Bundessozialgericht Beschluss, 22. März 2016 - B 6 KA 69/15 B

bei uns veröffentlicht am22.03.2016

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 7. Oktober 2015 wird verworfen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 266 400 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

2

Gegen die als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin verhängte das Amtsgericht W. am 15.1.2010 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen Betruges in fünf Fällen und das Amtsgericht H. am 23.7.2010 - ebenfalls wegen Betruges - eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Ferner erkannte das H. Berufsgericht ua aufgrund unrichtig erstellter Bescheinigungen auf eine Geldstrafe von 800 Euro. Am 8.7.2008 teilte die Klägerin der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung mit, dass sie mit ihrer Arztpraxis "umgezogen" sei. Die Beigeladene zu 7. leitete das Schreiben an den Zulassungsausschuss weiter, der dem so verstandenen Antrag auf Verlegung des Praxissitzes stattgab. Zum genauen Zeitpunkt des "Umzuges" machte sie in der Folge voneinander abweichende Angaben. Bei einer Ortsbegehung am 6.8.2008 stellte die Beigeladene zu 7. fest, dass unter der angegebenen Praxisanschrift an der Außenseite des Gebäudes kein Hinweis auf die Praxis der Klägerin angebracht war. Auf Antrag der Beigeladenen zu 7. entzog der Zulassungsausschuss der Klägerin die Zulassung mit der Begründung, dass die Klägerin seit Juli 2008 keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die Klägerin in ihrer als Therapiezentrum bezeichneten Praxis im Wesentlichen individuelle Gesundheitsleistungen angeboten und privatärztlich abgerechnet habe. Typische hausärztliche Leistungen habe die Klägerin nicht mehr abgerechnet, sondern ausschließlich Grundleistungen aus dem hausärztlichen Abrechnungskapitel wie die Versichertenpauschale. Sämtliche anderen hausärztlichen Leistungen fehlten und auch Überweisungen gebe es nicht. Außerdem habe die Befragung der Klägerin ergeben, dass sie nicht in der Lage sei, die Praxisabläufe zu überblicken. Schließlich sprächen festgesetzte Regresse in Höhe von über 200 000 Euro gegen die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise und für die Ungeeignetheit zur Führung einer vertragsärztlichen Praxis.

3

Klage und Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg. Der Klägerin sei die Zulassung zu Recht sowohl wegen des Wegfalls der Zulassungsvoraussetzungen als auch wegen gröblicher Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten entzogen worden, wobei jeder der beiden Gründe für sich die angefochtene Entscheidung trage. Die Zulassungsvoraussetzungen seien angesichts der Begehung von Straftaten entfallen und mit der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes habe die Klägerin gröblich gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. Die Klägerin habe im April 2008 ihren Praxissitz verlegt und dies erst nachträglich mitgeteilt. Bei der erneuten Verlegung ihres Praxissitzes Anfang des Jahres 2012 und damit während des laufenden Klageverfahrens sei die Klägerin ähnlich vorgegangen. Die im vorliegenden Fall vorzunehmende Wohlverhaltensprüfung führe zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis, weil sie sich bis zuletzt uneinsichtig bezogen auf ihre Verstöße gegen straf- und vertragsärztliche Vorschriften gezeigt habe.

4

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie Verfahrensmängel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.

5

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.

6

1. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte(zu dieser Anforderung vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Zudem muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht. Auch lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl BVerfG , DVBl 1995, 35). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde der Klägerin nicht gerecht.

7

Soweit die Klägerin fragt,

        

"ob zwei strafgerichtliche Verurteilungen wegen Betrugs, deren zugrunde liegenden Taten im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits mehr als 8 bzw. mehr als 7 Jahre zurückliegen, eine mangelnde Eignung iSv § 21 Ärzte-ZV begründen können, insbesondere dann, wenn es sich jeweils um Vergehen handelt und weitere Vergehen nicht vorliegen",

8

formuliert die Klägerin bereits keine Rechtsfrage, die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte, weil die Antwort von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Soweit die Klägerin im Weiteren geltend macht, dass die von ihr begangenen Straftaten der Klägerin hinsichtlich ihrer Schwere und hinsichtlich des Bezugs zur vertragsärztlichen Tätigkeiten nicht mit Sachverhalten vergleichbar seien, wie sie der vom LSG herangezogenen Entscheidung des Senats vom 5.5.2010 (B 6 KA 32/09 B) zugrunde gelegen hätten, so macht die Klägerin die Unrichtigkeit der Entscheidung geltend, begründet aber nicht in der erforderlichen Weise das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung.

9

Dasselbe gilt für die von der Klägerin formulierte Frage,

        

"ob die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes ohne bzw. vor Genehmigung der Sitzverlegung für einen Zeitraum von ca. 3 Monaten eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten darstellt, wenn er später abgestellt wird und der zunächst nicht erfolgte Antrag auf Genehmigung vor dem Hintergrund einer Praxisverlegung erfolgte, die aus finanziellen Gründen zwecks Kostenreduzierung geschah sowie ferner, weil die Klägerin aufgrund einer zuvor unbekannten Konkurrenzschutzklausel eines weiteren im M. ansässigen weiteren Vertragsarztes(Dr. K.) ihr Praxisschild habe zunächst entfernen müssen."

10

Abgesehen davon, dass auch diese Frage nicht mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden kann, fehlt eine Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung und mit der Frage, ob sich die Antwort auf diese Frage bereits aus dieser Rechtsprechung ergibt.

11

Entsprechendes gilt für die Fragen,

        

"ob es der Klägerin zum Nachteil gereicht und Rückschlüsse auf eine fehlende Einsicht zuläßt, wenn die Klägerin vorbringt, durch nach ihrer Ansicht unberechtigte Zahlungsverweigerungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg(KVH) sei jedenfalls auch ihre finanzielle Notlage verursacht worden."

12

Insoweit fehlt es darüber hinaus an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das LSG hat der Klägerin nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe nicht entgegengehalten, dass sie auf die - nach ihrer Ansicht durch die Beigeladene zu 7. verursachte - Notlage hingewiesen habe, sondern dass sie einen Zusammenhang mit den von ihr begangenen Straftaten in der Weise hergestellt habe, dass sie die Beigeladene zu 7. dafür mitverantwortlich gemacht habe.

13

Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargelegt, aus welchen Gründen es in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden überhaupt auf das Verhalten der Klägerin nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens ankommen soll. Seine Rechtsprechung, nach der im gerichtlichen Verfahren um die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung auch Umstände aus der Zeit nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen sind, hat der Senat mit Urteil vom 17.10.2012 (B 6 KA 49/11 R - BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26) aufgegeben. Zwar hat der Senat gleichzeitig entschieden, dass es aus Gründen prozessualen Vertrauensschutzes in den Fällen, in denen die Entscheidungen von Berufungsausschüssen bereits vor der Veröffentlichung dieses Urteil ergangen sind, bei der bisherigen Rechtsprechung verbleiben muss und zur Begründung darauf hingewiesen, dass Ärzte bei lange laufenden Gerichtsverfahren davon abgesehen haben könnten, sich nach (mutmaßlich) eingetretener Bewährung um eine neue Zulassung zu bewerben. Dies gilt allerdings nur, wenn die vom Senat für ein "Wohlverhalten" vorausgesetzte "Bewährungszeit" von in der Regel fünf Jahren (vgl BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 55 mwN; BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 15) seit der Entscheidung des Berufungsausschusses bereits verstrichen war. Entgegen der Auffassung der Klägerin (und des LSG) ist die Rechtsprechung zum Wohlverhalten danach nicht in allen Fällen übergangsweise weiter maßgebend, in denen die Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz mehr als fünf Jahre nach der Entscheidung des Berufungsausschusses ergeht. Vielmehr kommt es auf die Kriterien aus der Rechtsprechung zum Wohlverhalten auch dann nicht mehr an, wenn die Frist von in der Regel fünf Jahren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des og Urteils des BSG vom 17.10.2012 noch nicht abgelaufen war und bei dem Arzt deshalb zum Zeitpunkt der Aufgabe der Rechtsprechung zum sog Wohlverhalten noch kein schutzwürdiges Vertrauen entstanden sein konnte (vgl BSG SozR 4-5520 § 19 Nr 3 RdNr 56).

14

Auch soweit die Klägerin fragt,

        

"ob das Vorbringen einer Partei im gerichtlichen Verfahren eine Uneinsichtigkeit im Hinblick auf strafrechtliche oder vertragsarztrechtliche Vorschriften belegt",

15

fehlt es demzufolge an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Im Übrigen fehlt eine Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Kriteriums der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens (vgl zB BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 22.12.2008 - 1 BvR 3457/08 - SozR 4-2500 § 95 Nr 18 RdNr 4; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 59/08 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 24). In der Rechtsprechung auch bereits geklärt, dass der Annahme eines "Wohlverhaltens" entgegensteht, wenn einem Arzt erkennbar die Einsicht in den Unrechtsgehalt seines zur Zulassungsentziehung führenden Verhaltens fehlt und er weiterhin in Abrede stellt, sich fehlerhaft verhalten zu haben (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 42; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15; BVerfG SozR 4-2500 § 95 Nr 18 RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2013 - B 6 KA 6/13 B, MedR 2014, 609 RdNr 11). Die von der Klägerin vertretene Auffassung, nach der "eine Rechtsverteidigung, zumindest bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts, schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nie eine mangelnde Einsicht beweisen" könne, ist danach jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Im Übrigen hat das LSG seine Annahme zum fehlenden Wohlverhalten neben der Uneinsichtigkeit der Klägerin darauf gestützt, dass sie auch während des laufenden Klageverfahrens grundlegenden vertragsärztlichen Pflichten nicht nachgekommen ist, indem sie ihren Vertragsarztsitz im Jahr 2012 erneut verlegt hat, ohne die Zulassungsgremien oder die Beigeladene zu 7. vorab auch nur darüber zu informieren.

16

Die Fragen,

        

"ob die "Wohlverhaltensprüfung ohne nähere Begründung verneint werden darf"

und     

        

"ob wegen Regresse von mehr als € 400.000 die Zulassungsentziehung im Sinne des überragend wichtigen Gemeinschaftsguts der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung geboten sei",

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werden von der Klägerin als klärungsbedürftig bezeichnet. Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht zu entnehmen, warum es darauf für die Entscheidung des LSG ankommen soll. Abgesehen davon, dass es auf Wohlverhalten aus der Zeit nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens hier nach der Rechtsprechung des BSG nicht ankommt (vgl RdNr 13) hat das LSG eine Wohlverhaltensprüfung nicht verweigert und seine Auffassung näher begründet. Auch hat das LSG seine Entscheidung nicht allein mit den gegenüber der Klägerin bestehenden Regressforderungen begründet, sondern diese lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten berücksichtigt und dies in der Formulierung am Ende der Entscheidungsgründe (vgl S 32: "Angesichts all dessen…") eindeutig zum Ausdruck gebracht.

18

2. Auch soweit die Klägerin das Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) rügt, ist die Beschwerde unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügt.

19

Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem Urteil des LSG und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung mit-einander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Für eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG reicht nicht aus, aus dem Urteil des LSG inhaltliche Schlussfolgerungen abzuleiten, die einem höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz widersprechen. Das Urteil des LSG einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen vielmehr jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen. Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden.

20

Den genannten Anforderungen genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht.

21

Einen abstrakten Rechtssatz aus der Entscheidung des LSG, der mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar wäre, zeigt die Klägerin nicht auf, sondern sie macht nur geltend, dass das LSG "die Wohlverhaltensprüfung abweichend von der Rechtsprechung des BSG" vornehme und dass die Berücksichtigung der Uneinsichtigkeit der Klägerin mit den Maßstäben aus der Entscheidung des Senats vom 17.10.2012 (B 6 KA 49/11 R - BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 59 ff)nicht vereinbar sei. Unter den von der Klägerin bezeichneten Randnummern (59 ff) nimmt der Senat zur Frage der Berücksichtigung speziell des Kriteriums der Uneinsichtigkeit im Übrigen nicht näher Stellung. Soweit der Senat an anderer Stelle der genannten Entscheidung - zur Begründung für die Aufgabe des (von der Klägerin aufgrund der Übergangsregelung für sich in Anspruch genommenen) Wohlverhaltens als Entscheidungskriterium - ausführt, dass die Berücksichtigung der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens zu zweifelhaften Ergebnissen führe, ergänzt der Senat, dass von einem Arzt, dem jegliche Unrechtseinsicht fehlt, in der Regel nicht sicher angenommen werden kann, dass er in Zukunft die Regeln einhalten wird (aaO RdNr 46; vgl auch RdNr 42, 70). Eine Aussage dahin, dass die Frage des Vorliegens einer (Unrechts-)Einsicht bei der Prüfung des "Wohlverhaltens" bzw einer wiedererlangten Eignung außer Betracht zu bleiben habe, ist der genannten Entscheidung des Senats keinesfalls zu entnehmen (vgl bereits BSG Beschluss vom 30.10.2013 - B 6 KA 6/13 B - MedR 2014, 609 RdNr 11).

22

3. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) geltend macht, lässt sie die besonderen Anforderungen dieser Rüge unbeachtet. Denn nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann ein Verfahrensmangel "auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Der Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21 und Nr 31 S 52; BSG Beschluss vom 25.3.2013 - B 5 R 424/12 B - BeckRS 2013, 68590). Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen "Beweisantritte" und sonstige Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (BSG SozR 1500 § 160 Nr 67 S 73; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21 und Nr 35 S 73). Sie sind nur als Hinweise oder bloße Anregungen zu verstehen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21 und Nr 35 S 73). Um die Warnfunktion zu aktivieren, muss ein rechtskundig vertretener Berufungskläger sein Beweisbegehren deshalb in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG als prozessordnungskonformen "Beweisantrag" iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG wiederholen und protokollieren lassen(§ 122 SGG iVm § 160 Abs 4 S 1 ZPO). Ohne eine solche förmliche Antragstellung ist regelmäßig davon auszugehen (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO), dass er sein Beweisverlangen nicht mehr weiterverfolgt, sondern fallengelassen hat. Deshalb hätte die Beschwerdebegründung darlegen müssen, die im Berufungsverfahren rechtskundig vertretene Klägerin habe einen prozessordnungskonformen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten. Dies ist indes nicht geschehen.

23

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

24

5. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der Festsetzung der Vorinstanz, die von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden ist.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 160 Inhalt des Protokolls


(1) Das Protokoll enthält 1. den Ort und den Tag der Verhandlung;2. die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;3. die Bezeichnung des Rechtsstreits;4. die Namen der erschienenen Parteien, Neben

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 122


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 21


Ungeeignet für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist ein Arzt, der aus gesundheitlichen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, die vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß ausz

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand I. Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Bescheid des beklagten Berufungsa

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Ungeeignet für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist ein Arzt, der aus gesundheitlichen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, die vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben. Das ist insbesondere zu vermuten, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung drogen- oder alkoholabhängig war. Wenn es zur Entscheidung über die Ungeeignetheit zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Satz 1 erforderlich ist, verlangt der Zulassungsausschuss vom Betroffenen, dass dieser innerhalb einer vom Zulassungsausschuss bestimmten angemessenen Frist das Gutachten eines vom Zulassungsausschuss bestimmten Arztes über seinen Gesundheitszustand vorlegt. Das Gutachten muss auf einer Untersuchung und, wenn dies ein Amtsarzt für erforderlich hält, auch auf einer klinischen Beobachtung des Betroffenen beruhen. Die Kosten des Gutachtens hat der Betroffene zu tragen. Rechtsbehelfe gegen die Anordnung nach Satz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladenen zu 1. bis 3. und 5. und der Beklagte tragen die Kosten des Revisionsverfahrens - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 4. und 6. - zu gleichen Teilen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung.

2

Der Kläger erhielt 1993 eine Sonderzulassung als (Beleg-)Arzt für radiologische Diagnostik. Nach einer Anzeige des Inhalts, dass der Kläger lediglich zeitweise in der Praxis tätig sei und in der übrigen Zeit ein ohne Genehmigung beschäftigter Arzt die Untersuchungen durchführe, hob die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 15.3.1999 die Honorarbescheide für die Quartale I/1994 bis III/1998 auf und forderte 4 722 010,62 DM zurück. In einer im Jahr 2002 mit der Beigeladenen zu 1. geschlossenen "Plausibilitätsvereinbarung" verpflichtete sich der Kläger, Honorar in Höhe von 3 400 000 DM zurückzuzahlen. Mit Urteil des Landgerichts Regensburg vom 14.10.2003 wurde der Kläger wegen Betrugs zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt, weil er regelmäßig Untersuchungen ohne Genehmigung angestellten Ärzten, teilweise sogar dem nichtärztlichen Praxispersonal, überlassen habe. Durch Disziplinarbescheid der Beigeladenen zu 1. vom 15./17.1.2003 wurde dem Kläger wegen der Beschäftigung von drei Vertretern ohne Genehmigung im Quartal II/2002 eine Geldbuße in Höhe von 8000 Euro auferlegt; die hiergegen erhobene Klage nahm der Kläger im Termin vor dem LSG (L 12 KA 447/04) am 28.3.2007 zurück. Das LSG hatte ihn darauf hingewiesen, mit der Rücknahme könne er seine Chancen auf Erfolg im Verfahren gegen die Entziehung der Zulassung verbessern.

3

Bereits mit Bescheid vom 26.5./15.6.1999 hatte der Zulassungsausschuss auf Antrag der Beigeladenen zu 1. dem Kläger die Zulassung als Vertragsarzt wegen wiederholt unkorrekter Abrechnungen entzogen. Dessen Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 21./28.10.2003 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Kläger habe zum einen Leistungen abgerechnet, die von genehmigten Weiterbildungsassistenten in seiner Abwesenheit erbracht worden seien; er sei damit seiner Verpflichtung, die Weiterbildung persönlich zu leiten, nicht nachgekommen. Zum anderen habe er von April 1997 bis Dezember 1998 Leistungen abgerechnet, die von einem nicht genehmigten Assistenten erbracht worden seien; er habe darüber hinaus die Praxis über erhebliche Zeiträume allein geführt. Da weder eine Assistentengenehmigung noch eine Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt worden sei, sei eine Abrechnung nicht zulässig gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger nicht delegationsfähige Leistungen abgerechnet, die während seiner Abwesenheit durch nichtärztliches Personal erbracht worden seien. Das nichtärztliche Personal habe Patienten aufgeklärt, kernspintomographische Untersuchungen durchgeführt und intravenöse Injektionen vorgenommen. Dieses Abrechnungsverhalten stelle eine gröbliche Pflichtverletzung dar und begründe die Ungeeignetheit zur weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

4

Das vom Kläger angerufene SG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zur Hauptsacheentscheidung erster Instanz wiederhergestellt (Beschluss vom 11.12.2003), die Klage jedoch - nach zwischenzeitlicher Aussetzung des Verfahrens von Oktober 2004 bis Februar 2007 - abgewiesen (Urteil vom 24.8.2007). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 28.10.2003 aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 26.5.1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil vom 26.1.2011). Zuvor hatte es dessen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs stattgegeben (Beschluss vom 6.9.2007 - L 12 KA 495/07 ER -). In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat die Beigeladene zu 2. Prüfanträge bezüglich der Quartale I/2008 und I bis IV/2009 vorgelegt, welche unzulässige Verordnungen von Sprechstundenbedarf (SSB) in Höhe von 82,50 Euro bis 129,99 Euro betreffen.

5

Das LSG hat ausgeführt, zwar sei die Zulassungsentziehung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten rechtmäßig gewesen, da der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten grob verletzt habe; sie sei jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens unverhältnismäßig und verstoße gegen Art 12 Abs 1 GG. Bei noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen sei zugunsten des Vertragsarztes ein sogenanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses zu berücksichtigen. Die aufgrund gröblicher Pflichtverletzungen in der Vergangenheit indizierte Ungeeignetheit könne infolge veränderter Umstände während des sozialgerichtlichen Verfahrens relativiert werden, wenn zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei ein künftig ordnungsgemäßes Verhalten des betreffenden Arztes prognostiziert werden könne. Die Ermittlungen bezüglich des über siebenjährigen Zeitraums vom 28.10.2003 bis zum 26.1.2011 hätten keine Tatsachen ergeben, die ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen Verhaltensänderung des Klägers rechtfertigen könnten. Weder der Beklagte noch die Beigeladene zu 1. noch die zu 2. bis 6. beigeladenen Krankenkassen(-Verbände) hätten dazu etwas vortragen können. Die Prüfanträge bezüglich der Quartale I/2008 und I/2009 bis IV/2009 könnten in Anbetracht des relativ langen Zeitraums von Oktober 2003 bis Januar 2011 bei einer Gesamtwürdigung keine ernstlichen Zweifel an einer nachhaltigen Verhaltensänderung belegen. Da hiervon abgesehen keine Tatsachen hätten ermittelt werden können, die Zweifel an einer Verhaltensänderung des Klägers begründen könnten, gehe der Senat von einer positiven Prognose aus, dass sich der Kläger künftig ordnungsgemäß verhalten werde.

6

Mit ihrer Revision rügt die zu 1. beigeladene KÄV die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe seiner Entscheidung eine unzutreffende Auslegung des § 95 Abs 6 SGB V zugrundegelegt, die nicht mit der Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von "Wohlverhalten" zu vereinbaren sei. Das LSG sei zu Unrecht von einem "Wohlverhalten" des Klägers ausgegangen, denn es habe dafür dessen bloße Unauffälligkeit im laufenden Zulassungsentziehungsverfahren genügen lassen und keine - über die bloße Unauffälligkeit hinausgehenden - positiv festzustellenden Umstände verlangt, die eine Entkräftung der von der Pflichtverletzung ausgehenden Indizwirkung zur Folge hätten. Dies sei schon deshalb nötig, um das geringere Gewicht des unauffälligen Verhaltens im Vergleich zur Pflichtverletzung, die zur Zulassungsentziehung geführt hat, aufzuwiegen.

7

Die erklärte Rücknahme seiner Klage gegen den Disziplinarbescheid lasse keine zuverlässigen Schlüsse auf eine wiedererlangte Eignung zu, da dies erst auf einen Hinweis des Gerichts - und damit nicht aus autonomen, sondern aus heteronomen Gründen - erfolgt sei. Auch habe der Kläger im laufenden Zulassungsentziehungsverfahren die Annahme, er könnte wieder geeignet sein, selbst widerlegt, indem er keinerlei Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt habe. Dies zeige die von ihm noch im Berufungsverfahren verwendete Formulierung "Selbst wenn man die Vorwürfe … als zutreffend unterstellt, …"

8

Die Beigeladene zu 1., der Beklagte und die Beigeladenen zu 2., 3. und 5. beantragen,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 26.1.2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 24.8.2007 zurückzuweisen.

9

Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 1. an. Nach der Rechtsprechung des BSG bedürfe es einer durch Unrechtseinsicht belegten Verhaltensänderung, die feststellbar wäre und überdies konkret festgestellt worden sei. Davon könne jedoch vorliegend keine Rede sein. Es sei vielmehr konkret zu Lasten des Klägers feststellbar gewesen, dass dieser sich früher entstandene Entziehungsgründe weiterhin vorhalten lassen müsse; das sei aber vom LSG trotz gegebener und dem Berufungsgericht bekannt gewordener Tatsachenlage nicht festgestellt worden.

10

Die Beigeladene zu 2. schließt sich ebenfalls den Ausführungen der Beigeladenen zu 1. an. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG erkennen lassen, dass er die SSB-Vereinbarung und deren Inhalt nicht kenne, und deutlich gemacht, dass er Verantwortung noch immer an sein Personal abgebe.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Gemessen an den vom BSG aufgestellten Maßstäben lägen die Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung nicht vor. Bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten sei die Erschütterung des Vertrauens nicht so groß gewesen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Zusammenarbeit völlig zerstört gewesen seien, denn die Beigeladene zu 1. habe mit ihm - dem Kläger - im Jahre 2002 eine in die Zukunft zielende (Plausibilitäts-)Vereinbarung getroffen; auch sei von keinem der Beigeladenen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung beantragt worden. Nach den Feststellungen des LSG sei die Wiederholung von Pflichtverletzungen mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Sein - des Klägers - ernster Wille, die die Pflichtverletzungen ermöglichenden Missstände zu beheben, folge schon aus der im Jahre 2002 geschlossenen Vereinbarung. Zudem habe er vor der Entscheidung des Beklagten - über die Rücknahme der gegen den Disziplinarbescheid erhobenen Klage hinaus - auch sämtliche Widersprüche gegen die eine Vertreterbestellung versagenden Bescheide zurückgenommen.

13

Das Berufungsgericht habe Umstände der Entkräftung des Eignungsmangels nicht bloß vermutet, sondern sie im Rahmen des Verfahrens durch umfangreiche Sachverhaltsaufklärung ermittelt und sodann positiv festgestellt. Es gereiche ihm - dem Kläger - in Anbetracht der Ausführungen des SG München zum Fairnessverstoß der dort beklagten KÄV nicht zum Nachteil, dass er Klage gegen den Disziplinarbescheid erhoben habe. Fehl gehe auch der Vortrag zum vermeintlichen Fehlen der Unrechtseinsicht. Da das Verfahren seit nunmehr 13 Jahren anhängig sei, komme eine Verletzung seines - des Klägers - Grundrechts auf effektiven Rechtsschutzes in Betracht.

14

Die Beigeladenen zu 4. und 6. haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist im Ergebnis nicht begründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die Zulassung zu entziehen, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum sogenannten "Wohlverhalten" zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht mehr rechtmäßig war.

16

1. Allerdings geht die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, ins Leere. Es gibt keine Entscheidung mehr, die der Beklagte zu treffen hätte.

17

Zum einen ist kein Entscheidungsspielraum für den Beklagten verblieben. Abgesehen davon, dass es sich bei der Entscheidung über die Entziehung der Zulassung um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl BSG Beschluss vom 27.6.2001 - B 6 KA 5/01 B - Juris RdNr 7), liegt es ausschließlich in der Kompetenz der Gerichte, über das Vorliegen von "Wohlverhalten" zu entscheiden (vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 18-19). Da das Berufungsgericht dieses in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht hat und somit nach der (bisherigen) Rechtsprechung des Senats ein Aufrechterhalten der Zulassungsentziehungsentscheidung unverhältnismäßig wäre, scheidet jede andere Entscheidung als die, dass die Zulassung des Klägers fortbesteht, somit aus.

18

Zum anderen gibt es keinen Widerspruch mehr, über den der Berufungsausschuss zu entscheiden hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist allein der Bescheid des Berufungsausschusses Streitgegenstand (vgl BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 6; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 6 S 39; vgl schon BSG SozR 1500 § 96 Nr 32 S 42). Da der Berufungsausschuss nicht über einen Widerspruch entscheidet, sondern eine eigenständige Sachentscheidung trifft (so auch Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 44 Ärzte-ZV RdNr 6), bedarf es nach einer gerichtlichen Aufhebung des Bescheides des Berufungsausschusses keiner erneuten Entscheidung unter dem Gesichtspunkt, dass andernfalls der Bescheid des Zulassungsausschusses "in der Luft hinge". Die Aufhebung des Bescheides des Berufungsausschusses führt nicht zu einer Wiederherstellung des Ausgangsbescheides; vielmehr ist die Entscheidung des Zulassungsausschusses in der Entscheidung des Berufungsausschusses aufgegangen (so ausdrücklich LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 2.2.2006 - L 5 KA 37/05 - NZS 2006, 609, 610; Schallen, aaO, § 44 Ärzte-ZV RdNr 8 sowie Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, § 45 Ärzte-ZV RdNr 5, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 1500 § 96 Nr 32; vgl auch BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 6), ist also rechtlich nicht mehr existent.

19

2. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung lagen zum Zeitpunkt der - den alleinigen Streitgegenstand des Verfahrens bildenden (vgl BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1) - Entscheidung des Beklagten vor.

20

a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung des Beklagten ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V. Danach ist einem Vertragsarzt die Zulassung unter anderem dann zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist (stRspr des BSG, vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10 mwN; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; zuletzt BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13). Davon ist nach der Rechtsprechung des BVerfG wie auch des BSG auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, sodass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertrags(zahn)arzt nicht mehr zugemutet werden kann (stRspr des BSG, vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13; zuletzt BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch BVerfGE 69, 233, 244 = SozR 2200 § 368a Nr 12 S 30).

21

Wiederholt unkorrekte Abrechnungen können die Zulassungsentziehung rechtfertigen (vgl BSGE 73, 234, 242 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 18; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10), insbesondere deswegen, weil das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung auf Vertrauen aufbaut und das Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Leistungserbringers ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung darstellt (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 35 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung iS von § 95 Abs 6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 23, 50 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

22

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten durch die - auch strafgerichtlich - festgestellten Abrechnungsverstöße in diesem Sinne gröblich verletzt hat. Die Pflichtverletzungen als solche - den Einsatz von Ärzten und Hilfspersonal in der Praxis in eindeutigem Widerspruch zu den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Vorschriften - hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Sie sind gravierend und tragen die Entziehung der Zulassung (vgl zur Gröblichkeit BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 32 ff, 39 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

23

Zu Recht hat das LSG angenommen, dass die beigeladene KÄV durch die mit dem Kläger geschlossene Vereinbarung vom 17.6.2002 über die Rückzahlung der für die fehlerhaft abgerechneten Leistungen erzielten Honorare nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass sie keine endgültige Störung des Vertrauensverhältnisses zum Kläger sieht. Die Vereinbarung ist von dem Bestreben der beigeladenen KÄV geprägt, zu Gunsten der bayerischen Vertragsärzte möglichst schnell möglichst viel von den zu Unrecht gezahlten Honoraren zurückzuerhalten. Trotz einiger vielleicht missverständlicher Formulierungen in der Vereinbarung konnte der Kläger daraus nicht schließen, die KÄV betrachte die Angelegenheit schon vor Abschluss des Strafverfahrens mit dem vollen Schadensausgleich als erledigt, zumal die KÄV selbst die Zulassungsentziehung beantragt hatte.

24

3. Im Einklang mit der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Senats (siehe hierzu a) hat es das LSG nicht bei der Feststellung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung belassen, sondern geprüft, ob der Kläger im Laufe des - der Entscheidung des Berufungsausschusses nachfolgenden - gerichtlichen Verfahrens seine Eignung für die vertragsärztliche Tätigkeit durch sogenanntes "Wohlverhalten" zurückgewonnen hat. Diese Rechtsprechung, der die anderen Bundesgerichte nicht gefolgt sind (siehe b), gibt der Senat ausdrücklich auf (siehe c), wendet sie jedoch aus Vertrauensschutzgründen auf das zur Entscheidung anstehende Verfahren weiterhin an (siehe d).

25

a) Nach bisheriger Rechtsprechung des Senats ist - jedenfalls bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Arztes in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist und damit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint (vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 54, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

26

In seiner älteren Rechtsprechung hatte der Senat bei der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt im Rahmen von Zulassungsentziehungsverfahren der Sachverhalt von den Tatsacheninstanzen aufzuklären ist, zwischen vollzogenen und nicht vollzogenen Entziehungsentscheidungen differenziert und angenommen, bei den Letzteren sei im Rahmen der reinen Anfechtungsklage für die Beurteilung des Klagebegehrens - über den ansonsten maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung hinausgehend - die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht und die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f, mwN). Diese Rechtsprechung hat der Senat mit Urteil vom 20.10.2004 (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9)dahingehend vereinheitlicht, dass für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung sowohl bei vollzogenen als auch bei nicht vollzogenen Entziehungsentscheidungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist. Bei nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht seien die genannten Grundsätze jedoch im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art 12 Abs 1 GG dahingehend zu modifizieren, dass zu Gunsten des betroffenen Vertragsarztes Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu beachten sind (BSG aaO RdNr 15 mwN; vgl zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 54, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

27

Zur Begründung hat der Senat (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15)darauf hingewiesen, dass ein Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden sei, in der Regel seine Praxis verliere und vielfach keine Chance habe, eine solche neu aufzubauen, oft auch dann nicht, wenn nach einer Zeit der Bewährung die erneute Zulassung für den bisherigen Ort der Niederlassung erfolge. Der erneuten Zulassung am bisherigen Ort der Praxis stünden zudem oftmals rechtliche Hindernisse wie die Sperrung des Planungsbereichs wegen Überversorgung und/oder die Überschreitung der Altersgrenze des § 25 Satz 1 Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV) entgegen.

28

b) Die Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes - mit Ausnahme des BFH (vgl BFHE 178, 504 = NJW 1996, 2598; BFH Beschluss vom 24.1.2006 - VII B 141/05 - Juris RdNr 10 = BFH/NV 2006, 983) - hält demgegenüber auch in vergleichbaren Konstellationen ausnahmslos an dem Grundsatz fest, dass allein der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist.

29

So geht das BVerwG auch bei Maßnahmen, die - wie insbesondere der Widerruf einer ärztlichen Approbation wegen Berufsunwürdigkeit - in ihren Auswirkungen der Zulassungsentziehung vergleichbar sind, in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es für die Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens ankommt (BVerwG Buchholz 418.00 Ärzte Nr 100 = NJW 1999, 3425; BVerwGE 105, 214, 220 mwN; BVerwG Beschluss vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16; zuletzt BVerwG Beschluss vom 18.8.2011 - 3 B 6/11 - Juris RdNr 9 = Buchholz 418.00 Ärzte Nr 111; vgl auch BVerwGE 137, 1 RdNr 11 = Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr 10 - Widerruf der Berufserlaubnis von Logopäden). Der für die Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt sei durch das materielle Recht vorgegeben (BVerwGE 137, 1 RdNr 11 = Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr 10). Der Widerruf der Approbation (bzw der Berufserlaubnis) sei ein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogener rechtsgestaltender Verwaltungsakt; vor allem aber sehe das materielle Recht die Möglichkeit der Wiedererteilung der Approbation vor, sodass der Widerruf deshalb eine Zäsur bilde, durch die eine Berücksichtigung nachträglicher Umstände dem Wiedererteilungsverfahren zugewiesen werde (BVerwGE 137, 1 RdNr 11 = Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr 10; BVerwG Beschluss vom 27.10.2010 - 3 B 61/10 - Juris RdNr 8). Darauf, ob das materielle Recht ausdrücklich ein eigenständiges Wiedererteilungsverfahren vorsehe, komme es nicht an; es genüge der Umstand, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf erneute Zuerkennung der Erlaubnis oÄ bestehe (BVerwGE 137, 1 RdNr 11 = Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr 10). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es daher nicht, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht abzustellen; die Lebensführung und berufliche Entwicklung des Betroffenen nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens seien in einem Verfahren auf Wiedererteilung der Approbation zu berücksichtigen (BVerwGE 137, 1 RdNr 11 = Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr 10; BVerwG Beschluss vom 18.8.2011 - 3 B 6/11 - Juris RdNr 9 = Buchholz 418.00 Ärzte Nr 111). Hieran hat das BVerwG in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9)ausdrücklich festgehalten und darauf verwiesen, dass es die Hindernisse, die einer Wiederzulassung als Kassenarzt entgegenstehen mögen, bei der Approbation als solcher nicht gebe (BVerwG Beschluss vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16 f).

30

Auch der BGH hat sich für den Widerruf der Zulassung zur Anwaltschaft in Ergebnis und Begründung der Rechtsprechung des BVerwG angeschlossen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens abzustellen und die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten ist (grundlegend BGHZ 190, 187 RdNr 9 ff = NJW 2011, 3234 ff). Das anwaltliche Berufsrecht sehe in materieller Hinsicht keine Besonderheiten vor, die eine Abweichung von der Rechtsprechung des BVerwG gebieten würden. Seine frühere Rechtsprechung, die zwar grundsätzlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung folgte, aus prozessökonomischen Gründen jedoch eine Berücksichtigung nachträglich eingetretener Umstände zuließ, hat der BGH unter Hinweis auf die zum 1.9.2009 erfolgte Änderung des Verfahrensrechts (Wechsel vom Recht der freien Gerichtsbarkeit zur Verwaltungsgerichtsordnung) ausdrücklich aufgegeben (BGHZ 190, 187 RdNr 12 ff = NJW 2011, 3234 ff).

31

Schließlich geht auch die - ungeachtet der Unterschiede zwischen freiberuflicher Tätigkeit und abhängigen Beschäftigungsverhältnissen beachtliche - Rechtsprechung des BAG zu personenbedingten Kündigungen (vgl BAGE 91, 271, 277, 278 ff = NZA 1999, 978; BAGE 101, 39, 46 = NZA 2002, 1081; BAGE 123, 234, 239 = NZA 2008, 173), des BVerwG zur Versetzung von Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (BVerwGE 105, 267, 269 f = DVBl 1998, 201, 202) sowie des BGH (Dienstgericht des Bundes) zur Entlassung von Richtern auf Probe (vgl BGH Urteil vom 10.7.1996 - RiZ (R) 3/95 - DRiZ 1996, 454) davon aus, dass nach der Kündigung bzw Entlassung liegende Veränderungen der Sachlage unbeachtlich sind.

32

c) An der dargestellten Modifizierung des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Sachlage bei Erlass der Entscheidung des Berufungsausschusses in Fällen nicht vollzogener Zulassungsentziehungen, die auch im Schrifttum auf Kritik gestoßen ist (Hess in Kasseler Komm, § 95 SGB V RdNr 104, Stand August 2012; vgl auch Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 31 RdNr 16),hält der Senat nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:

33

aa) Besonderes Gewicht hat in diesem Zusammenhang, dass das BVerwG bei der Kontrolle von Entscheidungen über den Widerruf der ärztlichen Approbation ausnahmslos an dem Grundsatz festhält und keine der bisherigen Rechtsprechung des Senats entsprechenden Ausnahmen für den Fall der Wiedergewinnung der Berufswürdigkeit zulässt. Bei dem Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Berufsunwürdigkeit handelt es sich um die weitergehende Rechtsfolge, die (auch) eine Zulassungsentziehung nach sich zieht. Zum einen geht der Approbationswiderruf in seiner Wirkung über die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung noch hinaus, weil in seiner Folge dem Arzt nicht allein vertragsärztliche Behandlungen verschlossen sind, sondern ihm jegliche - auch privatärztliche - ärztliche Tätigkeiten verwehrt sind. Zum anderen ist in den Blick zu nehmen, dass mit dem Widerruf der Approbation zwangsläufig auch die vertragsärztliche Zulassung zu entziehen ist, weil dann den Zulassungsvoraussetzungen - konkret der Eintragung in das Arztregister (vgl § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V), die wiederum die Approbation voraussetzt (vgl § 95a Abs 1 Nr 1 SGB V) - der Boden entzogen ist. Es ist in der Konsequenz kaum nachvollziehbar, dass bei dem letztlich schwerwiegenderen Eingriff des Approbationswiderrufs der Umstand keine Rolle spielt, dass der betroffene Arzt nach wiedererlangter Approbation wegen der Zulassungsbeschränkungen ggf nicht mehr an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann, dies jedoch bei einer (nicht vollzogenen) Zulassungsentziehung Berücksichtigung zu finden hat. Eine Ungleichhandlung von Approbationswiderruf und Zulassungsentziehung wäre nur gerechtfertigt, wenn sich dafür zwingende Gründe anführen ließen; solche sieht der Senat nicht mehr.

34

bb) Für die Berücksichtigung nachträglichen Wohlverhaltens bei der Zulassungsentziehung hat der Senat bislang angeführt, dass ein Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden sei, in der Regel seine Praxis verliere, und die Chancen von Ärzten, nach Ablauf einer mindestens fünfjährigen Bewährungsfrist nach Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung am bisherigen Praxisstandort neu zugelassen zu werden, gering sein können. Der erneuten Zulassung am bisherigen Ort der Praxis stünden oftmals rechtliche Hindernisse wie die Sperrung des Planungsbereichs wegen Überversorgung und/oder die Überschreitung der Altersgrenze des § 25 Satz 1 Ärzte-ZV entgegen(BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15). Eine lediglich theoretische Chance zur Wiederaufnahme einer ärztlichen Tätigkeit nach Entziehung der Zulassung könnte mit dem Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG kollidieren.

35

Im vertragszahnärztlichen Bereich sind die für die Wohlverhaltens-Rechtsprechung angeführten Gesichtspunkte jedoch schon seit längerer Zeit ohne Bedeutung, weil der Gesetzgeber dort mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine Steuerung durch zwingende Zulassungsbeschränkungen verzichtet hat (vgl hierzu Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2012, § 103 RdNr 107 f, § 100 RdNr 50 ff, § 101 RdNr 99 f), sodass ein Zahnarzt nach Wiedergewinnung seiner Eignung im Anschluss an eine Zulassungsentziehung sogar im bisherigen Planungsbereich neu zugelassen werden kann. Hier ist somit eine Rechtfertigung für die Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung entfallen.

36

Aber auch im vertragsärztlichen Bereich haben sich in den letzten Jahren die beruflichen Chancen von Ärzten innerhalb und außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung so deutlich verbessert, dass die Erwägung, eine Zulassungsentziehung stehe zumindest faktisch einer Beendigung der ärztlichen Tätigkeit im Sinne einer wirtschaftlich tragfähigen beruflichen Betätigung gleich, nicht mehr gerechtfertigt ist. Zu nennen ist zum einen der Wegfall aller - einer (Wieder-)Zulassung ggf entgegenstehenden - Altersgrenzen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Altersgrenze nach § 25 Satz 1 Ärzte-ZV aF - danach war eine (Erst- und Wieder-)Zulassung ausgeschlossen, wenn ein Arzt das 55. Lebensjahr vollendet hatte - ist durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) mit Wirkung zum 1.1.2007 aufgehoben worden; § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V aF, der die Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes mit Vollendung des 68. Lebensjahres vorgab, ist durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung ( GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426 ) zum 1.10.2008 aufgehoben worden.

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Zum anderen haben sich die Neu- oder Wiederzulassungsmöglichkeiten in Deutschland erheblich gebessert. Für Hausärzte bestehen zahlreiche Zulassungsmöglichkeiten und auch fachärztliche Zulassungsbereiche außerhalb der Ballungsräume und besonders attraktiver Landkreise stehen offen. Der Gesetzgeber hat durch die Möglichkeit von Arztanstellungen in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und die Möglichkeit der Übernahme hälftiger Versorgungsaufträge die Aussichten von Ärzten, auch in fortgeschrittenem Lebensalter (neu oder wieder) vertragsärztlich tätig zu werden, auch ohne eine eigene Praxis eröffnen zu müssen, deutlich erweitert.

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Das ändert zwar nichts daran, dass eine (vollzogene) Zulassungsentziehung weiterhin im Regelfall zu einem Verlust der bisherigen Praxis führt. Jedoch stellt der Gesichtspunkt des Praxisverlusts und der Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Praxis keine Besonderheit des Vertragsarztrechts dar, sondern gilt gleichermaßen für alle freien Berufe, deren Tätigkeit von einer Approbation, Zulassung oder einer anderen Form der Genehmigung abhängig ist. Auch rein privatärztlich tätige Ärzte und in anderen Gesundheitsberufen Tätige (etwa Apotheker, Logopäden), aber auch Rechtsanwälte und Notare müssen sich nach einem Verlust der bisherigen Praxis unter mehr oder weniger großem finanziellen Aufwand und unter Schaffung eines neuen Kundenstamms eine neue Praxis aufbauen.

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Entsprechendes gilt auch für den Gesichtspunkt, dass eine erneute vertragsärztliche Tätigkeit nicht am Ort der bisherigen Tätigkeit, sondern ggf nur an einem anderen Ort möglich ist. Denn es ist dem betroffenen Arzt auch unter Berücksichtigung des Art 12 Abs 1 GG zuzumuten, ein Wiederzulassungsverfahren an einem anderen Ort zu betreiben. Er hat keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, am bisherigen Ort der Tätigkeit wieder zugelassen zu werden (in diesem Sinne zB BVerwG Beschluss vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 -, Juris RdNr 17). Durch Art 12 Abs 1 GG ist nicht die Tätigkeit als Vertragsarzt an einem bestimmten Ort geschützt, sondern allein die vertragsärztliche Tätigkeit als solche. Im Übrigen müssen sich auch Ärzte - anderen Staatsbürgern vergleichbar, die infolge einer rechtskräftigen Verurteilung ihren Arbeitsplatz verlieren - nach Wiedererteilung der Approbation bzw Wiedererlangung der Zulassung neu in ihrem Beruf einrichten, und zwar unter den dann herrschenden Bedingungen (BVerwG aaO).

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cc) Der bisherigen Rechtsprechung lag - zumindest in ihren Anfängen - unausgesprochen die Erwägung zugrunde, dass der Arzt von vornherein nur in Ausnahmefällen die Chance erhalte, trotz Entziehung der Zulassung weiter vertragsärztlich tätig zu sein und die Voraussetzung für "Wohlverhalten" zu schaffen. Im Regelfall - insbesondere bei Falschabrechnungen und anderen Betrugshandlungen - wurde in der Vergangenheit ohne Beanstandung durch die Rechtsprechung die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung angeordnet, sodass für Wohlverhalten von vornherein kein Raum war. Für diese Differenzierung ist im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur Vollziehung von Zulassungsentziehungen kein Raum mehr. Das BVerfG geht unter Hinweis auf Art 19 Abs 4 GG davon aus, dass die Vollziehung regelmäßig nur in Betracht kommt, wenn die Weiterführung der Praxis während des gerichtlichen Verfahrens das Wohl der Patienten gefährdet (vgl BVerfG Beschluss vom 8.11.2010 - 1 BvR 722/10 - NZS 2011, 619 f; vgl auch BVerfG Beschluss vom 18.4.2012 - 1 BvR 791/12 - Juris RdNr 8 = NZS 2012, 700 = GesR 2012, 486). Das ist eine seltene Ausnahme, weil in solchen Fällen regelmäßig schon die Approbation widerrufen wird, sodass ein gesondertes Zulassungsentziehungsverfahren obsolet ist. Deshalb ist rein tatsächlich die nicht vollzogene Entziehung auch in gravierenden Fällen von Abrechnungsbetrug die Regel und nicht mehr - wie ursprünglich vom Senat angenommen - die Ausnahme (s hierzu Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 95 RdNr 641 und § 97 RdNr 84). Infolgedessen und in Verbindung mit einer häufig langen Dauer der gerichtlichen Verfahren wird das "Wohlverhalten", das nach der Rechtsprechung ganz seltenen, besonders gelagerten Fällen vorbehalten bleiben sollte, faktisch zum regelmäßigen Prüfungsgesichtspunkt bei Zulassungsentziehungen. Das widerspricht der in § 95 Abs 6 SGB V zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers und macht das gerichtliche Verfahren über eine Entziehung rein tatsächlich in einer Vielzahl von Fällen zu einem Verfahren, in denen es nur um das "Wohlverhalten" geht. Das ist eine Fehlentwicklung, die der Senat nicht beabsichtigt hat und nunmehr korrigiert.

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dd) Unausgesprochen ist die bisherige Rechtsprechung auch von der Erwägung geprägt, die für den betroffenen Arzt oft schwer zumutbaren Folgen einer unangemessen langen Dauer des gerichtlichen Verfahrens in gewissem Umfang zu kompensieren. Das wird schon an der Verzahnung über die Frist von fünf Jahren deutlich, die Voraussetzung für "Wohlverhalten" und zugleich - auf zwei Instanzen bezogen - Indikator für eine Verletzung des Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention ist. Je länger wegen der vom Arzt (mutmaßlich) nicht zu beeinflussenden Verfahrensdauer die Ungewissheit über die berufliche Zukunft des Arztes dauerte, desto eher lag es nahe, den Arzt im Verfahren so zu behandeln, als hätte er sich zwischenzeitlich "bewährt", und deshalb im System zu belassen. Ein Ausgleich für die Folgen unangemessen langer gerichtlicher Verfahren im Verfahren selbst ist jedoch spätestens nach Inkrafttreten des "Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren" vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass den berechtigten Belangen der Beteiligten über eine Entschädigung in Geld Rechnung zu tragen ist. Kompensationen mit Auswirkungen auf das Ergebnis der Entscheidung in der Sache sind deshalb - abgesehen vom Strafverfahren - ausgeschlossen (in diesem Sinne schon BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 15/12 B - RdNr 18).

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ee. Es ist - auch dem Senat - in den letzten drei Jahrzehnten nicht gelungen, handhabbare Kriterien für die richtige Anwendung des Gedankens des "Wohlverhaltens" zu entwickeln. Betroffen davon sind Fälle wie der hier zu beurteilende, in denen feststeht, dass der Arzt das Verhalten, das zur Entziehung der Zulassung geführt hat, nicht fortsetzt und den Schaden ausgeglichen hat. Der Senat hat zwar einerseits - zumindest in einigen Entscheidungen (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 20 unter Hinweis auf BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 22 sowie BSG Beschluss vom 28.4.1999 - B 6 KA 69/98 B - Juris RdNr 5) - betont, dass es für "Wohlverhalten" nicht ausreicht, wenn sich der Arzt in der "Bewährungszeit" rein passiv verhalte. Andererseits hat er aber keine von der Praxis der Gerichte umsetzbaren Maßstäbe dafür entwickeln können, was für Umstände gegeben sein müssen, die insoweit ausreichen. Klar ist immer nur, was - abgesehen von Abrechnungsverstößen - der Annahme eines "Wohlverhaltens" entgegensteht: dies sind etwa berechtigte Beschwerden von Versicherten über Weigerung von Hausbesuchen, schleppende oder verzögerte Beantwortung von Anfragen der Kostenträger, unzureichende Erfüllung der Fortbildungsverpflichtungen oder Verweigerung der Kooperation bei Maßnahmen der Qualitätssicherung (vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 17). Entsprechendes gilt, wenn einem Arzt erkennbar die Einsicht in den Unrechtsgehalt seines zur Zulassungsentziehung führenden Verhaltens fehlt und er weiterhin in Abrede stellt, sich fehlerhaft verhalten zu haben (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15; BVerfG SozR 4-2500 § 95 Nr 18 RdNr 4). Was aber gilt, wenn der Arzt insoweit tut, wozu er verpflichtet ist, und dazu auch nicht ständig gemahnt werden muss, ist offengeblieben.

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Keine klaren Vorgaben hat die Rechtsprechung auch zur Ausfüllung des Grundsatzes machen können, dass dem "Wohlverhalten" eines Arztes während des Streits über die Zulassungsentziehung grundsätzlich geringeres Gewicht zukommt als schwerwiegenden Pflichtverletzungen in der Vergangenheit, die zur Zulassungsentziehung geführt haben (vgl BSGE 73, 234, 243 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 19; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 24). Wenn das immer gelten würde, ginge die Prüfung von "Wohlverhalten" von vornherein ins Leere; wann die Ausnahme erfüllt ist, lässt sich nicht bestimmen. Klare Grenzziehungen etwa hinsichtlich der Schadenssumme - wie etwa im Steuerstrafrecht im Hinblick auf die hinterzogene Summe - lassen sich nicht treffen.

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Soweit der Senat überhaupt Kriterien für ein "Wohlverhalten" benannt hat, haben auch diese die Rechtsanwendung nicht verlässlich steuern können. So geht der Gesichtspunkt einer Mitwirkung des Arztes an der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe (vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 22; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 20) dann (weitgehend) ins Leere, wenn es seines Zutuns überhaupt nicht mehr bedarf, sondern er mit einem bereits vollständig aufgeklärten Sachverhalt konfrontiert wird. Hinzu kommt, dass eine etwaige Mitwirkung an der Aufklärung in aller Regel - ja geradezu zwingend - vor einer Entscheidung des Beklagten liegen wird und daher im Rahmen einer Prüfung nachträglichen Wohlverhaltens nicht berücksichtigt werden könnte (zum Beginn der Wohlverhaltensfrist vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15 am Ende; BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 15).

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Gegen eine Berücksichtigung des Umstandes, dass der betroffene Arzt den von ihm verursachten Schaden ausgeglichen hat, ließe sich schon einwenden, dass dies eine Selbstverständlichkeit darstellt. Abgesehen davon ist eine Berücksichtigung dieses Aspektes deswegen heikel, weil hiervon gerade die besonders einsichtigen Ärzte nicht profitieren würden. Da nur "nachträgliche" - also nach der Entscheidung des Berufungsausschusses eingetretene - Umstände Berücksichtigung finden können, wirkt sich dies zu Lasten des Arztes aus, der den Schaden möglichst schnell reguliert, dies also alsbald nach Bekanntwerden der Vorwürfe oder jedenfalls kurz nach der Entscheidung des Zulassungsausschusses tut.

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Das Kriterium der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 22.12.2008 - 1 BvR 3457/08 - SozR 4-2500 § 95 Nr 18 RdNr 4; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 59/08 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15; vgl auch BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 24 sowie BSG Beschluss vom 27.6.2001 - B 6 KA 7/01 B - Juris RdNr 11) führt ebenfalls zu zweifelhaften Ergebnissen. Zwar kann von einem Arzt, dem jegliche Unrechtseinsicht fehlt, in der Regel nicht sicher angenommen werden, dass er in Zukunft die Regeln einhalten wird. Es gibt jedoch umgekehrt keine "harten" Tatsachen, die eine Unrechtseinsicht belegen können. So wäre etwa bei einem Schreiben des betroffenen Arztes, in dem er sein Bedauern ausdrückt, regelmäßig zu hinterfragen, ob dieses Schreiben nicht auf nur taktischen Erwägungen beruht.

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Der Umstand, dass die Berücksichtigung von "Wohlverhalten" nur in der Zeit zwischen der Entscheidung des Berufungsausschusses und derjenigen des LSG in Betracht kommt, führt zudem zu nicht gerechtfertigten Zufallsresultaten. Je länger der Berufungsausschuss mit seiner Entscheidung gewartet hat oder hat warten müssen, desto eher fallen wichtige Entscheidungen des betroffenen Arztes in die Zeit vor der Beschlussfassung im Berufungsausschuss. Insbesondere gilt dies für ein Zugestehen der Vorwürfe und eine Schadenswiedergutmachung, aber auch für Maßnahmen wie eine Neuorganisation der Praxis. Das muss dann zwar der Berufungsausschuss berücksichtigen, kann aber bei der Prüfung nachträglichen "Wohlverhaltens" keine Rolle spielen. Daher hat ein Arzt, der zunächst nicht kooperiert und erst nach der Entscheidung des Berufungsausschusses einlenkt, mehr Chancen, sein neu gewonnenes "Wohlverhalten" zu belegen.

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Auch die umgekehrte Situation lässt Wertungsprobleme erkennen, wie der vorliegende Fall zeigt: die Beigeladene zu 1. hat dem Kläger im Januar 2003 im Disziplinarverfahren eine Geldbuße in Höhe von 8000 Euro wegen der Beschäftigung von drei Vertretern im Quartal II/2002 ohne Genehmigung der KÄV auferlegt. Hätte der Kläger diesen weiteren Pflichtenverstoß im Anschluss an die Entscheidung des Berufungsausschusses im Laufe des gerichtlichen Verfahrens begangen, wäre jede Berufung auf "Wohlverhalten" illusorisch gewesen, selbst wenn nach der neuen Tat noch einmal fünf Jahre vor der Erledigung des Verfahrens vergangen wären. Denn jede Pflichtverletzung ähnlicher Ausrichtung wie diejenigen, die Gegenstand der Zulassungsentziehung sind, schließt - jedenfalls grundsätzlich - ein "Wohlverhalten" auf Dauer aus.

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ff) Schließlich können von einer in ihrer Anwendung durch die Instanzgerichte kaum vorhersehbaren Rechtsprechung Anreize ausgehen, allein im Hinblick auf die Chance, in den Genuss der "Wohlverhaltensrechtsprechung" zu gelangen, Zulassungsentziehungen auch dann anzugreifen, wenn sie zum Zeitpunkt ihres Ergehens ersichtlich gerechtfertigt sind. Auch das belegt der hier zu beurteilende Fall. Dass bei Pflichtverletzungen der vom Kläger begangenen Art und Dauer - bei einem Schaden von knapp 2 Mio Euro und einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen Betruges - die Zulassung zu entziehen ist, kann nicht zweifelhaft sein und war es in der gerichtlichen Praxis auch zu keinem Zeitpunkt. Die Aufgabe der Rechtsprechung zum "Wohlverhalten" rückt die Dinge wieder zurecht: der Arzt, der meint, ihm sei die Zulassung zu Unrecht entzogen, kann und muss diese - aber auch nur diese - Frage gerichtlich klären lassen. Will er zeigen, dass er sich neu bewähren kann, nimmt er die Entziehung hin und beantragt nach zumindest fünfjähriger Wartezeit eine neue Zulassung.

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gg) Damit wird nicht verkannt, dass eine Zulassungsentziehung die Berufsfreiheit in einem Maße einschränkt, das in seiner Wirkung der Beschränkung der Berufswahl iS des Art 12 Abs 1 GG nahe kommt (vgl zB BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 mwN). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es Art 12 Abs 1 GG überhaupt gebietet, dass ein Vertragsarzt nach einer gröblichen, eine Zulassungsentziehung auf Dauer rechtfertigenden Pflichtverletzung in jedem Fall die Möglichkeit haben muss, eine Zulassung als freiberuflich tätiger Arzt wiederzuerlangen, oder ob es ausreicht, dass er die Möglichkeit hat, in anderer Form (etwa als angestellter Arzt in einem MVZ) an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen.

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Denn abgesehen davon, dass bereits das Gesetz - gerade im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - sehr hohe Anforderungen an eine Entziehung der Zulassung stellt (vgl BVerwG Buchholz 418.00 Ärzte Nr 100 = NJW 1999, 3425 zur Feststellung der Berufsunwürdigkeit), macht diese jedenfalls einen Wiedereinstieg nach Absolvieren einer Bewährungszeit nicht (mehr) faktisch unmöglich, sodass die Privilegierung durch die "Wohlverhaltensrechtsprechung" nicht mehr durch Art 12 Abs 1 GG geboten ist. Den schwerwiegenden Folgen einer Zulassungsentziehung ist bereits bei der Entscheidung darüber Rechnung zu tragen, ob die Pflichtverletzungen eine Zulassungsentziehung unabdingbar erforderlich machen.

52

Auch der Umstand, dass das BVerfG es in einer - die Amtsenthebung eines Notars betreffenden - Kammerentscheidung als problematisch erachtet hat, die gerichtliche Entscheidung allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Amtsenthebungsverfahren zu stützen und nachträgliche Veränderungen unberücksichtigt zu lassen (BVerfG Beschluss vom 31.8.2005 - 1 BvR 912/04 - BVerfGK 6, 156, 161 = NJW 2005, 3057, 3058; s hierzu auch BGHZ 190, 187 RdNr 18 = NJW 2011, 3234 ff), erfordert kein Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung. Soweit das BVerfG dort die Auffassung vertreten hat, die Nichtberücksichtigung nachträglicher Veränderungen könne im Hinblick auf die Berufswahlfreiheit des Notars, der nach dem Verlust seines Amtes nur die Möglichkeit habe, bei Vorliegen eines Bedürfnisses, nach Ausschreibung der Notarstelle und bei Bestehen der Konkurrenz mit anderen Bewerbern erneut bestellt zu werden, verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (BVerfG, aaO = Juris RdNr 18), kommt diesen - ursprünglich auch vom Senat geteilten - Bedenken aus den dargestellten Gründen jedenfalls im Bereich des Vertragsarztrechts keine derart gravierende Bedeutung mehr zu, dass sie ein Abweichen vom Grundsatz erforderten. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass das BVerfG derartige Bedenken in Bezug auf den Widerruf der Approbation bislang nicht gesehen hat (vgl zB BVerfGK 12, 72 ff - zur Versagung der Wiedererteilung einer Apotheker-Approbation).

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hh) Einer Aufgabe der "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung stehen auch keine Umsetzungsprobleme entgegen. Die Rechtsprechungsänderung bewirkt lediglich, dass die Prüfung, ob das Vertrauensverhältnis wiederhergestellt ist, nun nicht mehr im Verfahren über die Zulassungsentziehung, sondern im Verfahren über die Wiederzulassung des Arztes zu erfolgen hat. Die Rechtsprechung des Senats zu den an eine Wiederzulassung zu stellenden Anforderungen bleibt von der Aufgabe der "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung unberührt. Einem Antrag auf Wiederzulassung (wie auch einer diesbezüglichen Entscheidung) steht nicht entgegen, dass die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, da ein Anspruch auf eine bestandssichere Zulassung besteht.

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Die Notwendigkeit, nunmehr ein Verfahren auf Wiederzulassung zu betreiben, hat allerdings auch zur Konsequenz, dass bei besonders langer Dauer des gerichtlichen Verfahrens über die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung die übliche "Bewährungszeit" abgelaufen sein kann, bevor die Zulassungsentziehung bestandskräftig ist. Allein der Umstand, dass noch ein gerichtliches Verfahren über die Zulassungsentziehung anhängig ist, hindert den betroffenen Arzt nicht, sich um eine erneute Zulassung zu bewerben. Kann er die zuständigen Zulassungsgremien - etwa in einem anderen KÄV-Bezirk - davon überzeugen, dass er ungeachtet des noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens jedenfalls wieder für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet ist, kann er grundsätzlich erneut zugelassen werden.

55

Von der neuen ärztlichen Zulassung darf der Vertragsarzt aber erst Gebrauch machen, wenn und soweit er zumindest auf die Rechte aus der entzogenen Zulassung verzichtet oder der Rechtsstreit über die Entziehung erledigt wird. Kein Arzt kann über zwei Zulassungen mit vollem Versorgungsauftrag verfügen. Ausgehend von diesem Grundsatz und unter Ausnutzung des Instruments der Bedingung als Nebenbestimmung im Sinne des § 32 Abs 2 Nr 2 SGB X müssen die Verwerfungen gelöst werden, die sich zumindest theoretisch aus dem Nebeneinander von gerichtlichem Verfahren über eine Zulassungsentziehung und Neuzulassungsverfahren ergeben können. Dazu dürfte es aber nur in den seltenen Fällen kommen, in denen auch nach Inkrafttreten des "Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren" vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) ein die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung betreffendes gerichtliches Verfahren nicht abgeschlossen ist, bevor ein betroffener Arzt Chancen auf eine Wiederzulassung hat, und zugleich auf die neue Zulassung wieder verzichten will, wenn der Entziehungsbescheid rechtskräftig aufgehoben wird. Wie diese mutmaßlich sehr seltenen Konstellationen zu lösen sind, dürfte sich einer generellen Festlegung entziehen. Der Regelung des § 12 Kündigungsschutzgesetz, die dem Arbeitnehmer, der vor rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, ein befristetes Wahlrecht einräumt, bei welchem Arbeitgeber er nach rechtskräftigem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess weiter arbeiten will, können zumindest wichtige Wertungsgesichtspunkte für die Lösung entnommen werden.

56

d) Der Senat wendet die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Wohlverhalten deshalb auf Entscheidungen der Berufungsausschüsse, die nach Veröffentlichung dieses Urteils ergehen, nicht mehr an. Aus Gründen prozessualen Vertrauensschutzes muss es in den anderen Fällen bei der bisherigen Rechtsprechung verbleiben, soweit Ärzte bei lange laufenden Gerichtsverfahren davon abgesehen haben, sich nach (mutmaßlich) eingetretener Bewährung um eine neue Zulassung zu bewerben. Dies kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn - wie dem hier zu beurteilenden Verfahren - die vom Senat für ein "Wohlverhalten" vorausgesetzte "Bewährungszeit" von fünf Jahren (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 55 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; zuletzt BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 15) seit der Entscheidung des Berufungsausschusses bereits verstrichen ist.

57

4. Auf der Basis der bisherigen und hier noch fortgeführten Rechtsprechung hält sich die Entscheidung des LSG, dem Kläger "Wohlverhalten" zuzubilligen, in dem Rahmen, der der tatrichterlichen Würdigung des LSG vorbehalten ist. Der Senat vermag zwar nicht zu erkennen, weshalb in einem Verfahren, in dem schon das Verfahren in erster Instanz mehrere Jahre gedauert und das LSG erst nach Jahren über eine Beschwerde gegen die Aussetzung des Verfahrens entschieden hat, das LSG ohne jede erkennbaren tatsächlichen Ermittlungen für die Entscheidung drei Jahre benötigt und dem Kläger damit die Tür zur Berücksichtigung von Wohlverhalten trotz erheblicher Pflichtverletzungen geöffnet hat; das ist aber nicht rückwirkend zu korrigieren.

58

a) Nach der Rechtsprechung des Senats zum sog "Wohlverhalten" ist zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist und damit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint (stRspr des BSG, vgl SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 f; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 54, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Wohlverhalten setzt eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (in diesem Sinne zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 55 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch BSG Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19; zuletzt BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 16).

59

"Wohlverhalten" erfordert somit (retrospektiv) eine Verhaltensänderung und (prospektiv) eine "positive" Prognose. Das LSG hat alle Umstände des Einzelfalls aufzuklären, die dafür und dagegen angeführt werden können, dass der Arzt sich künftig - anders als in der Vergangenheit - korrekt verhalten wird, und diese umfassend zu würdigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 17 f; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14).

60

Nach § 163 SGG ist das BSG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Bei Prognoseentscheidungen sind tatsächliche Feststellungen bezogen auf hypothetische Tatsachen zu treffen; zur Rechtsanwendung gehört jedoch die Prüfung, ob die Grundlagen für die Prognose richtig festgestellt bzw ob alle in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt sind (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 SGG RdNr 3a).

61

b) Der vom LSG vertretenen Auffassung, dass es für die Annahme von "Wohlverhalten" ausreicht, wenn keine ernstlichen Zweifel an einer stattgehabten Verhaltensänderung sowie an einem zukünftig pflichtgemäßen Verhalten bestehen, stehen jedenfalls keine zwingenden Rechtssätze des erkennenden Senats entgegen. Dieser hat sich nicht in dem Sinne festgelegt, dass die Feststellung "positiver" Umstände für die Annahme eines "Wohlverhaltens" unabdingbar ist.

62

Zwar hat der Senat wiederholt darauf hingewiesen, dass ein "Wohlverhalten" - anders als etwa bei strafprozessualen Bewährungsfristen - nicht an einen bloßen Zeitablauf geknüpft ist (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 10; zuletzt BSG Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 16). Damit soll jedoch allein verdeutlicht werden, dass ein Verstreichen der Wohlverhaltensfrist nicht genügt, sondern es darüber hinaus - wie vorstehend dargelegt - einer Würdigung des bisherigen und einer prognostischen Wertung des zukünftigen Verhaltens bedarf: eine an sich indizierte Ungeeignetheit kann nur dann durch eine bloße lange Zeitdauer relativiert werden, wenn ein künftiges rechtmäßiges Verhalten prognostiziert werden kann (BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 unter Bezugnahme auf BSG Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13).

63

Wie die Tatsachengerichte diese Würdigung vornehmen und welche Umstände sie dieser zugrundelegen, ist grundsätzlich von ihnen zu beurteilen und entzieht sich - aus rechtlichen wie auch tatsächlichen Gründen - einer abschließenden revisionsgerichtlichen Festlegung. Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass es je nach der Art der dem Vertrags(zahn)arzt vorgeworfenen Pflichtverletzung unterschiedlich sein kann, welche Gesichtspunkte bei der Prüfung des sog Wohlverhaltens von Bedeutung sind, und dies generalisierender Prüfung nicht zugänglich ist (BSG Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; BSG Beschluss vom 28.4.1999 - B 6 KA 69/98 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.6.1996 - 6 BKa 25/95 - MedR 1997, 86, 87; zuletzt BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19).

64

Bei der Festlegung der an ein "Wohlverhalten" zu stellenden Anforderungen ist auch in den Blick zu nehmen, welche dies überhaupt sein könnten und ob sie bei realistischer Betrachtung erfüllt werden können. Dass es dabei nicht darum gehen kann, dass sich der betroffene Arzt als besonders "guter" Mensch geriert, sondern allein um solche Maßnahmen bzw Handlungen, die Bezug zu den von ihm begangenen Pflichtverletzungen haben, steht außer Frage. Derartige Umstände, wie eine Mitwirkung an der Aufklärung und eine Wiedergutmachung des Schadens, liegen aber - wie bereits (unter 3.c. ee.) dargelegt - regelmäßig vor einer Entscheidung des Berufungsausschusses und können daher bei der Prüfung eines während des nachfolgenden Gerichtsverfahrens gezeigten "Wohlverhaltens" keine Berücksichtigung finden.

65

Wenn es die Gerichte für die ihnen obliegenden Feststellungen und Prognosen als ausreichend erachten, dass der betroffene Arzt sich in der Folgezeit korrekt verhalten hat (zur Wertung des "Wohlverhaltens" als bloßes korrektes "Normalverhalten" vgl schon Siewert, BKK 1974, 131 ff), ist dies revisionsgerichtlich hinzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - der Arzt auch die aus seinem Verhalten in der Vergangenheit entstandenen Folgen bereinigt, insbesondere einen entstandenen Schaden ausgeglichen hat. Ob ein beanstandungsfreies Verhalten auch im Rahmen eines auf eine Wiederzulassung gerichteten Verfahrens für die Beurteilung ausreicht, dass das Vertrauen wiederhergestellt ist, lässt der Senat ausdrücklich offen. Bedenken könnten sich insoweit ergeben, weil bei der Prüfung der Wiederzulassung - anders als beim "Wohlverhalten" im Falle einer nicht vollzogenen Zulassungsentziehung - mangels Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit die Annahme eines "korrekten" Verhaltens nicht ohne Weiteres auf entsprechende Feststellungen der KÄV bzw der Krankenkassen gestützt werden kann.

66

c) Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden. Tatsächliche Umstände, die zumindest Hinweise in Richtung auf Zweifel an der künftigen Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten liefern könnten, hat das LSG nicht festgestellt. Unabhängig davon, ob der Senat an diese "Nichtfeststellung" iS des § 163 SGG gebunden wäre, weil keine Verfahrensrügen erhoben worden sind, zeigen weder die beigeladene KÄV noch die Verbände der Krankenkassen entsprechende Gesichtspunkte auf oder geben auch nur Hinweise, durch welche Form der weiteren Sachaufklärung sich entsprechende Anhaltspunkte ergeben könnten. Deshalb muss als tatrichterliche Würdigung hingenommen werden, dass keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger sich in Zukunft - nicht anders als seit Oktober 2003 - vertragsärztlich korrekt verhalten wird.

67

Im Hinblick auf diese dem Tatrichter vorbehaltene und hier nicht evident unvertretbare Würdigung könnte der Aspekt des "Wohlverhaltens" nur dann außer Betracht bleiben, wenn die Pflichtverletzungen von solchem Ausmaß waren, dass sie durch keinerlei Wohlverhalten "kompensiert" werden können. Auch das ist in erster Linie Sache der tatrichterlichen Würdigung. Selbst wenn insbesondere im Hinblick auf die Schadenshöhe und die Vielzahl und Vielgestaltigkeit des unerlaubten Einsatzes von Personal in der Praxis des Klägers manches dafür sprechen mag, anders als das LSG zu werten, ist die Grenze für einen Eingriff des Revisionsgerichts in die tatrichterliche Bewertung nicht erreicht.

68

Der Kläger hat die "Bewährungszeit" im Verlaufe der 7 ¼ Jahre des gerichtlichen Verfahrens in den Instanzen beanstandungsfrei hinter sich gebracht. Er ist seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nachgegangen, ohne dass seitens der KÄV oder den Krankenkassen Verstöße gegen die vertragsärztlichen Pflichten festzustellen waren. Eine Ausnahme bilden lediglich die - vom LSG zu Recht als marginal beurteilten - unzulässigen SSB-Verordnungen in den Quartalen I/2008 und I bis IV/2009, wobei dies relativ wenige Verordnungen mit einer Rückforderungssumme von insgesamt 508,62 Euro betrifft.

69

Der (ansonsten) beanstandungsfreien Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit kommt umso mehr Bedeutung zu, als die genannten Institutionen angesichts des noch laufenden Entziehungsverfahrens Gelegenheit und Veranlassung zur sorgfältigen Beobachtung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers gehabt haben. Dem steht auch nicht entgegen, dass das vertragsärztliche Abrechnungs- und Honorierungssystem grundsätzlich auf Vertrauen aufbaut, weil es der KÄV (bzw den Krankenkassen) ausnahmsweise durchaus zumutbar ist, die Abrechnungen und das sonstige Verhalten eines Vertragsarztes genauer zu beobachten bzw zu hinterfragen.

70

Etwaige Zweifel - insbesondere an einer Unrechtseinsicht des Klägers - ergeben sich auch nicht aus dessen Reaktion auf einen Artikel im "S. Tageblatt" vom 2003, in dem über seine Verurteilung berichtet wurde. Abgesehen davon, dass sich der Kläger seinerzeit in einer hoch emotionalen Situation befunden haben dürfte, liegen diese Umstände noch vor der Entscheidung des Beklagten und haben somit bei der Prüfung eines nachfolgenden Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben. Daher kann ihm die (frühere) Rechtsprechung des Senats zum Wohlverhalten zugutekommen.

71

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 5. sowie der Beklagte die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist bzw weil sie unterlegen sind (§ 154 Abs 1 und 3 bzw § 154 Abs 2 und 3, jeweils iVm § 159 Satz 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 4. und 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. November 2011 wird dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

2

Der 1951 geborene Kläger ist seit 1999 als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in F. zugelassen. Seit Januar 2003 unterhielt der Kläger zunächst freundschaftliche Beziehungen zu der am 2.12.1987 geborenen, von ihm seit 2000 behandelten K.A. Von April bis Anfang Mai 2003 kam es nach den Feststellungen des LSG zwischen dem Kläger und K.A. zu sexuellen Kontakten der Art, dass der Kläger der K.A. während der Therapiestunde unter der Bekleidung an die Brüste fasste sowie diese küsste, über der Bekleidung das Geschlechtsteil der K.A. berührte sowie mit K.A. Zungenküsse austauschte. Wegen acht tatmehrheitlicher Vergehen des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses wurde der Kläger mit (rechtskräftigem) Strafbefehl vom 23.10.2003 zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Die Approbationsbehörde teilte dem Kläger daraufhin mit, dass sie diese Verurteilung nicht zum Anlass für die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens wegen Unzuverlässigkeit nehmen werde, jedoch ein weiteres auffälliges Verhalten die Gefahr eines Widerrufs der Approbation nach sich ziehen würde.

3

Der Zulassungsausschuss entzog dem Kläger auf Antrag der Krankenkasse der K.A. sowie nachfolgend auch der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2007 zurück; es liege eine besonders schwerwiegende gröbliche Pflichtverletzung vor, die auch zur Annahme der Ungeeignetheit führe. Klage und Berufung, mit denen der - weiterhin psychotherapeutisch tätige - Kläger insbesondere geltend gemacht hat, ein Rückfallrisiko sei nach dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F. als gering anzunehmen, zumal er im Dezember 2009 eine Psychotherapie bei dem Psychotherapeuten J.T. begonnen habe, sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 24.11.2010, Urteil des LSG vom 30.11.2011).

4

Das LSG hat ausgeführt, die sexuellen Handlungen an der fünfzehnjährigen Patientin, die gerade seit Ende 2002 besondere Probleme auch aufgrund der Trennung von ihrem Vater gehabt habe, stellten gröbliche Pflichtverstöße dar, so dass wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Patienten von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nur die Zulassungsentziehung in Betracht gekommen sei. Auch wenn diese Verstöße nunmehr mehr als acht Jahre zurücklägen, habe der Senat weiterhin ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen - eine positive Prognose rechtfertigenden - Verhaltensänderung. Dem Kläger fehle bis heute die Einsicht in den Unrechtsgehalt insbesondere seiner Täterrolle und in die damit verbundene Notwendigkeit der Einstellungs- und Verhaltensänderung. Er habe lediglich auf Entwicklungen während des Verfahrens reagiert, hingegen eine Supervision bis heute nicht konsequent durchgeführt. Auch im Übrigen habe eine Außenkontrolle der Therapie von Mädchen nicht stattgefunden; stattdessen habe der Kläger seine Behandlungen auf Jungen beschränkt, wozu er nicht berechtigt gewesen sei. Therapeutische Hilfe zum Schutz seiner Patienten habe der Kläger seit Ende 2003 nicht mehr in Anspruch genommen; die Therapie bei Herrn T. im Jahr 2009 stelle sich als Reaktion auf die vom SG angeordnete Begutachtung durch Prof. Dr. F. dar. Dieser Sachverständige habe darauf verwiesen, dass der Kläger zwar das Unrecht der Tat erkannt, sich dabei aber nicht als der aktiv Planende und Handelnde erlebt habe, sondern als das Opfer einer emotionalen Überflutung. Der Kläger nehme zudem nicht wahr, dass der Sachverständige sein - des Klägers - Rückfallrisiko im Vergleich zu anderen Sexualstraftätern als sehr gering bewertet, im Vergleich zu anderen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten jedoch zumindest ein so deutlich erhöhtes Risiko gesehen habe, dass er es als problematisch angesehen habe, dass dem Kläger im Falle der Entziehung der Kassenzulassung privat versicherte Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Kontrolle anvertraut würden.

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie Verfahrensmängel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

7

Der vom Kläger unter Beachtung der Darlegungsanforderungen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht liegt vor und führt gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

8

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Berufungsgericht hat seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es den vom Kläger in seiner Berufungsbegründung gestellten Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen hat. Auf diesem Verfahrensmangel kann die Entscheidung des LSG beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach weiteren Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (s hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 23 mwN).

9

Der Verfahrensrüge steht nicht entgegen, dass die in der Berufungsbegründungsschrift formulierten Beweisanträge in der Sitzungsniederschrift vom 30.11.2011 nicht protokolliert worden sind. Zwar muss ein Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten worden sein, doch steht der Annahme des Aufrechterhaltens die fehlende Protokollierung zumindest dann nicht entgegen, wenn das LSG den Beweisantrag im Tatbestand aufgeführt und/oder in den Entscheidungsgründen behandelt hat und damit selbst davon ausgegangen ist, dass der Antrag bis zum Schluss aufrechterhalten wurde (BSG Beschluss vom 7.2.2012 - B 13 R 392/10 B, juris RdNr 10 mwN; Becker, SGb 2007, 328, 332). Dies ist vorliegend der Fall.

10

Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründungsschrift zum einen die Einvernahme des Psychotherapeuten T. zum Beweis dafür beantragt, dass der deliktsorientierte Teil der Therapie abgeschlossen und damit auch nach den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. F. keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben sei, zum anderen die Anhörung des Gutachters Prof. Dr. F. dazu, dass seine - des Klägers - charakterlichen Mängel durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert seien. Diesen Beweisanträgen ist das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), denn es hätte sich - auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung - gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen.

11

Für die Frage, ob eine Begründung "hinreichend" ist, kommt es darauf an, ob das LSG objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war, ob es sich also zur beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr des BSG, vgl zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 290/11 B - juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - juris RdNr 12; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 20 sowie § 160 RdNr 18d mwN). Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch machen, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen (BSG aaO). Einen Beweisantrag darf es nur dann ablehnen, wenn es aus seiner rechtlichen Sicht auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, wenn diese Tatsache als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, wenn die behauptete Tatsache oder ihr Fehlen bereits erwiesen ist oder wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 10; BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 290/11 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - juris RdNr 12). Keiner dieser Gründe liegt vor.

12

Das LSG hat ausgeführt, angesichts des vorgelegten Attestes des Herrn T. vom 16.11.2011, dem sich entnehmen lasse, dass die psychotherapeutische Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, und in diesem der Therapeut T. auch von der Notwendigkeit spreche, dass der Kläger zukünftig keine weiblichen Jugendlichen behandele, um ein geringes Wiederholungsrisiko zu minimieren, sehe der Senat keine Notwendigkeit, bei Prof. Dr. F. ein weiteres Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass die charakterlichen Mängel des Klägers durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert seien. Dessen bedürfe es auch aus Rechtsgründen nicht, denn selbst wenn das Vorbringen des Klägers zuträfe, wofür das Attest des Herrn T. gerade nicht spreche, zudem die deliktsorientierte Therapie abgeschlossen wäre und dem Kläger von einem Sachverständigen bescheinigt würde, dass er inzwischen die charakterlichen Mängel ausreichend aufgearbeitet habe, würde erst danach - mit dem Abschluss der eigentlichen Heilbehandlung - die Zeit des Wohlverhaltens im Sinne der Rechtsprechung des BSG beginnen.

13

Soweit das LSG die Ablehnung des Beweisantrages damit begründet hat, dass dieser ins Leere gehe, weil die Zeit des Wohlverhaltens grundsätzlich erst mit Abschluss der Heilbehandlung beginne, steht diese Rechtsauffassung nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Zu Recht macht der Kläger geltend, dass der vom LSG aufgestellte Rechtssatz nicht mit der Rechtsprechung des BSG vereinbar ist, wonach die Zeitspanne des sogenannten "Wohlverhaltens" mit der letzten Verwaltungsentscheidung - dh ab Entscheidung des Berufungsausschusses - beginnt.

14

Das BSG hat mit seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung etwaigen Wohlverhaltens nach einer Zulassungsentziehung den Zeitpunkt der für die Beurteilung maßgeblichen Sach- und Rechtslage von dem bei Anfechtungsklagen üblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung auf einen späteren Zeitpunkt - dem der letzten Verhandlung vor dem Tatsachengericht - verlagert (vgl BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13 f). Nach dieser Rechtsprechung (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; vgl dazu auch BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 sowie - zuletzt - BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - RdNr 54 f) ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist und somit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint (zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13, 15 f).

15

Danach beginnt die Wohlverhaltensfrist mit dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl zB BSG Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - juris RdNr 13: im Regelfall nach ca fünf Jahren ab der Verhandlung des Berufungsausschusses). Indem das LSG den Beginn des Wohlverhaltenszeitraums auf den Abschluss eines Heilverfahrens verlegt, verknüpft es in nicht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang stehender Weise den Beginn des Wohlverhaltenszeitraums und die inhaltliche (prognostische) Überprüfung des Wohlverhaltens. Zwar mag es Fälle geben, in denen einer positiven Prognose der Umstand entgegensteht, dass eine begonnene und erforderliche Therapie noch nicht zum Abschluss gekommen ist und der bisherige Verlauf des Heilverfahrens noch keine Beurteilung zulässt. Es wäre aber unverhältnismäßig (zur Verhältnismäßigkeit s zB BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16),auch nach Abschluss einer Therapie und damit unabhängig von einer ggf zu prognostizierenden (positiven) Verhaltensänderung regelhaft das Verstreichen einer (erst) daran anschließenden fünfjährigen "Bewährungszeit" zu fordern. Im Übrigen führte dies vom Ausgangspunkt der Senatsrechtsprechung - dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage - fort.

16

Zwar ist die Frage, ob ein Mangel des Verfahrens vorliegt, nach der materiell-rechtlichen Entscheidung des Berufungsgerichts zu beurteilen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 90 mwN), sodass ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nur dann in Betracht kommt, wenn sich das LSG aufgrund seiner eigenen (materiell-rechtlichen) Rechtsauffassung gedrängt sehen musste, den beantragten Beweis zu erheben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5, 9; Becker, SGb 2007, 328, 332). Dies führt jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass das LSG ohne Verfahrensverstoß von einer weiteren Beweiserhebung absehen durfte, weil es aus seiner - wenn auch insoweit fehlerhaften - Sicht auf deren Ergebnis nicht ankam und somit die Begründung der Ablehnung "hinreichend" ist. Denn auch wenn es - zum einen - die Ablehnung der Beweisanträge auf die (unzutreffende) Auffassung gestützt hat, dass der erforderliche Wohlverhaltenszeitraum noch nicht abgelaufen sei, hat es gleichwohl den materiell-rechtlichen Teil seiner Entscheidung - die Zurückweisung der Berufung und damit die Bestätigung der die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entziehenden Entscheidung des Beklagten - nicht hierauf, sondern - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats - auf fortbestehende Zweifel an einer nachhaltigen, eine positive rechtfertigende Verhaltensänderung gestützt. Nach der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des BSG ist das Wohlverhalten nicht an einen bloßen Zeitablauf geknüpft (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 10), sondern ein Wohlverhalten setzt eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13). Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die vom Kläger beantragten Beweiserhebungen zu Ergebnissen geführt hätten, die für diese Prognose von Bedeutung wären und auch die Entscheidung des LSG beeinflusst hätten. Dies gilt umso mehr, als auch der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem - zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG gut zwei Jahre zurückliegenden - Gutachten ausgeführt hat, dass "evtl. nach zwei bis drei Jahren, bezugnehmend auf die Einschätzung durch den behandelnden forensischen Therapeut" eine abschließende Entscheidung erfolgen könne.

17

Soweit das Berufungsgericht das Attest des Herrn J.T. dahingehend interpretiert hat, dass die Behandlung des Klägers noch andauere, und aus diesem Grund von seiner Einvernahme zu der Frage abgesehen hat, ob der deliktsorientierte Teil der Therapie abgeschlossen ist, stellt dies im Übrigen keine hinreichende Begründung für das Nichtbefolgen des Beweisantrags, sondern eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar. Denn selbst wenn das Attest in dem vom LSG angenommenen Sinne zu interpretieren wäre, wäre damit nicht die Frage beantwortet, ob dies ggf für den deliktsorientierten Teil der Therapie anders zu sehen ist.

18

Der Senat hat zur Beschleunigung des seit sechs Jahren anhängigen Verfahrens von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kläger auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz beruft. Denn das BSG kann die angefochtene Entscheidung auch in diesen Fällen wegen eines Verfahrensmangels aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverweisen, wenn der Verfahrensmangel selbst bei Zulassung der Revision voraussichtlich zur Zurückweisung führen würde (BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B, juris RdNr 5 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 19d mwN).

19

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

                          

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14 499 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die (Wieder-)Zulassung der Klägerin zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit nach 1997 erfolgter Zulassungsentziehung.

2

Die 1948 geborene Klägerin war seit 1984 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen; diese Zulassung wurde ihr 1997 wegen fortgesetzt unwirtschaftlicher Behandlungsweise entzogen. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des SG vom 19.9.2001; Urteil des LSG vom 11.2.2005). Nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG im Revisionsverfahren (Urteil des BSG vom 19.7.2006 = SozR 4-2500 § 95 Nr 12)wies dieses die Berufung der Klägerin abermals zurück (Urteil vom 24.8.2007); die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin blieb erfolglos (Beschluss des BSG vom 17.6.2009). Am 19.8.2009 beantragte die Klägerin erneut die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag wegen Ungeeignetheit der Klägerin iS des § 21 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte ab(Bescheid vom 28.9.2009). Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 18.10.2010, Gerichtsbescheid des SG vom 6.5.2011, Urteil des LSG vom 23.11.2012).

3

Das SG hat ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg auf ein Wohlverhalten berufen. Bereits nach ihrem Verhalten während des - die Zulassungsentziehung betreffenden - gerichtlichen Verfahrens könne für die Zukunft nicht erwartet werden, dass sie sich ordnungsgemäß verhalten werde; eine solche Prognose müsse zweifelsfrei sein. So sei gegen die Klägerin noch am 23.11.2006 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Medizin-Produkte-Gesetz rechtskräftig eine Geldbuße verhängt worden. Dass die Klägerin einen Bezug dieser Verurteilung zu ihrer zahnärztlichen Tätigkeit noch heute abstreite, lasse klar erkennen, dass es ihr nach wie vor an einer Geeignetheit mangele; erst recht könne sie für sich kein Wohlverhalten geltend machen. Weiter habe die Klägerin während einer längeren Erkrankung in den Jahren 2003 und 2004 Vertreter ohne Genehmigung beschäftigt. Dass sich die beiden Vorwürfe auf die Jahre 2003/2004 und 2006 bezögen, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Klägerin bis heute - wie ihre Klagebegründung sowie ihre Berufungsbegründung im Verfahren L 3 KA 33/10 zeige - diese Vorwürfe entweder nicht einräume oder "kleinrede".

4

Das LSG hat auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Wiederzulassung lägen derzeit weiterhin nicht vor. Der Senat habe in seiner - die Zulassungsentziehung betreffenden - Entscheidung vom 24.8.2007 (im Verfahren L 3 KA 16/06) das Verhalten der Klägerin nicht nur in dem Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, sondern auch im gerichtlichen Verfahren bis zu seiner Entscheidung gewürdigt, und dabei ein Wohlverhalten nicht festzustellen vermocht. Auch während des Gerichtsverfahrens sei keine Verhaltensänderung eingetreten, die eine positive Prognose rechtfertigen könne. Die Klägerin habe bereits wenige Wochen, nachdem das BSG ihre Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Senats vom 24.8.2007 zurückgewiesen habe und dieses damit rechtskräftig geworden sei, erneut die Zulassung beantragt. Zwar sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass auch nach Verstreichen eines kurzen Zeitraums nach dem Eintritt der Rechtskraft einer Zulassungsentziehung bereits wieder ein Anspruch auf Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung bestehen könne. Die Dauer einer "Bewährungszeit" könne jedoch nicht generell festgelegt werden, sondern sei vielmehr abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles.

5

Im Falle der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass diese seit Beginn ihrer vertragszahnärztlichen Tätigkeit über zwei Jahrzehnte hinweg in unterschiedlicher Weise, teilweise schwerwiegend, gegen ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen habe, wobei sie im Zusammenhang mit ihrer zahnärztlichen Tätigkeit auch Straftaten begangen habe, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe geführt hätten. Besonders zu berücksichtigen sei, dass es auch nach Entziehung der Zulassung und noch während des anhängig gewesenen Berufungsverfahrens zu nicht unerheblichen Verletzungen der vertragszahnärztlichen Pflichten gekommen sei. Bei einer Gesamtwürdigung vermöge das Verhalten der Klägerin damit nicht den Eindruck zu vermitteln, dass diese durch den seit nur wenig mehr als drei Jahren bestehenden rechtskräftigen Ausschluss aus der vertragszahnärztlichen Tätigkeit veranlasst sein könnte, im Falle ihrer erneuten Zulassung, von weiteren Verletzungen ihrer vertragszahnärztlichen Pflichten Abstand zu nehmen.

6

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.

7

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde den Darlegungsanforderungen genügt, denn sie ist, ausgehend von ihrer Zulässigkeit, jedenfalls unbegründet.

8

Für den Erfolg der Rüge einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem LSG-Urteil und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht. Dabei ist der jeweils aktuelle Stand der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgebend. Zudem darf nicht lediglich isoliert auf einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidungen abgestellt werden, sondern zu berücksichtigen ist der Kontext, in dem die vom Kläger für seine Divergenzrügen herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze jeweils stehen. Aus dem Erfordernis, die Aktualität und den Kontext der herangezogenen bundesgerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, folgt zugleich die Notwendigkeit, die Entscheidungen daraufhin zu hinterfragen, ob ihre Aussagekraft durch spätere Gesetzesänderungen Einschränkungen erfahren hat.

9

1. Die Klägerin macht zum einen geltend, das LSG habe den Rechtssatz aufgestellt, "ein (Zahn)-Arzt sei für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung ungeeignet, wenn sie/er die Vorwürfe aus dem Zulassungsentziehungsverfahren im Verfahren über die Zulassungsentziehung, in anderen Verfahren und auch im nachfolgenden Verfahren über die Wiederzulassung nicht einräumt oder 'kleinredet'". Damit weiche das Berufungsgericht von einem Rechtssatz des BSG ab, wonach das Kriterium der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens kein verlässlicher Indikator für die Prüfung des Wohlverhaltens sein könne. Eine derartige Divergenz liegt jedoch nicht vor.

10

Es fehlt schon an einem Rechtssatz des BSG des Inhalts, dass die Unrechtseinsicht kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung darstellt, ob der Arzt seine Eignung wiedererlangt hat. Soweit sich die Klägerin auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 17.10.2012 (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26) bezieht, geht sie fehl. Zwar hat der Senat dort (aaO RdNr 46) ausgeführt, dass "das Kriterium der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens … (ebenfalls) zu zweifelhaften Ergebnissen" führe. Indem die Klägerin diesen einzelnen Satz herausgreift und ihn zum (ausschließlichen) Beleg ihrer These heranzieht, dass das BSG damit den von ihr angegebenen Rechtssatz aufgestellt habe, lässt sie den Grundsatz außer Acht, dass nicht lediglich isoliert auf einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidungen abgestellt werden darf, sondern der Kontext zu berücksichtigen ist, in dem die herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze jeweils stehen. Dass dieser Grundsatz nicht nur in Bezug auf (ausdrückliche) Rechtssätze, sondern erst recht in Bezug auf sonstige, nicht ohne Weiteres als Rechtssatz erkennbare Ausführungen in bundesgerichtlichen Entscheidungen gilt, versteht sich von selbst. Auch wenn die Klägerin auf Seite 12 ihrer Beschwerdebegründung den Kontext mit zitiert, lässt sie diesen letztlich inhaltlich außer Betracht.

11

Das BSG hat mit dem von der Klägerin angeführten Hinweis darauf, dass das (Prognose-)Kriterium der Unrechtseinsicht zu zweifelhaften Ergebnissen führe, keineswegs die Aussage getroffen, dass die Frage des Vorliegens einer (Unrechts-)Einsicht bei der Prüfung des "Wohlverhaltens" bzw einer wiedererlangten Eignung außer Betracht zu bleiben habe. Vielmehr beziehen sich die geäußerten Zweifel des Senats allein darauf, dass es keine "harten" Tatsachen gibt, die eine Unrechtseinsicht belegen könnten (aaO RdNr 46), also - positiv - als Nachweis für ihr Vorliegen geeignet wären. Die Ausführungen können - im Kontext betrachtet - gerade nicht in dem Sinne verstanden werden, dass (auch) - negativ - das Fehlen einer (Unrechts-)Einsicht als Kriterium untauglich ist, um beurteilen zu können, ob ein (Zahn-)Arzt seine Eignung wiedererlangt hat. Dass der Senat dem Fehlen einer Unrechtseinsicht weiterhin Bedeutung beimisst, hat er vielmehr in dem - dem von der Klägerin herangezogenen "Rechts"-Satz unmittelbar vorangehenden - Satz deutlich gemacht: "Zwar kann von einem Arzt, dem jegliche Unrechtseinsicht fehlt, in der Regel nicht sicher angenommen werden, dass er in Zukunft die Regeln einhalten wird."

12

Die gegenteilige Annahme stünde auch im Widerspruch zu dem - vom Senat ausdrücklich in Bezug genommenen - Beschluss des BSG vom 9.2.2011 (BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1). Dort (aaO RdNr 15, mwN) hat das BSG ausgeführt, dass ein für die Wiederherstellung des Vertrauens wie auch für eine entsprechende positive Prognose wesentlicher Umstand typischerweise die Frage der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens und einer hieraus ggf resultierenden Einstellungs- und Verhaltensänderung ist. Andernfalls lässt sich nicht feststellen, ob der (Zahn-)Arzt die Entziehung der Vertrags(zahn)arztzulassung zum Anlass genommen hat, sein Fehlverhalten zu korrigieren. Ist damit die (Unrechts-)Einsicht nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin von - wesentlicher - Bedeutung, steht dem die - vom LSG geteilte - Annahme des SG nicht entgegen, dass ein (Zahn-)Arzt, der (insbesondere) die Vorwürfe, die rechtskräftig zur Entziehung seiner Zulassung als Vertrags(zahn)arzt geführt haben, weiterhin bestreitet oder als unbedeutend abtut, ersichtlich für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung ungeeignet ist, sondern entspricht vielmehr den in der Senatsrechtsprechung aufgestellten Vorgaben.

13

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Annahme einer Divergenz auch entgegensteht, dass eine solche nur dann von Bedeutung wäre, wenn sie tragende Aussagen der Entscheidung betrifft (Becker, SGb 2007, 261, 269 mwN). Dies ist jedoch in Bezug auf die zitierten Ausführungen des BSG nicht der Fall, da diese ausschließlich zur Illustration der Schwachpunkte der bisherigen "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung dienen (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 42 ff unter "ee.": "Es ist - auch dem Senat - in den letzten drei Jahrzehnten nicht gelungen, handhabbare Kriterien für die richtige Anwendung des Gedankens des 'Wohlverhaltens' zu entwickeln."), nicht aber zur Begründung der zu entscheidenden Frage, ob die Zulassungsentziehung rechtmäßig war.

14

2. Auch soweit die Klägerin eine Divergenz in Bezug auf den Beginn der sogenannten "Wohlverhaltensfrist" geltend macht, ist ihr nicht zu folgen. Zwar geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass die für eine Wiederzulassung erforderliche "Bewährungszeit" nach der Rechtsprechung des Senats nicht erst mit Rechtskraft der Entscheidung über die Zulassungsentziehung beginnt, sondern schon während eines noch laufenden Zulassungsentziehungsverfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG wird für ein "Wohlverhalten" eine "Bewährungszeit" von fünf Jahren vorausgesetzt, für deren Beginn die Entscheidung des Berufungsausschusses maßgeblich ist (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15; BSGE 100, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 55; zuletzt BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 56 mwN). Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.10.2012 (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26)deutlich zu erkennen gegeben, dass diese zur "Wohlverhaltens"-Frist gemachten Aussagen auch gleichermaßen für den Beginn der für eine Wiederzulassung maßgeblichen "Bewährungs"-Frist Geltung beanspruchen. Die Aussage, dass einem Antrag auf Wiederzulassung nicht entgegensteht, dass die Zulassungsentziehung noch nicht bestandskräftig geworden ist und bei besonders langer Dauer des gerichtlichen Verfahrens die übliche "Bewährungszeit" abgelaufen sein kann (aaO RdNr 54), kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass diese "Bewährungszeit" schon mit der Entscheidung des Berufungsausschusses zu laufen beginnt (ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 27 RdNr 53 Fn 185 unter Hinweis auf Steinhilper, MedR 2007, 418, 421). Dafür, die "Bewährungszeit" weder - schon - mit dem Zeitpunkt des Fehlverhaltens noch - erst - mit dem rechtskräftigen Ende des Zulassungsentziehungsverfahrens beginnen zu lassen, spricht der Gesichtspunkt, dass die für eine Wiederzulassung erforderliche Prognoseentscheidung (auch) der Prüfung dient, ob der (Zahn-)Arzt die Entziehung der Vertragsarztzulassung zum Anlass genommen hat, sein Fehlverhalten zu korrigieren (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15 mwN); als "Pflichtenmahnung" genügt insofern die letzte Verwaltungsentscheidung.

15

Die Klägerin macht geltend, das LSG habe demgegenüber den Rechtssatz aufgestellt, "die Dauer der erforderlichen Bewährungszeit als Basis für die Eignungsbeurteilung im Rahmen des Antrages auf Wiederzulassung ist abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und beginnt mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Entziehung der Zulassung". Auch wenn das LSG dies nicht ausdrücklich, sondern lediglich "en passant" so formuliert hat, lassen seine Ausführungen die Annahme zu, dass das LSG der (auch in der Rechtsprechung - s Bayerisches LSG Urteil vom 26.9.2007 - L 12 KA 5017/04 - Juris RdNr 64, 66 - sowie im Schrifttum - s die Nachweise bei Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 27 RdNr 53 Fn 185 - vertretenen)Auffassung war, dass von einem erst auf den rechtskräftigen Abschluss des (vorangegangenen) Zulassungsentziehungsverfahrens bezogenen Beginn der "Bewährungsfrist" auszugehen ist.

16

Eine Divergenz ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn sie tragende Aussagen der Entscheidung betrifft. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit es den der Klägerin zitierten Rechtssatz des BSG betrifft, ergibt sich das Fehlen einer tragenden Bedeutung schon daraus, dass das BSG in dem von ihm entschiedenen Fall nicht über den Fall einer Wiedererlangung der Eignung im Rahmen eines Verfahrens über eine Wiederzulassung (und der dort maßgeblichen "Bewährungszeit") zu befinden hatte, sondern allein über das Vorliegen von Wohlverhalten während eines noch anhängigen Verfahrens über eine Zulassungsentziehung. Im Übrigen befassen sich die von der Klägerin zitierten Aussagen des BSG (allein) damit, dass der Aufgabe der "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung keine Umsetzungsprobleme entgegenstehen (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53).

17

Unabhängig davon beruht das Urteil des Berufungsgerichts nicht auf der geltend gemachten Abweichung. Dieses "Beruhen" fehlt bereits dann, wenn das anzufechtende Urteil auf mehrere Begründungen gestützt ist, die die Klageabweisung jeweils selbstständig tragen, sich die Abweichung aber nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der sonstigen entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund vorliegt (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 27 mwN). So liegt es hier. Das LSG hat seine Entscheidung nicht allein darauf gestützt, dass die Bewährungsfrist noch nicht abgelaufen sei, sondern hat ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen. Dieses habe - so das LSG - die Klage mit zutreffender Begründung zurückgewiesen; diese Begründung sei dahingehend zu ergänzen, dass die Voraussetzungen zur Wiederzulassung der Klägerin derzeit weiterhin nicht vorlägen. Das SG wiederum hat seine Entscheidung (allein) darauf gestützt, dass sich die Klägerin auch zum Zeitpunkt der (SG-)Entscheidung nicht auf "Wohlverhalten" berufen könne, weil bereits nach ihren Verhalten während des gerichtlichen Verfahrens für die Zukunft nicht erwartet werden könne, dass die Klägerin sich ordnungsgemäß verhalten werde. Auch der Umstand, dass Vorwürfe sich auf die Jahre 2003/2004 und 2006 bezögen, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Klägerin auch im zeitlichen Nachgang dazu bis heute diese Vorwürfe entweder nicht einräume oder "kleinrede". Diese Ausführungen - und damit einen von der Dauer der Bewährungsfrist unabhängigen Begründungsstrang - hat sich das LSG zu Eigen gemacht. Die Klägerin hat diesen Begründungsstrang auch nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

19

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung des SG vom 6.5.2011, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14 499 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die (Wieder-)Zulassung der Klägerin zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit nach 1997 erfolgter Zulassungsentziehung.

2

Die 1948 geborene Klägerin war seit 1984 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen; diese Zulassung wurde ihr 1997 wegen fortgesetzt unwirtschaftlicher Behandlungsweise entzogen. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des SG vom 19.9.2001; Urteil des LSG vom 11.2.2005). Nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG im Revisionsverfahren (Urteil des BSG vom 19.7.2006 = SozR 4-2500 § 95 Nr 12)wies dieses die Berufung der Klägerin abermals zurück (Urteil vom 24.8.2007); die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin blieb erfolglos (Beschluss des BSG vom 17.6.2009). Am 19.8.2009 beantragte die Klägerin erneut die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag wegen Ungeeignetheit der Klägerin iS des § 21 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte ab(Bescheid vom 28.9.2009). Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 18.10.2010, Gerichtsbescheid des SG vom 6.5.2011, Urteil des LSG vom 23.11.2012).

3

Das SG hat ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg auf ein Wohlverhalten berufen. Bereits nach ihrem Verhalten während des - die Zulassungsentziehung betreffenden - gerichtlichen Verfahrens könne für die Zukunft nicht erwartet werden, dass sie sich ordnungsgemäß verhalten werde; eine solche Prognose müsse zweifelsfrei sein. So sei gegen die Klägerin noch am 23.11.2006 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Medizin-Produkte-Gesetz rechtskräftig eine Geldbuße verhängt worden. Dass die Klägerin einen Bezug dieser Verurteilung zu ihrer zahnärztlichen Tätigkeit noch heute abstreite, lasse klar erkennen, dass es ihr nach wie vor an einer Geeignetheit mangele; erst recht könne sie für sich kein Wohlverhalten geltend machen. Weiter habe die Klägerin während einer längeren Erkrankung in den Jahren 2003 und 2004 Vertreter ohne Genehmigung beschäftigt. Dass sich die beiden Vorwürfe auf die Jahre 2003/2004 und 2006 bezögen, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Klägerin bis heute - wie ihre Klagebegründung sowie ihre Berufungsbegründung im Verfahren L 3 KA 33/10 zeige - diese Vorwürfe entweder nicht einräume oder "kleinrede".

4

Das LSG hat auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Wiederzulassung lägen derzeit weiterhin nicht vor. Der Senat habe in seiner - die Zulassungsentziehung betreffenden - Entscheidung vom 24.8.2007 (im Verfahren L 3 KA 16/06) das Verhalten der Klägerin nicht nur in dem Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, sondern auch im gerichtlichen Verfahren bis zu seiner Entscheidung gewürdigt, und dabei ein Wohlverhalten nicht festzustellen vermocht. Auch während des Gerichtsverfahrens sei keine Verhaltensänderung eingetreten, die eine positive Prognose rechtfertigen könne. Die Klägerin habe bereits wenige Wochen, nachdem das BSG ihre Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Senats vom 24.8.2007 zurückgewiesen habe und dieses damit rechtskräftig geworden sei, erneut die Zulassung beantragt. Zwar sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass auch nach Verstreichen eines kurzen Zeitraums nach dem Eintritt der Rechtskraft einer Zulassungsentziehung bereits wieder ein Anspruch auf Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung bestehen könne. Die Dauer einer "Bewährungszeit" könne jedoch nicht generell festgelegt werden, sondern sei vielmehr abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles.

5

Im Falle der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass diese seit Beginn ihrer vertragszahnärztlichen Tätigkeit über zwei Jahrzehnte hinweg in unterschiedlicher Weise, teilweise schwerwiegend, gegen ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen habe, wobei sie im Zusammenhang mit ihrer zahnärztlichen Tätigkeit auch Straftaten begangen habe, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe geführt hätten. Besonders zu berücksichtigen sei, dass es auch nach Entziehung der Zulassung und noch während des anhängig gewesenen Berufungsverfahrens zu nicht unerheblichen Verletzungen der vertragszahnärztlichen Pflichten gekommen sei. Bei einer Gesamtwürdigung vermöge das Verhalten der Klägerin damit nicht den Eindruck zu vermitteln, dass diese durch den seit nur wenig mehr als drei Jahren bestehenden rechtskräftigen Ausschluss aus der vertragszahnärztlichen Tätigkeit veranlasst sein könnte, im Falle ihrer erneuten Zulassung, von weiteren Verletzungen ihrer vertragszahnärztlichen Pflichten Abstand zu nehmen.

6

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.

7

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde den Darlegungsanforderungen genügt, denn sie ist, ausgehend von ihrer Zulässigkeit, jedenfalls unbegründet.

8

Für den Erfolg der Rüge einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem LSG-Urteil und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht. Dabei ist der jeweils aktuelle Stand der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgebend. Zudem darf nicht lediglich isoliert auf einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidungen abgestellt werden, sondern zu berücksichtigen ist der Kontext, in dem die vom Kläger für seine Divergenzrügen herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze jeweils stehen. Aus dem Erfordernis, die Aktualität und den Kontext der herangezogenen bundesgerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, folgt zugleich die Notwendigkeit, die Entscheidungen daraufhin zu hinterfragen, ob ihre Aussagekraft durch spätere Gesetzesänderungen Einschränkungen erfahren hat.

9

1. Die Klägerin macht zum einen geltend, das LSG habe den Rechtssatz aufgestellt, "ein (Zahn)-Arzt sei für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung ungeeignet, wenn sie/er die Vorwürfe aus dem Zulassungsentziehungsverfahren im Verfahren über die Zulassungsentziehung, in anderen Verfahren und auch im nachfolgenden Verfahren über die Wiederzulassung nicht einräumt oder 'kleinredet'". Damit weiche das Berufungsgericht von einem Rechtssatz des BSG ab, wonach das Kriterium der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens kein verlässlicher Indikator für die Prüfung des Wohlverhaltens sein könne. Eine derartige Divergenz liegt jedoch nicht vor.

10

Es fehlt schon an einem Rechtssatz des BSG des Inhalts, dass die Unrechtseinsicht kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung darstellt, ob der Arzt seine Eignung wiedererlangt hat. Soweit sich die Klägerin auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 17.10.2012 (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26) bezieht, geht sie fehl. Zwar hat der Senat dort (aaO RdNr 46) ausgeführt, dass "das Kriterium der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens … (ebenfalls) zu zweifelhaften Ergebnissen" führe. Indem die Klägerin diesen einzelnen Satz herausgreift und ihn zum (ausschließlichen) Beleg ihrer These heranzieht, dass das BSG damit den von ihr angegebenen Rechtssatz aufgestellt habe, lässt sie den Grundsatz außer Acht, dass nicht lediglich isoliert auf einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidungen abgestellt werden darf, sondern der Kontext zu berücksichtigen ist, in dem die herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze jeweils stehen. Dass dieser Grundsatz nicht nur in Bezug auf (ausdrückliche) Rechtssätze, sondern erst recht in Bezug auf sonstige, nicht ohne Weiteres als Rechtssatz erkennbare Ausführungen in bundesgerichtlichen Entscheidungen gilt, versteht sich von selbst. Auch wenn die Klägerin auf Seite 12 ihrer Beschwerdebegründung den Kontext mit zitiert, lässt sie diesen letztlich inhaltlich außer Betracht.

11

Das BSG hat mit dem von der Klägerin angeführten Hinweis darauf, dass das (Prognose-)Kriterium der Unrechtseinsicht zu zweifelhaften Ergebnissen führe, keineswegs die Aussage getroffen, dass die Frage des Vorliegens einer (Unrechts-)Einsicht bei der Prüfung des "Wohlverhaltens" bzw einer wiedererlangten Eignung außer Betracht zu bleiben habe. Vielmehr beziehen sich die geäußerten Zweifel des Senats allein darauf, dass es keine "harten" Tatsachen gibt, die eine Unrechtseinsicht belegen könnten (aaO RdNr 46), also - positiv - als Nachweis für ihr Vorliegen geeignet wären. Die Ausführungen können - im Kontext betrachtet - gerade nicht in dem Sinne verstanden werden, dass (auch) - negativ - das Fehlen einer (Unrechts-)Einsicht als Kriterium untauglich ist, um beurteilen zu können, ob ein (Zahn-)Arzt seine Eignung wiedererlangt hat. Dass der Senat dem Fehlen einer Unrechtseinsicht weiterhin Bedeutung beimisst, hat er vielmehr in dem - dem von der Klägerin herangezogenen "Rechts"-Satz unmittelbar vorangehenden - Satz deutlich gemacht: "Zwar kann von einem Arzt, dem jegliche Unrechtseinsicht fehlt, in der Regel nicht sicher angenommen werden, dass er in Zukunft die Regeln einhalten wird."

12

Die gegenteilige Annahme stünde auch im Widerspruch zu dem - vom Senat ausdrücklich in Bezug genommenen - Beschluss des BSG vom 9.2.2011 (BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1). Dort (aaO RdNr 15, mwN) hat das BSG ausgeführt, dass ein für die Wiederherstellung des Vertrauens wie auch für eine entsprechende positive Prognose wesentlicher Umstand typischerweise die Frage der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens und einer hieraus ggf resultierenden Einstellungs- und Verhaltensänderung ist. Andernfalls lässt sich nicht feststellen, ob der (Zahn-)Arzt die Entziehung der Vertrags(zahn)arztzulassung zum Anlass genommen hat, sein Fehlverhalten zu korrigieren. Ist damit die (Unrechts-)Einsicht nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin von - wesentlicher - Bedeutung, steht dem die - vom LSG geteilte - Annahme des SG nicht entgegen, dass ein (Zahn-)Arzt, der (insbesondere) die Vorwürfe, die rechtskräftig zur Entziehung seiner Zulassung als Vertrags(zahn)arzt geführt haben, weiterhin bestreitet oder als unbedeutend abtut, ersichtlich für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung ungeeignet ist, sondern entspricht vielmehr den in der Senatsrechtsprechung aufgestellten Vorgaben.

13

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Annahme einer Divergenz auch entgegensteht, dass eine solche nur dann von Bedeutung wäre, wenn sie tragende Aussagen der Entscheidung betrifft (Becker, SGb 2007, 261, 269 mwN). Dies ist jedoch in Bezug auf die zitierten Ausführungen des BSG nicht der Fall, da diese ausschließlich zur Illustration der Schwachpunkte der bisherigen "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung dienen (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 42 ff unter "ee.": "Es ist - auch dem Senat - in den letzten drei Jahrzehnten nicht gelungen, handhabbare Kriterien für die richtige Anwendung des Gedankens des 'Wohlverhaltens' zu entwickeln."), nicht aber zur Begründung der zu entscheidenden Frage, ob die Zulassungsentziehung rechtmäßig war.

14

2. Auch soweit die Klägerin eine Divergenz in Bezug auf den Beginn der sogenannten "Wohlverhaltensfrist" geltend macht, ist ihr nicht zu folgen. Zwar geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass die für eine Wiederzulassung erforderliche "Bewährungszeit" nach der Rechtsprechung des Senats nicht erst mit Rechtskraft der Entscheidung über die Zulassungsentziehung beginnt, sondern schon während eines noch laufenden Zulassungsentziehungsverfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG wird für ein "Wohlverhalten" eine "Bewährungszeit" von fünf Jahren vorausgesetzt, für deren Beginn die Entscheidung des Berufungsausschusses maßgeblich ist (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15; BSGE 100, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24 RdNr 55; zuletzt BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 56 mwN). Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.10.2012 (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26)deutlich zu erkennen gegeben, dass diese zur "Wohlverhaltens"-Frist gemachten Aussagen auch gleichermaßen für den Beginn der für eine Wiederzulassung maßgeblichen "Bewährungs"-Frist Geltung beanspruchen. Die Aussage, dass einem Antrag auf Wiederzulassung nicht entgegensteht, dass die Zulassungsentziehung noch nicht bestandskräftig geworden ist und bei besonders langer Dauer des gerichtlichen Verfahrens die übliche "Bewährungszeit" abgelaufen sein kann (aaO RdNr 54), kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass diese "Bewährungszeit" schon mit der Entscheidung des Berufungsausschusses zu laufen beginnt (ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 27 RdNr 53 Fn 185 unter Hinweis auf Steinhilper, MedR 2007, 418, 421). Dafür, die "Bewährungszeit" weder - schon - mit dem Zeitpunkt des Fehlverhaltens noch - erst - mit dem rechtskräftigen Ende des Zulassungsentziehungsverfahrens beginnen zu lassen, spricht der Gesichtspunkt, dass die für eine Wiederzulassung erforderliche Prognoseentscheidung (auch) der Prüfung dient, ob der (Zahn-)Arzt die Entziehung der Vertragsarztzulassung zum Anlass genommen hat, sein Fehlverhalten zu korrigieren (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 15 mwN); als "Pflichtenmahnung" genügt insofern die letzte Verwaltungsentscheidung.

15

Die Klägerin macht geltend, das LSG habe demgegenüber den Rechtssatz aufgestellt, "die Dauer der erforderlichen Bewährungszeit als Basis für die Eignungsbeurteilung im Rahmen des Antrages auf Wiederzulassung ist abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und beginnt mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Entziehung der Zulassung". Auch wenn das LSG dies nicht ausdrücklich, sondern lediglich "en passant" so formuliert hat, lassen seine Ausführungen die Annahme zu, dass das LSG der (auch in der Rechtsprechung - s Bayerisches LSG Urteil vom 26.9.2007 - L 12 KA 5017/04 - Juris RdNr 64, 66 - sowie im Schrifttum - s die Nachweise bei Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 27 RdNr 53 Fn 185 - vertretenen)Auffassung war, dass von einem erst auf den rechtskräftigen Abschluss des (vorangegangenen) Zulassungsentziehungsverfahrens bezogenen Beginn der "Bewährungsfrist" auszugehen ist.

16

Eine Divergenz ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn sie tragende Aussagen der Entscheidung betrifft. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit es den der Klägerin zitierten Rechtssatz des BSG betrifft, ergibt sich das Fehlen einer tragenden Bedeutung schon daraus, dass das BSG in dem von ihm entschiedenen Fall nicht über den Fall einer Wiedererlangung der Eignung im Rahmen eines Verfahrens über eine Wiederzulassung (und der dort maßgeblichen "Bewährungszeit") zu befinden hatte, sondern allein über das Vorliegen von Wohlverhalten während eines noch anhängigen Verfahrens über eine Zulassungsentziehung. Im Übrigen befassen sich die von der Klägerin zitierten Aussagen des BSG (allein) damit, dass der Aufgabe der "Wohlverhaltens"-Rechtsprechung keine Umsetzungsprobleme entgegenstehen (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53).

17

Unabhängig davon beruht das Urteil des Berufungsgerichts nicht auf der geltend gemachten Abweichung. Dieses "Beruhen" fehlt bereits dann, wenn das anzufechtende Urteil auf mehrere Begründungen gestützt ist, die die Klageabweisung jeweils selbstständig tragen, sich die Abweichung aber nur auf eine Begründung bezieht und hinsichtlich der sonstigen entscheidungserheblichen Begründung auch kein anderer Zulassungsgrund vorliegt (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 27 mwN). So liegt es hier. Das LSG hat seine Entscheidung nicht allein darauf gestützt, dass die Bewährungsfrist noch nicht abgelaufen sei, sondern hat ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen. Dieses habe - so das LSG - die Klage mit zutreffender Begründung zurückgewiesen; diese Begründung sei dahingehend zu ergänzen, dass die Voraussetzungen zur Wiederzulassung der Klägerin derzeit weiterhin nicht vorlägen. Das SG wiederum hat seine Entscheidung (allein) darauf gestützt, dass sich die Klägerin auch zum Zeitpunkt der (SG-)Entscheidung nicht auf "Wohlverhalten" berufen könne, weil bereits nach ihren Verhalten während des gerichtlichen Verfahrens für die Zukunft nicht erwartet werden könne, dass die Klägerin sich ordnungsgemäß verhalten werde. Auch der Umstand, dass Vorwürfe sich auf die Jahre 2003/2004 und 2006 bezögen, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Klägerin auch im zeitlichen Nachgang dazu bis heute diese Vorwürfe entweder nicht einräume oder "kleinrede". Diese Ausführungen - und damit einen von der Dauer der Bewährungsfrist unabhängigen Begründungsstrang - hat sich das LSG zu Eigen gemacht. Die Klägerin hat diesen Begründungsstrang auch nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

19

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung des SG vom 6.5.2011, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.