtsbehelfsbegehren der Klägerin betreffend die übrigen, bis dahin aufgrund des erhobenen Einspruchs noch unbeschiedenen Streitpunkte vom FA entsprochen und der angefochtene Feststellungsbescheid geändert worden.

Entscheidungsgründe

8

B. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht geboten, weil zur Überzeugung des Senats die Regelungen des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F. bzw. i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Einkommensteuergesetzes vom 8. Oktober 2009 (BGBl I 2009, 3366, BStBl I 2009, 1346) --EStG 2009 a.F.-- und des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 790, Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz --AmtshilfeRLUmsG--) --EStG 2009 n.F.-- gegen bindendes Völkervertragsrecht als materielle Gestaltungsschranke verstoßen und damit der in Art. 25 GG niedergelegten Wertentscheidung des Grundgesetzes zum Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zuwiderläuft, ohne dass dafür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliegt. Dadurch wird die Klägerin in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten subjektiven Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung und damit auch des sog. Gesetzesvorbehalts verletzt.

9

I. Anwendung von § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. im Streitfall

10

1. Das FG hat die an den Beigeladenen für das von diesem begebene Darlehen gezahlten Zinsen zutreffend als Betriebsausgaben der Klägerin berücksichtigt. Es hat ebenso zutreffend angenommen, dass es sich bei den entsprechenden Vergütungen aus der Sicht des Beigeladenen als atypisch still an der Klägerin Beteiligten um Sondervergütungen handelt, die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (1997) zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Als solche sind sie bei ihm nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (1997) der beschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen. Denn für den fraglichen Gewerbebetrieb wird im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, welcher die zugrunde liegende Darlehensforderung wirtschaftlich schon deswegen zuzurechnen ist, weil es --einerseits-- an einer anderweitigen Betriebsstätte des Beigeladenen mangelt, es --andererseits-- aber prinzipiell einer Betriebsstättenzuordnung bedarf (s. dazu nachfolgend unter B.II.2.b.dd) und die notwendige Zuordnung sich insoweit nach nationalem Recht richtet.

11

2. Das deutsche Besteuerungsrecht an den Zinsen wird jedoch ausgeschlossen, da sie nach Art. 11 Abs. 1 DBA-Italien 1989 in Italien besteuert werden können.

12

a) Der Beigeladene hatte im Streitjahr keinen Wohnsitz im Inland; er war nur in Italien ansässig. Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, können im anderen Vertragsstaat besteuert werden, Art. 11 Abs. 1 DBA-Italien 1989. Diese Zinsen können jedoch auch in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Empfänger der Zinsen der Nutzungsberechtigte ist, 10 v.H. des Bruttobetrags der Zinsen nicht übersteigen, Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-Italien 1989. Bezieht eine in Italien ansässige Person Einkünfte, die in Deutschland besteuert werden können, so kann Italien bei der Festsetzung der Einkommensteuer diese Einkünfte von hier nicht einschlägigen Vorbehalten abgesehen in die Bemessungsgrundlage dieser Steuern einbeziehen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Italien 1989). In diesem Fall zieht Italien von den auf diese Weise festgesetzten Steuern die in Deutschland gezahlte Einkommensteuer und ggf. die Gewerbesteuer im Rahmen näher bestimmter Höchstbeträge ab (Art. 24 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 DBA-Italien 1989). Ist umgekehrt Deutschland der Ansässigkeitsstaat, werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Italien ausgenommen, die nach diesem Abkommen in Italien besteuert werden können (Art. 24 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 DBA-Italien 1989); die italienische Steuer, die nach dem Recht Italiens und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen u.a. von Zinsen erhoben wird, wird auf die deutsche Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer angerechnet (Art. 24 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 Unterabs. ii DBA-Italien 1989).

13

b) Im Streitfall ist Italien der Ansässigkeitsstaat des Beigeladenen als des nutzungsberechtigten Zahlungsempfängers der Zinsen. Italien als dem "anderen Staat" im Sinne der vorgenannten Vorschriften steht deswegen daran im Rahmen der dortigen unbeschränkten Steuerpflicht das Besteuerungsrecht zu, Deutschland als Herkunftsstaat der Zinsen hingegen lediglich das der Höhe nach begrenzte Recht zur Quellenbesteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG [1997]).

14

c) Diese Besteuerungszuordnung gilt unbeschadet dessen, dass die Zinsen nach deutschem Steuerrecht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG (1997) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind und dass gewerbliche Einkünfte den Unternehmensgewinnen nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 1 und 2 DBA-Italien 1989 unterfallen; die speziellere Einkunftsart nach Art. 11 DBA-Italien 1989 geht ebenso wie die zwischenstaatlich dafür vereinbarte Einkunftszuordnung infolge des in Art. 7 Abs. 7 DBA-Italien 1989 angeordneten sog. Spezialitätenvorrangs vor. Nationale Besonderheiten --wie hier in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (i.V.m. § 20 Abs. 3) EStG (1997) für Sondervergütungen-- treten dahinter zurück (vgl. Art. 3 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development [OECD] --OECD-MustAbk--, Art. 3 Abs. 2 DBA-Italien 1989). Nur dieses Auslegungsergebnis entspricht den abkommensrechtlichen Zusammenhängen, die für die betreffenden Einkünfte entsprechende und ausschließliche Einkunftskategorien (nämlich in Art. 6, Art. 10 bis Art. 12, Art. 15 bis Art. 19 OECD-MustAbk, DBA-Italien 1989) vorbehalten, und nur dieses Ergebnis trägt mithin der zwischenstaatlich gebotenen Entscheidungsharmonie bei der Auslegung des Abkommens hinreichend Rechnung (ebenso Frotscher, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2009, 593, 597).

15

Nichts anderes ergibt sich aus dem sog. Partnership Report der OECD aus dem Jahre 1999 (The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, in Issues in International Taxation No. 6 [1999]). Die betreffenden Einkünfte sind danach grundsätzlich Unternehmensgewinne. Für den sog. Inbound-Fall hat das zur Folge, dass das Besteuerungsrecht stets Deutschland als dem Quellenstaat zusteht. Im sog. Outbound-Fall gilt im Prinzip Gleiches: Stuft der andere Vertragsstaat die Einkünfte nach einer spezifischen Einkunftsart ein, liegt ein Qualifikationskonflikt vor. Die OECD löst diesen Konflikt in der Weise, dass dem innerstaatlichen Recht des Ansässigkeitsstaats der Vorrang eingeräumt wird (vgl. Art. 3 Abs. 2 OECD-MustAbk). Das soll dem Methodenartikel des Art. 23 Abs. 1 OECD-MustAbk (oder entsprechenden Switch over-Klauseln) entnommen werden können. Der Senat ist anderer Ansicht, weil sich die von der OECD erwünschte Rechtsfolge jedenfalls dem Methodenartikel, wie er in Art. 24 Abs. 1 DBA-Italien 1989 vereinbart ist, gerade nicht entnehmen lässt. Unbeschadet dessen lässt sich die im Partnership Report der OECD niedergelegte Rechtsauffassung für das DBA-Italien 1989 schon deswegen nicht fruchtbar machen, weil sie als bloße "Meinungsäußerung" verschiedener Fisci kraft Mehrheitsbeschlusses innerhalb des OECD-Steuerausschusses weder maßgeblich noch verbindlich für die (als solche autonome) Abkommensauslegung durch die (nationalen) Gerichte ist; für diese ist prinzipiell rein statisch (nur) auf die Gegebenheiten und Vorstellungen der Vertragsbeteiligten im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses --hier also das Jahr 1989-- abzustellen.

16

Im Einzelnen verweist der Senat zu alledem auf seine ständige Spruchpraxis (seit den Senatsurteilen vom 27. Februar 1991 I R 15/89, BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444; vom 31. Mai 1995 I R 74/93, BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683; vom 16. Oktober 2002 I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631) --und hierbei insbesondere auf das ebenfalls zu Zinseinkünften ergangene Urteil vom 17. Oktober 2007 I R 5/06 (BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356)-- welcher sich der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 10. August 2006 II R 59/05 (BFHE 214, 518, BStBl II 2009, 758) für die Zuordnung von Darlehensforderungen nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 1 DBA-Frankreich 1959/1969 angeschlossen hat. Der Senat verweist ferner auf sein zu Lizenzvergütungen (i.S. von Art. 12 DBA-USA 1989) ergangenes Urteil vom 8. September 2010 I R 74/09 (BFHE 231, 84) sowie das zu Ruhegehältern (i.S. von Art. 18 DBA-USA 1989) ergangene Urteil vom 7. Dezember 2011 I R 5/11 (BFH/NV 2012, 556). Die darin aufgestellten Rechtsgrundsätze, an denen der Senat uneingeschränkt festhält, gelten hier wie dort gleichermaßen.

17

d) Ein Besteuerungsrecht Deutschlands lässt sich nicht aus der Rückverweisung in Art. 11 Abs. 5 DBA-Italien 1989, dem sog. Betriebsstättenvorbehalt, ableiten. Danach ist u.a. Art. 11 Abs. 1 DBA-Italien 1989 nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, aus dem die Zinsen stammen, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt und die Forderung, für die die Zinsen gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebsstätte gehört. In diesem Fall können die Zinsen im anderen Vertragsstaat nach dem Recht dieses Staats besteuert werden. Diese Voraussetzung ist aber im Streitfall nicht erfüllt.

18

Zwar übt der Beigeladene im Inland eine gewerbliche Tätigkeit durch eine hier gelegene Betriebsstätte aus. Denn er war Gesellschafter der Klägerin, und die Betriebsstätten einer Personengesellschaft sind abkommensrechtlich deren Gesellschaftern als eigene zuzurechnen (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356, m.w.N.), und deshalb können die Gewinne, die er aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der Klägerin erzielt hat, auch in Deutschland besteuert werden, jedenfalls insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können. Das ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA-Italien 1989. Jedoch greift die Rückverweisungsklausel des Art. 11 Abs. 5 DBA-Italien 1989 im Streitfall deshalb nicht durch, weil die in Rede stehende Darlehensforderung nicht tatsächlich zu der deutschen Betriebsstätte gehört. Der Umstand, dass die Zinsen nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts als Sondervergütungen des Beigeladenen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (1997) anzusehen und dem Gewinn der Gesellschaft und mithin den von ihr unterhaltenen Betriebsstätten zuzuordnen sind, widerspricht dem nicht. Ausschlaggebend ist, dass die zugrunde liegende Darlehensforderung des Beigeladenen nur dann in der gebotenen tatsächlichen Weise zu der Betriebsstätte gehören kann, wenn sie aus der Sicht der Betriebsstätte einen Aktivposten bildet. Auch zu diesem Punkt verweist der Senat auf sein Urteil in BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356 und die darin gegebenen weiteren Erwägungen und Nachweise. Unabhängig davon ist Art. 11 Abs. 5 DBA-Italien 1989 ohnehin nicht einschlägig, stellt man nicht auf die schuldrechtliche Forderung (hier des Beigeladenen als Gläubiger), sondern auf die damit korrespondierende schuldrechtliche Verbindlichkeit (hier der Klägerin als Schuldnerin) ab (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444; Frotscher, IStR 2009, 593, 594).

19

3. In Reaktion auf die zitierte Spruchpraxis des Senats sowie des II. Senats des BFH hat der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 2009 allerdings mit § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F., nunmehr § 50d Abs. 10 EStG 2009 a.F., eine Regelung geschaffen, welche darauf abzielt, das deutsche Besteuerungsrecht unbeschadet dieser Spruchpraxis sicherzustellen (vgl. BTDrucks 16/11108, S. 23). Nach Satz 1 dieser Vorschrift gelten Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Nr. 3 Halbsatz 2 EStG (1997), auf die die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden sind, das --wie das DBA-Italien 1989-- keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält, für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne. Nach § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./EStG 2009 a.F. (nunmehr § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F.) und nach § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. ist die Regelung des § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

20

a) Konsequenz dieser Regelung des § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. ist, dass für Sondervergütungen im Ausgangspunkt allein Art. 7 OECD-MustAbk --und damit im Streitfall Art. 7 DBA-Italien 1989-- anzuwenden ist. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA-Italien 1989 können gewerbliche Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die gewerblichen Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Italien 1989). Nach Art. 7 Abs. 2 DBA-Italien 1989 werden dieser Betriebsstätte die gewerblichen Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte.

21

b) Die Voraussetzungen des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. werden durch den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt erfüllt.

22

aa) Indem § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. Sondervergütungen abkommensrechtlich den Unternehmensgewinnen unterwirft, kommt zwar --jedenfalls im Ausgangspunkt-- Art. 7 OEDC-MustAbk (hier Art. 7 DBA-Italien 1989) und kommen nicht Art. 10, Art. 11 und Art. 12 OECD-MustAbk zum Zuge. Das bedingt strenggenommen einen Zirkelschluss der Anwendung, weil dann nicht nur Art. 7 Abs. 1 OECD-MustAbk, sondern diese Abkommensvorschrift insgesamt anzuwenden ist, also einschließlich des sog. Spezialitätenvorrangs in Art. 7 Abs. 7 OECD-MustAbk (hier Art. 7 Abs. 7 DBA-Italien 1989), der --wenn auch seinerseits unter dem sog. Betriebsstättenvorbehalt in Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 3 OECD-MustAbk-- wiederum zu Einkünften nach den jeweils spezielleren Einkunftsarten führt. So gesehen würde der Anwendungsbefehl des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. schon im Ansatz unterlaufen. Doch hält der Senat ein derartiges Regelungsverständnis im Ergebnis für nicht vertretbar (im Ergebnis ebenso z.B. Frotscher, IStR 2009, 593, 594 f.; offen noch im Senatsurteil in BFHE 231, 84). Es würde der mit der Regelung beabsichtigte Zweck mit einer letztlich formal-strikten Spitzfindigkeit auf den Kopf stellen. Bei richtiger Lesart ist vielmehr zu unterstellen, dass der Gesetzgeber mit der angeordneten Umqualifikation der Sondervergütungen in Unternehmensgewinne lediglich Art. 7 Abs. 1 OECD-MustAbk zur Anwendung bringen wollte.

23

bb) Bleibt es infolgedessen bei der Anwendung (nur) von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 OEDC-MustAbk (hier Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA-Italien 1989), bestimmt sich die abkommensrechtliche Zurechnung der den Zinsen zugrunde liegenden Darlehensforderung und der Darlehensverbindlichkeit zu der dem Beigeladenen von der Klägerin vermittelten Betriebsstätte nach allgemeinen Verursachungs- und Veranlassungsgesichtspunkten, und dieser Zuordnungsmaßstab deckt sich im Ergebnis mit der Zurechnung nach wirtschaftlichen Maßstäben, wie sie nach der innerstaatlichen Regelungslage des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (1997) geboten ist. Die vereinnahmten Zinsen sind damit als Unternehmensgewinne einer Inlandsbetriebsstätte i.S. von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA-Italien 1989 zu behandeln. Der Senat hält auch insoweit an seiner Spruchpraxis fest und verweist auf seine Urteile vom 13. Februar 2008 I R 63/06 (BFHE 220, 415, BStBl II 2009, 414) und vom 12. Juni 2013 I R 47/12 (BFHE 242, 107, jeweils m.w.N.).

24

cc) Eine möglicherweise anderweitige wirtschaftliche Zuordnung des Darlehens zu einer sog. Mitunternehmerbetriebsstätte des Beigeladenen in Italien scheidet unter den Gegebenheiten des Streitfalles aus. Das zum einen deswegen, weil es sich für die bloße Verwaltung des ausgereichten Darlehens bei der abkommensrechtlich gebotenen isolierten Betrachtung um Vermögensverwaltung handelt, nicht aber um eine unternehmerische Betätigung, welche allein eine Betriebsstätte im Abkommenssinne (vgl. Art. 5 Abs. 1 OECD-MustAbk, Art. 5 Abs. 1 DBA-Italien 1989) begründen könnte, und zum anderen, weil nichts dafür ersichtlich oder dargetan ist, dass die Verwaltung in einem möglichen Veranlassungszusammenhang zu einem vom Beigeladenen in Italien tatsächlich unterhaltenen gewerblichen Unternehmen gestanden hätte (s. zu einer derartigen Konstellation Senatsurteil in BFHE 231, 84). Soweit die Klägerin diesbezüglich Gegenteiliges behauptet, wird dies durch tatrichterliche Feststellungen jedenfalls nicht unterstützt. Auch dazu nimmt der Senat auf sein Urteil in BFHE 242, 107 Bezug.

25

dd) Ebenso wenig kann gänzlich auf die Zuordnung zu einer (hier der durch die Klägerin vermittelten) Betriebsstätte verzichtet werden. Die von der Klägerin befürwortete Annahme sog. betriebsstättenloser Einkünfte aus Gewerbebetrieb vertragen sich nicht mit dem vom Senat --im Urteil vom 19. Dezember 2007 I R 19/06 (BFHE 220, 160, BStBl II 2010, 398)-- vertretenen Rechtsverständnis, an welchem ebenfalls festzuhalten und welches allgemein --und damit auch für Abkommenszusammenhänge-- bedeutsam ist. Im Einzelnen bezieht sich der Senat dazu abermals auf sein Urteil in BFHE 242, 107.

26

4. In gleicher Weise wäre zu entscheiden, stellt man auf die gemäß § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F. ebenfalls --und gemäß § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. neben § 50d Abs. 10 EStG 2009 a.F.-- rückwirkend anzuwendende Regelungsneufassung des § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG 2009 n.F. ab. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber abermals auf die Spruchpraxis des Senats --dieses Mal in dessen Urteil in BFHE 231, 84-- reagiert. Sind auf eine Vergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (1997) die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gilt die Vergütung nach Satz 1 der Vorschrift für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt selbiges jetzt ausdrücklich auch für die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen. Diese tatbestandliche Erweiterung betrifft auch die im Streitfall zu beurteilende Darlehensverbindlichkeit (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444). Die danach vorzunehmende abkommensrechtliche Umqualifikation wird nunmehr zudem durch eine fiktive Zuordnungsregelung ergänzt: Nach § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG 2009 n.F. ist die Vergütung des Gesellschafters ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Betriebsstätte derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist. Für die Situation des Streitfalles stimmt die gesetzlich angeordnete Zuordnung insoweit allerdings mit den (unter B.I.3.b.bb) beschriebenen abkommensrechtlichen Zuordnungsmaßstäben überein und wirkt die abermalige Neuregelung deswegen --entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut-- insoweit nicht "abkommensüberschreibend".

27

5. Auf der Grundlage der vorstehenden Regelungslagen hätte die Revision des FA damit, die Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. sowie des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. unterstellt, Erfolg: Das angefochtene Urteil der Vorinstanz wäre gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die von der Klägerin in gesetzlicher Prozessstandschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO erhobene Klage gegen den zwischenzeitlich geänderten Feststellungsbescheid vom 29. Mai 2013, der nach § 127, § 68 FGO in das Klage- und Revisionsverfahren übergeleitet worden ist, wäre abzuweisen. Deutschland stünde an den von dem Beigeladenen im Streitjahr vereinnahmten Zinsen das uneingeschränkte Besteuerungsrecht zu.

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II. Verfassungsrechtliche Beurteilung

29

Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass die genannten Vorschriften gegen Völkervertragsrecht verstoßen, dass für diese Verstöße keine tragfähigen Gründe bestehen und dass der Beigeladene als Gesellschafter der Klägerin infolgedessen in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzt ist. Er ist überdies davon überzeugt, dass die rückwirkende Geltung beider Vorschriften, wie sie in § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./2009 a.F. (nunmehr § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F.) und in § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. angeordnet wird, dem verfassungsrechtlich gewährten Vertrauensschutzgebot und damit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG nicht standhält.

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1. Die in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. getroffenen Regelungen weichen von Art. 11 Abs. 1 DBA-Italien 1989 und der darin völkerrechtlich zwischen beiden Staaten vereinbarten Verteilung und Zuordnung des Besteuerungsrechts ab. Sie brechen damit diese Vereinbarung und verstoßen gegen den Grundsatz des pacta sunt servanda, der gewohnheitsrechtlich zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehört und der insoweit in Art. 26 und Art. 27 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (BGBl II 1985, 927) kodifiziert ist. Allerdings verwandelt dieser Grundsatz die einzelnen Normen völkerrechtlicher Verträge nicht ihrerseits ebenfalls in allgemeine Regeln des Völkerrechts mit Vorrang vor innerstaatlichem Recht (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 9. Juni 1971  2 BvR 225/69, BVerfGE 31, 145 "Milchpulver", unter Hinweis auf BVerfG-Urteil vom 26. März 1957  2 BvG 1/55, BVerfGE 6, 309 (363) "Reichskonkordat"). Vielmehr werden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und damit hier auch das DBA-Italien 1989 in Deutschland nicht unmittelbar, sondern nach Maßgabe von Art. 59 Abs. 2 GG nur mittelbar in der Form des Zustimmungsgesetzes vom 10. August 1990 (BGBl II 1990, 742, BStBl I 1990, 396) angewendet. Das (förmliche) Zustimmungsgesetz --sei es als sog. Transformationsakt, sei es als sog. Vollzugsbefehl ("Rechtsanwendungsbefehl", so BVerfG, z.B. Beschluss vom 14. Oktober 2004  2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 "Görgülü"; Urteile vom 3. Juli 2007  2 BvE 2/07, BVerfGE 118, 244 "ISAF-Mandat"; vom 4. Mai 2011  2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10, BVerfGE 128, 326 "Sicherungsverwahrung I und II"; vgl. umfassend und zum Diskussionsstand Rauschning in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand Dezember 2009, Art. 59 Rz 137 ff., 144 f., m.w.N.)-- ist ein einseitiger Akt des deutschen Gesetzgebers. Das Abkommen erhält dadurch innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, das infolge der normhierarchischen Gleichrangigkeit mit Vorbehalten versehen, aufgehoben oder geändert werden kann. Ob durch einen Vorbehalt bzw. durch die Aufhebung oder Änderung Völkerrecht verletzt würde, ist eine andere Frage, die die formale Wirksamkeit des Vorbehalts bzw. der Aufhebung oder Änderung nicht berührt. Aus § 2 (nunmehr § 2 Abs. 1) der Abgabenordnung (AO) ergibt sich nichts anderes, weil die Vorschrift nicht den Fall betrifft, dass der Gesetzgeber --wie in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. geschehen-- ausdrücklich eine vom Zustimmungsgesetz abweichende Regelung trifft; es gilt dann vielmehr der Grundsatz des lex posterior derogat legi priori. Art. 25 GG ist insoweit nicht angesprochen, weil Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören und auch nicht unter Art. 79 Abs. 1 GG fallen, weshalb die Einfügung der § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. kein den Art. 25 GG im Einzelfall mit der qualifizierten Mehrheit des Art. 79 Abs. 2 GG änderndes Gesetz voraussetzt. Schließlich gilt im Bereich des Art. 59 Abs. 2 GG kein "Alles-oder-nichts-Prinzip". Der innerstaatliche Gesetzgeber ist im Prinzip frei darin, im Zustimmungsgesetz Vorbehalte gegenüber der Anwendung bestimmter Abkommensvorschriften zu verankern.

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2. Wegen dieser Ausgangslage entspricht es herkömmlicherweise bis heute der wohl überwiegenden Rechtsauffassung im Schrifttum, dass der unilaterale "Bruch" des völkervertragsrechtlich Vereinbarten --das sog. Treaty overriding-- zwar aus rechtspolitischer Sicht unerfreulich, dass darin aber kein verfassungsrelevanter Vorgang zu sehen ist (so z.B. Bron, IStR 2007, 431; Musil, Recht der internationalen Wirtschaft --RIW-- 2006, 287; derselbe, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 149, 151; Stein, IStR 2006, 505; Hahn, IStR 2011, 863; Frotscher, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 2009/2010, S. 151; derselbe in Spindler/Tipke/Rödder [Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 687; derselbe, IStR 2009, 866; Jansen/ Weidmann, IStR 2010, 596; Brombach-Krüger, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2008, 324; Lehner/Waldhoff in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 1 Rz A 516a; Lehner, FR 2011, 1087; derselbe, IStR 2011, 733; derselbe in Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band XI Internationale Bezüge, 3. Aufl., § 251 Rz 56 ff.; Heger, Steuer und Wirtschaft International --SWI-- 2011, 95; Karla, Steueranwaltsmagazin --SAM-- 2011, 181; Mitschke, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2221; Wichmann, FR 2011, 1082; Thiemann, Juristenzeitung --JZ-- 2012, 908; Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, passim; derselbe, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2013, 195; Frau/Trinks, Die öffentliche Verwaltung --DÖV-- 2013, 228; Schwenke, FR 2012, 443; derselbe in Baumhoff/Schönfeld [Hrsg.], Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, Forum der Internationalen Besteuerung, Band 41, 2012, S. 23 f.). Dem hat sich der erkennende Senat in seiner bisherigen Spruchpraxis angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93, BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129, dort m.w.N. zur älteren Literatur; Beschluss vom 17. Mai 1995 I B 183/94, BFHE 178, 59, BStBl II 1995, 781).

32

3. Der Senat möchte an dieser Spruchpraxis --erneut und übereinstimmend mit seinem an das BVerfG gerichteten Vorlagebeschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFHE 236, 304), dort betreffend die Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710)-- nicht festhalten. Er ist vielmehr der Überzeugung, dass die bislang vertretene Einschätzung den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Anforderungen nicht gerecht wird.

33

a) Grund dafür gibt ihm die ursprünglich vor allem von Vogel angefachte (z.B. in Cagianut/Vallender [Hrsg.], Steuerrecht, Ausgewählte Probleme am Ende des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Ernst Höhn, 1995, S. 461 ff.; in JZ 1997, 161; in Blankenagel/Pernice/Schulze-Fielitz [Hrsg.], Verfassung im Diskurs der Welt, Festschrift für Peter Häberle, 2004, S. 481 ff.; in IStR 2005, 29, und in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Einl. Rz 193 ff., 205) und in den letzten Jahren wieder aufgeflammte intensive Diskussion (z.B. Rust/Reimer, IStR 2005, 843; Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 219 ff. und passim; Bron, IStR 2007, 431; Musil, RIW 2006, 287; derselbe, FR 2012, 149, 151; Stein, IStR 2006, 505; Hahn, IStR 2011, 863; Kempf/Bandl, Der Betrieb --DB-- 2007, 1377; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108 ff.; Gosch, IStR 2008, 413; derselbe in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 50d Rz 25; Frotscher, StbJb 2009/2010, S. 151; derselbe in Spindler/Tipke/Rödder, a.a.O., S. 687; derselbe, IStR 2009, 593, sowie IStR 2009, 866; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 3.24 ff.; Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596; Brombach-Krüger, Ubg 2008, 324; Heger, SWI 2011, 95; Karla, SAM 2011, 181; Mitschke, DStR 2011, 2221; Wichmann, FR 2011, 1082; Lehner, FR 2011, 1087; derselbe, IStR 2011, 733; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 5a; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 41 ff.; Lüdicke, Überlegungen zur deutschen DBA-Politik, 2008, S. 34 ff., 87 ff. und passim; M. Lang in Lehner, Reden zum Andenken an Klaus Vogel, 2010, S. 59 ff.; Rauschning in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, a.a.O., Art. 59 Rz 137 ff., 143; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 2 Rz 86 ff.), welche ihrerseits an die zwischenzeitliche Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG anknüpft. Diese Rechtsprechung wird markiert durch die Beschlüsse in BVerfGE 111, 307 (319) --den sog. Görgülü-Beschluss-- sowie vom 26. Oktober 2004  2 BvR 955/00, 2 BvR 1038/01 (BVerfGE 112, 1) --den sog. Alteigentümer-Beschluss-- sowie --nachfolgend darauf aufbauend-- das Urteil in BVerfGE 128, 326 in Sachen "Sicherungsverwahrung I und II".

34

Das BVerfG bestätigt in diesen Entscheidungen die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verpflichtung aller staatlichen Organe zur Beachtung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl II 2010, 1198), die kraft Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG --nicht anders als ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (hier das DBA-Italien 1989)-- in den Rang eines innerstaatlichen Bundesgesetzes überführt worden ist (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 111, 307, 316 f.; Urteil in BVerfGE 128, 326). Es äußert sich dahin, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten ist, Völkervertragsrecht zu beachten, wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen vorliegen, von denen das BVerfG die Zulässigkeit der Abweichung vom Völkervertragsrecht abhängig macht. Darauf aufbauend ergibt sich aus Sicht des BVerfG in dem sog. Alteigentümer-Beschluss die Verpflichtung aller Staatsorgane, "die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen". Aus diesen Erkenntnissen ist --aus Sicht des erkennenden Senats zu Recht-- der Umkehrschluss gezogen worden: Der Gesetzgeber wird von Verfassungs wegen (und damit basierend auf dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG) in die Pflicht genommen, Völkervertragsrecht zu beachten. Die prinzipielle Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ist vorrangig. Sie nimmt dem Gesetzgeber --in Abkehr von der bisherigen (und früher auch vom BVerfG vertretenen, s. sub B.II.1.) Sichtweise-- "die Verfügungsmacht über den Rechtsbestand" (so --mit allerdings noch anderem Ergebnis-- BVerfG-Urteil in BVerfGE 6, 309, 363) und wirkt für den Gesetzgeber unbeschadet dessen demokratisch-legitimierten Rechtssetzungsbefugnissen als unmittelbar bindendes Gebot wie als materiell-rechtliche "Sperre". Ausnahmen bedürfen einer besonderen Rechtfertigung. Die Voraussetzungen dafür sind eng; im sog. Alteigentümer-Beschluss wird dies präzisiert: Rechtfertigungsgründe sind die Beachtung der Menschenwürde, die Beachtung der Grundrechte. Das BVerfG verschiebt damit nicht die Rangfolge zwischen Zustimmungs- und speziellem Steuergesetz; es formt und bestimmt jedoch die inhaltlichen, die materiellen Maßstäbe für das, was an Spezielle(re)m zulässig ist und weist methodisch den Weg zu einer Erforderlichkeitsprüfung. Als "in diesem Sinne rechtsstaatlich kann Art. 59 Abs. 2 GG daher nur dergestalt gedeutet werden, dass der Gesetzgeber" mit der Umsetzung "über seine Gesetzgebungskompetenzen verfügt und dadurch seine ungebundene Normsetzungsautorität in dem Maße, das der völkerrechtliche Vertrag vorgibt, einbüßt" (so Rust, a.a.O., S. 108 ff.). Ein Bruch des Völkervertragsrechts ist ausnahmsweise innerstaatlich bindend, "sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist". Damit weist das BVerfG den methodischen Weg zur Anwendung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auch für ein Treaty override: Es kommt für den Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien von Rechtsstaat und Demokratie darauf an, ob dem Gesetzgeber gegenüber dem Vertragsbruch ein gleich sicheres, aber milderes Mittel zu Gebote steht (so Rust, ebenda; im Ergebnis ebenso z.B. Rust/Reimer, IStR 2005, 843; Jankowiak, a.a.O., S. 219 ff. und passim; Gosch, IStR 2008, 413; derselbe in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 25; Schaumburg, a.a.O., Rz 3.24 ff.; Kempf/Bandl, DB 2007, 1377; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, a.a.O., § 20 AStG Rz 41 ff.; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 2 Rz 89 f.; Rauschning in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, a.a.O., Art. 59 Rz 137 ff., 143).

35

b) Der Senat macht sich diese Überlegungen zu eigen. Er erkennt in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. einen Völkerrechtsverstoß, der sich nicht nur im Sinne einer möglichen völkerrechtsfreundlichen Normauslegung auswirkt, sondern der in dem prinzipiellen Vorrang des Abkommens begründet ist und der aus verfassungsrechtlicher Sicht die Nichtigkeit der "abkommensüberschreibenden" unilateralen Vorschrift nach sich zieht.

36

aa) Bei § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. handelt es sich um ein Treaty override: Völkerrechtlich haben Deutschland und Italien sich für Zinsen auf die Freistellungsmethode und auf das Quellenprinzip verständigt, und Zinsen können unter den im Streitfall festgestellten Gegebenheiten im Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers besteuert werden. Das ist hier für den Beigeladenen Italien. Die beschriebene Freistellung ist in Deutschland vorbehaltlos und unbedingt vereinbart und ebenso vorbehaltlos und unbedingt kraft Zustimmung in nationales Recht überführt worden. In Einklang damit fehlt es insoweit an einer abkommenseigenen Rückfallklausel --einer sog. subject to tax-Klausel-- zugunsten des Herkunftsstaats der Zinsen.

37

bb) Allerdings ist der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien (in BTDrucks 16/11108, S. 23 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2009) erkennbar der Auffassung, in einer Regelung, wie sie in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. enthalten ist, sei "keine Überschreibung (treaty override) eines DBA zu sehen; denn es geht lediglich um eine - der Auffassung des BFH widersprechende - innerstaatlich verbindliche Auslegung des DBA-Ausdrucks 'Unternehmensgewinne', den die DBA selbst nicht definieren". Die Behandlung der Sondervergütungen als gewerbliche Einkünfte sei ein tragender Grundsatz der Besteuerung von Mitunternehmerschaften im deutschen Steuerrecht und führe zur Gleichbehandlung von Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Mitunternehmerschaften. Das Ergebnis der Anwendung dieses Grundsatzes sei, dass der Mitunternehmer nicht nur in Bezug auf seinen Gewinnanteil, sondern auch in Bezug auf die Sondervergütungen damit einen Teil des Gewerbeertrages repräsentiere. Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Besteuerung inländischer und ausländischer Gesellschafter sei es daher unumgänglich, eine DBA-Anwendungsregelung zu schaffen, die anordnet, dass die genannten Vergütungen für Zwecke der DBA-Anwendung den Unternehmensgewinnen zuzuordnen sind.

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Mit diesem Regelungsverständnis widersetzt sich der Gesetzgeber den geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Denn völkerrechtliche Vereinbarungen und die darin enthaltenen Begriffe sind primär autonom nach Maßgabe völkerrechtlicher Grundsätze auszulegen (umfassend Gosch, Internationale Steuer-Rundschau 2013, 87; derselbe in Lüdicke, Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, Forum der Internationalen Besteuerung, Band 42, 2013, S. 1 ff.; jeweils m.w.N.). Zwar hat bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staats über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt. Doch gilt das erklärtermaßen nur dann, "wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert", und ein solcher Zusammenhang ist hier gegeben. Es bleibt also beim Vorrang abkommensautonomer Auslegungsgrundsätze und ist Anleihe beim jeweiligen nationalen Recht nur subsidiär zu nehmen. Diesen Vorgaben hat jeder Abkommensinterpret Rechnung zu tragen, auch und vor allem haben das im Rahmen der Gewaltenteilung und der ihnen zugewiesenen Rechtsschutzgewährung die Gerichte. Ihnen allein ist im Rahmen ihrer Fachzuständigkeit letztlich die verbindliche Auslegung einer Norm überantwortet (vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 19. Oktober 1983  2 BvR 298/81, BVerfGE 65, 196; Beschluss vom 17. Juni 2004  2 BvR 383/03, BVerfGE 111, 54, 107; Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369), und diese Verantwortung wird nicht mittels einer authentischen Regelungsinterpretation des Gesetzgebers überlagert (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 369). Indem das nationale Gesetz sich über diese international allgemein anerkannten völkerrechtlichen Auslegungs- und Anwendungsvorgaben in Art. 3 Abs. 2 OECD-MustAbk (hier bezogen auf Art. 7 Abs. 1 DBA-Italien 1989) einseitig im Sinne des nationalen Steuerrechts hinwegsetzt, werden diese folglich "überschrieben". Dass der Gesetzgeber das anders gesehen hat und dass die Regelungen infolgedessen nicht als "offenes", sondern als "verdecktes" Treaty overriding --ohne ausdrückliche Kennzeichnung als materieller Abkommensvorbehalt (sog. Melford-Klausel: "ungeachtet der Vorschriften eines DBA"; vgl. Gosch, IStR 2008, 413; Frotscher, IStR 2009, 593, 597, m.w.N.)-- zu erkennen sind, widerspricht dem nicht. Auch ein verdecktes Treaty overriding ist aufgrund seines Inhalts und seiner Wirkungsweise als solches zu qualifizieren (im Ergebnis ebenso Frotscher, IStR 2009, 593, 595 und 597 f., und IStR 2009, 866; derselbe, StbJb 2009/2010, 151; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 44a; und allgemein z.B. Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 2 Rz 75; Schild/Eisele, IStR 2005, 217, 221; Bron, IStR 2007, 431, 433; s. auch BVerfG, Beschluss vom 26. März 1987  2 BvR 589/79, 740/81  2 BvR 284/85, BVerfGE 74, 358).

39

cc) Eine Rechtfertigung für den Völkerrechtsverstoß erkennt der vorlegende Senat nicht.

40

aaa) Ausweislich der zitierten Gesetzesmaterialien ging es dem Gesetzgeber im Kern um die Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Mitunternehmern. Dieses Gesetzesziel mag vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG hinnehmbar erscheinen. Es blendet indessen aus, dass sich eine derartige Gleichheit vor dem Hintergrund der abkommensrechtlich verbindlich eingegangenen Vereinbarungen nicht rechtfertigen lässt. Aus Verfassungssicht darf nicht außer acht gelassen werden, dass ausschließlich im Inland tätige Steuerpflichtige in einem anderen Regelungszusammenhang agieren. Gleiches gilt für Steuerpflichtige, welche zwar im Ausland agieren, jedoch in einem Staat, mit dem Deutschland sich abkommensrechtlich auf die sog. Anrechnungsmethode verständigt hat. Solchen Steuerpflichtigen steht keine Steuerfreistellung zu. Richtigerweise muss deswegen auch die maßgebende Vergleichsgruppe eine andere sein: Derjenige Steuerpflichtige, der unter den Voraussetzungen der abkommensrechtlich vereinbarten Freistellungsmethode Einkünfte vereinnahmt, die aus dem jeweils anderen Vertragsstaat stammen, kann nur mit ebensolchen Personen verglichen werden. Mit Steuerpflichtigen, die ausschließlich über entsprechende Inlandsbeziehungen verfügen oder die mit ihren Auslandseinkünften unter Anrechnung einer ausländischen Steuer im Inland besteuert werden, sind Steuerpflichtige mit einschlägigen, freigestellten Auslandseinkünften so gesehen bereits im Ausgangspunkt ebenso wenig vergleichbar, wie dies beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1976  1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, 1, BStBl II 1977, 190; s. auch Beschlüsse vom 24. Februar 1989  1 BvR 519/87, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1990, 359; vom 9. Februar 2010  2 BvR 1178/07, IStR 2010, 327; s. vor diesem Hintergrund zur gleichheitsrechtlichen Unvereinbarkeit der Methode der Freistellung und der Methode der Anrechnung als beiderseitige Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auch den Antrag des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2013 A 2013/0010 an den österreichischen Verfassungsgerichtshof, abrufbar unter www.vwgh.gv.at/rechtsprechung/2010150039.pdf?458h7x). Es ist hier wie dort allein sachgerecht, die inländische (Gesamt-)Leistungsfähigkeit von der ausländischen (Teil-)Leistungsfähigkeit zu trennen und beide Leistungsfähigkeiten im jeweiligen Kontext einerseits mit dem Welteinkommensprinzip, andererseits mit dem Territorialitätsprinzip und als deren Konkretisierung und Ausformung zu erkennen (zutreffend Jankowiak, a.a.O., S. 100 ff., m.w.N.). Eine --gleichwohl grundsätzlich anzustrebende-- Gleichbehandlung lässt sich in Anbetracht dessen in verfassungskonformer Weise immer nur im Rahmen einer möglichen --völkerrechtlich-autonomen-- Abkommensauslegung erreichen. Sie kann jedoch nicht darüber hinausgehen und verbietet sich, wenn der Abkommenstext und die Abkommenssystematik eine solche Auslegung ausschließt (teilweise weiter gehend Lampert, a.a.O., passim, bezogen auf konkrete Qualifikationsdivergenzen S. 279 ff.), und das ist die Situation im Streitfall.

41

bbb) Die vom Gesetzgeber durch § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. angestrebte Gleichbehandlung lässt sich aber auch aus einem anderen Grund als dem der "falschen" Vergleichsgruppe nicht erreichen. Zielt die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (1997) für Sondervergütungen angeordnete Gewerblichkeitsfiktion nämlich darauf ab, die Besteuerung von Einzelunternehmern und Mitunternehmern aneinander anzunähern, so muss diese Gleichbehandlung scheitern, sobald ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen worden ist, dass das Besteuerungsrecht für die Sondervergütungen dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zuweist. Für Einzelunternehmer scheidet eine derartige Zuweisung aber aus; das Abkommen enthält für deren (gewerbliche) Einkünfte entsprechende Zuweisungsnormen nicht; Einzel- und Mitunternehmer befinden sich insofern also von vornherein nicht in einer vergleichbaren Lage (zutreffend Frotscher, IStR 2009, 593, 599).

42

ccc) Dass nur das hier vertretene Verständnis richtig sein kann, erweist sich schließlich daran, dass Deutschland als Vertragsstaat zwischenstaatlicher Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Gleichheitsproblematik gerade bezogen auf Sondervergütungen von Mitunternehmern sehr wohl erkannt und dementsprechend eine Reihe von Abkommen geschlossen hat, die in Abstimmung mit den jeweiligen Vertragsstaaten einschlägige Sonderregelungen enthalten, z.B. die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit der Schweiz, mit Österreich, Weißrussland, Ghana, Kasachstan, Singapur, Tadschikistan, Usbekistan, Algerien, Uruguay (vgl. Hemmelrath in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 7 Rz 61; Kudert/Kahlenberg, IStR 2013, 801, 807 f.; Günkel/Lieber, Ubg 2009, 301, 303), bis auf die Schweiz und Österreich durchweg also mit Staaten, denen das steuerliche Mitunternehmerkonzept und hierbei die besonderen Rechtsinstitute des Sonderbetriebsvermögens und der Sondervergütung nicht unbedingt geläufig sein dürften; ein etwaiges "Unverständnis" gegenüber diesem Konzept im Ausland, das einer bilateralen Verständigung entgegenstehen könnte, lässt sich sonach kaum als belastbares Gegenargument nutzen. Wenn Deutschland in anderen Abkommen und so auch im DBA-Italien 1989 aber --aus welchen Gründen auch immer-- davon absieht, muss der deutsche Gesetzgeber sich das denn auch als verbindlich anlasten lassen (ebenso Frotscher, IStR 2009, 593, 597). Er ist aber nicht befugt, ein etwaiges abkommensrechtliches Regelungsdefizit einseitig zu überschreiben, und zwar gerade aus Gründen der Belastungsgleichheit. Denn die einseitige Maßnahme zieht regelmäßig zwangsläufig die doppelte Besteuerung eines und desselben Besteuerungssubstrats --hier der Darlehenszinsen-- nach sich, weil dem anderen Vertragsstaat die Rechtsfigur der Sondervergütung des Mitunternehmers und die fiktive Einbeziehung solcher Vergütungen in die Gewerblichkeit gemeinhin unbekannt sein wird. Er wird die Zinsen statt dessen auch abkommensrechtlich als solche behandeln und dafür das ihm nach Art. 11 Abs. 1 OECD-MustAbk zugewiesene Besteuerungsrecht beanspruchen. So verhält es sich, soweit bekannt, auch und gerade im Verhältnis zu Italien (vgl. Krabbe in Wassermeyer, DBA, Art. 4 Italien Rz 32 und Art. 7 Italien Rz 14; Lobis, daselbst, Exkurs zu Art. 7 Italien Rz 41). Das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wird im Ergebnis infolge Doppelbesteuerung nachhaltig verletzt.

43

ddd) Dass dem Gesetzgeber auch diese Ungereimtheit nicht fremd geblieben ist, zeigt sich daran, dass er in seinem "Reparaturgesetz" des § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. nunmehr erklärtermaßen mit Blick auf das regelmäßig abweichende Abkommensverständnis in dem anderen Vertragsstaat (BRDrucks 632/1/12, S. 15) und der deswegen drohenden Doppelbesteuerung --"im Sinne einer verfassungskonformen Ausgestaltung" (so Mitschke, FR 2013, 694, 696)-- eine Möglichkeit zur Anrechnung der in dem anderen Vertragsstaat einbehaltenen Steuern geschaffen hat: Sind entsprechende Sondervergütungen einer Person zuzurechnen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als im anderen Staat ansässig gilt, und weist der Steuerpflichtige nach, dass der andere Staat die Einkünfte besteuert, ohne die darauf entfallende deutsche Steuer anzurechnen, ist nach § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG 2009 n.F. die in diesem Staat nachweislich auf diese Einkünfte festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte, der deutschen Einkommensteuer entsprechende, anteilige ausländische Steuer bis zur Höhe der anteilig auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer anzurechnen. Der konstatierte Völkerrechtsverstoß wird aber auch dadurch nicht gerechtfertigt. Zum einen ändert die nunmehr geschaffene Möglichkeit der Steueranrechnung für die Zinseinkünfte nichts an jenem Verstoß, wenn --wie im DBA-Italien 1989-- abkommensrechtlich eben nicht die Anrechnung, sondern die Freistellung vereinbart worden ist. Der Völkerrechtsverstoß bleibt als solcher bestehen, lediglich die Wirkungen werden unilateral abgemildert.

44

Die Abmilderung wirkt aber unbeschadet dessen auch nur unzulänglich, sie ist nicht konsequent und folgerichtig ausgestaltet worden (s. zum verfassungsrechtlichen Folgerichtigkeitsgebot z.B. und m.w.N. umfassend Englisch in Tipke/Seer/Hey/Englisch [Hrsg.], Gestaltung der Steuerrechtsordnung, Festschrift für Joachim Lang, 2010, S. 167): Nach dem bereits wiedergegebenen (s. B.II.3.b.bb) Regelungszweck von § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. ebenso wie von § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. zielen die Regelungen insbesondere darauf ab, Sondervergütungen in inländischen und ausländischen Konstellationen gleichermaßen als Teil auch des Gewerbeertrages zu behandeln. Diese Motivation kontrastiert aber mit dem Versuch, über die Anrechnung "salvierend" Doppelbesteuerungen zu vermeiden, weil gerade für die Gewerbesteuer als tragende Rechtfertigungssäule keine Anrechnungsmöglichkeit vorgesehen ist. Und das widerspricht dem DBA-Italien 1989 im Besonderen, weil auch die Gewerbesteuer --als Gegenstand des Abkommens (s. Art. 2 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. iv DBA-Italien 1989)-- von der an sich vereinbarten Freistellung profitieren würde. Denn gerade dann, wenn Italien --wie hier für den Beigeladenen-- der Ansässigkeitsstaat ist, erfordert die Einbeziehung der Einkünfte, die in Deutschland besteuert werden können, in Italien den Abzug der in Deutschland gezahlten Einkommensteuer, und zwar einschließlich der Gewerbesteuer, soweit sie vom Ertrag erhoben wird (vgl. Art. 24 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 i.V.m. Satz 1 DBA-Italien 1989). Hinzu kommt, dass die Steueranrechnung nach § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG 2009 n.F. ohnehin nur für eine Person vorgesehen ist, die im anderen Vertragsstaat als ansässig "gilt". Erfasst wird sonach eindeutig bloß eine doppelansässige Person, für die die Ansässigkeitsfiktion des Art. 4 Abs. 2 und 3 OECD-MustAbk (hier Art. 4 Abs. 2 und 3 DBA-Italien 1989) einschlägig ist, nicht aber eine solche Person, die --wie der Beigeladene-- nach Art. 4 Abs. 1 DBA-Italien im anderen Vertragsstaat aufgrund territorialitätsbezogener Merkmale ansässig und damit dort steuerpflichtig "ist". Die neugeschaffene Anrechnungsmöglichkeit taugt als Rechtfertigungsgrund für die Abkommensüberschreibung damit weder prinzipiell noch ihrer tatbestandlichen Ausgestaltung nach.

45

Dass das für die Einkommensbesteuerung des Beigeladenen zuständige FA --wie die Klägerin und der Beigeladene haben wissen lassen-- unter Hinweis auf den Eintritt der Bestandskraft des für das Streitjahr ergangenen Einkommensteuerbescheides den zwischenzeitlich gestellten Antrag abgelehnt hat, die in Italien auf die Zinsen erhobene Einkommensteuer nach Maßgabe von § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG 2009 n.F. anzurechnen, ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung deswegen unbeachtlich. Allerdings müsste der Anrechnungsbetrag, zu dessen Höhe das angefochtene Urteil des FG nichts aussagt, nach Lage der Dinge ohnehin gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO --in einem von dem hier angefochtenen Bescheid verfahrensrechtlich zu trennenden Bescheid-- einheitlich und gesondert festgestellt werden (s. Senatsurteil vom 18. Juli 1990 I R 115/88, BFHE 161, 499, BStBl II 1990, 951); das ist nach Mitteilung der Klägerin bis dato nicht geschehen, aber auch davon bleibt die verfassungsrechtliche Beurteilung unbeeinflusst.

46

eee) Schließlich ist nicht erkennbar, dass Deutschland gezwungen gewesen wäre, mittels der in § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. getroffenen Neuregelungen in beschleunigter Weise --und deswegen unilateral-- auf einen besonderen Missstand oder einen in besonderer Weise zutage tretenden Steuerausfall bei Sondervergütungen in grenzüberschreitenden Zusammenhängen zu reagieren. Jedenfalls hätte dem Gesetzgeber für das DBA-Italien 1989 --wie in Übereinstimmung mit Art. 31 OECD-MustAbk auch nach den meisten anderen deutscherseits geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung-- zweifelsfrei ein anderweitiges, milderes Mittel der Reaktion zur Verfügung gestanden: Es war nach Art. 32 Satz 1 und 2 DBA-Italien 1989 unter Einhaltung einer Frist von mindestens sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres einseitig kündbar; das Abkommen war danach letztmals anwendbar auf die Steuern, die für spätestens am 31. Dezember des Kündigungsjahres endende Veranlagungszeiträume erhoben werden (Art. 32 Satz 3 Buchst. b DBA-Italien 1989). Der Gesetzgeber war also sehr wohl in der Lage, auch kurzfristig handeln zu können, und im Ergebnis überwiegt demnach das rechtsstaatliche Interesse an der Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen (s. ebenso Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 236, 304, m.w.N.).

47

c) Nach der Überzeugung des Senats steht § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. nach allem nicht mit der verfassungsmäßigen Ordnung in Einklang. Die zitierte, vom BVerfG (im Beschluss in BVerfGE 111, 307, 319) dem Gesetzgeber zugestandene Ausnahme, "Völkervertragsrecht (...) nicht (zu beachten), sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist", liegt bei der Abgrenzung der Tatbestände im Steuerrecht im allgemeinen (s. auch z.B. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 272: "keinen zwingenden Grund des gemeinen Wohls") und bei den hier in Rede stehenden Vorschriften der § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. im Besonderen nicht vor. Der Senat erkennt in Anbetracht dessen keine andere Möglichkeit, dem klägerischen Begehren abzuhelfen. Insbesondere erscheint ihm als nicht gangbar, die ihrem Wortlaut nach insoweit unmissverständlichen Regelungen der § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. vermittels eines völkerrechtsfreundlichen und damit zugleich verfassungskonformen Normenverständnisses im Sinne dieses Begehrens auszulegen.

48

d) Verstoßen § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. damit aber in gleichheitswidriger Weise gegen vorrangiges Völkervertragsrecht, so löst dies zugleich einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung aus, die in Art. 20 Abs. 3 GG Handlungsmaßstab und Bindung für die Gesetzgebung ist und woraus dem betroffenen Steuerpflichtigen, hier dem beigeladenen Gesellschafter der Klägerin, wiederum aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG ein subjektives Recht auf Beachtung jener Ordnung erwächst (s. bereits Senatsbeschluss in BFHE 236, 304; ebenso Frotscher, IStR 2009, 593, und IStR 2009, 866; derselbe, StbJb 2009/2010, S. 151, der insoweit zusätzlich einen verfassungswidrigen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG anmahnt; s. auch Gosch, IStR 2008, 413).

49

4. Der Senat ist schließlich der Überzeugung, dass die Neuregelungen insoweit nicht dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG standhalten, als sie nach § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F. (nunmehr § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F.) und nach § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. rückwirkend anzuwenden sind.

50

a) Nach § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./2009 a.F., jetzt § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F., ist § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Nach § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. ist auch § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Beide Anwendungsregelungen stehen nebeneinander. Sie stimmen letztlich überein und unterscheiden sich in der Wortwahl bloß in der Zeitform: § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F. begnügt sich damit, dass die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig "festgesetzt ist", wohingegen § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. verlangt, dass besagte Steuer noch nicht bestandskräftig "festgesetzt worden ist". Einen sachlichen Grund für diese Unterscheidung erkennt der Senat nicht. Ihm erschließt sich auch nicht der (systematische) Sinn für die gleichzeitige Anwendbarkeit beider Vorschriftenfassungen des § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. bzw. EStG 2009 n.F., obschon § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. unter Aufnahme des Regelungsinhalts von § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. doch neu gefasst worden ist.

51

b) Davon abgesehen handelt es sich bei den Regelungsanordnungen bezogen auf den Streitfall (Streitjahr 2000) um sog. echte Rückwirkungen. Diese Rückwirkungen sind zur Überzeugung des Senats nicht zulässig; sie verletzen in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise das in einem Rechtsstaat prinzipiell geschützte Vertrauen des Bürgers in die gesetzte Rechtsordnung und widersprechen damit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG.

52

aa) Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004  2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, 180). Dabei findet das Rückwirkungsverbot seinen Grund im Vertrauensschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, 86 f.). Das grundsätzliche Verbot der echten Rückwirkung greift daher aber auch nur dann ein, wenn eine gesetzliche Regelung dazu geeignet war, Vertrauen auf ihren Fortbestand in vergangenen Zeiträumen zu erwecken (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 27. Juni 1961  1 BvL 26/58, BVerfGE 13, 39, 45 f.; BVerfG, Entscheidung vom 23. März 1971  2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR 210/66, 2 BvR 472/66, BVerfGE 30, 367, 389). Entscheidend ist, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 20. Oktober 1971  1 BvR 757/66, BVerfGE 32, 111, 123). Die Fundierung im Vertrauensschutz zeichnet zugleich die Grenze des Rückwirkungsverbotes vor (vgl. BVerfG, Entscheidung in BVerfGE 32, 111, 123; BVerfG, Beschluss vom 25. Mai 1993  1 BvR 1509/91, 1 BvR 1648/91, BVerfGE 88, 384, 404; BVerfG, Urteil vom 23. November 1999  1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 266). Dieses greift unter anderem dann nicht ein, wenn sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts für vergangene Zeiträume bilden konnte (vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 88, 384, 404; BVerfG, Beschluss in BVerfGE 95, 64, 86 f.; BVerfG, Urteil in BVerfGE 101, 239, 263), etwa weil die Rechtslage unklar war (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 272; BVerfG, Beschluss in BVerfGE 126, 369).

53

bb) Die zu § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./2009 a.F., jetzt § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F., gegebene Begründung des Finanzausschusses zum Jahressteuergesetz 2009 rechtfertigt die Rückwirkung bezogen auf § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. damit, die neue Regelung entspräche der "bisher praktizierten Besteuerung" und diene der "Sicherstellung der steuerlichen Belastungsgleichheit" (BTDrucks 16/11108, S. 23). Angesichts der diametral gegenläufigen, langjährigen Spruchpraxis des BFH (erstmals in dem Senatsurteil in BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444, und sodann in den nachfolgenden Senatsurteilen in BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683, und in BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631) überzeugt das jedoch nicht. Diese Rechtsprechung war geeignet, entsprechendes Vertrauen zu schaffen. Infolge dieser durchgängigen Rechtsprechung konnte insbesondere nicht von einer "unklaren Rechtslage" gesprochen werden, die ungeeignet gewesen wäre, entsprechendes Vertrauen des Bürgers zu bilden. "Unklar" war die Rechtslage allenfalls in dem kurzen --und im Streitfall unbeachtlichen-- Zeitraum "zwischen" den gesetzlichen Neuregelungen nach § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. Tatsächlich steht der Rückwirkung deshalb kein rechtfertigender Entlastungsgrund zur Seite (ebenso z.B. Chr. Schmidt, DStR 2010, 2436; Chr. Korn, DStR 2009, 2366; insoweit anders Frotscher, IStR 2009, 866).

54

cc) Und Gleiches gilt für § 52 Abs. 59a Satz 10 i.V.m. § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. Dass infolge der Neufassung der Vorschrift durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz lediglich eine "entsprechende Klarstellung des gesetzgeberischen Willens" bewirkt werde, und dass sich in Ermangelung einer "gefestigten, langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung" ein schutzwürdiges Vertrauen nicht habe bilden können (so BRDrucks 632/1/12, S. 15, und das aufgreifend Mitschke, FR 2013, 694, 696), überzeugt abermals nicht, weil diese Behauptungen die bisherige gefestigte Rechtslage einmal mehr außer Acht lässt. Die Rückwirkung lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Neuregelung in § 50d Abs. 10 EStG 2009 n.F. als solche gegenüber der Vorgängerfassung der Vorschrift in Einzelfällen --und so auch im Streitfall-- infolge der nunmehr vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeit im Vergleich zu der vorherigen Regelung für den Steuerpflichtigen weniger belastend wirken kann. Denn allein ausschlaggebend ist, dass durch Satz 1 beider Vorschriftenfassungen das jeweils betreffende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gleichermaßen zum Nachteil des Steuerpflichtigen "überschrieben" wird (im Ergebnis ebenso z.B. C. Pohl, DB 2013, 1572; Chr. Schmidt, DStR 2013, 1704, 1710).

55

dd) Schließlich sind beide Fassungen der Übergangs- und Anwendungsvorschriften einer etwaigen verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich; die jeweiligen Regelungen sind nach ihrem Wortlaut vielmehr eindeutig.

56

III. Entscheidung des Senats

57

In Anbetracht der hiernach vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 n.F. einerseits und § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./EStG 2009 a.F. (nunmehr § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2009 n.F.) und § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. andererseits war das Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und ist die Entscheidung des BVerfG über die im Leitsatz formulierten Fragen zur Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften einzuholen.

Tatbestand

1

A. Der in den Streitjahren 2007 bis 2010 im Inland wohnende Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in jenen Jahren als Flugzeugführer einer irischen Fluggesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die von seinem Arbeitgeber auf diese Beträge zunächst einbehaltenen und an die irischen Finanzbehörden abgeführten Steuern wurden auf Antrag des Klägers in voller Höhe an ihn erstattet.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unterwarf den Bruttoarbeitslohn der deutschen Besteuerung. Die Einkünfte seien wegen § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom 13. Dezember 2006 (BGBI I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) --EStG 2002/2007-- (bzw. des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Einkommensteuergesetzes vom 8. Oktober 2009, BGBl I 2009, 3366, BStBl I 2009, 1346 --EStG 2009--) --EStG 2002/2007/2009-- nicht gemäß Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17. Oktober 1962 (BGBI II 1964, 267, BStBl I 1964, 321) --DBA-Irland 1962-- von der Bemessungsgrundlage für die Steuer in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) auszunehmen.

3

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) gab ihr unter Hinweis auf das in einer Parallelsache ergangene Senatsurteil vom 11. Januar 2012 I R 27/11 (BFHE 236, 327) durch Urteil vom 1. Juli 2013  3 K 18/13 statt. Der Senat hat die Revision auf Beschwerde des FA durch Beschluss vom 17. Dezember 2013 I B 117/13 in Anbetracht der zwischenzeitlich rückwirkend geänderten Gesetzeslage in § 50d Abs. 9 Satz 3 und § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009 nach Maßgabe des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz --AmtshilfeRLUmsG--, BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 790) --EStG 2009/2013-- zugelassen.

4

Das FA stützt die Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

B. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht geboten, weil zur Überzeugung des Senats die Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002/2007/2009 gegen bindendes Völkervertragsrecht als materielle Gestaltungsschranke verstößt und damit der in Art. 25 GG niedergelegten Wertentscheidung des Grundgesetzes zum Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zuwiderläuft, ohne dass dafür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliegt. Dadurch wird der Kläger in seinem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten subjektiven Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung und damit auch des sog. Gesetzesvorbehalts verletzt. Der Senat ist überdies davon überzeugt, dass die rückwirkende Geltung der Vorschrift des § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013, wie sie in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 angeordnet wird, dem verfassungsrechtlich gewährten Vertrauensschutzgebot und damit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG nicht standhält.

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I. Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 im Streitfall

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1. Der Kläger hatte in den Streitjahren seinen Wohnsitz in Deutschland. Er unterfällt deswegen gemäß § 1 Abs. 1 EStG 2002/2009 hier mit seinem Welteinkommen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Dieser Pflicht ist auch der Arbeitslohn (§ 19 EStG 2002) unterworfen, den er als Flugzeugführer für die irische Fluggesellschaft in den Streitjahren vereinnahmt hat.

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2. Das Besteuerungsrecht für diesen Arbeitslohn ist in Deutschland allerdings nach Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen, weil es sich hierbei um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands handelt, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen in Irland besteuert werden können: Dass es sich um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands handelt, ergibt sich aus Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962; Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Luftfahrzeugen erbringt, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person betreibt, gelten danach als in diesem Vertragsstaat erbracht. Und die Vergütungen für solche Dienstleistungen können nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, im Streitfall also in Irland. In Deutschland verbleibt nach Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 2 DBA-Irland 1962 lediglich die Möglichkeit, die Einkünfte gemäß § 32b EStG 2002/2007/2009 dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

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3. Jedoch wird die Freistellung jener Einkünfte nach Maßgabe des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht --soweit hier von Relevanz-- aufgrund ihres Wohnsitzes oder ständigen Aufenthalts unbeschränkt steuerpflichtig ist. Mit dieser Formulierung will das Gesetz erreichen, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfällt, falls der andere Vertragsstaat als Quellenstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht an bestimmten Einkünften im Rahmen der dortigen beschränkten Steuerpflicht rechtlich keinen Gebrauch macht.

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Eine derartige Situation ist im Streitfall nach den tatrichterlichen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des FG zu der irischen Rechtslage gegeben: Irland gebührt nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 das Besteuerungsrecht für die in Rede stehenden Vergütungen des Klägers. Irland verzichtet nach seinem Steuerrecht aber auf die Einkommensbesteuerung. Zwar ist der leistende Arbeitgeber --hier die Fluggesellschaft-- verpflichtet, die auf den Arbeitslohn entfallende Steuer als Quellensteuer einzubehalten und an die Finanzbehörden abzuführen. Dem beschränkt Steuerpflichtigen steht indes ein Erstattungsrecht zu. Von diesem Recht hat im Streitfall der Kläger auch Gebrauch gemacht. Dass die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs antragsgebunden ist, muss an der Regelungslage ebenso wenig ändern wie der Umstand, dass die Quellensteuerabzugspflicht temporär oder --bei unterbleibendem Erstattungsantrag-- final eine doppelte Besteuerung eines und desselben Sachverhalts in Irland und in Deutschland zur Folge haben kann. Es verbleibt ungeachtet dessen und ungeachtet des notwendigen Erstattungsantrags dabei, dass die Einkünfte nach materiellem Recht in Irland abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig sind und der dort einbehaltenen Quellensteuer (Lohnsteuer) sonach auch keine abgeltende Wirkung zukommt. Der Tatbestand des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 ist damit als solcher erfüllt.

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4. Die Anwendbarkeit von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 wird indessen ihrerseits durch Abs. 8 der Vorschrift ausgeschlossen.

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a) Diese Vorschrift ordnet in einer mit Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 vergleichbaren Weise den Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland unbeschadet einer völkerrechtlich vereinbarten Freistellung von Einkünften an, dies aber --erstens-- nur für Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit und --zweitens--, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass der andere Vertragsstaat, dem nach dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Im Streitfall steht nach den beschriebenen tatrichterlichen Feststellungen fest, dass Irland die in Rede stehenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Flugpersonals nicht in seinen Katalog beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte aufgenommen und insofern auf den ihm eingeräumten Besteuerungszugriff nach seinem innerstaatlichen Recht verzichtet hat; der (vorübergehende) Lohnsteuereinbehalt widerspricht dem (auch hier) nicht. Das erhellt zugleich, dass der Kläger den erforderlichen Nachweis über den irischen Besteuerungsverzicht erbracht hat: Was ohnehin feststeht, muss nicht gesondert nachgewiesen werden.

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b) Es verbleibt deswegen bei der Einkommensfreistellung. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 ändert daran unilateral nichts. Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen (auch) der letzteren Vorschrift erfüllt sind, ist unbeachtlich. Denn § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2002/2007/2009 ordnet ausdrücklich an, dass (u.a.) "Absatz 8 ... unberührt (bleibt)". Das Gesetz akzeptiert insofern mit § 50d Abs. 8 EStG 2002 i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003 --StÄndG 2003--, BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710) --EStG 2002/2004/2009-- den --einseitigen-- Besteuerungsverzicht des anderen Staates (zu den Verzichtsmotiven s. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, DBA, MA Art. 15 Rz 181) als Ausübung der zwischenstaatlich vereinbarten Besteuerungszuordnung. Es ist nichts (auch nicht aus der amtlichen Gesetzesbegründung, vgl. BTDrucks 16/2712, S. 61 f.) dafür ersichtlich, dass diese Akzeptanz durch Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 im Verhältnis zu der Regelung in Abs. 8 der Vorschrift für die Situation der (nicht im Ausland erfassten) beschränkten Steuerpflicht wieder zurückgenommen werden soll. Vielmehr hat umgekehrt § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004/2009 als die speziellere Vorschrift sowohl inhaltlich als auch in seiner gesetzessystematischen Stellung gegenüber Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Vorrang und steht demzufolge seinerseits auch nicht unter einem entsprechenden, gegenläufigen Anwendungsvorbehalt zugunsten von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009. Bestätigt wird das dadurch, dass der Vorbehalt in Abs. 9 Satz 3 zum "Unberührtbleiben" von § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004/2009 sich auf beide dort rückfallauslösenden Tatbestandsalternativen --nicht nachgewiesener Besteuerungsverzicht einerseits oder nicht nachgewiesene Steuerzahlung andererseits-- erstreckt und damit allgemein und unbedingt wirkt, anders als insoweit der nur eingeschränkte Vorrang einschlägiger DBA-Rückfallklauseln, der in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2002/2007/2009 zwar ebenfalls angeordnet wird, das aber nur für den Fall, dass die jeweilige DBA-Rückfallklausel die Freistellung von Einkünften in einem "weiter gehenden Umfang" (als § 50d Abs. 9 EStG 2002/2007/2009) einschränkt (vgl. demgegenüber allerdings die Denkschriften zu dem neu verhandelten DBA-Großbritannien sowie dem ebenfalls neu verhandelten DBA-Irland 1962, jeweils vom 30. März 2011, BTDrucks 17/2254, S. 38, und 17/6258, S. 36, wo auch insoweit ein Spezialitätenvorrang gegenüber Abs. 9 angenommen wird). Das alles ergibt sich bereits aus dem Senatsurteil in BFHE 236, 327, an dem festzuhalten ist und auf dessen Begründung im Übrigen, um Wiederholungen zu vermeiden, deshalb verwiesen wird.

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Im Ergebnis ist der Senat in jenem Urteil in BFHE 236, 327 damit der im Schrifttum bis dahin nahezu einhellig vertretenen Auffassung gefolgt (z.B. Urbahns, Unternehmensteuern und Bilanzen --StuB-- 2011, 420; M. Klein/Hagena in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 50d EStG Rz 110, 124; Boochs in Lademann, EStG, § 50d Rz 411; Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 50d EStG Rz 142; Frotscher, EStG, § 50d Rz 190; anders Grotherr in Gosch/Kroppen/ Grotherr, DBA, Art. 23A, Art. 23B Rz 75/9). Auch das nachfolgend begleitende Schrifttum hat sich dem ganz überwiegend angeschlossen (vgl. z.B. Kempermann, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 467; J. Becker, Betriebs-Berater --BB-- 2014, 744; Gosch in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 50d Rz 41g; Hilbert, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2012, 405; Möhrle/Groschke, IStR 2012, 610; Stöbener/Gach, IStR 2013, 19; C. Pohl, Internationale Wirtschaftsbriefe --IWB-- 2012, 656; Urbahns, StuB 2012, 438; anders z.B. Mitschke, FR 2012, 467, sowie --aber aus Wettbewerbsgründen gegenüber deutschen Fluggesellschaften-- Sedemund/Hegner, IStR 2012, 315; Sedemund, IStR 2012, 613).

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5. Auch die Vorinstanz ist dem Senatsurteil in BFHE 236, 327 gefolgt. Sie hat aber die zwischenzeitliche Rechtsentwicklung ignoriert, obschon diese zu einem anderen Ergebnis führt. Denn in Reaktion auf die Entscheidung des Senats in BFHE 236, 327 hat der Gesetzgeber des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (vom 26. Juni 2013) das Verhältnis zwischen § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004/2009 einerseits und § 50d Abs. 9 EStG 2002/2007/2009 andererseits neu justiert. Nunmehr bleiben nach § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013 "Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes (...) unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken". Mit anderen Worten: Die bis dato nur auf Abkommensbestimmungen gemünzte Verhältnisregelung ("welche die Freistellung von Einkünften in einem weiter gehenden Umfang einschränkt") wird jetzt auf alle drei Regelungen, also neben den einschlägigen Abkommensbestimmungen gleichermaßen auf § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004 sowie auf § 20 Abs. 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz --AStG--), bezogen. Nur soweit das nicht der Fall ist und der jeweils spezifische Freistellungsumfang mit jenem von § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG 2002/2007/2009 parallel läuft, treten sowohl § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004 als auch § 20 Abs. 2 AStG hinter § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG 2002/2007/2009 zurück. Damit wird zwar nicht gänzlich zweifelsfrei (s. zutreffend Zuber/ Ditsch in Littmann/Bitz/Pust, Die Einkommensteuer, § 50d EStG Rz 172; Zech/Reinhold, IWB 2014, 384), aber doch hinreichend klar, dass beide Vorschriften --§ 50d Abs. 8 EStG 2002/2004 und § 50d Abs. 9 EStG 2002/2007/2009 im Rahmen ihrer allerdings voneinander abweichenden tatbestandlichen Erfordernisse (s. dazu Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2013 I B 109/13, BFHE 244, 40; Zech/Reinhold, IWB 2014, 384; J. Becker, BB 2014, 744; Gosch, BFH/PR 2014, 173; Kempermann, Internationale Steuer-Rundschau --ISR-- 2014, 125; Hahn-Joecks in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 50d Rz K 14, auch Rz K 7; einschränkend FG Berlin-Brandenburg, Zwischenurteil vom 29. April 2014  3 K 3227/13, IStR 2014, 529, mit zustimmender Anmerkung Weinschütz; Wiesemann, Entstehung und Vermeidung systembedingter doppelter Nicht- und Minderbesteuerung in Outbound-Konstellationen, 2014, S. 448 ff.)-- nebeneinander anwendbar sein sollen. Dass jene Vorschriften als solche ihren jeweiligen materiellen Regelungsbereichen nach gegenüber § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG 2002/2007/2009 spezieller sein mögen, ändert daran nichts (im Ergebnis ebenso z.B. FG Köln, Beschluss vom 18. Oktober 2013  1 V 1635/13, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 204; FG Berlin-Brandenburg, Zwischenurteil in IStR 2014, 529; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 41g; Zuber/Ditsch in Littmann/Bitz/Pust, ebenda; wohl auch Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 50d Rz K 19; anders Hagena/Klein, ISR 2013, 267, 273; Hasbargen/ Kemper/Franke, BB 2014, 407; Zech/Reinhold, IWB 2014, 384; Salzmann, IWB 2013, 405).

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6. Auf der Grundlage der vorstehenden Regelungslage hätte die Revision Erfolg. Der erkennende Senat müsste, die Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG 2002/2007/2009 sowie des § 52 Abs. 59a Satz 9 i.V.m. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/ 2013 unterstellt, das angefochtene Urteil aufheben und die Klage abweisen.

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II. Verfassungsrechtliche Beurteilung

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Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 gegen Völkervertragsrecht verstößt, dass für diesen Verstoß keine tragfähigen Gründe bestehen und dass der Kläger infolgedessen in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzt ist (nachfolgend unter II. 1. bis 3.). Er ist überdies davon überzeugt, dass die Vorschrift dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG widerspricht. Er ist gleichermaßen davon überzeugt, dass die in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 angeordnete rückwirkende Anordnung der neugefassten Verhältnisbestimmung in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013 verfassungswidrig ist, weil sie das Vertrauen des Klägers in die vormals gesetzte Regelungslage verletzt (nachfolgend unter II. 4.).

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1. Die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 getroffene Regelung weicht von Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 und der darin völkerrechtlich zwischen beiden Staaten vereinbarten Verteilung und Zuordnung des Besteuerungsrechts ab. Sie bricht damit diese Vereinbarung und verstößt gegen den Grundsatz des pacta sunt servanda, der gewohnheitsrechtlich zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehört und der insoweit in Art. 26 und Art. 27 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl II 1985, 927) --WÜRV--, in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985, BGBl II 1985, 926, am 20. August 1987, BGBl II 1987, 757, kodifiziert ist. Allerdings verwandelt dieser Grundsatz die einzelnen Normen völkerrechtlicher Verträge nicht ihrerseits ebenfalls in allgemeine Regeln des Völkerrechts mit Vorrang vor innerstaatlichem Recht (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 9. Juni 1971  2 BvR 225/69, BVerfGE 31, 145, "Milchpulver", unter Hinweis auf BVerfG-Urteil vom 26. März 1957  2 BvG 1/55, BVerfGE 6, 309, 363, "Reichskonkordat"). Vielmehr werden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und damit hier auch das DBA-Irland 1962 in Deutschland nicht unmittelbar, sondern nach Maßgabe von Art. 59 Abs. 2 GG nur mittelbar in der Form des Zustimmungsgesetzes vom 25. März 1964 (BGBl II 1964, 266, BStBl I 1964, 321) angewendet. Das (förmliche) Zustimmungsgesetz --sei es als sog. Transformationsakt, sei es als sog. Vollzugsbefehl ("Rechtsanwendungsbefehl", so BVerfG, z.B. Beschluss vom 14. Oktober 2004  2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, "Görgülü"; Urteile vom 3. Juli 2007  2 BvE 2/07, BVerfGE 118, 244, "ISAF-Mandat"; vom 4. Mai 2011  2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10, BVerfGE 128, 326, "Sicherungsverwahrung I und II"; vgl. umfassend und zum Diskussionsstand Rauschning in Dolzer/Vogel/Großhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 59 Rz 137 ff., 144 f., m.w.N.)-- ist ein einseitiger Akt des deutschen Gesetzgebers. Das Abkommen erhält dadurch innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, das infolge der normhierarchischen Gleichrangigkeit mit Vorbehalten versehen, aufgehoben oder geändert werden kann. Ob durch einen Vorbehalt bzw. durch die Aufhebung oder Änderung Völkerrecht verletzt würde, ist eine andere Frage, die die formale Wirksamkeit des Vorbehalts bzw. der Aufhebung oder Änderung nicht berührt. Aus § 2 (nunmehr § 2 Abs. 1) der Abgabenordnung ergibt sich nichts anderes, weil die Vorschrift nicht den Fall betrifft, dass der Gesetzgeber --wie in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 geschehen-- ausdrücklich eine vom Zustimmungsgesetz abweichende Regelung trifft; es gilt dann vielmehr der Grundsatz des lex posterior derogat legi priori. Art. 25 GG ist insoweit nicht angesprochen, weil Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören und auch nicht unter Art. 79 Abs. 1 GG fallen, weshalb die Einfügung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/ 2009 kein den Art. 25 GG im Einzelfall mit der qualifizierten Mehrheit des Art. 79 Abs. 2 GG änderndes Gesetz voraussetzt. Schließlich gilt im Bereich des Art. 59 Abs. 2 GG kein "Alles-oder-nichts-Prinzip". Der innerstaatliche Gesetzgeber ist im Prinzip frei darin, im Zustimmungsgesetz Vorbehalte gegenüber der Anwendung bestimmter Abkommensvorschriften zu verankern.

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2. Wegen dieser Ausgangslage entspricht es herkömmlicherweise bis heute der wohl überwiegenden Rechtsauffassung im Schrifttum, dass der unilaterale "Bruch" des völkervertragsrechtlich Vereinbarten --das sog. Treaty overriding-- zwar aus rechtspolitischer Sicht unerfreulich, dass darin aber kein verfassungsrelevanter Vorgang zu sehen ist (so z.B. Bron, IStR 2007, 431; Musil, Recht der internationalen Wirtschaft --RIW-- 2006, 287; derselbe, FR 2012, 149, 151; derselbe IStR 2014, 192; Stein, IStR 2006, 505; Hahn, IStR 2011, 863; Frotscher, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 2009/2010, S. 151; derselbe in Spindler/Tipke/Rödder [Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 687; derselbe, IStR 2009, 866; Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596; Brombach-Krüger, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2008, 324; Lehner/Waldhoff in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 1 Rz A 516a; Lehner, FR 2011, 1087; derselbe, IStR 2011, 733; derselbe, IStR 2014, 189; derselbe in Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band XI Internationale Bezüge, 3. Aufl., 2013, § 251 Rz 56 ff.; Bernhardt in Isensee/Kirchhof, a.a.O., Band VII Normativität und Schutz der Verfassung, Internationale Beziehungen, 1. Aufl., 1992, § 174, S. 571; Hofmann, Deutsches Verwaltungsblatt 2013, 215; Rojahn in v. Münch/ Kunig, GGK, Band I, 6. Aufl., 2012, Art. 24 Rz 5; Heger, Steuer und Wirtschaft International --SWI-- 2011, 95; Karla, Steueranwaltsmagazin --SAM-- 2011, 181; Mitschke, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2221; Wichmann, FR 2011, 1082; Thiemann, Juristenzeitung --JZ-- 2012, 908; Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, passim; derselbe, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2013, 195; Wiesemann, a.a.O., S. 345 ff.; Frau/Trinks, Die öffentliche Verwaltung 2013, 228; C. Pohl, ISR 2014, 158; Schwenke, FR 2012, 443; derselbe in Baumhoff/Schönfeld [Hrsg.], Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, Forum der Internationalen Besteuerung, Band 41, 2012, S. 23 f.; Ismer/Baur, IStR 2014, 421; Rehr, Zur Verfassungswidrigkeit des Treaty Override, derzeit noch unveröffentlichte Bachelorarbeit der Bucerius Law School, April 2014). Dem hat sich der erkennende Senat in seiner früheren Spruchpraxis angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93, BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129, dort m.w.N. zur älteren Literatur; Beschluss vom 17. Mai 1995 I B 183/94, BFHE 178, 59, BStBl II 1995, 781).

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3. Der Senat möchte an dieser Spruchpraxis --erneut und übereinstimmend mit seinen bereits an das BVerfG gerichteten Vorlagebeschlüssen vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFHE 236, 304), dort betreffend die Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003, sowie vom 11. Dezember 2013 I R 4/13 (BFHE 244, 1), dort betreffend die Regelungen in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74), bzw. i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Einkommensteuergesetzes vom 8. Oktober 2009 und in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes-- nicht festhalten. Er ist vielmehr der Überzeugung, dass die bislang vertretene Einschätzung den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Anforderungen nicht gerecht wird.

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a) Grund dafür gibt ihm die ursprünglich vor allem von Vogel angefachte (z.B. in Cagianut/Vallender [Hrsg.], Steuerrecht, Ausgewählte Probleme am Ende des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Ernst Höhn, 1995, S. 461 ff.; in JZ 1997, 161; in Blankenagel/Pernice/Schulze-Fielitz [Hrsg.], Verfassung im Diskurs der Welt, Festschrift für Peter Häberle, 2004, S. 481 ff.; in IStR 2005, 29, und in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Einl. Rz 193 ff., 205) und in den letzten Jahren wieder aufgeflammte intensive Diskussion (z.B. Rust/Reimer, IStR 2005, 843; Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 219 ff. und passim; Bron, IStR 2007, 431; Musil, RIW 2006, 287; derselbe, FR 2012, 149, 151; derselbe, IStR 2014, 192; Stein, IStR 2006, 505; Hahn, IStR 2011, 863; Kempf/Bandl, Der Betrieb --DB-- 2007, 1377; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108 ff.; Gosch, IStR 2008, 413; derselbe in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 25; Frotscher, StbJb 2009/2010, S. 151; derselbe in Spindler/Tipke/Rödder, a.a.O., S. 687; derselbe, IStR 2009, 593, sowie IStR 2009, 866; Salzmann, IWB 2014, 226; Schaumburg, IStR, 3. Aufl., Rz 3.24 ff.; Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596; Brombach-Krüger, Ubg 2008, 324; Heger, SWI 2011, 95; Karla, SAM 2011, 181; Mitschke, DStR 2011, 2221; Wichmann, FR 2011, 1082; Lehner, FR 2011, 1087; derselbe, IStR 2011, 733; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 5a; Wiesemann, a.a.O., S. 345 ff.; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, a.a.O., § 20 AStG Rz 41 ff.; Lüdicke, Überlegungen zur deutschen DBA-Politik, 2008, S. 34 ff., 87 ff. und passim; M. Lang in Lehner, Reden zum Andenken an Klaus Vogel, 2010, S. 59 ff.; Rauschning in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, a.a.O., Art. 59 Rz 137 ff., 143; Vöneky in Isensee/Kirchhof, a.a.O., Band XI, § 236 Rz 33; F. Becker, NVwZ 2005, 289; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 2 Rz 86 ff.; Hahn-Joecks in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a.a.O., Rz A 35 ff.), welche ihrerseits an die zwischenzeitliche Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG anknüpft. Diese Rechtsprechung wird markiert durch die Beschlüsse in BVerfGE 111, 307 (319) --den sog. Görgülü-Beschluss-- sowie vom 26. Oktober 2004  2 BvR 955/00, 2 BvR 1038/01 (BVerfGE 112, 1) --den sog. Alteigentümer-Beschluss-- sowie --nachfolgend darauf aufbauend-- das Urteil in BVerfGE 128, 326 in Sachen "Sicherungsverwahrung I und II".

24

Das BVerfG bestätigt in diesen Entscheidungen die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verpflichtung aller staatlichen Organe zur Beachtung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl II 2010, 1198), die kraft Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG --nicht anders als ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (hier das DBA-Irland 1962)-- in den Rang eines innerstaatlichen Bundesgesetzes überführt worden ist (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 111, 307, 316 f.; Urteil in BVerfGE 128, 326). Es äußert sich dahin, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten ist, Völkervertragsrecht zu beachten, wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen vorliegen, von denen das BVerfG die Zulässigkeit der Abweichung vom Völkervertragsrecht abhängig macht. Darauf aufbauend ergibt sich aus Sicht des BVerfG in dem sog. Alteigentümer-Beschluss die Verpflichtung aller Staatsorgane, "die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen". Aus diesen Erkenntnissen ist --aus Sicht des erkennenden Senats zu Recht-- der Umkehrschluss gezogen worden: Der Gesetzgeber wird von Verfassungs wegen (und damit basierend auf dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG) in die Pflicht genommen, Völkervertragsrecht zu beachten. Die prinzipielle Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ist vorrangig. Sie nimmt dem Gesetzgeber --in Abkehr von der bisherigen (und früher auch vom BVerfG vertretenen, s. sub B.II.1. und 2.) Sichtweise-- "die Verfügungsmacht über den Rechtsbestand" (so --mit allerdings noch anderem Ergebnis-- BVerfG-Urteil in BVerfGE 6, 309, 363) und wirkt für den Gesetzgeber unbeschadet dessen demokratisch-legitimierten Rechtssetzungsbefugnissen als unmittelbar bindendes Gebot wie als materiell-rechtliche "Sperre". Ausnahmen bedürfen einer besonderen Rechtfertigung. Die Voraussetzungen dafür sind eng; im sog. Alteigentümer-Beschluss wird dies präzisiert: Rechtfertigungsgründe sind die Beachtung der Menschenwürde, die Beachtung der Grundrechte. Das BVerfG verschiebt damit nicht die Rangfolge zwischen Zustimmungs- und speziellem Steuergesetz; es formt und bestimmt jedoch die inhaltlichen, die materiellen Maßstäbe für das, was an Spezielle(re)m zulässig ist und weist methodisch den Weg zu einer Erforderlichkeitsprüfung. Als "in diesem Sinne rechtsstaatlich kann Art. 59 Abs. 2 GG daher nur dergestalt gedeutet werden, dass der Gesetzgeber" mit der Umsetzung "über seine Gesetzgebungskompetenzen verfügt und dadurch seine ungebundene Normsetzungsautorität in dem Maße, das der völkerrechtliche Vertrag vorgibt, einbüßt" (so Rust, a.a.O., S. 108 ff.). Ein Bruch des Völkervertragsrechts ist ausnahmsweise innerstaatlich bindend, "sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist". Damit weist das BVerfG den methodischen Weg zur Anwendung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auch für ein Treaty override: Es kommt für den Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien von Rechtsstaat und Demokratie darauf an, ob dem Gesetzgeber gegenüber dem Vertragsbruch ein gleich sicheres, aber milderes Mittel zu Gebote steht (so Rust, ebenda; im Ergebnis ebenso z.B. Rust/Reimer, IStR 2005, 843; Jankowiak, a.a.O., S. 219 ff. und passim; Gosch, IStR 2008, 413; derselbe in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 25; Schaumburg, a.a.O., Rz 3.24 ff.; Kempf/Bandl, DB 2007, 1377; Wassermeyer/ Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, a.a.O., § 20 AStG Rz 41 ff.; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 2 Rz 89 f.; Rauschning in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, a.a.O., Art. 59 Rz 137 ff., 143; Zech/Reinhold, IWB 2014, 384; s.a. Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., Rz A 35 ff.).

25

b) Der Senat macht sich diese Überlegungen zu eigen. Er erkennt in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 einen Völkerrechtsverstoß, der sich nicht nur im Sinne einer möglichen völkerrechtsfreundlichen Normauslegung auswirkt, sondern der in dem prinzipiellen Vorrang des Abkommens begründet ist und der aus verfassungsrechtlicher Sicht die Nichtigkeit der "abkommensüberschreibenden" unilateralen Vorschrift nach sich zieht.

26

aa) Bei § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 handelt es sich um ein Treaty override: Völkerrechtlich haben Deutschland und Irland sich für Vergütungen, die an das Flugpersonal für die an Bord der Luftfahrzeuge erbrachten Dienstleistungen gezahlt werden, auf die Freistellungsmethode und auf das Quellenprinzip verständigt, und die Vergütungen können danach unter den im Streitfall festgestellten Gegebenheiten in jenem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, das die Luftfahrzeuge betreibt. Das ist hier für den Kläger Irland. Die beschriebene Freistellung ist in Deutschland vorbehaltlos und unbedingt vereinbart und ebenso vorbehaltlos und unbedingt kraft Zustimmung in nationales Recht überführt worden. In Einklang damit fehlt es insoweit an einer abkommenseigenen Rückfallklausel --einer sog. subject to tax-Klausel-- zugunsten des Ansässigkeitsstaats des Arbeitnehmers.

27

bb) Eine Rechtfertigung für den Völkerrechtsverstoß erkennt der vorlegende Senat nicht.

28

aaa) Ausweislich der amtlichen Gesetzesmaterialien (BTDrucks 16/2712, S. 61 f.) ging es dem Gesetzgeber bei der Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 im Kern um die Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Steuerpflichtigen. Andernfalls gelange man "zu einer dem Sinn und Zweck der Freistellungsmethode widersprechenden Nichtbesteuerung (...), wenn das DBA dem anderen Vertragsstaat das Besteuerungsrecht zuweist, dieser Staat sich jedoch an der Besteuerung der Einkünfte gehindert sieht, weil sein innerstaatliches Recht die Besteuerung" --so nach Maßgabe von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009-- "nicht erfasst". Vor diesem Hintergrund sei es nicht nur gerechtfertigt, sondern auch geboten, die Freistellung der Einkünfte auszuschließen.

29

Dieses Gesetzesziel mag vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG hinnehmbar erscheinen. Es blendet indessen aus, dass sich eine derartige Gleichheit vor dem Hintergrund der abkommensrechtlich verbindlich eingegangenen Vereinbarungen nicht rechtfertigen lässt. Aus Verfassungssicht darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ausschließlich im Inland tätige Steuerpflichtige in einem anderen Regelungszusammenhang agieren. Gleiches gilt für Steuerpflichtige, welche zwar im Ausland agieren, jedoch in einem Staat, mit dem Deutschland sich abkommensrechtlich auf die sog. Anrechnungsmethode verständigt hat. Solchen Steuerpflichtigen steht keine Steuerfreistellung zu. Richtigerweise muss deswegen auch die maßgebende Vergleichsgruppe eine andere sein: Derjenige Steuerpflichtige, der unter den Voraussetzungen der abkommensrechtlich vereinbarten Freistellungsmethode Einkünfte vereinnahmt, die aus dem jeweils anderen Vertragsstaat stammen, kann nur mit ebensolchen Personen verglichen werden. Mit Steuerpflichtigen, die ausschließlich über entsprechende Inlandsbeziehungen verfügen oder die mit ihren Auslandseinkünften unter Anrechnung einer ausländischen Steuer im Inland besteuert werden, sind Steuerpflichtige mit einschlägigen, freigestellten Auslandseinkünften so gesehen bereits im Ausgangspunkt ebenso wenig vergleichbar, wie dies beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1976  1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, 1, BStBl II 1977, 190; s. auch Beschlüsse vom 24. Februar 1989  1 BvR 519/87, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1990, 359; vom 9. Februar 2010  2 BvR 1178/07, IStR 2010, 327; s. vor diesem Hintergrund zur gleichheitsrechtlichen Unvereinbarkeit der Methode der Freistellung und der Methode der Anrechnung als beiderseitige Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auch den Antrag des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2013 A 2013/0010 an den österreichischen Verfassungsgerichtshof, abrufbar unter www.vwgh.gv.at/rechtsprechung/2010150039.pdf?458h7x). Es ist hier wie dort allein sachgerecht, die inländische (Gesamt-) Leistungsfähigkeit von der ausländischen (Teil-)Leistungsfähigkeit zu trennen und beide Leistungsfähigkeiten im jeweiligen Kontext einerseits mit dem Welteinkommensprinzip, andererseits mit dem Territorialitätsprinzip und als deren Konkretisierung und Ausformung zu erkennen (zutreffend Jankowiak, a.a.O., S. 100 ff., m.w.N.). Der Gesetzgeber mag grundsätzlich gleichwohl legitimiert sein, eine ggf. weiter gehende Gleichbehandlung anzustreben und dafür andere Vergleichsgruppen als maßgebend zu bestimmen (so zutreffend insbesondere Wiesemann, a.a.O., S. 362 ff.). Doch ist seine diesbezügliche Befugnis eingeschränkt, wenn er sich anderweitig völkerrechtlich gebunden hat. Die Gleichbehandlung lässt sich in Anbetracht dessen in verfassungskonformer Weise immer nur im Rahmen einer möglichen --völkerrechtlich-autonomen-- Abkommensauslegung erreichen. Sie kann jedoch nicht darüber hinausgehen und verbietet sich, wenn der Abkommenstext und die Abkommenssystematik eine solche Auslegung ausschließen (teilweise weiter gehend Lampert, a.a.O., passim, bezogen auf konkrete Qualifikationsdivergenzen S. 279 ff.; u.U. auch Lang in Achatz [Hrsg.], Internationales Steuerrecht, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft --DStJG--, Bd. 36 [2013], S. 7), und das ist die Situation im Streitfall.

30

bbb) Im Übrigen ist ohnehin zu bezweifeln, dass den Gesetzgeber solche Gleichheitsüberlegungen prägend geleitet haben. Denn er gibt in diesem Zusammenhang seine wahren Beweggründe für die Abkommensüberschreibung zu erkennen (BTDrucks 16/2712, S. 61): Geboten sei diese nämlich, um andernfalls drohende Steuerausfälle zu verhindern, überdies und "vor allem, weil die Freistellungsmethode durch entsprechende Gestaltungen gezielt eingesetzt wird, um 'doppelte' Nichtbesteuerungen zu erreichen". Letzteres ist für die hier zu beurteilende Situation des bei der irischen Fluggesellschaft angestellten Klägers von vornherein ausgeschlossen. Und weshalb dieser trotz der bilateral vereinbarten Freistellung und der (wohl bewussten) Entscheidung des irischen Gesetzgebers, auf das ihm zugewiesene (Quellen-)Besteuerungsrecht (partiell) zu verzichten, in Deutschland befürchtete Steuerausfälle ausgleichen sollte, lässt sich nicht belastbar begründen. Hätten den vertragsbeteiligten Staaten solche Fiskalzwecke vor Augen gestanden, hätten sie sich entweder auf eine Anrechnungsmethode verständigen oder auf den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Gänze verzichten müssen. Das erhellt augenfällig, dass es Deutschland letzten Endes darum geht, dem anderen Vertragsstaat zugewiesenes Besteuerungssubstrat in vertragswidriger Weise zu okkupieren. Und dass die Anrechnungsmethode der Freistellungsmethode als solche gleichwertig ist, taugt in diesem Zusammenhang ebenso wenig als tragfähiges Gegenargument, wie die Erkenntnis, dass Deutschland sich "mit der grundsätzlichen Vereinbarung der Freistellungsmethode seiner eigenen Steuersouveränität in Bezug auf internationale Sachverhalte (nicht) vollständig begeben" hätte (so aber Wiesemann, a.a.O., S. 444 ff.). Beide Argumente sind eo ipso richtig, beide Argumente überzeugen in der Debatte über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Treaty override im Allgemeinen und der entsprechenden Beurteilung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 im Besonderen aber nur dann, wenn man der völkerrechtlichen Verständigung die hier zugrunde gelegte Verbindlichkeit abspricht.

31

ccc) Schließlich ist nicht erkennbar, dass Deutschland gezwungen gewesen wäre, mittels der in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 getroffenen Neuregelung beschleunigt --und deswegen unilateral und ohne beschwerliche Nach- oder Neuverhandlungen mit dem anderen Vertragsstaat-- auf einen besonderen Missstand oder einen in besonderer Weise zutage tretenden Steuerausfall bei der Besteuerung von Arbeitslöhnen in grenzüberschreitenden Zusammenhängen zu reagieren. Abgesehen davon, dass --wie vorstehend unter bbb) aufgezeigt-- der hier zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation keine irgendwie geartete Gestaltungsrelevanz und Reaktionsdringlichkeit zukam, hätte dem Gesetzgeber jedenfalls für das DBA-Irland 1962 (wie in Übereinstimmung mit Art. 31 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development [OECD] auch nach den meisten anderen deutscherseits geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) aber auch zweifelsfrei ein anderweitiges, milderes Mittel der Reaktion zur Verfügung gestanden: Es war nach Art. XXVIII Satz 1 und 2 DBA-Irland 1962 bis einschließlich 30. Juni jedes Kalenderjahres zum Ende eines Kalenderjahres einseitig kündbar. Deutschland wäre also sehr wohl in der Lage gewesen, auch kurzfristig handeln zu können. Dass eine derartige Kündigung für den Steuerpflichtigen in der "Saldobetrachtung" immer auch mit steuerlichen Nachteilen verbunden sein kann, steht auf einem anderen Blatt und stellt kein taugliches Gegenargument dar (ebenso Vöneky in Isensee/Kirchhof, a.a.O., Band XI, § 236 Rz 33; anders Wiesemann, a.a.O., S. 364; Cloer/Trinks, IWB 2012, 402, 405; Ismer/Baur, IStR 2014, 421, 424; skeptisch auch Lang, DStJG, Bd. 36 [2013], S. 7, 12 f., dort auch zu den möglichen Konsequenzen einer etwaigen Verfassungsakzeptanz des Treaty overriding).

32

Deutschland hätte dann auch versuchen können, in bilateralen Verhandlungen sein Interesse an einer "kupierten" Freistellung und an einer Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung so durchzusetzen, wie das beispielsweise in der (ministeriellen) "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen" vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2014, 440), dort in Art. 22 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b, niedergelegt und wie das konkret bezogen auf Irland auch umgesetzt worden ist: Deutschland und Irland haben zwischenzeitlich das Abkommen neu verhandelt. Zwar enthält das neu vereinbarte und am 28. November 2012 in Kraft getretene (BGBl II 2013, 332, BStBl I 2013, 487) Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 30. März 2011 (BGBl II 2011, 1043, BStBl I 2013, 472) --DBA-Irland 2011-- eine entsprechende Rückfallklausel. Nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Irland 2011 hängt die Freistellung der Einkünfte, die in Irland besteuert werden können, davon ab, dass sie in Irland auch tatsächlich besteuert werden. In Einklang damit hat Irland seit dem Veranlagungszeitraum 2011 sein nationales Recht geändert; seitdem wird in Irland beschränkt steuerpflichtiges Flugpersonal, das bei irischen Fluggesellschaften angestellt ist, mit seinen dafür empfangenen Vergütungen dort tatsächlich besteuert (s. im Einzelnen Zech/Reinhold, IWB 2014, 384; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 5. Dezember 2012, BStBl I 2012, 1248).

33

Gerade an der Abkommenslage mit Irland wird exemplarisch, dass es andere Möglichkeiten als den Vertragsbruch gibt, eine unerwünschte doppelte Nichtbesteuerung trotz vereinbarter Freistellungsmethode zu vermeiden. Des einseitigen Vorgehens über ein Treaty override bedarf es dafür nicht.

34

ddd) Schließlich trifft es auch nicht zu, wie aber zuweilen kritisch bemerkt wird, dass "das Zusammenspiel von autonomer Auslegung, vermeintlicher Verfassungsfestigkeit und Verneinung völkerrechtlicher Flexibilitätsmechanismen (...) dazu führen (würde), dass die Judikative weitgehend unabänderlich zur Inhaltsbestimmung von DBA ermächtigt würde" (so aber Ismer/ Baur, IStR 2014, 421, 427). Exekutive und Legislative sind darin frei, völkerrechtlich verbindlich zu verhandeln und das Vereinbarte umzusetzen. Sie sind wie aufgezeigt, auch darin frei, das zwischenstaatlich Vereinbarte abzuwandeln und sich durch eine spätere zwischenstaatliche "Übung" für die Zukunft auf eine bestimmte Handhabung einzelner Bestimmungen zu verständigen. Die Gerichte hätten eine solche Handhabung durchaus zu berücksichtigen (vgl. Art. 31 Abs. 3 WÜRV; s. dazu z.B. Senatsurteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394, m.w.N.). Vorbehaltlich einer Rechtfertigung im Einzelfall ist der Gesetzgeber zur Überzeugung des Senats aber aus den beschriebenen Gründen nicht darin frei, das völkerrechtlich Vereinbarte einseitig zu konterkarieren. Dass es Sache der Judikative ist, Gesetze auszulegen, ist davon unabhängig (s. dazu zuletzt bezogen auf die Frage danach, ob einer Vorschrift konstitutiver oder lediglich deklaratorischer Charakter zukommt, BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, BGBl I 2014, 255).

35

c) Im Ergebnis überwiegt demnach das rechtsstaatliche Interesse an der Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen (s. ebenso Vorlagebeschlüsse des Senats in BFHE 236, 304, sowie in BFHE 244, 1, jeweils m.w.N.). § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 steht zur Überzeugung des Senats nach allem nicht mit der verfassungsmäßigen Ordnung in Einklang. Die zitierte, vom BVerfG (im Beschluss in BVerfGE 111, 307, 319) dem Gesetzgeber zugestandene Ausnahme, "Völkervertragsrecht (...) nicht (zu beachten), sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist", liegt bei der Abgrenzung der Tatbestände im Steuerrecht im Allgemeinen (s. auch z.B. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 272: "keinen zwingenden Grund des gemeinen Wohls") und bei der hier in Rede stehenden Vorschrift des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 im Besonderen nicht vor. Der Senat erkennt in Anbetracht dessen keine andere Möglichkeit, dem klägerischen Begehren abzuhelfen. Insbesondere erscheint ihm als nicht gangbar, die ihrem Wortlaut nach insoweit unmissverständliche Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 vermittels eines völkerrechtsfreundlichen und damit zugleich verfassungskonformen Normenverständnisses im Sinne dieses Begehrens auszulegen. Das gilt auch für die vom FG Hamburg (im Urteil vom 21. August 2013  1 K 87/12, EFG 2013, 1932) befürwortete methodische Überlegung, dass das später ergangene unilaterale "Treaty override" einer vorangegangenen Abkommensregelung über die Freistellung bestimmter Einkünfte im Hinblick auf den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und die lex-posterior-Regel durch Regelungen eines später erlassenen Abkommens verdrängt werde. Unabhängig davon, ob man sich dem anschließen könnte (der Senat hat das gegen das FG-Urteil angestrengte Revisionsverfahren allerdings durch Beschluss vom 31. März 2014 I R 64/13 gemäß § 74 Abs. 1 FGO ausgesetzt), scheiden solche Überlegungen für den Streitfall bezogen auf das bereits im Jahre 1963 in Kraft getretene DBA-Irland 1962 von vornherein aus.

36

d) Verstößt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 damit aber in gleichheitswidriger Weise gegen vorrangiges Völkervertragsrecht, so löst dies zugleich einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung aus, die in Art. 20 Abs. 3 GG Handlungsmaßstab und Bindung für die Gesetzgebung ist und woraus dem betroffenen Steuerpflichtigen, hier dem Kläger, wiederum aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ein subjektives Recht auf Beachtung jener Ordnung erwächst (s. bereits Senatsbeschlüsse in BFHE 236, 304, sowie in BFHE 244, 1, jeweils m.w.N.; s. auch Gosch, IStR 2008, 413; anders z.B. Wiesemann, a.a.O., S. 364 f.).

37

4. Der Senat ist schließlich der Überzeugung, dass die Neuregelung in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013 insoweit nicht dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG standhält, als sie nach § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 in allen Fällen anzuwenden ist, in denen die Einkommen- oder Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Es handelt sich bei der Regelungsanordnung bezogen auf den Streitfall (Streitjahre 2007 bis 2010) um sog. echte Rückwirkungen. Diese Rückwirkungen sind nicht zulässig; sie verletzen in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise das in einem Rechtsstaat prinzipiell geschützte Vertrauen des Bürgers in die gesetzte Rechtsordnung und widersprechen damit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG (ebenso z.B. FG Köln, Beschluss in EFG 2014, 204; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 41g; Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 50d Rz K 5, K 21; Hasbargen/Kemper/Franke, BB 2014, 407, 409; Wiesemann, a.a.O., S. 409 ff.; anders z.B. FG Berlin-Brandenburg, Zwischenurteil in IStR 2014, 529, mit zustimmender Anmerkung Weinschütz).

38

a) Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen (vgl. BVerfG-Urteil vom 5. Februar 2004  2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, 180; BVerfG-Beschluss in BGBl I 2014, 255). Dabei findet das Rückwirkungsverbot seinen Grund im Vertrauensschutz (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, 86 f.). Das grundsätzliche Verbot der echten Rückwirkung greift daher aber auch nur dann ein, wenn eine gesetzliche Regelung dazu geeignet war, Vertrauen auf ihren Fortbestand in vergangenen Zeiträumen zu erwecken (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 27. Juni 1961  1 BvL 26/58, BVerfGE 13, 39, 45 f.; vom 23. März 1971  2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR 210/66, 2 BvR 472/66, BVerfGE 30, 367, 389). Entscheidend ist, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 20. Oktober 1971  1 BvR 757/66, BVerfGE 32, 111, 123). Die Fundierung im Vertrauensschutz zeichnet zugleich die Grenze des Rückwirkungsverbotes vor (vgl. BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 32, 111, 123; BVerfG-Beschluss vom 25. Mai 1993  1 BvR 1509/91, 1 BvR 1648/91, BVerfGE 88, 384, 404; BVerfG-Urteil vom 23. November 1999  1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 266; BVerfG-Beschluss in BGBl I 2014, 255). Dieses greift ausnahmsweise dann nicht ein, wenn sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts für vergangene Zeiträume bilden konnte (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 88, 384, 404; in BVerfGE 95, 64, 86 f.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 101, 239, 263), etwa wenn die Betroffenen mit einer Änderung einer unklaren und verworrenen Rechtslage rechnen mussten, oder wenn das bisherige Recht derart systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden (vgl. BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 30, 367, 388; vgl. auch BVerfG-Beschlüsse in BGBl I 2014, 255, und vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05). Davon abzugrenzen sind aber schlicht auslegungsbedürftige Gesetze. Nicht jede Auslegungsbedürftigkeit und -problematik ist geeignet, die Entstehung schutzwürdigen Vertrauens zu verhindern oder solches Vertrauen zu zerstören. Vielmehr müssen qualifizierende Umstände hinzutreten. Solche Umstände liegen etwa dann vor, wenn auch unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Normzweck völlig unverständlich ist, welche Bedeutung die fragliche Norm haben soll (BVerfG-Beschluss in BGBl I 2014, 255).

39

b) Von Letzterem kann unter den Gegebenheiten des Streitfalls keine Rede sein. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2002/2007/2009 mag auslegungsbedürftig gewesen sein. Die Vorschrift war aber weder "völlig unverständlich" noch "systemwidrig und verworren". Soweit die Frage des Verhältnisses von § 50d Abs. 8 EStG 2002/2004 zu § 50d Abs. 9 EStG 2002/2007/2009 vormals überhaupt diskutiert wurde, entsprach das Meinungsbild einhellig dem Senatsurteil in BFHE 236, 327. Eine "Verworrenheit" lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Vorinstanz zu jenem Urteil, das FG Bremen in dessen Urteil vom 10. Februar 2011  1 K 20/10 (3) (EFG 2011, 988), entgegen dem beschließenden Senat die zugrunde liegende Klage abgewiesen hat. Denn die Rechtsfrage nach besagtem Normenverhältnis wurde vom FG Bremen ebenso wie von den Beteiligten seinerzeit mit keinem Wort erwähnt und vermutlich beiderseits --und übereinstimmend mit der Verwaltungspraxis (s. dazu BMF-Schreiben vom 12. November 2008, BStBl I 2008, 988; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 8. Juni 2011, DStR 2011, 1714, beide zum in Deutschland ansässigen Flugpersonal irischer Fluggesellschaften)-- als solche überhaupt nicht erkannt. Schon von daher will es nicht einleuchten, wenn das FG Berlin-Brandenburg in seinem zwischenzeitlich vorliegenden Zwischenurteil in IStR 2014, 529 wegen einer angeblichen Divergenz in dieser Frage zwischen dem FG Bremen und dem beschließenden Senat eine "Verworrenheit" der Rechtslage im beschriebenen Sinn annehmen will (wie hier auch Wiesemann, a.a.O., S. 409 ff., 412). Ebenso wenig war die frühere Regelungslage in einer Weise "grob unbillig", dass sie einen Vertrauensschutz ausgeschlossen hätte (so aber erneut FG Berlin-Brandenburg, Urteil in IStR 2014, 529). Es mag sein, dass sie im Einzelfall eine sog. Keinmalbesteuerung zur Folge hatte. Ursächlich dafür ist aber die Freistellungsmethode, auf die sich Deutschland und Irland abkommensrechtlich eingelassen haben. Alles was dazu zu sagen ist, ergibt sich vorstehend unter B.II.3. der Entscheidungsgründe. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die gesetzte Rechtslage ist in Anbetracht dessen nicht weniger schutzwürdig, weil eine etwaige, durch die Freistellungsmethode ausgelöste "Keinmalbesteuerung" --wie das FG Berlin-Brandenburg (ebenda) meint-- "von weiten Kreisen der Bevölkerung als grob unbillig empfunden" wird.

40

c) Nach den Gesetzesmaterialien (BRDrucks 632/1/12) hat allerdings auch der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags in seinen Empfehlungen an den Bundesrat zu der --ursprünglich im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 geplanten und dann nachfolgend im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz verwirklichten-- Vorschrift des § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 einen Vertrauensschutz ausgeschlossen: "Die Verwaltungsauffassung war im BMF-Schreiben vom 12. November 2008 (BStBl I 2008, 988) klar zum Ausdruck gekommen. Auch in Bezug auf das (...) gegenteilige BFH-Urteil konnte kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen. Es handelt sich insoweit nicht um gefestigte, langjährige Rechtsprechung." Das kann nicht überzeugen. Zwar hatte der Senat in der Tat erstmals durch sein Urteil in BFHE 236, 327 Gelegenheit, über die betreffende Frage zu entscheiden. Dennoch war dieses Urteil geeignet, die bereits zuvor bestehenden Auslegungszweifel aufzulösen. Denn auch dann, wenn die betroffene Auslegungsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ist es weiterhin Aufgabe der Fachgerichte, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung zu klären (vgl. BVerfG-Beschluss in BGBl I 2014, 255). Die im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz gefundene Neuregelung war in Anbetracht dessen nicht klarstellend, sondern konstitutiv rückwirkend. Sie war geeignet, die Regelungslage für die Vergangenheit in vertrauenszerstörender Weise zu verändern.

41

d) Schließlich ist die Übergangs- und Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 einer etwaigen verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich; die Regelung ist nach ihrem Wortlaut vielmehr eindeutig.

42

III. Entscheidung des Senats

43

In Anbetracht der hiernach vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 einerseits und § 52 Abs. 59a Satz 9 i.V.m. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013 andererseits war das Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und ist die Entscheidung des BVerfG über die im Leitsatz formulierten Fragen zur Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften einzuholen.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10), die anrechenbaren Steuern (§ 12), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11) und der Verlustvortrag werden gesondert festgestellt. Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, so ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3, und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

(2) Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, so ist das Finanzamt zuständig, das nach Satz 1 für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist. Läßt sich das zuständige Finanzamt nach den Sätzen 1 und 2 nicht feststellen, so ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befaßt wird.

(3) Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von Satz 1 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach Satz 1 maßgeblichen Fristen entsprechend. Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten. Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des Satzes 2 die Abgabe einer Erklärung nach Satz 1 verlangen. Die Verpflichtungen nach diesem Absatz können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden. Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 entsprechend.

(5) Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem Steuerpflichtigen zulässig.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10), die anrechenbaren Steuern (§ 12), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11) und der Verlustvortrag werden gesondert festgestellt. Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, so ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3, und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

(2) Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, so ist das Finanzamt zuständig, das nach Satz 1 für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist. Läßt sich das zuständige Finanzamt nach den Sätzen 1 und 2 nicht feststellen, so ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befaßt wird.

(3) Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von Satz 1 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach Satz 1 maßgeblichen Fristen entsprechend. Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten. Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des Satzes 2 die Abgabe einer Erklärung nach Satz 1 verlangen. Die Verpflichtungen nach diesem Absatz können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden. Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 entsprechend.

(5) Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem Steuerpflichtigen zulässig.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


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Tatbestand

 
Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 war Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Der Antragsteller war wie sein Mitgesellschafter Arbeitnehmer der AG.
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 1998 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.575 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 3.000 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 27.3.2001 einen bezüglich des Vorliegens der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 Außensteuergesetz - AStG - vorläufigen negativen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1999 (Wirtschaftsjahr 1998).
Am 2.10.2002 erging ein nach § 165 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1999, in dem das FA von einem Gewinn laut Schweizer Bilanz in Höhe von 1.575 CHF ausging, den es um die als Aufwand gebuchten Steuern in Höhe von 3.000 CHF erhöhte. Bei einem Umrechnungskurs von 1,2151 stellte es einen Gewinn in Höhe von 5.560 DM fest, den es dem Antragsteller entsprechend seiner Beteiligung zu 69 % zurechnete.
Dieser erhob am 30.10.2006 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Steuerlast im Kanton Y nicht weniger als 30 % des Gewinns betrage. Als Nachweis legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 27.9.2001 vor, nach der bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn aus dem Jahr 1998 in Höhe von 183.500 CHF ausgegangen worden war. Der steuerbare Gesamtgewinn wurde danach wie folgt ermittelt:
Reingewinn
1.575 CHF
nicht begründete Aufwendungen
364.938 CHF
der Erfolgsrechnung zuviel belastete Steuern
./. 183.000 CHF
Steuerbarer Gesamtgewinn
183.513 CHF
Die kantonale Steuer wurde mit 24,5 % = 44.957,50 CHF und die Bundessteuer mit 8,5  % = 15.597,50 CHF festgesetzt.
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
10 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2000 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.020 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 6.578 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
11 
Am 11.12.2003 erließ das FA einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2001, in dem es irrtümlich von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 13.833 DM ausging (richtig wären 9.545 DM gewesen), von dem 69 % = 9.545 DM dem Antragsteller zugerechnet wurde.
12 
Hiergegen legte der Antragsteller am 14.1.2004 Einspruch ein und reichte dem FA zum Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y für das Jahr 2000 vom 28.10.2003 ein. Danach war die Schweizer Steuerverwaltung bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn im Jahr 2000 in Höhe von 14.351 CHF ausgegangen. Die kantonale Steuer war mit 17,87 % = 2.555,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 1.215,50 CHF festgesetzt worden. Die festgesetzte Steuer für das Wirtschaftsjahr 2000 belief sich somit insgesamt auf 3.770,90 CHF.
13 
Am 27.4.2004 erging ein unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid 2001, in dem von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 9.545 DM ausgegangen wurde. Dem Antragsteller wurden hiervon 69 % = 6.586 DM zugerechnet.
14 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
15 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2001 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von ./. 313,73 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 64.445 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
16 
Am 27.4.2004 erließ das FA einen erstmaligen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2002, in dem es von einem - um die von der Bemessungsgrundlage abgesetzten Steuern - korrigierten Gewinn von 42.876 EUR ausging, von dem es 69 % = 29.584 EUR dem Antragsteller zurechnete. Dieser Betrag wurde um entrichtete Steuern in Höhe von 1.029 EUR gemindert, so dass dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.555 EUR zugerechnet wurden.
17 
Hiergegen legte der Antragsteller am 28.5.2004 Einspruch ein. Als Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung im Wirtschaftsjahr 2001 legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 7.11.2003 vor, nach der der Besteuerung ein Gewinn aus dem Jahr 2001 in Höhe von 11.400 CHF zugrunde gelegt worden war. Die kantonale Steuer wurde mit 16,03 % = 1.827,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 969 CHF festgesetzt. Die erhobene Steuer 2001 belief sich somit insgesamt auf 2.796,40 CHF.
18 
Am 20.12.2004 erging ein nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 2002, da das FA bei der Berechnung der Hinzurechnung versehentlich von einem Gewinn der xxx AG in 2001 in Höhe von 313,73 CHF ausgegangen war, statt von einem Verlust in Höhe von 313,73 CHF. Der Verlust wurde um die in der Bilanz berücksichtigte Steuer in Höhe von 64.445,90 CHF korrigiert, so dass ein Gewinn in Höhe von 64.132,17 CHF (= 42.462 EUR) festgestellt und dem Antragsteller in Höhe von 29.299 EUR zugerechnet wurde. Das FA minderte den zugerechneten Gewinn um die anteilig entrichteten Steuern in Höhe von 1.029 EUR, so dass im Ergebnis dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.270 EUR zugerechnet wurden.
19 
Die Einsprüche des Antragstellers gegen die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 17.3.2005 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - als unbegründet zurückgewiesen. Über die hiergegen fristgerecht erhobene Klage (Az.: 3 K 73/05) wurde noch nicht entschieden.
20 
Während des Einspruchsverfahrens war auf Antrag der Vertreterin des Antragstellers die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Feststellungsbescheide bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gewährt worden. Nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.6.2005 die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide bis zur Entscheidung über die Klage. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung des FA vom 5.7.2005 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2005 zurückgewiesen.
21 
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Schreiben vom 4.10.2005 die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:
22 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lägen nicht vor. Grundsätzlich liege die kantonale Steuer bei 24,5 % und die Bundessteuer bei 8,5 %, so dass sich die Steuerlast nicht auf weniger als 30 % des Gewinns belaufe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.7.2003 I R 82/01 sei bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 AStG nicht auf die tatsächlich erhobene Ertragssteuer, sondern - zumindest im Grundsatz - auf diejenige Steuer abzustellen, die das Recht des betreffenden ausländischen Staates für die Einkünfte der Gesellschaft vorsehe.
23 
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 auszusetzen.
24 
Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
25 
Der BFH stelle in seinem Urteil vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 lediglich klar, dass bei der Belastungsberechnung auf die nach dem maßgeblichen Recht geschuldete Steuer abzustellen sei. Aus dem Urteil ergebe sich jedoch nicht, dass die ausländischen Steuersätze den maßgeblichen Ertragssteuersatz i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG bildeten.
26 
Feststellung 1999
27 
Die von den Schweizer Behörden als Aufwand berücksichtigten Steuern seien nach deutschem Steuerrecht nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, so dass bei Ansatz der Daten des Veranlagungsprotokolls von einem Gewinn von 366.513 CHF (183.513 CHF + 183.000 CHF) auszugehen sei, der in der Schweiz mit Steuern in Höhe von 60.555 CHF (44.957,50 CHF Kantonale Steuer und 15.597,50 CHF Bundessteuer) belastet worden sei. Die Steuerbelastung belaufe sich somit insgesamt auf 17,526 %, so dass von einer Niedrigbesteuerung ausgegangen werden müsse. Die Hinzurechnung sei daher zu Recht erfolgt.
28 
Feststellungen 2001 und 2002
29 
Auch in diesen Jahren liege eine Niedrigbesteuerung vor, so dass die Hinzurechnung zu Recht erfolgt sei.
30 
Mit Senatsbeschluss vom 25.10.2006 wurde die Rechtssache auf die Einzelrichterin übertragen.
31 
Dem Finanzgericht haben bei seiner Entscheidung folgende vom FA geführte Akten vorgelegen:
für die AG geführte Akten: ein Band Bilanzakten, ein Band Vertragsakten
für den Antragsteller geführte Akten: ein Band Feststellungsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten

Entscheidungsgründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Gründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine GmbH, die ausschließlich in von fremden Dritten angepachteten Gebäuden ein Hotel betreibt. Im Streitjahr 2009 erwirtschaftete sie daraus einen handelsrechtlichen Jahresfehlbetrag in Höhe von 6.281.169 €, im Vorjahr 2008 in Höhe von 8.829.468 €. Der körperschaftsteuerliche Verlust betrug 3.400.149 € im Streitjahr und 4.167.917 € im Vorjahr 2008. Ihre Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2008 und 2009 wiesen einen Kassenbestand sowie Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von ca. 11,5 Mio. € (2008) und in Höhe von ca. 5,25 Mio. € (2009) aus.

2

Die Antragstellerin wandte im Streitjahr Schuldentgelte in Höhe von 50.939 €, Pachtzinsen für bewegliche, im fremden Eigentum stehende Wirtschaftsgüter in Höhe von 9.403.200 €, Pachtzinsen für unbewegliche, im fremden Eigentum stehende Wirtschaftsgüter in Höhe von 56.223.688 € und Lizenzgebühren in Höhe von 87.400 € auf. Diese Aufwendungen führten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 1 i.V.m. § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f des Gewerbesteuergesetzes 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) und des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950, BStBl I 2010, 2) --GewStG 2002 n.F.-- zu Hinzurechnungen zum Gewinn in Höhe von insgesamt 9.599.709 € und zu einem Gewerbesteuermessbetrag von 62.044 €. Die Antragstellerin hält das für verfassungswidrig und sieht sich darin --bezogen auf § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F.-- durch das entsprechende Normenkontrollersuchen des Finanzgerichts (FG) Hamburg an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Vorlagebeschluss vom 29. Februar 2012  1 K 138/10 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 960) bestätigt (Az. beim BVerfG: 1 BvL 8/12). Über ihren deswegen erhobenen Einspruch gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2009 ist noch nicht entschieden; er ruht im Hinblick auf ein derzeit laufendes Klageverfahren betreffend das Vorjahr 2008. Den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Gewerbesteuermessbescheids 2009 lehnten der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ebenso ab wie das anschließend angerufene FG Köln (durch Beschluss vom 4. Juli 2012  13 V 1292/12).

3

Die Antragstellerin beantragt mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde nach wie vor, die Vollziehung des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheids ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, hilfsweise, dies auf die Hinzurechnung der Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. zu beschränken.

4

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat die beantragte AdV im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Es fehlt bereits an den für die AdV-Gewährung erforderlichen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids.

6

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; Senatsbeschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).

7

2. Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids fehlen im Streitfall. Die Vorinstanz lässt anklingen, dass sie die Rechtslage ähnlich einschätzt. Sie hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit jedenfalls der Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F. dennoch bejaht, weil das FG Hamburg durch seinen Vorlagebeschluss in EFG 2012, 960 ein entsprechendes Normenkontrollersuchen (gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) an das BVerfG gerichtet hat. Das rechtfertige die Annahme ernstlicher Zweifel, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Vorlagebeschluss unzulässig oder offenkundig unbegründet sei. Letzteres --die offenkundige Unbegründetheit der Vorlage-- ist nach der gebotenen summarischen Prüfung jedoch anzunehmen. Der erkennende Senat teilt die Überzeugung des FG Hamburg, dass die erwähnten Hinzurechnungsregelungen verfassungswidrig seien, nicht. Er hält es vielmehr nach dem Stand der Diskussion und der einschlägigen Spruchpraxis des BVerfG für sicher, dass die Hinzurechnungsregelungen und damit auch der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid keine für die Gewährung der AdV hinreichend qualifizierten verfassungsrechtlichen Bedenken aufwerfen.

8

a) Das BVerfG musste sich schon wiederholt mit der Gültigkeit der Gewerbesteuer als solcher ebenso wie mit der Hinzurechnung sog. Dauerschuldentgelte nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. --der Vorgängervorschrift zu § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG 2002 n.F.-- befassen. Es hat in jenen Verfahren stets bekundet, dass weder das eine --die Gewerbesteuer als solche-- noch das andere --die Hinzurechnung der Dauerschuldentgelte-- gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen (vgl. grundlegend Entscheidung vom 13. Mai 1969  1 BvR 25/65, BVerfGE 26, 1, BStBl II 1969, 424, und nachfolgend [Nichtannahme-]Beschlüsse vom 3. Juni 1970  1 BvR 333/70, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1970, 401; vom 29. August 1974  1 BvR 67/73, HFR 1974, 498; Beschlüsse vom 25. Oktober 1977  1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125; vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, BGBl I 2006, 1857; vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006). Das FG Hamburg hat sich mit diesen Entscheidungen intensiv auseinandergesetzt und die vom BVerfG bereits verworfenen Verfassungsverstöße abermals überprüft (so auch Hamsch/Karrenbrock, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2012, 624, 625: "erneuter Anlauf"). Es ist sodann vor dem Hintergrund der (auch schon vom BVerfG gewürdigten) Entwicklung der Gewerbesteuer --aus Sicht des FG-- fort von einer sog. Objekt- und hin zu einer weiteren "normalen" Ertragsteuer und vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich neuformulierten Hinzurechnungsregelungen in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F. zu einer Neubewertung der verfassungsrechtlichen Einschätzung und zugleich zu der Überzeugung gelangt, dass die besagten Hinzurechnungsregelungen nunmehr den Anforderungen, die an die Grundsätze einer gleichheitsgerechten Besteuerung zu stellen sind, nicht mehr genügten. In Anbetracht der Entwicklung der Gewerbesteuer zu einer Ertragsteuer widerspreche eine Besteuerung nach der Soll-Leistungsfähigkeit dem Folgerichtigkeitsgebot; zugrunde zu legen sei vielmehr die nach den Maßstäben des objektiven Nettoprinzips zu ermittelnde individuelle Ist-Leistungsfähigkeit.

9

b) Der Senat schließt sich dem auf der Grundlage der verfestigten Spruchpraxis des BVerfG nicht an.

10

aa) Er folgt vielmehr dem, was das BVerfG nach Analyse insbesondere der historischen Entwicklung der Gewerbesteuer in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006 (dort Rn. 77) zum Ausdruck gebracht hat: "Die mehrfache Erwähnung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG zeigt gerade auch vor dem Hintergrund der beschriebenen Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und zur Neuregelung des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GG, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber jedenfalls keinen Anlass für grundsätzliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Gewerbesteuer gesehen hat. Die Gewerbesteuer ist folglich in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer ...verfassungsrechtlich gerechtfertigt." Das BVerfG hat also erklärtermaßen in Würdigung der strukturellen Ertragsorientierung der Gewerbesteuer erkannt. Diese --bereits historisch angelegte-- Orientierung mag sich im Laufe der Zeit und auch in den Jahren nach denjenigen, welche noch den zitierten Entscheidungen des BVerfG zugrunde lagen, verstetigt haben. Dass sich dadurch jedoch der Charakter der Gewerbesteuer als einer Steuer, die aufgrund einer gegenüber den "reinen" Ertragsteuern verobjektivierten Bemessungsgrundlage errechnet wird, hin zu einer ebenfalls "reinen" Ertragsteuer (fort-)entwickelt hätte, ist nicht erkennbar und lässt sich auch dem Vorlagebeschluss des FG Hamburg nicht entnehmen. Die Gegenüberstellung der seit jeher widerstreitenden Besteuerungsgrundsätze --Ist-Leistungsfähigkeit und objektives Nettoprinzip hier, Soll-Leistungsfähigkeit und ertragsorientiertes Objektsteuer- und Äquivalenzprinzip dort-- und die gewiss aufwendige und vertiefte Diskussion dieser Positionen durch das FG Hamburg dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Letzten Endes wendet sich das FG Hamburg nicht nur gegen die in Rede stehenden Hinzurechnungsvorschriften, sondern gegen die Gewerbesteuer als solche (s. in diesem Sinne auch deutlich Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624) und stellt das FG seine Würdigung und seine Überzeugung zur Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen über die Hinzurechnung bestimmter Abzugspositionen zum Gewinn des gewerbetreibenden Steuerpflichtigen für die Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages lediglich an die Stelle derjenigen des BVerfG. Dass diese Würdigung des BVerfG infolge einer nachfolgenden Entwicklung überholt wäre, ist indessen nicht ersichtlich. Sie erschließt sich weder aus den neuformulierten Hinzurechnungstatbeständen des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. noch durch neuere Erkenntnisse im Schrifttum.

11

bb) Das gilt auch, soweit das FG Hamburg sein Normenkontrollersuchen mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit begründet. Dieses vom BVerfG als besondere Ausprägung des Gleichheitsgedankens entwickelte Gebot konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz und besagt, dass der Gesetzgeber namentlich bei der Auswahl des Steuergegenstandes zwar einen "weitreichenden Entscheidungsspielraum" hat, dass er bei der Ausgestaltung dieses "Ausgangstatbestandes" die "einmal getroffene Belastungsentscheidung" aber "folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit" umsetzen muss. Abweichungen bedürfen eines "besonderen rechtfertigenden Grundes"; sie unterliegen also verschärften, über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Rechtfertigungsanforderungen (grundlegend BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271, BStBl II 1991, 654, seither ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteile vom 6. März 2002  2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, 125, BGBl I 2002, 1305; vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, 230 f., BGBl I 2008, 2888; Beschlüsse vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, 46 f., BGBl I 2003, 636; in BVerfGE 116, 164, 180 f., BGBl I 2006, 1857; vom 12. Mai 2009  2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, 120 f.; daran für die Regelungslage in § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.F. anknüpfend FG Münster, Urteil vom 26. Juli 2012  4 K 4172/09, juris). Es ist indessen nicht zu erkennen, dass und inwiefern die prinzipielle "Belastungsentscheidung" des Gesetzgebers des Gewerbesteuergesetzes zugunsten einer "ertragsorientierten Objektsteuer" durch die Hinzurechnungsvorschriften in ihrer nunmehrigen Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. eine veränderte Ausgangslage im vorgenannten Sinne erfahren hätte. Dass diese Ausgangslage im Einzelnen --nach tatbestandlichen Voraussetzungen und insbesondere des Hinzurechnungsumfangs-- in anderer Weise als zuvor ausgeformt worden ist, berührt die besagte Belastungsentscheidung nicht. Blieb deren bisherige Ausformung in Gestalt von § 8 Nr. 1 GewStG a.F. in verfassungs- und insbesondere gleichheitsrechtlicher Hinsicht unbeanstandet, dann kann für die nunmehrige Regelungsfassung nichts anderes gelten. Vielmehr ist hierdurch --nämlich durch die erstmals erfassten Fallgruppen der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter sowie der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten in § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.-- die Entscheidung für eine "verobjektivierte" Bemessungsgrundlage sogar verbreitert und ausgebaut worden. Die Belastungsentscheidung als solche und die diese tragende Rechtfertigung haben infolgedessen unverändert Bestand.

12

cc) Das gilt im Kern auch für die im Rahmen der Hinzurechnungsvorgaben gesetzlich festgelegten Typisierungen. Diese betrugen ursprünglich 100 v.H. und sind zwischenzeitlich im Zuge verschiedener Gesetzesänderungen für die einzelnen Hinzurechnungstatbestände fortschreitend in differenzierter Weise auf die Hälfte, ein Viertel oder ein Fünftel der hinzuzurechnenden Beträge abgesenkt und damit deutlich verringert worden. Wenn dadurch der immer wieder laut gewordenen Kritik an den substanzorientierten, ertragsunabhängigen Elementen der Gewerbebesteuerung Rechnung getragen worden ist, gibt es in Anbetracht der nach wie vor verfassungskonformen gewerbesteuerrechtlichen Grundentscheidung keine Veranlassung, die abgesenkten Hinzurechnungsbeträge als einen Eingriff in die gleichheitsgerechte Besteuerung und in den Schutz des Eigentums zu beurteilen. Die Hinzurechnung ist dadurch nicht zur "Ausnahme von der Regel" geworden und der Gesetzgeber ist angesichts der nach wie vor "durchgehaltenen" Grundentscheidung einer ertragsorientierten Objektsteuer auch nicht gehalten, die typisierten Hinzurechnungsquoten, beispielsweise nach Maßgabe eines bestimmten Refinanzierungssatzes, zu "dynamisieren", um eine Hinzurechnung nur zu einem "marktüblichen Zinsanteil" zu gewährleisten (so --für die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F.-- aber Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624, 628 f.; s. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. f Rz 5). Die gesetzgeberische Grundentscheidung der Gewerbesteuer orientiert sich vielmehr an einem "typisierten" Unternehmen als objektivierte "Sollgröße", das eigenkapitalfinanziert ist. Gemessen daran genügt es, wenn der Gesetzgeber mit gleichermaßen typisierten Ab- (oder auch Auf-)schlägen (re-)agiert, um einer (veränderten) "Wirklichkeit" Rechnung zu tragen. Eine uneingeschränkt realitätsgetreue Abbildung jener "Wirklichkeit" erfordert das allerdings nicht. Eine solche würde die gesetzgeberische Grundentscheidung --nämlich die gesetzgeberische Absicht, das Objekt- wie das Äquivalenzprinzip zu verwirklichen und dadurch trotz des damit einhergehenden Zurückdrängens substanzorientierter Merkmale ein möglichst verstetigtes kommunales Steueraufkommen zu bewirken-- im Gegenteil konterkarieren und gerade keine folgerichtige Umsetzung dieser Entscheidung repräsentieren. Und auch, dass die Hinzurechnungspositionen auf dem nach Maßgabe des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbetrieb aufbauen und sich infolgedessen im Verlustfall unterschiedliche Rechtswirkungen ergeben, je nachdem, wie hoch der Verlust ist, liegt auf der Hand und ist --entgegen der Antragstellerin-- gerade Ausdruck jener "verobjektivierten" Ertragskraft.

13

dd) Nach allem verwundert es denn nicht, dass unbeschadet einer nach wie vor kritischen verfassungsrechtlichen Diskussion in der Wissenschaft (s. z.B. Hey, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, Beih. 34, 109; Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 12 Rz 1 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl., Band I, 497 ff.; Sarrazin in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. f Rz 5) eine Verfassungswidrigkeit auch der Neuregelungen durchweg verneint worden ist (ausdrücklich z.B. FG Münster, Urteil vom 22. August 2012  10 K 4664/10 G, juris; Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. Juli 2011  10 K 78/10, EFG 2011, 2100 [speziell zu § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG 2002 n.F. für den Fall der Zwischenvermietung]; Sächsisches FG, Urteil vom 28. September 2011  8 K 239/11, juris [speziell zu § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.]; FG Köln, Urteil vom 27. Oktober 2010  9 K 1022/10, EFG 2011, 561; Holst in Bergemann/Wingler, GewStG, § 8 Rz 2; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 8 Nr. 1a Rz 3; Köster in Lenski/ Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 40; Deloitte/Voßkuhl, GewStG, § 1 Rz 7 ff.; Clemens, daselbst, § 8 Nr. 1b Rz 6; s. auch M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 1 GewStG Rz 4 ff.). Soweit die Verfassungsrechtslage in jüngeren Verlautbarungen (vgl. Petrak/Karrenbrock, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2012, 1147; dieselben, DStR 2012, 2046; Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624; Malzkorn/Rossa, Der Betrieb 2012, 1169; Grünwald/Friz, DStR 2012, 2106, Letztere ebenfalls speziell zur Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. für die --im Streitfall ohnehin nicht einschlägige und ggf. im Wege des Billigkeitserweises zu bewältigende-- Sonderkonstellation gewerblicher Zwischenvermieter) abweichend eingeschätzt worden ist, setzen diese auf dem Normenkontrollersuchen des FG Hamburg auf und bekräftigen dessen Rechtsauffassung. Neue belastbare Gesichtspunkte, welche eine Änderung der vielfach bestätigten Spruchpraxis des BVerfG zu der streitgegenständlichen Problematik erzwängen, sind daraus indessen auch in Ansatzpunkten nicht erkennbar. Das bezieht den von der Antragstellerin und deren Prozessbevollmächtigten (vgl. auch Petrak/Karrenbrock, DStRE 2012, 1147; dieselben, DStR 2012, 2046) vertretenen Verstoß gegen Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) infolge der durch § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. bewirkten Typisierungen mit ein. Dass auch dort Gleichheitsüberlegungen eine Rolle spielen, steht außer Zweifel. Doch unterliegt die insoweit vorzunehmende Prüfung keinen anderen Maßstäben als die grundgesetzliche Gleichheitsprüfung. Führt die Letztere zu keinen Beanstandungen, gilt das deshalb auch für die Erstere.

14

ee) Schließlich ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, welche speziell die vom FG Hamburg nicht angesprochene Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG 2002 n.F. betreffen und geeignet wären, diesbezüglich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung zu wecken.

15

3. Es bestätigt sich damit für den beschließenden Senat das offensichtliche Fehlen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Hinzurechnungsvorschriften. Denn nur neue, bisher unerörtert gebliebene Gesichtspunkte dazu, dass die Gewerbesteuer ihren Realsteuercharakter verloren hätte und deswegen keine nach Art. 106 Abs. 6 GG zulässige Steuer mehr darstellt, oder ein grundlegender Wandel der Rechtsauffassung hinsichtlich des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen rechtfertigen die abermalige Beschäftigung des BVerfG mit einer von diesem bereits vielfach erkannten Beurteilung der Verfassungsrechtslage (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. November 1998  1 BvL 10/98, BStBl II 1999, 509; vom 17. Dezember 1998  1 BvL 19/98, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1999, 575). Der Senat geht deswegen bei summarischer Prüfung davon aus, dass das Normenkontrollersuchen des FG Hamburg erfolglos bleiben wird.

16

4. Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene (weitere) Frage danach, ob und unter welchen Voraussetzungen trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm und damit der Rechtmäßigkeit eines darauf beruhenden Steuerbescheids --wie von der Vorinstanz im Streitfall angenommen-- von der Gewährung der AdV jenes Bescheids abgesehen werden kann (vgl. z.B. einerseits Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, andererseits BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807; vom 5. April 2011 II B 153/10, BFHE 232, 380, BStBl II 2011, 942; vom 4. Mai 2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395; vom 9. März 2012 VII B 171/11, BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418; s. auch z.B. Gosch in Beermann/Gosch, FGO, § 69 Rz 179 ff.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 113; Schallmoser, DStR 2010, 297 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 97; Specker, Deutsche Steuer-Zeitung 2010, 800, 802 f.), braucht in Anbetracht dessen nicht mehr eingegangen zu werden.

17

5. Dass der IV. Senat des BFH in seinem Beschluss vom 1. August 2012 IV R 55/11 (juris) das vom FG Hamburg an das BVerfG gerichtete Normenkontrollersuchen als ein "nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren" angesehen und (auch) deswegen das bei ihm anhängige Revisionsverfahren IV R 55/11 (gegen Sächsisches FG, Urteil vom 28. September 2011  8 K 239/11, juris), in welchem es ebenfalls um die Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsvorschriften (des § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.) geht, gemäß § 74 FGO bis zum Vorliegen einer Entscheidung des BVerfG in jener Rechtssache ausgesetzt hat, ist unbeachtlich. Die Gründe, die --infolge sog. Ermessensreduzierung auf Null-- die Verfahrensaussetzung nach § 74 FGO wegen eines anhängigen Normenkontrollersuchens erzwingen können, mögen zwar nach der einschlägigen Rechtsprechung des BFH insoweit mit den Erfordernissen übereinstimmen, die an das Vorliegen "ernstlicher Zweifel" an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids i.S. von § 69 FGO zu stellen sind, als es danach hier wie dort darauf ankommt, dass das auslösende Normenkontrollersuchen nicht "offensichtlich aussichtslos" bzw. nicht "offensichtlich unbegründet" ist. Ob das für die vorliegend zu beurteilende Rechtsfrage der Fall ist, ist vom IV. Senat des BFH ersichtlich abweichend vom beschließenden Senat eingeschätzt worden. Doch hindert diese Abweichung den Senat nicht daran, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes durchzuerkennen. Denn weder ein Aussetzungsbeschluss gemäß § 74 FGO noch der Beschluss in einem AdV-Verfahren stellen verfahrensbeendende Entscheidungen dar, in welchen die betreffende Rechtsfrage endgültig zu beantworten ist und welche allein eine Divergenzanfrage nach § 11 Abs. 3 FGO gebieten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz 26 ff.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 11 Rz 5, jeweils m.w.N.).

18

6. Da anderweitige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheides weder ersichtlich noch geltend gemacht worden sind und schließlich auch kein Anhalt dafür gegeben ist, dass im Streitfall eine AdV nach dem in § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO vorgesehenen alternativen Aussetzungsgrund einer unbilligen Härte in Betracht käme, war die Beschwerde hiernach sowohl mit ihrem Haupt- als auch mit ihrem Hilfsantrag zurückzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine Kommanditgesellschaft. An ihr sind Herr K als Kommanditist und die X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Die Antragstellerin hat mehrere Schwestergesellschaften, die gemeinsam die X-Unternehmensgruppe bilden.

2

Die Antragstellerin erhielt am 5. Mai 2011 eine Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 1 und 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG). Mit Bescheid vom 2. April 2012 widerrief der Antrags- und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) die Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG mit sofortiger Wirkung. Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens gewährte das HZA mit Bescheid vom 16. Mai 2012 Aussetzung der Vollziehung (AdV) bis eine Woche nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Beendigung des Einspruchsverfahrens. Die AdV wurde unter dem Vorbehalt des Widerrufs gewährt. Mit einem solchen Widerruf sei zu rechnen, wenn sich die Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit aufgrund neuerer Erkenntnisse entscheidend erhärten sollten, insbesondere wenn es in dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen K zu einer Anklageerhebung kommen sollte.

3

Nach Abbruch einer für die Jahre 2010 bis 2012 begonnenen Außenprüfung widerrief das HZA mit Bescheid vom 28. Juni 2013 die AdV zum 10. Juli 2013. Das Finanzgericht (FG) gewährte mit Beschluss vom 9. Juli 2013 eine vorläufige AdV bis zum 9. August 2013.

4

Mit Beschluss vom 8. August 2013 verlängerte das FG die vorläufige AdV bis zum 6. September 2013, lehnte den AdV-Antrag der Antragstellerin aber im Übrigen ab. Zwar sei der Antrag zulässig, da der Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG nicht mit einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung nach § 361 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) gleichgesetzt werden könne. Das HZA habe die Erlaubnis aber zu Recht nach § 4 Abs. 4 StromStG widerrufen, da die Antragstellerin ihren Jahresabschluss 2011 nicht rechtzeitig aufgestellt habe. Außerdem bestünden Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin, da sie wiederholt und massiv Anzeigepflichten verletzt habe. Insbesondere habe sie nicht über die Lieferung von Strom an Kunden ohne Erlaubnisschein sowie über die Änderung der gelieferten Strommengen informiert. Dies könne auch nicht durch die Annahme einer steuerfreien Stromlieferung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG gerechtfertigt werden. Der Stromsteueranspruch sei konkret gefährdet, zumal die Antragstellerin hohe Steuerbeträge schulde und den Strom nicht kostendeckend veräußere. Dass die X-Unternehmensgruppe insgesamt Gewinne erziele, sei nicht ausreichend. Vielmehr verstärke der Umstand, dass Aufwendungen und Erträge in unterschiedlichen Gesellschaften anfielen, die Gefährdungsprognose. Schließlich führe der Widerruf auch nicht zu einer unbilligen Härte. Eine Existenzbedrohung sei von der Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt worden.

5

Die Antragstellerin macht mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde geltend, sie habe die zeitliche Verzögerung beim Jahresabschluss 2011 nicht zu vertreten. Ursache sei die Einlagerung der Geschäftsunterlagen beim HZA im Anschluss an eine Durchsuchung und Beschlagnahme im Januar 2012.

6

Darüber hinaus habe sie, die Antragstellerin, in den Jahren 2011 und 2012 keine Verluste erwirtschaftet. Insofern werde auf den Jahresabschluss 2011 Bezug genommen, der einen Jahresüberschuss in Höhe von TEUR 42 ausweise. Auch für das Jahr 2012 werde sich ein Jahresüberschuss ergeben. Die betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die das HZA im Rahmen der Außenprüfung erhalten habe, hätten noch nicht die vertraglichen Ausgleichsansprüche im Unternehmensverbund berücksichtigt.

7

Des Weiteren habe sie keine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt. Für das Jahr 2011 sei in diesem Zusammenhang nochmals zu berücksichtigen, dass aufgrund der Beschlagnahme der Buchhaltungsunterlagen umfangreiche Recherchen notwendig gewesen seien. Im April 2012 habe wegen der Änderung des Geschäftsmodells noch keine neue Größenordnung der Stromlieferungen geschätzt werden können. Einer weiteren Aufforderung vom 27. August 2012 sei sie durch Vorlage umfangreicher Unterlagen am 1. Oktober 2012 nachgekommen. Zu diesen Unterlagen hätten die Anmeldung für April 2012, Aufstellungen über die Bilanzkreise bis einschließlich August 2012 sowie eine Prognose zum 3. September 2012 gehört. Daraus habe sich bereits für August 2012 eine Monatsmenge in Höhe von ca. … MWh ergeben. Warum das HZA bei der Anpassung der Vorauszahlungen nur die Meldung für April 2012 berücksichtigt habe, sei nicht nachvollziehbar. Die im Januar 2013 angeforderte Mengenermittlung für das Jahr 2012 sei unter anderem wegen notwendiger Systemanpassungen kurzfristig nicht verfügbar gewesen. Die weiteren Anforderungen des HZA im Jahr 2013 habe sie fristgemäß beantwortet. Die leichten Zahlungsverzögerungen im Jahr 2013 seien durch die kurzfristigen Erhöhungen der Vorauszahlungen und durch die hohe Nachzahlung für das Jahr 2012 begründet.

8

Die AdV ergebe sich darüber hinaus aus einer entsprechenden Anwendung des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO. Ohne eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 und 2 StromStG könne sie hinsichtlich der Abgabe der Steueranmeldungen und der Fälligkeit der Steuer nicht mehr die Vereinfachungen des Regelverfahrens in Anspruch nehmen. Stattdessen sei sie verpflichtet, ihre Steueranmeldungen unverzüglich abzugeben und die Steuer sofort zu entrichten. Dies sei bei einem "Masseverfahren" praktisch unmöglich und führe letztlich zu einer Einstellung des Gewerbebetriebs. Auch aus rechtstechnischer Sicht sei der Widerruf nach § 4 Abs. 4 StromStG mit einer Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung vergleichbar.

9

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, unter entsprechender Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Bescheids vom 2. April 2012 auszusetzen.

10

Das HZA beantragt sinngemäß, die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat eine AdV des Bescheids vom 2. April 2012 zutreffend abgelehnt.

12

1. Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege der AdV (§ 69 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zulässig ist. Insbesondere sind die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO erfüllt, da das HZA die zunächst gewährte AdV mit Bescheid vom 28. Juni 2013 widerrufen hat (vgl. Beschluss vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, m.w.N.). Entgegen der Auffassung des FG wäre der Antrag selbst dann zulässig, wenn der Einspruch gegen den Bescheid vom 2. April 2012 aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO zu einer Hemmung der Vollziehung führte, da das HZA die vollziehungshemmende Wirkung des Einspruchs bestreitet (vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 1997 VII B 188/97, BFHE 184, 248, BStBl II 1998, 227, zu § 284 Abs. 5 AO a.F.).

13

2. Allerdings hat der Einspruch der Antragstellerin keine vollziehungshemmende Wirkung nach § 361 Abs. 4 Satz 1 AO. Insoweit folgt der Senat der Begründung des FG im Beschluss vom 8. August 2013 (§ 113 Abs. 2 Satz 3 FGO). Das FG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Folgen eines Widerrufs der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG mit denen einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung vergleichbar sind. Letztlich wird die Tätigkeit als Versorger nur insoweit erschwert, als für die Steueranmeldung und die Fälligkeit nicht das Regelverfahren, sondern das Verfahren nach § 8 Abs. 9 StromStG anzuwenden ist. Dies mag bei der Antragstellerin zu erheblichen Mehraufwendungen führen, aber nicht --auch nicht mittelbar-- zu einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung i.S. des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO.

14

3. Nach § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen bzw. aufheben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben Umständen, die für seine Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei müssen die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe nicht überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 6. August 2007 VII B 110/06, BFH/NV 2007, 2361).

15

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG zu Recht sowohl ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 2. April 2012 über den Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG als auch die AdV wegen unbilliger Härte verneint. Der Senat folgt auch insoweit der Begründung des FG im Beschluss vom 8. August 2013 (§ 113 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die Einwendungen der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift führen zu keinem anderen Ergebnis.

16

a) Hinsichtlich der Aufstellung des Jahresabschlusses 2011 verweist die Antragstellerin weiterhin pauschal auf die durch die Beschlagnahme der Unterlagen verursachten Verzögerungen und trägt nur vor, dies habe die schnelle Erstellung des Jahresabschlusses nicht gefördert. Damit fehlt jedenfalls eine nachvollziehbare Konkretisierung, weshalb die Beschlagnahme zu einer Verzögerung von mehr als einem Jahr führen konnte. Allein dies rechtfertigt bereits einen Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG.

17

Darüber hinaus sind bei summarischer Prüfung auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Einhaltung ihrer steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht geeignet, die Bedenken an ihrer steuerlichen Zuverlässigkeit vollständig auszuräumen. Dies gilt auch für den Hinweis auf die am 1. Oktober 2012 eingereichten Unterlagen, zumal der Bevollmächtigte der Antragstellerin in dem Anschreiben selbst auf die Unvollständigkeit der vorgelegten Unterlagen verweist. Zwar ist aus diesen Unterlagen eine Steigerung des Wareneinkaufs bis zum August 2012 erkennbar. Es fehlen aber nachvollziehbare Angaben zum Umfang der steuerpflichtigen Stromlieferungen. Des Weiteren fehlen ausreichend substantiierte Angaben, weshalb die am 10. Januar 2013 angeforderte Mengenermittlung für das Jahr 2012 nicht fristgemäß zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Antragstellerin macht insoweit lediglich einen "nötigen Bearbeitungsvorlauf" sowie zu kurze Fristen geltend. Weshalb mehrfache Erinnerungen durch das HZA und Fristverlängerungen bis zum 22. März 2013 erforderlich waren, erschließt sich daraus nicht.

18

Letztlich hat die Antragstellerin auch auf der Grundlage ihrer eigenen Ausführungen das HZA zumindest bis März 2013 nicht von selbst über wesentliche, steuerlich relevante Änderungen informiert, sondern allenfalls auf Anfragen des HZA reagiert und dessen Anpassungen der Vorauszahlungen akzeptiert. Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls widerlegt dies nicht die Bedenken des HZA gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin. Insbesondere waren Umfang und Darstellung der übermittelten Informationen unzureichend. Außerdem wichen die Anpassungen der Vorauszahlungen --für die Antragstellerin erkennbar-- wesentlich von den Entwicklungen bei den tatsächlichen Umsätzen ab. Nach § 4 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 StromStG rechtfertigen bereits "Bedenken" gegen die steuerliche Zuverlässigkeit den Widerruf der Erlaubnis. Die angebliche Finanzstärke der Antragstellerin ist kein ausreichendes Indiz für deren steuerliche Zuverlässigkeit.

19

b) In der Vollziehung des Widerrufs liegt auch keine die AdV rechtfertigende unbillige Härte. Die betrieblichen Schwierigkeiten, denen die Antragstellerin durch den Widerruf der Versorgererlaubnis ausgesetzt ist, sind die notwendige gesetzliche Folge, falls --wie im Streitfall-- die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 StromStG nicht mehr erfüllt sind.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob hinsichtlich gesondert und einheitlich festgestellter Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert oder nach § 129 AO berichtigt werden kann.

2

Die Antragsteller wurden im Streitjahr 2007 beim Antragsgegner (Finanzamt --FA--) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer am 27. Februar 2009 eingereichten Einkommensteuererklärung erklärten die Antragsteller auf der Rückseite der Anlage SO in den Zeilen 58 und 59 ("Anteile an Einkünften --einschließlich des steuerfreien Teils der Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt--") unter der Kennziffer (Kz.) 55.134 einen Betrag von 2.095.500 €. In der Zeile 60, Kz. 55.136 ("In Zeile 59 enthaltene Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt") war kein Eintrag enthalten. Die "Beteiligungen an privaten Veräußerungsgeschäften 2007" waren in einer gesonderten Anlage zur Einkommensteuererklärung wie folgt erläutert:

3
               

X-/Y-Straße

111/1111/1111

558.707 €

Z-Straße

222/2222/2222

1.536.793 €

Summe 

        

2.095.500 €

4

In Bezug auf die übrigen Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften waren die Angaben in den Zeilen 41 bis 50 der Anlage SO in einer insgesamt drei Seiten umfassenden "Ergänzungsliste zur Anlage SO" näher erläutert. Dabei wurden detaillierte Angaben zu den einzelnen Beträgen, die "dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen" und die "nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen" gemacht.

5

Mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. September 2009 wurde vom FA die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt. Die Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden mit 1.047.934 € angesetzt. Ursache für diesen --unstreitig fehlerhaften-- Ansatz war der Umstand, dass der in Kz. 55.134 eingetragene Betrag von 2.095.500 € durch den Bearbeiter irrtümlich auch unter der Kz. 55.136 ("In Zeile 59 enthaltene Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt") erfasst wurde. Die Einkommensteuerveranlagung der Antragsteller war dabei nicht nur vom zuständigen Sachbearbeiter, sondern auch von der Qualitätssicherungsstelle des FA überprüft worden. Am 28. Dezember 2009 und am 9. September 2010 wurde der Einkommensteuerbescheid aus nicht streitigen Gründen geändert. Die Berücksichtigung der streitigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit dem Halbeinkünfteverfahren blieb bestehen.

6

Das FA A hatte unter der Steuer-Nr. 222/2222/2222 betreffend die "Grundbesitzgesellschaft Z-Straße" mit Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2009 die auf den Antragsteller entfallenen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.536.793,50 € mitgeteilt. Das FA B stellte unter der Steuer-Nr. 111/1111/1111 betreffend die "X-/Y-Straße Grundstücksgemeinschaft" die Einkünfte mit Feststellungsbescheid vom 12. April 2010 fest. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden für den Antragsteller mit 558.707 € festgestellt. Hinweise oder Feststellungen zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens enthielten beide Feststellungsbescheide nicht.

7

Am 16. März 2011 erließ das FA einen geänderten und auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem es die Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften mit 2.095.684 € ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ansetzte. Der von den Antragstellern gegen den Änderungsbescheid eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die von den Antragstellern erhobene Klage als unbegründet ab. Das FA habe zu Recht auf der Grundlage von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO am 16. März 2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens angesetzt. Denn in den jeweiligen Feststellungsbescheiden sei mit Bindungswirkung für die Einkommensteuerbescheide konkludent negativ festgestellt worden, dass diese Einkünfte nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen. Es spreche einiges dafür, das Halbeinkünfteverfahren auf der Grundlage der "Nettomethode" bereits auf der Ebene der Gesellschaft/Gemeinschaft zu berücksichtigen. Soweit nach der "Bruttomethode" Anteile i.S. des § 3 Nr. 40 EStG lediglich "nachrichtlich" vom Feststellungsfinanzamt dem Festsetzungsfinanzamt gemeldet werden und bei Letzterem die Entscheidung über die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens getroffen werde, sei dem nicht zu folgen. Vielmehr sei die "modifizierte Bruttomethode" vorzuziehen, wonach dem Halbeinkünfteverfahren unterfallende Anteile vom Feststellungsfinanzamt als andere Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung für das Festsetzungsfinanzamt festgestellt werden. Daher folge hier bereits aus den Feststellungsbescheiden, dass hinsichtlich der streitigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ausgeschlossen gewesen sei. Darüber hinaus habe aber auch die Befugnis des FA bestanden, den Fehler, der bei Erlass des erstmaligen Einkommensteuerbescheids unterlaufen sei, wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 Satz 1 AO zu berichtigen. Die zusätzliche Erfassung des nur in der Kz. 55.134 eingetragenen Betrags von 2.095.500 € auch unter der Kz. 55.136 habe nicht auf einem die Berichtigung ausschließenden Tatsachen- oder Rechtsirrtum, sondern auf einem rein mechanischen Versehen beruht. Spuren einer Willensbildung des Bearbeiters seien hierzu nicht ersichtlich. Vielmehr verdeutliche gerade der zeitliche Ablauf der Veranlagung, dass bei der Dateneingabe ein rein mechanisches Versehen vorgelegen habe.

9

Mit ihrer dagegen unter dem Aktenzeichen IX B 118/14 erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde und ihrem dazu gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) bringen die Antragsteller vor: Die Frage, ob die Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung mit Bindungswirkung erfolge oder erst auf der Ebene des Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durchzuführen sei, sei von grundsätzlicher Bedeutung. Im Schrifttum werde dazu die Auffassung vertreten, die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens erfolge erst auf der Ebene des Veranlagungsfinanzamts. Zudem sei auch die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob ein mechanisches Versehen i.S. des § 129 AO auch dann noch vorliegen könne, wenn die Veranlagung von der Qualitätssicherungsstelle des FA geprüft und dieser der Fehler nicht aufgefallen sei. Gehe es um die Frage der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens, liege ein Fehler in der Rechtsanwendung vor, der eine Änderung nach § 129 AO ausschließe. Schließlich liege auch ein Verfahrensfehler vor. Denn ihnen sei die Akteneinsicht in die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "Einkommensteuerhandakten" verwehrt worden. Dabei sei von ihnen schriftsätzlich ausdrücklich Akteneinsicht beantragt worden. Auch habe das FG von einer Zeugenvernehmung des Sachgebietsleiters der Qualitätssicherungsstelle, die sich in der mündlichen Verhandlung aufgedrängt habe, Abstand genommen. Soweit sich das FG nunmehr auf den Ablauf der Veranlagung stütze, stelle die angegriffene Entscheidung sich als Überraschungsentscheidung dar.

10

Am 27. Oktober 2011 und am 24. August 2012 sind aus jeweils nicht streitigen Gründen Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2007 erlassen worden. Ein am 17. Oktober 2014 von den Antragstellern beim FA gestellter Antrag auf AdV ist abgelehnt worden.

11

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2007 vom 16. März 2011 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27. Oktober 2011 und vom 24. August 2012 ab Fälligkeit in Höhe von 437.675 € auszusetzen.

12

Das FA beantragt,
den Antrag auf AdV abzulehnen.

13

Nach Auffassung des FA könne die AdV bereits deswegen nicht gewährt werden, weil die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig sei. Denn der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung sei nicht hinreichend dargelegt worden. Auch habe die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache keine Erfolgsaussichten, so dass auch aus diesem Grund eine AdV ausscheide. Gehe es um die Frage der Einkünftezuordnung bei den einzelnen Gesellschaftern aufgrund von außerhalb der Gesellschaft verwirklichten Besteuerungsmerkmalen, sei dafür das Festsetzungsfinanzamt zuständig. Gehe es darum, die dem Halbeinkünfteverfahren unterfallenden Beträge als sonstige Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen, sei das Feststellungsfinanzamt zuständig. Die Frage, wann eine offenbare Unrichtigkeit vorliege, sei höchstrichterlich geklärt. Ob dies auch gelte, wenn der Fall zusätzlich von der Qualitätssicherungsstelle punktuell geprüft werde, sei eine Frage des Einzelfalls.

14

Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Senat unter dem Aktenzeichen IX B 118/14 die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren hat das Aktenzeichen IX R 4/15 erhalten.

Entscheidungsgründe

15

II. Der Antrag auf AdV ist zulässig und begründet.

16

1. Der Antrag ist zulässig. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Ein diesbezüglicher Antrag ist nach § 69 Abs. 4 FGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf AdV ganz oder teilweise abgelehnt hat. Da die Antragsteller eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben haben, ist der Bundesfinanzhof (BFH) das Gericht der Hauptsache i.S. von § 69 Abs. 3 FGO. Auch sind die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO für die unmittelbare Anrufung des BFH erfüllt. Das FA hat einen Antrag auf AdV abgelehnt.

17

2. Der Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO.

18

a) Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2009 IX B 171/09, BFH/NV 2010, 409, m.w.N.). Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids können schon dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 97, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Aufgrund der mit Beschluss vom heutigen Tage erfolgten Zulassung der Revision sind daher ernstliche Zweifel im Sinne der Vorschrift gegeben.

19

b) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das FG die streitige Änderung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und hilfsweise auf § 129 AO stützen konnte. Die Frage, ob die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften auch bei fehlenden Angaben dazu konkludent Inhalt des Feststellungsbescheids ist und auch in Bezug auf die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zu einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO führen kann oder ob über die volle oder hälftige Besteuerung erst im Folgebescheid zu entscheiden ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Entscheidung des BFH vom 18. Juli 2012 X R 28/10 (BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444) betraf den Fall, dass im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bindende Angaben zu den dem Halbeinkünfteverfahren unterfallenden Einkünften vorhanden waren.

20

Zwar spricht der Wortlaut des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis j EStG in der im Streitjahr 2007 geltenden Fassung nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung dafür, dass die hälftige Steuerbefreiung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits im Rahmen der Einkünfteermittlung und damit auf Ebene des Feststellungsbescheids zu berücksichtigen ist (vgl. Engel, Der Betrieb 2003, 1811, 1815; Nacke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 40 EStG Rz 48). Werden die Einnahmen "brutto" festgestellt, muss für eine Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens im Folgebescheid für einen verständigen Empfänger dann aus dem Grundlagenbescheid aber zweifelsfrei erkennbar sein, dass zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ein weiterer Rechenschritt nötig ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 56; Griemla, Finanz-Rundschau --FR-- 2005, 719, 723; Isler, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 137 f.; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 180 Rz 15). Fehlende (ergänzende) Angaben zum Halbeinkünfteverfahren im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung führen dann zwingend zum Ansatz der Einkünfte im Folgebescheid in voller Höhe. In diesem Fall wären aufgrund der Anpassungsverpflichtung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vom FA zu Recht die Einkünfte in voller Höhe im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfasst worden.

21

Im Schrifttum und auch seitens der Finanzverwaltung wird jedoch auch die Auffassung vertreten, über die Anwendung der hälftigen Steuerbefreiung werde bindend erst im Festsetzungsverfahren hinsichtlich des Folgebescheids entschieden (vgl. Blümich/Erhard, § 3 Nr. 40 EStG Rz 5; Scholten/Griemla/Kinalzik, FR 2010, 259, 264; Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten des Saarlandes, Verfügung vom 28. Juni 2005 B/2-3-108/2005-S 2120, juris; offen Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 180 AO Rz 229a). In diesem Fall stellt sich bei summarischer Prüfung die fehlerhafte Erfassung der Einkünfte unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens als materiell-rechtlicher Fehler auf der Ebene des Folgebescheids dar, der nicht von der Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfasst ist (vgl. für den Fall einer fehlerhaften Anwendung der Tarifbegrenzung des § 32c EStG BFH-Urteil vom 22. August 2007 X R 39/02, BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4). In diesem Fall ist bei summarischer Prüfung auch zweifelhaft, ob die --unstreitig fehlerhafte-- Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens die Annahme einer Änderungsmöglichkeit wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO ermöglicht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Veranlagung der Antragsteller als "I-Fall" sowohl vom Sachbearbeiter der Veranlagungsstelle als auch vom Sachbearbeiter der Qualitätssicherungsstelle sowie vom zuständigen Sachgebietsleiter in vollem Umfang zu prüfen war.

22

3. Unentschieden kann daher bleiben, ob auch die von den Antragstellern aufgeworfenen Verfahrensfehler zu einer Zulassung der Revision und damit zur Annahme von ernstlichen Zweifeln geführt hätten.

23

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Beherrscht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gemäß § 3 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital steuerpflichtig. Mittelbare Beteiligungen sind für die Steuerpflicht nach Satz 1 unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach diesem Gesetz oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 unterliegen. Ist für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend oder hat die Gesellschaft kein Nennkapital, so ist für die Steuerpflicht der Einkünfte nach Satz 1 der Maßstab für die Gewinnverteilung zugrunde zu legen. Die Sätze 1 bis 3 sind auch auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden, soweit die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird.

(2) Eine Beherrschung im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach Absatz 1 erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht.

(3) Für Zwecke der §§ 7 bis 12 ist eine Person dem Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 nahestehend. Eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 erfüllt.

(4) Unbeschadet des Absatzes 3 gelten Personen als dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des Investmentsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Beherrscht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gemäß § 3 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital steuerpflichtig. Mittelbare Beteiligungen sind für die Steuerpflicht nach Satz 1 unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach diesem Gesetz oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 unterliegen. Ist für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend oder hat die Gesellschaft kein Nennkapital, so ist für die Steuerpflicht der Einkünfte nach Satz 1 der Maßstab für die Gewinnverteilung zugrunde zu legen. Die Sätze 1 bis 3 sind auch auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden, soweit die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird.

(2) Eine Beherrschung im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach Absatz 1 erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht.

(3) Für Zwecke der §§ 7 bis 12 ist eine Person dem Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 nahestehend. Eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 erfüllt.

(4) Unbeschadet des Absatzes 3 gelten Personen als dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des Investmentsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tatbestand

 
Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 war Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Der Antragsteller war wie sein Mitgesellschafter Arbeitnehmer der AG.
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 1998 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.575 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 3.000 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 27.3.2001 einen bezüglich des Vorliegens der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 Außensteuergesetz - AStG - vorläufigen negativen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1999 (Wirtschaftsjahr 1998).
Am 2.10.2002 erging ein nach § 165 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1999, in dem das FA von einem Gewinn laut Schweizer Bilanz in Höhe von 1.575 CHF ausging, den es um die als Aufwand gebuchten Steuern in Höhe von 3.000 CHF erhöhte. Bei einem Umrechnungskurs von 1,2151 stellte es einen Gewinn in Höhe von 5.560 DM fest, den es dem Antragsteller entsprechend seiner Beteiligung zu 69 % zurechnete.
Dieser erhob am 30.10.2006 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Steuerlast im Kanton Y nicht weniger als 30 % des Gewinns betrage. Als Nachweis legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 27.9.2001 vor, nach der bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn aus dem Jahr 1998 in Höhe von 183.500 CHF ausgegangen worden war. Der steuerbare Gesamtgewinn wurde danach wie folgt ermittelt:
Reingewinn
1.575 CHF
nicht begründete Aufwendungen
364.938 CHF
der Erfolgsrechnung zuviel belastete Steuern
./. 183.000 CHF
Steuerbarer Gesamtgewinn
183.513 CHF
Die kantonale Steuer wurde mit 24,5 % = 44.957,50 CHF und die Bundessteuer mit 8,5  % = 15.597,50 CHF festgesetzt.
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
10 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2000 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.020 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 6.578 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
11 
Am 11.12.2003 erließ das FA einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2001, in dem es irrtümlich von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 13.833 DM ausging (richtig wären 9.545 DM gewesen), von dem 69 % = 9.545 DM dem Antragsteller zugerechnet wurde.
12 
Hiergegen legte der Antragsteller am 14.1.2004 Einspruch ein und reichte dem FA zum Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y für das Jahr 2000 vom 28.10.2003 ein. Danach war die Schweizer Steuerverwaltung bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn im Jahr 2000 in Höhe von 14.351 CHF ausgegangen. Die kantonale Steuer war mit 17,87 % = 2.555,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 1.215,50 CHF festgesetzt worden. Die festgesetzte Steuer für das Wirtschaftsjahr 2000 belief sich somit insgesamt auf 3.770,90 CHF.
13 
Am 27.4.2004 erging ein unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid 2001, in dem von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 9.545 DM ausgegangen wurde. Dem Antragsteller wurden hiervon 69 % = 6.586 DM zugerechnet.
14 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
15 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2001 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von ./. 313,73 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 64.445 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
16 
Am 27.4.2004 erließ das FA einen erstmaligen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2002, in dem es von einem - um die von der Bemessungsgrundlage abgesetzten Steuern - korrigierten Gewinn von 42.876 EUR ausging, von dem es 69 % = 29.584 EUR dem Antragsteller zurechnete. Dieser Betrag wurde um entrichtete Steuern in Höhe von 1.029 EUR gemindert, so dass dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.555 EUR zugerechnet wurden.
17 
Hiergegen legte der Antragsteller am 28.5.2004 Einspruch ein. Als Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung im Wirtschaftsjahr 2001 legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 7.11.2003 vor, nach der der Besteuerung ein Gewinn aus dem Jahr 2001 in Höhe von 11.400 CHF zugrunde gelegt worden war. Die kantonale Steuer wurde mit 16,03 % = 1.827,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 969 CHF festgesetzt. Die erhobene Steuer 2001 belief sich somit insgesamt auf 2.796,40 CHF.
18 
Am 20.12.2004 erging ein nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 2002, da das FA bei der Berechnung der Hinzurechnung versehentlich von einem Gewinn der xxx AG in 2001 in Höhe von 313,73 CHF ausgegangen war, statt von einem Verlust in Höhe von 313,73 CHF. Der Verlust wurde um die in der Bilanz berücksichtigte Steuer in Höhe von 64.445,90 CHF korrigiert, so dass ein Gewinn in Höhe von 64.132,17 CHF (= 42.462 EUR) festgestellt und dem Antragsteller in Höhe von 29.299 EUR zugerechnet wurde. Das FA minderte den zugerechneten Gewinn um die anteilig entrichteten Steuern in Höhe von 1.029 EUR, so dass im Ergebnis dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.270 EUR zugerechnet wurden.
19 
Die Einsprüche des Antragstellers gegen die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 17.3.2005 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - als unbegründet zurückgewiesen. Über die hiergegen fristgerecht erhobene Klage (Az.: 3 K 73/05) wurde noch nicht entschieden.
20 
Während des Einspruchsverfahrens war auf Antrag der Vertreterin des Antragstellers die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Feststellungsbescheide bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gewährt worden. Nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.6.2005 die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide bis zur Entscheidung über die Klage. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung des FA vom 5.7.2005 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2005 zurückgewiesen.
21 
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Schreiben vom 4.10.2005 die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:
22 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lägen nicht vor. Grundsätzlich liege die kantonale Steuer bei 24,5 % und die Bundessteuer bei 8,5 %, so dass sich die Steuerlast nicht auf weniger als 30 % des Gewinns belaufe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.7.2003 I R 82/01 sei bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 AStG nicht auf die tatsächlich erhobene Ertragssteuer, sondern - zumindest im Grundsatz - auf diejenige Steuer abzustellen, die das Recht des betreffenden ausländischen Staates für die Einkünfte der Gesellschaft vorsehe.
23 
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 auszusetzen.
24 
Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
25 
Der BFH stelle in seinem Urteil vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 lediglich klar, dass bei der Belastungsberechnung auf die nach dem maßgeblichen Recht geschuldete Steuer abzustellen sei. Aus dem Urteil ergebe sich jedoch nicht, dass die ausländischen Steuersätze den maßgeblichen Ertragssteuersatz i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG bildeten.
26 
Feststellung 1999
27 
Die von den Schweizer Behörden als Aufwand berücksichtigten Steuern seien nach deutschem Steuerrecht nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, so dass bei Ansatz der Daten des Veranlagungsprotokolls von einem Gewinn von 366.513 CHF (183.513 CHF + 183.000 CHF) auszugehen sei, der in der Schweiz mit Steuern in Höhe von 60.555 CHF (44.957,50 CHF Kantonale Steuer und 15.597,50 CHF Bundessteuer) belastet worden sei. Die Steuerbelastung belaufe sich somit insgesamt auf 17,526 %, so dass von einer Niedrigbesteuerung ausgegangen werden müsse. Die Hinzurechnung sei daher zu Recht erfolgt.
28 
Feststellungen 2001 und 2002
29 
Auch in diesen Jahren liege eine Niedrigbesteuerung vor, so dass die Hinzurechnung zu Recht erfolgt sei.
30 
Mit Senatsbeschluss vom 25.10.2006 wurde die Rechtssache auf die Einzelrichterin übertragen.
31 
Dem Finanzgericht haben bei seiner Entscheidung folgende vom FA geführte Akten vorgelegen:
für die AG geführte Akten: ein Band Bilanzakten, ein Band Vertragsakten
für den Antragsteller geführte Akten: ein Band Feststellungsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten

Entscheidungsgründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Gründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tatbestand

 
Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 war Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Der Antragsteller war wie sein Mitgesellschafter Arbeitnehmer der AG.
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 1998 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.575 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 3.000 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 27.3.2001 einen bezüglich des Vorliegens der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 Außensteuergesetz - AStG - vorläufigen negativen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1999 (Wirtschaftsjahr 1998).
Am 2.10.2002 erging ein nach § 165 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1999, in dem das FA von einem Gewinn laut Schweizer Bilanz in Höhe von 1.575 CHF ausging, den es um die als Aufwand gebuchten Steuern in Höhe von 3.000 CHF erhöhte. Bei einem Umrechnungskurs von 1,2151 stellte es einen Gewinn in Höhe von 5.560 DM fest, den es dem Antragsteller entsprechend seiner Beteiligung zu 69 % zurechnete.
Dieser erhob am 30.10.2006 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Steuerlast im Kanton Y nicht weniger als 30 % des Gewinns betrage. Als Nachweis legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 27.9.2001 vor, nach der bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn aus dem Jahr 1998 in Höhe von 183.500 CHF ausgegangen worden war. Der steuerbare Gesamtgewinn wurde danach wie folgt ermittelt:
Reingewinn
1.575 CHF
nicht begründete Aufwendungen
364.938 CHF
der Erfolgsrechnung zuviel belastete Steuern
./. 183.000 CHF
Steuerbarer Gesamtgewinn
183.513 CHF
Die kantonale Steuer wurde mit 24,5 % = 44.957,50 CHF und die Bundessteuer mit 8,5  % = 15.597,50 CHF festgesetzt.
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
10 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2000 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.020 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 6.578 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
11 
Am 11.12.2003 erließ das FA einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2001, in dem es irrtümlich von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 13.833 DM ausging (richtig wären 9.545 DM gewesen), von dem 69 % = 9.545 DM dem Antragsteller zugerechnet wurde.
12 
Hiergegen legte der Antragsteller am 14.1.2004 Einspruch ein und reichte dem FA zum Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y für das Jahr 2000 vom 28.10.2003 ein. Danach war die Schweizer Steuerverwaltung bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn im Jahr 2000 in Höhe von 14.351 CHF ausgegangen. Die kantonale Steuer war mit 17,87 % = 2.555,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 1.215,50 CHF festgesetzt worden. Die festgesetzte Steuer für das Wirtschaftsjahr 2000 belief sich somit insgesamt auf 3.770,90 CHF.
13 
Am 27.4.2004 erging ein unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid 2001, in dem von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 9.545 DM ausgegangen wurde. Dem Antragsteller wurden hiervon 69 % = 6.586 DM zugerechnet.
14 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
15 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2001 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von ./. 313,73 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 64.445 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
16 
Am 27.4.2004 erließ das FA einen erstmaligen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2002, in dem es von einem - um die von der Bemessungsgrundlage abgesetzten Steuern - korrigierten Gewinn von 42.876 EUR ausging, von dem es 69 % = 29.584 EUR dem Antragsteller zurechnete. Dieser Betrag wurde um entrichtete Steuern in Höhe von 1.029 EUR gemindert, so dass dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.555 EUR zugerechnet wurden.
17 
Hiergegen legte der Antragsteller am 28.5.2004 Einspruch ein. Als Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung im Wirtschaftsjahr 2001 legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 7.11.2003 vor, nach der der Besteuerung ein Gewinn aus dem Jahr 2001 in Höhe von 11.400 CHF zugrunde gelegt worden war. Die kantonale Steuer wurde mit 16,03 % = 1.827,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 969 CHF festgesetzt. Die erhobene Steuer 2001 belief sich somit insgesamt auf 2.796,40 CHF.
18 
Am 20.12.2004 erging ein nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 2002, da das FA bei der Berechnung der Hinzurechnung versehentlich von einem Gewinn der xxx AG in 2001 in Höhe von 313,73 CHF ausgegangen war, statt von einem Verlust in Höhe von 313,73 CHF. Der Verlust wurde um die in der Bilanz berücksichtigte Steuer in Höhe von 64.445,90 CHF korrigiert, so dass ein Gewinn in Höhe von 64.132,17 CHF (= 42.462 EUR) festgestellt und dem Antragsteller in Höhe von 29.299 EUR zugerechnet wurde. Das FA minderte den zugerechneten Gewinn um die anteilig entrichteten Steuern in Höhe von 1.029 EUR, so dass im Ergebnis dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.270 EUR zugerechnet wurden.
19 
Die Einsprüche des Antragstellers gegen die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 17.3.2005 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - als unbegründet zurückgewiesen. Über die hiergegen fristgerecht erhobene Klage (Az.: 3 K 73/05) wurde noch nicht entschieden.
20 
Während des Einspruchsverfahrens war auf Antrag der Vertreterin des Antragstellers die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Feststellungsbescheide bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gewährt worden. Nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.6.2005 die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide bis zur Entscheidung über die Klage. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung des FA vom 5.7.2005 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2005 zurückgewiesen.
21 
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Schreiben vom 4.10.2005 die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:
22 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lägen nicht vor. Grundsätzlich liege die kantonale Steuer bei 24,5 % und die Bundessteuer bei 8,5 %, so dass sich die Steuerlast nicht auf weniger als 30 % des Gewinns belaufe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.7.2003 I R 82/01 sei bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 AStG nicht auf die tatsächlich erhobene Ertragssteuer, sondern - zumindest im Grundsatz - auf diejenige Steuer abzustellen, die das Recht des betreffenden ausländischen Staates für die Einkünfte der Gesellschaft vorsehe.
23 
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 auszusetzen.
24 
Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
25 
Der BFH stelle in seinem Urteil vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 lediglich klar, dass bei der Belastungsberechnung auf die nach dem maßgeblichen Recht geschuldete Steuer abzustellen sei. Aus dem Urteil ergebe sich jedoch nicht, dass die ausländischen Steuersätze den maßgeblichen Ertragssteuersatz i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG bildeten.
26 
Feststellung 1999
27 
Die von den Schweizer Behörden als Aufwand berücksichtigten Steuern seien nach deutschem Steuerrecht nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, so dass bei Ansatz der Daten des Veranlagungsprotokolls von einem Gewinn von 366.513 CHF (183.513 CHF + 183.000 CHF) auszugehen sei, der in der Schweiz mit Steuern in Höhe von 60.555 CHF (44.957,50 CHF Kantonale Steuer und 15.597,50 CHF Bundessteuer) belastet worden sei. Die Steuerbelastung belaufe sich somit insgesamt auf 17,526 %, so dass von einer Niedrigbesteuerung ausgegangen werden müsse. Die Hinzurechnung sei daher zu Recht erfolgt.
28 
Feststellungen 2001 und 2002
29 
Auch in diesen Jahren liege eine Niedrigbesteuerung vor, so dass die Hinzurechnung zu Recht erfolgt sei.
30 
Mit Senatsbeschluss vom 25.10.2006 wurde die Rechtssache auf die Einzelrichterin übertragen.
31 
Dem Finanzgericht haben bei seiner Entscheidung folgende vom FA geführte Akten vorgelegen:
für die AG geführte Akten: ein Band Bilanzakten, ein Band Vertragsakten
für den Antragsteller geführte Akten: ein Band Feststellungsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten

Entscheidungsgründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Gründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

(1) Die Vorschriften der §§ 7 bis 18 und des Absatzes 2 werden durch die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht berührt.

(2) Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen und wären die Einkünfte ungeachtet des § 8 Absatz 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden; ein negativer Betrag ist nicht zu berücksichtigen, § 10 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. Satz 1 gilt nicht, soweit in der ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären.

(3) (weggefallen)

(1) Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10), die anrechenbaren Steuern (§ 12), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11) und der Verlustvortrag werden gesondert festgestellt. Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, so ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3, und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

(2) Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, so ist das Finanzamt zuständig, das nach Satz 1 für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist. Läßt sich das zuständige Finanzamt nach den Sätzen 1 und 2 nicht feststellen, so ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befaßt wird.

(3) Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von Satz 1 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach Satz 1 maßgeblichen Fristen entsprechend. Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten. Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des Satzes 2 die Abgabe einer Erklärung nach Satz 1 verlangen. Die Verpflichtungen nach diesem Absatz können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden. Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 entsprechend.

(5) Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem Steuerpflichtigen zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine GmbH, die ausschließlich in von fremden Dritten angepachteten Gebäuden ein Hotel betreibt. Im Streitjahr 2009 erwirtschaftete sie daraus einen handelsrechtlichen Jahresfehlbetrag in Höhe von 6.281.169 €, im Vorjahr 2008 in Höhe von 8.829.468 €. Der körperschaftsteuerliche Verlust betrug 3.400.149 € im Streitjahr und 4.167.917 € im Vorjahr 2008. Ihre Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2008 und 2009 wiesen einen Kassenbestand sowie Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von ca. 11,5 Mio. € (2008) und in Höhe von ca. 5,25 Mio. € (2009) aus.

2

Die Antragstellerin wandte im Streitjahr Schuldentgelte in Höhe von 50.939 €, Pachtzinsen für bewegliche, im fremden Eigentum stehende Wirtschaftsgüter in Höhe von 9.403.200 €, Pachtzinsen für unbewegliche, im fremden Eigentum stehende Wirtschaftsgüter in Höhe von 56.223.688 € und Lizenzgebühren in Höhe von 87.400 € auf. Diese Aufwendungen führten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 1 i.V.m. § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f des Gewerbesteuergesetzes 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) und des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950, BStBl I 2010, 2) --GewStG 2002 n.F.-- zu Hinzurechnungen zum Gewinn in Höhe von insgesamt 9.599.709 € und zu einem Gewerbesteuermessbetrag von 62.044 €. Die Antragstellerin hält das für verfassungswidrig und sieht sich darin --bezogen auf § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F.-- durch das entsprechende Normenkontrollersuchen des Finanzgerichts (FG) Hamburg an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Vorlagebeschluss vom 29. Februar 2012  1 K 138/10 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 960) bestätigt (Az. beim BVerfG: 1 BvL 8/12). Über ihren deswegen erhobenen Einspruch gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2009 ist noch nicht entschieden; er ruht im Hinblick auf ein derzeit laufendes Klageverfahren betreffend das Vorjahr 2008. Den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Gewerbesteuermessbescheids 2009 lehnten der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ebenso ab wie das anschließend angerufene FG Köln (durch Beschluss vom 4. Juli 2012  13 V 1292/12).

3

Die Antragstellerin beantragt mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde nach wie vor, die Vollziehung des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheids ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, hilfsweise, dies auf die Hinzurechnung der Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. zu beschränken.

4

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat die beantragte AdV im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Es fehlt bereits an den für die AdV-Gewährung erforderlichen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids.

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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; Senatsbeschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).

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2. Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids fehlen im Streitfall. Die Vorinstanz lässt anklingen, dass sie die Rechtslage ähnlich einschätzt. Sie hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit jedenfalls der Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F. dennoch bejaht, weil das FG Hamburg durch seinen Vorlagebeschluss in EFG 2012, 960 ein entsprechendes Normenkontrollersuchen (gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) an das BVerfG gerichtet hat. Das rechtfertige die Annahme ernstlicher Zweifel, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Vorlagebeschluss unzulässig oder offenkundig unbegründet sei. Letzteres --die offenkundige Unbegründetheit der Vorlage-- ist nach der gebotenen summarischen Prüfung jedoch anzunehmen. Der erkennende Senat teilt die Überzeugung des FG Hamburg, dass die erwähnten Hinzurechnungsregelungen verfassungswidrig seien, nicht. Er hält es vielmehr nach dem Stand der Diskussion und der einschlägigen Spruchpraxis des BVerfG für sicher, dass die Hinzurechnungsregelungen und damit auch der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid keine für die Gewährung der AdV hinreichend qualifizierten verfassungsrechtlichen Bedenken aufwerfen.

8

a) Das BVerfG musste sich schon wiederholt mit der Gültigkeit der Gewerbesteuer als solcher ebenso wie mit der Hinzurechnung sog. Dauerschuldentgelte nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. --der Vorgängervorschrift zu § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG 2002 n.F.-- befassen. Es hat in jenen Verfahren stets bekundet, dass weder das eine --die Gewerbesteuer als solche-- noch das andere --die Hinzurechnung der Dauerschuldentgelte-- gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen (vgl. grundlegend Entscheidung vom 13. Mai 1969  1 BvR 25/65, BVerfGE 26, 1, BStBl II 1969, 424, und nachfolgend [Nichtannahme-]Beschlüsse vom 3. Juni 1970  1 BvR 333/70, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1970, 401; vom 29. August 1974  1 BvR 67/73, HFR 1974, 498; Beschlüsse vom 25. Oktober 1977  1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125; vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, BGBl I 2006, 1857; vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006). Das FG Hamburg hat sich mit diesen Entscheidungen intensiv auseinandergesetzt und die vom BVerfG bereits verworfenen Verfassungsverstöße abermals überprüft (so auch Hamsch/Karrenbrock, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2012, 624, 625: "erneuter Anlauf"). Es ist sodann vor dem Hintergrund der (auch schon vom BVerfG gewürdigten) Entwicklung der Gewerbesteuer --aus Sicht des FG-- fort von einer sog. Objekt- und hin zu einer weiteren "normalen" Ertragsteuer und vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich neuformulierten Hinzurechnungsregelungen in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2002 n.F. zu einer Neubewertung der verfassungsrechtlichen Einschätzung und zugleich zu der Überzeugung gelangt, dass die besagten Hinzurechnungsregelungen nunmehr den Anforderungen, die an die Grundsätze einer gleichheitsgerechten Besteuerung zu stellen sind, nicht mehr genügten. In Anbetracht der Entwicklung der Gewerbesteuer zu einer Ertragsteuer widerspreche eine Besteuerung nach der Soll-Leistungsfähigkeit dem Folgerichtigkeitsgebot; zugrunde zu legen sei vielmehr die nach den Maßstäben des objektiven Nettoprinzips zu ermittelnde individuelle Ist-Leistungsfähigkeit.

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b) Der Senat schließt sich dem auf der Grundlage der verfestigten Spruchpraxis des BVerfG nicht an.

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aa) Er folgt vielmehr dem, was das BVerfG nach Analyse insbesondere der historischen Entwicklung der Gewerbesteuer in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006 (dort Rn. 77) zum Ausdruck gebracht hat: "Die mehrfache Erwähnung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG zeigt gerade auch vor dem Hintergrund der beschriebenen Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und zur Neuregelung des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GG, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber jedenfalls keinen Anlass für grundsätzliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Gewerbesteuer gesehen hat. Die Gewerbesteuer ist folglich in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer ...verfassungsrechtlich gerechtfertigt." Das BVerfG hat also erklärtermaßen in Würdigung der strukturellen Ertragsorientierung der Gewerbesteuer erkannt. Diese --bereits historisch angelegte-- Orientierung mag sich im Laufe der Zeit und auch in den Jahren nach denjenigen, welche noch den zitierten Entscheidungen des BVerfG zugrunde lagen, verstetigt haben. Dass sich dadurch jedoch der Charakter der Gewerbesteuer als einer Steuer, die aufgrund einer gegenüber den "reinen" Ertragsteuern verobjektivierten Bemessungsgrundlage errechnet wird, hin zu einer ebenfalls "reinen" Ertragsteuer (fort-)entwickelt hätte, ist nicht erkennbar und lässt sich auch dem Vorlagebeschluss des FG Hamburg nicht entnehmen. Die Gegenüberstellung der seit jeher widerstreitenden Besteuerungsgrundsätze --Ist-Leistungsfähigkeit und objektives Nettoprinzip hier, Soll-Leistungsfähigkeit und ertragsorientiertes Objektsteuer- und Äquivalenzprinzip dort-- und die gewiss aufwendige und vertiefte Diskussion dieser Positionen durch das FG Hamburg dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Letzten Endes wendet sich das FG Hamburg nicht nur gegen die in Rede stehenden Hinzurechnungsvorschriften, sondern gegen die Gewerbesteuer als solche (s. in diesem Sinne auch deutlich Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624) und stellt das FG seine Würdigung und seine Überzeugung zur Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen über die Hinzurechnung bestimmter Abzugspositionen zum Gewinn des gewerbetreibenden Steuerpflichtigen für die Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages lediglich an die Stelle derjenigen des BVerfG. Dass diese Würdigung des BVerfG infolge einer nachfolgenden Entwicklung überholt wäre, ist indessen nicht ersichtlich. Sie erschließt sich weder aus den neuformulierten Hinzurechnungstatbeständen des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. noch durch neuere Erkenntnisse im Schrifttum.

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bb) Das gilt auch, soweit das FG Hamburg sein Normenkontrollersuchen mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit begründet. Dieses vom BVerfG als besondere Ausprägung des Gleichheitsgedankens entwickelte Gebot konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz und besagt, dass der Gesetzgeber namentlich bei der Auswahl des Steuergegenstandes zwar einen "weitreichenden Entscheidungsspielraum" hat, dass er bei der Ausgestaltung dieses "Ausgangstatbestandes" die "einmal getroffene Belastungsentscheidung" aber "folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit" umsetzen muss. Abweichungen bedürfen eines "besonderen rechtfertigenden Grundes"; sie unterliegen also verschärften, über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Rechtfertigungsanforderungen (grundlegend BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271, BStBl II 1991, 654, seither ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteile vom 6. März 2002  2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, 125, BGBl I 2002, 1305; vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, 230 f., BGBl I 2008, 2888; Beschlüsse vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, 46 f., BGBl I 2003, 636; in BVerfGE 116, 164, 180 f., BGBl I 2006, 1857; vom 12. Mai 2009  2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, 120 f.; daran für die Regelungslage in § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.F. anknüpfend FG Münster, Urteil vom 26. Juli 2012  4 K 4172/09, juris). Es ist indessen nicht zu erkennen, dass und inwiefern die prinzipielle "Belastungsentscheidung" des Gesetzgebers des Gewerbesteuergesetzes zugunsten einer "ertragsorientierten Objektsteuer" durch die Hinzurechnungsvorschriften in ihrer nunmehrigen Fassung des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. eine veränderte Ausgangslage im vorgenannten Sinne erfahren hätte. Dass diese Ausgangslage im Einzelnen --nach tatbestandlichen Voraussetzungen und insbesondere des Hinzurechnungsumfangs-- in anderer Weise als zuvor ausgeformt worden ist, berührt die besagte Belastungsentscheidung nicht. Blieb deren bisherige Ausformung in Gestalt von § 8 Nr. 1 GewStG a.F. in verfassungs- und insbesondere gleichheitsrechtlicher Hinsicht unbeanstandet, dann kann für die nunmehrige Regelungsfassung nichts anderes gelten. Vielmehr ist hierdurch --nämlich durch die erstmals erfassten Fallgruppen der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter sowie der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten in § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.-- die Entscheidung für eine "verobjektivierte" Bemessungsgrundlage sogar verbreitert und ausgebaut worden. Die Belastungsentscheidung als solche und die diese tragende Rechtfertigung haben infolgedessen unverändert Bestand.

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cc) Das gilt im Kern auch für die im Rahmen der Hinzurechnungsvorgaben gesetzlich festgelegten Typisierungen. Diese betrugen ursprünglich 100 v.H. und sind zwischenzeitlich im Zuge verschiedener Gesetzesänderungen für die einzelnen Hinzurechnungstatbestände fortschreitend in differenzierter Weise auf die Hälfte, ein Viertel oder ein Fünftel der hinzuzurechnenden Beträge abgesenkt und damit deutlich verringert worden. Wenn dadurch der immer wieder laut gewordenen Kritik an den substanzorientierten, ertragsunabhängigen Elementen der Gewerbebesteuerung Rechnung getragen worden ist, gibt es in Anbetracht der nach wie vor verfassungskonformen gewerbesteuerrechtlichen Grundentscheidung keine Veranlassung, die abgesenkten Hinzurechnungsbeträge als einen Eingriff in die gleichheitsgerechte Besteuerung und in den Schutz des Eigentums zu beurteilen. Die Hinzurechnung ist dadurch nicht zur "Ausnahme von der Regel" geworden und der Gesetzgeber ist angesichts der nach wie vor "durchgehaltenen" Grundentscheidung einer ertragsorientierten Objektsteuer auch nicht gehalten, die typisierten Hinzurechnungsquoten, beispielsweise nach Maßgabe eines bestimmten Refinanzierungssatzes, zu "dynamisieren", um eine Hinzurechnung nur zu einem "marktüblichen Zinsanteil" zu gewährleisten (so --für die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F.-- aber Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624, 628 f.; s. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. f Rz 5). Die gesetzgeberische Grundentscheidung der Gewerbesteuer orientiert sich vielmehr an einem "typisierten" Unternehmen als objektivierte "Sollgröße", das eigenkapitalfinanziert ist. Gemessen daran genügt es, wenn der Gesetzgeber mit gleichermaßen typisierten Ab- (oder auch Auf-)schlägen (re-)agiert, um einer (veränderten) "Wirklichkeit" Rechnung zu tragen. Eine uneingeschränkt realitätsgetreue Abbildung jener "Wirklichkeit" erfordert das allerdings nicht. Eine solche würde die gesetzgeberische Grundentscheidung --nämlich die gesetzgeberische Absicht, das Objekt- wie das Äquivalenzprinzip zu verwirklichen und dadurch trotz des damit einhergehenden Zurückdrängens substanzorientierter Merkmale ein möglichst verstetigtes kommunales Steueraufkommen zu bewirken-- im Gegenteil konterkarieren und gerade keine folgerichtige Umsetzung dieser Entscheidung repräsentieren. Und auch, dass die Hinzurechnungspositionen auf dem nach Maßgabe des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbetrieb aufbauen und sich infolgedessen im Verlustfall unterschiedliche Rechtswirkungen ergeben, je nachdem, wie hoch der Verlust ist, liegt auf der Hand und ist --entgegen der Antragstellerin-- gerade Ausdruck jener "verobjektivierten" Ertragskraft.

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dd) Nach allem verwundert es denn nicht, dass unbeschadet einer nach wie vor kritischen verfassungsrechtlichen Diskussion in der Wissenschaft (s. z.B. Hey, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, Beih. 34, 109; Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 12 Rz 1 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl., Band I, 497 ff.; Sarrazin in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5, § 8 Nr. 1 Buchst. f Rz 5) eine Verfassungswidrigkeit auch der Neuregelungen durchweg verneint worden ist (ausdrücklich z.B. FG Münster, Urteil vom 22. August 2012  10 K 4664/10 G, juris; Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. Juli 2011  10 K 78/10, EFG 2011, 2100 [speziell zu § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG 2002 n.F. für den Fall der Zwischenvermietung]; Sächsisches FG, Urteil vom 28. September 2011  8 K 239/11, juris [speziell zu § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.]; FG Köln, Urteil vom 27. Oktober 2010  9 K 1022/10, EFG 2011, 561; Holst in Bergemann/Wingler, GewStG, § 8 Rz 2; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 8 Nr. 1a Rz 3; Köster in Lenski/ Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 40; Deloitte/Voßkuhl, GewStG, § 1 Rz 7 ff.; Clemens, daselbst, § 8 Nr. 1b Rz 6; s. auch M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 1 GewStG Rz 4 ff.). Soweit die Verfassungsrechtslage in jüngeren Verlautbarungen (vgl. Petrak/Karrenbrock, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2012, 1147; dieselben, DStR 2012, 2046; Hamsch/Karrenbrock, Ubg 2012, 624; Malzkorn/Rossa, Der Betrieb 2012, 1169; Grünwald/Friz, DStR 2012, 2106, Letztere ebenfalls speziell zur Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. für die --im Streitfall ohnehin nicht einschlägige und ggf. im Wege des Billigkeitserweises zu bewältigende-- Sonderkonstellation gewerblicher Zwischenvermieter) abweichend eingeschätzt worden ist, setzen diese auf dem Normenkontrollersuchen des FG Hamburg auf und bekräftigen dessen Rechtsauffassung. Neue belastbare Gesichtspunkte, welche eine Änderung der vielfach bestätigten Spruchpraxis des BVerfG zu der streitgegenständlichen Problematik erzwängen, sind daraus indessen auch in Ansatzpunkten nicht erkennbar. Das bezieht den von der Antragstellerin und deren Prozessbevollmächtigten (vgl. auch Petrak/Karrenbrock, DStRE 2012, 1147; dieselben, DStR 2012, 2046) vertretenen Verstoß gegen Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) infolge der durch § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. bewirkten Typisierungen mit ein. Dass auch dort Gleichheitsüberlegungen eine Rolle spielen, steht außer Zweifel. Doch unterliegt die insoweit vorzunehmende Prüfung keinen anderen Maßstäben als die grundgesetzliche Gleichheitsprüfung. Führt die Letztere zu keinen Beanstandungen, gilt das deshalb auch für die Erstere.

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ee) Schließlich ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, welche speziell die vom FG Hamburg nicht angesprochene Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG 2002 n.F. betreffen und geeignet wären, diesbezüglich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung zu wecken.

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3. Es bestätigt sich damit für den beschließenden Senat das offensichtliche Fehlen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Hinzurechnungsvorschriften. Denn nur neue, bisher unerörtert gebliebene Gesichtspunkte dazu, dass die Gewerbesteuer ihren Realsteuercharakter verloren hätte und deswegen keine nach Art. 106 Abs. 6 GG zulässige Steuer mehr darstellt, oder ein grundlegender Wandel der Rechtsauffassung hinsichtlich des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen rechtfertigen die abermalige Beschäftigung des BVerfG mit einer von diesem bereits vielfach erkannten Beurteilung der Verfassungsrechtslage (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. November 1998  1 BvL 10/98, BStBl II 1999, 509; vom 17. Dezember 1998  1 BvL 19/98, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1999, 575). Der Senat geht deswegen bei summarischer Prüfung davon aus, dass das Normenkontrollersuchen des FG Hamburg erfolglos bleiben wird.

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4. Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene (weitere) Frage danach, ob und unter welchen Voraussetzungen trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm und damit der Rechtmäßigkeit eines darauf beruhenden Steuerbescheids --wie von der Vorinstanz im Streitfall angenommen-- von der Gewährung der AdV jenes Bescheids abgesehen werden kann (vgl. z.B. einerseits Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, andererseits BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807; vom 5. April 2011 II B 153/10, BFHE 232, 380, BStBl II 2011, 942; vom 4. Mai 2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395; vom 9. März 2012 VII B 171/11, BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418; s. auch z.B. Gosch in Beermann/Gosch, FGO, § 69 Rz 179 ff.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 113; Schallmoser, DStR 2010, 297 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 97; Specker, Deutsche Steuer-Zeitung 2010, 800, 802 f.), braucht in Anbetracht dessen nicht mehr eingegangen zu werden.

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5. Dass der IV. Senat des BFH in seinem Beschluss vom 1. August 2012 IV R 55/11 (juris) das vom FG Hamburg an das BVerfG gerichtete Normenkontrollersuchen als ein "nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren" angesehen und (auch) deswegen das bei ihm anhängige Revisionsverfahren IV R 55/11 (gegen Sächsisches FG, Urteil vom 28. September 2011  8 K 239/11, juris), in welchem es ebenfalls um die Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsvorschriften (des § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG 2002 n.F.) geht, gemäß § 74 FGO bis zum Vorliegen einer Entscheidung des BVerfG in jener Rechtssache ausgesetzt hat, ist unbeachtlich. Die Gründe, die --infolge sog. Ermessensreduzierung auf Null-- die Verfahrensaussetzung nach § 74 FGO wegen eines anhängigen Normenkontrollersuchens erzwingen können, mögen zwar nach der einschlägigen Rechtsprechung des BFH insoweit mit den Erfordernissen übereinstimmen, die an das Vorliegen "ernstlicher Zweifel" an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids i.S. von § 69 FGO zu stellen sind, als es danach hier wie dort darauf ankommt, dass das auslösende Normenkontrollersuchen nicht "offensichtlich aussichtslos" bzw. nicht "offensichtlich unbegründet" ist. Ob das für die vorliegend zu beurteilende Rechtsfrage der Fall ist, ist vom IV. Senat des BFH ersichtlich abweichend vom beschließenden Senat eingeschätzt worden. Doch hindert diese Abweichung den Senat nicht daran, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes durchzuerkennen. Denn weder ein Aussetzungsbeschluss gemäß § 74 FGO noch der Beschluss in einem AdV-Verfahren stellen verfahrensbeendende Entscheidungen dar, in welchen die betreffende Rechtsfrage endgültig zu beantworten ist und welche allein eine Divergenzanfrage nach § 11 Abs. 3 FGO gebieten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz 26 ff.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 11 Rz 5, jeweils m.w.N.).

18

6. Da anderweitige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheides weder ersichtlich noch geltend gemacht worden sind und schließlich auch kein Anhalt dafür gegeben ist, dass im Streitfall eine AdV nach dem in § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO vorgesehenen alternativen Aussetzungsgrund einer unbilligen Härte in Betracht käme, war die Beschwerde hiernach sowohl mit ihrem Haupt- als auch mit ihrem Hilfsantrag zurückzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine Kommanditgesellschaft. An ihr sind Herr K als Kommanditist und die X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Die Antragstellerin hat mehrere Schwestergesellschaften, die gemeinsam die X-Unternehmensgruppe bilden.

2

Die Antragstellerin erhielt am 5. Mai 2011 eine Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 1 und 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG). Mit Bescheid vom 2. April 2012 widerrief der Antrags- und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) die Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG mit sofortiger Wirkung. Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens gewährte das HZA mit Bescheid vom 16. Mai 2012 Aussetzung der Vollziehung (AdV) bis eine Woche nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Beendigung des Einspruchsverfahrens. Die AdV wurde unter dem Vorbehalt des Widerrufs gewährt. Mit einem solchen Widerruf sei zu rechnen, wenn sich die Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit aufgrund neuerer Erkenntnisse entscheidend erhärten sollten, insbesondere wenn es in dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen K zu einer Anklageerhebung kommen sollte.

3

Nach Abbruch einer für die Jahre 2010 bis 2012 begonnenen Außenprüfung widerrief das HZA mit Bescheid vom 28. Juni 2013 die AdV zum 10. Juli 2013. Das Finanzgericht (FG) gewährte mit Beschluss vom 9. Juli 2013 eine vorläufige AdV bis zum 9. August 2013.

4

Mit Beschluss vom 8. August 2013 verlängerte das FG die vorläufige AdV bis zum 6. September 2013, lehnte den AdV-Antrag der Antragstellerin aber im Übrigen ab. Zwar sei der Antrag zulässig, da der Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG nicht mit einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung nach § 361 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) gleichgesetzt werden könne. Das HZA habe die Erlaubnis aber zu Recht nach § 4 Abs. 4 StromStG widerrufen, da die Antragstellerin ihren Jahresabschluss 2011 nicht rechtzeitig aufgestellt habe. Außerdem bestünden Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin, da sie wiederholt und massiv Anzeigepflichten verletzt habe. Insbesondere habe sie nicht über die Lieferung von Strom an Kunden ohne Erlaubnisschein sowie über die Änderung der gelieferten Strommengen informiert. Dies könne auch nicht durch die Annahme einer steuerfreien Stromlieferung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG gerechtfertigt werden. Der Stromsteueranspruch sei konkret gefährdet, zumal die Antragstellerin hohe Steuerbeträge schulde und den Strom nicht kostendeckend veräußere. Dass die X-Unternehmensgruppe insgesamt Gewinne erziele, sei nicht ausreichend. Vielmehr verstärke der Umstand, dass Aufwendungen und Erträge in unterschiedlichen Gesellschaften anfielen, die Gefährdungsprognose. Schließlich führe der Widerruf auch nicht zu einer unbilligen Härte. Eine Existenzbedrohung sei von der Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt worden.

5

Die Antragstellerin macht mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde geltend, sie habe die zeitliche Verzögerung beim Jahresabschluss 2011 nicht zu vertreten. Ursache sei die Einlagerung der Geschäftsunterlagen beim HZA im Anschluss an eine Durchsuchung und Beschlagnahme im Januar 2012.

6

Darüber hinaus habe sie, die Antragstellerin, in den Jahren 2011 und 2012 keine Verluste erwirtschaftet. Insofern werde auf den Jahresabschluss 2011 Bezug genommen, der einen Jahresüberschuss in Höhe von TEUR 42 ausweise. Auch für das Jahr 2012 werde sich ein Jahresüberschuss ergeben. Die betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die das HZA im Rahmen der Außenprüfung erhalten habe, hätten noch nicht die vertraglichen Ausgleichsansprüche im Unternehmensverbund berücksichtigt.

7

Des Weiteren habe sie keine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt. Für das Jahr 2011 sei in diesem Zusammenhang nochmals zu berücksichtigen, dass aufgrund der Beschlagnahme der Buchhaltungsunterlagen umfangreiche Recherchen notwendig gewesen seien. Im April 2012 habe wegen der Änderung des Geschäftsmodells noch keine neue Größenordnung der Stromlieferungen geschätzt werden können. Einer weiteren Aufforderung vom 27. August 2012 sei sie durch Vorlage umfangreicher Unterlagen am 1. Oktober 2012 nachgekommen. Zu diesen Unterlagen hätten die Anmeldung für April 2012, Aufstellungen über die Bilanzkreise bis einschließlich August 2012 sowie eine Prognose zum 3. September 2012 gehört. Daraus habe sich bereits für August 2012 eine Monatsmenge in Höhe von ca. … MWh ergeben. Warum das HZA bei der Anpassung der Vorauszahlungen nur die Meldung für April 2012 berücksichtigt habe, sei nicht nachvollziehbar. Die im Januar 2013 angeforderte Mengenermittlung für das Jahr 2012 sei unter anderem wegen notwendiger Systemanpassungen kurzfristig nicht verfügbar gewesen. Die weiteren Anforderungen des HZA im Jahr 2013 habe sie fristgemäß beantwortet. Die leichten Zahlungsverzögerungen im Jahr 2013 seien durch die kurzfristigen Erhöhungen der Vorauszahlungen und durch die hohe Nachzahlung für das Jahr 2012 begründet.

8

Die AdV ergebe sich darüber hinaus aus einer entsprechenden Anwendung des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO. Ohne eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 und 2 StromStG könne sie hinsichtlich der Abgabe der Steueranmeldungen und der Fälligkeit der Steuer nicht mehr die Vereinfachungen des Regelverfahrens in Anspruch nehmen. Stattdessen sei sie verpflichtet, ihre Steueranmeldungen unverzüglich abzugeben und die Steuer sofort zu entrichten. Dies sei bei einem "Masseverfahren" praktisch unmöglich und führe letztlich zu einer Einstellung des Gewerbebetriebs. Auch aus rechtstechnischer Sicht sei der Widerruf nach § 4 Abs. 4 StromStG mit einer Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung vergleichbar.

9

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, unter entsprechender Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Bescheids vom 2. April 2012 auszusetzen.

10

Das HZA beantragt sinngemäß, die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat eine AdV des Bescheids vom 2. April 2012 zutreffend abgelehnt.

12

1. Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege der AdV (§ 69 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zulässig ist. Insbesondere sind die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO erfüllt, da das HZA die zunächst gewährte AdV mit Bescheid vom 28. Juni 2013 widerrufen hat (vgl. Beschluss vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, m.w.N.). Entgegen der Auffassung des FG wäre der Antrag selbst dann zulässig, wenn der Einspruch gegen den Bescheid vom 2. April 2012 aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO zu einer Hemmung der Vollziehung führte, da das HZA die vollziehungshemmende Wirkung des Einspruchs bestreitet (vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 1997 VII B 188/97, BFHE 184, 248, BStBl II 1998, 227, zu § 284 Abs. 5 AO a.F.).

13

2. Allerdings hat der Einspruch der Antragstellerin keine vollziehungshemmende Wirkung nach § 361 Abs. 4 Satz 1 AO. Insoweit folgt der Senat der Begründung des FG im Beschluss vom 8. August 2013 (§ 113 Abs. 2 Satz 3 FGO). Das FG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Folgen eines Widerrufs der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG mit denen einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung vergleichbar sind. Letztlich wird die Tätigkeit als Versorger nur insoweit erschwert, als für die Steueranmeldung und die Fälligkeit nicht das Regelverfahren, sondern das Verfahren nach § 8 Abs. 9 StromStG anzuwenden ist. Dies mag bei der Antragstellerin zu erheblichen Mehraufwendungen führen, aber nicht --auch nicht mittelbar-- zu einer Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung i.S. des § 361 Abs. 4 Satz 1 AO.

14

3. Nach § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen bzw. aufheben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben Umständen, die für seine Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei müssen die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe nicht überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 6. August 2007 VII B 110/06, BFH/NV 2007, 2361).

15

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG zu Recht sowohl ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 2. April 2012 über den Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG als auch die AdV wegen unbilliger Härte verneint. Der Senat folgt auch insoweit der Begründung des FG im Beschluss vom 8. August 2013 (§ 113 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die Einwendungen der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift führen zu keinem anderen Ergebnis.

16

a) Hinsichtlich der Aufstellung des Jahresabschlusses 2011 verweist die Antragstellerin weiterhin pauschal auf die durch die Beschlagnahme der Unterlagen verursachten Verzögerungen und trägt nur vor, dies habe die schnelle Erstellung des Jahresabschlusses nicht gefördert. Damit fehlt jedenfalls eine nachvollziehbare Konkretisierung, weshalb die Beschlagnahme zu einer Verzögerung von mehr als einem Jahr führen konnte. Allein dies rechtfertigt bereits einen Widerruf der Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 4 StromStG.

17

Darüber hinaus sind bei summarischer Prüfung auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Einhaltung ihrer steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht geeignet, die Bedenken an ihrer steuerlichen Zuverlässigkeit vollständig auszuräumen. Dies gilt auch für den Hinweis auf die am 1. Oktober 2012 eingereichten Unterlagen, zumal der Bevollmächtigte der Antragstellerin in dem Anschreiben selbst auf die Unvollständigkeit der vorgelegten Unterlagen verweist. Zwar ist aus diesen Unterlagen eine Steigerung des Wareneinkaufs bis zum August 2012 erkennbar. Es fehlen aber nachvollziehbare Angaben zum Umfang der steuerpflichtigen Stromlieferungen. Des Weiteren fehlen ausreichend substantiierte Angaben, weshalb die am 10. Januar 2013 angeforderte Mengenermittlung für das Jahr 2012 nicht fristgemäß zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Antragstellerin macht insoweit lediglich einen "nötigen Bearbeitungsvorlauf" sowie zu kurze Fristen geltend. Weshalb mehrfache Erinnerungen durch das HZA und Fristverlängerungen bis zum 22. März 2013 erforderlich waren, erschließt sich daraus nicht.

18

Letztlich hat die Antragstellerin auch auf der Grundlage ihrer eigenen Ausführungen das HZA zumindest bis März 2013 nicht von selbst über wesentliche, steuerlich relevante Änderungen informiert, sondern allenfalls auf Anfragen des HZA reagiert und dessen Anpassungen der Vorauszahlungen akzeptiert. Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls widerlegt dies nicht die Bedenken des HZA gegen die steuerliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin. Insbesondere waren Umfang und Darstellung der übermittelten Informationen unzureichend. Außerdem wichen die Anpassungen der Vorauszahlungen --für die Antragstellerin erkennbar-- wesentlich von den Entwicklungen bei den tatsächlichen Umsätzen ab. Nach § 4 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 StromStG rechtfertigen bereits "Bedenken" gegen die steuerliche Zuverlässigkeit den Widerruf der Erlaubnis. Die angebliche Finanzstärke der Antragstellerin ist kein ausreichendes Indiz für deren steuerliche Zuverlässigkeit.

19

b) In der Vollziehung des Widerrufs liegt auch keine die AdV rechtfertigende unbillige Härte. Die betrieblichen Schwierigkeiten, denen die Antragstellerin durch den Widerruf der Versorgererlaubnis ausgesetzt ist, sind die notwendige gesetzliche Folge, falls --wie im Streitfall-- die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 StromStG nicht mehr erfüllt sind.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob hinsichtlich gesondert und einheitlich festgestellter Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert oder nach § 129 AO berichtigt werden kann.

2

Die Antragsteller wurden im Streitjahr 2007 beim Antragsgegner (Finanzamt --FA--) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer am 27. Februar 2009 eingereichten Einkommensteuererklärung erklärten die Antragsteller auf der Rückseite der Anlage SO in den Zeilen 58 und 59 ("Anteile an Einkünften --einschließlich des steuerfreien Teils der Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt--") unter der Kennziffer (Kz.) 55.134 einen Betrag von 2.095.500 €. In der Zeile 60, Kz. 55.136 ("In Zeile 59 enthaltene Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt") war kein Eintrag enthalten. Die "Beteiligungen an privaten Veräußerungsgeschäften 2007" waren in einer gesonderten Anlage zur Einkommensteuererklärung wie folgt erläutert:

3
               

X-/Y-Straße

111/1111/1111

558.707 €

Z-Straße

222/2222/2222

1.536.793 €

Summe 

        

2.095.500 €

4

In Bezug auf die übrigen Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften waren die Angaben in den Zeilen 41 bis 50 der Anlage SO in einer insgesamt drei Seiten umfassenden "Ergänzungsliste zur Anlage SO" näher erläutert. Dabei wurden detaillierte Angaben zu den einzelnen Beträgen, die "dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen" und die "nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen" gemacht.

5

Mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. September 2009 wurde vom FA die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt. Die Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden mit 1.047.934 € angesetzt. Ursache für diesen --unstreitig fehlerhaften-- Ansatz war der Umstand, dass der in Kz. 55.134 eingetragene Betrag von 2.095.500 € durch den Bearbeiter irrtümlich auch unter der Kz. 55.136 ("In Zeile 59 enthaltene Einkünfte, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt") erfasst wurde. Die Einkommensteuerveranlagung der Antragsteller war dabei nicht nur vom zuständigen Sachbearbeiter, sondern auch von der Qualitätssicherungsstelle des FA überprüft worden. Am 28. Dezember 2009 und am 9. September 2010 wurde der Einkommensteuerbescheid aus nicht streitigen Gründen geändert. Die Berücksichtigung der streitigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit dem Halbeinkünfteverfahren blieb bestehen.

6

Das FA A hatte unter der Steuer-Nr. 222/2222/2222 betreffend die "Grundbesitzgesellschaft Z-Straße" mit Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2009 die auf den Antragsteller entfallenen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.536.793,50 € mitgeteilt. Das FA B stellte unter der Steuer-Nr. 111/1111/1111 betreffend die "X-/Y-Straße Grundstücksgemeinschaft" die Einkünfte mit Feststellungsbescheid vom 12. April 2010 fest. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden für den Antragsteller mit 558.707 € festgestellt. Hinweise oder Feststellungen zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens enthielten beide Feststellungsbescheide nicht.

7

Am 16. März 2011 erließ das FA einen geänderten und auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem es die Einkünfte des Antragstellers aus privaten Veräußerungsgeschäften mit 2.095.684 € ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ansetzte. Der von den Antragstellern gegen den Änderungsbescheid eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die von den Antragstellern erhobene Klage als unbegründet ab. Das FA habe zu Recht auf der Grundlage von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO am 16. März 2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens angesetzt. Denn in den jeweiligen Feststellungsbescheiden sei mit Bindungswirkung für die Einkommensteuerbescheide konkludent negativ festgestellt worden, dass diese Einkünfte nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen. Es spreche einiges dafür, das Halbeinkünfteverfahren auf der Grundlage der "Nettomethode" bereits auf der Ebene der Gesellschaft/Gemeinschaft zu berücksichtigen. Soweit nach der "Bruttomethode" Anteile i.S. des § 3 Nr. 40 EStG lediglich "nachrichtlich" vom Feststellungsfinanzamt dem Festsetzungsfinanzamt gemeldet werden und bei Letzterem die Entscheidung über die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens getroffen werde, sei dem nicht zu folgen. Vielmehr sei die "modifizierte Bruttomethode" vorzuziehen, wonach dem Halbeinkünfteverfahren unterfallende Anteile vom Feststellungsfinanzamt als andere Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung für das Festsetzungsfinanzamt festgestellt werden. Daher folge hier bereits aus den Feststellungsbescheiden, dass hinsichtlich der streitigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ausgeschlossen gewesen sei. Darüber hinaus habe aber auch die Befugnis des FA bestanden, den Fehler, der bei Erlass des erstmaligen Einkommensteuerbescheids unterlaufen sei, wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 Satz 1 AO zu berichtigen. Die zusätzliche Erfassung des nur in der Kz. 55.134 eingetragenen Betrags von 2.095.500 € auch unter der Kz. 55.136 habe nicht auf einem die Berichtigung ausschließenden Tatsachen- oder Rechtsirrtum, sondern auf einem rein mechanischen Versehen beruht. Spuren einer Willensbildung des Bearbeiters seien hierzu nicht ersichtlich. Vielmehr verdeutliche gerade der zeitliche Ablauf der Veranlagung, dass bei der Dateneingabe ein rein mechanisches Versehen vorgelegen habe.

9

Mit ihrer dagegen unter dem Aktenzeichen IX B 118/14 erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde und ihrem dazu gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) bringen die Antragsteller vor: Die Frage, ob die Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung mit Bindungswirkung erfolge oder erst auf der Ebene des Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durchzuführen sei, sei von grundsätzlicher Bedeutung. Im Schrifttum werde dazu die Auffassung vertreten, die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens erfolge erst auf der Ebene des Veranlagungsfinanzamts. Zudem sei auch die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob ein mechanisches Versehen i.S. des § 129 AO auch dann noch vorliegen könne, wenn die Veranlagung von der Qualitätssicherungsstelle des FA geprüft und dieser der Fehler nicht aufgefallen sei. Gehe es um die Frage der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens, liege ein Fehler in der Rechtsanwendung vor, der eine Änderung nach § 129 AO ausschließe. Schließlich liege auch ein Verfahrensfehler vor. Denn ihnen sei die Akteneinsicht in die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "Einkommensteuerhandakten" verwehrt worden. Dabei sei von ihnen schriftsätzlich ausdrücklich Akteneinsicht beantragt worden. Auch habe das FG von einer Zeugenvernehmung des Sachgebietsleiters der Qualitätssicherungsstelle, die sich in der mündlichen Verhandlung aufgedrängt habe, Abstand genommen. Soweit sich das FG nunmehr auf den Ablauf der Veranlagung stütze, stelle die angegriffene Entscheidung sich als Überraschungsentscheidung dar.

10

Am 27. Oktober 2011 und am 24. August 2012 sind aus jeweils nicht streitigen Gründen Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2007 erlassen worden. Ein am 17. Oktober 2014 von den Antragstellern beim FA gestellter Antrag auf AdV ist abgelehnt worden.

11

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2007 vom 16. März 2011 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27. Oktober 2011 und vom 24. August 2012 ab Fälligkeit in Höhe von 437.675 € auszusetzen.

12

Das FA beantragt,
den Antrag auf AdV abzulehnen.

13

Nach Auffassung des FA könne die AdV bereits deswegen nicht gewährt werden, weil die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig sei. Denn der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung sei nicht hinreichend dargelegt worden. Auch habe die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache keine Erfolgsaussichten, so dass auch aus diesem Grund eine AdV ausscheide. Gehe es um die Frage der Einkünftezuordnung bei den einzelnen Gesellschaftern aufgrund von außerhalb der Gesellschaft verwirklichten Besteuerungsmerkmalen, sei dafür das Festsetzungsfinanzamt zuständig. Gehe es darum, die dem Halbeinkünfteverfahren unterfallenden Beträge als sonstige Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen, sei das Feststellungsfinanzamt zuständig. Die Frage, wann eine offenbare Unrichtigkeit vorliege, sei höchstrichterlich geklärt. Ob dies auch gelte, wenn der Fall zusätzlich von der Qualitätssicherungsstelle punktuell geprüft werde, sei eine Frage des Einzelfalls.

14

Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Senat unter dem Aktenzeichen IX B 118/14 die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren hat das Aktenzeichen IX R 4/15 erhalten.

Entscheidungsgründe

15

II. Der Antrag auf AdV ist zulässig und begründet.

16

1. Der Antrag ist zulässig. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Ein diesbezüglicher Antrag ist nach § 69 Abs. 4 FGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf AdV ganz oder teilweise abgelehnt hat. Da die Antragsteller eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben haben, ist der Bundesfinanzhof (BFH) das Gericht der Hauptsache i.S. von § 69 Abs. 3 FGO. Auch sind die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO für die unmittelbare Anrufung des BFH erfüllt. Das FA hat einen Antrag auf AdV abgelehnt.

17

2. Der Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO.

18

a) Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2009 IX B 171/09, BFH/NV 2010, 409, m.w.N.). Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids können schon dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 97, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Aufgrund der mit Beschluss vom heutigen Tage erfolgten Zulassung der Revision sind daher ernstliche Zweifel im Sinne der Vorschrift gegeben.

19

b) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das FG die streitige Änderung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und hilfsweise auf § 129 AO stützen konnte. Die Frage, ob die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften auch bei fehlenden Angaben dazu konkludent Inhalt des Feststellungsbescheids ist und auch in Bezug auf die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zu einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO führen kann oder ob über die volle oder hälftige Besteuerung erst im Folgebescheid zu entscheiden ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Entscheidung des BFH vom 18. Juli 2012 X R 28/10 (BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444) betraf den Fall, dass im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bindende Angaben zu den dem Halbeinkünfteverfahren unterfallenden Einkünften vorhanden waren.

20

Zwar spricht der Wortlaut des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis j EStG in der im Streitjahr 2007 geltenden Fassung nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung dafür, dass die hälftige Steuerbefreiung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits im Rahmen der Einkünfteermittlung und damit auf Ebene des Feststellungsbescheids zu berücksichtigen ist (vgl. Engel, Der Betrieb 2003, 1811, 1815; Nacke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 40 EStG Rz 48). Werden die Einnahmen "brutto" festgestellt, muss für eine Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens im Folgebescheid für einen verständigen Empfänger dann aus dem Grundlagenbescheid aber zweifelsfrei erkennbar sein, dass zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ein weiterer Rechenschritt nötig ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 56; Griemla, Finanz-Rundschau --FR-- 2005, 719, 723; Isler, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 137 f.; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 180 Rz 15). Fehlende (ergänzende) Angaben zum Halbeinkünfteverfahren im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung führen dann zwingend zum Ansatz der Einkünfte im Folgebescheid in voller Höhe. In diesem Fall wären aufgrund der Anpassungsverpflichtung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vom FA zu Recht die Einkünfte in voller Höhe im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfasst worden.

21

Im Schrifttum und auch seitens der Finanzverwaltung wird jedoch auch die Auffassung vertreten, über die Anwendung der hälftigen Steuerbefreiung werde bindend erst im Festsetzungsverfahren hinsichtlich des Folgebescheids entschieden (vgl. Blümich/Erhard, § 3 Nr. 40 EStG Rz 5; Scholten/Griemla/Kinalzik, FR 2010, 259, 264; Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten des Saarlandes, Verfügung vom 28. Juni 2005 B/2-3-108/2005-S 2120, juris; offen Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 180 AO Rz 229a). In diesem Fall stellt sich bei summarischer Prüfung die fehlerhafte Erfassung der Einkünfte unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens als materiell-rechtlicher Fehler auf der Ebene des Folgebescheids dar, der nicht von der Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfasst ist (vgl. für den Fall einer fehlerhaften Anwendung der Tarifbegrenzung des § 32c EStG BFH-Urteil vom 22. August 2007 X R 39/02, BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4). In diesem Fall ist bei summarischer Prüfung auch zweifelhaft, ob die --unstreitig fehlerhafte-- Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens die Annahme einer Änderungsmöglichkeit wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO ermöglicht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Veranlagung der Antragsteller als "I-Fall" sowohl vom Sachbearbeiter der Veranlagungsstelle als auch vom Sachbearbeiter der Qualitätssicherungsstelle sowie vom zuständigen Sachgebietsleiter in vollem Umfang zu prüfen war.

22

3. Unentschieden kann daher bleiben, ob auch die von den Antragstellern aufgeworfenen Verfahrensfehler zu einer Zulassung der Revision und damit zur Annahme von ernstlichen Zweifeln geführt hätten.

23

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Beherrscht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gemäß § 3 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital steuerpflichtig. Mittelbare Beteiligungen sind für die Steuerpflicht nach Satz 1 unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach diesem Gesetz oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 unterliegen. Ist für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend oder hat die Gesellschaft kein Nennkapital, so ist für die Steuerpflicht der Einkünfte nach Satz 1 der Maßstab für die Gewinnverteilung zugrunde zu legen. Die Sätze 1 bis 3 sind auch auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden, soweit die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird.

(2) Eine Beherrschung im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach Absatz 1 erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht.

(3) Für Zwecke der §§ 7 bis 12 ist eine Person dem Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 nahestehend. Eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 erfüllt.

(4) Unbeschadet des Absatzes 3 gelten Personen als dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des Investmentsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Beherrscht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gemäß § 3 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital steuerpflichtig. Mittelbare Beteiligungen sind für die Steuerpflicht nach Satz 1 unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach diesem Gesetz oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 unterliegen. Ist für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend oder hat die Gesellschaft kein Nennkapital, so ist für die Steuerpflicht der Einkünfte nach Satz 1 der Maßstab für die Gewinnverteilung zugrunde zu legen. Die Sätze 1 bis 3 sind auch auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden, soweit die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird.

(2) Eine Beherrschung im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach Absatz 1 erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht.

(3) Für Zwecke der §§ 7 bis 12 ist eine Person dem Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 nahestehend. Eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 erfüllt.

(4) Unbeschadet des Absatzes 3 gelten Personen als dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des Investmentsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tatbestand

 
Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 war Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Der Antragsteller war wie sein Mitgesellschafter Arbeitnehmer der AG.
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 1998 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.575 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 3.000 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 27.3.2001 einen bezüglich des Vorliegens der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 Außensteuergesetz - AStG - vorläufigen negativen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1999 (Wirtschaftsjahr 1998).
Am 2.10.2002 erging ein nach § 165 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1999, in dem das FA von einem Gewinn laut Schweizer Bilanz in Höhe von 1.575 CHF ausging, den es um die als Aufwand gebuchten Steuern in Höhe von 3.000 CHF erhöhte. Bei einem Umrechnungskurs von 1,2151 stellte es einen Gewinn in Höhe von 5.560 DM fest, den es dem Antragsteller entsprechend seiner Beteiligung zu 69 % zurechnete.
Dieser erhob am 30.10.2006 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Steuerlast im Kanton Y nicht weniger als 30 % des Gewinns betrage. Als Nachweis legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 27.9.2001 vor, nach der bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn aus dem Jahr 1998 in Höhe von 183.500 CHF ausgegangen worden war. Der steuerbare Gesamtgewinn wurde danach wie folgt ermittelt:
Reingewinn
1.575 CHF
nicht begründete Aufwendungen
364.938 CHF
der Erfolgsrechnung zuviel belastete Steuern
./. 183.000 CHF
Steuerbarer Gesamtgewinn
183.513 CHF
Die kantonale Steuer wurde mit 24,5 % = 44.957,50 CHF und die Bundessteuer mit 8,5  % = 15.597,50 CHF festgesetzt.
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
10 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2000 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.020 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 6.578 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
11 
Am 11.12.2003 erließ das FA einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2001, in dem es irrtümlich von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 13.833 DM ausging (richtig wären 9.545 DM gewesen), von dem 69 % = 9.545 DM dem Antragsteller zugerechnet wurde.
12 
Hiergegen legte der Antragsteller am 14.1.2004 Einspruch ein und reichte dem FA zum Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y für das Jahr 2000 vom 28.10.2003 ein. Danach war die Schweizer Steuerverwaltung bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn im Jahr 2000 in Höhe von 14.351 CHF ausgegangen. Die kantonale Steuer war mit 17,87 % = 2.555,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 1.215,50 CHF festgesetzt worden. Die festgesetzte Steuer für das Wirtschaftsjahr 2000 belief sich somit insgesamt auf 3.770,90 CHF.
13 
Am 27.4.2004 erging ein unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid 2001, in dem von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 9.545 DM ausgegangen wurde. Dem Antragsteller wurden hiervon 69 % = 6.586 DM zugerechnet.
14 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
15 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2001 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von ./. 313,73 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 64.445 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
16 
Am 27.4.2004 erließ das FA einen erstmaligen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2002, in dem es von einem - um die von der Bemessungsgrundlage abgesetzten Steuern - korrigierten Gewinn von 42.876 EUR ausging, von dem es 69 % = 29.584 EUR dem Antragsteller zurechnete. Dieser Betrag wurde um entrichtete Steuern in Höhe von 1.029 EUR gemindert, so dass dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.555 EUR zugerechnet wurden.
17 
Hiergegen legte der Antragsteller am 28.5.2004 Einspruch ein. Als Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung im Wirtschaftsjahr 2001 legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 7.11.2003 vor, nach der der Besteuerung ein Gewinn aus dem Jahr 2001 in Höhe von 11.400 CHF zugrunde gelegt worden war. Die kantonale Steuer wurde mit 16,03 % = 1.827,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 969 CHF festgesetzt. Die erhobene Steuer 2001 belief sich somit insgesamt auf 2.796,40 CHF.
18 
Am 20.12.2004 erging ein nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 2002, da das FA bei der Berechnung der Hinzurechnung versehentlich von einem Gewinn der xxx AG in 2001 in Höhe von 313,73 CHF ausgegangen war, statt von einem Verlust in Höhe von 313,73 CHF. Der Verlust wurde um die in der Bilanz berücksichtigte Steuer in Höhe von 64.445,90 CHF korrigiert, so dass ein Gewinn in Höhe von 64.132,17 CHF (= 42.462 EUR) festgestellt und dem Antragsteller in Höhe von 29.299 EUR zugerechnet wurde. Das FA minderte den zugerechneten Gewinn um die anteilig entrichteten Steuern in Höhe von 1.029 EUR, so dass im Ergebnis dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.270 EUR zugerechnet wurden.
19 
Die Einsprüche des Antragstellers gegen die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 17.3.2005 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - als unbegründet zurückgewiesen. Über die hiergegen fristgerecht erhobene Klage (Az.: 3 K 73/05) wurde noch nicht entschieden.
20 
Während des Einspruchsverfahrens war auf Antrag der Vertreterin des Antragstellers die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Feststellungsbescheide bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gewährt worden. Nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.6.2005 die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide bis zur Entscheidung über die Klage. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung des FA vom 5.7.2005 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2005 zurückgewiesen.
21 
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Schreiben vom 4.10.2005 die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:
22 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lägen nicht vor. Grundsätzlich liege die kantonale Steuer bei 24,5 % und die Bundessteuer bei 8,5 %, so dass sich die Steuerlast nicht auf weniger als 30 % des Gewinns belaufe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.7.2003 I R 82/01 sei bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 AStG nicht auf die tatsächlich erhobene Ertragssteuer, sondern - zumindest im Grundsatz - auf diejenige Steuer abzustellen, die das Recht des betreffenden ausländischen Staates für die Einkünfte der Gesellschaft vorsehe.
23 
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 auszusetzen.
24 
Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
25 
Der BFH stelle in seinem Urteil vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 lediglich klar, dass bei der Belastungsberechnung auf die nach dem maßgeblichen Recht geschuldete Steuer abzustellen sei. Aus dem Urteil ergebe sich jedoch nicht, dass die ausländischen Steuersätze den maßgeblichen Ertragssteuersatz i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG bildeten.
26 
Feststellung 1999
27 
Die von den Schweizer Behörden als Aufwand berücksichtigten Steuern seien nach deutschem Steuerrecht nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, so dass bei Ansatz der Daten des Veranlagungsprotokolls von einem Gewinn von 366.513 CHF (183.513 CHF + 183.000 CHF) auszugehen sei, der in der Schweiz mit Steuern in Höhe von 60.555 CHF (44.957,50 CHF Kantonale Steuer und 15.597,50 CHF Bundessteuer) belastet worden sei. Die Steuerbelastung belaufe sich somit insgesamt auf 17,526 %, so dass von einer Niedrigbesteuerung ausgegangen werden müsse. Die Hinzurechnung sei daher zu Recht erfolgt.
28 
Feststellungen 2001 und 2002
29 
Auch in diesen Jahren liege eine Niedrigbesteuerung vor, so dass die Hinzurechnung zu Recht erfolgt sei.
30 
Mit Senatsbeschluss vom 25.10.2006 wurde die Rechtssache auf die Einzelrichterin übertragen.
31 
Dem Finanzgericht haben bei seiner Entscheidung folgende vom FA geführte Akten vorgelegen:
für die AG geführte Akten: ein Band Bilanzakten, ein Band Vertragsakten
für den Antragsteller geführte Akten: ein Band Feststellungsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten

Entscheidungsgründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Gründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


12345678910111213141516171819202122232425262728293031323334

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1) Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegen und nicht stammen aus:

1.
der Land- und Forstwirtschaft,
2.
der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
3.
dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten, die einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 nachgehen; es sei denn, die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben. Gleiches gilt für Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind,
4.
dem Handel, soweit nicht
a)
ein Steuerpflichtiger, der gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder
b)
die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft,
es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
5.
Dienstleistungen, soweit nicht
a)
die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig ist, oder
b)
die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt,
6.
der Vermietung und Verpachtung, ausgenommen
a)
die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person unternommen worden ist,
b)
die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und
c)
die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 nahestehenden Person ausübt,
7.
Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, ausgenommen
a)
Bezüge, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist. Dies gilt nicht, soweit
aa)
die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist oder
bb)
eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des Absatzes 5 unterliegt,
b)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist, und
c)
Bezüge, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 oder 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb nicht Zwischengesellschaft ist,
8.
der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals, ausgenommen Veräußerungsgewinne, die bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 des Körperschaftsteuergesetzes nicht steuerbefreit wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre; dies gilt auch dann, wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Veräußerungsgewinne gemäß Nummer 3 nicht Zwischengesellschaft ist,
9.
Umwandlungen; dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 8 dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Dies setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

(3) Absatz 2 gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.

(5) Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 ermittelten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt. Einkünfte unterliegen im Sinne des Satzes 1 auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden.

Tatbestand

 
Der in den Streitjahren 1999, 2001 und 2002 im Inland ansässige Antragsteller war zu 69 % an der Schweizer Aktiengesellschaft - AG - xxx AG (im Folgenden: AG) beteiligt. Gemäß der Gesellschaftssatzung vom 25.6.1996 war Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Der Antragsteller war wie sein Mitgesellschafter Arbeitnehmer der AG.
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 1998 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.575 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 3.000 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 27.3.2001 einen bezüglich des Vorliegens der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 Außensteuergesetz - AStG - vorläufigen negativen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1999 (Wirtschaftsjahr 1998).
Am 2.10.2002 erging ein nach § 165 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1999, in dem das FA von einem Gewinn laut Schweizer Bilanz in Höhe von 1.575 CHF ausging, den es um die als Aufwand gebuchten Steuern in Höhe von 3.000 CHF erhöhte. Bei einem Umrechnungskurs von 1,2151 stellte es einen Gewinn in Höhe von 5.560 DM fest, den es dem Antragsteller entsprechend seiner Beteiligung zu 69 % zurechnete.
Dieser erhob am 30.10.2006 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Steuerlast im Kanton Y nicht weniger als 30 % des Gewinns betrage. Als Nachweis legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 27.9.2001 vor, nach der bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn aus dem Jahr 1998 in Höhe von 183.500 CHF ausgegangen worden war. Der steuerbare Gesamtgewinn wurde danach wie folgt ermittelt:
Reingewinn
1.575 CHF
nicht begründete Aufwendungen
364.938 CHF
der Erfolgsrechnung zuviel belastete Steuern
./. 183.000 CHF
Steuerbarer Gesamtgewinn
183.513 CHF
Die kantonale Steuer wurde mit 24,5 % = 44.957,50 CHF und die Bundessteuer mit 8,5  % = 15.597,50 CHF festgesetzt.
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
10 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2000 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1.020 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 6.578 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
11 
Am 11.12.2003 erließ das FA einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2001, in dem es irrtümlich von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 13.833 DM ausging (richtig wären 9.545 DM gewesen), von dem 69 % = 9.545 DM dem Antragsteller zugerechnet wurde.
12 
Hiergegen legte der Antragsteller am 14.1.2004 Einspruch ein und reichte dem FA zum Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y für das Jahr 2000 vom 28.10.2003 ein. Danach war die Schweizer Steuerverwaltung bei der Berechnung der Steuern von einem Gewinn im Jahr 2000 in Höhe von 14.351 CHF ausgegangen. Die kantonale Steuer war mit 17,87 % = 2.555,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 1.215,50 CHF festgesetzt worden. Die festgesetzte Steuer für das Wirtschaftsjahr 2000 belief sich somit insgesamt auf 3.770,90 CHF.
13 
Am 27.4.2004 erging ein unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid 2001, in dem von einem um die Steuern korrigierten Gewinn von 9.545 DM ausgegangen wurde. Dem Antragsteller wurden hiervon 69 % = 6.586 DM zugerechnet.
14 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
15 
Die Bilanz der AG wies im Wirtschaftsjahr 2001 einen Gewinn vor Steuern in Höhe von ./. 313,73 CHF aus. Bei der Ermittlung des Gewinns waren Steuern in Höhe von 64.445 CHF als Aufwand berücksichtigt worden.
16 
Am 27.4.2004 erließ das FA einen erstmaligen Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2002, in dem es von einem - um die von der Bemessungsgrundlage abgesetzten Steuern - korrigierten Gewinn von 42.876 EUR ausging, von dem es 69 % = 29.584 EUR dem Antragsteller zurechnete. Dieser Betrag wurde um entrichtete Steuern in Höhe von 1.029 EUR gemindert, so dass dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.555 EUR zugerechnet wurden.
17 
Hiergegen legte der Antragsteller am 28.5.2004 Einspruch ein. Als Nachweis für das Nichtvorliegen einer Niedrigbesteuerung im Wirtschaftsjahr 2001 legte er dem FA die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y vom 7.11.2003 vor, nach der der Besteuerung ein Gewinn aus dem Jahr 2001 in Höhe von 11.400 CHF zugrunde gelegt worden war. Die kantonale Steuer wurde mit 16,03 % = 1.827,40 CHF und die Bundessteuer mit 8,5 % = 969 CHF festgesetzt. Die erhobene Steuer 2001 belief sich somit insgesamt auf 2.796,40 CHF.
18 
Am 20.12.2004 erging ein nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 2002, da das FA bei der Berechnung der Hinzurechnung versehentlich von einem Gewinn der xxx AG in 2001 in Höhe von 313,73 CHF ausgegangen war, statt von einem Verlust in Höhe von 313,73 CHF. Der Verlust wurde um die in der Bilanz berücksichtigte Steuer in Höhe von 64.445,90 CHF korrigiert, so dass ein Gewinn in Höhe von 64.132,17 CHF (= 42.462 EUR) festgestellt und dem Antragsteller in Höhe von 29.299 EUR zugerechnet wurde. Das FA minderte den zugerechneten Gewinn um die anteilig entrichteten Steuern in Höhe von 1.029 EUR, so dass im Ergebnis dem Antragsteller Einkünfte in Höhe von 28.270 EUR zugerechnet wurden.
19 
Die Einsprüche des Antragstellers gegen die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 17.3.2005 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - als unbegründet zurückgewiesen. Über die hiergegen fristgerecht erhobene Klage (Az.: 3 K 73/05) wurde noch nicht entschieden.
20 
Während des Einspruchsverfahrens war auf Antrag der Vertreterin des Antragstellers die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Feststellungsbescheide bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gewährt worden. Nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.6.2005 die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide bis zur Entscheidung über die Klage. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung des FA vom 5.7.2005 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2005 zurückgewiesen.
21 
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Schreiben vom 4.10.2005 die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:
22 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lägen nicht vor. Grundsätzlich liege die kantonale Steuer bei 24,5 % und die Bundessteuer bei 8,5 %, so dass sich die Steuerlast nicht auf weniger als 30 % des Gewinns belaufe. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.7.2003 I R 82/01 sei bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 AStG nicht auf die tatsächlich erhobene Ertragssteuer, sondern - zumindest im Grundsatz - auf diejenige Steuer abzustellen, die das Recht des betreffenden ausländischen Staates für die Einkünfte der Gesellschaft vorsehe.
23 
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für die Feststellungsjahre 1999, 2001 und 2002 auszusetzen.
24 
Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
25 
Der BFH stelle in seinem Urteil vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 lediglich klar, dass bei der Belastungsberechnung auf die nach dem maßgeblichen Recht geschuldete Steuer abzustellen sei. Aus dem Urteil ergebe sich jedoch nicht, dass die ausländischen Steuersätze den maßgeblichen Ertragssteuersatz i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG bildeten.
26 
Feststellung 1999
27 
Die von den Schweizer Behörden als Aufwand berücksichtigten Steuern seien nach deutschem Steuerrecht nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, so dass bei Ansatz der Daten des Veranlagungsprotokolls von einem Gewinn von 366.513 CHF (183.513 CHF + 183.000 CHF) auszugehen sei, der in der Schweiz mit Steuern in Höhe von 60.555 CHF (44.957,50 CHF Kantonale Steuer und 15.597,50 CHF Bundessteuer) belastet worden sei. Die Steuerbelastung belaufe sich somit insgesamt auf 17,526 %, so dass von einer Niedrigbesteuerung ausgegangen werden müsse. Die Hinzurechnung sei daher zu Recht erfolgt.
28 
Feststellungen 2001 und 2002
29 
Auch in diesen Jahren liege eine Niedrigbesteuerung vor, so dass die Hinzurechnung zu Recht erfolgt sei.
30 
Mit Senatsbeschluss vom 25.10.2006 wurde die Rechtssache auf die Einzelrichterin übertragen.
31 
Dem Finanzgericht haben bei seiner Entscheidung folgende vom FA geführte Akten vorgelegen:
für die AG geführte Akten: ein Band Bilanzakten, ein Band Vertragsakten
für den Antragsteller geführte Akten: ein Band Feststellungsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten

Entscheidungsgründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

Gründe

 
32 
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Nach der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung unterliegt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide für die Jahre 1999, 2001 und 2002 keinen ernstlichen Zweifeln. Die vom FA vorgenommene Hinzurechnung erfolgte zu Recht. Bei der nach deutschem Recht durchzuführenden Einkunftsermittlung sind die bei der Schweizer Gewinnermittlung als Aufwand berücksichtigten Steuern nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, so dass die steuerliche Belastung der AG in den Streitjahren 1999 und 2001 unter 30 % und im Streitjahr 2002 unter 25 % lag. Auch bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes im Verhältnis zur Schweiz nach Auffassung des Gerichts keine europarechtlichen Bedenken.
33 
1. Der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller war an der AG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hatte, mit 69 % zu mehr als der Hälfte beteiligt, so dass die Einkünfte, für die die AG Zwischengesellschaft war, bei ihm mit dem Teil steuerpflichtig waren, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung entfiel (§ 7 Abs. 1 AStG).
34 
Eine ausländische Gesellschaft ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und die nicht aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, bedient. Vorliegend erzielte die AG ihre Einkünfte mit Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, für die sie sich der Dienste des mit mehr als 50 % an ihr beteiligten Antragstellers bediente.
35 
Es lag auch eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG vor. Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist, dass die Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragssteuern von mehr als 30 % (nach der für das Streitjahr 2002 mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 geltenden Gesetzesfassung von mehr als 25 %) unterliegen. Die für § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung ist in der Weise zu berechnen, dass die "zutreffende" ausländische Steuer auf die nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernde Bemessungsgrundlage bezogen wird (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Außensteuergesetzes und der ständigen Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt Urteil vom 3.5.2006 I R 124/04, DStR 2006, 1836 ff.) ist hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Niedrigbesteuerung vorliegt, nicht auf den ausländischen Steuersatz, sondern auf die "Belastung der Einkünfte mit Ertragsteuern" abzustellen.
36 
Das von der Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BFH vom 9.7.2003 1 R 82/01, BStBl II 2004, 4 enthält lediglich Ausführungen zu der Frage, ob die tatsächlich festgesetzte oder die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften festzusetzende ausländische Steuer für die Belastungsberechnung maßgebend ist. Dem Urteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung nach der Höhe der ausländischen Steuersätze bestimmt.
37 
Dass im vorliegenden Fall die von den Schweizer Behörden festgesetzte Einkommensteuer nicht den einschlägigen Rechtsvorschriften des Kanton Y und des Bundes entspricht, wurde von dem Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies bei summarischer Prüfung ersichtlich.
38 
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden präsenten Beweismittel ist von einer Niedrigbesteuerung der AG in der Schweiz auszugehen:
39 
Feststellungsjahr 1999/Wirtschaftsjahr 1998
40 
Festgesetzt wurden im Jahr 1998 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 27.9.2001 folgende Steuern:
41 
Kantonal
44.957,50 CHF
Bund
15.597,50 CHF
Summe
60.555,00 CHF
42 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 183.513 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht als Aufwand berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 183.000 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 366.513 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 17 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
43 
Feststellungsjahr 2001/Wirtschaftsjahr 2000
44 
Festgesetzt wurden im Jahr 2000 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 28.10.2003 folgende Steuern:
45 
Kantonal
2.555,40 CHF
Bund
1.215,50 CHF
Summe
3.770,90 CHF
46 
Der dieser Festsetzung zugrunde gelegte Gewinn von 14.351 CHF wurde um - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 6.578 CHF gemindert. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.929 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 18 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
47 
Feststellungsjahr 2002/Wirtschaftsjahr 2001
48 
Festgesetzt wurden im Jahr 2001 gemäß Schweizer Veranlagungsprotokoll vom 7.11..2003 folgende Steuern:
49 
Kantonal
1.827,40 CHF
Bund
969,00 CHF
Summe
2.796,40 CHF
50 
Bei der Ermittlung des in der Bilanz der AG ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 313,73 CHF wurden - nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften nicht berücksichtigungsfähige - Schweizer Steuern in Höhe von 64.445,90 CHF steuermindernd berücksichtigt. In Bezug auf die nach Maßgabe der deutsche Gewinnermittlungsvorschriften zu versteuernden Bemessungsgrundlage in Höhe von 64.132,17 CHF ergibt sich eine nach § 8 Abs. 3 AStG maßgebliche Steuerbelastung von 4 %, so dass eine Niedrigbesteuerung zu bejahen ist.
51 
Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG waren danach im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt.
52 
2. Gegen die Höhe der Zurechnung wurden von Seiten des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Die Hinzurechnungsbeträge erscheinen dem Gericht bei überschlägiger Prüfung jedenfalls nicht als zu hoch angesetzt. Den Hinzurechnungsbetrag mindernde Tatsachen - etwa vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmende Gewinnanteile oder entrichtete Steuern - wurden zudem nicht glaubhaft gemacht.
53 
3. Die Regelungen des Außensteuergesetzes verstoßen im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
54 
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG-Vertrag bezieht sich nur auf die Anwendung des Außensteuergesetzes zu EG-Mitgliedstaaten. Im Verhältnis zur Schweiz, bei der es sich auch nicht um einen EWR-Staat handelt, findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung (s. Wassermeyer/Schönfeld, Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" und deren Auswirkungen auf die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, GmbHR 2006, 1065 ff.).
55 
Nach Auffassung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bestehen bei der Anwendung des Außensteuergesetzes auch hinsichtlich der in Art. 56 EG-Vertrag geregelten Kapitalverkehrsfreiheit keine europarechtlichen Bedenken (BFH Beschluss vom 21.12.2005 I R 4/05, BStBl II 2006, 555). Zwar hat die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten Geltung und kann die infolge der Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöste Rechtsfolge der Steuerbelastung einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit darstellen. Nach Art. 57 Abs. 1 EG-Vertrag berührt Art. 56 EG-Vertrag jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften bereits bestanden. Bei §§ 7 ff. AStG handelt es sich um Vorschriften, welche am 31. Dezember 1993 in der hier maßgeblichen Fassung bereits bestanden. Der prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt danach zurück.
56 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
57 
Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe dafür vorliegt (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).

(1) Die Vorschriften der §§ 7 bis 18 und des Absatzes 2 werden durch die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht berührt.

(2) Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen und wären die Einkünfte ungeachtet des § 8 Absatz 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden; ein negativer Betrag ist nicht zu berücksichtigen, § 10 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. Satz 1 gilt nicht, soweit in der ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären.

(3) (weggefallen)

(1) Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10), die anrechenbaren Steuern (§ 12), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11) und der Verlustvortrag werden gesondert festgestellt. Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, so ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3, und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

(2) Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, so ist das Finanzamt zuständig, das nach Satz 1 für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist. Läßt sich das zuständige Finanzamt nach den Sätzen 1 und 2 nicht feststellen, so ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befaßt wird.

(3) Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von Satz 1 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach Satz 1 maßgeblichen Fristen entsprechend. Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten. Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des Satzes 2 die Abgabe einer Erklärung nach Satz 1 verlangen. Die Verpflichtungen nach diesem Absatz können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden. Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 entsprechend.

(5) Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem Steuerpflichtigen zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.