Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 09. Nov. 2017 - 1 BvR 2440/16, 1 BvR 2441/16

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20171109.1bvr244016
09.11.2017

Tenor

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts werden abgelehnt.

Gründe

1

Die beiden Verfassungsbeschwerden wenden sich gegen mehrere amtsgerichtliche Entscheidungen in zwei Beratungshilfeverfahren, mit denen dem Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe für Gehörsrügen sowie Kostenerstattung versagt wurden.

I.

2

1. Das Gesetz über die Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen vom 18. Juni 1980 (Beratungshilfegesetz - BerHG, BGBl I S. 689), zuletzt geändert durch Art. 140 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. August 2015 (BGBl I S. 1474), regelt die Gewährung von Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a EGZPO. Beratungshilfe wird gemäß § 1 Abs. 1 BerHG auf Antrag gewährt, wenn erstens der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, zweitens nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist, und drittens die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

3

2. Der Beschwerdeführer ist nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) leistungsberechtigt. In den beiden Ausgangsverfahren beantragte er beim Amtsgericht Beratungshilfe, um im Wege des Widerspruchs gegen zwei Bescheide eines Berliner Bezirksamts vorzugehen. Mit diesen Bescheiden wurde ihm die einmalige Gewährung bestimmter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch versagt. In dem einen Verfahren verlangte er die Übernahme von Kosten in Höhe von 50 € für eine Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt in zwei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten, denen Strafanzeigen des Beschwerdeführers gegen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft zugrunde lagen. In dem anderen Verfahren erstrebte er die Übernahme von Kosten in Höhe von 19 € für die Übersetzung eines Führungszeugnisses, das der beabsichtigten Auswanderung des Beschwerdeführers nach Thailand dienen sollte.

4

3. Das Amtsgericht wies die Anträge des Beschwerdeführers auf Gewährung von Beratungshilfe zunächst zurück. Die Erinnerungen des Beschwerdeführers blieben ebenfalls erfolglos. Wegen dieser ablehnenden Beschlüsse wurde dem Beschwerdeführer jeweils Beratungshilfe für die Angelegenheit "Beratung hinsichtlich der Möglichkeiten der Rechtsverfolgung durch die Obergerichte (hier BVerfG)" bewilligt. Der Beschwerdeführer erhob - nun anwaltlich vertreten - in beiden Ausgangsverfahren jeweils eine Gehörsrüge gegen die bisher ergangenen Entscheidungen und beantragte zugleich, ihm dafür Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Das Amtsgericht hob daraufhin seine Entscheidungen auf beziehungsweise änderte sie ab und bewilligte dem Beschwerdeführer Beratungshilfe.

5

Die Anträge des Beschwerdeführers, ihm für die Gehörsrügen Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wies das Amtsgericht aber zurück: Die Beratungshilfe entspreche außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; es sei anerkannt, dass für das Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren keine Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden könne. Dagegen erhob der Beschwerdeführer jeweils eine weitere Gehörsrüge und beantragte dafür wiederum die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Ferner beantragte er unter Hinweis auf den Erfolg der beiden ersten Gehörsrügen, dem Land die Kosten der Verfahren aufzuerlegen. Das Amtsgericht wies die Kostenanträge, die weiteren Gehörsrügen und die Anträge auf Verfahrenskostenhilfe zurück. Hinsichtlich der Entscheidungen über die Kostenanträge erhob der Beschwerdeführer jeweils noch eine weitere Gehörsrüge. Diese Gehörsrügen verwarf das Amtsgericht als unzulässig.

II.

6

Die beiden Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die jeweils fünf amtsgerichtlichen Entscheidungen, die in jedem der beiden Beratungshilfeverfahren ergingen. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Garantie der Rechtswahrnehmungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG, des Willkürverbots nach Art. 3 Abs. 1 GG, des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, des Anspruchs auf wirkungsvollen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.

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1. Die Versagung der Verfahrenskostenhilfe sei verfassungswidrig erfolgt. Dem Beschwerdeführer habe ein Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zugestanden, sowohl für die Gehörsrügen in den Beratungshilfe-Hauptsachen als auch für die Gehörsrügen gegen die ihm die Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschlüsse. Das Beratungshilfeverfahren stelle ein gerichtliches Hauptsacheverfahren nach § 114 ZPO dar. Anders als das Prozess- und Verfahrenskostenhilfeverfahren bestehe das Beratungshilfeverfahren nicht aus einem Haupt- und einem Nebenverfahren. Auch handele es sich bei den Gehörsrügen um Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung gemäß § 114 Abs. 1 ZPO.

8

Das Bundesverfassungsgericht habe zwar anerkannt, dass der Grundsatz, wonach keine Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren gewährt werde, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Allerdings sei der vorliegende Fall anders gelagert. Zum einen handele es sich um ein Beratungshilfeverfahren, das ähnlich dem Sozialverwaltungsverfahren sei. Zum anderen begehre der Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe für ein Rechtsbehelfsverfahren. Der Grundsatz "Keine PKH für PKH" gelte nur für das Prozesskostenhilfeverfahren. Für das Beschwerdeverfahren sei dort § 127 Abs. 4 ZPO einschlägig. Für die Gehörsrüge fehle es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage.

9

Falls das Bundesverfassungsgericht zu der Auffassung gelange, dass der Grundsatz "Keine PKH für PKH" auch in der Beratungshilfe und auch für das Gehörsrügeverfahren gelte, könne dieser jedoch nur Anwendung finden, wenn der Beschwerdeführer einen Kostenerstattungsanspruch materiell-rechtlicher Natur gegen das Land habe. Gerügt werden müsse daher auch die faktische Benachteiligung des Beschwerdeführers, indem ihm trotz des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe in der Hauptsache und damit trotz erfolgreicher Gehörsrügen die eigenen Verfahrenskosten auferlegt worden seien. Die Rechtsverfolgung werde damit faktisch erschwert, weil sie schlichtweg wirtschaftlich nachteilig sei.

10

2. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das Amtsgericht habe das durch alle Gesetze wirkende Prinzip der Kostenfreiheit für den Obsiegenden verkannt, was eine nicht zu rechtfertigende falsche Rechtsanwendung darstelle.

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3. Die angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts verletzten den Beschwerdeführer auch in seinen Ansprüchen auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und auf effektiven und wirkungsvollen Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Vertrete das Gericht schon im Vorhinein die Auffassung, dass Kosten eines erfolgreichen Rechtsbehelfsverfahrens nicht erstattbar seien, habe es auf diesen Umstand vor der Einlegung des Rechtsbehelfs hinzuweisen.

12

4. Schließlich sei der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das Amtsgericht habe sich mit der Telos-Argumentation des Beschwerdeführers und dem Vergleich mit dem Beratungshilfeverfahren als Verwaltungsverfahren ähnlich der Sozialhilfe nicht auseinandergesetzt, sondern allein auf den Wortlaut des § 81 FamFG abgestellt. Es habe nicht einmal erläutert, weshalb keine der Tatbestandsalternativen des § 81 FamFG erfüllt sei.

III.

13

Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht gegeben ist.

14

1. Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu.

15

Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung ist nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder die durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist. Über die Beantwortung der verfassungsrechtlichen Frage müssen also ernsthafte Zweifel bestehen. Anhaltspunkt für eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne kann sein, dass die Frage in der Fachliteratur kontrovers diskutiert oder in der Rechtsprechung der Fachgerichte unterschiedlich beantwortet wird. An ihrer Klärung muss zudem ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse bestehen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn sie für eine nicht unerhebliche Anzahl von Streitigkeiten bedeutsam ist oder ein Problem von einigem Gewicht betrifft, das in künftigen Fällen erneut Bedeutung erlangen kann. Bei der Prüfung der Annahme muss bereits absehbar sein, dass sich das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde mit der Grundsatzfrage befassen muss. Kommt es auf sie hingegen nicht entscheidungserheblich an, ist eine Annahme nach § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG nicht geboten (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>).

16

Die angegriffenen Entscheidungen über die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe gehen zwar von dem Grundsatz aus, dass im Beratungshilfeverfahren keine Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist. Die Frage, ob dieser Grundsatz gegen das Gebot der Rechtsschutz- und Rechtswahrnehmungsgleichheit verstößt, ist nach dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber ohne weiteres zu verneinen.

17

a) Das Bundesverfassungsgericht hat schon sehr früh aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Forderung nach einer "weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten im Bereich des Rechtsschutzes" abgeleitet (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 10, 264 <270 f.>; 22, 83 <86>; 51, 295 <302>; 56, 139 <143>; 63, 380 <394 f.>; 122, 39 <48 f.>). Diese Forderung hat es später unter ausdrücklicher Berufung auch auf den Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) mit der Erwägung begründet, die Verweisung der Beteiligten zur Durchsetzung ihrer Rechte vor die Gerichte bedinge zugleich, dass der Staat Gerichte einrichte und den Zugang zu ihnen jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffne (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>; 122, 39 <49> m.w.N.).

18

Danach darf Unbemittelten die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 22, 83 <86>; 63, 380 <394 f.>; 122, 39 <49>). Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 63, 380 <394 f.>; 122, 39 <49>). Er muss einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt (vgl. BVerfGE 51, 295 <302>; 81, 347 <357>; 122, 39 <49>). Das Bundesverfassungsgericht hat diesen verfassungsrechtlichen Maßstab der Rechtsschutzgleichheit zunächst allein bei der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes angewendet und hieran insbesondere die fachgerichtliche Prüfung der Erfolgsaussicht einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemessen (vgl. BVerfGE 122, 39 <49>).

19

b) Später hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) vom Gesetzgeber verlangt, auch im außergerichtlichen Bereich die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, dass der Rechtsuchende mit der Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte nicht von vornherein an mangelnden Einkünften oder ungenügendem Vermögen scheitert. Die tragende Erwägung des Bundesverfassungsgerichts zum Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit im prozessualen Bereich, dass der gleiche Rechtszugang jedermann unabhängig von seinen Einkunfts- und Vermögensverhältnissen möglich sein muss, gilt entsprechend für den außergerichtlichen Bereich. Weder der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) sind in ihrer Geltung auf gerichtliche Verfahren beschränkt. Diese im gerichtlichen Verfahren auf Rechtsschutzgleichheit gerichteten Verfassungsgrundsätze gewährleisten dem Bürger auch im außergerichtlichen Bereich Rechtswahrnehmungsgleichheit (vgl. BVerfGE 122, 39 <50 f.>).

20

c) Das Bundesverfassungsgericht hat sich überdies bereits mit der Frage befasst, ob die bestehenden gesetzlichen Vorschriften dem Gebot der Rechtsschutz- und Rechtswahrnehmungsgleichheit gerecht werden. Es hat entschieden, dass mit den vom Gesetzgeber für das Prozesskostenhilfeverfahren und das Beratungshilfeverfahren getroffenen Vorkehrungen sowohl der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzgleichheit als auch der Rechtswahrnehmungsgleichheit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Genüge getan ist (vgl. BVerfGE 56, 139 <143 f.>; 81, 347 <357>; 122, 39 <50 f.>; siehe auch BVerfGK 15, 438 <441>). Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne weiteres, dass das Amtsgericht nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsschutz- und Rechtswahrnehmungsgleichheit verstoßen hat, indem es die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zugunsten des Beschwerdeführers in den Beratungshilfeverfahren abgelehnt hat.

21

aa) In seiner Kammerrechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass der Grundsatz, für ein Prozesskostenhilfeverfahren sei Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2012 - 2 BvR 2377/10 -, NJW 2012, S. 3293 <3293 f. Rn. 12>; siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>). Das Bundesverfassungsgericht hat bereits dabei die grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung der Fragestellung nicht angenommen und an seine frühere Aussage angeknüpft, dass das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>; siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2016 - 2 BvR 1267/15 -, juris, Rn. 10; zum Risiko einer Prüfungsspirale ohne Ende Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 118 Rn. 12).

22

bb) Es gibt keinen Grund, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beratungshilfeverfahren anders zu behandeln. Auch das Beratungshilfeverfahren will die Rechtswahrnehmung nicht selbst bieten, sondern nur Hilfe dafür zugänglich machen. Der Unterschied zur Prozesskostenhilfe besteht in erster Linie darin, dass die Beratungshilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a EGZPO, also losgelöst von einem gerichtlichen Verfahren, gewährt wird. Dies ist entgegen der Auffassung der Verfassungsbeschwerden aber nicht von entscheidender Bedeutung. Auch das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, wenngleich aus Gründen der Sachnähe in der Zivilprozessordnung geregelt, nach der Rechtsprechung der Fachgerichte nicht Teil des kontradiktorischen Rechtsstreits, sondern ein eigenes, seinem Wesen nach öffentlich-rechtliches Verfahren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. November 1983 - VI ZR 100/83 -, BGHZ 89, 65 <65> und vom 10. Oktober 2012 - IV ZB 16/12 -, NJW 2013, S. 68 <70 Rn. 24>). Sowohl Beratungshilfe als auch Prozesskostenhilfe sind Leistungen im Rahmen staatlicher Daseinsfürsorge (vgl. BVerfGE 9, 256 <258>; BVerfGE 35, 348 <355>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Juni 2007 - 1 BvR 1014/07 -, juris, Rn. 8; siehe zu dem damaligen Armenrecht auch BVerfGE 54, 251 <273>: "Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege").

23

cc) Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Rechtswahrnehmung eines unbemittelten Rechtsuchenden die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Beratungshilfeverfahren erfordert. Die Gewährung von Beratungshilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens setzt gemäß § 1 Abs. 1 BerHG neben der Bedürftigkeit des Rechtsuchenden lediglich voraus, dass dem Beschwerdeführer keine andere zumutbare Möglichkeit zur Verfügung steht, Hilfe zu erlangen, und die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint. Im Unterschied zur Prozess- und zur Verfahrenskostenhilfe (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 76 Abs. 1 FamFG) kommt es für die Beratungshilfe nicht maßgeblich auf die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtswahrnehmung an (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 179/06 -, FamRZ 2007, S. 1088 <1090 Rn. 23>; Köpf, in: Poller/Teubel, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 BerHG Rn. 123 ff.). Damit bestehen im Beratungshilfeverfahren selbst keine rechtlichen Schwierigkeiten, die ein Bedürfnis für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zur Einschaltung eines Rechtsanwalts begründen könnten (vgl. Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl. 2014, Rn. 245).

24

d) Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht für Gehörsrügen im Beratungshilfeverfahren. Die vorstehenden Gründe gelten auch für das Anhörungsrügeverfahren.

25

aa) Es handelt sich dabei um einen Teil des Beratungshilfeverfahrens. Nach der Rechtsprechung der Fachgerichte ist die Anhörungsrüge zwar ein eigenständiger, wiedereinsetzungsähnlich ausgestalteter, außerordentlicher Rechtsbehelf zur Geltendmachung von Gehörsverletzungen gegenüber dem Ausgangsgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2012 - X ZR 7/11 -, juris, Rn. 1). Für ein Anhörungsrügeverfahren ist gesondert Prozesskostenhilfe zu beantragen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 - XI ZR 372/12 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 7 W 52/14 -, NJW-RR 2015, S. 576 <576 Rn. 3>). Gleichwohl handelt es sich dabei jedoch um ein unselbständiges Annexverfahren, das durch "Abhilfe" in die "Fortführung" des ursprünglichen Prozesses übergehen kann (§ 321a Abs. 5 ZPO, § 44 Abs. 5 FamFG). Es dient ausschließlich dem Zweck, das vorangegangene Verfahren auf den behaupteten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2014 - III ZR 355/13 -, NJW 2014, S. 2443 <2444 Rn. 12>; FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. August 2011 - 5 K 425/11 -, juris, Rn. 7; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 321a Rn. 2, 15, 18).

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bb) Angesichts der einfachen Struktur des Beratungshilfeverfahrens ist kein Grund erkennbar, warum hier eine Anhörungsrüge - die grundsätzlich auch mit entsprechend auszulegenden einfachen Ausführungen erhoben werden kann - zwingend die Einschaltung eines Rechtsanwalts erfordern sollte. Auch im Anhörungsrügeverfahren geht es letztlich um die Frage, ob dem Antragsteller nach dem Beratungshilfegesetz Hilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtswahrnehmung zu gewähren ist (vgl. zur Anhörungsrüge im Prozesskostenhilfeverfahren OLG Köln, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 7 W 52/14 -, NJW-RR 2015, S. 576 <576 Rn. 4>; siehe auch OVG Münster, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - 13 E 1250/12 -, juris, Rn. 1 und vom 24. Juli 2013 - 17 E 666/13 -, juris, Rn. 2).

27

cc) Auch die Zielsetzung des Anhörungsrügeverfahrens, Rechtsschutz gegen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG zu bieten und so den allgemeinen Justizgewährungsanspruch zu erfüllen (siehe BVerfGE 107, 395<401 ff., 408 ff.>; BTDrucks 15/3706, S. 1, 13; BTDrucks 15/3966, S. 1), lässt die Versagung von Verfahrenskostenhilfe nicht als unverhältnismäßige Erschwerung der Rechtswahrnehmung durch den unbemittelten Beschwerdeführer im Vergleich zu einem bemittelten Rechtsuchenden erscheinen. Dem Justizgewährungsanspruch ist durch die Möglichkeit der Anhörungsrüge nach § 5 Satz 1 BerHG, § 44 FamFG genügt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Juni 2007 - 1 BvR 1014/07 -, juris, Rn. 13). Für die Anhörungsrüge besteht gemäß § 10 Abs. 1 FamFG kein Anwaltszwang (vgl. Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 44 Rn. 27 ff.; Rüntz, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 44 Rn. 23; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 3). Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 103 Abs. 1 GG nur das rechtliche Gehör als solches gewährleistet, nicht rechtliches Gehör gerade durch Vermittlung eines Anwalts (vgl. BVerfGE 9, 124 <132>; 31, 297 <301>; 31, 306 <308>; 38, 105 <118>; 39, 156 <168>; BVerfGK 15, 438 <442>).

28

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist auch nicht gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

29

Eine solche Fallgestaltung liegt vor, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt. Eine existentielle Betroffenheit des Beschwerdeführers kann sich vor allem aus dem Gegenstand der angegriffenen Entscheidung oder seiner aus ihr folgenden Belastung ergeben. Ein besonders schwerer Nachteil ist jedoch dann nicht anzunehmen, wenn die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder wenn deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer auch im Falle einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

30

Danach ist eine Annahme der Verfassungsbeschwerden gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG schon deshalb nicht angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.

31

a) Die angegriffenen Entscheidungen, mit denen das Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe für die Gehörsrügen des Beschwerdeführers gemäß § 5 Satz 1 BerHG, § 76 Abs. 1 FamFG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abgelehnt hat, sind einfachrechtlich gut vertretbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

aa) Die Auslegung und Anwendung des Beratungshilfegesetzes obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffenen Entscheidungen Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 3 GG verbürgten Rechtswahrnehmungsgleichheit, die auch im außergerichtlichen Bereich Geltung beansprucht, beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung der Bestimmungen des Beratungshilfegesetzes zukommt, über die Grenze zur objektiven Willkür erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird (vgl. BVerfGK 15, 438 <441>; 18, 451 <453> m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 2015 - 1 BvR 1849/11 -, NJW 2015, S. 2322 <2323 Rn. 10>). Entsprechendes gilt für die Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO, vorliegend in Verbindung mit § 5 Satz 1 BerHG, § 76 Abs. 1 FamFG (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. August 2016 - 1 BvR 380/16 -, juris, Rn. 13).

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bb) Für das Prozess- und Verfahrenskostenhilfeverfahren entspricht es der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass grundsätzlich keine Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für das Bewilligungsverfahren selbst in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht nehmen an, dass unter einer "Prozessführung" im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur das eigentliche Streitverfahren zu verstehen sei, nicht aber das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, in welchem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 1984 - VIII ZR 298/83 -, BGHZ 91, 311 <312> und vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 -, BGHZ 159, 263 <265, 269>; BVerwG, Beschluss vom 22. August 1990 - 5 ER 640/90 -, juris, Rn. 1). Auch wird argumentiert, dass das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung an sich diene (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17. November 2015 - 6 WF 55/15 -, juris, Rn. 11; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Aufl. 2016, Rn. 185 ff.; Groß, BerH/PKH/VKH, 13. Aufl. 2015, § 114 Rn. 20; Poller, in: Poller/Teubel, Gesamtes Kostenhilferecht, 2. Aufl. 2014, § 114 ZPO Rn. 28 ff.).

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Überwiegend wird auch für das Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2017, § 114 Rn. 12 m.w.N.; siehe auch VGH Kassel, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 7 D 228/13 -, NJW 2013, S. 1690 <1690 f.>). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Prozesskostenhilfeverfahren zugelassen, beispielsweise für die Rechtsbeschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren, die nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden kann, und für den im Prozesskostenhilfeverfahren abgeschlossenen Vergleich zur Hauptsache (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02 -, NJW 2003, S. 1192 und vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 -, BGHZ 159, 263 <265 ff.>; siehe näher Fischer, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 118 Rn. 6, § 127 Rn. 25 m.w.N.; Poller, in: Poller/Teubel, Gesamtes Kostenhilferecht, 2. Aufl. 2014, § 114 ZPO Rn. 30 ff.).

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cc) Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe für die Gehörsrügen des Beschwerdeführers durch das Amtsgericht gut vertretbar. Im Beratungshilfeverfahren erfolgt keine Rechtswahrnehmung; es wird nur über Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten befunden. Soweit ersichtlich wird die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe im Beratungshilfeverfahren in Rechtsprechung und Literatur auch nicht befürwortet (ablehnend LG Koblenz, Beschluss vom 15. Oktober 2002 - 2 T 571/02 -, juris, Rn. 5; AG Halle, Beschluss vom 25. August 2011 - 103 II 2230/11 -, juris, Rn. 4; Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl. 2014, Rn. 245). Die Verfassungsbeschwerden stützen die gewünschte Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ohne Erfolg auf das Argument, § 127 Abs. 4 ZPO regele einen Ausschluss der Bewilligung von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe abschließend nur für das Beschwerdeverfahren und nicht für das Anhörungsrügeverfahren. Das Argument geht am Regelungsgehalt des § 127 Abs. 4 ZPO vorbei. Die Vorschrift betrifft die Erstattung außergerichtlicher Kosten und nicht die Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (siehe auch Wache, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 127 Rn. 39).

36

dd) Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war schließlich nicht aufgrund besonderer Umstände verfassungsrechtlich geboten. Zwar waren die beiden ersten - erfolgreichen - Gehörsrügen des Beschwerdeführers mit Wiedereinsetzungsanträgen verbunden; außerdem musste sich der Beschwerdeführer mit der unzutreffenden Erwägung des Amtsgerichts auseinandersetzen, es liege eine Rechtspflegersache vor, in der das Anhörungsrügeverfahren nicht anwendbar sei. Diese Erschwernisse reichen jedoch nicht aus, um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Gehörsrügen ausnahmsweise als verfassungsrechtlich geboten erscheinen zu lassen. Dem Beschwerdeführer ist nach der Zurückweisung seiner Erinnerungen, aber noch vor der Erhebung seiner beiden ersten Gehörsrügen Beratungshilfe für die Angelegenheit "Beratung hinsichtlich der Möglichkeiten der Rechtsverfolgung durch die Obergerichte (hier BVerfG)" bewilligt worden. Die Beratung hinsichtlich der Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde zu erheben, erstreckte sich auf die Frage, ob vorher noch eine Anhörungsrüge einzulegen ist (siehe auch Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 90 Rn. 367 ff.). Sie deckte damit die Fragen der Statthaftigkeit der Gehörsrügen und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Rügefrist ab. Unter diesen Umständen gebot die Rechtswahrnehmungsgleichheit nicht, dem Beschwerdeführer zusätzlich noch Verfahrenskostenhilfe für die Gehörsrügen zu bewilligen.

37

b) Die Verfassungsbeschwerden haben auch keine Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Kostenanträge des Beschwerdeführers wenden. Mit den Kostenanträgen wollte der Beschwerdeführer erreichen, dass dem Land die Kosten der erfolgreichen Gehörsrügen auferlegt werden. Die gegen die Zurückweisung der Kostenanträge gerichteten Angriffe der Verfassungsbeschwerden sind teils unbegründet, teils bereits unzulässig.

38

aa) Der Beschwerdeführer rügt auch hier einen Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit. Wie bereits dargelegt, fordert dieses verfassungsrechtliche Gebot aber nicht die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beratungshilfeverfahren. Aus denselben Gründen ist auch die Übernahme der Kosten eines vom Rechtsuchenden gleichwohl beauftragten Rechtsanwalts durch die Staatskasse aus Gründen der Rechtswahrnehmungsgleichheit nicht geboten.

39

bb) Die übrigen gegen die Zurückweisung der Kostenanträge gerichteten Angriffe genügen nicht den Begründungsanforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG.

40

Die Begründung von Verfassungsbeschwerden erfordert nach diesen Vorschriften eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht und mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts; darzulegen ist, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint. Soweit das Bundesverfassungsgericht bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, ist anhand dieser Maßstäbe aufzuzeigen, inwieweit Grundrechte verletzt sein könnten (vgl. BVerfGK 20, 327 <329> m.w.N.).

41

Diesen Anforderungen genügen die Angriffe der Verfassungsbeschwerden gegen die Zurückweisung der Kostenanträge nicht. Der Beschwerdeführer zeigt nicht anhand des einfachen Rechts - hier der nach § 5 Satz 1 BerHG anwendbaren Kostenregelungen des § 81 FamFG - und in Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben auf, warum die Annahme des Amtsgerichts, eine Rechtsgrundlage für die vom Beschwerdeführer erstrebte Kostenfolge bestehe nicht, verfassungsrechtlich zu beanstanden sein soll (vgl. zu Regelungen über die Kostenerstattung BVerfGE 27, 391 <395 f.>; 31, 306 <308 ff.>; 35, 283 <289 ff.>; 74, 78 <91 f., 94>; zur Kostenregelung des § 81 Abs. 4 FamFG vgl. OLG München, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 34 Wx 360/12 -, NJW-RR 2014, S. 22 <22 f.>; OLG Hamburg, Beschluss vom 10. April 2015 - 11 W 17/15 -, NJW-RR 2015, S. 1449 <1450 Rn. 11>). Entsprechendes gilt, soweit der Beschwerdeführer Verfassungsverstöße rügt, weil das Amtsgericht ihn nicht vorab auf die fehlende Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten für die Gehörsrüge hingewiesen und seine Entscheidungen unzureichend begründet habe.

42

c) Aus den vorgenannten Gründen haben die Verfassungsbeschwerden auch keine Aussicht auf Erfolg, soweit sie mit derselben Argumentation Verstöße gegen das Verbot objektiver Willkür nach Art. 3 Abs. 1 GG, den Anspruch auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG rügen.

IV.

43

Die Anträge des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Verfassungsbeschwerden sind in entsprechender Anwendung des § 114 ZPO (vgl. BVerfGE 1, 109 <110 ff.>) abzulehnen, weil die Verfassungsbeschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten.

44

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

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In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

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(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

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(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn

1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können,
2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist,
3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.

(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 16/12
vom
10. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus
grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1
ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer
objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den
Falschangaben beruht.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012- IV ZB 16/12 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 10. Oktober 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Beklagte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO.
2
I. Von der Klägerin auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen, beantragte er mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15. Juni 2010 beim Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. In der beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war angegeben, er suche nach Arbeit und verfüge weder über eigenes Einkommen noch über Vermögen. Auf Nachfrage des Gerichts ließ er in zwei weiteren Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ergänzend vortragen, er habe kein "relevantes" Bankguthaben, wohne bei der Mutter seines Sohnes, welche ihm den Mietanteil stunde und ihn durch Naturalleistungen unterstütze; einen PKW habe er nicht, könne jedoch ein von dritter Seite leihweise zur Verfügung gestelltes Fahrzeug nutzen, wodurch weitere Schulden entstünden. Er biete sich als Security-Kraft und für Bauarbeiten an, habe aber noch keine Aufträge erhalten und sei mittellos.
3
Mit Beschluss vom 9. November 2010 bewilligte ihm das Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. Am selben Tage wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.
4
Im Juni 2011 regte die Klägerin beim Landgericht an, die Prozesskostenhilfe wieder zu entziehen, denn der Beklagte habe schon während des Rechtsstreits einen PKW Audi A6 gefahren und dafür monatliche Kosten von rund 800 € bestritten. Dazu erklärte der Beklagte auf Anfrage des Gerichts, der PKW sei das ehemalige Firmenfahrzeug einer GmbH, deren Mitgesellschafter er gewesen sei; seine Geschäftsanteile habe er inzwischen veräußert. Den Fahrzeugunterhalt nebst Leasingvertrag habe er dabei übernehmen müssen, die Kosten würden ihm von Dritten ausgelegt. Urkunden, welche der Beklagte sodann auf richterliche Anordnung vorlegte, ist weiter zu entnehmen, dass er unter Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer mit notariellem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 23. Juni 2010 seinen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 13.000 € und eine Darlehensforderung gegen die GmbH in Höhe von 26.429,04 € zum Preise von insgesamt 3.000 € an Mitgesellschafter verkauft bzw. abgetreten hatte.
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Mit Beschluss des Rechtspflegers vom 17. November 2011 hat das Landgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Die da- gegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Rechtsschutzbegehren weiter.
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II. Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erfüllt, weil der Beklagte im Bewilligungsverfahren absichtlich falsche Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Er habe sowohl seinen vorgenannten GmbH-Geschäftsanteil als auch die Darlehensforderung gegen die GmbH und seine Gesellschafterstellung verschwiegen, aufgrund der er zur Nutzung des Firmenwagens Audi A6 3.0 TDI DPF quattro berechtigt gewesen sei. Die darin liegende Verletzung der Pflicht, wahre und vollständige Angaben zu machen (§ 117 Abs. 2 ZPO), entfalle nicht durch den zwischen Beantragung und Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgten Verkauf seiner Gesellschaftsbeteiligung, die behauptete Verwendung des Verkaufserlöses zur Schuldentilgung und die weiteren vorgenannten Verfügungen vom Juni 2010. Die diesbezüglichen Informationen habe der Beklagte nicht freiwillig, sondern erst auf gerichtliche Nachfrage gegeben und selbst dabei noch versucht, den Sachverhalt mit der Angabe zu verschleiern, das Geld für die Fahrzeugkosten werde ihm "von dritter Seite zur Verfügung gestellt". Das lasse auf den für eine absichtliche Falschangabe i.S. von § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erforderlichen Vorsatz schließen.
8
Dass nicht der Beklagte selbst, sondern sein Prozessbevollmächtigter die maßgeblichen Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben habe, sei wegen § 85 Abs. 2 ZPO unerheblich.
9
Es komme nicht darauf an, ob dem Beklagten auch bei wahren und vollständigen Angaben ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen. Zwar sei § 124 Nr. 2 ZPO nach weit verbreiteter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Kostenvorschrift ohne Strafzweck, die die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nur gestatte, wenn sie auf den falschen Angaben des Antragstellers beruhe. Zutreffend sei jedoch die Gegenansicht, nach der § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO Sanktionscharakter habe und die Aufhebung der Bewilligung bereits allein als Folge absichtlicher oder grob fahrlässiger falscher Angaben des Antragstellers ermögliche. Sonderfällen könne im Rahmen des von § 124 Nr. 2 ZPO eröffneten Ermessens ausreichend Rechnung getragen werden.
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Hier sei dieses Ermessen dahingehend auszuüben, dass die gesamte Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben sei. Ein weniger gravierender Verstoß gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben liege auch unter Zugrundelegung des neueren Vorbringens des Beklagten nicht vor. Insbesondere genügten seine Angaben und die eingereichten Belege noch immer nicht, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Sollstände auf seinem Konto seien mehrfach durch Bareinzahlungen unbekannter Herkunft im Gesamtwert von 1.450 € ausgeglichen worden, was die Vermutung nahelege, er verfüge über Einkünfte, die er nicht über sein Konto abwickle.
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2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Die Feststellung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe absichtlich falsche Angaben i.S. des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO gemacht und seine Darstellung sei darauf gerichtet gewesen, Fragen nach seiner Gesellschafterstellung und daraus resultierenden Einkünften und Veräußerungserlösen zu vermeiden, ist frei von Rechtsfehlern. Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei im - seiner Auffassung nach - allein maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung, d.h. am 9. November 2010, nicht mehr GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter gewesen, so dass seine ursprünglichen Angaben am Ende nicht mehr falsch gewesen seien, hat das Beschwerdegericht dies mit aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Begründung für nicht durchgreifend erachtet. Dass die Angaben des Beklagten unvollständig waren, räumt die Rechtsbeschwerde ein. Demgegenüber erscheint der Befund, dass der Beklagte im November 2010 nicht mehr als Geschäftsführer oder Gesellschafter mit der GmbH verbunden war, lediglich als Momentaufnahme, anhand derer sich seine wirtschaftliche Situation nicht ansatzweise überprüfen ließ. Weder im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. dazu OVG Hamburg NVwZ-RR 2011, 661) noch bei seiner Bewilligungsentscheidung war das Landgericht durch die Angaben des Beklagten über dessen wirtschaftliche Verhältnisse und insbesondere deren Entwicklung ausreichend unterrichtet.
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b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, setzt § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Prozesskostenhilfebewilligung geführt haben, die Bewilligung mithin auf den Falschangaben beruht.

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Die Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
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aa) Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge dienen die in § 124 ZPO unter den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände sämtlich allein dem Zweck, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Auch § 124 Nr. 2 ZPO sei mithin eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter. Sie habe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zur Voraussetzung, dass die Bewilligung auf den Falschangaben des Antragstellers beruhe, mithin objektiv falsch sei (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1987, 1170 f.; OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503 f.; OLGR 2005, 930 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 296 f.; MDR 1991, 791; OLG Koblenz OLGR 2005, 887 f.; OLG Köln FamRZ 1998, 1523; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 124 Rn. 13; Musielak/Fischer, ZPO 8. Aufl. § 124 Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 29. Aufl. § 124 Rn. 5; Baumbach/Hartmann, ZPO 70. Aufl. § 124 Rn. 37; BeckOKZPO /Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19, 19.1; MünchKomm-ZPO/ Motzer, 3. Aufl. § 124 Rn. 3 und 11; HK-ZPO/Pukall, 2. Aufl. § 124 Rn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 32. Aufl. § 124 Rn. 3). Befürworter dieser Auffassung verweisen darauf, dass dem Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO als Sanktionsvorschrift das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung von Rechtsschutz entgegenstehe. Ein objektiv gegebener Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei bei einem verfassungskonformen Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO höher zu bewerten als eine Oberflächlichkeit oder Unaufrichtigkeit des Antragstellers (OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503, 504; ähnlich BeckOK- ZPO/Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19.1). Ergänzend wird angenommen , das Zivil(prozess)recht sei kein geeigneter Ort, Sanktionen zwischen der Partei und dem Staat festzusetzen (Kratz aaO).
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bb) Die Gegenmeinung (OLG Bamberg FamRZ 1989, 1204; OLG Brandenburg NJ 2007, 25; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374 f.; OLG Hamm Rpfleger 1986, 238; OLG Köln FamRZ 1987, 1169; 1988, 740; Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 124 Rn. 9), der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, verweist demgegenüber vorwiegend auf Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 124 ZPO. Gegen die behauptete Zielsetzung, lediglich eine objektiv zutreffende Bewilligungsentscheidung herbeizuführen, und die Verneinung jeglichen Sanktionscharakters der Vorschrift spreche bereits, dass § 124 ZPO lediglich von einer "Aufhebung", nicht aber einer "Änderung" oder "Anpassung" der Bewilligungsentscheidung spreche. Nach dem Gesetzeswortlaut könne die Bewilligungsentscheidung aufgehoben werden, "wenn" - und nicht nur "soweit" - die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 erfüllt seien (OLG Köln FamRZ 1987, 1169; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374). Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Fälle absichtlicher und grob fahrlässiger Falschangaben des Antragstellers in den Nummern 1 und 2 des § 124 ZPO getrennt vom Fall des bloßen Fehlens der Bewilligungsvoraussetzungen (Nr. 3) geregelt. Daraus sei zu schließen, dass das Gesetz diesen unterschiedlichen Tatbeständen auch unterschiedliche Bedeutung für eine Aufhebung der Bewilligung beimesse. Da sämtliche Fälle des § 124 ZPO eine Ermessensentscheidung eröffneten, müsse in diese auch der unterschiedliche Unwertgehalt der einzelnen Tatbestandsvarianten einfließen, woraus sich ergebe, dass die Vorschrift nicht allein auf einen objektiven kostenrechtlichen Ausgleich ziele, sondern Strafcharakter habe (OLG Köln FamRZ 1988, 740). Dafür spreche auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl. I, 677), mit welchem das frühere Armenrecht durch das Institut der Prozesskostenhilfe abgelöst wurde, heißt es zur Begründung des § 122 ZPO-E, der später als § 124 in die Zivilprozessordnung aufgenommen worden ist: "Ob das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufhebt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Bei weniger gravierenden Verstößen gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgebenden Verhältnisse zu machen …, kann eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen der Partei … die angemessenere Reaktion des Gerichts sein." (BTDrucks. 8/3068 S. 31).
17
Hieraus wird gefolgert, § 124 Nr. 1 und 2 ZPO ermögliche in schwerer wiegenden Fällen von Falschangaben die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung , ohne dass es auf Weiteres ankäme (OLG Köln FamRZ 1987, 1169, 1170).
18
cc) Eine vermittelnde Meinung nimmt das Oberlandesgericht Zweibrücken ein (OLGR 2007, 958-960): Für einen Strafcharakter der Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO spreche, dass eine nachträgliche Anpassung der Prozesskostenhilfebewilligung an die objektive Sach- und Rechtslage - wenngleich auf vier Jahre befristet - bereits in § 124 Nr. 3 ZPO geregelt sei, so dass die Aufstellung zweier weiterer Tatbestände (in den Nr. 1 und 2) mit gleicher Rechtsfolge, jedoch zusätzlichen qualifizierten Schuldvoraussetzungen keinen Sinn ergebe. Kennzeichnend für die in § 124 Nr. 2 ZPO geregelten Sachverhalte sei allerdings, dass dem Gericht keine ausreichende Grundlage für die Feststellung gewährt werde , der Antragsteller sei bedürftig. Das Gericht müsse deshalb im Rah- men der ihm eröffneten Ermessensentscheidung prüfen, ob sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse trotz der mittels Falschangaben heraufbeschworenen Unsicherheit noch ausreichend sicher feststellen ließen. Die Darlegungslast hierfür liege beim Antragsteller. Ergebe diese Prüfung hinreichend sicher, dass der Antragsteller bedürftig sei, könne ihm die Prozesskostenhilfe belassen werden, anderenfalls sei die Aufhebung der Bewilligung keine Strafe, sondern lediglich beweisrechtliche Folge der vom Antragsteller geschaffenen Unsicherheit.
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dd) Der Bundesgerichtshof hat lediglich vor Inkrafttreten der 2. Alternative des § 124 Nr. 2 ZPO (vgl. KostÄndG 1986 BGBl. I 1986, 2326, 2338) ausgesprochen, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sachlich gerechtfertigten Umfang nicht dadurch verwirke , dass er seine Offenbarungspflicht in Bezug auf eine Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse verletze (BGH, Beschluss vom 14. März 1984 - IVb ZB 114/83, FamRZ 1984, 677, 678 unter II 1 a). Im Übrigen hat er die hier erörterte Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - X ZR 119/99, juris Rn. 6).
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ee) Die oben unter bb) vorgestellte Rechtsauffassung trifft zu.
21
Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO sprechen dafür, dass das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten falschen Angaben des Antragstellers auch dann aufheben kann, wenn die Bewilligung nicht auf diesen Angaben beruht, sofern die falschen Angaben jedenfalls generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen.

22
(1) § 124 ZPO nennt unter den Nummern 1 bis 3 drei unterschiedliche Tatbestände, die die Ermessensentscheidung eröffnen, eine frühere Prozesskostenhilfebewilligung mit Blick auf die Bewilligungsvoraussetzungen , bzw. ihre Darlegung, aufzuheben. In den Nummern 1 und 2, welche zum einen eine unrichtige Darstellung des Streitstandes, zum anderen unrichtige Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zum Gegenstand haben, ist nicht davon die Rede, die Aufhebung der Bewilligung setze zusätzlich voraus, dass letztere auf den falschen Angaben beruhe, mithin nicht der objektiven Sachlage entspreche. Dies wird ausdrücklich nur in Nummer 3 vorausgesetzt und bildet dort den alleinigen Aufhebungsgrund. Wollte man annehmen , dieselbe Voraussetzung gelte - ungeschrieben - auch im Rahmen der Nummern 1 und 2, beschränkte sich deren Regelungsgehalt darauf , die Befristung der in Nummer 3 ohnehin eröffneten Aufhebungsmöglichkeit in Fällen schuldhaft falscher Angaben entfallen zu lassen.
23
Ein solches Verständnis wird dem Aufbau der Vorschrift nicht gerecht. Ihm liegt stattdessen erkennbar zugrunde, dass derjenige Antragsteller , der im Bewilligungsverfahren schuldhaft falsche Angaben macht, sich mithin subjektiv falsch verhält, hinsichtlich des Bestandes seiner Bewilligung weniger schutzwürdig erscheint, als derjenige, dessen Bewilligung sich lediglich als objektiv unzutreffend erweist. Dementsprechend regeln die Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO und in § 124 Nr. 3 ZPO Aufhebungsgründe von unterschiedlichem Unwertgehalt, was in der zeitlichen Begrenzung der Aufhebung der Bewilligung nach Nummer 3 seinen Ausdruck findet. Hätten alle Tatbestände eine objektive Unrichtigkeit der ursprünglichen Bewilligung zur gemeinsamen Voraussetzung, wäre zu erwarten gewesen, dass dies "vor die Klammer gezogen", d.h. den Nummern 1 bis 3 vorangestellt worden wäre. Im Übrigen hätten die qualifizierten subjektiven Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 in diesem Falle nur noch Bedeutung für die in Nummer 3 geregelte Befristung. Es hätte dann kein Anlass bestanden, sie vor der Regelung der Nummer 3 als gesonderte Tatbestände zu formulieren, sondern genügt, es bei der Regelung der Nummer 3 bewenden zu lassen und ihr einen letzten Halbsatz hinzuzufügen, demzufolge die Befristung nicht gelte, wenn die Bewilligung auf einer unrichtigen Darstellung des Streitstandes oder absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten unrichtigen Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruht.
24
(2) Das Argument, die Zivilprozessordnung sei nicht der Ort, Sanktionen zwischen Staat und Bürger zu regeln, überzeugt ebenso wenig wie das allgemeine, von seinen Befürwortern nicht näher begründete Postulat, § 124 ZPO wohne als rein kostenrechtlicher Bestimmung kein Sanktionscharakter inne. Dabei wird bereits verkannt, dass das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenngleich aus Gründen der Sachnähe in der Zivilprozessordnung geregelt, nicht Teil des kontradiktorischen Rechtstreits, sondern ein eigenes, seinem Wesen nach öffentlich-rechtliches Subventionsverfahren der Daseinsvorsorge darstellt, bei dem die bedürftige Partei dem bewilligenden Staat als Antragsteller gegenübertritt, während der Prozessgegner keine Parteirolle einnimmt, sondern lediglich ein Anhörungsrecht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1983 - VI ZR 100/83, BGHZ 89, 65 f.). Es ist deshalb nicht möglich, aus dem allgemeinen Wesen des Zivilprozesses Rückschlüsse auf den Regelungsgehalt der allein das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffenden Bestimmungen zu ziehen. Die §§ 114 ff. ZPO regeln insoweit eigenständig die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsschutz suchende Partei staatliche Unterstützung beanspruchen kann, umgekehrt aber in § 124 ZPO auch die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligung. Dass es dem Gesetzgeber dabei nicht möglich sein sollte, auch Verwirkungstatbestände für den Fall unlauteren Verhaltens des Antragstellers zu schaffen, ist nicht ersichtlich. Für einen Sanktionscharakter der in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO getroffenen Regelungen spricht insoweit gerade die alleinige Anknüpfung an ein Verschulden des Antragstellers im Kontrast zu der verschuldensunabhängigen Korrektur der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO.
25
(3) Dieses Verständnis stützt auch die amtliche Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18. März 1985 (BT-Drucks. 10/3054). Danach wurde mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (KostÄndG 1986 BGBl. I 2326) § 124 Nr. 2 ZPO erklärtermaßen als "erforderliche Sanktion bei einer Verletzung der Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO" (BT-Drucks. 10/3054 S. 22) um die zweite Alternative erweitert. Auch der Aufhebungsgrund in § 124 Nr. 4 ZPO wird als reine Sanktion für die Missachtung der richterlichen Zahlungsanordnung verstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - VI ZB 72/03, NJW-RR 2006, 197 unter II 2 b).
26
Ferner geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 124 Nr. 1 und 2 ZPO Hinweise darauf, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch allein als Folge falscher Angaben des Antragstellers möglich sein sollte. In der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17. Juli 1979 heißt es zum dortigen § 122, aus dem später der § 124 ZPO hervorgegangen ist: "Absatz 1 erlaubt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufzuheben, wenn die Partei die Bewilligung durch bewußt falsche Angaben über das Streitverhältnis oder über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erschlichen hat, wenn sie grob fahrlässig unrichtige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, wenn sie bewußt oder grob fahrlässig ihrer Anzeigepflicht nach § 121 … nicht nachgekommen ist oder wenn sie mit den angeordneten Zahlungen erheblich in Rückstand ist. … Nach Absatz 2 kann das Gericht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind. … In diesen Fällen soll jedoch eine zeitliche Grenze für die Aufhebung … bestehen." (BT-Drucks. 8/3068 S. 31).
27
Daraus wird ersichtlich, dass der Entwurf in zwei getrennten Absätzen zwischen einer verschuldensabhängigen und einer lediglich auf objektiven Gründen beruhenden Aufhebung der Bewilligung unterschied, und der Gesetzgeber neben dem Erschleichen der Bewilligung auch grob fahrlässig unrichtige Angaben des Antragstellers für die Aufhebung ausreichen lassen wollte. Der Entwurf hat, wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat, im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren zwar redaktionelle Änderungen erfahren (vgl. dazu BT-Drucks. 10/3054 S. 22), insbesondere ist davon abgesehen worden, die objektiven Aufhebungsgründe in einem gesonderten Absatz 2 zu regeln; eine sachliche Änderung ging damit indes nicht einher.
28
(4) Der Gesetzeszweck spricht ebenfalls dafür, § 124 Nr. 2 ZPO als Verwirkungstatbestand anzusehen, bei dem es auf eine Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt.
29
Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot steht (vgl. dazu Zöller/ Geimer, ZPO 29. Aufl. § 118 Rn. 13), ist der Antragsteller - wie sich insbesondere aus § 117 Abs. 2 Satz 1 und § 118 Abs. 2 ZPO ergibt - bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen. Zu eigenen Ermittlungen ist es dann in der Regel nicht verpflichtet. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO enthält insoweit ebenfalls eine Sanktion für unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben des Antragstellers (vgl. dazu OLG Saarbrücken OLGR 2009, 336, 337), für die es nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt. Es wird vielmehr allein auf seine unzureichende Mitwirkung im Bewilligungsverfahren abgestellt. Die genannten Regelungen beruhen darauf, dass das Gericht im Bewilligungsverfahren, welches sich im Interesse des Antragstellers an einer schnellen Entscheidung mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnügt, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen ist. Begründet der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheint es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglichist.
30
(5) Wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, ist eine einschränkende Auslegung des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO auch aus Verfassungsgründen nicht geboten. Zwar folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Verpflichtung des Staates, die Situation Bemittelter und Unbemittelter im Bereich des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen, insbesondere letzteren den Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig zu erschweren (vgl. BVerfG NJW 2009, 209 f. m.w.N.). Dem trägt die von der Zivilprozessordnung eröffnete Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, Rechnung. Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben besagen indes nicht, dass dem um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden nicht auferlegt werden könnte, die persönlichen und wirtschaftlichen Bewilligungsvoraussetzungen in redlicher Weise darzulegen. Ebenso wenig verstößt es gegen die vorgenannte staatliche Verpflichtung zur Angleichung, wenn das Gesetz an ein schuldhaftes unredliches Verhalten des Antragstellers die Verwirkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe knüpft. Dem Beschwerdegericht ist darin zuzustimmen, dass § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO der Gefahr einer unverhältnismäßigen Erschwernis des Zugangs zu den Gerichten schon dadurch ausreichend begegnet, dass die Aufhebung der Bewilligung lediglich bei einem qualifizierten Verschulden des Antragstellers ermöglicht wird und zudem besonderen Härtefällen im Rahmen der durch die Vorschrift eröffneten Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden kann.
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c) Das gemäß § 124 ZPO eröffnete Ermessen hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler ausgeübt. Seine Feststellung, der Beschwerdeführer habe seine frühere Beteiligung an der GmbH und seine Darlehensforderung gegen diese nicht von sich aus mitgeteilt und selbst auf Nachfrage des Gerichts noch bewusst verschleiert, um weitere Nachfragen zu vermeiden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
32
Die Rechtsbeschwerde rügt die Feststellung des Beschwerdegerichts , dem Konto des Beklagten seien Bareinzahlungen unbekannter Herkunft in Höhe von insgesamt 1.450 € zugeflossen, was die Vermu- tung eigener Einkünfte nahe lege. Dabei habe das Beschwerdegericht übergangen, dass der Beklagte - unter anderem mittels einer schriftlichen Bestätigung der Mutter seines Sohnes - dargelegt habe, die Einzahlungen stammten von dieser. Das verkennt aber, dass das Beschwerdegericht die Glaubwürdigkeit des Beklagten infolge seiner vorsätzlichen Falschangaben insgesamt in Zweifel gezogen und aus diesem Grunde weder sein Vorbringen im Aufhebungs- und Beschwerdeverfahren noch die dazu vorgelegten Nachweise als ausreichend angesehen hat, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Die Rechtsbeschwerde versucht insoweit ohne Erfolg, diese Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu ersetzen.
33
Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier lediglich ein weniger gravierender Verstoß gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgeblichen Verhältnisse zu machen, vorliegt, beidem lediglich eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten angemessen wäre (vgl. dazu BTDrucks. 8/3068 S. 31).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 17.11.2011- 5 O 120/10 T -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom18.04.2012 - 9 W 72/11 -

(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn

1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können,
2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist,
3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.

(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 179/06
vom
25. April 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Prozesskostenhilfe kann nach § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur für den jeweiligen
Rechtszug (im kostenrechtlichen Sinne) bewilligt werden, nicht aber für eine
außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts "zwischen den Instanzen" (Prüfung
der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels, Nr. 2100 des Vergütungsverzeichnisses
zum RVG).
BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 179/06 - OLG Düsseldorf
AG Mönchengladbach-Rheydt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2007 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke
sowie die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 5. Familiensenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren die Abänderung eines Vergleichs , durch den er sich zur Zahlung von Kindesunterhalt an seine minderjährigen Kinder, die Beklagten zu 1 und 2, verpflichtet hat. Das Amtsgericht hat ihm für diese Unterhaltsabänderungsklage Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung gewährt. Den weitergehenden Antrag, Prozesskostenhilfe auch "für die nach Abschluss der Instanz fällige Prüfung der Erfolgsaussichten eines etwaigen Rechtsmittels (Nr. 2200 - jetzt 2100 - des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) zu gewähren", hat das Amtsgericht abgelehnt.
2
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde sein Begehren auf ergänzende Pro- zesskostenhilfegewährung zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels weiter.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie ist nach der Gewährung von Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde mit Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2006 auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet:
4
1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung mit dem gleichen Wortlaut begründet ist wie seine in FamRZ 2006, 628 f. veröffentlichte Entscheidung vom selben Tag in einer gleich gelagerten Sache, hat einen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels schon vor Abschluss der Instanz verneint und dazu ausgeführt:
5
§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO sehe die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert vor. Die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels gehöre aber nicht mehr zu dem Instanzenzug, dessen abschließende Entscheidung angefochten werden solle.
6
Die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels sei auch keine andere Angelegenheit im Sinne von § 48 Abs. 4 RVG. Es fehle an einem Zusammenhang im Sinne der dort aufgeführten vier Fallgruppen.
7
Demgegenüber seien die Prüfung der Erfolgsaussichten und die Beratung über die Einlegung eines Rechtsmittels außergerichtliche Tätigkeiten. Für deren Finanzierung könne staatliche Hilfe nur nach dem Beratungshilfegesetz gewährt werden.
8
2. Die überzeugend begründete Entscheidung des Oberlandesgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand:
9
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gehört die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels nicht zum abgeschlossenen Rechtszug und kann diesem auch nicht über § 48 Abs. 4 RVG oder die Systematik des RVG in Verbindung mit dem Vergütungsverzeichnis (VV) zugerechnet werden:
10
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) die rechtsanwaltlichen Vergütungsmodalitäten geändert. An die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) ist das Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) getreten. Das Gesetz sollte für den rechtsuchenden Bürger anwenderfreundlicher gestaltet werden (BT-Drucks. 15/1971, S. 1 f., 144). Zu einer der wesentlichen Änderungen gehört dabei, dass die "Abrategebühr" gemäß § 20 Abs. 2 BRAGO (vgl. hierzu Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Aufl. 2002, § 20 Rdn. 25 ff. und zu den Änderungen durch das RVG: Podlech-Trappmann in Bischof/Jungbauer/ Podlech-Trappmann, Kompaktkommentar RVG, S. 473 f. sowie Onderka in Goebel/Gottwald, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 2004, VV RVG, S. 377) durch die Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels nach dem Vergütungsverzeichnis Nr. 2100 ersetzt wurde. Diese ist nunmehr unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt die Einlegung eines Rechtsmittels empfiehlt oder davon abrät.
11
Von dieser Änderung nicht betroffen ist § 119 Abs. 1 ZPO, wonach Prozesskostenhilfe nur für den jeweiligen Rechtszug gewährt werden kann. Die Definition, derzufolge ein Rechtszug mit dem einleitenden Antrag beginnt und mit der abschließenden Entscheidung oder anderweitigen endgültigen Erledigung endet (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. § 119 Rdn. 1; BGH, Beschluss vom 8. Juli 2004 - IX ZB 565/02 - FamRZ 2004, 1707, 1708), bleibt verbindlich.
12
Soweit § 48 RVG gebührenrechtlich Ergänzungen vornimmt (im Einzelnen dazu BT-Drucks. 15/1971, S. 200 f. und Göttlich/Mümmler, RVG, S. 723 f.), kann diesen die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels nicht durch ergänzende Gesetzesauslegung, richterliche Rechtsfortbildung oder Analogie hinzugerechnet werden. Weder die Einordnung der Gebührentatbestände in dem Vergütungsverzeichnis zum RVG noch Praktikabilitätsgründe können insoweit eine Prozesskostenhilfebewilligung rechtfertigen (so auch Schons in Praxiskommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Aufl., Rdn. 12 ff. zu 2100 VV; ders. AGS 2005, 568, 569).
13
Der Gesetzgeber hat die "Abrategebühr" gemäß § 20 Abs. 2 BRAGO bewusst abgeschafft. Dies führt - insoweit ist dem Beschwerdeführer beizutreten - dazu, dass die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht zusätzlich vergütet wird. Der Gesetzgeber war jedoch berechtigt, das speziellere Vergütungsrecht zu ändern, ohne eine Anpassung im allgemeinen Prozessrecht vorzunehmen.
14
Generell besteht kein Anspruch der nicht ausreichend bemittelten Partei, gegenüber einem "Selbstzahler" völlig gleichbehandelt zu werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 81, 347, 355 ff.; BVerfGE 22, 83, 85 f. und Beschluss vom 26. April 1988 - 1BvL 84/86 - NJW 1988, 2231 ff.) verlangt lediglich , dass im Bereich des Rechtsschutzes die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten weitgehend anzugleichen ist. Daraus folgt, dass einseitige Benachteiligungen ohne sachlichen Grund zu vermeiden sind. Ebenso folgt daraus, dass der Rechtsschutz für die unbemittelte Partei nicht unver- hältnismäßig erschwert werden darf und ungerechtfertigte Härten auszugleichen sind. Von ihr kann aber verlangt werden, die Prozessaussichten vernünftig abzuwägen und das Kostenrisiko zu berücksichtigten (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 235/92 - MDR 1994, 406).
15
Die vorliegend begehrte Ergänzung der bereits gewährten Prozesskostenhilfe betrifft nur die anwaltliche Beratungstätigkeit in dem Zeitraum von der Verkündung einer erstinstanzlichen Entscheidung bis zu der Einlegung eines Rechtsmittels dagegen. Wenngleich zu den Pflichten eines Rechtsanwalts gehört , die Interessen der Partei auch in diesem Zwischenstadium zu wahren (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juli 1989 - IX ZR 75/88 - WM 1989, 1826 ff. und vom 17. Januar 2002 - IX ZR 100/99 - WM 2002, 512 f.), so entsteht doch keine unbillige Benachteiligung, wenn nicht auch dafür Prozesskostenhilfe gewährt wird.
16
b) Die Argumentation der Rechtsbeschwerde, die Zeit zur Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels werde zu knapp, wenn Prozesskostenhilfe dafür erst nach Erlass der Entscheidung beantragt werden könne (so auch Hartung /Römermann, ZRP 2003, 149 ff., 151), überzeugt nicht.
17
Im Rechtsmittelverfahren ist der Prozessstoff bereits durch die erste Instanz aufgearbeitet. In der Regel kommt es auf Rechtsfragen an, während der Sachverhalt nur sehr eingeschränkt ergänzt werden kann. Normalerweise genügen die Rechtsmittelfristen von zumeist einem Monat (§§ 517, 544 Abs. 2 Satz 1, 548, 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO), um vor deren Ablauf einen Prozesskostenhilfeantrag einzureichen. Notfalls muss die Einlegung eines Rechtsmittels, sofern sie nicht bis zur Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zurückgestellt und sodann mit einem Wiedereinsetzungsgesuch verbunden wird, "fristwahrend" erfolgen. Die Mehrkosten bei einer anschließenden Rücknahme sind nicht unverhältnismäßig hoch. Bei der vorliegend im Raum stehenden Berufung er- mäßigt sich die 4,0 Gebühr nach KV 1220 auf eine 1,0 Gebühr gemäß KV 1221 bei Rücknahme des Rechtsmittels vor Eingang der Begründungsschrift.
18
Ein gewisser - durch Rechtsmittelfristen aber generell ausgelöster - Zeitdruck ist der Rechtssicherheit wegen nicht zu vermeiden. Ebenso wie nur das Rechtsmittelgericht über die Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz befinden kann, muss auch die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels der höheren Instanz vorbehalten bleiben. Ein Ausgangsgericht kann nicht, schon gar nicht zu Beginn des Rechtsstreits, beurteilen, ob ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung Aussicht auf Erfolg haben wird. Selbst bei streitigen Rechtsfragen, für deren Klärung ein Rechtsmittel vom Ausgangsgericht zugelassen wird, ist eine Kontrolle nur möglich, wenn die Prüfungskompetenz auf das Rechtsmittelgericht übergeht.
19
c) Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Anrechnungsmodalitäten der Gebühren zur Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels auf die im Rechtsmittelverfahren anfallenden Gebühren (vgl. auch Onderka, aaO S. 380 Rdn. 16 ff. und Hartung, aaO S. 208) kommt es nicht an.
20
Entscheidend ist, ob der Gesetz- oder Verordnungsgeber einen Lebenssachverhalt dahingehend geregelt hat, dass er durch öffentliche Mittel unterstützt werden kann. Nur wenn dies der Fall ist, dürfen Steuergelder entsprechend verwandt werden. Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 15/1971, S. 3) ergibt, wurde zwar eine angemessene Erhöhung der Einnahmen der Anwaltschaft grundsätzlich angestrebt; speziell § 48 RVG (BT-Drucks. 15/1971, S. 200 f.) und Nr. 2100 des Vergütungsverzeichnisses (BT-Drucks. 15/1971, S. 206) wurden aber nicht so ausgestaltet, dass Prozesskostenhilfe für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels im voraus gewährt werden kann.
21
Auf die häufig vom Einzelfall abhängigen weiteren Umstände einer Anrechnung kann nicht abgestellt werden, zumal andernfalls der missbräuchlichen Gestaltung durch Anwaltswechsel zwischen den Instanzen nicht wirksam begegnet werden könnte.
22
d) Für die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels als außergerichtliche Tätigkeit "zwischen den Instanzen" kann jedoch Beratungshilfe gewährt werden (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 921).
23
Für Leistungen nach dem Gesetz über die Beratungshilfe (BerHG) kommt es anders als gemäß § 114 ZPO nicht maßgeblich auf die Erfolgsaussicht an (Schoreit/Dehn, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe - BerH/PKH, 8. Aufl. BerHG § 1 Rdn. 102 ff., 107). Auch kommt in Betracht, dass der Antrag auf Beratungshilfe noch nachträglich gestellt werden kann (Houben in RA-Micro Online-Kommentar, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 9. Aufl., S. 286).
24
Ein Anspruch auf völlige gebührenrechtliche Gleichbehandlung bemittelter und unbemittelter Parteien besteht nicht. Das Bundesverfassungsgericht (NJW 1988, 2231 ff.) betont die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der darreichenden Verwaltung und legt auch sich selbst größte Zurückhaltung bei der Forderung nach zusätzlichen Leistungsverpflichtungen auf. Daher müssen Rechtsanwälte bei der Vertretung nicht ausreichend bemittelter Mandanten ohne Rechtsschutzversicherung gegebenenfalls auch ein gemindertes Gebührenaufkommen in Kauf nehmen. Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz stellt dies im Verhältnis der Prozessbevollmächtigten der Parteien zueinander schon deshalb nicht dar, weil das Prozesskosten- und Beratungshilferecht nicht dazu bestimmt ist, den an einem Verfahren mitwirkenden Rechtsanwälten gleich hohe Gebührenansprüche zu sichern.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach-Rheydt, Entscheidung vom 27.06.2005 - 17 F 45/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.12.2005 - II-5 WF 201/05 -
1
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist auch für das Verfahren über die Anhörungsrüge zulässig. Prozesskostenhilfe kann für alle selbständigen Gerichtsverfahren bewilligt werden; dazu zählt auch das Verfahren über die Anhörungsrüge, die ein eigenständiger, wiedereinsetzungsähnlich ausgestalteter außerordentlicher Rechtsbehelf zur Geltendmachung von Gehörsverletzungen gegenüber dem Ausgangsgericht ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 321a Rn. 2).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 372/12
vom
28. Januar 2014
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Joeres, Dr. Ellenberger,
Dr. Matthias und die Richterin Dr. Menges

beschlossen:
Die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung des Bundesgerichtshofes vom 20. August 2013 - Kassenzeichen - wird zurückgewiesen. Der Kostenansatz ist richtig. Für das Verfahren nach § 321a ZPO, mit dem die Abhilfe bei einer Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden kann, ist Prozesskostenhilfe gesondert zu beantragen (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 119 Rn. 18a; vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2012 - X ZR 7/12, juris). Da der Beklagte einen solchen Antrag nicht gestellt hat, ist für die Zurückweisung seiner Anhörungsrüge durch Senatsbeschluss vom 14. August 2013 die Festgebühr gemäß KV 1700, 2500 in Höhe von 50 € entstanden (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 119 Rn. 18a.; PG/Thole, ZPO, 5. Aufl., § 321a Rn. 20).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Wiechers Joeres Ellenberger Matthias Menges
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.10.2011 - 328 O 512/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.09.2012 - 13 U 212/11 -

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 355/13
Verkündet am:
21. Mai 2014
Kiefer
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Anhörungsrügeverfahren (hier: § 44 FamFG) und das vorangegangene
Hauptsacheverfahren stellen ein einheitliches Gerichtsverfahren im Sinne von
§ 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG dar. Die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer
(§§ 198 ff GVG) ist auf das Anhörungsrügeverfahren unmittelbar
anzuwenden.
BGH, Urteil vom 21. Mai 2014 - III ZR 355/13 - OLG Dresden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anordnung des schriftlichen
Verfahrens mit einer Schriftsatzfrist bis zum 17. April 2014 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Juli 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Anhörungsrügeverfahrens nach § 44 FamFG in Anspruch.
2
Der Kläger ist Vater zweier minderjähriger ehelicher Kinder. Nach rechtskräftiger Ehescheidung regelte das Familiengericht durch Beschluss vom 18. Oktober 2010 den Umgang des Klägers mit seinen Kindern und übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht zur Bestimmung des Schulbesuchs auf die Kindesmutter. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Klä- gers wies das Oberlandesgericht nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 6. Oktober 2011 zurück. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen (§ 70 Abs. 2 FamFG). Nach Zugang der schriftlichen Entscheidungsgründe Ende Oktober 2011 erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 7. November 2011 "Gehörsrüge nach § 44 FamFG", mit der er sein Beschwerdeziel weiterverfolgte. Zur Begründung führte er aus, das Beschwerdegericht habe seine Entscheidung "überbeschleunigt" und ihm keine Gelegenheit gegeben, sich angemessen mit dem Ergebnis eines Sachverständigengutachtens auseinanderzusetzen.
3
Der Vorsitzende des zuständigen Familiensenats verfügte am 14. November 2011 die Übersendung der Gehörsrüge an den Prozessbevollmächtigten der Kindesmutter zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Diese lag dem Senat am 5. Dezember 2011 vor. Nachdem der Kläger mit Schriftsätzen vom 5. und 23. Dezember 2011 eine zügige Entscheidung angemahnt und mit Schriftsatz vom 25. Mai 2012 die Sachbehandlung durch den Familiensenat als "skandalös" beanstandet hatte, wies das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 23. Juli 2012 zurück.
4
Mit seiner Entschädigungsklage hat der Kläger geltend gemacht, das Beschwerdegericht habe die Entscheidung über seine Gehörsrüge unangemessen verzögert. Der Beklagte schulde deshalb eine monatliche Entschädi- gung von 150 € (insgesamt 825 €).
5
Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen erstinstanzlichen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.


7
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe wegen der behaupteten unangemessenen Dauer des Anhörungsrügeverfahrens schon deshalb kein Entschädigungsanspruch zu, weil der geltend gemachte Anspruch von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der § 198 ff GVG falle. Die Anhörungsrüge nach § 44 FamFG sei kein Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG. Das Hauptsacheverfahren sei durch den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 6. Oktober 2011 rechtskräftig abgeschlossen worden. Da die nachfolgende Anhörungsrüge lediglich die Möglichkeit einer justizinternen Selbstkorrektur und damit eine Durchbrechung der Rechtskraft ermöglicht habe, stelle sie auch entschädigungsrechtlich kein eigenständiges Gerichtsverfahren dar. Es komme hinzu, dass die formalen Anforderungen an die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs mit dem Ablauf des Anhörungsrügeverfahrens nicht in Einklang zu bringen seien. Nach § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG müsse die Entschädigungsklage spätestens sechs Monate nach dem rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens erhoben werden. Diese Voraussetzung könne nicht erfüllt werden, da die Entscheidung über die Anhörungsrüge nicht in Rechtskraft erwachse.

II.


9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
10
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts stellen das Anhörungsrügeverfahren nach § 44 FamFG und das vorangegangene Hauptsacheverfahren entschädigungsrechtlich ein einheitliches Gerichtsverfahren dar. Die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff GVG) ist auf das durch die Gehörsrüge eröffnete Rechtsbehelfsverfahren unmittelbar anzuwenden.
11
1. § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthält eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens im entschädigungsrechtlichen Sinn. Danach gilt der gesamte Zeitraum von der Einleitung eines Verfahrens in der ersten Instanz bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung als ein Verfahren (BT-Drucks. 17/3802 S. 22), wobei das Gesetz von einem an der Hauptsache orientierten Verfahrensbegriff ausgeht. Gerichtsverfahren ist nicht jeder einzelne Antrag oder jedes Gesuch im Zusammenhang mit dem verfolgten Rechtsschutzbegehren (Senatsurteile vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, NJW 2014, 789 Rn. 20 und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13, BeckRS 2014, 06851 Rn. 23).
12
a) Durch die Gehörsrüge nach § 44 FamFG, die darauf abzielt, eine neue Entscheidung in der Sache herbeizuführen und die Rechtskraft des angegriffenen Beschlusses zu beseitigen, wird kein selbständiges Verfahren eingeleitet.
Vielmehr ist das Rügeverfahren dem durch den angegriffenen Beschluss zunächst beendeten Verfahren als Annex angegliedert. Es dient ausschließlich dem Zweck, das vorangegangene Verfahren auf den behaupteten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu prüfen und führt bei begründeter Rüge zur Fortführung des ursprünglichen Verfahrens. Die Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel. Sie weist weder einen Suspensiv- noch einen Devolutiveffekt auf (Keidel/MeyerHolz , FamFG, 18. Aufl., § 44 Rn. 41, 58, 62; siehe auch Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 321a Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 321a Rn. 2, 15 ff). Das Anhörungsrügeverfahren ist nach alledem kein selbständiges Verfahren. Es wird dem Hauptsacheverfahren hinzugerechnet und ist somit Teil eines einheitlichen Gerichtsverfahrens im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG. Kommt es (erstmals) im Anhörungsrügeverfahren zu einer sachlich nicht mehr gerechtfertigten Verzögerung, entsteht kein isolierter Entschädigungsanspruch (anders Guckelberger, DÖV 2012, 289, 294; Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 54). Vielmehr muss die Bearbeitungsdauer für die Gehörsrüge in die abschließende Betrachtung der Gesamtverfahrensdauer einbezogen werden. Denn Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, bewirken nicht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer. Erforderlich ist vielmehr eine abschließende Gesamtabwägung (siehe Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, NJW 2014, 220 Rn. 28 ff; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13 aaO Rn. 40 ff; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, NJW 2014, 939 Rn. 36 ff; vom 13. Februar 2014 - III ZR 311/13, NJW 2014, 1183 Rn. 26 ff und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 aaO Rn. 31 ff zu den maßgeblichen Abwägungskriterien).
13
b) Nach diesem Maßstab hätte das Oberlandesgericht die Anwendbarkeit der §§ 198 ff GVG auf die streitgegenständliche Gehörsrüge nicht ablehnen dürfen. Das familiengerichtliche Sorge- und Umgangsrechtsverfahren wurde durch unanfechtbaren Beschluss des Beschwerdegerichts (zunächst) rechtskräftig abgeschlossen (§ 70 Abs. 1, 2 FamFG). Die daraufhin vom Kläger erhobene Anhörungsrüge zielte darauf ab, das Ursprungsverfahren unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 FamFG fortzuführen und die Rechtskraft des Beschlusses vom 6. Oktober 2011 zu durchbrechen (vgl. Keidel/Meyer-Holz aaO § 44 Rn. 1, 53 ff, 62 f). Erst durch die Zurückweisung der Gehörsrüge mit Beschluss des Beschwerdegerichts vom 23. Juli 2012 wurde das Hauptsacheverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG endgültig rechtskräftig abgeschlossen (§ 44 Abs. 4 Satz 3 FamFG). Das Oberlandesgericht hätte daher die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach § 198 GVG mit Blick auf die Gesamtverfahrensdauer prüfen müssen.
14
2. Für dieses Ergebnis spricht auch der Zweck der neuen Entschädigungsregelung. Durch die Einräumung eines Entschädigungsanspruchs gegen den Staat bei überlanger Verfahrensdauer soll eine nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestehende Rechtsschutzlücke geschlossen und eine Regelung geschaffen werden, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) als auch denen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Art. 6 Abs. 1, Art. 13 EMRK) gerecht wird (Senatsurteil vom 10. April 2014 - III ZR 335/13; BeckRS 2014, 08780 Rn. 25; siehe auch BT-Drucks. 17/3802 S. 1, 15). Dementsprechend erfasst die Entschädigungsregelung sämtliche Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivilverfahren, freiwillige Gerichtsbarkeit und Strafverfahren einschließlich Bußgeldverfahren) und auf Grund entsprechender Anwendung auch alle Verfahren der Fachgerichtsbarkeiten (BT-Drucks. 17/3802 S. 22). Mit diesem umfassenden Gesetzeszweck wäre es schlechthin unvereinbar, Anhörungsrügeverfahren von vornherein nicht als Gerichtsverfahren im Sinne § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG anzusehen (anders Vielmeier, NJW 2013, 346, 349, 350). Denn die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, kann allein schon dadurch verletzt werden, dass über eine singuläre Rechtsfrage, nämlich die Verletzung des rechtlichen Gehörs, in einem besonderen gesetzlichen Rechtsbehelfsverfahren verzögert entschieden wird und deshalb eine etwaige Rechtskraftdurchbrechung in der Schwebe bleibt.
15
3. Soweit § 198 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 GVG Mindestfristen enthalten, sind diese mit dem Ablauf eines Anhörungsrügeverfahrens ohne weiteres vereinbar.
16
a) Auch in diesem Fall gilt, dass die Verzögerungsrüge frühestens erhoben werden kann, wenn Anlass zu der Besorgnis besteht, dass über die Gehörsrüge nicht in angemessener Zeit entschieden wird. Maßgeblich ist, wann ein Betroffener erstmals Anhaltspunkte dafür hat, dass das Anhörungsrügeverfahren als solches keinen angemessen zügigen Fortgang nimmt (Ott aaO § 198 GVG Rn. 190). Es genügt grundsätzlich, dass die Verzögerungsrüge nach diesem Zeitpunkt im laufenden Anhörungsrügeverfahren erhoben wird (Senatsurteil vom 10. April 2014 - III ZR 335/13, BeckRS 2014, 08780 Rn. 31). Im vorangegangenen Verfahren bereits eingetretene Verzögerungen können allerdings durch eine erstmals im Rügeverfahren erhobene Verzögerungsrüge nicht mehr geltend gemacht werden. Dies folgt schon daraus, dass Gegenstand des Anhörungsrügeverfahrens allein die behauptete Gehörsverletzung ist und für das Gericht keine Möglichkeit mehr besteht, das bereits beendete Hauptsacheverfahren noch zu beschleunigen (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 173 f, 191; Schenke , NVwZ 2012, 257, 261).

17
b) Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG kann der Entschädigungsanspruch frühestens sechs Monate nach wirksamer Erhebung der Verzögerungsrüge gerichtlich geltend gemacht werden. Der Sinn dieser Wartefrist besteht darin, dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken und dadurch (weiteren) Schaden zu vermeiden (BTDrucks. 17/3802 S. 22; Ott aaO § 198 GVG Rn. 245; Schenke aaO S. 263). Aus diesem Schutzzweck des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG folgt, dass eine Klage ausnahmsweise vor Fristablauf erhoben werden kann, wenn das betroffene Verfahren - was bei Anhörungsrügen regelmäßig der Fall sein wird - schon vor Fristablauf beendet wurde (s. auch Vielmeier aaO S. 348 mit Angaben zur durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von Anhörungsrügen). Ein Abwarten der Frist würde insofern keinen Sinn mehr machen. In diesen Fällen ist die Fristenregelung des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG teleologisch dahin einzuschränken, dass dann, wenn das als verspätet gerügte Verfahren schon vor Ablauf der SechsMonats -Frist abgeschlossen wurde, bereits vom Moment des Verfahrensabschlusses an eine Entschädigungsklage zulässig ist (Ott aaO § 198 GVG Rn. 246; Schenke aaO).
18
c) § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normiert eine Klagefrist von sechs Monaten für die Geltendmachung des Anspruchs auf Entschädigung. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts hängt der Fristbeginn nicht davon ab, dass das Ausgangsverfahren rechtskräftig beziehungsweise mit einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung beendet wird. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut beginnt die Frist entweder mit der Rechtskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren oder "mit einer anderen Erledigung dieses Verfahrens". Dies bedeutet , dass im vorliegenden Fall die sechsmonatige Klagefrist mit der Bekanntgabe des Zurückweisungsbeschlusses vom 23. Juli 2012 in Gang gesetzt wurde.

III.


19
Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Das Oberlandesgericht wird nunmehr erstmals zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1, 2 GVG vorliegen.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter

Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 24.07.2013 - 19 SchH 16/12 EntV -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.

(1) Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Beteiligten das Verfahren selbst betreiben.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen;
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und die Beteiligten, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht;
3.
Notare.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung vorgenommen hat, und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Verfahren über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Für die Beiordnung eines Notanwaltes gelten die §§ 78b und 78c der Zivilprozessordnung entsprechend.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 49/03
vom
8. Juni 2004
in dem Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gemäß § 118
Abs. 1 Satz 3 ZPO kann Prozeßkostenhilfe nur für den Vergleich, nicht aber für das
gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren bewilligt werden (im Anschluß an BGH, Beschluß
vom 30. Mai 1984 - VIII ZR 298/83, BGHZ 91, 311).
BGH, Beschluß vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Gießen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat beim Landgericht Prozeßkostenhilfe für eine Klage beantragt, mit der sie dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln den Aufenthalt in ihrer Nähe sowie Anrufe und SMS-Nachrichten verbieten lassen wollte. Der Antragsgegner hat zu seiner Rechtsverteidigung Prozeßkostenhilfe beantragt. In einem zur Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin anberaumten Erörterungstermin haben die Parteien am 18. November 2002 einen Vergleich geschlossen, in dem der Antragsgegner sich verpflichtet hat, es zu unterlassen, sich in geringerer Entfernung als 50 m von der Antragstellerin aufzuhalten und diese unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln durch Telefonanrufe oder SMS zu belästigen. Der Vergleich bestimmt weiter, daß die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs
gegeneinander aufgehoben werden sollen. Durch Beschluß vom selben Tage hat das Landgericht dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Mit Beschluß vom 28. November 2002 hat das Landgericht dem Antragsgegner für den Vergleich vom 18. November 2002 unter Beiordnung eines Rechtsanwalts Prozeßkostenhilfe bewilligt. In demselben Umfang hat das Landgericht am 10. Dezember 2002 auch der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe bewilligt. Die weitergehenden Anträge der Parteien hat das Landgericht mit Beschlüssen vom 17. und 23. Januar 2003 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden beider Parteien mit Beschlüssen vom 18. Juni 2003 zurückgewiesen und jeweils die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine höchstrichterliche Entscheidung der Frage erforderlich sei, ob im Falle eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nur für den Vergleich oder aber für das gesamte Verfahren zu bewilligen sei, sofern Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestanden habe.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. 2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag des Antragsgegners zu Recht zurückgewiesen.

a) Prozeßkostenhilfe kann unter den Voraussetzungen von § 114 ZPO einer Partei bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dabei ist für die Partei, die Prozeßkostenhilfe für eine Klage begehrt, auf deren Erfolgsaussichten abzustellen. Nicht erforderlich ist, daß die Klage schon erhoben worden ist. Um einer Partei zu ermöglichen, gegebenenfalls auch bei fehlenden oder unzureichenden finanziellen Mitteln einen Rechtsstreit zu führen, kann ihr Prozeßkostenhilfe auch für eine zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht erhobene, sondern nur beabsichtigte Klage bewilligt werden. Anders liegen die Dinge dagegen auf Seiten des Antragsgegners. Ihm ist unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe zu gewähren, wenn seine Rechtsverteidigung hinreichende Erfolgsaussicht hat. Dafür ist erforderlich, daß die gegen ihn gerichtete Klage unschlüssig ist oder er Tatsachen vorträgt, die zur Klageabweisung führen können. Solange eine Klage aber noch gar nicht erhoben ist und auch nicht feststeht, ob sie jemals erhoben wird, braucht er sich vor Gericht nicht zu verteidigen. Deshalb darf ihm zur Abwehr eines Begehrens, das mangels Klagezustellung noch nicht rechtshängig geworden ist, im allgemeinen keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden (OLG Zweibrücken, FamRZ 1985, 301; OLG Karlsruhe, FamRZ 1988, 1182; OLG Bremen, FamRZ 1989, 198; LG Koblenz , FamRZ 1998, 1300; OLG Jena, OLG-NL 2001, 42; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rdn. 13; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rdn. 25; zu Besonderheiten bei Schutzschriften im gewerblichen Rechtsschutz vgl. MünchKomm -ZPO/Wax, 2. Aufl., § 114, Rdn. 56).
b) Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für den Fall, daß eine Partei Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Klage beantragt und dieser Antrag dem Gegner gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme zugeleitet wird. Solange die angekündigte Klage nicht erhoben ist, liegen für den Antragsgegner die Voraussetzungen von § 114 ZPO regelmäßig nicht vor. Für das
Prozeßkostenhilfeverfahren kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden (BGHZ 91, 311, 312). Soweit von diesem Grundsatz in einem Fall abgewichen wurde, in dem der Beklagte zur Stellungnahme zu einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltsvergleich aufgefordert wurde und die Zustellung der Klage unterblieb, weil dem Gegner keine Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde (OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1022 f.), handelt es sich ersichtlich um einen besonders gelagerten und der Verallgemeinerung nicht zugänglichen Sachverhalt (vgl. Musielak/Fischer, aaO).
c) Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe grundsätzlich nicht gewährt wird, gilt auch dann, wenn das Gericht – wie hier - die Parteien gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO zur mündlichen Erörterung lädt. Gegenstand der Erörterung ist der Prozeßkostenhilfeantrag, nicht der angekündigte Sachantrag. Das Gericht darf nicht "verhandeln". Zeugen und Sachverständige darf es gemäß § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO allenfalls zur Klärung der Frage vernehmen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. MünchKomm -ZPO/Wax, aaO, Rdn. 54).
d) Nur für den Fall, daß bei der summarischen Prüfung oder Erörterung des Antrags auf Prozeßkostenhilfe beide Seiten einigungsbereit sind, erlaubt das Gesetz aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich zur Ermöglichung einer gütlichen vorprozessualen Regelung, daß im Prozeßkostenhilfeverfahren über den Klageanspruch selbst eine Regelung im Wege eines Vergleichs erfolgt (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Hier sprengt das Gesetz den Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens ; Gegenstand der Prüfung und Erörterung sind jetzt nicht mehr die Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers und die Erfolgsaussicht seines Begehrens , sondern jetzt geht es um die Sache selbst (vgl. Pentz, NJW 1982, 1269, 1270). Kommt es dabei zu einer Einigung der Parteien, ist aus denselben
Zweckmäßigkeitsgründen, aus denen der Abschluß eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren gestattet ist, auch eine Ausnahme von dem Grundsatz gerechtfertigt, daß im Bewilligungsverfahren selbst keine Prozeßkostenhilfe gewährt wird. Ein Vergleichsabschluß ist keine Regelung über den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, sondern über die Sache selbst. Der bisher vom Ausgang des Prozeßkostenhilfeverfahrens nicht unmittelbar betroffene Gegner bindet sich jetzt. Da er dabei - ebenso wie der Antragsteller - rechtliche Beratung benötigen kann, ist die Interessenlage beider Seiten nunmehr gleich. In diesem Sonderfall kann - unter den Voraussetzungen des § 114 ZPO - dem Antragsgegner ebensowenig wie dem Antragsteller die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts auf Staatskosten verwehrt werden (Pentz, aaO). Deshalb darf für den Abschluß eines Vergleichs in einem Erörterungstermin (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) gegebenenfalls beiden Parteien Prozeßkostenhilfe gewährt werden (h.M., vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rdn. 12 und Fn. 32 f. mit zahlreichen Nachweisen).
e) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann einer Partei im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO Prozeßkostenhilfe aber nur für den Vergleich selbst und nicht für das gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren bewilligt werden (OLG München , MDR 1987, 239; OLG Saarbrücken, JurBüro 1989, 80; OLG Bamberg, JurBüro 1993, 547; OLG Celle, JurBüro 1997, 200). Der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen gegenteiligen Auffassung (OLG Schleswig, FamRZ 1985, 88; OLG Hamm, AnwBl 1985, 654; OLG Stuttgart, JurBüro 1986, 1576; OLG Hamm, FamRZ 1987, 1062; OLG Frankfurt, JurBüro 1990, 509; OLG Koblenz, FamRZ 1990, 180; OLG Bamberg, JurBüro 1995, 423; OLG Düsseldorf, NJWRR 1996, 838; OLG Nürnberg, NJW-RR 1998, 864; OLG Nürnberg, MDR 1999, 1286; OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 1155; MünchKomm-ZPO/Wax, aaO, § 118 Rdn. 27; Musielak/Fischer, aaO, § 118, Rdn. 6; Zöller/Philippi, aaO, § 118
Rdn. 8 m.w.N.) vermag der Senat nicht zu folgen. Mit Recht weist das Beschwerdegericht darauf hin, daß die von der Gegenmeinung im wesentlichen angeführten Aspekte der Prozeßökonomie und der Billigkeit nicht geeignet sind, im Falle eines Vergleichs die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren zu rechtfertigen. aa) Richtig ist, daß bei einer auf den Vergleich beschränkten Prozeßkostenhilfe der anwaltlich vertretenen Partei die ihrem Rechtsanwalt zustehende Verfahrensgebühr gemäß §§ 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und die gegebenenfalls für die Wahrnehmung des Erörterungstermins anfallende Erörterungsgebühr gemäß §§ 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO nicht aus der Staatskasse erstattet werden. Dies ist die Folge des Grundsatzes, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt wird. Prozeßkostenhilfe soll nach ihrem Sinn und Zweck der minderbemittelten Partei ermöglichen , ihr Recht vor Gericht zu verfolgen oder sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen (BGHZ aaO). Sie dient aber nicht dazu, eine Partei für ihre Vergleichsbereitschaft (mit einem Kostenerstattungsanspruch) zu "belohnen". Auch der Gesichtspunkt, daß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine möglichst frühe und damit kostengünstige gütliche Beilegung der Streitigkeit fördern will, kann die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das gesamte Verfahren bei Abschluß eines Vergleichs nicht rechtfertigen. Ein Vergleich ist nicht die einzige Möglichkeit einer Streitbeendigung. Eine gütliche Einigung kann auch dadurch erfolgen, daß der Antragsteller seinen Antrag zurückzieht oder der Antragsgegner sich vor Klageerhebung zur Erfüllung bereit erklärt. Findet das Verfahren auf diese Weise seine Erledigung, kommt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch nach Auffassung derjenigen, die für den Fall des Vergleichs die Bewilligung für das gesamte Verfahren befürworten, nicht in Betracht. Eine umfassende Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur bei Abschluß eines Vergleichs würde somit zu einem
Wertungswiderspruch führen, der mit dem Sinn und Zweck des Instituts der Prozeßkostenhilfe nicht zu vereinbaren wäre. bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß eine Partei, um von den Gebühren nach § 51 BRAGO freizukommen, den Vergleich zunächst ablehnen, weiterhin Prozeßkostenhilfe für die Hauptsache verlangen und nach deren Bewilligung den Vergleich schließen könnte, worüber sie ihr Anwalt vor Abschluß eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren pflichtgemäß aufklären müßte. Richtig ist, daß bei Abschluß eines Vergleichs erst im Hauptsacheverfahren die gemäß § 51 BRAGO ermäßigten Gebühren aus dem vorangegangenen Prozeßkostenhilfeverfahren auf die vollen Gebühren gem. § 31 BRAGO angerechnet würden und nunmehr von der Staatskasse zu zahlen wären, so daß es für die Partei günstiger sein könnte, den Vergleich erst im Hauptsacheverfahren abzuschließen (vgl. MünchKomm-ZPO/Wax, aaO, § 118, Rdn. 27; Musielak/Fischer, aaO, § 118, Rdn. 6; Zöller/Philippi, aaO, § 118, Rdn. 8, jeweils m.w.N.). Diese Erwägungen lassen jedoch mehrere Gesichtspunkte außer acht. Zum einen hat die mittellose Partei bei ihrer Entscheidung, ob sie mit dem Vergleichsabschluß warten soll, zu bedenken, daß sie nicht sicher sein kann, ob der in Aussicht genommene Vergleich später überhaupt noch zustande kommt. Zum anderen muß sie, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hinweist, auch berücksichtigen, daß sie im Falle des Unterliegens oder Teilunterliegens im Hauptsacheverfahren mit außergerichtlichen Kosten der Gegenseite belastet wird und sich deshalb durch Ablehnung eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren einem nicht unerheblichen Kostenrisiko aussetzt. Noch ungewisser ist die Lage für den um Prozeßkostenhilfe nachsuchenden Antragsgegner. Er wird oftmals schon keine ausreichende Gewißheit darüber haben, ob oder in welchem Umfang die Klage überhaupt erhoben wird, falls der Antragsteller keine Prozeßkostenhilfe erhält. Des weiteren muß der Antragsgegner gegebenenfalls auch damit rechnen, daß sein Prozeßkostenhil-
feantrag, über den erst nach erfolgter Klagezustellung zu befinden ist, mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen wird, was zur Folge hätte, daß er im für ihn ungünstigsten Fall mit den gesamten Kosten des Verfahrens belastet werden könnte. Auch über diese Risiken muß die mittellose Partei gegebenenfalls von ihrem Anwalt aufgeklärt werden. Entschließt sie sich gleichwohl dazu, einen ins Auge gefaßten Vergleich nicht schon im Prozeßkostenhilfeverfahren abzuschließen, sondern damit wegen des erhofften Kostenerstattungsanspruchs bis zum Hauptsacheverfahren zu warten, ist diese Entscheidung ungeachtet ihrer kostenrechtlichen Folgen hinzunehmen. cc) Zutreffend weist das Beschwerdegericht im übrigen auch darauf hin, daß nach der Entstehungsgeschichte der im Jahre 1980 neugefaßten Vorschriften des Prozeßkostenhilferechts davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber, der in § 114 ZPO eine Regelung für die Kosten "der Prozeßführung" getroffen hat, eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für ein vorgeschaltetes Prozeßkostenhilfeverfahren nicht gewollt hat. Andernfalls hätte es angesichts des damals schon währenden Meinungsstreits nahegelegen, durch eine entsprechende Gesetzesfassung für Klarheit zu sorgen, was nicht geschehen ist. Vielmehr ist auch noch bei der Neuregelung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718, 788) deutlich geworden, daß der Gesetzgeber auf dem Standpunkt steht, für das Prozeßkostenhilfeverfahren gebe es
keine Prozeßkostenhilfe (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 217 f. zu Nummer 3334). Anhaltspunkte dafür, daß im Falle des Vergleichsabschlusses etwas anderes gelten solle, sind nicht ersichtlich.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Halle vom 28.1.2015 (Aktenzeichen: 5a F 686/10) wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 33/02
vom
19. Dezember 2002
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 114, 119 Abs. 1; 574 Abs. 1 Nr. 2
Im Verfahren der Prozeßkostenhilfe kann dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe
für die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts der
sofortigen Beschwerde bewilligt werden.
BGH, Beschluß vom 19. Dezember 2003 - III ZB 33/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa
und Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2002 aufgehoben und der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 20. März 2002 abgeändert.
Dem Antragsteller wird für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt.
Dem Antragsteller wird für die Verfolgung seiner Rechte im Rechtsbeschwerderechtszug Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt; ihm wird Rechtsanwalt Dr. P. beigeordnet.

Gründe


I.


Im August 2001 ging dem Antragsteller ein Versandhandelskatalog der C. V. S.L. zu. Der Sendung war ein Schreiben der "V.
E.G." vom 16. August 2001 beigefügt, in dem es unter an- derem hieß:
"Herr A. [= Antragsteller], Sie stehen 100 %ig als Gewinner fest ... nach Sichtung der Unterlagen von C. V. kann ich 100 %ig bestätigen, Sie erhalten streng nach Teilnahmebedingungen tatsächlich 125.000 DM ... in bar!".
Der Antragsteller macht geltend, in dem Schreiben sei eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB zu sehen. Da es sich bei der C. V. S.L. um eine Briefkastenfirma der Antragsgegnerin handele, müsse letztere den Preis leisten.
Der Antragsteller begehrt für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Prozeßkostenhilfe verweigert. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Gesuch um Prozeßkostenhilfe für die Klage weiter; er beantragt ferner Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist begründet; dem Antragsteller ist für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung zu bewilligen (§ 577 Abs. 5 ZPO).
1. Das Oberlandesgericht hat dem Antragsteller die Prozeßkostenhilfe ver- sagt, weil die beabsichtigte Klage nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Nach § 661a BGB hafte nur derjenige Unternehmer, der als Versender eines täuschenden Gewinnversprechens nach außen in Erscheinung trete. Dem Vorbringen des Antragstellers sei nicht zu entnehmen, daß dies bei der Antragsgegnerin der Fall gewesen sei.
2. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Oberlandesgericht hat die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozeßkostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfGE 81, 347, 357 ff; BVerfG NJW 1994, 241, 242 und 2000, 1936, 1937; Senatsbeschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554; BGH, Beschluß vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). Im Streitfall ist das Oberlandesgericht im Grunde selbst davon ausgegangen, daß eine schwierige, bislang ungeklärte Frage des materiellen Rechts zu entscheiden ist. Denn es hat die Rechtsbeschwerde unter anderem mit der Erwägung zugelassen, der Fall gebe Veranlassung , Grundsätze für die Auslegung des § 661a BGB zu entwickeln und
zwar dazu, wer als (Ver-)Sender der Gewinnzusage anzusehen sei. Eine sol- che grundsätzliche Frage ist nicht in dem summarischen Prozeßkostenhilfeverfahren , sondern im ordentlichen Klageverfahren auf der Grundlage der dort nach vertiefter Erörterung getroffenen Feststellungen zu entscheiden.
3. Der Antragsteller kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen. Das hat er im Verfahren vor dem Landgericht nachgewiesen und in der Rechtsbeschwerdebegründung erklärt, daß sich daran nichts geändert habe.

III.


Dem Antragsteller ist, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten seiner Rechtsverfolgung im Rechtsbeschwerderechtszug nicht aufbringen kann, Prozeßkostenhilfe auch für den Rechtsbeschwerderechtszug zu bewilligen. Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden kann (BGHZ 91, 311), steht nicht entgegen. Die nach § 574 Abs. 1 ZPO n.F. statthafte Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts kann wirksam nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (BGH, Beschluß vom 21. März 2002 - IX ZB 18/02 - NJW 2002, 2181 f); das gilt auch für die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Gerichts der sofortigen Beschwerde im Prozeßkostenhilfeverfahren. Der unbemittelte Antragsteller ist zur Durchsetzung seiner Rechte im
Rechtsbeschwerderechtszug auf die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts angewiesen.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 49/03
vom
8. Juni 2004
in dem Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gemäß § 118
Abs. 1 Satz 3 ZPO kann Prozeßkostenhilfe nur für den Vergleich, nicht aber für das
gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren bewilligt werden (im Anschluß an BGH, Beschluß
vom 30. Mai 1984 - VIII ZR 298/83, BGHZ 91, 311).
BGH, Beschluß vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Gießen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat beim Landgericht Prozeßkostenhilfe für eine Klage beantragt, mit der sie dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln den Aufenthalt in ihrer Nähe sowie Anrufe und SMS-Nachrichten verbieten lassen wollte. Der Antragsgegner hat zu seiner Rechtsverteidigung Prozeßkostenhilfe beantragt. In einem zur Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin anberaumten Erörterungstermin haben die Parteien am 18. November 2002 einen Vergleich geschlossen, in dem der Antragsgegner sich verpflichtet hat, es zu unterlassen, sich in geringerer Entfernung als 50 m von der Antragstellerin aufzuhalten und diese unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln durch Telefonanrufe oder SMS zu belästigen. Der Vergleich bestimmt weiter, daß die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs
gegeneinander aufgehoben werden sollen. Durch Beschluß vom selben Tage hat das Landgericht dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Mit Beschluß vom 28. November 2002 hat das Landgericht dem Antragsgegner für den Vergleich vom 18. November 2002 unter Beiordnung eines Rechtsanwalts Prozeßkostenhilfe bewilligt. In demselben Umfang hat das Landgericht am 10. Dezember 2002 auch der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe bewilligt. Die weitergehenden Anträge der Parteien hat das Landgericht mit Beschlüssen vom 17. und 23. Januar 2003 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden beider Parteien mit Beschlüssen vom 18. Juni 2003 zurückgewiesen und jeweils die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine höchstrichterliche Entscheidung der Frage erforderlich sei, ob im Falle eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nur für den Vergleich oder aber für das gesamte Verfahren zu bewilligen sei, sofern Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestanden habe.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. 2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag des Antragsgegners zu Recht zurückgewiesen.

a) Prozeßkostenhilfe kann unter den Voraussetzungen von § 114 ZPO einer Partei bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dabei ist für die Partei, die Prozeßkostenhilfe für eine Klage begehrt, auf deren Erfolgsaussichten abzustellen. Nicht erforderlich ist, daß die Klage schon erhoben worden ist. Um einer Partei zu ermöglichen, gegebenenfalls auch bei fehlenden oder unzureichenden finanziellen Mitteln einen Rechtsstreit zu führen, kann ihr Prozeßkostenhilfe auch für eine zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht erhobene, sondern nur beabsichtigte Klage bewilligt werden. Anders liegen die Dinge dagegen auf Seiten des Antragsgegners. Ihm ist unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe zu gewähren, wenn seine Rechtsverteidigung hinreichende Erfolgsaussicht hat. Dafür ist erforderlich, daß die gegen ihn gerichtete Klage unschlüssig ist oder er Tatsachen vorträgt, die zur Klageabweisung führen können. Solange eine Klage aber noch gar nicht erhoben ist und auch nicht feststeht, ob sie jemals erhoben wird, braucht er sich vor Gericht nicht zu verteidigen. Deshalb darf ihm zur Abwehr eines Begehrens, das mangels Klagezustellung noch nicht rechtshängig geworden ist, im allgemeinen keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden (OLG Zweibrücken, FamRZ 1985, 301; OLG Karlsruhe, FamRZ 1988, 1182; OLG Bremen, FamRZ 1989, 198; LG Koblenz , FamRZ 1998, 1300; OLG Jena, OLG-NL 2001, 42; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rdn. 13; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rdn. 25; zu Besonderheiten bei Schutzschriften im gewerblichen Rechtsschutz vgl. MünchKomm -ZPO/Wax, 2. Aufl., § 114, Rdn. 56).
b) Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für den Fall, daß eine Partei Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Klage beantragt und dieser Antrag dem Gegner gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme zugeleitet wird. Solange die angekündigte Klage nicht erhoben ist, liegen für den Antragsgegner die Voraussetzungen von § 114 ZPO regelmäßig nicht vor. Für das
Prozeßkostenhilfeverfahren kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden (BGHZ 91, 311, 312). Soweit von diesem Grundsatz in einem Fall abgewichen wurde, in dem der Beklagte zur Stellungnahme zu einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltsvergleich aufgefordert wurde und die Zustellung der Klage unterblieb, weil dem Gegner keine Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde (OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1022 f.), handelt es sich ersichtlich um einen besonders gelagerten und der Verallgemeinerung nicht zugänglichen Sachverhalt (vgl. Musielak/Fischer, aaO).
c) Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe grundsätzlich nicht gewährt wird, gilt auch dann, wenn das Gericht – wie hier - die Parteien gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO zur mündlichen Erörterung lädt. Gegenstand der Erörterung ist der Prozeßkostenhilfeantrag, nicht der angekündigte Sachantrag. Das Gericht darf nicht "verhandeln". Zeugen und Sachverständige darf es gemäß § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO allenfalls zur Klärung der Frage vernehmen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. MünchKomm -ZPO/Wax, aaO, Rdn. 54).
d) Nur für den Fall, daß bei der summarischen Prüfung oder Erörterung des Antrags auf Prozeßkostenhilfe beide Seiten einigungsbereit sind, erlaubt das Gesetz aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich zur Ermöglichung einer gütlichen vorprozessualen Regelung, daß im Prozeßkostenhilfeverfahren über den Klageanspruch selbst eine Regelung im Wege eines Vergleichs erfolgt (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Hier sprengt das Gesetz den Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens ; Gegenstand der Prüfung und Erörterung sind jetzt nicht mehr die Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers und die Erfolgsaussicht seines Begehrens , sondern jetzt geht es um die Sache selbst (vgl. Pentz, NJW 1982, 1269, 1270). Kommt es dabei zu einer Einigung der Parteien, ist aus denselben
Zweckmäßigkeitsgründen, aus denen der Abschluß eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren gestattet ist, auch eine Ausnahme von dem Grundsatz gerechtfertigt, daß im Bewilligungsverfahren selbst keine Prozeßkostenhilfe gewährt wird. Ein Vergleichsabschluß ist keine Regelung über den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, sondern über die Sache selbst. Der bisher vom Ausgang des Prozeßkostenhilfeverfahrens nicht unmittelbar betroffene Gegner bindet sich jetzt. Da er dabei - ebenso wie der Antragsteller - rechtliche Beratung benötigen kann, ist die Interessenlage beider Seiten nunmehr gleich. In diesem Sonderfall kann - unter den Voraussetzungen des § 114 ZPO - dem Antragsgegner ebensowenig wie dem Antragsteller die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts auf Staatskosten verwehrt werden (Pentz, aaO). Deshalb darf für den Abschluß eines Vergleichs in einem Erörterungstermin (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) gegebenenfalls beiden Parteien Prozeßkostenhilfe gewährt werden (h.M., vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rdn. 12 und Fn. 32 f. mit zahlreichen Nachweisen).
e) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann einer Partei im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO Prozeßkostenhilfe aber nur für den Vergleich selbst und nicht für das gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren bewilligt werden (OLG München , MDR 1987, 239; OLG Saarbrücken, JurBüro 1989, 80; OLG Bamberg, JurBüro 1993, 547; OLG Celle, JurBüro 1997, 200). Der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen gegenteiligen Auffassung (OLG Schleswig, FamRZ 1985, 88; OLG Hamm, AnwBl 1985, 654; OLG Stuttgart, JurBüro 1986, 1576; OLG Hamm, FamRZ 1987, 1062; OLG Frankfurt, JurBüro 1990, 509; OLG Koblenz, FamRZ 1990, 180; OLG Bamberg, JurBüro 1995, 423; OLG Düsseldorf, NJWRR 1996, 838; OLG Nürnberg, NJW-RR 1998, 864; OLG Nürnberg, MDR 1999, 1286; OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 1155; MünchKomm-ZPO/Wax, aaO, § 118 Rdn. 27; Musielak/Fischer, aaO, § 118, Rdn. 6; Zöller/Philippi, aaO, § 118
Rdn. 8 m.w.N.) vermag der Senat nicht zu folgen. Mit Recht weist das Beschwerdegericht darauf hin, daß die von der Gegenmeinung im wesentlichen angeführten Aspekte der Prozeßökonomie und der Billigkeit nicht geeignet sind, im Falle eines Vergleichs die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das gesamte Prozeßkostenhilfeverfahren zu rechtfertigen. aa) Richtig ist, daß bei einer auf den Vergleich beschränkten Prozeßkostenhilfe der anwaltlich vertretenen Partei die ihrem Rechtsanwalt zustehende Verfahrensgebühr gemäß §§ 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und die gegebenenfalls für die Wahrnehmung des Erörterungstermins anfallende Erörterungsgebühr gemäß §§ 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO nicht aus der Staatskasse erstattet werden. Dies ist die Folge des Grundsatzes, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt wird. Prozeßkostenhilfe soll nach ihrem Sinn und Zweck der minderbemittelten Partei ermöglichen , ihr Recht vor Gericht zu verfolgen oder sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen (BGHZ aaO). Sie dient aber nicht dazu, eine Partei für ihre Vergleichsbereitschaft (mit einem Kostenerstattungsanspruch) zu "belohnen". Auch der Gesichtspunkt, daß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine möglichst frühe und damit kostengünstige gütliche Beilegung der Streitigkeit fördern will, kann die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das gesamte Verfahren bei Abschluß eines Vergleichs nicht rechtfertigen. Ein Vergleich ist nicht die einzige Möglichkeit einer Streitbeendigung. Eine gütliche Einigung kann auch dadurch erfolgen, daß der Antragsteller seinen Antrag zurückzieht oder der Antragsgegner sich vor Klageerhebung zur Erfüllung bereit erklärt. Findet das Verfahren auf diese Weise seine Erledigung, kommt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch nach Auffassung derjenigen, die für den Fall des Vergleichs die Bewilligung für das gesamte Verfahren befürworten, nicht in Betracht. Eine umfassende Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur bei Abschluß eines Vergleichs würde somit zu einem
Wertungswiderspruch führen, der mit dem Sinn und Zweck des Instituts der Prozeßkostenhilfe nicht zu vereinbaren wäre. bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß eine Partei, um von den Gebühren nach § 51 BRAGO freizukommen, den Vergleich zunächst ablehnen, weiterhin Prozeßkostenhilfe für die Hauptsache verlangen und nach deren Bewilligung den Vergleich schließen könnte, worüber sie ihr Anwalt vor Abschluß eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren pflichtgemäß aufklären müßte. Richtig ist, daß bei Abschluß eines Vergleichs erst im Hauptsacheverfahren die gemäß § 51 BRAGO ermäßigten Gebühren aus dem vorangegangenen Prozeßkostenhilfeverfahren auf die vollen Gebühren gem. § 31 BRAGO angerechnet würden und nunmehr von der Staatskasse zu zahlen wären, so daß es für die Partei günstiger sein könnte, den Vergleich erst im Hauptsacheverfahren abzuschließen (vgl. MünchKomm-ZPO/Wax, aaO, § 118, Rdn. 27; Musielak/Fischer, aaO, § 118, Rdn. 6; Zöller/Philippi, aaO, § 118, Rdn. 8, jeweils m.w.N.). Diese Erwägungen lassen jedoch mehrere Gesichtspunkte außer acht. Zum einen hat die mittellose Partei bei ihrer Entscheidung, ob sie mit dem Vergleichsabschluß warten soll, zu bedenken, daß sie nicht sicher sein kann, ob der in Aussicht genommene Vergleich später überhaupt noch zustande kommt. Zum anderen muß sie, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hinweist, auch berücksichtigen, daß sie im Falle des Unterliegens oder Teilunterliegens im Hauptsacheverfahren mit außergerichtlichen Kosten der Gegenseite belastet wird und sich deshalb durch Ablehnung eines Vergleichs im Prozeßkostenhilfeverfahren einem nicht unerheblichen Kostenrisiko aussetzt. Noch ungewisser ist die Lage für den um Prozeßkostenhilfe nachsuchenden Antragsgegner. Er wird oftmals schon keine ausreichende Gewißheit darüber haben, ob oder in welchem Umfang die Klage überhaupt erhoben wird, falls der Antragsteller keine Prozeßkostenhilfe erhält. Des weiteren muß der Antragsgegner gegebenenfalls auch damit rechnen, daß sein Prozeßkostenhil-
feantrag, über den erst nach erfolgter Klagezustellung zu befinden ist, mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen wird, was zur Folge hätte, daß er im für ihn ungünstigsten Fall mit den gesamten Kosten des Verfahrens belastet werden könnte. Auch über diese Risiken muß die mittellose Partei gegebenenfalls von ihrem Anwalt aufgeklärt werden. Entschließt sie sich gleichwohl dazu, einen ins Auge gefaßten Vergleich nicht schon im Prozeßkostenhilfeverfahren abzuschließen, sondern damit wegen des erhofften Kostenerstattungsanspruchs bis zum Hauptsacheverfahren zu warten, ist diese Entscheidung ungeachtet ihrer kostenrechtlichen Folgen hinzunehmen. cc) Zutreffend weist das Beschwerdegericht im übrigen auch darauf hin, daß nach der Entstehungsgeschichte der im Jahre 1980 neugefaßten Vorschriften des Prozeßkostenhilferechts davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber, der in § 114 ZPO eine Regelung für die Kosten "der Prozeßführung" getroffen hat, eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für ein vorgeschaltetes Prozeßkostenhilfeverfahren nicht gewollt hat. Andernfalls hätte es angesichts des damals schon währenden Meinungsstreits nahegelegen, durch eine entsprechende Gesetzesfassung für Klarheit zu sorgen, was nicht geschehen ist. Vielmehr ist auch noch bei der Neuregelung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718, 788) deutlich geworden, daß der Gesetzgeber auf dem Standpunkt steht, für das Prozeßkostenhilfeverfahren gebe es
keine Prozeßkostenhilfe (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 217 f. zu Nummer 3334). Anhaltspunkte dafür, daß im Falle des Vergleichsabschlusses etwas anderes gelten solle, sind nicht ersichtlich.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Registergericht - vom 19.03.2015, Az. HRA 99866, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Am 18.02.2014 wurde die Amtslöschung der Beschwerdeführerin im Handelsregister eingetragen, ohne dass das Registergericht über den bereits am 28.10.2013 eingegangenen Widerspruch der Geschäftsführerin entschieden hatte.

2

Mit Anwaltsschriftsatz vom 09.03.2014 hat die Beschwerdeführerin gegen diese Amtslöschung Beschwerde eingelegt.

3

Nachdem das Registergericht nicht tätig geworden war, hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18.07.2014 „Beschwerde gegen die nicht erfolgte Amtslöschung der Löschung“ eingelegt.

4

Daraufhin hat das Registergericht mit Verfügung vom 13.08.2014 ein Amtslöschungsverfahren eingeleitet und die Amtslöschung der Beschwerdeführerin am 04.09.2014 gelöscht.

5

Mit Schriftsatz vom 17.02.2015 hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass eine Entscheidung über die Beschwerde nicht mehr in der Sache, jedoch hinsichtlich der Kosten veranlasst sei.

6

Mit Beschluss vom 19.03.2015 hat das Registergericht den Antrag auf Kostenentscheidung zurückgewiesen.

7

Hiergegen richtet sich die am 27.03.2015 eingegangene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie habe aufgrund des Umstandes, dass das Registergericht auf die Anregung zur Amtslöschung nicht reagiert habe, die Beschwerde vom 18.07.2014 einlegen müssen und mit dieser angesichts der mittlerweile erfolgten Löschung auch Erfolg gehabt.

II.

8

Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde statthaft ist, jedenfalls ist sie unbegründet.

9

1. Es ist zweifelhaft, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro übersteigt. Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass das Registergericht keine Kostenentscheidung getroffen hat. Selbst wenn eine solche zugunsten der Beschwerdeführerin ergangen wäre, hätte diese allenfalls einen Anspruch auf Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten. Ausgehend von einem Geschäftswert in Höhe von 5.000,00 Euro (§ 36 Abs. 3 GNotKG) wären ihr bei einer 1,3-Verfahrensgebühr jedoch nur Rechtsanwaltskosten in Höhe von ca. 500,00 Euro entstanden. Im Ergebnis kann dies jedoch offenbleiben.

10

2. Zu Recht hat es das Registergericht in dem angefochtenen Beschluss abgelehnt, die von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17.02.2015 beantragte Kostenentscheidung zu treffen. Eine solche Entscheidung war nicht angezeigt.

11

Dabei liegt es auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin mangels anderer Verfahrensbeteiligter eine Kostentragung der Staatskasse begehrt. Hierfür fehlt es jedoch bereits an einer gesetzlichen Grundlage (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.11.2013, 3 W 35/12, juris Rn. 9; OLG München, Beschluss vom 06.06.2013, 34 Wx 360/12, juris Rn. 6). Insbesondere ist die Staatskasse nicht Dritter im Sinne von § 81 Abs. 4 FamFG. Die Beschwerdeführerin hätte deshalb auch im Falle eines Obsiegens in einem Beschwerdeverfahren ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssen (vgl. OLG Zweibrücken, aaO.).

12

Sie hat jedoch auch kein solches Beschwerdeverfahren betrieben.

13

a) Ihre Beschwerde vom 09.03.2014 war unstatthaft, weil sie sich gegen die bereits erfolgte Eintragung der Amtslöschung richtete (§ 383 Abs. 3 FamFG). Sie stellte deshalb lediglich die Anregung an das Registergericht dar, ein Verfahren zur Amtslöschung der Amtslöschung einzuleiten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.2010, 15 W 261/10, juris Rn. 4).

14

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war auch die Beschwerde vom 18.07.2014 nicht als solche statthaft. Zwar trifft es zu, dass ein Beschwerderecht entsteht, wenn das Registergericht die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens ablehnt (OLG Hamm, aaO.; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 17.03.2011, 2 Wx 27/11, juris Rn. 10). An einer solchen Ablehnung fehlt es jedoch vorliegend, denn die bloße Untätigkeit des Registergerichts steht einer Ablehnung nicht gleich.

15

c) Die Beschwerde vom 18.07.2014 hätte auch als Untätigkeitsbeschwerde keinen Erfolg gehabt. Jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren am 3. Dezember 2011 mit Wirkung für alle zu dieser Zeit bereits anhängigen Verfahren ist eine Untätigkeitsbeschwerde nicht mehr statthaft (BGH, Beschluss vom 20.11.2012, VIII ZB 49/12, juris Rn. 3).

16

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, die Wertfestsetzung aus § 36 Abs. 3 GNotKG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.