Landessozialgericht NRW Beschluss, 14. März 2016 - L 11 KR 26/16 NZB

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2016:0314.L11KR26.16NZB.00
bei uns veröffentlicht am14.03.2016

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. 2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.11.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


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Landessozialgericht NRW Beschluss, 14. März 2016 - L 11 KR 26/16 NZB zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145


(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Ur

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

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Landessozialgericht NRW Beschluss, 14. März 2016 - L 11 KR 26/16 NZB zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Landessozialgericht NRW Beschluss, 04. Nov. 2014 - L 20 AY 7/14

bei uns veröffentlicht am 04.11.2014

Tenor Die Auferlegung von Verschuldenskosten i.H.v. 150,00 EUR in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 18.12.2013 wird aufgehoben. 1Gründe: 2I. 3Die Kläger begehren die Aufhebung einer Entscheidung des Sozialgerichts über die Verhäng

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 03. Sept. 2013 - 1 BvR 1419/13

bei uns veröffentlicht am 03.09.2013

Tenor 1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Bundessozialgericht Beschluss, 28. Okt. 2010 - B 13 R 229/10 B

bei uns veröffentlicht am 28.10.2010

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Beschlüsse des Landgerichts Magdeburg vom 25. Juli 2012 - 10 O 939/11 *212* - sowie des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. März 2013 - 12 W 61/12 (PKH) - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes; sie werden aufgehoben.

3. Das Verfahren wird an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.

4. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

5. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu ersetzen.

6. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Entscheidungen zu einem Prozesskostenhilfeantrag in einem Amtshaftungsverfahren.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer war Mittäter bei einem Einbruch in einen Baumarkt und einem weiteren Einbruchsversuch. Er und sein Mittäter standen am Tattag bereits unter Beobachtung der Polizei, die die beiden im Anschluss an die Tat auch weiter observierte. Schließlich erfolgte der Zugriff durch ein Mobiles Einsatzkommando (MEK) der Polizei. Dabei positionierten sich nach den vom Beschwerdeführer insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Landgerichts in dem angegriffenen Beschluss drei Fahrzeuge des MEK vor, hinter sowie an der linken Seite des Zielfahrzeugs und zwangen es so zum Stehenbleiben. Der Fahrer des Zielfahrzeugs (nicht der Beschwerdeführer) betätigte daraufhin die Zentralverriegelung.

3

An der hinteren rechten Tür standen zwei MEK-Beamte, die in den Akten als Polizeibeamte P3 und P5 bezeichnet werden. Aus den Akten ergibt sich, dass P3 als sog. Zugriffsbeamter und P5 als sog. Sicherungsbeamter eingesetzt wurden. Dennoch griff P5 selbst in das Geschehen ein, indem er versuchte die hintere rechte Tür des Fahrzeugs zu öffnen. Als Folge des ruckhaften Anziehens an dem Türgriff löste sich unbeabsichtigt ein Schuss aus der Waffe von P5, der den Beschwerdeführer im Gesicht traf und zu schweren Verletzungen führte. So wurde u.a. ein Teil des Kiefers des Beschwerdeführers zerstört.

4

Der Beschwerdeführer hat in der Folge Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen das Land Sachsen Anhalt erhoben und Prozesskostenhilfe hierfür beantragt.

5

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 25. Juli 2012 hat das Landgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgewiesen.

6

Unter Bezugnahme auf die Akten aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die Klage bestünden und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

7

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten könnten im Wege der hier zulässigen Beweisantizipation herangezogen werden. Es sei nicht zu erwarten, dass es im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu anderen Beweisergebnissen kommen werde.

8

Insbesondere sei der von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren hinzugezogene Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass die große Kraftentfaltung am Türgriff des Wagens mit der nicht waffenführenden Hand habe ausreichen können, um eine Mitaktivierung der linken Hand zu bewirken. Der Ablauf lasse sich danach als eine tragische Abfolge von nicht der Willkür unterliegenden Bewegungsabläufen interpretieren.

9

Dem Beamten P5 könne daher nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden, dass er schuldhaft seine eigentliche Sicherungsaufgabe vernachlässigt und zumindest zeitweise zu Gunsten einer Unterstützung des P3 aufgegeben oder unterbrochen und dabei unter Vernachlässigung der erforderlichen und ihm auch zumutbaren bestmöglichen Sorgfalt seine Dienstwaffe auf den Fahrzeuginsassen gerichtet und einen Schuss abgefeuert habe, durch welchen der Beschwerdeführer schwer verletzt worden sei.

10

Auch ein öffentlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch sei hier zu verneinen. Die Kausalkette sei maßgeblich durch den Mittäter des Beschwerdeführers ausgelöst worden, dessen Handlungsweisen der Beschwerdeführer, als er sich zu diesem ins Auto gesetzt habe, grundsätzlich akzeptiert habe, so dass es zum Risiko des Beschwerdeführers gehöre, dass er bei dieser Aktion - auch erheblich - verletzt werde.

11

3. Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 7. März 2013, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 4. April 2013, hat das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts zurückgewiesen.

12

Das Landgericht habe dem Beschwerdeführer die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Der Antragsteller sei für sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm darlegungs- und beweispflichtig. Hierzu gehörten insbesondere die Pflichtverletzung und das schuldhafte Handeln des Amtsträgers. Der vom Antragsteller dahingehend getätigte Sachvortrag und die von ihm angebotenen Beweismittel ließen jedoch eine hinreichende Aussicht seiner beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht erkennen. Hierbei sei - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - eine Beweisantizipation möglich, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen werde.

13

Zutreffend habe das Landgericht auch einen Anspruch aus aufopferungsgleichem Eingriff versagt. In die Situation der vorläufigen Festnahme, die schließlich zu dem unverschuldeten Schuss des P5 geführt habe, habe sich der Antragsteller durch seine vorangehenden Straftaten selbst gebracht. Ein Sonderopfer treffe ihn damit nicht.

II.

14

Mit seiner am 14. Mai 2013 eingegangenen Verfassungsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und rügt eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Er beantragt außerdem den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, die angegriffenen Entscheidungen aufzuheben und die Sache selbst an das Landgericht zur erneuten Entscheidung über den PKH-Antrag des Beschwerdeführers zurückzuverweisen.

15

Zu seinem Wiedereinsetzungsantrag trägt der Beschwerdeführer vor, er habe am letzten Tag der Monatsfrist (6. Mai 2013) zwischen 19.45 Uhr und 23.42 Uhr dreizehnmal versucht, seine Verfassungsbeschwerde per Fax an das Gericht zu senden. Jeder Übermittlungsversuch sei gescheitert, wobei als Meldung angezeigt worden sei, dass das Gerichts-Fax "belegt" sei. Zur Glaubhaftmachung hat er das Fax-Journal sowie die Sendeberichte der gescheiterten Übermittlungsversuche vorgelegt.

16

Seine Verfassungsbeschwerde begründet er im Wesentlichen wie folgt: Die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht und das Oberlandesgericht stelle für den Beschwerdeführer eine unzulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes dar. Dass weitere Beweisaufnahmen ernsthaft in Betracht kämen, habe der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner sofortigen Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Landgerichts dargelegt.

III.

17

Dem Land Sachsen-Anhalt wurde Gelegenheit gegeben, zur Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen.

IV.

18

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig (1.) und offensichtlich begründet, da die angegriffene Entscheidung gegen den in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verstößt (2.).

19

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, obwohl sie nicht innerhalb der in § 93 Abs. 1 BVerfGG geregelten Monatsfrist eingelegt und begründet worden ist. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts ging dem Beschwerdeführer nach eigenen Angaben am 4. April 2013 zu. Die Verfassungsbeschwerde ging jedoch erst am 14. Mai 2013 beim Bundesverfassungsgericht ein.

20

Dem Beschwerdeführer war insoweit jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu gewähren. Er hat innerhalb der Frist des § 93 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG glaubhaft gemacht, dass es seinem Bevollmächtigten am Montag den 6. Mai 2013, dem letzten Tag der Frist nach § 93 Abs. 1 BVerfGG, in dreizehn Versuchen nicht gelungen ist, die Beschwerdeschrift per Fax zu übersenden, da der Anschluss des Bundesverfassungsgerichts stets belegt war. Den ersten Übersendungsversuch unternahm er um 19.45 Uhr und somit mehr als vier Stunden vor Mitternacht. Dies war für den am Tag des Fristablaufs stets zu beachtenden zeitlichen Sicherheitszuschlag angesichts des eher geringen Umfangs der Verfassungsbeschwerde ausreichend (vgl. BVerfGK 7, 215 <216>).

21

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Die Beschlüsse des Landgerichts Magdeburg und des Oberlandesgerichts Naumburg verletzen den in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit.

22

a) Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften zur Prozesskostenhilfe obliegen in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den verfassungsgebotenen Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Das Bundesverfassungsgericht kann hier nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist; die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll auch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

23

Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten durch die Fachgerichte hat es das Bundesverfassungsgericht dabei mehrfach unbeanstandet gelassen, wenn diese davon ausgehen, dass eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren in eng begrenztem Rahmen zulässig ist. Die verfassungsgerichtliche Prüfung beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme über die streitigen Tatsachen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, S. 2745; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 1986 - 2 BvR 25/86 -, NVwZ 1987, S. 786; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. Januar 1993 - 1 BvR 1697/91 -, FamRZ 1993, S. 664).

24

Diesen eng begrenzten Rahmen verfassungsrechtlich unbedenklicher Beweisantizipation haben die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen jedoch überschritten (b). Zudem wird mit den Ausführungen zum Aufopferungsanspruch die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen unzulässig in das Prozesskostenhilfe-Verfahren vorverlagert (c).

25

b) Die Annahme mangelnder Erfolgsaussichten stützen die angegriffenen Entscheidungen ausschließlich auf die Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, das gegen den Polizeibeamten P5 durchgeführt wurde. Die angegriffenen Entscheidungen berücksichtigen jedoch nicht, dass Wesen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ist, zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung vorliegen, mithin, ob bei dem jeweiligen Beschuldigten von einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit auszugehen ist. Insbesondere müssen in ihm nicht alle sich zum Tatgeschehen stellenden Fragen abschließend geklärt, sondern kann die Klärung bestimmter Fragen auch der Hauptverhandlung überlassen werden.

26

aa) Zum einen blieben im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bestimmte, möglicherweise entscheidungserhebliche Fragen offen. So stützen sich die angegriffenen Entscheidungen unter anderem auf die Aussage des damaligen Einsatzleiters. Dieser hat gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass der Sicherungsbeamte in der Regel nicht die Fahrzeugtür öffnen solle, es aber Abweichungen von den trainierten Handlungselementen gebe, um im konkreten Einsatzgeschehen die Sicherheit der eingesetzten Beamten zu gewährleisten. Hinzu - so der Zeuge weiter - kämen weitere Aspekte im konkreten Einsatz wie die Witterung, das Verhalten von Zielpersonen und auch persönliche Befindlichkeiten, die die Handlungen beeinflussen könnten.

27

Die angegriffenen Entscheidungen setzen sich nicht damit auseinander, dass in dem Ermittlungsverfahren offenbar nicht weiter aufgeklärt wurde, warum im vorliegenden Fall, von der vom Einsatzleiter beschriebenen Regel, dass der Sicherungsbeamte keine Fahrzeugtür öffnen solle, abgewichen wurde. Dass eine Beweisaufnahme über etwa diese Frage mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde, ist nicht zu erkennen.

28

bb) Einer vorweggenommenen Beweiswürdigung steht im vorliegenden Fall zudem entgegen, dass sich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den damals beschuldigten Polizeibeamten P5 richtete, der Prozesskostenhilfeantrag aber für eine gegen das Land gerichtete Klage gestellt worden ist. Ein pflichtwidriges Verhalten des Polizeibeamten P5 ist im Rahmen einer Amtshaftungsklage indes nur eine Möglichkeit, die zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen kann. Daneben kann sich ein Anspruch auch aus einem vom jeweiligen Hoheitsträger zu vertretenden Organisationsverschulden ergeben. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen, sind aber nicht oder allenfalls am Rande Gegenstand eines gegen einen Beamten des Landes gerichteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit kein Organisationsverschulden belegt hätte, wird in den angegriffenen Entscheidungen nicht dargelegt und ist auch nicht von vornherein naheliegend.

29

c) Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit zudem dadurch, dass sie die Klärung schwieriger Fragen im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Aufopferungsanspruch in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagern.

30

In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der ein Sonderopfer voraussetzende Aufopferungsanspruch nicht gegeben ist, wenn der eingetretene Schaden auf einem eigenen Verhalten des Geschädigten beruht, dessen Gefährlichkeit ihm bewusst sein musste (vgl. BGHZ 60, 302 ff.).

31

Der Beschwerdeführer wurde von der Polizei jedoch nicht "auf frischer Tat" angetroffen und in unmittelbarem Zusammenhang hiermit und womöglich nach vorangegangener Gegenwehr verletzt. Vielmehr waren die Straftaten bereits vollendet und eine gewisse Zeit verstrichen, bis es zum Zugriff kam. Dabei leistete der Beschwerdeführer soweit ersichtlich keine Gegenwehr, sondern saß lediglich in dem - wenn auch von innen verriegelten - PKW. Es lässt sich den angegriffenen Entscheidungen auch nicht entnehmen, dass die konkrete Situation den sofortigen polizeilichen Zugriff erforderte. Die Frage, ob der Beschwerdeführer sich damit in einer ein Sonderopfer ausschließenden Weise selbst in Gefahr gebracht hat, ist daher von solcher Schwierigkeit, dass sie nicht in das Prozesskostenhilfe-Verfahren vorverlagert und durchentschieden werden kann.

32

3. Die Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.

V.

33

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

VI.

34

Der Gegenstandswert für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>) auf 25.000 € festzusetzen. Die vom Beschwerdeführer beantragten 54.000 € waren nicht festzusetzen. Der Beschwerdeführer hat seinen dahingehenden Antrag mit den zivilgerichtlich jeweils in der Hauptsache geltend gemachten Beträgen begründet. Mit der Verfassungsbeschwerde wurden aber lediglich die im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Entscheidungen angegriffen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin auf Aufhebung der im vorgenannten Urteil getroffenen Entscheidung, ihr Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 16.6.2010 hat das LSG Niedersachsen-Bremen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Anpassung ihrer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum 1.7.2007 verneint und ihr Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Ferner beantragt sie, "gemäß § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG" die Entscheidung des LSG aufzuheben, ihr eine sog Missbrauchsgebühr nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG aufzuerlegen.

3

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

4

Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.9.2002, SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5
        

           

Die Klägerin bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage:

        
        

"Stellt die zum 01.07.2007 erfolgte Rentenanpassung eine Verletzung der Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG dar und in diesem Zusammenhang konkret: Hat der Gesetzgeber durch die Rentenanpassung 2007 die Grenzen seines sozialpolitischen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung überschritten, sodass von einer dauerhaften Abkoppelung von der allgemeinen Lohnentwicklung auszugehen ist, …"

6

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage im oben genannten Sinne formuliert hat. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Für die Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat, muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufgezeigt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit umstritten ist (vgl BSG vom 22.8.1975 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG vom 5.8.2003 - B 12 RA 5/03 B - Juris RdNr 6; BSG vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - Juris RdNr 7). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

7

Die Klägerin zitiert zwar die Entscheidung des BVerfG vom 26.7.2007 ( 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 - SozR 4-2600 § 68 Nr 2)und führt aus, dass die dort bestätigte Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sich ausschließlich auf die preisindexorientierte Rentenanpassung 2000 und die Aussetzung der Rentenanpassung 2004 bezogen habe. Ferner trägt sie vor, dass sich in den Folgejahren die "systemwidrige" Abkoppelung der Rentenanpassungen von der Lohn- und Gehaltsentwicklung und damit eine regelmäßige und systematische "Entwertung der Renten" fortgesetzt habe. Dabei handele es sich entgegen der Entscheidung des BVerfG vom 26.7.2007 nicht mehr um eine Ausnahme oder punktuelle Maßnahme, sondern um eine strukturelle Abänderung des Grundsatzes, dass die Rente an die Entwicklung des Arbeitseinkommens angepasst werden solle.

8

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin sich in ihrer Beschwerdebegründung hinreichend mit der von ihr zitierten Entscheidung des BVerfG auseinandergesetzt und untersucht hat, ob sich aus den dortigen Ausführungen Hinweise für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ergeben. Eine Auseinandersetzung erfordert, anhand dieser Rechtsprechung zu begründen, dass Bedarf nach einer - weiteren - Entscheidung des Revisionsgerichts bestehe (vgl BSG vom 22.4.1997 - BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23 S 42; BSG vom 27.6.2001 - B 6 KA 6/01 B - Juris RdNr 4). Sie erübrigt sich jedenfalls nicht bereits deshalb, weil die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des BVerfG nicht die Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2007 zum Gegenstand hat. Denn eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt anzu- sehen, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, aber bereits eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl Senatsbeschlüsse vom 21.1.1993 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; vom 31.3.1993 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6).

9

Die Klägerin versäumt es bereits, sich hinsichtlich der im Streit stehenden Rentenanpassung 2007 mit den gegenüber 2004 geänderten Rechtsgrundlagen auseinanderzusetzen. Während die Rentenanpassung 2004 durch eine Sondernorm (Art 2 2. SGB VI-ÄndG vom 27.12.2003 = Gesetz über die Aussetzung der Anpassung der Renten zum 1.7.2004) ausgesetzt wurde, hat der Gesetzgeber ab 2005 ein neues Anpassungskonzept umgesetzt, das ua zu dem von der Klägerin angegriffenen Umfang der Rentenanpassung 2007 geführt hat. So wurde ua mit dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) als zusätzlicher Berechnungsfaktor der Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt (vgl hierzu Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff). Wenn sich aber die einfach-gesetzlichen Grundlagen gegenüber der einzigen von der Klägerin erwähnten einschlägigen Entscheidung des BVerfG geändert haben, hätte sie prüfen müssen, inwiefern dies die Beantwortung der von ihr gestellten Rechtsfrage beeinflusst.

10

Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht die Rechtsprechung des BSG zu dem mit der Frage aufgeworfenen Problemkreis der Rentenanpassung ausgewertet. Sie hätte im Einzelnen unter Berücksichtigung und Darstellung der Rechtsprechung des BSG (vgl Senatsurteile vom 27.3.2007 - BSGE 98, 157 = SozR 4-2600 § 65 Nr 1 und vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1; BSG vom 20.12.2007 - SozR 4-2600 § 255a Nr 2; BSG vom 21.1.2009 - B 12 R 1/07 R - Juris) zur verfassungsrechtlichen Bewertung der Rentenanpassung und deren Aussetzung (auch unter dem Blickwinkel des von ihr angesprochenen Eigentumsschutzes) dezidiert aufzeigen müssen, warum die Rentenanpassung 2007 - anders als die Aussetzung der Rentenanpassung in den Vorjahren - zu einem verfassungswidrigen Eingriff führe. Entsprechende substantiierte Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Rechtsprechung des BSG zum aufgeworfenen Problemkreis wird nicht einmal erwähnt.

11

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung auf anhängige Verfassungsbeschwerden zu dem von ihr aufgeworfenen Problemkreis hinweist, kommt es im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den Bedarf nach Klärung durch das BVerfG an, sondern entscheidend ist die Frage nach der Klärungsbedürftigkeit innerhalb des Revisionsverfahrens (vgl BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72; Senatsbeschluss vom 2.11.2009 - B 13 R 291/09 B - BeckRS 2009, 74206 RdNr 11); für diese fehlen aber - wie aufgezeigt - hinreichende Ausführungen.

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

13

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

14

2. Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des LSG, der Klägerin Kosten in Höhe von 225 Euro wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG aufzuerlegen, wird abgelehnt. Die Klägerin kann sich nicht auf § 192 Abs 3 Satz 2 SGG stützen, wonach die Entscheidung nach § 192 Abs 1 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden kann. Denn mit der Einfügung dieser Norm - durch das 6. SGG-ÄndG vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) mit Wirkung vom 2.1.2002 als Abs 2 Satz 2; seit dem 1.4.2008 Abs 3 Satz 2 - ist kein gesondertes Rechtsmittel gegen Entscheidungen nach § 192 Abs 1 SGG eingeführt worden. Dies ergibt sich bereits aus den Materialien des 6. SGG-ÄndG zu § 192 SGG(BT-Drucks 14/5943 S 28 zu Nr 65 <§ 192>), wonach die "Entscheidung über die Kostenauferlegung grundsätzlich endgültig (ist); eine Aufhebung kann nur durch eine Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren erfolgen." Hieraus wird deutlich, dass die von der Klägerin beantragte Überprüfung der vom LSG getroffenen Entscheidung, ihr Kosten wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 225 Euro aufzuerlegen, dem Senat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verwehrt ist. Nachdem die Klägerin gegen die Entscheidung des LSG in der Hauptsache kein Revisionszulassungsgrund dargelegt hat, ist die begehrte Überprüfung der Anwendung von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG eine isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung, die gemäß § 165 Satz 1 iVm § 144 Abs 4 SGG nicht zur Zulassung der Revision führen und deshalb auch nicht gesondert mit der Beschwerde geltend gemacht werden kann (stRspr, BSG vom 21.12.1956 - SozR Nr 2 zu § 192 SGG; BSG vom 24.6.1993 - 6 BKa 27/92 - Juris RdNr 7; BSG vom 27.1.1999 - B 12 KR 56/98 B - Juris RdNr 2; BSG vom 13.7.2004 - B 2 U 84/04 B - Juris RdNr 13; Senatsbeschluss vom 5.8.2008 - B 13 R 153/08 - Juris RdNr 13; BSG vom 25.2.2010 - B 11 AL 114/09 B - Juris RdNr 7). Das BSG hat in diesem Sinne nur dann eine "Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren" zu treffen, wenn es im Rahmen einer statthaften und zulässigen Revision neben der Hauptsache auch die Kostenentscheidung des LSG zu prüfen hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 192 RdNr 20). Allenfalls für den Fall einer Klagerücknahme im Revisionsverfahren ließe sich diskutieren, ob das BSG auf Antrag des Klägers (vgl § 102 Abs 3 Satz 1 SGG) gemäß § 192 Abs 3 Satz 2 SGG die Entscheidung über die Auferlegung der Kosten nach § 192 Abs 1 und 2 SGG durch einen zu begründenden Beschluss aufheben kann; ansonsten bliebe nämlich diese Entscheidung trotz Klagerücknahme gemäß § 192 Abs 3 Satz 1 SGG - eingefügt mit Wirkung vom 2.1.2002 durch das 6. SGG-ÄndG (aaO) als Abs 2 Satz 1; seit dem 1.4.2008 Abs 3 Satz 1 - wirksam.

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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Tenor

Die Auferlegung von Verschuldenskosten i.H.v. 150,00 EUR in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 18.12.2013 wird aufgehoben.


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(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.