Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2019 - LwZR 4/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Göbel sowie die ehrenamtlichen Richter Siebers und Köhler
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit schriftlichem Vertrag vom 22. Juni 2007 pachtete der Beklagte von der Klägerin zu 1 und dem während des Revisionsverfahrens verstorbenen früheren Kläger zu 2 (im Folgenden: Kläger) landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 29,7871 ha für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2016. Mitverpachtet wurden 29,8 Zahlungsansprüche, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 Voraussetzung für den Bezug von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft waren. In § 2 des Pachtvertrages bestimmten die Parteien u.a., dass das Pachtverhältnis über die Zahlungsansprüche mit dem Pachtverhältnis über die Flächen endet und der Pachtzins für die Zahlungsansprüche in der Flächenpacht enthalten ist. Im Zuge einer Neuregelung des Direktzahlungssystems verloren die verpachteten Zahlungsansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2014 ihre Gültigkeit. Auf seinen Antrag wurden dem Beklagten nach der neuen Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 auf der Grundlage der von ihm gepachteten Flächen 29,8 neue Zahlungsansprüche zugewiesen. Nach Ablauf der Pachtzeit gab der Beklagte die Grundstücke an die Kläger heraus, verweigerte jedoch die Übertragung der ihm neu zugewiesenen Zahlungsansprüche. Die Kläger verpachteten die Flächen an einen anderen Landwirt weiter und räumten diesem eine Option auf die dem Beklagten zugewiesenen Zahlungsansprüche ein.
- 2
- Mit der Klage verlangen die Kläger die Verurteilung des Beklagten zu der Übertragung von 29,8 Zahlungsansprüchen an ihren Nachfolgepächter und die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz des Schadens, der ihnen durch das Unterbleiben der Übertragung bis zu einem bestimmten Stichtag entsteht. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Kläger beantragen, möchte der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in RdL 2018, 166 veröffentlicht ist, meint, den Klägern stehe ein Anspruch auf Übertragung der Zahlungsansprüche nach § 285 Abs. 1 BGB zu. Wegen der Verkehrsfähigkeit der Zahlungsansprüche könne auch die direkte Übertragung an einen von den Klägern benannten Dritten verlangt werden. Durch den Wegfall der verpachteten Zahlungsansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2014 sei dem Beklagten deren Rückübertragung unmöglich geworden. Als Ersatz für die alten Zahlungsansprüche seien dem Beklagten jedoch neue zugewiesen worden, die sich von den untergegangenen Zahlungsansprüchen nicht unterschieden, denn auch nach der Neuregelung durch die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 sei die Zuweisung von Zahlungsansprüchen allein an die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen geknüpft. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich ferner im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Der Pachtvertrag enthalte eine unbewusste Regelungslücke. Bei Abschluss des Vertrages sei nicht voraussehbar gewesen, dass eine Reform des EU-Förderrechts erfolgen würde, welche die alten Zahlungsansprüche während der Pachtzeit wegfallen lasse, zugleich aber die Beantragung neuer Zahlungsansprüche vorsehe. Wenn die Parteien diese Möglichkeit bedacht hätten, hätten sie unter angemessener Abwägung ihrer jeweiligen Interessen vereinbart, dass der Beklagte nach Ablauf der Pachtzeit anstelle der alten Zahlungsansprüche die ihm neu zugewiesenen an die Kläger zu übertragen habe. Nachdem sich der Beklagte mit der Übertragung der Zahlungsansprüche in Verzug befinde, habe das Amtsgericht zu Recht auch der Feststellungsklage über die Schadensersatzpflicht des Beklagten stattgegeben.
II.
- 4
- Eine abschließende Entscheidung kann der Senat nur bezogen auf die Verurteilung des Beklagten in dem Verhältnis zu der Klägerin zu 1 treffen. Insoweit ist die Revision durch Teilurteil (§ 301 ZPO) zurückzuweisen.
- 5
- 1. Da das Verfahren, soweit es das Prozessrechtsverhältnis des Beklagten zu dem verstorbenen (früheren) Kläger zu 2 betrifft, durch Beschluss des Senats vom 28. November 2018 ausgesetzt (§ 246 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO) und bislang noch nicht wieder aufgenommen worden ist, scheidet in diesem Umfang eine Entscheidung aus. Das Verfahren betreffend die Klägerin zu 1 wird hiervon nicht berührt, weil zwischen ihr und dem früheren Kläger zu 2 bzw. dessen Erben nur eine einfache Streitgenossenschaft (§ 59 ZPO) und keine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 ZPO besteht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 21. Mai 2014 - IV ZR 213/13, juris Rn. 2 mwN). Die Klage ist auf Ansprüche aus dem von der Klägerin zu 1 gemeinsam mit dem früheren Kläger zu 2 als Verpächter und dem Beklagten als Pächter geschlossenen Vertrag gestützt. Damit sind die Kläger Mitgläubiger i.S.d. § 432 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 8 für den Fall eines gemeinsam geschlossenen Beratungsvertrages; vgl. auch OLG Koblenz, MDR 2010, 281 für einen gemeinschaftlichen Kaufvertrag). Da Mitberechtigte i.S.d. § 432 Abs. 1 BGB auch einzeln klagen können, scheidet die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft aus (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83, BGHZ 92, 351, 353 f. zu der gemeinschaftlichen Klage mehrerer gemäß § 1011 BGB auch einzeln klageberechtigter Miteigentümer; siehe auch MüKoZPO/Schultes, 5. Aufl., § 62 Rn. 20; PG/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 62 Rn. 13).
- 6
- 2. Der Entscheidung durch Teilurteil steht nicht entgegen, dass ein solches grundsätzlich nicht ergehen darf, wenn die Gefahr widerstreitender Entscheidungen besteht und hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass in der noch zu treffenden Entscheidung in dem Prozessrechtsverhältnis des Beklagten zu den Erben des früheren Klägers zu 2 die sich in gleicher Weise stellenden Rechtsfragen abweichend beantwortet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht nämlich von dem Teilurteilsverbot eine Ausnahme, wenn - wie hier - wegen des Todes eines Streitgenossen eine Verfahrensunterbrechung erfolgt oder eine Aussetzung ausgesprochen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 15 f.). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen. Da die Dauer der Unterbrechung in der Regel ungewiss ist, ist es mit dem Anspruch der übrigen Prozessbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 101/15, MDR 2017, 892 Rn. 15). Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass das unterbrochene oder ausgesetzte Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002; Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 15 f.). An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier jedoch. Es ist weiterhin nicht absehbar, wann das eingeleitete Erbscheinsverfahren abgeschlossen und der Rechtsstreit von den derzeit noch unbekannten Erben als Rechtsnachfolger des Klägers zu 2 aufgenommen werden wird (§ 246 Abs. 2, § 239 Abs. 1 ZPO).
III.
- 7
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Klägerin zu 1 kann von dem Beklagten die Übertragung von 29,8 Zahlungsansprüchen verlangen. Sowohl der Leistungsantrag als auch der Feststellungsantrag sind begründet.
- 8
- 1. Ein Übertragungsanspruch ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 285 Abs. 1 BGB, wie die Revision zu Recht rügt.
- 9
- a) § 285 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Schuldner infolge des Umstands , auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 BGB nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch erlangt. Erforderlich ist, dass zwischen dem Ereignis, das zu der Befreiung des Schuldners von der Leistungspflicht geführt hat, und der Erlangung des Commodums durch den Schuldner ein Kausalzusammenhang besteht (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1955 - V ZR 56/54, WM 1955, 1000, 1001 f.; Urteil vom 10. Mai 2006 - XII ZR 124/02, BGHZ 167, 312 Rn. 19 jeweils mwN).
- 10
- b) Daran fehlt es hier. Zwar war der Beklagte nach Ablauf der Pachtzeit zur Rückübertragung der mit verpachteten Zahlungsansprüche verpflichtet. Von dieser Pflicht ist er gemäß § 275 Abs. 1 BGB frei geworden, weil deren Gültigkeit nach Art. 21 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 am 31. Dezember 2014 ablief. Der Wegfall der verpachteten Zahlungsansprüche war aber nicht kausal für die Erlangung der neuen Zahlungsansprüche; sie wurden dem Beklagten auf seinen Antrag nach Art. 21 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 allein deshalb zugewiesen, weil er landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftete (vgl. auch Bohrßen, RdL 2018, 220, 221). Denn der deutsche Gesetzgeber hat mit § 11 DirektZahlDurchfG von der ihm durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 3 Buchst. c VO (EU) Nr. 1307/2013 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Zahlungsansprüche auch solchen Betriebsinhabern zuzuweisen, die niemals eigene oder gepachtete Zahlungsansprüche innehatten. Die Verpachtung der Zahlungsansprüche und deren Wegfall können also hinweggedacht werden, ohne dass die Zuweisung der neuen Zahlungsansprüche an den Beklagten entfiele.
- 11
- 2. Dies verhilft der Revision aber nicht zum Erfolg, weil sich der Anspruch auf Übertragung der dem Beklagten neu zugeteilten Zahlungsansprüche, wie das Berufungsgericht in seiner zusätzlichen, die Entscheidung selbständig tragenden Begründung zu Recht ausführt, aus einer ergänzenden Auslegung der Regelung in § 2 des Pachtvertrages ergibt. Sind in einem Landpachtvertrag Zahlungsansprüche nach Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mitverpachtet und entfällt deren Gültigkeit während der Pachtdauer aufgrund der Regelung des Art. 21 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013, kann sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben, dass der Pächter die ihm wegen der Bewirtschaftung der Pachtfläche auf seinen Antrag gemäß Art. 21 Abs.1, Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 neu zugewiesenen Zahlungsansprüche nach Beendigung des Pachtverhältnisses auf den Verpächter zu übertragen hat (vgl. auch Bohrßen, RdL 2018, 220, 221; Gemeinhardt, AgrB 2018, 159 f.; von Hardenberg, AgrB 2018, 288). So liegt es hier.
- 12
- a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von dem Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung uneingeschränkt oder nur darauf überprüft werden darf, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Grundsätzlich ist von einer nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung auszugehen, weil die Auslegung von Willenserklärungen Angelegenheit des Tatrichters ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 142/14, VersR 2016, 597 Rn. 9 mwN). Entsprechendes gilt für die ergänzende Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1990 - V ZR 113/89, NJW 1990, 1723, 1724). Diese Beschränkungen bestehen aber nicht, wenn es um die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urteil vom 23. August 2018 - III ZR 192/17, BB 2018, 2317 Rn. 16) oder die Auslegung von typischen Vertragsgestaltungen geht, die über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus regelmäßig mit gleichförmigem Inhalt im geschäftlichen Verkehr verwendet werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 20). Ob die in § 2 des Pachtvertrages zu den Zahlungsansprüchen zwischen den Parteien getroffene Regelung als Allgemeine Geschäftsbedingung - oder als eine hiermit vergleichbare Vertragsgestaltung - zu qualifizieren ist, kann dahinstehen, weil die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand hält.
- 13
- b) Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst von dem Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und damit von der Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung aus.
- 14
- aa) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke, d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit , aufweist. Das ist dann der Fall, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder ihn bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, also ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2017 - V ZR 248/16, WM 2017, 1937 Rn. 7; Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 23 jeweils mwN).
- 15
- bb) Vor diesem Hintergrund war die Vereinbarung über die Rückgewähr der verpachteten Zahlungsansprüche in § 2 des Pachtvertrages - von den Parteien unbemerkt - lückenhaft. Nach dem vertraglichen Regelungsplan gingen die Parteien davon aus, dass die verpachteten Zahlungsansprüche ihre Gültigkeit behielten und der Beklagte bei Pachtende verpflichtet und in der Lage sein würde, die ihm übertragenen Zahlungsansprüche an die Kläger zurückzuübertragen. Die Parteien haben jedoch keine Regelung für den Fall getroffen, dass die verpachteten Zahlungsansprüche wegfallen und dem Beklagten als Bewirtschafter der verpachteten Flächen neue Zahlungsansprüche zugewiesen würden.
- 16
- c) Auch die Schließung der Vertragslücke durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 17
- aa) Bei der Schließung einer vertraglichen Lücke ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen; die in dem Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen , sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2012 - V ZR 222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 12; Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 30 jeweils mwN).
- 18
- bb) Hier ist davon auszugehen, dass die Parteien in Kenntnis der Lückenhaftigkeit ihres Vertrages vereinbart hätten, dass der Beklagte bei Wegfall der verpachteten Zahlungsansprüche verpflichtet wäre, die ihm neu zugeteilten Zahlungsansprüche bei Pachtende an die Kläger oder eine von diesen bestimmte Person zu übertragen. Das ergibt sich aus den folgenden, auch von dem Berufungsgericht herangezogenen Erwägungen:
- 19
- (1) Entgeltlich verpachtet wurde nach dem vertraglichen Regelungsplan neben den Flächen eine der Hektarzahl entsprechende Menge an Zahlungsansprüchen , die den Klägern als Bewirtschaftern der Flächen auf Grund der Betriebsprämienregelung nach Art. 33 Abs. 1, Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 270) gemäß Art. 43 der Verordnung zugewiesen worden war. Die aus § 2 des Pachtvertrages folgende Rückübertragungsverpflichtung war auf das berechtigte und auch von dem Beklagten anerkannte Interesse der Kläger ausgerichtet, nach Pachtende eine möglichst nicht beeinträchtigte Fortsetzung der Bewirtschaftung der Pachtsache dadurch sicherzustellen, dass die Kläger die Zahlungsansprüche bei eigenständiger Bewirtschaftung der Flächen selbst nutzen oder auf neue Nutzer übertragen können. Anderenfalls ergäben sich Einbußen sowohl bei Eigennutzung als auch bei erneuter Verpachtung oder einem Verkauf der Flächen, weil ein Nachfolgepächter bzw. Erwerber in der Regel nur zur Zahlung eines geringeren Entgelts bereit sein wird, wenn der Verpächter bzw. Veräußerer ihm die zu dem Erhalt von Beihilfen berechtigenden Zahlungsansprüche nicht übertragen kann (vgl. Senat, Urteil vom 23. April 2010 - LwZR 15/08, NJW-RR 2010, 1497 Rn. 11, 33 f.). Diese Wertung der Parteien kann als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung herangezogen werden (vgl. Calliess /Ruffert/Martinez, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 40 Rn. 85; Dombert/Witt, Agrarrecht , 2. Aufl., § 8 Rn. 142) und spricht bereits für eine ergänzende Auslegung von § 2 des Pachtvertrages, wie sie von dem Berufungsgericht vorgenommen wurde.
- 20
- (2) Hinzu kommt, dass Zahlungsansprüche nach Art. 43 ff. VO (EG) Nr. 1782/2003 auf Grund der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und nicht auf Grund des Eigentums an landwirtschaftlichen Flächen zugewiesen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2010 - V ZR 170/08, NJW-RR 2010, 885 Rn. 9 mwN). Daran hat sich durch die Neuregelung durch die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 347) nichts geändert (vgl. Art. 21 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 und Calliess/Ruffert/Martinez, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 40 Rn. 77). Den Parteien war bei Vertragsschluss also bewusst, dass sich die Kläger durch die Verpachtung der Flächen der Möglichkeit begaben , eigene Zahlungsansprüche durch die Bewirtschaftung ihrer Flächen zu erwerben. Der Beklagte konnte umgekehrt nach Wegfall der verpachteten Zahlungsansprüche neue Zahlungsansprüche auf Grund von Art. 21 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 nur erwerben, weil er die von den Klägern gepachteten Flächen bewirtschaftete. Vor diesem Hintergrund wäre es ein nicht gerechtfertigter Zufallsgewinn des Beklagten, wenn er die neuen Zahlungsansprüche behalten dürfte und nach Ende des Pachtvertrages landwirtschaftliche Flächen billiger pachten könnte, als wenn er zusätzlich Zahlungsansprüche hinzupachten oder sonst hinzuerwerben müsste (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2009 - LwZR 11/08, NJW-RR 2009, 1714 Rn. 28 zur ergänzenden Auslegung eines Pachtvertrages nach dem durch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 herbeigeführten Wechsel im System der Beihilfen). Eine Regelung wie die von dem Berufungsgericht durch ergänzende Auslegung gefundene stellt demgegenüber für den Pächter keine ungerechtfertigte Belastung dar, denn er muss nur etwas übertragen, für das er nichts aufgewendet hat (vgl. Se- nat, Urteil vom 23. April 2010 - LwZR 15/08, NJW-RR 2010, 1497 Rn. 35 mwN zu der von dem Pächter ausdrücklich übernommenen Pflicht, neu erworbene Zahlungsansprüche an den Verpächter zu übertragen).
- 21
- (3) Hätten die Parteien bedacht, dass durch eine nachträgliche Rechtsänderung die verpachteten Zahlungsansprüche wegfallen und dem Beklagten auf Grund der Bewirtschaftung der gepachteten Flächen neue Zahlungsansprüche zugewiesen würden, hätten sie gewusst, dass der wirtschaftliche Sinn des Pachtvertrages allein durch die in § 2 getroffene Regelung nicht mehr zu realisieren war. Als redliche Vertragspartner hätten die Parteien unter Fortschreibung des vertraglichen Regelungsprogramms vereinbart, dass der Beklagte nach Pachtende zu der Übertragung der neu erworbenen Zahlungsansprüche an die Kläger oder eine von diesen bestimmte Person (vgl. zu dieser Möglichkeit Senat, Urteil vom 24. April 2009 - LwZR 11/08, NJW-RR 2009, 1714 Rn. 19) verpflichtet wäre.
- 22
- (4) Gegen eine solche ergänzende Auslegung spricht entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass in anderen Pachtverträgen (vgl. etwa Senat, Urteil vom 24. April 2009 - LwZR 11/08, NJW-RR 2009, 1714; AG Papenburg, Urteil vom 22. Dezember 2016 - 16 Lw 39/16, juris Rn. 4 f.) solche Regelungen in Bezug auf Zahlungsansprüche ausdrücklich getroffen wurden. Denn die Lückenhaftigkeit des Vereinbarten ist gerade Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien bewusst auf eine entsprechende Regelung verzichtet hätten, so dass eine diesem Willen widersprechende ergänzende Auslegung zu unterbleiben hätte (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2017 - V ZR 248/16, WM 2017, 1937 Rn. 7 mwN), ergeben sich hieraus nicht. Solche Anhaltspunkte folgen auch nicht - wie die Revision meint - daraus, dass die Parteien bei der Regelung über die Verpachtung der Zahlungsansprüche nicht von dem von Interessenverbänden zur Verfügung gestell- ten Formular „Zusatzvereinbarung zur Verpachtung von Zahlungsansprüchen“ Gebrauch gemacht haben. Denn in diesem Formular finden sich zu einer etwaigen Pflicht zur Übertragung von während der Pachtzeit neu erworbenen Zahlungsansprüchen keine Regelungen.
- 23
- 3. Die von dem Berufungsgericht bestätigte Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, den Klägern und damit auch der Klägerin zu 1 den durch die unterbliebene Übertragung der Zahlungsansprüche entstehenden Schaden zu ersetzen, findet ihre Grundlage in § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB, da sich der Beklagte mit der Übertragung seit der Beendigung des Pachtverhältnisses in Verzug befindet.
IV.
- 24
- Die Kostenentscheidung beruht, soweit sie bereits getroffen werden kann, auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
AG Alzey, Entscheidung vom 20.07.2017 - Lw 9/17 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 15.02.2018 - 4 U 111/17 Lw -
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Annotations
(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.
(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.
(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.
(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.
(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.
(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.
(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.
(2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden.
(3) Die Ladung ist mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt.
(4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termin nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln.
(5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet.
(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.
Zahlungsansprüche werden Betriebsinhabern auch zugewiesen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 24 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 in den dort in Buchstabe a Unterbuchstabe i im zweiten Anstrich und in den Buchstaben b und c genannten Fällen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)