Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 27. Mai 2016 - 1 BvR 345/16
Tenor
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1. Das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 30. November 2015 - 270 C 207/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit die Berufung nicht zugelassen worden ist. Es wird insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 26. Januar 2016 - 270 C 207/14 - gegenstandslos.
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2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin zu erstatten.
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3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 €(in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtzulassung der Berufung in einem Zivilrechtsstreit.
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1. Die Beschwerdeführerin, Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist ein inkassoberechtigtes Factoringunternehmen, welches unter anderem auf der Grundlage einer von ihr gestellten Abtretungserklärung an sie abgetretene Schadensersatzansprüche auf Erstattung von Sachverständigenkosten nach Verkehrsunfällen gegen Haftpflichtversicherer außergerichtlich und gerichtlich geltend macht. Sie betreibt ihr Geschäft bundesweit und führt jährlich eine vierstellige Anzahl an Prozessen.
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a) Die Beschwerdeführerin begehrte im Ausgangsverfahren aus abgetretenem Recht die Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von 378,71 € aus einem Verkehrsunfall von der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Diese haftet als Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers unstreitig zu 100 % für die durch den Verkehrsunfall entstandenen Schäden und überwies die Klageforderung bereits vor Anhängigkeit der Klage direkt an den Sachverständigen.
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Das Amtsgericht wies die Klage ab, da der Beschwerdeführerin die Aktivlegitimation fehle. Bereits die vorangegangene Abtretung der Geschädigten an den Sachverständigen sei zu unbestimmt und daher unwirksam. In der Abtretungserklärung seien als abgetretene Forderung auch "Nebenkosten" aufgeführt, was jedoch weder hinreichend bestimmt noch hinreichend bestimmbar sei. Die entgegenstehende Rechtsprechung einer Berufungskammer des Landgerichts Köln (Urteil vom 23. April 2015 - 6 S 199/14 -), wonach die (gleichlautende) Abtretungserklärung "hinreichend" bestimmbar und folglich wirksam sei, überzeuge nicht. Das Landgericht gehe der aufgeworfenen Frage, was unter der Position "Nebenkosten" überhaupt zu verstehen sei, nicht nach.
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Die Berufung sei nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht vorlägen. Schon die genannte Entscheidung des Landgerichts sei geeignet, eine einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen, sodass weitere Entscheidungen des Berufungsgerichts nicht "erfordert" im Sinne des § 511 ZPO seien. Das tatsächliche Erreichen einer einheitlichen Rechtsprechung sei durch § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht geschützt. Vielmehr blieben die Vordergerichte in ihrer Entscheidung trotz einer abweichenden Entscheidung des Berufungsgerichts frei. Eine andere Beurteilung sei auch nicht durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 2004 (1 BvR 2682/03) veranlasst. Auch nach dieser Entscheidung - soweit man ihr folgen wolle - würden lediglich ansonsten drohende "schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung" die Zulassung der Berufung gebieten, die hier jedoch nicht ersichtlich seien.
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b) Mit ihrer vom Amtsgericht durch Beschluss zurückgewiesenen Anhörungsrüge wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass eine weitere Berufungskammer des Landgerichts Köln (Urteil vom 1. Dezember 2015 - 11 S 46/15 -) die Wirksamkeit der von ihr verwandten Abtretungserklärung bestätigt habe.
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Nichtzulassung der Berufung durch die Entscheidungen des Amtsgerichts. Sie rügt eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG, ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und führt dies näher aus.
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3. Die Verfassungsbeschwerde ist den Äußerungsberechtigten zugestellt worden. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens vertritt die Ansicht, die Nichtzulassung der Berufung sei weder willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG noch verstoße sie gegen Art. 103 Abs. 1 GG und führt dies näher aus. Die Akte des Ausgangsverfahrens lag der Kammer vor.
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II.
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1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet. Das angegriffene Urteil des Amtsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin jedenfalls in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, soweit in ihm die Berufung nicht zugelassen worden ist.
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a) Auslegung und Anwendung des Gesetzes sind Aufgabe der Fachgerichte und werden vom Bundesverfassungsgericht nur eingeschränkt, namentlich auf Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz wegen Missachtung des Willkürverbots, überprüft. Gegen den Gleichheitssatz wird nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren des Fachgerichts fehlerhaft sind. Hinzukommen muss vielmehr, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht; dabei enthält die Feststellung von Willkür keinen subjektiven Schuldvorwurf (stRspr; vgl. nur BVerfGE 83, 82 <84>). Es muss sich um eine krasse Fehlentscheidung handeln (vgl. BVerfGE 89, 1 <14>).
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b) Nach diesem Maßstab steht die Nichtzulassung der Berufung im angegriffenen Urteil des Amtsgerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht im Einklang.
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Die Beschwerdeführerin beantragte vor Erlass des Urteils, die Berufung im Fall der Abweichung von der Rechtsprechung des Landgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 ZPO). Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung, dem Ansinnen der Beschwerdeführerin nicht zu entsprechen, diesen Zulassungsgrund mit der nicht haltbaren Begründung verneint, schon das - in anderer Sache zu einer insoweit gleichlautenden Abtretungserklärung mit gegenläufiger Würdigung ergangene - Berufungsurteil des übergeordneten Landgerichts Köln (Urteil vom 23. April 2015 - 6 S 199/14 -) sei geeignet, eine einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen, sodass weitere Entscheidungen des Berufungsgerichts nicht "erfordert" im Sinne des § 511 ZPO seien. Das tatsächliche Erreichen einer einheitlichen Rechtsprechung sei durch § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht geschützt.
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Damit hat das Amtsgericht den Zulassungsgrund des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 ZPO übergangen. Dieser war im Ausgangsverfahren einschlägig. Danach ist die Berufung durch das Gericht des ersten Rechtszugs zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien auch vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93 i.V.m. S. 104; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 511 Rn. 73). Von solchen Unterschieden ist bei der Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93 i.V.m. S. 104; BVerfG, stattgebender Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004 - 1 BvR 2682/03 -, juris, Rn. 13; BVerfG, stattgebender Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004 - 1 BvR 172/04 -, NJW 2004, S. 2584 <2585>; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 511 Rn. 78; Lemke, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl. 2015, § 511 Rn. 44; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 511 Rn. 21; Wulf, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 20. Edition Stand: 01.03.2016, § 511 Rn. 39).
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Das Amtsgericht hat hinsichtlich der Anforderungen an die Bestimmtheit der von der Beschwerdeführerin verwandten Abtretungserklärung eine Rechtsfrage entschieden, die sich in einer Vielzahl von vergleichbaren Prozessen im Landgerichtsbezirk und damit auch vor dem Amtsgericht stellt, weil nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin dort einige ihrer Kunden und zudem verschiedene Versicherer ihren Sitz hätten. Dabei ist das Amtsgericht von der ihm erklärtermaßen bekannten Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichts abgewichen, was - worauf das Amtsgericht zu Recht verweist - aufgrund der sachlichen Unabhängigkeit des Gerichts (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden ist. Indem das Amtsgericht aber die Berufung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 ZPO nicht zugelassen hat, hat es damit die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Zuständigkeitsbereich des Berufungsgerichts vereitelt.
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Die Nichtzulassung der Berufung mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung erweist sich hier nicht nur als Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall, sondern als grobe Verkennung, die zugleich auf eine generelle Vernachlässigung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz hindeutet und auf einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Überdies ist nicht etwa deutlich abzusehen, dass die Beschwerdeführerin auch im Falle einer Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>). Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten des Ausgangsverfahrens zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs (vom 21. Oktober 2014 - VI ZR 507/13 -, juris), das sich zu einer Forderungsabtretung eines Sachverständigen an ein Factoringunternehmen verhält, die aus ganz anderen Gründen unwirksam war. Auch ist die Klage entgegen der Ansicht der Beklagten bei einer Aufhebung des Urteils und einer gegebenenfalls erneuten Verhandlung und Entscheidung in der Sache keineswegs zwingend wegen ihrer Zahlung an den Sachverständigen abzuweisen. Gegenstand des Rechtsstreits ist gerade die Rechtsfrage, ob die Beschwerdeführerin aufgrund der Kettenabtretung alleinige Forderungsinhaberin ist, mithin die Beklagte allein an sie mit Erfüllungswirkung leisten kann.
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2. Danach kann offenbleiben, ob auch bezüglich der von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG die Annahmevoraussetzungen vorliegen.
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III.
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1. Da die Nichtzulassung der Berufung durch das Amtsgericht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruht, ist das angegriffene Urteil insoweit gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Amtsgerichts zu der Anhörungsrüge wird damit gegenstandslos.
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2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
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Urteil einreichenBundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 27. Mai 2016 - 1 BvR 345/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Leverkusen vom 16.7.2014, Az. 22 C 638/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 9.1.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderen für Kfz-Sachverständigenhonorar.
3Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verantwortlich war, unterzeichnete der Geschädigte, Herr P, am 23.1.2013 einen Gutachtenauftrag, durch den er das Sachverständigenbüro B GmbH mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragte. Auf dem Antragsformular trat der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens an die Klägerin ab. Zugleich wurde der Anspruchsgegner unwiderruflich angewiesen, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die Klägerin (bezeichnet als KfzVS) zu begleichen. Ferner heißt es in dem Formular wie folgt:
4„Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. K3 (Bl. 26 der Akte) Bezug genommen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 6.2.2013 zu Reparaturkosten von 1083,86 € brutto. In der Rechnung vom selben Tag stellte er für das Gutachten 431,38 € in Rechnung. Auf die Rechnung wird ebenfalls verwiesen (Anl. K2 , Bl. 25 der Akte).
5Die Beklagte zahlte vorprozessual 400,63 € und lehnte eine weitere Zahlung ab, da das Honorar überhöht sei. Mit Schreiben vom 26.11.2013 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin und forderten restliche 32,04 € und berechneten zugleich 39 € vorgerichtliche Anwaltskosten, die sie aus Verzug forderten.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abtretung wirksam sei, insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis genüge. Das Honorar sei angemessen und jedenfalls aus Sicht des Geschädigten nicht erkennbar überhöht, so dass diesen jedenfalls kein Auswahlverschulden treffe. Die Rechnung des Sachverständigen liege im Korridor der Honorare der BVSK-Befragung.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
9sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 39 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hält die Abtretung mangels Bestimmtheit für unwirksam. Sie macht geltend, bereits mehr bezahlt zu haben als geschuldet. Es habe sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt, bei dem die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls sei das Honorar übersetzt und liege über dem ortsüblichen Niveau. Hierzu hat die Beklagte in der Klageerwiderung näher ausgeführt, hierauf wird insoweit verwiesen.
13Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretung mangels Bestimmtheit nicht wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
14Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.
15Die Klägerin beantragt,
16unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung, insbesondere die Höhe der erfassten Ansprüche nicht bestimmt sei. Für den Zedenten sei der Umfang der abgetretenen Ansprüche nicht überschaubar. Er werde gehindert, seine Forderungen gegen den Schädiger einzuziehen, bis die Honorarrechnung vollständig befriedigt sei. Allein das bedeute eine unangemessene Benachteiligung. Auch versteckte sich die Klägerin hinter dem Zedenten bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Honorarforderung, die überhöht sei. Dies könne der Klägerin entgegengehalten werden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
21Nach Auffassung der Kammer ist die Abtretung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unwirksam, so dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit ist erforderlich, dass der Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufgeschlüsselt wird (BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10). Hier handelt es sich bei der Abtretung der Ersatzansprüche um eine Mehrzahl von selbstständigen Forderungen, nicht nur um unselbstständige Rechnungsposten. Die Forderungen sind im 3. Abschnitt der Abtretungserklärung bezeichnet, nämlich Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten, so dass insoweit dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan ist. Auch die Reihenfolge ist festgelegt, wobei die jeweils nachfolgende Position nur abgetreten wird, wenn die vorhergehenden Positionen nicht ausreichen, um den gesamten Honoraranspruch zu decken. Insgesamt ist die Abtretung der Höhe nach begrenzt auf die Höhe des Honoraranspruchs gemäß Sachverständigenrechnung. Nach Auffassung der Kammer ist danach die Höhe der abgetretenen Forderungen zwar nicht betragsmäßig bestimmt, jedoch bestimmbar. Ob und in welcher Höhe die Abtretung eingreift, hängt einerseits von der Höhe der Sachverständigenrechnung ab, andererseits von der Höhe der abgetretenen Forderungen, die teilweise bereits entstanden sind, der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar sind, teilweise in ihrer Entstehung noch von der weiteren Entwicklung, etwa von der Dauer der Ausfallzeit abhängen können. Das steht jedoch dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, denn auch zukünftige Forderungen können bereits abgetreten werden, auch wenn deren Entstehung noch nicht gewiss ist. Die Abtretung wird gegenstandslos, wenn die Forderung nicht entsteht. In diesem Fall rückt die nächste Position nach. Unerheblich ist es daher, dass unter Umständen ungewiss ist, ob etwa Nutzungsausfallentschädigung anfallen wird, denn insoweit reicht, dass die Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar ist.
22Die Abtretung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Geschädigten nach § 307 BGB unwirksam. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt erfüllungshalber und ist mit einer Stundung der Honorarforderung verbunden. Nach den Bestimmungen in der Abtretungserklärung darf der Sachverständige oder die KfzVS den Auftraggeber des Sachverständigen erst nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung wieder in Anspruch nehmen. Der Höhe nach ist die Abtretung auf den Rechnungsbetrag begrenzt. Auch wenn dem Geschädigten durch die Abtretung unter Umständen die Verfolgung seiner Ansprüche erschwert wird, bis die Honorarrechnung beglichen ist, so ist andererseits das Sicherungsbedürfnis des Sachverständigen zu berücksichtigen, dem das Risiko, dass der Zedent etwa nur zu einem Bruchteil Ersatz verlangen kann, nicht aufgebürdet werden kann. Der Zedent kann die Ungewissheit beenden, indem er die Rechnung begleicht oder seiner Ansprüche in Höhe der Rechnung des Sachverständigen reduziert.
23Die Beklagte kann dem Anspruch auf Ersatz des Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen seien, weil es sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Der Sachverständige hat die Kosten auf 910,980 € netto = 1083,96 € brutto ermittelt, die Beklagte hat bei Zugrundelegen von Preisen einer nichtmarkengebundenen Fachwerkstatt 756,83 € ermittelt, wobei es sich unwidersprochen um den Nettobetrag handelt. Nach der Kommentierung bei Palandt-Grüneberg (Kommentar zum BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58) wird die Bagatellgrenze bei 700 € angenommen, so dass der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens selbst bei den von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten für erforderlich halten durfte, unabhängig davon, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens hätte selbst erkennen müssen.
24Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Höhe der Kosten kann die Beklagte nicht durchdringen. Dabei ist von der so genannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung auszugehen, d.h. es ist Rücksicht zu nehmen auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Dabei darf sich ein Geschädigter regelmäßig damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne dass er vorher eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (vergleiche BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13). Daher genügt er regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des gemäß § 287 ZPO zu schätzenden erforderlichen Betrages. Hieran ändert sich nach Auffassung der Kammer nichts dadurch, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht. Die Abtretung ändert nämlich nichts daran, dass es sich um einen in der Person des Geschädigten entstandenen Anspruch handelt. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Kosten ist daher auch auf die Person des Zedenten abzustellen. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht gleichgestellt werden, dass der Sachverständige selbst oder nach Abtretung der Zessionar des Sachverständigen dessen Honorarforderung geltend macht.
25Bei der Prüfung, in welcher Höhe der abgetretene Anspruch in der Person des Zedenten entstanden ist, greift aber der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ein. Dass der Geschädigte erkennen konnte, dass die Rechnung des Sachverständigen unangemessen ist, hat die Beklagte durch den Hinweis auf die Berechnung nach ihrer Honorarliste, die auf einer BVSK-Honorarbefragung beruhen soll, nicht schlüssig dargetan. Demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte die Rechnung um nur 8 % gekürzt hat, was schon dagegen spricht, dass es sich um eine erkennbar überhöhte Rechnung handelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch nicht nur auf die einzelnen Positionen der Rechnung abzustellen, sondern auf das Gesamtergebnis, das den letztlich zu zahlenden Betrag wiedergibt.
26Im übrigen hat die Beklagte die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung auch nicht ausreichend bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen einzelne Positionen, insbesondere bei den Nebenkosten, gibt aber keine nachvollziehbare Darstellung, welches nach ihrer Auffassung das angemessene und ortsübliche Honorar ist. Demgegenüber hat die Klägerin schon in der Klageschrift unbestritten aufgezeigt, dass die Honorarforderung des Sachverständigen sich im Rahmen der Werte des HB V-Korridors hält, und zwar noch leicht unterhalb des Durchschnitts. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer durchaus zulässig, bei Bestehen einer bestimmten Bandbreite für die übliche Vergütung von dem Mittelwert als angemessener Vergütung auszugehen (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 632, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
27Die Klage hat daher hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten Erfolg.
28Der Zinsanspruch ist aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin mit ihrer Berufung nicht mehr verfolgt.
29Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Obwohl die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sich im Gebührenstreitwert nicht ausgewirkt haben, ist für die 1. Instanz von einem Teilunterliegen auszugehen. Die erstinstanzlich verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren betragsmäßig höher als die Hauptforderung, so dass es in einem solchen Fall angemessen erscheint, eine Kostenquote zu bilden, bzw. hier die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
30Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Z. 10, 711 ZPO.
31Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob die Abtretungsklausel in der jetzt vorliegenden Fassung den Anforderungen an die Bestimmtheit der Abtretung bei einer Mehrzahl von Forderungen genügt, in einer Vielzahl von Fällen auftritt und klärungsbedürftig scheint.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.
(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Leverkusen vom 16.7.2014, Az. 22 C 638/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 9.1.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderen für Kfz-Sachverständigenhonorar.
3Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verantwortlich war, unterzeichnete der Geschädigte, Herr P, am 23.1.2013 einen Gutachtenauftrag, durch den er das Sachverständigenbüro B GmbH mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragte. Auf dem Antragsformular trat der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens an die Klägerin ab. Zugleich wurde der Anspruchsgegner unwiderruflich angewiesen, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die Klägerin (bezeichnet als KfzVS) zu begleichen. Ferner heißt es in dem Formular wie folgt:
4„Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. K3 (Bl. 26 der Akte) Bezug genommen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 6.2.2013 zu Reparaturkosten von 1083,86 € brutto. In der Rechnung vom selben Tag stellte er für das Gutachten 431,38 € in Rechnung. Auf die Rechnung wird ebenfalls verwiesen (Anl. K2 , Bl. 25 der Akte).
5Die Beklagte zahlte vorprozessual 400,63 € und lehnte eine weitere Zahlung ab, da das Honorar überhöht sei. Mit Schreiben vom 26.11.2013 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin und forderten restliche 32,04 € und berechneten zugleich 39 € vorgerichtliche Anwaltskosten, die sie aus Verzug forderten.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abtretung wirksam sei, insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis genüge. Das Honorar sei angemessen und jedenfalls aus Sicht des Geschädigten nicht erkennbar überhöht, so dass diesen jedenfalls kein Auswahlverschulden treffe. Die Rechnung des Sachverständigen liege im Korridor der Honorare der BVSK-Befragung.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
9sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 39 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hält die Abtretung mangels Bestimmtheit für unwirksam. Sie macht geltend, bereits mehr bezahlt zu haben als geschuldet. Es habe sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt, bei dem die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls sei das Honorar übersetzt und liege über dem ortsüblichen Niveau. Hierzu hat die Beklagte in der Klageerwiderung näher ausgeführt, hierauf wird insoweit verwiesen.
13Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretung mangels Bestimmtheit nicht wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
14Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.
15Die Klägerin beantragt,
16unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung, insbesondere die Höhe der erfassten Ansprüche nicht bestimmt sei. Für den Zedenten sei der Umfang der abgetretenen Ansprüche nicht überschaubar. Er werde gehindert, seine Forderungen gegen den Schädiger einzuziehen, bis die Honorarrechnung vollständig befriedigt sei. Allein das bedeute eine unangemessene Benachteiligung. Auch versteckte sich die Klägerin hinter dem Zedenten bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Honorarforderung, die überhöht sei. Dies könne der Klägerin entgegengehalten werden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
21Nach Auffassung der Kammer ist die Abtretung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unwirksam, so dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit ist erforderlich, dass der Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufgeschlüsselt wird (BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10). Hier handelt es sich bei der Abtretung der Ersatzansprüche um eine Mehrzahl von selbstständigen Forderungen, nicht nur um unselbstständige Rechnungsposten. Die Forderungen sind im 3. Abschnitt der Abtretungserklärung bezeichnet, nämlich Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten, so dass insoweit dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan ist. Auch die Reihenfolge ist festgelegt, wobei die jeweils nachfolgende Position nur abgetreten wird, wenn die vorhergehenden Positionen nicht ausreichen, um den gesamten Honoraranspruch zu decken. Insgesamt ist die Abtretung der Höhe nach begrenzt auf die Höhe des Honoraranspruchs gemäß Sachverständigenrechnung. Nach Auffassung der Kammer ist danach die Höhe der abgetretenen Forderungen zwar nicht betragsmäßig bestimmt, jedoch bestimmbar. Ob und in welcher Höhe die Abtretung eingreift, hängt einerseits von der Höhe der Sachverständigenrechnung ab, andererseits von der Höhe der abgetretenen Forderungen, die teilweise bereits entstanden sind, der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar sind, teilweise in ihrer Entstehung noch von der weiteren Entwicklung, etwa von der Dauer der Ausfallzeit abhängen können. Das steht jedoch dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, denn auch zukünftige Forderungen können bereits abgetreten werden, auch wenn deren Entstehung noch nicht gewiss ist. Die Abtretung wird gegenstandslos, wenn die Forderung nicht entsteht. In diesem Fall rückt die nächste Position nach. Unerheblich ist es daher, dass unter Umständen ungewiss ist, ob etwa Nutzungsausfallentschädigung anfallen wird, denn insoweit reicht, dass die Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar ist.
22Die Abtretung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Geschädigten nach § 307 BGB unwirksam. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt erfüllungshalber und ist mit einer Stundung der Honorarforderung verbunden. Nach den Bestimmungen in der Abtretungserklärung darf der Sachverständige oder die KfzVS den Auftraggeber des Sachverständigen erst nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung wieder in Anspruch nehmen. Der Höhe nach ist die Abtretung auf den Rechnungsbetrag begrenzt. Auch wenn dem Geschädigten durch die Abtretung unter Umständen die Verfolgung seiner Ansprüche erschwert wird, bis die Honorarrechnung beglichen ist, so ist andererseits das Sicherungsbedürfnis des Sachverständigen zu berücksichtigen, dem das Risiko, dass der Zedent etwa nur zu einem Bruchteil Ersatz verlangen kann, nicht aufgebürdet werden kann. Der Zedent kann die Ungewissheit beenden, indem er die Rechnung begleicht oder seiner Ansprüche in Höhe der Rechnung des Sachverständigen reduziert.
23Die Beklagte kann dem Anspruch auf Ersatz des Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen seien, weil es sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Der Sachverständige hat die Kosten auf 910,980 € netto = 1083,96 € brutto ermittelt, die Beklagte hat bei Zugrundelegen von Preisen einer nichtmarkengebundenen Fachwerkstatt 756,83 € ermittelt, wobei es sich unwidersprochen um den Nettobetrag handelt. Nach der Kommentierung bei Palandt-Grüneberg (Kommentar zum BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58) wird die Bagatellgrenze bei 700 € angenommen, so dass der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens selbst bei den von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten für erforderlich halten durfte, unabhängig davon, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens hätte selbst erkennen müssen.
24Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Höhe der Kosten kann die Beklagte nicht durchdringen. Dabei ist von der so genannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung auszugehen, d.h. es ist Rücksicht zu nehmen auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Dabei darf sich ein Geschädigter regelmäßig damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne dass er vorher eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (vergleiche BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13). Daher genügt er regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des gemäß § 287 ZPO zu schätzenden erforderlichen Betrages. Hieran ändert sich nach Auffassung der Kammer nichts dadurch, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht. Die Abtretung ändert nämlich nichts daran, dass es sich um einen in der Person des Geschädigten entstandenen Anspruch handelt. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Kosten ist daher auch auf die Person des Zedenten abzustellen. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht gleichgestellt werden, dass der Sachverständige selbst oder nach Abtretung der Zessionar des Sachverständigen dessen Honorarforderung geltend macht.
25Bei der Prüfung, in welcher Höhe der abgetretene Anspruch in der Person des Zedenten entstanden ist, greift aber der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ein. Dass der Geschädigte erkennen konnte, dass die Rechnung des Sachverständigen unangemessen ist, hat die Beklagte durch den Hinweis auf die Berechnung nach ihrer Honorarliste, die auf einer BVSK-Honorarbefragung beruhen soll, nicht schlüssig dargetan. Demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte die Rechnung um nur 8 % gekürzt hat, was schon dagegen spricht, dass es sich um eine erkennbar überhöhte Rechnung handelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch nicht nur auf die einzelnen Positionen der Rechnung abzustellen, sondern auf das Gesamtergebnis, das den letztlich zu zahlenden Betrag wiedergibt.
26Im übrigen hat die Beklagte die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung auch nicht ausreichend bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen einzelne Positionen, insbesondere bei den Nebenkosten, gibt aber keine nachvollziehbare Darstellung, welches nach ihrer Auffassung das angemessene und ortsübliche Honorar ist. Demgegenüber hat die Klägerin schon in der Klageschrift unbestritten aufgezeigt, dass die Honorarforderung des Sachverständigen sich im Rahmen der Werte des HB V-Korridors hält, und zwar noch leicht unterhalb des Durchschnitts. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer durchaus zulässig, bei Bestehen einer bestimmten Bandbreite für die übliche Vergütung von dem Mittelwert als angemessener Vergütung auszugehen (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 632, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
27Die Klage hat daher hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten Erfolg.
28Der Zinsanspruch ist aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin mit ihrer Berufung nicht mehr verfolgt.
29Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Obwohl die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sich im Gebührenstreitwert nicht ausgewirkt haben, ist für die 1. Instanz von einem Teilunterliegen auszugehen. Die erstinstanzlich verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren betragsmäßig höher als die Hauptforderung, so dass es in einem solchen Fall angemessen erscheint, eine Kostenquote zu bilden, bzw. hier die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
30Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Z. 10, 711 ZPO.
31Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob die Abtretungsklausel in der jetzt vorliegenden Fassung den Anforderungen an die Bestimmtheit der Abtretung bei einer Mehrzahl von Forderungen genügt, in einer Vielzahl von Fällen auftritt und klärungsbedürftig scheint.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
Tenor
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Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 24. Oktober 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin, die ein Unternehmen für Factoring-Dienstleistungen betreibt, macht gegenüber dem beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Erstattung von Sachverständigenkosten geltend. Diese hat ein durch einen Verkehrsunfall Geschädigter an den von ihm mit der Begutachtung des Schadens beauftragten Kfz-Sachverständigen abgetreten, der seinerseits auf der Grundlage einer "Dienstleistungsvereinbarung" vom 27. Juli 2010 die Forderung an die Klägerin abgetreten hat. Nach Ziffer 1 der überwiegend formularmäßigen "Dienstleistungsvereinbarung" übernimmt die Klägerin für die eingereichten Forderungen den Einzug. Bei ankaufsfähigen Forderungen erfolgt der Einzug mit Vorfinanzierung und Übernahme des Ausfallrisikos. Die Auszahlung des Rechnungsbetrages der ankaufsfähigen Forderungen erfolgt nach Ziffer 2 der Vereinbarung zu (handschriftlich ergänzten) 80 % nach drei Bankarbeitstagen abzüglich der Gesamtgebühr. Ferner enthält Ziffer 2 den handschriftlichen Zusatz: "Auszahlung der restlichen 20 % erfolgt nach Zahlungseingang".
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Die Beklagte hält die Abtretungen wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (im Folgenden: RDG) für unwirksam und hat hilfsweise die Aufrechnung mit einem vermeintlichen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Sachverständigen erklärt.
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Das Amtsgericht hat die Abtretungen für wirksam erachtet und der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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I.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt der Klägerin die Aktivlegitimation, weil die Abtretungsvereinbarung zwischen ihr und dem Sachverständigen gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 3 RDG nichtig sei. Eine Erlaubnis zur Erbringung von selbständigen Rechtsdienstleistungen sei der Klägerin unstreitig nicht erteilt worden. Die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Beklagten sei eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 RDG, da die Klägerin auf fremde Rechnung handele. Ausweislich ihres Internetauftritts biete sie ihre Dienstleistungen im Rahmen des Factorings dergestalt an, dass das wirtschaftliche Ergebnis dem Zedenten zu Gute kommen soll. An dem Tatbestandsmerkmal der Fremdheit ändere auch der vorgelegte Factoring-Vertrag zwischen dem Sachverständigen und der Klägerin nichts. Im Gegenteil bestätige dieser, dass die Klägerin nicht das volle Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen habe, weil die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungseingang abhängig sei.
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II.
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Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die (Zweit-)Abtretung der Forderung durch den Sachverständigen an die Klägerin ohne Rechtsfehler wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG in Verbindung mit § 3 RDG gemäß § 134 BGB als nichtig erachtet.
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1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nach § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG dürfen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG nur von Personen, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde erbracht werden.
- 7
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Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 35 f., 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO, S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Abgrenzung darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll, wobei nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen ist, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet. Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, das heißt das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, NJW 2013, 59 Rn. 13 f., vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, NJW 2014, 847 Rn. 18 und vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 137/13, juris Rn. 18; Beschluss vom 11. Juni 2013 - II ZR 245/11, WM 2013, 1559 Rn. 3; vgl. auch OLG Nürnberg, NJW-RR 2014, 852).
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2. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der zwischen dem Zedenten und der Klägerin geschlossenen "Dienstleistungsvereinbarung" vom 27. Juli 2010, wonach die Klägerin als Zessionarin das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung nicht voll, sondern nur teilweise (zu 80 %) übernommen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Das Revisionsgericht überprüft die Auslegung von Individualvereinbarungen durch den Tatrichter nur darauf, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Verfahrensvorschriften, anerkannte Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen und ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, aaO Rn. 12 mwN). Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor und werden von der Revision nicht aufgezeigt.
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b) Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht sich nicht nur in seinem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss auf den Internetauftritt der Klägerin gestützt, sondern darüber hinaus ausdrücklich die individuelle (handschriftliche) Vereinbarung zwischen dem Zedenten und der Klägerin berücksichtigt, wonach die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungseingang abhängig ist und mithin die Klägerin - ebenso wie in den Factoring-Angeboten in ihrem Internetauftritt - auch im konkreten Fall nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen hat. Hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
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c) An der Beurteilung würde sich nichts ändern, wenn man der Revision darin folgte, dass die handschriftliche Zusatzvereinbarung als Fälligkeitsabrede anzusehen sei (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, aaO Rn. 21). Denn der Zedent trägt einen Teil des Bonitätsrisikos auch dann, wenn der Anspruch auf Auszahlung der restlichen 20 % mangels Zahlungseingangs niemals fällig wird. Da die Klägerin im konkreten Fall nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen hat und sie deshalb mit der Einziehung der an sie abgetretenen Forderung insgesamt eine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 RDG betreibt, kommt auch - wie die Revision in der mündlichen Verhandlung zu erwägen gegeben hat - eine Teilnichtigkeit nicht in Betracht.
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3. Die Einziehung wird von der Klägerin zudem als eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. Ein solches liegt vor, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, aaO Rn. 21, und vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, aaO Rn. 29). Die Einziehung abgetretener Forderungen bildet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Hauptgeschäft der Klägerin, wovon auch die Revision ausgeht. Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, aaO Rn. 30).
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Galke Wellner Diederichsen
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Stöhr v. Pentz
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.
(1) Die Vorschriften für die Revision in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses gelten entsprechend in folgenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht (Verfassungsgerichtshof, Staatsgerichtshof) eines Landes:
- 1.
Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, den Verlust des Stimmrechts, den Ausschluss von Wahlen und Abstimmungen, - 2.
Verfahren über die Verfassungswidrigkeit von Parteien, - 3.
Verfahren über Anklagen gegen den Bundespräsidenten, gegen ein Regierungsmitglied eines Landes oder gegen einen Abgeordneten oder Richter und - 4.
Verfahren über sonstige Gegenstände, die in einem dem Strafprozess ähnlichen Verfahren behandelt werden.
(2) In sonstigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Absatz 1 genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5 000 Euro.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.