vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 12 O 492/10, 20.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 250/12
Verkündet am:
4. Juli 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 Ca, Fm
Zu den Amtspflichten bei Mäharbeiten am Grünstreifen einer Bundesstraße.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 250/12 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann,
Seiters, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Steinschlagschäden, die infolge von Mäharbeiten an dem Pkw der Klägerin entstanden sind.
2
Am 6. September 2010 fuhr der Ehemann der Klägerin mit diesem Pkw von Schwedt kommend auf der Bundesstraße 166 in Richtung der Autobahn 20. Zur gleichen Zeit mähten die Zeugen S. und W. , beide Mitarbeiter der Straßenmeisterei A. , die zur Bundesstraße gehörenden seitlichen Grünstreifen. Die Bundesstraße ist in dem maßgeblichen Bereich mit einer Schutzplanke versehen. Deswegen konnten die Arbeiten an dieser Stelle nur mit so genannten Freischneidern ausgeführt werden. Das sind Handmotor- sensen, die über keine Auffangkörbe verfügen und die das Mähgut auf der vom Bediener aus gesehen linken Seite auswerfen. In der Bedienungsanleitung des verwendeten Geräts ist vorgegeben, dass sich sowohl während des Startvorgangs als auch während der Arbeit im Umkreis von 15 m keine weiteren Personen aufhalten dürfen. Dieser Abstand sei wegen der Gefahr der Sachbeschädigung durch wegschleudernde Gegenstände auch zu Sachen einzuhalten.
3
Als der Ehemann der Klägerin an den Zeugen S. und W. , die sich zu diesem Zeitpunkt auf dem zur Gegenfahrbahn gehörenden seitlichen Grünstreifen befanden, vorbeifuhr, wurde das Fahrzeug der Klägerin durch beim Mähen aufgewirbelte Steine beschädigt. Die Klägerin macht Schadensersatz in Höhe von 978,32 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist unbegründet.
7
1. Das Berufungsgericht hat einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG wegen der Beschädigung des Fahrzeugs der Klägerin durch die bei den Mäharbeiten hochgeschleuderten Steine bejaht. Eine Amtspflichtverletzung des Beklagten sei dadurch begründet, dass der Zeuge W. den seitlichen Grünstreifen der Bundesstraße 166 mit einer Motorsense so gemäht habe, dass dabei Steine oder andere Gegenstände auf das vorbeifahrende Auto der Klägerin fliegen und dieses beschädigen konnten.
8
Dem beklagten Land obliege die (öffentlich-rechtliche) Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des betreffenden Streckenabschnitts. Diese Pflicht gehe dahin, die öffentlichen Verkehrsflächen möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten, sowie im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Straße drohten. Zur Verkehrssicherungspflicht gehöre auch das Mähen zum Straßenkörper gehörender Grünstreifen.
9
Bei Wahrnehmung dieser Pflichten sei der Beklagte gehalten gewesen, bei den Mäharbeiten des zum Straßenkörper gehörenden Grünstreifens das Hochschleudern von Steinen und eine Beschädigung von vorbeifahrenden Fahrzeugen so weit wie möglich zu vermeiden. Der Fahrzeugverkehr sei vor dieser Gefahr auch nicht durch aufgestellte Warnhinweise hinreichend geschützt , weil die Verkehrsteilnehmer durch ihre Fahrweise eine Beschädigung ihrer Fahrzeuge infolge hochgeschleuderter Steine nicht vermeiden könnten. Zumutbare Schutzmaßnahmen seien hier mit vertretbarem technischem und wirtschaftlichem Aufwand erreichbar gewesen. Der Beklagte hätte entlang der Bundesstraße entweder eine Schutzplane errichten oder ein zweites Fahrzeug als Schutzschild vor dem jeweils zu mähenden Bereich einsetzen können. Ferner wäre an die Wahl einer verkehrsärmeren Tageszeit mit Unterbrechung der Arbeit während der Vorbeifahrt von Verkehrsteilnehmern zu denken. Insbesondere das Aufstellen einer mobilen (z.B. auf Rollen montierten) wiederverwendbaren Schutzwand aus Kunststoffplanen erscheine sowohl technisch als auch wirtschaftlich vertretbar und im Hinblick auf die Risikoabwägung auch hinnehmbar. Diese ließe sich entsprechend der zu mähenden Fläche auf dem Seitenstreifen von Hand weiterfahren und würde den fahrbaren Bereich jeweils von der Gefahrenquelle abschirmen. Zwar ergebe sich auch hier ein zusätzlicher wirtschaftlicher Aufwand für den Beklagten. Dieser Aufwand sei aber angesichts der im vorliegenden Fall deutlich hervorgetretenen erheblichen Gefahren, die von aufgeschleuderten Steinen für Sachen und Menschen ausgehen könnten, zuzumuten. Selbst die Verdoppelung der Arbeitskraft durch Fahren eines zweiten Fahrzeugs sei hinzunehmen, um die Verkehrsteilnehmer, die sich nicht selbst in diese Gefahr des Steinschlags durch Mäharbeiten begeben hätten, zu schützen. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Amtshaftung lägen vor.
10
2. Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
11
a) Der Beklagte macht geltend, dass im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts alle zumutbaren Maßnahmen getroffen worden seien und die Mitarbeiter des Beklagten kein Schuldvorwurf treffe. Das Abspannen mit Planen sei wirtschaftlich unzumutbar, ebenso der zusätzliche Kostenaufwand durch Mitfahren eines weiteren Pkw zur Abschirmung des vorbeifließenden Verkehrs vor aufgewirbelten Steinen. Bei den Arbeiten selbst hätten die Mitarbeiter alles zur Vermeidung der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer unternommen. Da das Landgericht festgestellt habe, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt worden sei, sei nach der Kollegialgerichtsrichtlinie ein Verschulden der Mitarbeiter des Beklagten zu verneinen. Soweit das Berufungsgericht Überlegungen zu mobilen Schutzwänden anstelle, fehle es an einem geeigneten Sachvortrag der Klägerin oder konkreten tatrichterlichen Feststellungen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Gericht über die erforderliche Sachkenntnis verfüge. Das Berufungsgericht wäge seine Überlegungen zum Nutzen entsprechender Maßnahmen zur Sicherung des Verkehrs nicht mit der schon aufgrund der Mährichtung geringen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab. Eine völlige Gefahrlosigkeit der Arbeiten sei nicht zu gewährleisten. Eine Einstellung der Arbeiten während der Verkehrszeiten sei ebenfalls nicht darstellbar, weil sie auf der viel befahrenen Bundesstraße dazu führe, dass überhaupt keine Mäharbeiten während der Dienstzeiten ausgeführt werden könnten.
12
b) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Mitarbeiter der Straßenmeisterei des beklagten Landes hätten die ihnen gegenüber den die B 166 befahrenden Verkehrsteilnehmern obliegenden Amtspflichten schuldhaft verletzt, lässt keine Rechtsfehler erkennen.
13
aa) Zu den Amtspflichten, die Amtsträger zu beachten haben, gehört die Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten. Eine besonders wichtige Konsequenz dieser Pflicht ist es, deliktische Schädigungen zu unterlassen, insbesondere sich bei der Amtsausübung aller rechtswidrigen Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten , vor allem in die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten absoluten Rechtsgüter , hier das Eigentum (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2002 - III ZR 122/02, NVwZ-RR 2003, 166). Bei Mäharbeiten der vorliegenden Art sind dabei (insbesondere) die notwendigen Sicherungsvorkehrungen und –maßnahmen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden (Senat aaO), wobei freilich nur solche Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen, die unter Berücksichtigung des Gefahrenpotentials mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 115/04, NVwZ-RR 2005, 381, 382 zu § 7 StVG).
14
bb) Nach diesem Maßstab ist aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklag- ten infolge der Mäharbeiten seiner Mitarbeiter zu bejahen. Die Annahme einer Amtspflichtverletzung wird hier schon allein dadurch getragen, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine mobile, auf Rollen montierte, wiederverwendbare Schutzwand aus Kunststoffplanen bei den Mäharbeiten hätte verwendet werden können, die entsprechend dem jeweiligen Mähabschnitt hätte mitgeführt werden können, was die vorbeifahrenden Fahrzeuge vor aufgewirbelten Steinen geschützt hätte. Diese revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen und hält den Angriffen des Beklagten stand.
15
Ohne Erfolg wendet der Beklagte insofern ein, es fehle an einem hinreichenden Vortrag der Parteien für die Annahme des Berufungsgerichts zur Möglichkeit des Einsatzes einer mobilen Schutzwand aus Kunststoffplanen. Den Einsatz eines Schlagschutzes in Form einer Plane hat die Klägerin bereits im Schriftsatz vom 13. Oktober 2011 gegenüber dem Landgericht in den Prozess eingeführt. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Einsatz von Planen an längeren zu mähenden Abschnitten einer Straße unzumutbar sei. Das Berufungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass der gesamte Streckenabschnitt einheitlich hätte abgeplant werden müssen. Die Entscheidung steht deshalb auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Januar 2005 (VI ZR 115/04, NVwZ-RR 2005, 381, 382 zu § 7 StVG), wonach ein vollständiges Abplanen des zukünftigen Arbeitsbereichs bei Mäharbeiten an Autobahnen unzumutbar sei.
16
Hinzu kommt, dass - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in seine Würdigung mit einbezogen hat - die Benutzung der von den Mitarbeitern des Beklagten verwendeten Freischneider ausweislich der Betriebsanleitung eine besonders hohe "Schleudergefahr" mit sich bringt. Sie kommen deshalb nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten vor allem dann zum Einsatz, wenn wegen der besonderen Beschaffenheit der zu mähenden Stelle (hier: "Freimähen" von Schutzplanken) der Einsatz von Rasenmähern mit Auffangkorb nicht möglich ist.
17
Da es sich bei der tatsächlichen Beurteilung der Möglichkeit der Verhinderung von Steinschlag infolge Mäharbeiten durch eine mobile Plane nicht um einen schwierigen technischen Vorgang handelt, konnte das Berufungsgericht auch aus eigener Sachkunde ohne Hinzuzuziehung eines Sachverständigen die entsprechenden Feststellungen treffen. Umstände, die den Einsatz einer mobilen Plane auf Rollen angesichts der Gefahren für den an den Mäharbeiten vorbeifließenden Verkehr als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen lassen, zeigt der Beklagte nicht auf. Insbesondere ist ein die Grenzen der Zumutbarkeit überscheitender zusätzlicher Personalaufwand nicht ersichtlich.
18
c) Nach dem das Amtshaftungsrecht beherrschenden objektiven Sorgfaltsmaßstab trifft die Mitarbeiter des Beklagten hier auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf : Sie hätten die Notwendigkeit weitergehender Schutzvorkehrungen zumindest erkennen und in Rechnung stellen können. Insbesondere der Einsatz von mobilen Absperrvorrichtungen hätte in Erwägung gezogen werden müssen.
19
Soweit der Beklagte insoweit geltend macht, aufgrund der Klageabweisung durch das Landgericht falle ein Verschuldensvorwurf nach der Kollegialitätsrichtlinie weg, greift dies schon deshalb nicht, da das Landgericht durch den Einzelrichter entschieden hat und nicht durch ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht (vgl. Senatsurteil vom 14. März 1996 - III ZR 224/94, NJW 1996, 2422, 2424).
20
d) Da keine Rechtsfehler hinsichtlich der Annahme der übrigen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs erkennbar sind und die unterlassene Vornahme eines Schutzes des vorbeifahrenden Verkehrs durch eine mobile Schutzplane den geltend gemachten Klageanspruch trägt, kommt es auf die weiteren vom Berufungsgericht erörterten Maßnahmen, gegen die sich der Beklagte wehrt, nicht mehr an.
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 20.10.2011 - 12 O 492/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.07.2012 - 2 U 56/11 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 250/12 zitiert 6 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 250/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Nov. 2002 - III ZR 122/02

bei uns veröffentlicht am 28.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 122/02 Verkündet am: 28. November 2002 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 Fe

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2005 - VI ZR 115/04

bei uns veröffentlicht am 18.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 115/04 Verkündet am: 18. Januar 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 250/12.

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 03. Juli 2015 - 11 U 169/14

bei uns veröffentlicht am 03.07.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 26.09.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 122/02
Verkündet am:
28. November 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Amtshaftung für Schäden an einem geparkten PKW, die durch Grasmäharbeiten
einer Gemeinde verursacht worden sind.
Die "Kollegialgerichts-Richtlinie" ist nur dann anwendbar, wenn das konkrete
, dem geltend gemachten Amtshaftungsanspruch zugrundeliegende
Verhalten des Amtsträgers die Billigung eines Kollegialgerichts gefunden
hat.
BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 122/02 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Schlick, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 20. März 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Am 19. Mai 2000 führten Bedienstete des Garten- und Friedhofsamtes der beklagten Stadt im Bereich eines öffentlichen Parkplatzes, unter anderem auf den zwischen den einzelnen Parkbuchten befindlichen Rasenflächen, Grasmäharbeiten durch. Dabei wurden durch die Schermesser des für diese Arbeiten verwendeten motorgetriebenen Rasenmähers Steine hochgeschleudert , die die Scheibe des rechten hinteren Seitenfensters und den Lack des in einer dieser Buchten abgestellten Mercedes-Kleinbusses des Klägers beschädigten. Der Kläger lastet der Beklagten an, sie habe bei den Arbeiten die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unterlassen, und nimmt sie deshalb aus
Amtspflichtverletzung auf Ersatz des entstandenen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 5.474,26 DM, das Berufungsgericht in "!# %$ & Höhe von 3.243,52 ision verfolgt die Beklagte, die ein Fehlverhalten bestreitet, ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die beklagte Stadt der ihm vom Berufungsgericht zuerkannte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu.
1. Zutreffend sind beide Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die hier in Rede stehenden Mäharbeiten als hoheitliche Aufgabe im Rahmen der Straßenverkehrssicherungspflicht wahrgenommen worden sind, die in Niedersachsen öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (§ 10 NStrG). Die Bediensteten der Beklagten haben daher in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes im Sinne des Art. 34 GG gehandelt.
2. Das Berufungsgericht lastet der Beklagten eine Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger an. Es meint, die von der Beklagten behaupteten Sicherungsvorkehrungen (vorheriges Absuchen der zu mähenden Flächen nach Fremdkörpern, insbesondere Steinen; Verwendung des vorgeschriebenen Spritzschutzschildes bei dem Mäher) seien unzureichend gewesen. Als Maßnahmen , die allein oder zusammengenommen die Gefahren des Rasenmähens minimieren könnten und die die Beklagte nach ihrem Ermessen hätte auswäh-
len können, kämen beispielsweise in Betracht: die Verhängung eines zeitweisen Parkverbotes, die Anbringung von Planen vor den geparkten Fahrzeugen, die Verwendung von Auffangbehältern statt eines bloßen Spritzschutzes, der Einsatz von speziellen Rasenmähern oder sonstigen Vorkehrungen, die entweder schon auf dem Markt zu kaufen seien oder aber bei entsprechender Nachfrage zu kaufen sein würden, sowie der Verzicht auf motorbetriebene Werkzeuge.
3. Dem ist zuzustimmen. Die von der Beklagten selbst gegebene Unfallschilderung belegt, daß die Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen objektiv unzulänglich gewesen sind.

a) Die Beklagte hat nämlich vorgetragen: Bei den Mäharbeiten seien "Sabo"-Handmäher benutzt worden. Trotz der Schutzeinrichtung an jenen Mähern und obwohl die Auswurfvorrichtung für den gemähten Rasen sich auf der autoabgewandten Seite befunden habe, sei ein Stein vom Mähwerk erfaßt, in mehrere Teile zerschlagen und in Richtung des Fahrzeuges des Klägers geschleudert worden. Bevor die Bediensteten der Beklagten mit dem Mähen begonnen hätten, hätten sie jenen Bereich nach Steinen abgesucht.

b) Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob ein Stein, der ursprünglich so groß gewesen war, daß die einzelnen Teile, in die er zersplitterte, die hier in Rede stehenden Beschädigungen verursachen konnten, den Bediensteten beim Absuchen der Fläche nicht hätte auffallen müssen. Selbst wenn man jedoch insoweit zugunsten der Beklagten unterstellt, daß ein Sorgfaltspflichtverstoß nicht vorliegt, so zeigt sich doch, daß der Mäher eine Gefahrenquelle darstellte , die nicht voll beherrschbar war.


c) Schäden, die auf diese Weise verursacht werden, braucht der betroffene Bürger jedenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn sie durch zumutbare weitergehende Sicherungsmaßnahmen abwendbar sind. Insoweit hat die Beklagte die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Dies gilt auch dann, wenn der Einwand der Beklagten zutrifft, die von beiden Vorinstanzen in erster Linie in Erwägung gezogene weitergehende Sicherungsmaßnahme , bei Mäharbeiten kurzfristig die anliegenden Verkehrsflächen abzusperren , sei praktisch nicht zu verwirklichen. Es verbleiben dann nämlich immer noch sonstige Vorkehrungen, etwa die Absicherung durch aufzuspannende Planen. Es erscheint ferner nicht ausgeschlossen, in einem bestimmten Sicherheitsabstand zu geparkten oder vorüberfahrenden Fahrzeugen sowie vorbeigehenden Passanten, die gerade bei Steinschlägen der hier in Rede stehenden Art durchaus der Gefahr erheblicher Körperverletzungen ausgesetzt sein können, auf den Einsatz derartiger motorgetriebener Geräte völlig zu verzichten und in diesem Bereich auf handbetriebene Mäher auszuweichen. Dabei ist es, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, nicht Aufgabe der Gerichte , jede der aufgezählten Möglichkeiten auf ihre praktische Durchführbarkeit zu untersuchen.
4. Im Ergebnis bedeutet dies, daß die Amtsträger der Beklagten hier gegen ihre Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten verstoßen haben. Eine besonders wichtige Konsequenz dieser Pflicht ist es nämlich, deliktische Schädigungen zu unterlassen, insbesondere sich bei der Amtsausübung aller rechtswidrigen Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten, vor allem in die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten absoluten Rechtsgüter, hier das Eigentum (vgl. wegen der Einzelheiten Staudinger/Wurm 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 126 m.w.N.). Nach
dem das Amtshaftungsrecht beherrschenden objektiven Sorgfaltsmaßstab (vgl. dazu Staudinger/Wurm aaO Rn. 203 f m.w.N.) trifft die Amtsträger der Beklagten hier auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf: Sie hätten die Notwendigkeit weitergehender Sicherungsvorkehrungen zumindest erkennen können und in Rechnung stellen müssen. Die "Kollegialgerichts-Richtlinie", die besagt, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen (Berufsrichtern) besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (Staudinger/Wurm Rn. 216 ff m.w.N.), ist hier schon deswegen nicht anwendbar, weil das Verhalten derjenigen Amtsträger, die die hier zu beurteilende Amtspflichtverletzung begangen haben, nicht Gegenstand kollegialgerichtlicher Billigung gewesen ist. Der bloße Umstand, daß die bei Grasmäharbeiten einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt worden sind (vgl. dazu einerseits im Sinne einer strengeren, mit der jetzigen Senatsentscheidung in Einklang stehenden Auffassung: OLG Rostock, DAR 1998, 474; andererseits LG München I DAR 1999, 552), vermag die Beklagte daher nicht zu entlasten.
Rinne Wurm Schlick Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 115/04 Verkündet am:
18. Januar 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nach § 7 Abs. 2 StVG a.F. ist ein Schädiger von Schäden freizustellen, wenn sich
diese auch bei vorsichtigem Vorgehen nicht vermeiden lassen und weitere Schutzmaßnahmen
, die mit einem zumutbaren Aufwand erreichbar waren, nicht zu einem
besseren Schutz geführt hätten.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 115/04 - OLG Celle
LG Bückeburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land (im folgenden: "der Beklagte" ) die Zahlung von Schadensersatz für die Beschädigung ihres PKW. Der Beklagte ist Halter eines Fahrzeugs Mercedes Unimog. Am 10. Juni 2002 mähte ein Mitarbeiter des Beklagten mit dem fahrenden Unimog, an den ein Mähgerät angebracht war, den in Fahrtrichtung Dortmund rechten seitlichen Grünstreifen der BAB 2. Als das Geschäftsfahrzeug der Klägerin das Mähfahrzeug passierte, wurde es auf der Beifahrerseite von einem Gegenstand getroffen und beschädigt. Die Klägerin hat behauptet, durch das Mähgerät sei ein
Gegenstand hochgeschleudert worden und gegen die Beifahrerseite ihres Fahrzeugs geprallt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten zur Zahlung von 1.220 € verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt dieser sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, daß das Fahrzeug der Klägerin auf der Beifahrerseite durch einen beim Mähvorgang hochgeschleuderten Gegenstand beschädigt worden sei. Dafür hafte der Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 StVG. Der Schaden sei beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden. Die Kraftfahrzeugeigenschaft sei nämlich im Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht zurückgetreten, weil der Unimog aufgrund seiner Zweckbestimmung nicht nur als fahrbare Mähmaschine, sondern auch als Verkehrsmittel eingesetzt worden sei. Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a.F. berufen. Für den Beklagten habe sich die Verpflichtung ergeben, Gefahren zu beseitigen, die sich durch einen ungehinderten Bewuchs des Straßenrandes für den Straßenverkehr ergeben könnten. Unter Berücksichtigung dieses besonderen Gefahrenkreises sei er nach § 7 Abs. 2 StVG a.F. von der Haftung für solche Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigem Mähen nicht vermeiden ließen. Auch wenn man unterstelle , daß sich das an dem Fahrzeug des Beklagten befestigte Mähwerk in
einem ordnungsgemäßen Zustand befunden habe und die Mitarbeiter das Mähwerk sorgfältig bedient hätten, habe der Beklagte durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen müssen, daß ein Hochschleudern von Gegenständen durch das Mähwerk auf die Fahrbahn ausgeschlossen sei, um eine Gefährdung des fließenden Verkehrs zu verhindern und Sach- und Personenschäden zu vermeiden. Zwar möge das Mähgerät mit einem Kettenschutz ausgerüstet gewesen sein, um das Herausschleudern von Steinen aus dem Mähwerk zu verhindern. Die Vielzahl gleichartiger Fälle zeige jedoch, daß dieser Kettenschutz nicht ausreichend gewesen sei, um dieser Gefahr wirksam zu begegnen und die Gefährdungen des Verkehrs auszuschließen. So könnten beispielsweise an dem Mähfahrzeug angebrachte, bis zum Boden reichende Plexiglasschilder oder Fanggitter verhindern, daß gleichwohl aufgewirbelte Steine in den fließenden Verkehr geschleudert würden.

II.


Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , daß der Beklagte grundsätzlich nach § 7 Abs. 1 StVG für den Schaden der Klägerin hafte, weil dieser beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs des Beklagten entstanden sei. Dieser Anspruch steht selbstständig neben dem Amtshaftungsanspruch und wird nicht durch § 839 BGB verdrängt (vgl. Senatsurteil BGHZ 105, 65, 66 und BGHZ 113, 164, 165). Das Berufungsgericht hat auch richtigerweise auf den vorliegenden Sachverhalt das Straßenverkehrsgesetz in
der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung angewendet (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).
a) Entgegen der Rüge der Revision ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, daß das Fahrzeug der Klägerin durch einen beim Mähvorgang hochgeschleuderten Gegenstand beschädigt worden ist. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gebunden ist (§ 559 Abs. 2 ZPO). Revisionsrechtlich ist nur zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 m.w.N.). Dazu braucht das Gericht bei seiner Würdigung nicht auf alle Einzelheiten des Parteivorbringens eingegangen zu sein, wenn sich nur ergibt, daß eine sachentsprechende Beurteilung überhaupt stattgefunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573, 575). Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aufgrund der Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin und der zum Unfallzeitpunkt mitfahrenden Zeugin v.H. zu seiner Überzeugung gelangt ist. Diese beruht entgegen der Darstellung der Revision nicht nur auf der Behandlung einer Staubwolke als Indiz, sondern maßgeblich darauf, daß beide bekundet haben, es sei beim Passieren des Fahrzeugs "ein Schlag gegen das Auto erfolgt" bzw. es "habe einen fürchterlichen Knall gegeben". Eine Vernehmung der von dem Beklagten angebotenen Zeugen oder Einholung des bean-
tragten Sachverständigengutachtens war hinsichtlich dieser Feststellung nicht erforderlich, weil das Berufungsgericht die von den benannten Zeugen zu bekundenden Tatsachen als wahr unterstellt und der Beklagte in der von der Revision in Bezug genommenen Berufungserwiderung selbst eingeräumt hat, es sei grundsätzlich möglich, daß der aufgewirbelte Gegenstand von dem Mähfahrzeug stamme.
b) Das Berufungsgericht nimmt auch ohne Rechtsfehler an, daß der PKW der Klägerin "bei dem Betrieb" des Fahrzeugs des Beklagten beschädigt worden ist. Zutreffend ist seine Wertung, daß der Unimog hier nicht nur als Arbeitsmaschine , sondern auch als Verkehrsmittel im Einsatz gewesen ist und deswegen § 7 Abs. 1 StVG eingreift. Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfaßt daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflußten Schadensabläufe und es genügt , daß sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 84, 86; 105, 65, 66 sowie BGHZ 113, 164, 165). Ob dies der Fall ist, muß mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, aaO; 71, 212, 214 und vom 27. Mai 1975 - VI ZR 95/74 - VersR 1975, 945). Deshalb ist erforderlich, daß ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als einer der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wo die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 105, 65, 67;
71, aaO und vom 27. Mai 1975 - VI ZR 95/74 - VersR 1975, 945, 946 sowie BGHZ 113, aaO) oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 115, 84, 87 m.w.N.). Eine Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug ist jedoch zu bejahen, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet (vgl. Senatsurteil BGHZ 105, aaO und BGHZ 113, aaO; vgl. auch OLG Stuttgart, VersR 2003, 1275, 1276; OLG Rostock, DAR 1998, 474, 475; LG Karlsruhe zfs 1995, 447, 448). Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht eine Verbindung des Schadens mit dem Betrieb des Unimog als Kraftfahrzeug bejaht, da dieser mit seiner Motorkraft nicht nur den Antrieb für das Mähwerk bildete, sondern auch auf dem Seitenstreifen entlang fuhr und dadurch das Mähwerk fortbewegte, so daß eine streckenmäßig höhere Mähleistung ermöglicht wurde. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist hier die Anwendung des § 7 StVG nicht durch § 8 StVG a.F. ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt § 7 StVG nicht, wenn der Unfall durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als zwanzig Kilometer in der Stunde fahren kann. Für das Eingreifen dieser Ausnahmevorschrift ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats die konstruktionsbedingte Beschaffenheit des Fahrzeugs maßgeblich. In den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen daher Fahrzeuge, bei denen eine Überschreitung der 20 kmGrenze schon bauartbedingt schlechthin ausgeschlossen ist oder bei denen die Bauart an sich eine höhere Geschwindigkeit theoretisch zuließe, deren Erreichen aber durch bestimmte - herstellerseits angebrachte - Vorrichtungen und Sperren verhindert wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 136, 69, 72, 74 und vom 30. September 1997 - VI ZR 347/96 - VersR 1997, 1525). Es kommt also nicht
darauf an, daß das "Mähfahrzeug" nach dem Vortrag des Beklagten zum Unfallzeitpunkt mit geringem Schrittempo fuhr und auch nicht darauf, ob es - wie ohnehin erst mit der Revision vorgetragen wird - in der konkreten Funktion als Rasenmähmaschine keine höhere als Schrittgeschwindigkeit erreichen konnte. Entscheidend ist vielmehr, daß es möglich war, den Unimog nach seiner konstruktionsbedingten Beschaffenheit mit einer höheren Geschwindigkeit als 20 km/h zu fahren, was der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. 3. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen vermag der erkennende Senat allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, daß hier für den Beklagten kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a.F. vorliegt. Insofern hat das Berufungsgericht als wahr unterstellt, daß sich das an dem Unimog befestigte Mähwerk in einem ordnungsgemäßen Zustand befand, die Mitarbeiter des Beklagten dieses sorgfältig bedienten, die Mäheinrichtung mit einem Kettenschutz und einer sogenannten Gummilippe gegen wegfliegende Gegenstände gesichert war und zudem zur Fahrbahnseite hin von dem Unimog und einem Sicherungsanhänger abschirmend flankiert wurde. Der Beklagte hat geltend gemacht, unter diesen Bedingungen sei die Beschädigung des Fahrzeugs, wenn nicht bereits unmöglich, so doch unvermeidbar gewesen. Das Berufungsgericht meint zwar, dennoch liege kein unabwendbares Ereignis vor, weil beispielsweise durch an dem Mähfahrzeug angebrachte, bis zum Boden reichende Plexiglasschilder oder Fanggitter verhindert werden könne, daß gleichwohl aufgewirbelte Steine in den fließenden Verkehr geschleudert werden. Es setzt jedoch ersichtlich voraus, daß solche weiteren Schutzvorrichtungen mit einem zumutbaren Aufwand erreichbar sind und zu einem besseren Schutz geführt hätten, was der Beklagte unter Beweisantritt mit Sachverständigengutachten in
Abrede gestellt hat. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Der Begriff "unabwendbares Ereignis" im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG a.F. meint nicht absolute Unvermeidbarkeit des Unfalls, sondern ein schadenstiftendes Ereignis, das auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Hierzu gehört ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB hinaus (vgl. Senatsurteile BGHZ 117, 337, 340 und vom 23. September 1986 - VI ZR 136/85 - VersR 1987, 158, 159 m.w.N.; BGHZ 113, 164, 165). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Schädiger nach dem Zweck des § 7 Abs. 2 StVG a.F. von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigem Vorgehen nicht vermeiden lassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 105, 65, 69). Im Hinblick auf die von der Beklagten dargelegten Umstände und die vom Berufungsgericht unterstellten Sicherungsmaßnahmen kommt hier nach diesen Grundsätzen eine Freistellung von der Haftung gemäß § 7 Abs. 2 StVG a.F. in Betracht. Insoweit liegt eine andere Situation vor als bei dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, bei dem im Bereich eines öffentlichen Parkplatzes, unter anderem auf den zwischen den einzelnen Parkbuchten befindlichen Rasenflächen, Grasmäharbeiten durch einen motorgetriebenen Rasenmäher durchgeführt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 122/02 - VersR 2003, 1274). In diesem Fall lagen andere Möglichkeiten , wie etwa die Absicherung durch aufzuspannende Planen oder - wegen des überschaubaren Umfangs der Arbeiten - der Verzicht auf den Einsatz motorbetriebener Geräte nahe, ohne daß das Gericht jede der aufgezeigten Möglichkeiten auf ihre praktische Durchführbarkeit untersuchen mußte. Anders ist die Situation jedoch bei den hier durchgeführten Grasmäharbeiten entlang einer
Autobahn. Dort liegt keine überschaubare Fläche vor; vielmehr handelt es sich um umfangreiche Arbeiten, die zudem in einem Außenbereich stattfinden, der erheblich schwerer zu kontrollieren ist. Deshalb können hier nur solche - vom Berufungsgericht offenbar für erforderlich gehaltene - zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen der Freistellung von der Haftung nach § 7 Abs. 2 StVG a.F. entgegenstehen, die mit vertretbarem Aufwand erreichbar sind und zu einem besseren Schutz geführt hätten.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die notwendigen Feststellungen nachzuholen. Es wird dabei zunächst festzustellen haben, ob die von der Beklagten behaupteten Sicherungsmaßnahmen tatsächlich getroffen worden sind, und gegebenenfalls prüfen müssen, ob weitere technische Sicherungsmaßnahmen am Fahrzeug mit einem vertretbaren Aufwand zu erreichen waren, die zu einem zuverlässigeren Schutz geführt hätten. Falls ein solcher nicht durch eine Änderung der technischen Beschaffenheit des Fahrzeugs oder eine andere, etwa höhere Einstellung des Mähwerks, zu erreichen wäre, ist auch zu prüfen, ob er durch flankierende Maßnahmen mit einem vertretbaren Aufwand zu erreichen war.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß die Würdigung , ob ein unabwendbares Ereignis vorliegt, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt und deshalb grundsätzlich Sache des Tatrichters ist.

Müller Greiner Pauge Stöhr Zoll

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.