Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2017 - V ZR 248/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:300617UVZR248.16.0
bei uns veröffentlicht am30.06.2017
vorgehend
Landgericht Landau in der Pfalz, 2 O 192/15, 27.11.2015
Landgericht Zweibrücken, 7 U 164/15, 28.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 248/16 Verkündet am:
30. Juni 2017
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Sicherungsgeber, der mit dem
Sicherungsnehmer eine bestimmte Sicherheit vereinbart hat, einen Austausch
dieser Sicherheit gegen eine ihm genehmere verlangen kann (Abgrenzung zu
BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR 398/02, BGHZ 158, 11).
BGH, Urteil vom 30. Juni 2017 - V ZR 248/16 - OLG Zweibrücken
LG Landau
ECLI:DE:BGH:2017:300617UVZR248.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. September 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte teilte ein ihm gehörendes Wohn- und Geschäftshaus in drei Wohneinheiten und eine Teileigentumseinheit auf und verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 31. Dezember 2005 die Teileigentumseinheit und zwei Wohnungseinheiten an die Klägerin. Eine Wohneinheit verblieb in seinem Eigentum. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 466.800 € vereinbart. Ferner verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung einer Leibrente von 1.400 € monatlich. Zur Sicherung des Rentenanspruchs wurde vereinbarungsgemäß eine Sicherungshypothek bis zu einem Höchstbetrag von 250.000 € in das Grundbuch eingetragen. Die Klägerin bestellte zugunsten einer Bank eine erstrangige Grundschuld zum Betrag von 630.000 €. Ein Rangvorbehalt war bewilligt worden. Die Klägerin verpflichtete sich, die Grundschuld ausschließlich zur Finanzierung eines ersten Kaufpreisanteils und von Renovierungsmaßnahmen zu nutzen, zu denen sie sich in dem Kaufvertrag verpflichtet hatte. Sie wurde als Eigentümerin der drei Einheiten in das Grundbuch eingetragen. Der Barkaufpreis ist vollständig bezahlt. Renovierungsarbeiten wurden nicht durchgeführt.
2
Die Klägerin beabsichtigt, ihre Miteigentumsanteile zu veräußern. Sie sieht sich hieran durch die zugunsten des Beklagten bestellte Sicherungshypothek gehindert, weil diese bei Ablösung der erstrangigen Grundschuld an die erst Rangstelle vorrücken würde, Erwerbsinteressenten jedoch eine erstrangige Grundschuld als Sicherheit benötigten, um den Kaufpreis zu finanzieren. Sie verlangt daher die Löschung der Hypothek, Zug um Zug gegen Gestellung einer unbefristeten, unwiderruflichen, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürg- schaft eines Kreditinstituts über 250.000 € oder (in erster Instanz: nach Wahl des Beklagten, in zweiter Instanz: hilfsweise) gegen Hinterlegung eines Betrags in dieser Höhe bei dem Amtsgericht.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision will die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Austausch der Sicherheit nicht zu. Die Klägerin sei nach dem Kaufvertrag verpflichtet, eine Sicherungshypothek zu bestellen. Auf diese habe der Beklagte damit einen Anspruch, der durch die von der Klägerin angestellten Zweckmäßigkeitsüberlegungen grundsätzlich nicht in Frage gestellt werde. Die Be- schränkung der Verkehrsfähigkeit der Miteigentumsanteile sei von Anfang an absehbar gewesen. Das Verhalten des Beklagten verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Weigerung, dem Austausch einer bestellten Sicherheit zuzustimmen, sei nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Sicherungsgeber ein berechtigtes Interesse an dem Austausch der Sicherheit habe, während dem Sicherungsgeber schutzwürdige eigene Interessen an deren Beibehaltung fehlten. Das sei nicht der Fall. Es sei zweifelhaft, ob die angebotenen Austauschsicherheiten dem Beklagten eine in jeder Hinsicht gleichwertige Sicherheit böten. Jedenfalls ergebe eine Gesamtschau der zwischen den Parteien gegebenen Anspruchs- und Vertragssituation ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Beklagten an der Beibehaltung der Sicherungshypothek.

II.

5
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Die Belastung der Miteigentumsanteile der Klägerin mit der Sicherungshypothek entspricht dem vertraglich Vereinbarten. Ein Anspruch auf Löschung Zug um Zug gegen Gestellung einer Austauschsicherheit kann nicht unter Rückgriff auf § 242 BGB begründet werden.
6
1. Ob ein Anspruch der Klägerin auf Löschung der Sicherungshypothek besteht, beurteilt sich nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Die dazu in dem Kaufvertrag getroffene Sicherungsabrede sieht eine Löschung der Hypothek aber nicht vor.
7
Für eine ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB) ist kein Raum. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke des Vereinbarten. Eine solche kann nur angenommen werden, wenn die Parteien mit den getroffenen Regelungen ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, dies wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten aber nicht gelungen ist (vgl. Senat, Urteil vom 12. Oktober 2012 - V ZR 222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 9; Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 8). Hingegen darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt zu verschaffen, den die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (vgl. Senat, Urteil vom 13. Februar 2004 - V ZR 225/03, WM 2004, 2125, 2126 mwN; Urteil vom 22. Januar 2010 - V ZR 170/08, NJW-RR 2010, 885 Rn. 14). Vorliegend fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien im Fall der Veräußerung der Miteigentumsanteile durch die Klägerin einen Anspruch auf Löschung der Hypothek begründen wollten. Nach dem Inhalt der Sicherungsabrede war nicht irgendeine Sicherheit vereinbart, sondern gerade die Eintragung einer Sicherungshypothek an den Miteigentumsanteilen der Klägerin an dem Grundstück, an dem der Beklagte ebenfalls einen Miteigentumsanteil hat. Das entspricht dem vertraglich Vereinbarten.
8
2. Eine Modifizierung des vertraglich Vereinbarten käme nur wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht. Hierfür ist allerdings kein Raum, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, das nach der vertraglichen Regelung in den Risikobereich einer Partei fällt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 1. Juni 1979 - V ZR 80/77, BGHZ 74, 370, 373; Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 22). So ist es hier. Die Klägerin hat mit der Sicherungshypothek und dem Revalutierungsverbot das Risiko der eingeschränkten Verkehrsfähigkeit ihrer Miteigentumsanteile vertraglich übernommen. Für sie war erkennbar, dass die Hypothek im Fall der Veräußerung der Miteigentumsanteile die erste Rangstelle erhalten würde. Mit der nunmehr beabsichtigten Veräußerung verwirklicht sich das Risiko, das nach der vertraglichen Vereinbarung in ihren Risikobereich fällt.

9
3. Allgemeine Billigkeitsgesichtspunkte sind nicht geeignet, einen Anspruch auf Löschung der Hypothek zu begründen. Dem stehen die vertragliche Vereinbarung der Parteien und der durch sie gesetzte Rahmen entgegen. Die Möglichkeit zum Sicherheitenaustausch ist in der vertraglichen Vereinbarung der Parteien nicht angelegt. Dann kann sie losgelöst davon auch nicht aus § 242 BGB hergeleitet werden. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Sicherungsgeber, der mit dem Sicherungsnehmer eine bestimmte Sicherheit vereinbart hat, einen Austausch dieser Sicherheit gegen eine ihm genehmere verlangen kann.
10
Ein solcher Grundsatz ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 2004 (XI ZR 398/02, BGHZ 158, 11). Danach kann ein Darlehensnehmer, der gegen die realkreditgebende Bank einen Anspruch auf Einwilligung in eine vorzeigte Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung hat, bei einer Veräußerung des belasteten Grundstücks anstelle der Ablösung des Darlehens die Zustimmung zu einem bloßen Austausch der vereinbarten Sicherheiten verlangen , wenn eine von dem Darlehensnehmer als Ersatz angebotene Grundschuld das Risiko der realkreditgebenden Bank genauso gut abdeckt wie die der Bank vereinbarungsgemäß eingeräumte Grundschuld, der Darlehensnehmer bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherungsaustausch verbundenen Kosten zu tragen, und die Bank nicht befürchten muss, etwa bei der Verwaltung oder der Verwertung der Ersatzsicherheit irgendwelche Nachteile zu erleiden (BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR 398/02, aaO S. 15). Die Situation der Klägerin ist mit der eines Realkreditnehmers nicht vergleichbar. Die Möglichkeit des Austauschs der Sicherheit ist für den Realkreditnehmer in dem Vertragsverhältnis mit der Bank angelegt. Er kann bei einer beabsichtigten Grundstückveräu- ßerung die vorzeitige Ablösung des Darlehens und der Grundschuld verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161, 165 f.) und der Bank deshalb stattdessen eine gleichartige und gleichwertige Austauschsicherheit anbieten. Deren Sicherungsinteresse wird dadurch nicht berührt. Hier ist es in jeder Hinsicht anders. Die Parteien haben eine bestimmte Sicherheit vertraglich vereinbart, und die Klägerin hat bei dem beabsichtigten Verkauf der Miteigentumsanteile keinen Anspruch auf vorzeitige Ablösung des Rentenversprechens und der Sicherungshypothek. Unabhängig davon, dass die von der Klägerin angebotenen Austauschsicherheiten schon nicht gleichartig sind, weil es sich nicht um dingliche Sicherheiten handelt, ist die Möglichkeit zum Sicherheitenaustausch in der vertraglichen Vereinbarung der Parteien gerade nicht angelegt.

III.

11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 27.11.2015 - 2 O 192/15 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 28.09.2016 - 7 U 164/15 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


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K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beim Weiterverkauf eines Grundstücks unter Gewährleistungsausschluß ist für eine
Verpflichtung zur Abtretung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Erstverkäufer
im Wege ergänzender Vertragsauslegung nur dann Raum, wenn besondere
Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Gewährleistungsausschluß dem Zweitkäufer
Ansprüche gegen den Erstverkäufer nicht vorenthalten sowie den Erstkäufer wegen
etwaiger Mängel nicht abschließend entlasten und vor unvorhersehbaren Rückwirkungen
einer Inanspruchnahme des Erstverkäufers schützen sollte (Abgrenzung
zum Senatsurt. v. 20. Dezember 1996, V ZR 259/95, NJW 1997, 652).
BGH, Urt. v. 13. Februar 2004 - V ZR 225/03 - OLG Frankfurt
LG Wiesbaden
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 15. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger erwarben im Mai 2001 von den Beklagten ein Grundstück unter Ausschluß der Sachmängelgewährleistung. Das darauf befindliche Einfamilienhaus hatten diese von einem Architektenehepaar (nachfolgend: Erstverkäufer ) errichten lassen und 1992 gemeinsam mit dem Grundstück erworben.

Bei Bezug des Hauses im September 2001 stellten die Kläger Feuchtigkeitsschäden im Kellergeschoß fest. Sie behaupten unter Vorlage eines Privatgutachtens , diese beruhten darauf, daß wesentliche Bauteile des Hauses abweichend von den genehmigten Plänen und zudem fehlerhaft ausgeführt worden seien. Die Mängel müßten zwar nicht den Beklagten, wohl aber den Erstverkäufern bekannt gewesen sein. Daher stünden den Beklagten unverjährte Gewährleistungsansprüche gegen die Erstverkäufer zu.
Die auf Abtretung dieser Ansprüche sowie Herausgabe einer Kopie des Kaufvertrags mit den Erstverkäufern gerichtete Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Kläger sind die Beklagten im wesentlichen antragsgemäß verurteilt worden. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Kläger auf Abtretung der den Beklagten gegen die Erstverkäufer zustehenden Ansprüche folge aus einer ergänzenden Auslegung des Kaufvertrags. Die Parteien hätten bei dessen Abschluß nicht bedacht, daß Mängel vorhanden sein könnten, für die die Erstverkäufer noch einstehen müßten. Bei Einbeziehung dieses Aspekts hätten
sich die Beklagten nach Treu und Glauben auf eine Abtretung ihrer Gewährleistungsansprüche einlassen müssen. Ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorlägen, könne dahinstehen. Da die vertragliche Regelungslücke lediglich die Möglichkeit betreffe, daß Mängel aufträten, die Ansprüche gegen die Erstverkäufer begründeten, seien die Beklagten schon dann zur Abtretung verpflichtet, wenn diese Möglichkeit ernsthaft bestehe; hiervon sei nach dem Vorbringen der Kläger auszugehen.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zwar gehört die ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich in den Bereich tatrichterlicher Feststellungen und ist deshalb revisionsrechtlich nur darauf nachprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (Senat, BGHZ 111, 110, 115; Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220; BGH, Urt. v. 17. April 2002, VIII ZR 297/01, WM 2002, 1229, 1230). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht aber unterlaufen.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen, unter denen der Senat mit Urteil vom 20. Dezember 1996 (V ZR 259/95, NJW 1997, 652) eine Verpflichtung zur Abtretung etwaiger Gewährleistungsansprüche des Verkäufers gegen den Erstverkäufer im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen hat, nicht für gegeben hält.
Denn anders als in dem der Senatsentscheidung zugrunde liegenden Fall, geht es hier nicht um ein das „allgemeine Mängelrisiko“ übersteigendes „zusätzliches Risiko“ einer Bodenbelastung durch Schadstoffe, das zu regeln die Parteien nicht bedacht haben. Fehlerfrei geht das Berufungsgericht vielmehr davon aus, daß die Qualität der behaupteten Mängel den Rahmen des von den Parteien erwarteten und geregelten Risikos nicht übersteigt.

b) Dem Berufungsgericht ist dagegen nicht auch darin zu folgen, aus dem Umstand, daß keine der Parteien vorgetragen habe, eine mögliche Haftung der Erstverkäufer sei Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen, könne auf eine Regelungslücke des Vertrags geschlossen werden. Fehlender Vortrag indiziert ebenso wenig eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit (vgl. BGHZ 127, 138, 142) wie die Tatsache, daß der Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag aufgrund einer an objektiven Maßstäben orientierten Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarung und der daraus abgeleiteten Rechtsfolge (Senatsurt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219) eine Bestimmung vermissen läßt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (vgl. BGHZ 90, 69, 74; 77, 301, 304; Staudinger /Roth, BGB [2003], § 157 Rdn. 15). Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß die Parteien mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen wollten , dies aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 346/02, zur Veröffentl. vorgesehen). Hingegen darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt
zu verschaffen, den die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (BGHZ 77, 301, 304; 40, 91, 103).

c) Bei einem Grundstückskaufvertrag ist das Regelungskonzept der Vertragsschließenden meist auf den Leistungsaustausch und darauf gerichtet, die Haftung des Verkäufers für mögliche Sachmängel zu begrenzen. Bestimmungen zur Haftung Dritter und der Abtretung etwaiger Ansprüche gegen sie sind zur Verwirklichung dieser Ziele in der Regel nicht erforderlich. Haben die Parteien die Gewährleistung für ein bebautes Grundstück - wie hier - ausgeschlossen , so wird damit das „allgemeine Mängelrisiko“ auf den Käufer verlagert. Der Verkäufer soll wegen für möglich gehaltener Mängel nach Gefahrübergang nicht mehr in Anspruch genommen werden können, die Angelegenheit insoweit für ihn „erledigt“ sein. Dieses Regelungskonzept schließt zwar eine Abtretung von Gewährleistungsansprüchen des Verkäufers gegen den Erstverkäufer nicht aus, erfordert es aber auch nicht in dem Sinne, daß das Fehlen der Abtretung die Regelung lückenhaft sein ließe. Von einer Lücke kann nur dann gesprochen werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Verlagerung des allgemeinen Mängelrisikos auf den Käufer diesem Ansprüche gegen den Erstverkäufer nicht vorenthalten und den Verkäufer nicht abschließend wegen etwaiger Mängel entlasten sollte. Einen solchen Anhaltspunkt hat der Senat in der Entscheidung vom 20. Dezember 1996 in dem bei Vertragsabschluß nicht für möglich gehaltenen zusätzlichen Risiko einer Bodenbelastung durch Schadstoffe gesehen. Einen vergleichbaren tatsächlichen Anhaltspunkt gibt es hier jedoch nicht. Allein die rechtliche Überlegung, daß die Rechtsstellung des Käufers nicht schwächer als möglich ausgestaltet und der Erstverkäufer nicht begünstigt werden dürfe, genügt als Billigkeitserwägung nicht zur Begründung einer Regelungslücke. Sie berücksichtigt nicht das be-
rechtigte Interesse des Verkäufers, über eine Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Erstverkäufer selbst entscheiden zu können , vor unvorhersehbaren Rückwirkungen einer Inanspruchnahme des Erstverkäufers durch den Zweitkäufer verschont zu bleiben und nicht in Rechtsstreitigkeiten zwischen beiden einbezogen zu werden. In diesem Zusammenhang kann hier nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorgerichtlich zu einer Zession nur bereit erklärt haben, sofern sie selbst abschließend von einer Inanspruchnahme freigestellt werden, weil dieses Verhalten Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen bei Vertragsschluß zuläßt. Widerstreiten aber in Bezug auf eine mögliche Inanspruchnahme des Erstverkäufers durch den Zweitkäufer die Interessen von Zweitkäufer und Zweitverkäufer, so kann aufgrund einer an objektiven Maßstäben orientierten Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarung ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine Lückenhaftigkeit des Vereinbarten geschlossen werden. Damit scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus mit der Folge, daß es bei der gesetzlichen Regelung verbleibt.
2. Nach den hier maßgeblichen, in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anwendbaren gesetzlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind die Beklagten, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, zu einer Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Erstverkäufer nicht verpflichtet. Eine solche Verpflichtung folgt insbesondere nicht aus § 281 BGB a.F. Bei einem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorhandenen Mangel der Kaufsache liegt, ungeachtet der Frage, ob behebbare Mängel überhaupt geeignet sind, eine (Teil-)Unmöglichkeit zu begründen (vgl. dazu Staudinger/Honsell, BGB [1995], Vorbem. zu §§ 459 ff Rdn. 19; MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl., § 459 Rdn. 3; Erman/Battes,
BGB, 10. Aufl., § 281 Rdn. 6), jedenfalls kein Fall der - von § 281 BGB a.F. al- lein erfaßten - nachträglichen Unmöglichkeit vor (vgl. Staudinger/Honsell, aaO, Rdn. 25). Demgemäß stellt sich - anders als bei einer nachträglichen Verschlechterung der Kaufsache - nach Gefahrübergang auch nicht die Frage, ob ein einmal begründeter, zu den allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen zählender Anspruch aus § 281 BGB neben den Regeln über die Sachmängelgewährleistung fortbestehen kann (offengelassen von Senat, BGHZ 114, 34, 37). Vielmehr verbleibt es bei dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Grundsatz, daß die Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung beim Kauf nach Gefahrübergang als besondere und abschließende Regelung die allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen ausschließen (vgl. Senat, BGHZ 113, 232, 235; BGHZ 60, 319, 320; 10, 242, 248 f.).
Da eine Grundlage für die verlangte Abtretung somit fehlt, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz zurückzuweisen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann
14
Es fehlt an der hierfür notwendigen planwidrigen Regelungslücke. Eine solche kann nur angenommen werden, wenn die Parteien mit den getroffenen Regelungen ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, dies wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten aber nicht gelungen ist. Hingegen darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt zu verschaffen, den die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (vgl. Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 225/03, WM 2004, 2125, 2126 m.w.N.).

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Abweisung der Zahlungsanträge (Hilfsanträge zu 4 und 5) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger sind die Erben der im Verlauf des Rechtsstreits verstorbenen A.    H.      . Diese bestellte der Beklagten mit notariellem Vertrag vom 6. Juni 1964 an einem 104 m2 großen, im Innenstadtbereich einer Großstadt gelegenen Grundstück ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit von 50 Jahren bis zum 31. Dezember 2014.

2

Zum Inhalt des Erbbaurechts wurde in § 2 des Vertrags u.a. bestimmt, dass die Beklagte berechtigt sei, das auf dem Grundstück vorhandene Haus abbrechen zu lassen und durch ein neues Gebäude zu ersetzen, für dessen Gestaltung ausschließlich die baurechtlichen Vorschriften verbindlich seien. Der Erbbauzins betrug nach dem Vertrag 33.000 DM jährlich (§ 7 Abs. 1). Solange die damaligen Mieter den Mietbesitz nicht aufgegeben und das Grundstück geräumt hatten, sollte ein Erbbauzins in Höhe der Miete gezahlt werden (§ 7 Abs. 2). In einer weiteren Bestimmung (§ 7 Abs. 4) wurde ein Anspruch auf eine Anpassung des Erbbauzinses nach dem Grundgehalt eines Landgerichtspräsidenten vereinbart. Der Erbbauberechtigte ist nach dem Vertrag berechtigt, spätestens zum 30. September des Jahres, in dem das Erbbaurecht enden würde, eine Verlängerung des Erbbaurechts um jeweils weitere 15 Jahre zu den bisherigen Bedingungen zu verlangen (§ 8 Abs. 5). Der Vertrag wurde vollzogen.

3

Zur Zeit des Vertragsschlusses gab es für das Gebiet keinen Bebauungsplan. Das Erbbaugrundstück war mit einem Gebäude mit zwei Obergeschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Ein 1966 von der Stadt beschlossener Bebauungsplan sah eine bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks mit einer Geschossflächenzahl von 3,0 vor. Im Jahr 2008 beschloss die Stadt einen auf das Vorhaben der Beklagten - einen Neubau auf mehreren Grundstücken unter Einbeziehung des Erbbaugrundstücks - bezogenen Bebauungsplan, der die Geschossflächenzahl nicht mehr begrenzt und lediglich eine maximale Firsthöhe von 22,5 m vorsieht. Die Beklagte errichtete einen Neubau mit zwei Tief- und fünf Obergeschossen.

4

Die Parteien verhandelten danach ohne Erfolg über eine Anpassung des Erbbauzinses. Die Erbbaurechtsausgeberin hat - für das Revisionsverfahren noch von Interesse - Klage auf Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses in einer noch zu beziffernden Höhe, mindestens jedoch von 156.000 € jährlich für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2014 sowie auf eine Nachzahlung von mindestens 68.992,88 € für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Zahlungsanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses an die geänderte bauliche Nutzung des Grundstücks. Dem Erbbaurechtsvertrag könne ein solcher Anspruch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden, weil dieser nicht ansatzweise erkennen lasse, dass die Parteien eine Verknüpfung des Erbbauzinses mit dem Umfang der tatsächlichen baulichen und wirtschaftlichen Ausnutzung des Erbbaugrundstücks gewollt hätten. Ein Anpassungsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestehe ebenfalls nicht, weil die Parteien ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Grundstücks und der Höhe des Erbbauzinses nicht vorgesehen hätten, die vertragliche Bestimmung über die Höhe des Erbbauzinses die Zahlungspflicht der Beklagten abschließend regele und ein von den Parteien nicht bedachter Umstand nicht Geschäftsgrundlage sein könne. Es habe deshalb keiner Beweisaufnahme zu der Behauptung der Klägerseite bedurft, beide Vertragsparteien hätten bei Vertragsschluss an die Möglichkeit einer erheblich höheren baulichen Nutzbarkeit des Erbbaugrundstücks nicht gedacht.

II.

6

Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

7

1. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch der Kläger auf Zahlung eines höheren Erbbauzinses unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB).

8

a) Eine solche Vertragsergänzung setzt eine planwidrige Regelungslücke im Vertrag voraus. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, das aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist (Senat, Urteil vom 12. Oktober 2012 – V ZR 222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 9). Hat das Berufungsgericht - wie hier - eine solche Regelungslücke verneint, ist dies revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob Auslegungs- oder Ergänzungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht beachtet worden sind (Senat, Urteil vom 30. März 1990 - V ZR 113/89, BGHZ 111, 110, 115). Solche Fehler liegen nicht vor.

9

b) Die Annahme, es bestehe keine Regelungslücke ist rechtlich nicht zu beanstanden.

10

aa) Die tatrichterliche Würdigung, dem Vertrag könne nicht entnommen werden, dass die Vertragsparteien eine Bemessung des Erbbauzinses nach dem Umfang der tatsächlichen baulichen und wirtschaftlichen Ausnutzung des Erbbaugrundstücks gewollt hätten, verstößt nicht gegen Auslegungsregeln. An einem Rechtsfehler des Berufungsgerichts fehlt es schon deshalb, weil sich aus den Vereinbarungen der Parteien über die Höhe des Erbbauzinses (§ 7 Abs. 1), über dessen Anpassung (§ 7 Abs. 4) und über die Begrenzung der Zahlungspflicht der Beklagten nach den Mieteinnahmen zum Beginn der Vertragszeit (§ 7 Abs. 2) kein bestimmtes Regelungskonzept für den Erbbauzins herleiten lässt. Es ist insbesondere nicht zu erkennen, dass der vereinbarte Erbbauzins (was für einen Erbbaurechtsvertrag untypisch wäre) sich nach den Mieteinkünften des Erbbauberechtigten bemessen oder von der baurechtlich zulässigen oder von der von dem Erbbauberechtigten ausgeübten baulichen Nutzung abhängen sollte.

11

Der Vereinbarung, dass der jährliche Erbbauzins 33.000 DM betrage, lässt sich nicht entnehmen, nach welcher Bezugsgröße die Vertragsparteien die Höhe des Erbbauzinses bestimmt haben. Die für die Anpassung des Erbbauzinses im Vertrag gewählte Bezugsgröße (das Grundgehalt eines Landgerichtspräsidenten) spricht gegen die von den Klägern geltend gemachte Regelungsvorstellung. Sie orientiert sich weder an den von dem Erbbauberechtigten tatsächlich gezogenen Mieteinnahmen noch an der Entwicklung des Werts der baulichen Nutzung des Erbbaugrundstücks. Eine Anpassung des Erbbauzinses nach Löhnen und Gehältern führt zu der Entwicklung des Lebensstandards angepassten Einkünften des Erbbaurechtsausgebers. Eine solche Anpassungsklausel dient gerade nicht der Bewahrung der Äquivalenz zwischen dem Erbbauzins und dem Wert der baulichen Nutzung des Grundstücks (vgl. Lemke/Czub, Immobilienrecht, § 9 ErbbauRG Rn. 27).

12

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Vorinstanzen die Bestimmung über die anfängliche Begrenzung des Erbbauzinses (§ 7 Abs. 2) als eine auf die bei Abschluss des Vertrags bestehende Sondersituation beschränkte Vereinbarung angesehen haben, die nicht den Schluss auf eine generelle Bemessung des Erbbauzinses nach den aus dem Grundstück von dem Erbbauberechtigten erzielten Nutzungen zulässt.

13

Dasselbe gilt schließlich für die von der Revision in der mündlichen Verhandlung angesprochene Regelung in § 3 Abs. 2 des Erbbaurechtsvertrags, nach der der Erbbauberechtigte ausnahmsweise eine Minderung des Erbbauzinses bis auf die Hälfte des vereinbarten Betrags verlangen kann, wenn das Bauwerk zerstört wird und dem Erbbauberechtigten ein Wiederaufbau auf Grund besonderer Verhältnisse (wie in der Zeit zwischen dem Kriegsende 1945 und der Währungsreform 1948) nicht möglich oder unzumutbar sein sollte. Auch insofern handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, welche die für die allgemeine Bemessung des Erbbauzinses nach den Vorstellungen der Parteien maßgebenden Faktoren nicht erkennen lässt.

14

bb) Das Berufungsgericht hat auch keinen wesentlichen Auslegungsstoff übergangen. Die Verfahrensrüge der Revision ist - soweit es um einen Anspruch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung geht - unbegründet. Das Berufungsgericht musste nicht dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Kläger nachgehen, dass die Vertragsschließenden damals die Möglichkeit einer höheren baulichen Nutzung nicht bedacht haben und dass sie - wenn sie daran gedacht hätten - eine Anpassung des Erbbauzinses auch für den Fall einer höheren baulichen Ausnutzung des Erbbaugrundstücks vereinbart hätten. Diesem Vortrag lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Lücke in den vertraglichen Regelungen entnehmen, da er über die für die Bemessung des Erbbauzinses wesentlichen Regelungsvorstellungen der Parteien nichts besagt.

15

2. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB).

16

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein solcher Anspruch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil dem Erbbaurechtsvertrag ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Nutzbarkeit des Erbbaugrundstücks und der Höhe des Erbbauzinses nicht zu entnehmen ist. Das ist gerade Voraussetzung für einen Anspruch nach § 313 Abs. 1 BGB. Geschäftsgrundlage eines Vertrags kann nicht sein, was die Parteien vereinbart haben, sondern lediglich das, was sie ihrer Vereinbarung zugrunde gelegt haben (vgl. Senat, Urteil vom 27. September 1991 - V ZR 191/90, NJW-RR 1992, 182; BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - VII ZR 13/10, BGHZ 190, 212 Rn. 21). Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage können nur einschlägig sein, wenn die Parteien zur Abhängigkeit des Erbbauzinses von der baulichen Nutzung des Erbbaugrundstücks nichts vereinbart haben.

17

b) Weiter verkennt das Berufungsgericht, dass die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses baurechtlich zulässige Ausnutzung des Erbbaugrundstücks für das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung eines Erbbaurechtsvertrages regelmäßig ein wesentlicher Umstand ist und als solcher Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB sein kann.

18

aa) Bei den gegenseitigen, entgeltlichen Verträgen gehört der Gedanke der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zur Geschäftsgrundlage, auch wenn dies bei den Vertragsverhandlungen nicht besonders angesprochen oder bedacht worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 14. Oktober 1959 - V ZR 9/58, NJW 1959, 2203; BGH, Urteil vom 2. November 1961 - II ZR 126/59, NJW 1962, 250, 251; Urteil vom 6. April 1995 - IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236, 253; Urteil vom 8. Mai 2002 - XII ZR 8/00, NJW 2002, 2384, 2385; Urteil vom 27. Oktober 2004 - XII ZR 175/02, NJW-RR 2005, 236, 237; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 3. Aufl., § 313 Rn. 34; NK-BGB/Krebs, 2. Aufl., § 313 Rn. 62; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 313 Rn. 25). Die Vertragspartei, die eine Anpassung des Vertrags wegen einer durch unvorhergesehene Umstände eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörung verlangt, muss deshalb - anders als die Revisionserwiderung meint - nicht vortragen oder beweisen, dass der Gedanke der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zu den auch für die andere Partei erkennbaren Vorstellungen gehörte, auf denen sich ihr Vertragswille aufbaute. Davon kann grundsätzlich ausgegangen werden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hier ausnahmsweise anders verhalten haben könnte (die Grundstückseigentümerin also der Beklagten das Erbbaurecht teilweise unentgeltlich oder aber zu einem günstigen, unter dem üblichen Entgelt liegenden Erbbauzins bestellen wollte), sind weder festgestellt noch ersichtlich.

19

bb) Die baurechtlich zulässige Nutzung des Erbbaugrundstücks ist ein für das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wesentlicher Umstand. Der Erbbauzins ist das von dem Erbbauberechtigten zu zahlende Entgelt für die Bestellung des Erbbaurechts (vgl. Senat, Urteil vom 15. März 2013 - V ZR 201/11, NJW-RR 2013, 1319 Rn. 27; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - IX ZR 145/04, NJW-RR 2006, 188 Rn. 10; Urteil vom 19. April 2007 - IX ZR 59/06, NJW 2007, 2325 Rn. 10), dessen wesentlicher Inhalt die Befugnis zur Nutzung des fremden Grundstücks als Baugrund ist (Senat, Urteil vom 20. Dezember 1985 - V ZR 263/83, BGHZ 96, 385, 387).

20

cc) Die Äquivalenz der in einem Erbbaurechtsvertrag vereinbarten gegenseitigen Leistungen ist dann gegeben, wenn der Erbbauzins dem Wert des Erbbaurechts entspricht. Der Erbbauzins ist dem Recht zur baulichen Nutzung wirtschaftlich gleichwertig, wenn sich seine Höhe an dem Wert der dem Erbbauberechtigten gewährten Nutzungsmöglichkeit ausrichtet (vgl. Alberty, Rpfleger 1956, 330; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 5. Aufl., 6. Kapitel Rn. 6.65). Wird der Erbbauzins Änderungen der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks nicht angepasst, tritt eine Verschiebung der Werte zwischen dem Erbbaugrundstück und dem Erbbaurecht ein (vgl. dazu Nr. 4.3.3.2 Wertermittlungsrichtlinien 2006).

21

c) Die für das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung maßgeblichen Umstände hätten sich hier nach Vertragsschluss im Jahr 1964 schwerwiegend verändert, wenn der - mangels anderer Feststellungen hierzu im Revisionsverfahren zugrunde zu legende - Vortrag der Kläger zutrifft, dass sich auf Grund des Vorhaben bezogenen Bebauungsplans aus dem Jahre 2008 die bauplanungsrechtlich zulässige (und von der Beklagten mit dem Neubau auch in Anspruch genommene) bauliche Ausnutzung um den Faktor 2,5 erhöht hat.

22

d) Ein Anpassungsanspruch der Kläger ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Erbbaurechtsvertrag keine Anpassungsregelung für den Fall einer Störung der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung als Folge von Änderungen der gemeindlichen Bauleitplanung enthält. Für die Berücksichtigung einer Störung der Geschäftsgrundlage wäre allerdings kein Raum, wenn sich damit ein Risiko verwirklicht hätte, das nach der vertraglichen Regelung in den Risikobereich einer Partei (hier der Grundstückseigentümerin) fiele (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 1979 - V ZR 80/77, BGHZ 74, 370, 373; BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 - VII ZR 24/92, BGHZ 121, 378, 392 mwN). In einem solchen Fall muss sich die Partei, die dieses Risiko nach den vertraglichen Regelungen übernommen hat, an dem Vertrag festhalten lassen.

23

aa) Eine Risikoübernahme liegt nicht schon darin, dass der Vertrag nur eine Anpassung des Erbbauzinses nach dem Grundgehalt eines Landgerichtspräsidenten vorsieht. Diese Bestimmung ist nicht in dem Sinne abschließend, dass andere Anpassungen des Erbbauzinses an veränderte Umstände ausgeschlossen sind. Die hiervon abweichende Auslegung des Berufungsgerichts hält auch den für eine Prüfung der tatrichterlichen Auslegung individualvertraglicher Abreden durch das Revisionsgericht geltenden Maßstäben (vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2011 - V ZR 236/10, NJW-RR 2012, 218 Rn. 5; Urteil vom 8. November 2013 - V ZR 95/12, WM 2014, 481 Rn. 9 jeweils mwN) nicht stand.

24

Die Annahme, die Vereinbarung über die Anpassung des Erbbaurechts sei abschließend, ist bereits mit dem Grundsatz unvereinbar, dass maßgeblich für die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille ist (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 14, 16). Nach dem Wortlaut der Regelung über die Anpassung des Erbbauzinses (§ 7 Abs. 4 des Vertrags) haben die Parteien der Bemessung des Erbbauzinses die (damalige) Kaufkraft der Mark zugrunde gelegt und daher das Nachfolgende vereinbart. Zweck der Regelung über die Anpassung des Erbbauzinses in § 7 Abs. 4 war es nach der Präambel, Vorsorge gegen eine Störung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung durch den Geldwertschwund zu treffen. Für eine Auslegung, dass die Parteien Anpassungen des Erbbauzinses bei anderen, unvorhergesehenen Störungen des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung ausschließen wollten, gibt diese Vereinbarung jedoch nichts her.

25

bb) Eine solche Risikoübernahme durch die Grundstückseigentümerin kann sich jedoch - wie auch von dem Berufungsgericht nicht verkannt - daraus ergeben, dass die Beklagte nach § 2 des Erbbaurechtsvertrags, auf dem Erbbaugrundstück einen Neubau nach Maßgabe des öffentlichen Baurechts errichten durfte (zur sachenrechtlichen Zulässigkeit solcher Bestimmungen: Senat, Urteile vom 12. Juni 1987 - V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 145 f. und vom 22. April 1994 - V ZR 183/93, BGHZ 126, 12, 13). Bestimmt sich das Maß der nach dem Erbbaurechtsvertrag zulässigen baulichen Nutzung nach dem öffentlich-rechtlichen Bauplanungsrecht (sog. dynamische Verweisung), berechtigen Erhöhungen des Maßes der baurechtlich zulässigen Nutzung des Erbbaugrundstücks den Grundstückseigentümer in der Regel grundsätzlich nicht dazu, eine Anpassung des Erbbauzinses nach der Vorschrift über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu verlangen. Die Parteien können nämlich in der Regel nicht davon ausgehen, dass sich eine von dem gemeindlichen Bauplanungsrecht abhängige zulässige bauliche Nutzung des Erbbaugrundstücks während der gesamten Laufzeit eines Erbbaurechtsvertrags (also über viele Jahrzehnte) nicht ändern wird. Vorhersehbare Umstände, die im Vertrag durch eine ihnen Rechnung tragende Anpassungsklausel hätten berücksichtigt werden können, schließen einen Anpassungsanspruch nach § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich aus, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass die Parteien das Risiko ihres Eintritts übernommen haben (vgl. Senat, Urteil vom 18. Oktober 1968 - V ZR 93/65, WM 1969, 64, 65; Urteil vom 10. März 1972 - V ZR 87/70, WM 1972, 656, 657; Urteil vom 9. Januar 2009 - V ZR 168/07, NJW 2009, 1348; Urteil vom 21. Februar 2012 - V ZR 6/13, juris Rn. 21; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 3. Aufl., § 313 Rn. 30; Erman/Hohloch, BGB, 13. Aufl., § 313 Rn. 24; MünchKomm-BGB/Finkenauer, 6. Aufl., § 313 Rn. 74; NK-BGB/Krebs, 2. Aufl., § 313 Rn. 48).

26

Anders verhält es sich jedoch, wenn die Parteien - wie von den Klägern vorgetragen - bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags nicht von Änderungen des Maßes der zulässigen baulichen Nutzung in einem für den Wert des Rechts wesentlichem Umfang ausgegangen sind. Dieses Vorbringen ist erheblich, weil nicht schon die Vorhersehbarkeit eines Fortfalls der Geschäftsgrundlage, sondern dessen bewusste Inkaufnahme einen Anspruch auf Anpassung des Vertrags ausschließt (Senat, Urteil vom 23. April 1976 - V ZR 167/74, WM 1976, 1034; Urteil vom 27. März 1981 - V ZR 19/80, NJW 1981, 1668; Urteil vom 28. September 1990 - V ZR 109/89, BGHZ 112, 259, 261). Daran fehlte es, wenn das Risiko einer völligen Veränderung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzbarkeit des Erbbaugrundstücks zwar bestand, die Verwirklichung dieses Risikos von den Parteien aber angesichts der damals vorhandenen Bebauung des Erbbaugrundstcks, der benachbarten Grundstücke und der damaligen bauplanerischen Festsetzungen für die Vertragszeit nicht erwartet wurde. War eine Erhöhung der baulichen Nutzung, wie sie auf Grund des Bebauungsplans aus dem Jahre 2008 realisiert worden ist, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zu erwarten, kann auch dem Umstand, dass der Erbbauberechtigte nach dem Vertrag einen Neubau errichten darf, eine Übernahme des Risikos von Störungen des Gleichgewichts zwischen dem Erbbauzins und dem Wert des Erbbaurechts durch Erweiterungen der baulichen Nutzbarkeit nicht entnommen werden.

III.

27

Die Revision ist danach begründet. Das angefochtene Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache - mangels Entscheidungsreife - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs.1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

28

Das Berufungsgericht wird dem unter Beweisantritt gestellten Vortrag der Kläger zu der von den Vertragsparteien 1964 erwarteten künftigen baulichen Nutzung des Erbbaugrundstücks nachzugehen haben. Erweist sich dieser Vortrag als wahr, was - wie ausgeführt - auch anhand der objektiven Umstände (das Maß der damaligen Bebauung in der Umgebung; die seinerzeitigen Bebauungspläne der Stadt; das damalige Bauplanungsrecht, welches das Instrument eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht kannte) zu würdigen sein wird, käme eine Anpassung der Vereinbarung über den Erbbauzins nach der Vorschrift über die Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.

Stresemann                  Lemke                   Schmidt-Räntsch

                     Czub                  Kazele

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 398/02 Verkündet am:
3. Februar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
BGB §§ 242 Be, 607 a.F.

a) Hat ein Darlehensnehmer gegen die realkreditgebende Bank einen Anspruch
auf Einwilligung in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene
Vorfälligkeitsentschädigung, kann er, wenn die Veräußerung des belasteten
Grundstücks eine Ablösung des Darlehens nicht erfordert, statt dessen auch die
Zustimmung in einen bloßen Austausch der vereinbarten Sicherheiten bei sonst
unverändert fortbestehendem Darlehensvertrag beanspruchen, wenn der
Sicherheitenaustausch dem Kreditinstitut mangels eines schutzwürdigen
Eigeninteresses zuzumuten ist.

b) Dies ist der Fall, wenn eine vom Darlehensnehmer als Ersatz angebotene
Grundschuld das Risiko der realkreditgebenden Bank genauso gut abdeckt wie
die der Bank vereinbarungsgemäß eingeräumte Grundschuld, der Darlehensnehmer
bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherheitenaustausch verbundenen
Kosten zu tragen und das Kreditinstitut auch nicht befürchten muß, etwa
bei der Verwaltung oder der Verwertung der Ersatzsicherheit irgendwelche
Nachteile zu erleiden.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR 398/02 - LG Berlin
AG Berlin Mitte
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 3. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Berlin, Zivilkammer 51, vom 26. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 3.636,47 worden ist.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger begehrt von der beklagten Bank die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen.

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, schloß mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) am 13./16. Juni 1997 einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 130.000 DM mit einem auf zehn Jahre festgeschriebenen Zinssatz. Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß unter anderem durch eine erstrangige Grundschuld über 130.000 DM auf dem finanzierten, 197 qm großen Hausgrundstück des Klägers gesichert.
Mit Schreiben vom 4. Januar 2001 bat der Kläger um Mitteilung, unter welchen Bedingungen bei einem Verkauf des belasteten Grundstücks und Kauf eines anderen Hauses eine Ablösung des Darlehens möglich sei und ob die Beklagte nach einem Verkauf des belasteten Grundstücks mit einer Grundschuldumschreibung einverstanden sei. Die Beklagte antwortete unter dem 18. Januar 2001, daß die Ablösung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich sei; ob das bestehende Darlehen auf ein anderes Beleihungsobjekt übertragen werden könne, könne ohne Vorlage entsprechender Unterlagen nicht zugesagt werden. Nach Vorlage eines Verkehrswertgutachtens über das zu erwerbende 506 qm große Hausgrundstück mit einem ausgewiesenen Verkehrswert von 800.000 DM übersandte die Beklagte die vom Kläger erbetene Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und lehnte eine Besicherung des ausgereichten Darlehens durch eine Grundschuld auf dem zu erwerbenden Grundstück "auf der Grundlage geschäftspolitischer Entscheidungen" auch nach Mitteilung des Klägers ab, die Grundschuldbestellung an rangerster Stelle werde garantiert. Der Kläger löste den Realkredit daraufhin ab und zahlte die von der Beklagten verlangte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 7.112,32 DM zuzüglich 500 DM Be-
arbeitungsentgelt ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit der Klage über 7.612,32 DM zuzüglich Zinsen verlangt der Kläger die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und des Bearbeitungsentgelts , da die Beklagte nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen sei, den Darlehensvertrag unter Austausch der Sicherheiten auf den beliehenen Objekten fortzusetzen. Die Klage des Klägers ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers ist im wesentlichen begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Klage in Höhe von 3.636,47 zuzüglich Zinsen abgewiesen worden ist.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Dem Kläger stehe weder ein Schadensersatz- noch ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und des Bearbeitungsentgeltes zu. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben
ergebe sich keine Verpflichtung der Beklagten, dem vom Kläger gewünschten Austausch der Beleihungsobjekte zuzustimmen. Zwar verpflichte der Grundsatz von Treu und Glauben zur billigen Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils sowie zu einem redlichen und loyalen Verhalten. Daraus ergebe sich jedoch noch nicht die Verpflichtung des einen Vertragsteils, bei verschiedenen Vertragsgestaltungsmöglichkeiten die Variante zu wählen, die für den anderen Vertragsteil am günstigsten sei. Wenn auch von der Beklagten nicht dargetan und auch nicht nachvollziehbar sei, weshalb sie einen Austausch der Sicherheiten abgelehnt und auf einer Ablösung des Darlehens bestanden habe, habe es noch im Rahmen ihrer unternehmerischen Entscheidung gelegen, ob sie auf das Verlangen des Klägers eingehe oder nicht. Grundsätzlich habe der Darlehensgeber einen Anspruch auf die unveränderte Einhaltung der eingegangenen Vertragspflichten. Soweit der Bundesgerichtshof dem Darlehensnehmer zur Erhaltung seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit einen Anspruch auf vorzeitige Darlehensabwicklung zuerkannt habe, könne diese Ausnahme vom Grundsatz "pacta sunt servanda" nicht auf einen Anspruch des Darlehensnehmers auf Austausch von gleichwertigen oder höherwertigen Sicherheiten ausgedehnt werden.
Auch hinsichtlich des gezahlten Bearbeitungsentgelts sei ein Rückforderungsanspruch des Klägers nicht begründet, da einer Bank bei einer vorzeitigen Ablösung eines Darlehens durch die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehe , der mit 500 DM angemessen bewertet sei.

II.


Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nicht zu beanstanden ist das Urteil des Berufungsgerichts im Ergebnis allerdings insoweit, als es die Klage in Höhe des zurückgeforderten Bearbeitungsentgelts von 500 DM (= 255,65 abgewiesen hat. Dieser Betrag steht der Beklagten unter Berücksichtigung des § 354 Abs. 1 HGB unabhängig davon zu, ob sie gehalten war, die vom Kläger angebotene Eintragung einer Grundschuld über 130.000 DM auf seinem neu erworbenen Hausgrundstück als Ersatzsicherheit zu akzeptieren. Unabhängig von der Vorlage des Wertgutachtens für dieses Grundstück und der Prüfung durch die Beklagte, ob seine Belastung als Ersatzsicherheit in Betracht kam, hat der Kläger die Beklagte unter dem 19. Juni 2001 gebeten, die Vorfälligkeitsentschädigung bei Ablösung des Darlehens über 130.000 DM zum 31. August 2001 zu berechnen. Diese von der Beklagten erbetene, mit Aufwand verbundene Leistung konnte der Kläger nach den Umständen nur gegen Zahlung einer Vergütung erwarten. Die Höhe des von der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelts greift die Revision nicht an.
2. Nicht rechtsfehlerfrei ist dagegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung verneint hat. Die beklagte Bank ist um die gezahlte Vorfälligkeitsent- !" #%$& !'#" # !' ( !)#+* schädigung von 7.112,32 DM (= 3.636,47 da sie nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sach-
verhalt verpflichtet gewesen wäre, auf das Verlangen des Klägers einzugehen , als Sicherheit für den gewährten Realkredit an Stelle der erstrangigen Grundschuld auf dem veräußerten Grundstück die Eintragung einer entsprechenden Grundschuld im Grundbuch des vom Kläger neu erworbenen Hausgrundstücks zu akzeptieren.

a) In seinem grundlegenden Urteil vom 1. Juli 1997 (BGHZ 136, 161, 165 f.) hat der Senat entschieden, daß bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers begründen kann, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen. Das gilt insbesondere dann, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits sowie der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist (vgl. auch Senatsurteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 197/96, WM 1997, 1799). Dabei hat der Senat betont, daß der Darlehensgeber sich auf eine solche Modifizierung des Vertragsinhalts nicht ohne weiteres einzulassen braucht, und daß eine Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue nur gerechtfertigt ist, wenn berechtigte Interessen des Darlehensnehmers dies gebieten (aaO, S. 166).
Das bedeutet indes nicht, daß nicht auch eine erheblich weniger weitreichende Modifizierung des Vertragsinhalts in Betracht kommt, wenn die Veräußerung des belasteten Grundstücks eine Ablösung des Kredits nicht erfordert, sondern dem berechtigten Interesse des Darlehensnehmers an der von ihm gewünschten Verwertung des belasteten Grundstücks schon mit einem bloßen Austausch des vereinbarten Siche-
rungsmittels bei sonst unverändert fortbestehendem Darlehensvertrag gedient und der Austausch der realkreditgebenden Bank mangels eines schutzwürdigen Eigeninteresses zuzumuten ist. Letzteres ist der Fall, wenn eine vom Darlehensnehmer als Ersatz angebotene Grundschuld das Risiko der realkreditgebenden Bank genauso gut abdeckt wie die im Darlehensvertrag vereinbarte und der Bank alsdann eingeräumte Grundschuld , der Darlehensnehmer bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherheitenaustausch verbundenen Kosten zu tragen und die Bank auch nicht befürchten muß, etwa bei der Verwaltung oder der Verwertung der Ersatzsicherheit irgend welche Nachteile zu erleiden.

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt vor.
aa) Der Kläger hatte aus privaten, von der Beklagten ohne weiteres zu akzeptierenden Gründen ein berechtigtes Interesse an der Veräußerung seines belasteten Hausgrundstücks (vgl. BGHZ 136, 161, 167). Für die Durchführung des Kaufvertrages war die Löschung der für die Beklagte eingetragenen Grundschuld erforderlich. Es ist allgemein üblich , daß in einem Immobilienkaufvertrag die Verschaffung lastenfreien Eigentums vereinbart wird. Davon ging ersichtlich auch die Beklagte aus, als sie den Kläger in ihrem Schreiben vom 2. August 2001 darauf hinwies , daß ohne die seinerseits angeforderten Löschungsunterlagen die Abwicklung des von ihm geschlossenen Kaufvertrages in der Schwebe bleibe. Daß der Kläger berechtigt war, von der Beklagten die Zustimmung zu einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen, war und ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

bb) Der vom Kläger gewünschte Austausch des Beleihungsobjekts bei im übrigen unveränderter Fortführung des im Juni 1997 geschlossenen Darlehensvertrages über 130.000 DM war der Beklagten nach dem in der Revisionsinstanz maßgeblichen Sachverhalt ohne weiteres zuzumuten.
(1) Der Kläger hat der Beklagten die Bestellung einer erstrangigen Grundschuld über 130.000 DM mit gleichem Inhalt wie die auf dem veräußerten Grundstück lastende auf seinem erworbenen Hausgrundstücks angeboten, durch die dem berechtigten Sicherungsinteresse der Beklagten als Kreditgeberin jedenfalls unter Berücksichtigung des auch noch vorhandenen vollstreckbaren abstrakten Schuldanerkenntnisses des Klägers über 130.000 DM voll Rechnung getragen wurde. Das erworbene , 506 qm große, ebenfalls in S. gelegene Grundstück ist mehr als doppelt so groß wie das belastete und hat nach dem vorgelegten , von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Sachverständigengutachten einen Verkehrswert von 800.000 DM, wovon rund 200.000 DM, d.h. mehr als die Darlehenssumme, auf den Bodenwert entfallen. Ob das erworbene Hausgrundstück, wie der Kläger behauptet, wertvoller ist als das veräußerte, ist entgegen der Ansicht der Beklagten ohne Belang. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre ihr Sicherungsinteresse durch eine erstrangige vollstreckbare Grundschuld über 130.000 DM auf dem neu erworbenen Grundstück sowie durch das vollstreckbare abstrakte Schuldanerkenntnis des Klägers ohne jeden vernünftigen Zweifel voll abgedeckt worden. Eine zeitliche Sicherheitslücke hätte durch eine Weisung der Beklagten an den Notar vermieden werden können, von der Löschungsbewilligung für die Grundschuld auf dem vom Kläger veräu-
ßerten Grundstück erst nach Eintragung einer entsprechenden Grundschuld im Grundbuch des neuen Beleihungsobjekts Gebrauch zu machen.
Erheblich ist allerdings das Vorbringen der Beklagten, dem Kläger sei die Bestellung einer erstrangigen Grundschuld auf seinem neu erworbenen Hausgrundstück nicht möglich gewesen. Ein Austausch einer erstrangigen gegen eine zweitrangige Sicherheit war der Beklagten wegen des damit verbundenen höheren Risikos nicht zuzumuten. Da der beweisbelastete Kläger Beweis angetreten hat, zur Bestellung einer Grundschuld über 130.000 DM an erster Rangstelle im Grundbuch seines erworbenen Grundstücks in der Lage gewesen zu sein, und das Berufungsgericht dem nicht nachgegangen ist, muß für die Revision des Klägers davon ausgegangen werden.
(2) Die mit dem Austausch der Sicherheiten verbundenen Kosten war der Kläger, an dessen Zahlungsfähigkeit auch die Beklagte keine Zweifel geäußert hat, zu tragen bereit, wie er bereits in seinem Schreiben vom 4. Januar 2001 an die Beklagte hatte erkennen lassen. Das gilt nicht nur für die durch den Austausch der Grundpfandrechte entstehenden - und gegebenenfalls auch vorzuschießenden - Kosten des Notars und des Grundbuchamts sowie andere erforderliche Auslagen der Beklagten , sondern auch für ein an diese zu zahlendes angemessenes Entgelt (Bearbeitungsgebühr) für die Prüfung des Werts des angebotenen neuen Beleihungsobjekts. Unter diesen Umständen war der Beklagten entgegen ihrer Ansicht eine erneute Objektprüfung, die bei einer Realkredite vergebenden Bank zum täglichen Geschäft gehört, ohne weiteres zuzumuten. Daß die Beklagte dies zunächst ebenso gesehen hat, zeigt
der Umstand, daß sie den Kläger um Übersendung umfangreicher Unterlagen für diese Prüfung gebeten und den Sicherheitenaustausch auf der Grundlage "geschäftspolitischer Entscheidungen" erst abgelehnt hat, als der Kläger nach lastenfreier Veräußerung des belasteten Grundstücks auf die Erteilung der Löschungsbewilligung durch die Beklagte angewiesen war. Die dafür gegebene Begründung der Beklagten, wenn das neue Beleihungsobjekt höherwertig sei als das alte, müsse auch eine neue Finanzierung beantragt werden, ist nicht nachvollziehbar, wenn der Darlehensnehmer - wie hier - von der Beklagten lediglich einen Sicherheitenaustausch wünscht und den Kaufpreis für das neue Objekt mit Hilfe eines anderen Kreditinstituts finanziert.
(3) Auch sonstige, etwa mit der Verwaltung oder einer Verwertung der vom Kläger ersatzweise angebotenen erstrangigen Grundschuld verbundene finanzielle, rechtliche oder auch nur organisatorische Nachteile der Beklagten sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein etwaiges Bestreben der Beklagten, mit Hilfe der von ihr berechneten Vorfälligkeitsentschädigung aus der vorzeitigen Ablösung des Darlehens durch den Kläger besondere Vorteile zu ziehen, ist nicht schutzwürdig. Wenn der Darlehensnehmer - wie hier - ein berechtigtes Interesse an der Veräußerung des belasteten Grundstücks hat, soll die kreditgebende Bank durch eine vorzeitige Kreditablösung im Ergebnis weder besser noch schlechter stehen, als sie bei vollständiger Durchführung des Darlehensvertrages mit fester Laufzeit gestanden hätte (BGHZ 136, 161, 166).

c) Der Beklagten steht danach auf der Grundlage des in der Revisionsinstanz maßgeblichen Sachverhalts ein Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für die vom Kläger nicht gewünschte vorzei-
tige Ablösung des Darlehens nicht zu. Die vom Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, so daß der Kläger nach seinem Vorbringen einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).
Da der Kläger unter Vorbehalt gezahlt hat, ohne daß die Beklagte dem widersprochen hätte, ist eine Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, WM 1988, 1494, 1496).

III.


Das Urteil des Berufungsgerichts war somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da Feststellungen zur Behauptung des Klägers fehlen, das zur Finanzierung des Erwerbs des neuen Hausgrundstücks eingeschaltete Kreditinstitut sei bereit gewesen, einer zugunsten der Beklagten im Grundbuch einzutragenden vollstreckbaren Grundschuld über 130.000 DM zuzüglich 15%
Zinsen und einer einmaligen Nebenleistung von 10% die erste Rangstelle zu überlassen. Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)