Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 03. Sept. 2013 - 1 BvR 1419/13

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2013:rk20130903.1bvr141913
published on 03/09/2013 00:00
Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 03. Sept. 2013 - 1 BvR 1419/13
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Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Beschlüsse des Landgerichts Magdeburg vom 25. Juli 2012 - 10 O 939/11 *212* - sowie des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. März 2013 - 12 W 61/12 (PKH) - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes; sie werden aufgehoben.

3. Das Verfahren wird an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.

4. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

5. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu ersetzen.

6. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Entscheidungen zu einem Prozesskostenhilfeantrag in einem Amtshaftungsverfahren.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer war Mittäter bei einem Einbruch in einen Baumarkt und einem weiteren Einbruchsversuch. Er und sein Mittäter standen am Tattag bereits unter Beobachtung der Polizei, die die beiden im Anschluss an die Tat auch weiter observierte. Schließlich erfolgte der Zugriff durch ein Mobiles Einsatzkommando (MEK) der Polizei. Dabei positionierten sich nach den vom Beschwerdeführer insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Landgerichts in dem angegriffenen Beschluss drei Fahrzeuge des MEK vor, hinter sowie an der linken Seite des Zielfahrzeugs und zwangen es so zum Stehenbleiben. Der Fahrer des Zielfahrzeugs (nicht der Beschwerdeführer) betätigte daraufhin die Zentralverriegelung.

3

An der hinteren rechten Tür standen zwei MEK-Beamte, die in den Akten als Polizeibeamte P3 und P5 bezeichnet werden. Aus den Akten ergibt sich, dass P3 als sog. Zugriffsbeamter und P5 als sog. Sicherungsbeamter eingesetzt wurden. Dennoch griff P5 selbst in das Geschehen ein, indem er versuchte die hintere rechte Tür des Fahrzeugs zu öffnen. Als Folge des ruckhaften Anziehens an dem Türgriff löste sich unbeabsichtigt ein Schuss aus der Waffe von P5, der den Beschwerdeführer im Gesicht traf und zu schweren Verletzungen führte. So wurde u.a. ein Teil des Kiefers des Beschwerdeführers zerstört.

4

Der Beschwerdeführer hat in der Folge Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen das Land Sachsen Anhalt erhoben und Prozesskostenhilfe hierfür beantragt.

5

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 25. Juli 2012 hat das Landgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgewiesen.

6

Unter Bezugnahme auf die Akten aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die Klage bestünden und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

7

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten könnten im Wege der hier zulässigen Beweisantizipation herangezogen werden. Es sei nicht zu erwarten, dass es im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu anderen Beweisergebnissen kommen werde.

8

Insbesondere sei der von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren hinzugezogene Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass die große Kraftentfaltung am Türgriff des Wagens mit der nicht waffenführenden Hand habe ausreichen können, um eine Mitaktivierung der linken Hand zu bewirken. Der Ablauf lasse sich danach als eine tragische Abfolge von nicht der Willkür unterliegenden Bewegungsabläufen interpretieren.

9

Dem Beamten P5 könne daher nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden, dass er schuldhaft seine eigentliche Sicherungsaufgabe vernachlässigt und zumindest zeitweise zu Gunsten einer Unterstützung des P3 aufgegeben oder unterbrochen und dabei unter Vernachlässigung der erforderlichen und ihm auch zumutbaren bestmöglichen Sorgfalt seine Dienstwaffe auf den Fahrzeuginsassen gerichtet und einen Schuss abgefeuert habe, durch welchen der Beschwerdeführer schwer verletzt worden sei.

10

Auch ein öffentlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch sei hier zu verneinen. Die Kausalkette sei maßgeblich durch den Mittäter des Beschwerdeführers ausgelöst worden, dessen Handlungsweisen der Beschwerdeführer, als er sich zu diesem ins Auto gesetzt habe, grundsätzlich akzeptiert habe, so dass es zum Risiko des Beschwerdeführers gehöre, dass er bei dieser Aktion - auch erheblich - verletzt werde.

11

3. Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 7. März 2013, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 4. April 2013, hat das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts zurückgewiesen.

12

Das Landgericht habe dem Beschwerdeführer die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Der Antragsteller sei für sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm darlegungs- und beweispflichtig. Hierzu gehörten insbesondere die Pflichtverletzung und das schuldhafte Handeln des Amtsträgers. Der vom Antragsteller dahingehend getätigte Sachvortrag und die von ihm angebotenen Beweismittel ließen jedoch eine hinreichende Aussicht seiner beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht erkennen. Hierbei sei - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - eine Beweisantizipation möglich, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen werde.

13

Zutreffend habe das Landgericht auch einen Anspruch aus aufopferungsgleichem Eingriff versagt. In die Situation der vorläufigen Festnahme, die schließlich zu dem unverschuldeten Schuss des P5 geführt habe, habe sich der Antragsteller durch seine vorangehenden Straftaten selbst gebracht. Ein Sonderopfer treffe ihn damit nicht.

II.

14

Mit seiner am 14. Mai 2013 eingegangenen Verfassungsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und rügt eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Er beantragt außerdem den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, die angegriffenen Entscheidungen aufzuheben und die Sache selbst an das Landgericht zur erneuten Entscheidung über den PKH-Antrag des Beschwerdeführers zurückzuverweisen.

15

Zu seinem Wiedereinsetzungsantrag trägt der Beschwerdeführer vor, er habe am letzten Tag der Monatsfrist (6. Mai 2013) zwischen 19.45 Uhr und 23.42 Uhr dreizehnmal versucht, seine Verfassungsbeschwerde per Fax an das Gericht zu senden. Jeder Übermittlungsversuch sei gescheitert, wobei als Meldung angezeigt worden sei, dass das Gerichts-Fax "belegt" sei. Zur Glaubhaftmachung hat er das Fax-Journal sowie die Sendeberichte der gescheiterten Übermittlungsversuche vorgelegt.

16

Seine Verfassungsbeschwerde begründet er im Wesentlichen wie folgt: Die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht und das Oberlandesgericht stelle für den Beschwerdeführer eine unzulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes dar. Dass weitere Beweisaufnahmen ernsthaft in Betracht kämen, habe der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner sofortigen Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Landgerichts dargelegt.

III.

17

Dem Land Sachsen-Anhalt wurde Gelegenheit gegeben, zur Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen.

IV.

18

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig (1.) und offensichtlich begründet, da die angegriffene Entscheidung gegen den in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verstößt (2.).

19

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, obwohl sie nicht innerhalb der in § 93 Abs. 1 BVerfGG geregelten Monatsfrist eingelegt und begründet worden ist. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts ging dem Beschwerdeführer nach eigenen Angaben am 4. April 2013 zu. Die Verfassungsbeschwerde ging jedoch erst am 14. Mai 2013 beim Bundesverfassungsgericht ein.

20

Dem Beschwerdeführer war insoweit jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu gewähren. Er hat innerhalb der Frist des § 93 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG glaubhaft gemacht, dass es seinem Bevollmächtigten am Montag den 6. Mai 2013, dem letzten Tag der Frist nach § 93 Abs. 1 BVerfGG, in dreizehn Versuchen nicht gelungen ist, die Beschwerdeschrift per Fax zu übersenden, da der Anschluss des Bundesverfassungsgerichts stets belegt war. Den ersten Übersendungsversuch unternahm er um 19.45 Uhr und somit mehr als vier Stunden vor Mitternacht. Dies war für den am Tag des Fristablaufs stets zu beachtenden zeitlichen Sicherheitszuschlag angesichts des eher geringen Umfangs der Verfassungsbeschwerde ausreichend (vgl. BVerfGK 7, 215 <216>).

21

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Die Beschlüsse des Landgerichts Magdeburg und des Oberlandesgerichts Naumburg verletzen den in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit.

22

a) Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften zur Prozesskostenhilfe obliegen in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den verfassungsgebotenen Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Das Bundesverfassungsgericht kann hier nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist; die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll auch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

23

Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten durch die Fachgerichte hat es das Bundesverfassungsgericht dabei mehrfach unbeanstandet gelassen, wenn diese davon ausgehen, dass eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren in eng begrenztem Rahmen zulässig ist. Die verfassungsgerichtliche Prüfung beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme über die streitigen Tatsachen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, S. 2745; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 1986 - 2 BvR 25/86 -, NVwZ 1987, S. 786; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. Januar 1993 - 1 BvR 1697/91 -, FamRZ 1993, S. 664).

24

Diesen eng begrenzten Rahmen verfassungsrechtlich unbedenklicher Beweisantizipation haben die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen jedoch überschritten (b). Zudem wird mit den Ausführungen zum Aufopferungsanspruch die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen unzulässig in das Prozesskostenhilfe-Verfahren vorverlagert (c).

25

b) Die Annahme mangelnder Erfolgsaussichten stützen die angegriffenen Entscheidungen ausschließlich auf die Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, das gegen den Polizeibeamten P5 durchgeführt wurde. Die angegriffenen Entscheidungen berücksichtigen jedoch nicht, dass Wesen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ist, zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung vorliegen, mithin, ob bei dem jeweiligen Beschuldigten von einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit auszugehen ist. Insbesondere müssen in ihm nicht alle sich zum Tatgeschehen stellenden Fragen abschließend geklärt, sondern kann die Klärung bestimmter Fragen auch der Hauptverhandlung überlassen werden.

26

aa) Zum einen blieben im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bestimmte, möglicherweise entscheidungserhebliche Fragen offen. So stützen sich die angegriffenen Entscheidungen unter anderem auf die Aussage des damaligen Einsatzleiters. Dieser hat gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass der Sicherungsbeamte in der Regel nicht die Fahrzeugtür öffnen solle, es aber Abweichungen von den trainierten Handlungselementen gebe, um im konkreten Einsatzgeschehen die Sicherheit der eingesetzten Beamten zu gewährleisten. Hinzu - so der Zeuge weiter - kämen weitere Aspekte im konkreten Einsatz wie die Witterung, das Verhalten von Zielpersonen und auch persönliche Befindlichkeiten, die die Handlungen beeinflussen könnten.

27

Die angegriffenen Entscheidungen setzen sich nicht damit auseinander, dass in dem Ermittlungsverfahren offenbar nicht weiter aufgeklärt wurde, warum im vorliegenden Fall, von der vom Einsatzleiter beschriebenen Regel, dass der Sicherungsbeamte keine Fahrzeugtür öffnen solle, abgewichen wurde. Dass eine Beweisaufnahme über etwa diese Frage mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde, ist nicht zu erkennen.

28

bb) Einer vorweggenommenen Beweiswürdigung steht im vorliegenden Fall zudem entgegen, dass sich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den damals beschuldigten Polizeibeamten P5 richtete, der Prozesskostenhilfeantrag aber für eine gegen das Land gerichtete Klage gestellt worden ist. Ein pflichtwidriges Verhalten des Polizeibeamten P5 ist im Rahmen einer Amtshaftungsklage indes nur eine Möglichkeit, die zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen kann. Daneben kann sich ein Anspruch auch aus einem vom jeweiligen Hoheitsträger zu vertretenden Organisationsverschulden ergeben. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen, sind aber nicht oder allenfalls am Rande Gegenstand eines gegen einen Beamten des Landes gerichteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit kein Organisationsverschulden belegt hätte, wird in den angegriffenen Entscheidungen nicht dargelegt und ist auch nicht von vornherein naheliegend.

29

c) Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit zudem dadurch, dass sie die Klärung schwieriger Fragen im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Aufopferungsanspruch in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagern.

30

In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der ein Sonderopfer voraussetzende Aufopferungsanspruch nicht gegeben ist, wenn der eingetretene Schaden auf einem eigenen Verhalten des Geschädigten beruht, dessen Gefährlichkeit ihm bewusst sein musste (vgl. BGHZ 60, 302 ff.).

31

Der Beschwerdeführer wurde von der Polizei jedoch nicht "auf frischer Tat" angetroffen und in unmittelbarem Zusammenhang hiermit und womöglich nach vorangegangener Gegenwehr verletzt. Vielmehr waren die Straftaten bereits vollendet und eine gewisse Zeit verstrichen, bis es zum Zugriff kam. Dabei leistete der Beschwerdeführer soweit ersichtlich keine Gegenwehr, sondern saß lediglich in dem - wenn auch von innen verriegelten - PKW. Es lässt sich den angegriffenen Entscheidungen auch nicht entnehmen, dass die konkrete Situation den sofortigen polizeilichen Zugriff erforderte. Die Frage, ob der Beschwerdeführer sich damit in einer ein Sonderopfer ausschließenden Weise selbst in Gefahr gebracht hat, ist daher von solcher Schwierigkeit, dass sie nicht in das Prozesskostenhilfe-Verfahren vorverlagert und durchentschieden werden kann.

32

3. Die Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.

V.

33

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

VI.

34

Der Gegenstandswert für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>) auf 25.000 € festzusetzen. Die vom Beschwerdeführer beantragten 54.000 € waren nicht festzusetzen. Der Beschwerdeführer hat seinen dahingehenden Antrag mit den zivilgerichtlich jeweils in der Hauptsache geltend gemachten Beträgen begründet. Mit der Verfassungsbeschwerde wurden aber lediglich die im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Entscheidungen angegriffen.

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein
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Annotations

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.

(4) Ist ein Gesetz vor dem 1. April 1951 in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum 1. April 1952 erhoben werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.