Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2014 - 2 StR 381/13

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 3 8 1 / 1 3
vom
5. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
Die Rüge eines Verstoßes gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß
§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO setzt nicht voraus, dass der Verteidiger zuvor von
dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht hat.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13 - LG Frankfurt am Main
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
28. Mai 2014 in der Sitzung am 5. Juni 2014, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Richterin am Landgericht bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. April 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den Angeklagten A. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten H. führt auf die Verfahrensrüge hin zur Aufhebung des gegen ihn ergangenen Urteils. Das Rechtsmittel des Angeklagten A. hat hingegen mit der Sachrüge lediglich hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen verkaufte der weitgehend geständige Angeklagte H. jeweils auf Weisung des gesondert verfolgten B. gegen Provision im Zeitraum August 2010 bis Oktober 2011 an den gesondert verfolgten P. in 30 Fällen Heroin in Mengen zwischen 10 bis 50 Gramm mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 5 %. Im Zeitraum Anfang März 2011 bis zum 16. Februar 2012 verkaufte er wiederum im Auftrag B. 's in 11 Fällen Heroin in Mengen zwischen 70 bis 200 Gramm an die gesondert verfolgte M. . Am 4. Oktober und am 4. Dezember 2012 verkaufte er - diesmal im Auftrag des Mitangeklagten A. - ihm von diesem ausgehändigtes Rauschgift, ca. 50 bzw. 45 g Heroin mit Wirkstoffanteilen von 6,2 bzw. 5,6 %, an die gesondert verfolgten K. und Pe. . Bei einer Wohnungsdurchsuchung des Angeklagten H. im Januar 2013 wurden u.a. zwei Cannabisplatten mit einem Gesamtgewicht von ca. 185 Gramm mit einer Wirkstoffmenge von 15,9 Gramm sichergestellt, die teils zum Eigenkonsum, überwiegend aber zum Verkauf bestimmt waren.

II.

3
Während die übrigen Verfahrensrügen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg bleiben, führt die Rüge eines Verstoßes gegen §§ 257c, 243 Abs. 4 Satz 2 StPO zur Aufhebung des gegen den Angeklagten H. ergangenen Urteils.
4
1. Dem liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:
5
Für den ersten Hauptverhandlungstag, den 9. April 2013, weist das Protokoll nach Verlesung des Anklagesatzes folgendes Geschehen aus: "Weiter wurde festgestellt, dass Erörterungen gem. §§ 202a und 212 StPO, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO gewesen ist, nicht stattgefunden haben. Die Angeklagten wurden darauf hingewiesen, dass es ihnen freistehe , sich zur Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Der Angeklagte A. erklärte sich derzeit zur Äußerung nicht bereit. RAin. Ha. regte ein Rechtsgespräch an. Die HV wurde um 09.47 Uhr unterbrochen und fortgesetzt um 10.17 Uhr. Alle vorher erschienenen Prozessbeteiligten waren wieder anwesend. Es wurde festgestellt, dass ein Rechtsgespräch geführt, jedoch keine Verständigung getroffen wurde. Im Rahmen des Gesprächs hat der StA. zum Ausdruck gebracht, dass eine geständige Einlassung des Angeklagten H. werthaltiger sein könnte, sofern sie auch Angaben zur Tatbeteiligung des Angeklagten A. enthalte.
Es bestand Gelegenheit zur Stellungnahme. Erklärungen wurden nicht abgegeben."
6
2. Die Revisionen rügen, es seien weder Erklärungen zur "personellen Beteiligung" an diesem Rechtsgespräch, an dem alle professionellen Verfahrensbeteiligten sowie die beiden Schöffen teilgenommen hatten, noch zu dessen vollständigem Inhalt erfolgt. So habe der Vertreter der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten H. eine Straferwartung von über sechs Jahren geäußert, die sich bei einer geständigen, den Mitangeklagten A. belastenden Einlassung verringern könne. Der Vorsitzende Richter habe eine Strafhöhe von fünf bis sechs Jahren in den Raum gestellt, was die Verteidigung des Angeklagten H. als nicht akzeptabel bezeichnet habe. Hinsichtlich des Angeklagten A. seien von keiner Seite irgendwelche Straferwartungen geäußert worden, dies auch deshalb, weil dessen Verteidiger "schweigend verteidigt" und sich deshalb an den Gesprächen nicht aktiv beteiligt habe.
7
Durch die unvollständige Unterrichtung seitens des Vorsitzenden habe die Strafkammer ihre Verpflichtung zur Transparenz und Dokumentation verletzt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil - auch wenn keine Verständigung zustande gekommen sei - auf den nicht mitgeteilten Gesprächsinhalten beruhe.
8
3. Eine von den Revisionsführern vorgelegte anwaltliche Versicherung des Instanzverteidigers des Angeklagten A. , RA S. , bestätigt das Revisionsvorbringen. Aus eingeholten dienstlichen Stellungnahmen des Sitzungsstaatsanwalts und der Berufsrichter ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft eine Straferwartung von "nicht unter 6-7 Jahren" gehabt habe. Seitens des Gerichts seien entgegen dem Revisionsvorbringen keine Strafvorstellungen geäußert worden.
9
4. Die Revision macht zu Recht geltend, es liege ein Verstoß gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO vor.
10
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, BGHSt 58, 315, 316). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn aber außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben (BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 - 4 StR 272/13, StV 2014, 67 und vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verhalten eröffnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73, vom 8. Oktober 2013 - 4 StR 272/13, StV 2014, 67, vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219 und vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). Die Pflicht zur Dokumentation der zur Vorbereitung einer Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung unter Umständen erfolglos geführten Gespräche ist zwar im Vergleich zur tatsächlichen Verständigung reduziert. Gleichwohl sollen alle Verfahrensbeteiligte und die Öffentlichkeit nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 215 f.; BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f., vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219 und vom 9. April 2014 - 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416, 417). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
11
Gemessen daran enthält die Mitteilung des Vorsitzenden nicht alle Informationen , die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. So hat es der Vorsitzende - was sich aus dem Protokoll, den eingeholten dienstlichen Erklärungen und der anwaltlichen Versicherung ergibt - rechtsfehlerhaft unterlassen, jedenfalls die von der Staatsanwaltschaft für den Angeklagten H. geäußerte Straferwartung mitzuteilen.
12
b) Der Angeklagte ist mit seiner darauf gerichteten Revisionsrüge nicht deshalb präkludiert, weil er es unterlassen hat, von dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch zu machen. Kommt der Vorsitzende ungeachtet eines ihm zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum seinen Mitteilungs- und Dokumentationspflichten nur unzureichend nach, muss dies - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - von dem Verteidiger nicht entsprechend § 238 Abs. 2 StPO beanstandet werden (so im Ergebnis auch Schneider, NStZ 2014, 252; a.A. Altvater, StraFo 2014, 221, 226; offengelassen von BGH, Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14). Dies gilt selbst dann, wenn dem Verteidiger - wie hier - ausdrücklich Gelegenheit gegeben wird, sich zur Unterrichtung durch den Vorsitzenden zu erklären.
13
aa) Der Senat lässt offen, ob der Rechtsansicht zu folgen wäre, wonach ein Verteidiger die Unvollständigkeit von Mitteilungen schon deswegen nicht nach § 238 Abs. 2 StPO rügen müsse (und könne), weil solchen Mitteilungen nach dem Verständigungsgesetz die Funktion abgehe, auf das Verhalten des Verfahrensbeteiligten sachleitend Einfluss zu nehmen, es sich mithin nur um bloße, dem Anwendungsbereich des § 238 Abs. 2 StPO thematisch entzogene bloße Wissensentscheidungen handele (so Schneider NStZ 2014, 252).
14
bb) Entscheidend ist, dass keine eine Rügeobliegenheit begründende Mitwirkungspflicht des Verteidigers im Verständigungsverfahren besteht, was die Mitteilung und Protokollierung von außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführten Gespräche anbelangt.
15
Der mit dem Verständigungsgesetz eingeführte § 243 Abs. 4 StPO überantwortet die Informationspflicht für außerhalb der Hauptverhandlung geführte Verständigungsgespräche ausschließlich dem Vorsitzenden des Gerichts. Wie der Senat bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 10. Juli 2013 (2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 314) näher ausgeführt hat, will das Gesetz die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten herbeiführen. Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO und deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO werden außerhalb der Hauptverhandlung im Hinblick auf eine Verständigung erfolgte Geschehnisse festgeschrieben und einer revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Zudem soll dem Angeklagten eine eigenverantwortliche Entscheidung ermöglicht werden, wie er sein eigenes Verteidigungsverhalten einrichtet.
16
Die Zuweisung der Mitteilungs- und Informationspflicht ausschließlich an den Vorsitzenden folgt auch aus den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts zur Schutzfunktion des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO, wonach eine "vollum- fängliche Rechtsmittelkontrolle" des Verständigungsgeschehens erfolgen soll (BVerfGE 133, 168, 204, 207). Gewollt ist die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den Angeklagten durch revisionsgerichtliche Verfahrenskontrolle. Unzulässige "deals", aber auch informelle Absprachen hinter dem Rücken des Angeklagten auszuschließen, entspricht der Intention des Gesetzgebers und des Bundesverfassungsgerichts. Danach gilt es u.a. zu verhindern, "dass sich ein möglicher Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Nachteil des Angeklagten auswirkt" (BVerfGE 133, 168, 232). "Die Transparenzvorschriften des Verständigungsgesetzes dienen somit dem Schutz der Grundrechte des von einer Verständigung betroffenen Angeklagten vor einem im Geheimen sich vollziehenden 'Schulterschluss' zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung" (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 BvR 989/14). Vor diesem Hintergrund kommt der Informationspflicht durch den Vorsitzenden auch die Funktion zu, den Angeklagten vor einer fehlerhaften Beratung durch seine Verteidiger zu schützen. Diese Schutzfunktion wäre jedoch eingeschränkt, würde man - z.B. nach einem Verteidigerwechsel zwischen den Instanzen - die Zulässigkeit einer auf die Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gestützten Rüge davon abhängig machen, dass der Instanzverteidiger , der zuvor unter Umständen an einer informellen Absprache hinter dem Rücken des Revisionsführers mitgewirkt hat, eine dies verschweigende Mitteilung des Vorsitzenden gemäß § 238 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung beanstandet hat.
17
cc) Im Übrigen könnte § 238 Abs. 2 StPO, der darauf abzielt, die Verantwortung des gesamten Spruchkörpers für die Rechtsförmigkeit der Verhandlung zu aktivieren, von vornherein nur dann zum Tragen kommen, wenn die Verständigungsgespräche zuvor in Gegenwart sämtlicher zur Entscheidung berufener Mitglieder des Gerichts geführt worden wären. Verständigungsgespräche vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgen jedoch regelmäßig ohne die Schöf- fen; vorbereitende Gespräche während, aber außerhalb laufender Verhandlung, z.B. an Nichtsitzungstagen, müssen nicht zwingend von dem gesamten Spruchkörper geführt werden (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221). In diesen Fällen müsste eine Befassung des gesamten Spruchkörpers mit der Frage der Vollständigkeit der Information leerlaufen. Letztlich würde damit eine Rügeverpflichtung von Zufälligkeiten des Einzelfalles abhängen.
18
c) Auf der Verletzung der Informationspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO beruht das Urteil zum Nachteil des Angeklagten H. .
19
Zwar hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, den Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, StV 2013, 740 [für § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO]; vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, 1256); indes ist, sofern die Mitteilung über das Gespräch unterbleibt oder sich auf eine unzureichende Darstellung beschränkt, grundsätzlich die Verteidigungsposition des Angeklagten tangiert (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f.; BGH, Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 502/13, NStZ-RR 2014, 52). Nur in besonderen Ausnahmefällen ist ein Beruhen auszuschließen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13, NStZ 2014, 217, 218). Dies gilt selbst dann, wenn - wie hier - im Ergebnis eine Verständigung nicht zustande kommt, weil auch in einem solchen Fall nicht auszuschließen ist, dass das Prozessverhalten des Angeklagten durch die vorangegangenen Verständigungsgespräche beeinflusst wurde (BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219, 220 und vom 9. April 2014 - 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416, 417 f.). Ein solcher das Beruhen ausschließender Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
20
Es kommt auch nicht darauf an, ob der Instanzverteidiger den Angeklagten über den Ablauf und den Inhalt außerhalb der Hauptverhandlung geführter Gespräche unterrichtet und so ein etwaiges Informationsdefizit seines Mandanten ausgeglichen hat oder ob dies möglich gewesen wäre. Für die Entscheidung des Angeklagten, die meist mit der Frage nach einem Geständnis in der Hauptverhandlung verbunden wird, ist es von besonderer Bedeutung, ob er über die Einzelheiten der in seiner Abwesenheit geführten Gespräche nur zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise von seinem Verteidiger nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird, oder ob ihn das Gericht unter Dokumentation seiner Mitteilungen im Protokoll der Hauptverhandlung unterrichtet (BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 314; anders wohl BGH, Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418, 419 und Schneider, NStZ 2014, 252, 253).

III.

21
1. Die auch von dem Angeklagten A. erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen §§ 257c, 243 Abs. 4 Satz 2 StPO führt hinsichtlich dieses Angeklagten nicht zur Urteilsaufhebung, weil der Senat insoweit ein Beruhen des Urteils auf dem unter II. festgestellten Verfahrensverstoß ausschließt. Der Verteidiger des "sich schweigend verteidigenden" Angeklagten A. hat sich an den Verständigungsgesprächen nicht aktiv beteiligt. Welche Straferwartung die Staatsanwaltschaft für den wegen der Beteiligung an insgesamt 44 Fällen des Betäubungsmittelhandels angeklagten H. hatte, war für den nur in zwei Fällen als Täter Angeklagten A. ohne Aussagekraft und für seine Entscheidung , sich nicht einzulassen, erkennbar ohne Belang (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 BvR 989/14 sowie BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221, 222 f.). Soweit die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Verständigungsgesprächs den Angeklagten H. darauf hingewiesen hat, belastende Angaben zu seinem Mitangeklagten könnten sein Geständnis werthaltiger machen, ist dieser für A. bedeutende Umstand - nach anwaltlicher Versicherung seines Verteidigers auf dessen Initiative - vom Vorsitzenden entsprechend mitgeteilt und protokolliert worden.
22
2. Während der Schuldspruch betreffend des Angeklagten A. aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts auch auf die Sachrüge hin nicht zu beanstanden ist, unterliegt der Strafausspruch der Aufhebung , weil das Landgericht die durch § 46 Abs. 2 StGB gezogene Grenze zulässiger strafschärfender Berücksichtigung nicht angeklagter Taten überschritten hat.
23
Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Insoweit ist er bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt und kann daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen, die nicht Gegenstand der Anklage sind, bzw. die nach § 154 StPO eingestellt worden sind, soweit diese für die Persönlichkeit eines Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf dessen Tatschuld gestatten. Allerdings müssen solche Taten - wie jeder für die Strafzumessung erhebliche Umstand - prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden und zur Überzeugung des Tatrichters feststehen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 StR 359/03, NStZ-RR 2004, 359 [Pfister]; Beschluss vom 19. November 2013 - 4 StR 448/13, NJW 2014, 645, 646 mwN; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rn. 41 f.).
24
Diesen Anforderungen genügen die insoweit rudimentären Urteilsgründe nicht. Das Landgericht hat hinsichtlich des Angeklagten A. strafschärfend gewertet, dass die "hier abgeurteilten Taten nur die Spitze des Eisberges" darstellen , was sich nicht zuletzt etwa aus den Angaben des Zeugen Pe. ergebe , mehrfach in gleicher Weise von den Angeklagten Heroin erworben zu haben (UA 26). Im Rahmen der Beweiswürdigung heißt es dazu, es hätten "auch weitere vermutliche Rauschgiftübergaben, die jedoch nicht konkret aufgeklärt werden konnten", stattgefunden (UA 18), und der Zeuge Pe. habe glaubhaft ausgesagt, insgesamt dreimal zum Rauschgiftkauf nach F. gefahren zu sein. In den ersten beiden Fällen vom 13. November 2012 und am 4. Dezember 2012 habe er das Rauschgift von dem Angeklagten H. im dritten Fall, wohl am 19. Januar 2013, von dem Angeklagten A. erhalten.
25
Solche Ausführungen belegen, dass die nur vermeintlich begangenen Rauschgiftgeschäfte nicht konkretisiert werden konnten; es bleibt demnach offen , ob, welche und wie viele Straftaten die Angeklagten über die hier abgeurteilten Taten hinaus noch begangen haben sollen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 1991 - 4 StR 138/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 14). Dies lässt eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten besorgen.
26
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch insgesamt auf den rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht; die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können deshalb nicht bestehen bleiben. Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

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(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 47/13
vom
10. Juli 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
1. Einer Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bedarf es nicht, wenn überhaupt
keine oder nur solche Gespräche stattgefunden haben, die dem Regelungskonzept
des Verständigungsgesetzes vorgelagert und von ihm nicht betroffen sind.
2. Die Verfahrensrüge, es sei rechtsfehlerhaft keine Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4
Satz 1 StPO erfolgt, setzt den Vortrag voraus, dass tatsächlich Gespräche im Sinne
dieser Vorschrift stattgefunden hatten und welchen Inhalt sie hatten.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13 - LG Aachen
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
3. Juli 2013 in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger in der Verhandlung,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. September 2012 mit den Feststellungen aufgehoben im Fall II. 2 c der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit versuchtem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Sachrüge und auf Verfahrensrügen gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge hin den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I.

3
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Der näheren Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensrüge, das Landgericht habe gegen § 243 Abs. 4 StPO verstoßen.
4
1. Die Revision hat ausgeführt, der Vorsitzende habe entgegen § 243 Abs. 4 StPO weder zu Beginn der Hauptverhandlung noch zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt, ob und gegebenenfalls in welcher Form im Vorfeld der Hauptverhandlung Verständigungsgespräche stattgefunden hätten. Zwar sei es weder zu einer Verständigung nach § 257c StPO noch zu einer unzulässigen "informellen Verständigung" gekommen. Dies schließe jedoch nicht aus, dass ohne Wissen des Angeklagten darauf abzielende Gespräche stattgefunden hätten. Hätte der Angeklagte den vom Gesetz vorgesehenen Hinweis erhalten, hätte er sein Einlassungsverhalten entsprechend einrichten können. Das gelte auch, wenn keine Gespräche stattgefunden haben sollten.
5
2. Die Rüge ist bereits deshalb unzulässig, weil die Revision keinen bestimmten Rechtsfehler behauptet:
6
a) Nach dem Wortlaut des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Mitteilungspflicht nicht besteht, wenn keine auf eine Verständigung hinzielende Gespräche stattgefunden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10 = StV 2011, 72, 73 sowie Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10 = StV 2011, 202, 203; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 243 Rn. 18 a; a.A. ohne nähere Begründung Becker in Löwe- Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 52 c und Mosbacher NZWiSt 2013, 201, 206).
7
Das erklärt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten. Diese bilden einen Schwerpunkt des Verständigungsgesetzes und sollen die zentrale Vorschrift des § 257c StPO flankieren und die Transparenz der Verständigung sowie die Möglichkeit einer effektiven Kontrolle durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht gewährleisten (BT-Drucks. 16/12310 S. 8 f.). Erfasst werden dabei nicht nur der formale Verständigungsakt selbst, sondern auch die auf eine Verständigung abzielenden Vorgespräche. Die Gewährleistung einer "vollumfänglichen" Kontrolle verständigungsbasierter Urteile setzt umfassende Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung voraus. Die Mitteilungs - und Dokumentationspflichten dienen der "Einhegung" der den zulässigen Inhalt von Verständigungen beschränkenden Vorschriften (BVerfG NJW 2013, 1058 ff, 1064 Rn. 82 und 1066 Rn. 96). Wenn aber überhaupt keine auf eine Verständigung abzielende Gespräche stattgefunden haben, ist das Regelungskonzept des § 257c StPO nicht tangiert. Soweit die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 78 Abs. 2 OWiG (BT-Drucks. 16/12310 S. 16) darauf hindeuten , § 243 Abs. 4 StPO habe die Pflicht statuieren sollen, auch eine Nichterörterung mitzuteilen, hat dies im Gesetzestext letztlich keinen Ausdruck gefunden. Entgegen Frister (in SK-StPO 4. Aufl., § 243 Rn. 43) geht der Senat nicht davon aus, dass dies auf einem bloßen Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruht.
8
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 (aaO). Zwar führt das Bundesverfassungsgericht - ohne auf den entgegenstehenden Wortlaut des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO einzugehen - aus, wenn zweifelsfrei feststehe, dass überhaupt keine Verständigungsgespräche stattgefunden haben, könne ausnahmsweise (lediglich) ein Beruhen des Urteils auf dem Unterbleiben einer Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ausgeschlossen werden (BVerfG aaO, S. 1067 Rn. 98; so auch in einem obiter dictum BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 4 StR 121/13).
9
Gleichzeitig betont das Bundesverfassungsgericht jedoch, dass die Mitteilungspflicht nur dann eingreift, wenn bei im Vorfeld oder neben der Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum standen (BVerfG aaO, S. 1065 Rn. 85 unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/12310 S. 12 und auf BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10). Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts , beim Fehlen von Vorgesprächen entfalle das Beruhen des Urteils auf dem Fehlen einer Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist daher einfachrechtlich nicht schlüssig, da nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift in diesem Fall bereits kein Rechtsfehler vorliegt.
10
Nach alledem bedarf es einer Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht, wenn überhaupt keine oder nur solche Gespräche stattgefunden haben, die dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgelagert und von ihm nicht betroffen sind; das "Ob" der Handlung steht unter dem Vorbehalt des "Wenn". Soweit das Bundesverfassungsgericht den Begriff "Negativmitteilung" verwendet hat, bezieht sich dieser nur auf gescheiterte Gespräche (BVerfG aaO, S. 1067 Rn. 98 unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10).
11
b) Vor diesem Hintergrund muss ein Revisionsführer, der eine Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO rügen will, - gegebenenfalls nach Einholung von Erkundigungen beim Instanzverteidiger (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 344 Rn. 22 mwN) - bestimmt behaupten und konkret darlegen, in welchem Verfahrensstadium , in welcher Form und mit welchem Inhalt Gespräche stattgefunden haben, die auf eine Verständigung abzielten (vgl. BGHSt 56, 3). Denn das bloße Fehlen einer Mitteilung reicht nach dem oben Ausgeführten nicht aus, um einen - vom Revisionsführer darzulegenden - Rechtsfehler zu begründen. An einem solchen Vortrag fehlt es vorliegend, was gemäß § 344 Abs. 2 StPO zur Unzulässigkeit der Verfahrensrüge führt.

II.

12
Auf die Sachrüge hin war das Urteil in Fall II. 2 c der Urteilsgründe aufzuheben , weil das Landgericht seiner Prüfung eines Rücktritts vom Versuch des schweren sexuellen Missbrauchs in diesem Fall einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat.
13
1. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, der Angeklagte habe die Geschädigte aufgefordert, den Oralverkehr an ihm auszuüben. Dies habe sie abgelehnt. Der Angeklagte habe sie ein weiteres Mal zum Oralverkehr aufgefordert. Als sie dieses Ansinnen erneut zurückwies, habe er erkannt, "dass ihm auf Grund der Weigerung der Zeugin L. sowie mangels zur Verfügung stehender Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Zeugin in seinem Sinne - etwa durch weiteres Zureden und/oder Versprechungen zur Duldung des Oralverkehrs - sowie auf Grund der von ihm abgelehnten Anwendung von Gewalt eine Vollendung nicht mehr möglich war" (UA S. 11).
14
Er habe daher von seinem Vorhaben abgelassen, habe masturbiert und schließlich auf die Oberbekleidung des Mädchens ejakuliert.
15
Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Missbrauch von Kindern verurteilt. Einen Rücktritt vom Versuch der Qualifikation des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB hat es mit der Begründung abgelehnt, der Angeklagte habe in der konkreten Situation keine Möglichkeit mehr gesehen, sein Ziel, den Oralverkehr durch das Kind an ihm ausüben zu lassen, noch zu erreichen. Dies beruhe "auf den geständigen, den Feststellungen entsprechenden Angaben des Angeklagten, der insbesondere abgestritten hat, Gewalt … angewandt zu haben oder … zu irgendeinem Zeitpunkt anwen- den zu wollen" (UA S. 13).
16
2. Diese Würdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte war im Fall II. 2 c der Urteilsgründe wegen sexueller Nötigung unter Anwendung von Gewalt (§ 177 Abs. 1 Nr. 1) angeklagt. Dies konnte ihm nach den Ausführungen des Landgerichts nicht nachgewiesen werden, denn "dem Angeklagten, der jegliche Gewaltanwendung abgestritten hat, war seine diesbezügliche Einlassung nicht zu widerlegen" (UA S. 16).
17
Die Begründung für einen Fehlschlag des Versuchs der Qualifikation nach § 176a StGB ist insoweit rechtsfehlerhaft, als der Gesichtspunkt der Gewalt für diesen Tatbestand keine Rolle spielt; § 176a Abs. 1 Nr. 1 setzt ein Nötigungsmittel nicht voraus. Die Ausführung, der Angeklagte habe eine Vollendung nicht mehr für möglich gehalten, "insbesondere" weil er den Einsatz von Gewalt ablehnte, ist daher fehlerhaft und zeigt, dass das Landgericht insoweit von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist. Im Übrigen wäre - vor dem Hintergrund der Ausführungen zur angeklagten sexuellen Nötigung - zu erörtern gewesen, dass die Einlassung des Angeklagten, den Einsatz von Gewalt nicht in Erwägung gezogen zu haben, ersichtlich der Verteidigung gegen den Vorwurf der Gewaltnötigung diente; in der Argumentation des Landgerichts wird diese Einlassung hingegen zum Hauptargument ("insbesondere") gegen einen Rücktritt vom Qualifikationsversuch ohne Gewalt. Der Senat kann auf Grundlage dieser Urteilsausführungen nicht ausschließen, dass der Entscheidung insgesamt ein fehlerhafter Maßstab für die Frage zugrunde liegt, unter welchen Voraussetzungen der Angeklagte hier freiwillig vom Versuch des Oralverkehrs zurücktreten konnte.
18
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Falls II. 2 c insgesamt. Damit ist auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen.
Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 272/13
vom
8. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 14. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen unter Einbeziehung einer noch nicht erledigten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es ihn wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 38 Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
3
Der Verteidiger des Angeklagten bat nach Verlesung der Anklageschrift und der Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht um ein Rechtsgespräch. Weiter heißt es im Protokoll über den Verlauf der Hauptverhandlung vom 8. Februar 2013: „Die Hauptverhandlung wurde um 09.25 Uhr unterbrochen und um 10.37 Uhr fortgesetzt.
Die Kammer stellte dem Angeklagten nach Beratung in Aussicht, dass sie gegen ihn im Falle einer vollumfänglich geständigen Einlassung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 06.05.2011 zwei Gesamtstrafen verhängen werde, die in ihrer Summe in einem Rahmen von 6 Jahren 6 Monaten bis 7 Jahren 6 Monaten insgesamt liegen werden.“
4
Nach Belehrung des Angeklagten gemäß § 257c Abs. 5 StPO stimmten dieser und der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Vorschlag der Strafkammer zu. Der Verteidiger gab eine Einlassung im Namen des Angeklagten ab, welche dieser sich „voll umfänglich zu eigen“ machte.
5
Der Beschwerdeführer rügt einen „Verstoß gegen § 257c i.V.m. § 244 Abs. 2 und § 243 Abs. 4 StPO“ und macht hierzu u.a. geltend, der wesentliche Inhalt des „immerhin mehr als einstündigen Rechtsgesprächs“ hätte im Rahmen der öffentlichen Hauptverhandlung im Einzelnen dargelegt und protokolliert werden müssen.
6
2. Die Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
7
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 – 4 StR 181/11, StV 2012, 73); denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
8
b) Der vom Beschwerdeführer in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
9
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Ge- sprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
10
bb) Hier weist die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 8. Februar 2013 den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs in dem vorstehend dargestellten Sinn nicht aus. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
11
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067).
12
Wie der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Grundsatzentscheidung vom 10. Juli 2013 (2 StR 195/12, NJW 2013, 3046, 3048) näher ausgeführt hat, will das Gesetz die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten, herbeiführen: Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO und durch deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO werde nicht nur das Ergebnis der Absprache, sondern auch der dahin führende Entscheidungsprozess festgeschrieben und der revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Die Mitteilung und deren Dokumentation sowie die Nachprüfbarkeit in einem einheitlichen System der Kontrolle seien jeweils Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeklagten darüber, ob er dem Vorschlag des Gerichts gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO zustimme. Schon durch das Fehlen der Dokumentation könne das Prozessverhalten des Angeklagten beeinflusst werden.
13
Umstände, wonach es im vorliegenden Fall ausnahmsweise anders liegen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
14
3. Der Senat neigt dazu, dass das Gericht in einem Fall wie dem hier zu entscheidenden, in dem die Zäsurwirkung einer rechtskräftigen, noch nicht erledigten Vorverurteilung die Bildung mehrerer Gesamtstrafen erfordert, zunächst diesen Umstand bekannt geben muss (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO). Will es nach seinem Ermessen Angaben zu der zu erwartenden Strafe machen (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO), muss es für jede Gesamtstrafe gesondert die jeweilige Ober- und Untergrenze bezeichnen. Nur dies – und nicht die Angabe eines einheitlichen Rahmens für ein im Gesetz nicht vorgesehenes „Gesamtstrafübel“ – entspricht dem Wortlaut des § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 1 0 / 1 3
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. Februar 2013 aufgehoben, soweit sie verurteilt worden ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 wurde die Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls baten die Verteidiger der Angeklagten sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsge- sprächs, dem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zustimmte. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.
4
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Kammer wie folgt bekannt: "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden."
5
Im Anschluss machte die Angeklagte - wie sich dem Urteil entnehmen lässt (UA S. 37) - im Wesentlichen geständige Angaben zur Sache. Das Protokoll weist an späterer Stelle den Hinweis auf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe.
6
Nach Vernehmung einzelner Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte wie dargelegt verurteilt. Zugleich wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt; die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
7
2. Der Vorsitzende der Strafkammer und die beisitzende Richterin haben im Rahmen des Revisionsverfahrens jeweils dienstliche Erklärungen abgeben. Übereinstimmend wird darin geschildert, dass es bei dem von der Verteidigung angeregten Rechtsgespräch im Wesentlichen um die Frage der Haftverschonung gegangen sei. Dabei habe die Kammer im Falle einer geständigen Einlas- sung eine Haftverschonung als nicht ausgeschlossen angesehen, weil - so der Vorsitzende - bei einem Geständnis der Haftgrund einer etwa zu bejahenden Verdunkelungsgefahr entfallen würde. Zu einer Verständigung darüber aber sei es nicht gekommen, dies zeige schon der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die mit Urteilsverkündung ergangene Entscheidung über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sofortige Beschwerde eingelegt habe. Zudem sei die Angeklagte auch nicht umfassend geständig gewesen, weshalb noch zahlreiche weitere Zeugen gehört worden seien und teilweise Freispruch erfolgt sei.
8
Hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation und Transparenz von Verständigungsgesprächen weist der Vorsitzende im Übrigen darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der entsprechende Erfordernisse aufgestellt worden seien, noch nicht ergangen gewesen sei.
9
3. Die Rüge der Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit einer Verständigung einhergehenden Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO vor, ist zulässig und begründet.
10
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge. Denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
11
b) Der von der Angeklagten in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
12
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
13
bb) Gemessen daran enthält die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 6. Februar 2013 nicht alle Informationen, die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. Dieser Mangel der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens, der durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen wird.
14
Das zwischen den Verfahrensbeteiligten am 6. Februar 2013 außerhalb der Hauptverhandlung geführte Rechtsgespräch betraf - schon auf der Grundlage der im Protokoll enthaltenen Angaben - einen zulässigen Gegenstand einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 2 StPO; sie löste entsprechende Dokumentationspflichten aus. Die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung ist ein zum Urteil "dazugehöriger Beschluss" (§ 268b StPO), so dass auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein kann (Stuckenberg, in: Löwe /Rosenberg, 26. Aufl., § 257c, Rn. 33; Moldenhauer/Wenske, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 257c, Rn. 17).
15
Im Protokoll zur Hauptverhandlung fehlen hinsichtlich einer möglichen Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen die Angeklagte als (zulässigem) Gegenstand einer Absprache - ungeachtet des Umstands, dass über die Erörterung der Haftfrage hinaus die "Sach- und Rechtslage" umfassend erörtert worden ist, was ebenfalls näher darzulegen gewesen wäre - wesentliche Informationen über den Inhalt des geführten Gesprächs. So lässt sich dem Protokoll zwar entnehmen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls von Seiten der Verteidiger der Angeklagten angesprochen wurde und dass die Strafkammer eine solche Entscheidung im Falle einer geständigen Einlassung als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Auch wird als Ergebnis festgehalten, dass (ansonsten) eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft hierzu eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind, erwähnt das Hauptverhandlungsprotokoll aber nicht. Dies aber wäre, da die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht nur das Ergebnis, sondern auch den dahin führenden Entscheidungsprozess jedenfalls in seinen Grundzügen mitzuteilen hat, erforderlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als die in der Niederschrift gewählte Formulierung, ansonsten habe eine Verständigung nicht stattgefunden, sogar für die Annahme sprechen könnte, es sei insoweit doch eine bindende Verständigung zustande gekommen.
16
Soweit sich die Strafkammer in der Sache darauf beruft, sie habe diese Anforderungen an die Dokumentation von Verständigungsgesprächen nicht erfüllen können, weil sie erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden seien, übersieht sie schon, dass das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen nicht neu aufgestellt, sondern einer Auslegung des Gesetzeswortlauts entnommen hat. Auch der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen ähnliche Verpflichtungen formuliert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
17
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12). Schon durch das Fehlen einer umfassenden Dokumentation kann - auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung - das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt hier um so mehr, als das Protokoll davon spricht "ansonsten" habe eine Verständigung nicht stattgefunden. Es lässt sich insoweit nicht ausschließen, dass die Angeklagte - entgegen der späteren Dokumentation im Hauptverhandlungsprotokoll - davon ausgegangen sein könnte, dass zur Haftfrage doch eine Verständigung stattgefunden hat und sich deshalb in der Folge (im Wesentlichen) geständig eingelassen hat. Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 287/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2010 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Januar 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Zu der Befangenheitsrüge nach § 338 Nr. 3 StPO bemerkt der Senat ergänzend : 1. Hintergrund der gegen alle Mitglieder der Strafkammer gerichteten Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August sowie vom 22. Dezember 2009 ist der Umstand, dass die Strafkammer im Anschluss an den Hauptverhandlungstermin vom 17. August 2009 in Abwesenheit der Verteidiger des Beschwerdeführers unter Beteiligung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft mit den beiden Verteidigern des Mitangeklagten A. ein Gespräch über die Möglichkeit einer verfahrensbeendenden Absprache für den Fall einer qualifiziert geständigen Einlassung des Mitangeklagten geführt hat, ohne die übrigen Verfahrensbeteiligten bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit in öffentlicher Hauptverhandlung nachträglich über den Gesprächsinhalt zu unterrichten.

a) Die Rüge ist, soweit sie die Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August 2009 für sich genommen betrifft, aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Das zunächst berechtigte Misstrauen des Beschwerdeführers, bei dem unter Ausschluss seiner Verteidiger geführten Gespräch seien ihm zum Nachteil gereichende Umstände erörtert worden, ist jedenfalls durch die ihm bekannt gemachten dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter ausgeräumt worden (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160 und vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701). Danach wurde bei dem beanstandeten Gespräch eine Verständigung mit dem Mitangeklagten nicht erzielt, sondern es wurden für den Fall eines qualifizierten Geständnisses lediglich mögliche Strafvorstellungen erörtert, die bereits Gegenstand eines schon am 28. Juli 2009 - ebenfalls erfolglos - außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächs waren , bei dem auch die Verteidiger des Beschwerdeführers anwesend waren. Die dem Ablehnungsgesuch vom 21. August 2009 zugrunde liegende Behauptung, die Strafkammer habe bei dem Gespräch am 17. August 2009 dem Mitangeklagten weitergehende Zugeständnisse in Aussicht gestellt, falls er im Rahmen seiner Einlassung den Beschwerdeführer belaste, hat sich nach dem Inhalt der übereinstimmenden dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter und der Staatsanwältin nicht bestätigt. Hinzu kommt, dass die Vorsitzende noch vor Anbringung des zweiten Ablehnungsgesuchs am 21. August 2009 in der Hauptverhandlung die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit über Inhalt, Verlauf und Ergebnisse beider außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgespräche unterrichtet hat.

b) Soweit in dem weiteren Ablehnungsgesuch vom 22. Dezember 2009 die Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder der Strafkammer darüber hinaus - unter Bezug auf ein Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 und die darin enthaltene Darstellung des Gesprächs vom 17. August 2009 - auch darauf gestützt wird, die abgelehnten Richter hätten die Verfahrensbeteiligten über den Inhalt des beanstandeten Gesprächs falsch bzw. unvollständig informiert, dringt die Rüge im Ergebnis ebenfalls nicht durch. Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass sich die dienstlichen Erklärungen der Richter (und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft) nicht zu der Behauptung des Beschwerdeführers verhalten, die Staatsanwältin habe bei dem beanstandeten Gespräch als Reaktion auf den Strafvorschlag der Verteidiger des Mitangeklagten (zwei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) abweichend von ihrer am 28. Juli 2009 geäußerten Strafvorstellung (drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) erklärt, "für sie [sei] auf jeden Fall keine Strafe unter drei Jahren akzeptabel". Träfe diese Behauptung zu, stünde sie im Widerspruch zu der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden vom 18. August 2009, wonach auch am Vortag mit den Verteidigern des Mitangeklagten nur die bereits am 28. Juli 2009 gegenüber allen Verfahrensbeteiligten geäußerten Strafvorstellungen der Staatsanwaltschaft und der Strafkammer (für den Mitangeklagten drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) besprochen worden seien. Aber selbst wenn die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden in diesem Punkt unzutreffend oder zumindest unvollständig wäre, wäre dies aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht geeignet gewesen, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter bzw. die Vorsitzende der Strafkammer zu rechtfertigen. Denn die abgelehnten Richter und die Staatsanwältin haben in ihren dienstlichen Stellungnahmen übereinstimmend dargelegt, dass jedenfalls seitens der Strafkammer in dem Gespräch vom 17. August 2009 keine Bereitschaft erklärt worden ist, von den ursprünglich geäußerten Strafvorstellungen abzuweichen und sich etwaigen niedrigeren Strafvorschlägen der Staatsanwältin anzuschließen. Auch aus dem Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 ergibt sich lediglich, dass er die Bitte an die Strafkammer herangetragen habe "zu prüfen , ob eine Freiheitsstrafe von glatt drei Jahren seitens des Gerichts akzeptiert würde", nicht aber, dass sich die Mitglieder der Strafkammer zu diesem Strafvorschlag auch verhalten haben. Dass diese - wie in dem genannten Schreiben anklingt - bereits in eine Beratung darüber eingetreten seien, ob eine Strafe von drei Jahren nun doch "akzeptabel" sei, ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Erklärungen nicht erwiesen. 2. Der Senat sieht sich veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen: Zwar ist es einem Richter auch nach den Vorschriften des am 4. August 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBI I S. 2353) grundsätzlich nicht verwehrt, zur Förderung des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung Kontakt aufzunehmen. Dabei hat er jedoch die gebotene Zurückhaltung zu wahren, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Dies gilt mit Blick auf einen möglichen Interessenwiderstreit in besonderem Maße, wenn Gespräche über eine verfahrensbeendende Absprache mit einem Angeklagten unter Ausschluss eines vom selben Tatkomplex betroffenen, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machenden oder die Tatvorwürfe bestreitenden Mitangeklagten geführt werden. In solchen Fallkonstellationen liegt es nahe, dass bei dem an dem Gespräch nicht beteiligten Mitangeklagten berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen können , da aus seiner Sicht zu befürchten steht, dass auch auf Betreiben des Gerichts seine Tatbeteiligung hinter verschlossenen Türen und ohne seine Kenntnis mitverhandelt wird. Dieser verständlichen Besorgnis kann zuverlässig nur dadurch begegnet werden, dass Gespräche, die die Möglichkeit einer Verstän- digung zum Inhalt haben, auch außerhalb der Hauptverhandlung nur in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten oder offen in der Hauptverhandlung geführt werden. Gleichwohl sieht das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren keine Vorschrift vor, die Gespräche mit einzelnen Verfahrensbeteiligten außerhalb der Hauptverhandlung untersagt. Haben solche Erörterungen jedoch stattgefunden, muss der Vorsitzende auch bei einem ergebnislosen Verlauf und unabhängig davon, ob neue Aspekte im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO zur Sprache gekommen sind, hierüber in der Hauptverhandlung umfassend und unverzüglich unter Darlegung der Standpunkte aller beim Gespräch anwesenden Verfahrensbeteiligten informieren, da nur auf diese Weise von vorneherein jedem Anschein der Heimlichkeit und der hieraus entstehenden Besorgnis der Befangenheit vorgebeugt und dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 1990 - 3 StR 121/89, BGHSt 37, 99, 104; Schlothauer in N/Sch/W, VerstG, 2010, § 243 Abs. 4 Rn. 12 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 272/13
vom
8. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 14. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen unter Einbeziehung einer noch nicht erledigten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es ihn wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 38 Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
3
Der Verteidiger des Angeklagten bat nach Verlesung der Anklageschrift und der Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht um ein Rechtsgespräch. Weiter heißt es im Protokoll über den Verlauf der Hauptverhandlung vom 8. Februar 2013: „Die Hauptverhandlung wurde um 09.25 Uhr unterbrochen und um 10.37 Uhr fortgesetzt.
Die Kammer stellte dem Angeklagten nach Beratung in Aussicht, dass sie gegen ihn im Falle einer vollumfänglich geständigen Einlassung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 06.05.2011 zwei Gesamtstrafen verhängen werde, die in ihrer Summe in einem Rahmen von 6 Jahren 6 Monaten bis 7 Jahren 6 Monaten insgesamt liegen werden.“
4
Nach Belehrung des Angeklagten gemäß § 257c Abs. 5 StPO stimmten dieser und der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Vorschlag der Strafkammer zu. Der Verteidiger gab eine Einlassung im Namen des Angeklagten ab, welche dieser sich „voll umfänglich zu eigen“ machte.
5
Der Beschwerdeführer rügt einen „Verstoß gegen § 257c i.V.m. § 244 Abs. 2 und § 243 Abs. 4 StPO“ und macht hierzu u.a. geltend, der wesentliche Inhalt des „immerhin mehr als einstündigen Rechtsgesprächs“ hätte im Rahmen der öffentlichen Hauptverhandlung im Einzelnen dargelegt und protokolliert werden müssen.
6
2. Die Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
7
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 – 4 StR 181/11, StV 2012, 73); denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
8
b) Der vom Beschwerdeführer in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
9
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Ge- sprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
10
bb) Hier weist die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 8. Februar 2013 den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs in dem vorstehend dargestellten Sinn nicht aus. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
11
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067).
12
Wie der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Grundsatzentscheidung vom 10. Juli 2013 (2 StR 195/12, NJW 2013, 3046, 3048) näher ausgeführt hat, will das Gesetz die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten, herbeiführen: Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO und durch deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO werde nicht nur das Ergebnis der Absprache, sondern auch der dahin führende Entscheidungsprozess festgeschrieben und der revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Die Mitteilung und deren Dokumentation sowie die Nachprüfbarkeit in einem einheitlichen System der Kontrolle seien jeweils Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeklagten darüber, ob er dem Vorschlag des Gerichts gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO zustimme. Schon durch das Fehlen der Dokumentation könne das Prozessverhalten des Angeklagten beeinflusst werden.
13
Umstände, wonach es im vorliegenden Fall ausnahmsweise anders liegen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
14
3. Der Senat neigt dazu, dass das Gericht in einem Fall wie dem hier zu entscheidenden, in dem die Zäsurwirkung einer rechtskräftigen, noch nicht erledigten Vorverurteilung die Bildung mehrerer Gesamtstrafen erfordert, zunächst diesen Umstand bekannt geben muss (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO). Will es nach seinem Ermessen Angaben zu der zu erwartenden Strafe machen (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO), muss es für jede Gesamtstrafe gesondert die jeweilige Ober- und Untergrenze bezeichnen. Nur dies – und nicht die Angabe eines einheitlichen Rahmens für ein im Gesetz nicht vorgesehenes „Gesamtstrafübel“ – entspricht dem Wortlaut des § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 1 0 / 1 3
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. Februar 2013 aufgehoben, soweit sie verurteilt worden ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 wurde die Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls baten die Verteidiger der Angeklagten sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsge- sprächs, dem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zustimmte. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.
4
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Kammer wie folgt bekannt: "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden."
5
Im Anschluss machte die Angeklagte - wie sich dem Urteil entnehmen lässt (UA S. 37) - im Wesentlichen geständige Angaben zur Sache. Das Protokoll weist an späterer Stelle den Hinweis auf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe.
6
Nach Vernehmung einzelner Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte wie dargelegt verurteilt. Zugleich wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt; die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
7
2. Der Vorsitzende der Strafkammer und die beisitzende Richterin haben im Rahmen des Revisionsverfahrens jeweils dienstliche Erklärungen abgeben. Übereinstimmend wird darin geschildert, dass es bei dem von der Verteidigung angeregten Rechtsgespräch im Wesentlichen um die Frage der Haftverschonung gegangen sei. Dabei habe die Kammer im Falle einer geständigen Einlas- sung eine Haftverschonung als nicht ausgeschlossen angesehen, weil - so der Vorsitzende - bei einem Geständnis der Haftgrund einer etwa zu bejahenden Verdunkelungsgefahr entfallen würde. Zu einer Verständigung darüber aber sei es nicht gekommen, dies zeige schon der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die mit Urteilsverkündung ergangene Entscheidung über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sofortige Beschwerde eingelegt habe. Zudem sei die Angeklagte auch nicht umfassend geständig gewesen, weshalb noch zahlreiche weitere Zeugen gehört worden seien und teilweise Freispruch erfolgt sei.
8
Hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation und Transparenz von Verständigungsgesprächen weist der Vorsitzende im Übrigen darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der entsprechende Erfordernisse aufgestellt worden seien, noch nicht ergangen gewesen sei.
9
3. Die Rüge der Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit einer Verständigung einhergehenden Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO vor, ist zulässig und begründet.
10
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge. Denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
11
b) Der von der Angeklagten in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
12
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
13
bb) Gemessen daran enthält die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 6. Februar 2013 nicht alle Informationen, die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. Dieser Mangel der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens, der durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen wird.
14
Das zwischen den Verfahrensbeteiligten am 6. Februar 2013 außerhalb der Hauptverhandlung geführte Rechtsgespräch betraf - schon auf der Grundlage der im Protokoll enthaltenen Angaben - einen zulässigen Gegenstand einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 2 StPO; sie löste entsprechende Dokumentationspflichten aus. Die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung ist ein zum Urteil "dazugehöriger Beschluss" (§ 268b StPO), so dass auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein kann (Stuckenberg, in: Löwe /Rosenberg, 26. Aufl., § 257c, Rn. 33; Moldenhauer/Wenske, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 257c, Rn. 17).
15
Im Protokoll zur Hauptverhandlung fehlen hinsichtlich einer möglichen Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen die Angeklagte als (zulässigem) Gegenstand einer Absprache - ungeachtet des Umstands, dass über die Erörterung der Haftfrage hinaus die "Sach- und Rechtslage" umfassend erörtert worden ist, was ebenfalls näher darzulegen gewesen wäre - wesentliche Informationen über den Inhalt des geführten Gesprächs. So lässt sich dem Protokoll zwar entnehmen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls von Seiten der Verteidiger der Angeklagten angesprochen wurde und dass die Strafkammer eine solche Entscheidung im Falle einer geständigen Einlassung als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Auch wird als Ergebnis festgehalten, dass (ansonsten) eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft hierzu eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind, erwähnt das Hauptverhandlungsprotokoll aber nicht. Dies aber wäre, da die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht nur das Ergebnis, sondern auch den dahin führenden Entscheidungsprozess jedenfalls in seinen Grundzügen mitzuteilen hat, erforderlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als die in der Niederschrift gewählte Formulierung, ansonsten habe eine Verständigung nicht stattgefunden, sogar für die Annahme sprechen könnte, es sei insoweit doch eine bindende Verständigung zustande gekommen.
16
Soweit sich die Strafkammer in der Sache darauf beruft, sie habe diese Anforderungen an die Dokumentation von Verständigungsgesprächen nicht erfüllen können, weil sie erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden seien, übersieht sie schon, dass das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen nicht neu aufgestellt, sondern einer Auslegung des Gesetzeswortlauts entnommen hat. Auch der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen ähnliche Verpflichtungen formuliert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
17
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12). Schon durch das Fehlen einer umfassenden Dokumentation kann - auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung - das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt hier um so mehr, als das Protokoll davon spricht "ansonsten" habe eine Verständigung nicht stattgefunden. Es lässt sich insoweit nicht ausschließen, dass die Angeklagte - entgegen der späteren Dokumentation im Hauptverhandlungsprotokoll - davon ausgegangen sein könnte, dass zur Haftfrage doch eine Verständigung stattgefunden hat und sich deshalb in der Folge (im Wesentlichen) geständig eingelassen hat. Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 8 9 / 1 4
vom
15. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 17. September 2013 wird verworfen; jedoch wird der Strafausspruch dahin ergänzt, dass die in Italien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen und wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Der Schuldspruch wird von den auf rechtsfehlerfreier Grundlage getroffenen Feststellungen getragen.
3
Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge, der Vorsitzende der Strafkammer habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO in einem Fall nicht vollständig und im anderen Fall überhaupt nicht über Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung unterrichtet, die die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatten.
4
a) Der Rüge liegt aufgrund des Vortrags der Verteidigung, der unwidersprochen geblieben ist und im Protokoll in Bezug auf das Geschehen innerhalb der Hauptverhandlung seine Bestätigung findet, folgender Verfahrensgang zugrunde :
5
Am ersten Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung nach Verlesung der Anklage und Belehrung des Angeklagten für ein Gespräch zwischen dem Gericht , dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger unterbrochen. Hierbei gab der Staatsanwalt auf Nachfrage des Verteidigers seine Straferwartung für den Fall anklagegemäßer Verurteilung mit und ohne Geständnis bekannt; der Verteidiger erwiderte, der Angeklagte erwarte bei einem Geständnis eine Strafe "im bewährungsfähigen Rahmen"; die Voraussetzungen einer möglichen Verständigung wurden erörtert, ohne dass eine Einigung erzielt worden wäre. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende mit, dass "Gespräche im Hinblick auf das Verfahren geführt wurden, diese haben zu keinem Ergebnis geführt".
6
Am fünften Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung auf Anregung des Verteidigers erneut zu einem Gespräch unterbrochen, an dem dieser, das Gericht und die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft teilnahmen. Dabei nannte die Staatsanwältin für den Fall eines vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten eine Straferwartung von nicht unter vier Jahren Freiheitsstrafe , während der Verteidiger "ein wesentlich geringeres Strafmaß vertrat". Im Anschluss an eine Diskussion hierüber unterrichtete der Verteidiger den Angeklagten über die Strafvorstellungen der Verfahrensbeteiligten. Der Angeklagte war damit nicht einverstanden, was der Verteidiger wiederum dem Gericht und der Staatsanwältin mitteilte. Daraufhin wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt. Eine Mitteilung über das vorangegangene Gespräch machte der Vorsitzende nicht.
7
Am siebten Hauptverhandlungstag gab der Verteidiger eine Erklärung zur Sache ab, die sich der Angeklagte zu Eigen machte. Hierin räumte er die Beteiligung an zwei der ihm vorgeworfenen Taten ein und bestritt die weitergehenden Tatvorwürfe.
8
b) Die Revision rügt, in beiden Fällen seien die "Mitteilungs- und Protokollierungspflichten" nach § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO verletzt worden; auf der mangelnden Transparenz der ohne den Angeklagten geführten Gespräche beruhe das Urteil, da ein Einfluss auf das Verteidigungsverhalten des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden könne.
9
c) Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht liegt nicht vor. Die Informationspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO hat der Vorsitzende zwar jeweils verletzt, indes ist ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler auszuschließen. Hierzu im Einzelnen:
10
(1) Soweit die Revision eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, ergibt sich schon aus ihrem Vortrag, dass ein solcher Rechtsfehler nicht vorliegt. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO eine Erörterung, die außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden hat, nach Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet, so ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls kein zusätzlicher Rechtsfehler. Ein "Fehlen der Protokollierung" (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.) liegt gerade nicht vor. Vielmehr gibt das Protokoll den Gang der Hauptverhandlung zutreffend wieder. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO ist nicht verletzt. So liegt es - wie die Revision selbst vorträgt - auch hier. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass allein auf einer fehlenden oder fehlerhaften Protokollierung das Urteil ohnehin nicht beruhen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
11
(2) Verletzt worden ist hingegen die nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO bestehende Informationspflicht. Danach muss der Vorsitzende über Erörterungen mit Verfahrensbeteiligten (§ 202a StPO), die nach Beginn der Hauptverhandlung , aber außerhalb von dieser stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung Mitteilung machen. Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und durch die Möglichkeit, Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung zu führen, kein informelles und unkontrolliertes Verfahren betrieben wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.). Mitzuteilen ist dabei nicht nur der Umstand, dass es solche Erörterungen gegeben hat, sondern auch deren wesentlicher Inhalt. Hierzu gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG aaO, BGH aaO). Eine Unterrichtung, die sich auf die Mitteilung beschränkt, es hätten Vorgespräche stattgefunden, aber noch nicht zu einer Einigung geführt, ist nicht ausreichend (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 411/13, StV 2014, 66; vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ-RR 2014, 85, 86).
12
Danach genügt schon die am ersten Hauptverhandlungstag erfolgte Mitteilung nicht den inhaltlichen Anforderungen. Erst recht stellt das vollständige Übergehen der am fünften Hauptverhandlungstag in Unterbrechung der Hauptverhandlung erfolgten Erörterungen eine Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO dar. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte selbst hatte mitteilen lassen, er sei auf der Basis des in den Gesprächen Erörterten nicht zu einem Geständnis bereit.
13
(3) Auf den beiden Verfahrensfehlern beruht das Urteil nicht.
14
Die Mitteilungspflicht betreffend außerhalb der Hauptverhandlung geführte Erörterungen über die Möglichkeit einer Verständigung dient der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und der Information des Angeklagten, der regelmäßig an dem Gespräch nicht teilnimmt und der über das in Kenntnis gesetzt werden soll, was in seiner Abwesenheit über mögliche Abkürzungen des Verfahrens gesprochen worden ist, um seine Verteidigung darauf einrichten zu können (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 52a). Zwar hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, den Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, StV 2013, 740 [für § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO]; vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, 1256), indes ist, sofern die Mitteilung über das Gespräch unterbleibt oder sich auf eine unzureichende Darstellung beschränkt, grundsätzlich die Verteidigungsposition des Angeklagten tangiert (vgl. BVerfG aaO, NJW 2013, 1058, 1067; BGH, Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 502/13, NStZ-RR 2014, 52).
15
Vorliegend hat der Angeklagte indes eine Einlassung zu den Tatvorwürfen erst abgegeben, nachdem er - wie die Revision selbst vorträgt - von seinem Verteidiger über den Ablauf und den Inhalt der Erörterungen am Rande des fünften Verhandlungstags unterrichtet worden war und er über seinen Verteidiger hatte mitteilen lassen, unter den in Aussicht gestellten Strafrahmen nicht zu einem Geständnis bereit zu sein. Er hat seine Entscheidung, wann und in welcher Weise er sich zu den Tatvorwürfen einlassen würde, in voller Kenntnis dessen getroffen, was in seiner Abwesenheit zuletzt und damit zugleich die Erörterungen am Rande des ersten Hauptverhandlungstags überholend besprochen worden war. Es ist deshalb auszuschließen, dass sich der Angeklagte anders eingelassen hätte, wenn ihm durch den Vorsitzenden nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung Ablauf und Inhalt der Erörterung ordnungsgemäß mitgeteilt worden wären.
16
(4) Da die Rüge letztlich ohne Erfolg bleibt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sie - wie der Generalbundesanwalt meint - hinsichtlich der unvollständigen Unterrichtung am ersten Hauptverhandlungstag schon deshalb unzulässig ist, weil der Angeklagte vom Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hat.
17
2. Der Strafausspruch ist ebenfalls beanstandungsfrei. Allerdings hat das Landgericht entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB im Urteil keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in Italien erlittene Auslieferungshaft auf die hier erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. Diese Entscheidung muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 288). Der Senat holt den grundsätzlich dem Tatrichter obliegenden Ausspruch über die Festsetzung des Anrechnungsmaßstabes nach. Im Hinblick darauf, dass die Anrechnung bei einer Freiheitsentziehung in Italien nur im Verhältnis von 1:1 in Betracht kommt, hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt.
Schäfer Pfister Hubert Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 287/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2010 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Januar 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Zu der Befangenheitsrüge nach § 338 Nr. 3 StPO bemerkt der Senat ergänzend : 1. Hintergrund der gegen alle Mitglieder der Strafkammer gerichteten Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August sowie vom 22. Dezember 2009 ist der Umstand, dass die Strafkammer im Anschluss an den Hauptverhandlungstermin vom 17. August 2009 in Abwesenheit der Verteidiger des Beschwerdeführers unter Beteiligung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft mit den beiden Verteidigern des Mitangeklagten A. ein Gespräch über die Möglichkeit einer verfahrensbeendenden Absprache für den Fall einer qualifiziert geständigen Einlassung des Mitangeklagten geführt hat, ohne die übrigen Verfahrensbeteiligten bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit in öffentlicher Hauptverhandlung nachträglich über den Gesprächsinhalt zu unterrichten.

a) Die Rüge ist, soweit sie die Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August 2009 für sich genommen betrifft, aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Das zunächst berechtigte Misstrauen des Beschwerdeführers, bei dem unter Ausschluss seiner Verteidiger geführten Gespräch seien ihm zum Nachteil gereichende Umstände erörtert worden, ist jedenfalls durch die ihm bekannt gemachten dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter ausgeräumt worden (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160 und vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701). Danach wurde bei dem beanstandeten Gespräch eine Verständigung mit dem Mitangeklagten nicht erzielt, sondern es wurden für den Fall eines qualifizierten Geständnisses lediglich mögliche Strafvorstellungen erörtert, die bereits Gegenstand eines schon am 28. Juli 2009 - ebenfalls erfolglos - außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächs waren , bei dem auch die Verteidiger des Beschwerdeführers anwesend waren. Die dem Ablehnungsgesuch vom 21. August 2009 zugrunde liegende Behauptung, die Strafkammer habe bei dem Gespräch am 17. August 2009 dem Mitangeklagten weitergehende Zugeständnisse in Aussicht gestellt, falls er im Rahmen seiner Einlassung den Beschwerdeführer belaste, hat sich nach dem Inhalt der übereinstimmenden dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter und der Staatsanwältin nicht bestätigt. Hinzu kommt, dass die Vorsitzende noch vor Anbringung des zweiten Ablehnungsgesuchs am 21. August 2009 in der Hauptverhandlung die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit über Inhalt, Verlauf und Ergebnisse beider außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgespräche unterrichtet hat.

b) Soweit in dem weiteren Ablehnungsgesuch vom 22. Dezember 2009 die Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder der Strafkammer darüber hinaus - unter Bezug auf ein Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 und die darin enthaltene Darstellung des Gesprächs vom 17. August 2009 - auch darauf gestützt wird, die abgelehnten Richter hätten die Verfahrensbeteiligten über den Inhalt des beanstandeten Gesprächs falsch bzw. unvollständig informiert, dringt die Rüge im Ergebnis ebenfalls nicht durch. Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass sich die dienstlichen Erklärungen der Richter (und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft) nicht zu der Behauptung des Beschwerdeführers verhalten, die Staatsanwältin habe bei dem beanstandeten Gespräch als Reaktion auf den Strafvorschlag der Verteidiger des Mitangeklagten (zwei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) abweichend von ihrer am 28. Juli 2009 geäußerten Strafvorstellung (drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) erklärt, "für sie [sei] auf jeden Fall keine Strafe unter drei Jahren akzeptabel". Träfe diese Behauptung zu, stünde sie im Widerspruch zu der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden vom 18. August 2009, wonach auch am Vortag mit den Verteidigern des Mitangeklagten nur die bereits am 28. Juli 2009 gegenüber allen Verfahrensbeteiligten geäußerten Strafvorstellungen der Staatsanwaltschaft und der Strafkammer (für den Mitangeklagten drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) besprochen worden seien. Aber selbst wenn die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden in diesem Punkt unzutreffend oder zumindest unvollständig wäre, wäre dies aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht geeignet gewesen, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter bzw. die Vorsitzende der Strafkammer zu rechtfertigen. Denn die abgelehnten Richter und die Staatsanwältin haben in ihren dienstlichen Stellungnahmen übereinstimmend dargelegt, dass jedenfalls seitens der Strafkammer in dem Gespräch vom 17. August 2009 keine Bereitschaft erklärt worden ist, von den ursprünglich geäußerten Strafvorstellungen abzuweichen und sich etwaigen niedrigeren Strafvorschlägen der Staatsanwältin anzuschließen. Auch aus dem Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 ergibt sich lediglich, dass er die Bitte an die Strafkammer herangetragen habe "zu prüfen , ob eine Freiheitsstrafe von glatt drei Jahren seitens des Gerichts akzeptiert würde", nicht aber, dass sich die Mitglieder der Strafkammer zu diesem Strafvorschlag auch verhalten haben. Dass diese - wie in dem genannten Schreiben anklingt - bereits in eine Beratung darüber eingetreten seien, ob eine Strafe von drei Jahren nun doch "akzeptabel" sei, ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Erklärungen nicht erwiesen. 2. Der Senat sieht sich veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen: Zwar ist es einem Richter auch nach den Vorschriften des am 4. August 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBI I S. 2353) grundsätzlich nicht verwehrt, zur Förderung des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung Kontakt aufzunehmen. Dabei hat er jedoch die gebotene Zurückhaltung zu wahren, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Dies gilt mit Blick auf einen möglichen Interessenwiderstreit in besonderem Maße, wenn Gespräche über eine verfahrensbeendende Absprache mit einem Angeklagten unter Ausschluss eines vom selben Tatkomplex betroffenen, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machenden oder die Tatvorwürfe bestreitenden Mitangeklagten geführt werden. In solchen Fallkonstellationen liegt es nahe, dass bei dem an dem Gespräch nicht beteiligten Mitangeklagten berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen können , da aus seiner Sicht zu befürchten steht, dass auch auf Betreiben des Gerichts seine Tatbeteiligung hinter verschlossenen Türen und ohne seine Kenntnis mitverhandelt wird. Dieser verständlichen Besorgnis kann zuverlässig nur dadurch begegnet werden, dass Gespräche, die die Möglichkeit einer Verstän- digung zum Inhalt haben, auch außerhalb der Hauptverhandlung nur in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten oder offen in der Hauptverhandlung geführt werden. Gleichwohl sieht das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren keine Vorschrift vor, die Gespräche mit einzelnen Verfahrensbeteiligten außerhalb der Hauptverhandlung untersagt. Haben solche Erörterungen jedoch stattgefunden, muss der Vorsitzende auch bei einem ergebnislosen Verlauf und unabhängig davon, ob neue Aspekte im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO zur Sprache gekommen sind, hierüber in der Hauptverhandlung umfassend und unverzüglich unter Darlegung der Standpunkte aller beim Gespräch anwesenden Verfahrensbeteiligten informieren, da nur auf diese Weise von vorneherein jedem Anschein der Heimlichkeit und der hieraus entstehenden Besorgnis der Befangenheit vorgebeugt und dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 1990 - 3 StR 121/89, BGHSt 37, 99, 104; Schlothauer in N/Sch/W, VerstG, 2010, § 243 Abs. 4 Rn. 12 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 1 0 / 1 3
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. Februar 2013 aufgehoben, soweit sie verurteilt worden ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 wurde die Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls baten die Verteidiger der Angeklagten sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsge- sprächs, dem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zustimmte. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.
4
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Kammer wie folgt bekannt: "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden."
5
Im Anschluss machte die Angeklagte - wie sich dem Urteil entnehmen lässt (UA S. 37) - im Wesentlichen geständige Angaben zur Sache. Das Protokoll weist an späterer Stelle den Hinweis auf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe.
6
Nach Vernehmung einzelner Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte wie dargelegt verurteilt. Zugleich wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt; die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
7
2. Der Vorsitzende der Strafkammer und die beisitzende Richterin haben im Rahmen des Revisionsverfahrens jeweils dienstliche Erklärungen abgeben. Übereinstimmend wird darin geschildert, dass es bei dem von der Verteidigung angeregten Rechtsgespräch im Wesentlichen um die Frage der Haftverschonung gegangen sei. Dabei habe die Kammer im Falle einer geständigen Einlas- sung eine Haftverschonung als nicht ausgeschlossen angesehen, weil - so der Vorsitzende - bei einem Geständnis der Haftgrund einer etwa zu bejahenden Verdunkelungsgefahr entfallen würde. Zu einer Verständigung darüber aber sei es nicht gekommen, dies zeige schon der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die mit Urteilsverkündung ergangene Entscheidung über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sofortige Beschwerde eingelegt habe. Zudem sei die Angeklagte auch nicht umfassend geständig gewesen, weshalb noch zahlreiche weitere Zeugen gehört worden seien und teilweise Freispruch erfolgt sei.
8
Hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation und Transparenz von Verständigungsgesprächen weist der Vorsitzende im Übrigen darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der entsprechende Erfordernisse aufgestellt worden seien, noch nicht ergangen gewesen sei.
9
3. Die Rüge der Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit einer Verständigung einhergehenden Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO vor, ist zulässig und begründet.
10
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge. Denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
11
b) Der von der Angeklagten in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
12
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
13
bb) Gemessen daran enthält die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 6. Februar 2013 nicht alle Informationen, die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. Dieser Mangel der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens, der durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen wird.
14
Das zwischen den Verfahrensbeteiligten am 6. Februar 2013 außerhalb der Hauptverhandlung geführte Rechtsgespräch betraf - schon auf der Grundlage der im Protokoll enthaltenen Angaben - einen zulässigen Gegenstand einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 2 StPO; sie löste entsprechende Dokumentationspflichten aus. Die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung ist ein zum Urteil "dazugehöriger Beschluss" (§ 268b StPO), so dass auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein kann (Stuckenberg, in: Löwe /Rosenberg, 26. Aufl., § 257c, Rn. 33; Moldenhauer/Wenske, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 257c, Rn. 17).
15
Im Protokoll zur Hauptverhandlung fehlen hinsichtlich einer möglichen Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen die Angeklagte als (zulässigem) Gegenstand einer Absprache - ungeachtet des Umstands, dass über die Erörterung der Haftfrage hinaus die "Sach- und Rechtslage" umfassend erörtert worden ist, was ebenfalls näher darzulegen gewesen wäre - wesentliche Informationen über den Inhalt des geführten Gesprächs. So lässt sich dem Protokoll zwar entnehmen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls von Seiten der Verteidiger der Angeklagten angesprochen wurde und dass die Strafkammer eine solche Entscheidung im Falle einer geständigen Einlassung als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Auch wird als Ergebnis festgehalten, dass (ansonsten) eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft hierzu eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind, erwähnt das Hauptverhandlungsprotokoll aber nicht. Dies aber wäre, da die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht nur das Ergebnis, sondern auch den dahin führenden Entscheidungsprozess jedenfalls in seinen Grundzügen mitzuteilen hat, erforderlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als die in der Niederschrift gewählte Formulierung, ansonsten habe eine Verständigung nicht stattgefunden, sogar für die Annahme sprechen könnte, es sei insoweit doch eine bindende Verständigung zustande gekommen.
16
Soweit sich die Strafkammer in der Sache darauf beruft, sie habe diese Anforderungen an die Dokumentation von Verständigungsgesprächen nicht erfüllen können, weil sie erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden seien, übersieht sie schon, dass das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen nicht neu aufgestellt, sondern einer Auslegung des Gesetzeswortlauts entnommen hat. Auch der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen ähnliche Verpflichtungen formuliert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
17
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12). Schon durch das Fehlen einer umfassenden Dokumentation kann - auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung - das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt hier um so mehr, als das Protokoll davon spricht "ansonsten" habe eine Verständigung nicht stattgefunden. Es lässt sich insoweit nicht ausschließen, dass die Angeklagte - entgegen der späteren Dokumentation im Hauptverhandlungsprotokoll - davon ausgegangen sein könnte, dass zur Haftfrage doch eine Verständigung stattgefunden hat und sich deshalb in der Folge (im Wesentlichen) geständig eingelassen hat. Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 6 1 2 / 1 3
vom
9. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. April 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 24. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit es ihn betrifft. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Tatmehrheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat ihn hierfür unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen den Angeklagten Wertersatzverfall in Höhe von 4.500 Euro angeordnet. Die gegen diese Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Die Revision macht zu Recht geltend, § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO sei verletzt worden.
3
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Nach Verlesung der Anklageschrift und Feststellung der Haftdaten wurde die Hauptverhandlung für etwa vier Stunden unterbrochen. Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und allen Verteidigern des Angeklagten und der Mitangeklagten in der Verhandlungspause Gespräche über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden hätten. Hinsichtlich des Angeklagten sei eine Verständigung nicht zustande gekommen. Das Gericht unterbreitete sodann in der Hauptverhandlung für den Angeklagten einen Verständigungsvorschlag mit einem für die Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellten Strafrahmen mit einer Untergrenze von sechs Jahren und sechs Monaten und einer Obergrenze von sieben Jahren bei Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 StPO. Dieser Vorschlag wurde von der Verteidigung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft nicht akzeptiert.
5
Nach einer erneuten Unterbrechung der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern weitere Gespräche „über eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung“ stattge- funden hätten. Abschließende Äußerungen hierzu seien aber insbesondere von Seiten der Staatsanwaltschaft nicht möglich, da Überprüfungen der Beweismittel noch stattfinden müssten. Im Hinblick auf diese noch laufenden Gespräche hätten die Verteidiger für ihre Mandanten erklärt, dass derzeit keine Einlassungen erfolgen sollten. Das Gericht werde versuchen, mit Staatsanwaltschaft und Verteidigern den weiteren Verfahrensablauf telefonisch zu klären und davon die jeweiligen Ladungen von Zeugen abhängig zu machen.
6
Im darauf folgenden Fortsetzungstermin gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung in der Zwischenzeit über den vom Gericht am ersten Hauptverhandlungstag gemachten Verständigungsvorschlag weitere Gespräche stattgefunden hätten. Im Hinblick hierauf unterbreitete das Gericht betreffend den Angeklagten einen neuen Verständigungsvorschlag , in dem es ihm für den Fall eines näher beschriebenen Teilgeständnisses wiederum eine Strafuntergrenze von sechs Jahren und sechs Monaten und eine Strafobergrenze von sieben Jahren in Aussicht stellte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlangte ein weitergehendes Geständnis, der Verteidiger des Angeklagten lehnte demgegenüber ein Geständnis hinsicht- lich des Tatvorwurfs des bewaffneten Handeltreibens „definitiv“ ab. Die Vorsit- zende stellte daraufhin fest, dass eine Verständigung nicht zustande gekommen sei.
7
In Anschluss hieran gab der Verteidiger des Angeklagten für diesen eine Erklärung ab, die dieser als die seine anerkannte. Der Verteidiger erklärte hierzu , er gehe davon aus, dass es bei dem Verständigungsvorschlag des Gerichts verbleibe. Im Hinblick auf die Erklärung des Angeklagten stellte die Strafkammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft hinsichtlich einiger Tatvorwürfe gemäß §§ 154, 154a StPO ein. Zudem gab die Vorsitzende bekannt, „dass sich das Gericht im Hinblick auf die vom Angeklagten P. abgege- bene Erklärung an den im Verständigungsvorschlag gemachten Strafrahmen gebunden fühlt“.
8
b) Die Rüge des Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit Verständigungsgesprächen einhergehenden Mitteilungspflichten gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vor, ist zulässig und begründet.
9
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlicher Inhalt. Diese Mitteilungspflicht greift bei sämtlichen Vorgesprächen ein, die auf eine Verständigung abzielen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 mwN). Sie ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben. Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13 mwN). Die Bestimmung des § 243 Abs. 4 StPO verlangt deshalb, dass in der Hauptverhandlung über den wesentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen zu informieren ist. Hierzu gehört auch dann, wenn keine Verständigung zustande gekommen ist, jedenfalls der Verständigungsvorschlag und die zu diesem abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 411/13).
10
bb) Gemessen hieran ist der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in hinreichendem Umfang entsprochen worden. Die Vorsitzende hat zwar über die Tatsache informiert, dass mehrfach außerhalb der Hauptverhandlung im Ergebnis erfolglose Verständigungsgespräche stattgefunden haben. Dies genügte jedoch nicht, denn die Mitteilungspflicht erstreckt sich auch darauf, welcher Verfahrensbeteiligte jeweils welchen Verständigungsvorschlag gemacht hat. Da die Vorsitzende nicht mitgeteilt hat, von wem die ursprüngliche Initiative zu Verständigungsgesprächen ausgegangen ist und welchen Inhalt die in der Verhandlungspause erörterten Verständigungsvorschläge hatten, blieb letztlich offen, aus welchen Gründen es nicht zu einer Verständigung gekommen ist. Die Mitteilung des Inhalts dieser Verständigungsgespräche ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Gericht in der Hauptverhandlung weitere Verständigungsvorschläge gemacht hat, denn diese Vorschläge können sich aus den vorangegangenen Verständigungsgesprächen ergeben haben.
11
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.
12
aa) Bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Urteil auf dem Verstoß beruht; lediglich in Ausnahmefällen ist Abweichendes vertretbar (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 mwN). Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. März 2013 im Einzelnen dargelegt hat, hält der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der umfassenden Transparenzund Dokumentationspflichten für zulässig, weshalb das gesetzliche Regelungskonzept eine untrennbare Einheit aus Zulassung und Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungsund Dokumentationspflichten darstellt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11, Rn. 96, NJW 2013, 1058, 1066). Die Mitteilung des Inhalts sämtlicher auf eine Verständigung abzielender Gespräche dient dabei nicht nur der notwendigen Information der Öffentlichkeit, sondern auch der des Angeklagten, der - wie hier - bei derartigen Gesprächen außerhalb der Hauptverhandlung in der Regel nicht anwesend ist. Für die Willensbildung im Rahmen einer Verständigung ist für den Angeklagten auch von Bedeutung, dass er durch das Gericht umfassend über sämtliche vor und außerhalb der Hauptverhandlung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten geführten Verständigungsgespräche informiert wird (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 Rn. 16).
13
bb) Der Senat kann hier das Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO auch nicht im Hinblick auf die (im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkte) Feststellung der Vorsitzenden, dass keine Verständigung stattgefunden habe, ausschließen. Denn auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung kann das Prozessverhalten des Angeklagten durch die vorangegangenen Verständigungsgespräche beeinflusst worden sein. Solches liegt hier im Hinblick auf den weiteren Verfahrensgang nach den Verständigungsgesprächen sogar nahe. So hat der Verteidiger des Angeklagten trotz gescheiterter Verständigung für diesen eine Erklärung abgegeben, die er mit der geäußerten Erwartung verbunden hat, dass es bei dem Verständigungsvorschlag des Gerichts verbleibe. Im Hinblick auf diese als Teilgeständnis gewertete Erklärung beantragte der Sitzungsstaatsanwalt eine Teileinstellung des Verfahrens. Im Anschluss an die Vornahme der beantragten Verfahrensbeschränkung gab schließlich das Gericht bekannt, es fühle sich im Hinblick auf die vom Angeklagten abgegebene Erklärung an den im Verständigungsvorschlag gemachten Strafrahmen gebunden.
14
2. Ergänzend bemerkt der Senat: Sollte die neue Strafkammer wieder zu der Feststellung gelangen, dass das Leben des Angeklagten vor seiner Verhaftung in dieser Sache weitgehend durch seinen Drogenkonsum geprägt war und dass er danach noch für die Dauer von drei bis vier Monaten unter Entzugserscheinungen litt, wird sie diese Umstände bei der Prüfung, ob bei dem Angeklagten ein Hang i.S.d. § 64 StGB, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, gegeben war, in den Blick zu nehmen haben (zum Begriff des Hangs i.S.v. § 64 StGB vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2014 - 1 StR 655/13 Rn. 11 mwN).
Raum Jäger Cirener
Radtke Mosbacher

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 8 9 / 1 4
vom
15. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 17. September 2013 wird verworfen; jedoch wird der Strafausspruch dahin ergänzt, dass die in Italien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen und wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Der Schuldspruch wird von den auf rechtsfehlerfreier Grundlage getroffenen Feststellungen getragen.
3
Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge, der Vorsitzende der Strafkammer habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO in einem Fall nicht vollständig und im anderen Fall überhaupt nicht über Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung unterrichtet, die die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatten.
4
a) Der Rüge liegt aufgrund des Vortrags der Verteidigung, der unwidersprochen geblieben ist und im Protokoll in Bezug auf das Geschehen innerhalb der Hauptverhandlung seine Bestätigung findet, folgender Verfahrensgang zugrunde :
5
Am ersten Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung nach Verlesung der Anklage und Belehrung des Angeklagten für ein Gespräch zwischen dem Gericht , dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger unterbrochen. Hierbei gab der Staatsanwalt auf Nachfrage des Verteidigers seine Straferwartung für den Fall anklagegemäßer Verurteilung mit und ohne Geständnis bekannt; der Verteidiger erwiderte, der Angeklagte erwarte bei einem Geständnis eine Strafe "im bewährungsfähigen Rahmen"; die Voraussetzungen einer möglichen Verständigung wurden erörtert, ohne dass eine Einigung erzielt worden wäre. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende mit, dass "Gespräche im Hinblick auf das Verfahren geführt wurden, diese haben zu keinem Ergebnis geführt".
6
Am fünften Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung auf Anregung des Verteidigers erneut zu einem Gespräch unterbrochen, an dem dieser, das Gericht und die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft teilnahmen. Dabei nannte die Staatsanwältin für den Fall eines vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten eine Straferwartung von nicht unter vier Jahren Freiheitsstrafe , während der Verteidiger "ein wesentlich geringeres Strafmaß vertrat". Im Anschluss an eine Diskussion hierüber unterrichtete der Verteidiger den Angeklagten über die Strafvorstellungen der Verfahrensbeteiligten. Der Angeklagte war damit nicht einverstanden, was der Verteidiger wiederum dem Gericht und der Staatsanwältin mitteilte. Daraufhin wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt. Eine Mitteilung über das vorangegangene Gespräch machte der Vorsitzende nicht.
7
Am siebten Hauptverhandlungstag gab der Verteidiger eine Erklärung zur Sache ab, die sich der Angeklagte zu Eigen machte. Hierin räumte er die Beteiligung an zwei der ihm vorgeworfenen Taten ein und bestritt die weitergehenden Tatvorwürfe.
8
b) Die Revision rügt, in beiden Fällen seien die "Mitteilungs- und Protokollierungspflichten" nach § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO verletzt worden; auf der mangelnden Transparenz der ohne den Angeklagten geführten Gespräche beruhe das Urteil, da ein Einfluss auf das Verteidigungsverhalten des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden könne.
9
c) Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht liegt nicht vor. Die Informationspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO hat der Vorsitzende zwar jeweils verletzt, indes ist ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler auszuschließen. Hierzu im Einzelnen:
10
(1) Soweit die Revision eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, ergibt sich schon aus ihrem Vortrag, dass ein solcher Rechtsfehler nicht vorliegt. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO eine Erörterung, die außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden hat, nach Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet, so ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls kein zusätzlicher Rechtsfehler. Ein "Fehlen der Protokollierung" (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.) liegt gerade nicht vor. Vielmehr gibt das Protokoll den Gang der Hauptverhandlung zutreffend wieder. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO ist nicht verletzt. So liegt es - wie die Revision selbst vorträgt - auch hier. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass allein auf einer fehlenden oder fehlerhaften Protokollierung das Urteil ohnehin nicht beruhen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
11
(2) Verletzt worden ist hingegen die nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO bestehende Informationspflicht. Danach muss der Vorsitzende über Erörterungen mit Verfahrensbeteiligten (§ 202a StPO), die nach Beginn der Hauptverhandlung , aber außerhalb von dieser stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung Mitteilung machen. Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und durch die Möglichkeit, Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung zu führen, kein informelles und unkontrolliertes Verfahren betrieben wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.). Mitzuteilen ist dabei nicht nur der Umstand, dass es solche Erörterungen gegeben hat, sondern auch deren wesentlicher Inhalt. Hierzu gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG aaO, BGH aaO). Eine Unterrichtung, die sich auf die Mitteilung beschränkt, es hätten Vorgespräche stattgefunden, aber noch nicht zu einer Einigung geführt, ist nicht ausreichend (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 411/13, StV 2014, 66; vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ-RR 2014, 85, 86).
12
Danach genügt schon die am ersten Hauptverhandlungstag erfolgte Mitteilung nicht den inhaltlichen Anforderungen. Erst recht stellt das vollständige Übergehen der am fünften Hauptverhandlungstag in Unterbrechung der Hauptverhandlung erfolgten Erörterungen eine Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO dar. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte selbst hatte mitteilen lassen, er sei auf der Basis des in den Gesprächen Erörterten nicht zu einem Geständnis bereit.
13
(3) Auf den beiden Verfahrensfehlern beruht das Urteil nicht.
14
Die Mitteilungspflicht betreffend außerhalb der Hauptverhandlung geführte Erörterungen über die Möglichkeit einer Verständigung dient der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und der Information des Angeklagten, der regelmäßig an dem Gespräch nicht teilnimmt und der über das in Kenntnis gesetzt werden soll, was in seiner Abwesenheit über mögliche Abkürzungen des Verfahrens gesprochen worden ist, um seine Verteidigung darauf einrichten zu können (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 52a). Zwar hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, den Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, StV 2013, 740 [für § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO]; vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, 1256), indes ist, sofern die Mitteilung über das Gespräch unterbleibt oder sich auf eine unzureichende Darstellung beschränkt, grundsätzlich die Verteidigungsposition des Angeklagten tangiert (vgl. BVerfG aaO, NJW 2013, 1058, 1067; BGH, Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 502/13, NStZ-RR 2014, 52).
15
Vorliegend hat der Angeklagte indes eine Einlassung zu den Tatvorwürfen erst abgegeben, nachdem er - wie die Revision selbst vorträgt - von seinem Verteidiger über den Ablauf und den Inhalt der Erörterungen am Rande des fünften Verhandlungstags unterrichtet worden war und er über seinen Verteidiger hatte mitteilen lassen, unter den in Aussicht gestellten Strafrahmen nicht zu einem Geständnis bereit zu sein. Er hat seine Entscheidung, wann und in welcher Weise er sich zu den Tatvorwürfen einlassen würde, in voller Kenntnis dessen getroffen, was in seiner Abwesenheit zuletzt und damit zugleich die Erörterungen am Rande des ersten Hauptverhandlungstags überholend besprochen worden war. Es ist deshalb auszuschließen, dass sich der Angeklagte anders eingelassen hätte, wenn ihm durch den Vorsitzenden nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung Ablauf und Inhalt der Erörterung ordnungsgemäß mitgeteilt worden wären.
16
(4) Da die Rüge letztlich ohne Erfolg bleibt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sie - wie der Generalbundesanwalt meint - hinsichtlich der unvollständigen Unterrichtung am ersten Hauptverhandlungstag schon deshalb unzulässig ist, weil der Angeklagte vom Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hat.
17
2. Der Strafausspruch ist ebenfalls beanstandungsfrei. Allerdings hat das Landgericht entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB im Urteil keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in Italien erlittene Auslieferungshaft auf die hier erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. Diese Entscheidung muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 288). Der Senat holt den grundsätzlich dem Tatrichter obliegenden Ausspruch über die Festsetzung des Anrechnungsmaßstabes nach. Im Hinblick darauf, dass die Anrechnung bei einer Freiheitsentziehung in Italien nur im Verhältnis von 1:1 in Betracht kommt, hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt.
Schäfer Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 195/12
vom
10. Juli 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
------------------------------
1. Die Grundsätze zur Unzulässigkeit einer bloßen Protokollrüge gelten nicht, wenn
ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern darin besteht, dass das
Hauptverhandlungsprotokoll den Inhalt außerhalb der Verhandlung geführter Verständigungsgespräche
nicht wiedergibt. Insoweit hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung
getroffen.
2. Eine entgegen § 273 Abs. 1a StPO fehlende oder inhaltlich unzureichende Dokumentation
von außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächen
im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO führt in der Regel dazu, dass das Beruhen
des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12 – LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
3. Juli 2013 in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
der Angeklagte T. in der Verhandlung in Person,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. September 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, Gründungschwindels in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides statt, und wegen Gläubigerbegünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachbeschwerde und Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, so dass es auf die weiteren Rügen nicht mehr ankommt.

I.

2
Dem Urteil ist eine Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO vorangegangen. Im Protokoll der Hauptverhandlung ist ausgeführt: "Der Vorsitzende gab bekannt, dass in der Verhandlungspause eine tatsächliche Verständigung nach § 257c StPO erörtert worden ist. Das Gericht hat für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von drei Jahren und eine Strafuntergrenze von zwei Jahren und zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. … Die Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten zu. Die Hauptverhandlung wurde von 12.40 Uhr bis 12.46 Uhr unterbrochen. Der Angeklagte und der Verteidiger erklärten Zustimmung. …"
3
Der Beschwerdeführer macht dazu geltend, die "formellen Anforderungen an eine Verständigung" seien nicht eingehalten worden, "da insbesondere die erforderlichen Protokollierungsanforderungen nicht beachtet" worden seien. Er trägt vor, anhand des Protokolls müssten zumindest die Fragen beantwortet werden können, von wem die Initiative zur Verständigung ausgegangen sei, ob alle Verfahrensbeteiligten an dem Gespräch beteiligt gewesen und von welchem Sachverhalt sie ausgegangen seien, ferner welche Vorstellungen sie vom Ergebnis der Verständigung gehabt hätten. Das Protokoll besage nichts darüber.

II.

4
Diese Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
5
1. Das Vorbringen unterliegt der Auslegung. Soweit der Beschwerdeführer Ausführungen im Protokoll zur Mitteilung des Inhalts von Gesprächen mit dem Ziel einer Verständigung vermisst, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt worden waren, geht es der Sache nach um die Nichtbeachtung der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO.
6
Nach dem Rechtsgedanken des § 300 StPO, der auf die Auslegung von Verfahrensrügen entsprechend angewendet wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99 u.a., BVerfGE 112, 185, 211), schadet es nicht, dass der Beschwerdeführer nur auf § 257c StPO verweist, denn die Regelungen der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO betreffen das Verfahren auf dem Weg zu einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO. Insoweit ist die Angriffsrichtung des Rügevorbringens eindeutig erkennbar.
7
Das Vorbringen des Beschwerdeführers genügt den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zwar ist eine Verfahrensrüge im Allgemeinen unzulässig, wenn sich dem Revisionsvorbringen nicht die bestimmte Behauptung entnehmen lässt, dass ein Verfahrensfehler vorliegt, sondern nur, dass er sich aus dem Protokoll ergebe (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 – 4 StR 181/11, StV 2012, 73). Dies kann aber ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern gerade darin besteht, dass das Protokoll den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Denn dazu hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung getroffen.
8
Die Herstellung von Transparenz und die Dokumentation aller mit dem Ziel der Verständigung geführten Erörterungen entsprechen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren (VerstStVfÄndG, BGBl. 2009 I, S. 2353; Regierungsentwurf in BT-Drucks. 16/12310). Sie sind Elemente eines einheitlichen Konzepts (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 f., Tz. 96 f.). Die Einheitlichkeit dieses Regelungskonzepts hat auch Auswirkungen auf die Darlegungspflichten eines Revisionsführers gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Sein Vorbringen genügt, wenn Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden und eine Mitteilung des Vorsitzenden über deren wesentlichen Inhalt entweder tatsächlich nicht erfolgt ist oder jedenfalls nicht im Protokoll dokumentiert wurde, bereits dann den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Verfahrensrüge, wenn er nur auf das Fehlen einer Dokumentation hinweist. Denn ein Protokoll, das alleine die Tatsache einer außerhalb der Hauptverhandlung geführten Erörterung oder nur deren Ergebnis mitteilt, ist fehlerhaft, und schon dieser Verfahrensfehler kann erhebliche Auswirkungen auf das Prozessverhalten des Angeklagten entfalten (s. unten II.2.b). Mitteilungs - und Dokumentationsmängel im Hinblick auf die Anforderungen an das Verständigungsverfahren aus den §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a StPO sind dann aber auch im Sinne der Darlegungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gleich zu behandeln.
9
2. Es liegt ein Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruht.
10
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen im Sinne der §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, und gegebenenfalls deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu auch Senat , Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310 S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden ha- ben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1065, Tz. 85; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung der Möglichkeit einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
11
Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob der Dokumentationspflicht nur dann ausreichend Genüge getan worden wäre, wenn der Protokollvermerk verlesen und genehmigt wurde (vgl. § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO), wie es sinnvoll sein kann, weil ein erhebliches Interesse des Angeklagten (vgl. unten II.2.b) an der Feststellung des Wortlauts der Mitteilung besteht.
12
b) Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97).
13
Das Gesetz will die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten herbeiführen. Der Angeklagte als ei- genverantwortliches Prozesssubjekt soll zuverlässig und in nachprüfbarer Form über den Ablauf und Inhalt derjenigen Verständigungsgespräche informiert werden, die außerhalb der Hauptverhandlung – in der Praxis meist in seiner Abwesenheit – geführt wurden. Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO und durch deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO wird nicht nur das Ergebnis der Absprache, sondern auch der dahin führende Entscheidungsprozess festgeschrieben und der revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Die Mitteilung und deren Dokumentation sowie die Nachprüfbarkeit in einem einheitlichen System der Kontrolle sind jeweils Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeklagten darüber, ob er dem Vorschlag des Gerichts gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO zustimmt. Für die Entscheidung des Angeklagten, die meist mit der Frage nach einem Geständnis in der Hauptverhandlung verbunden wird, ist es von besonderer Bedeutung, ob er über die Einzelheiten der in seiner Abwesenheit geführten Gespräche nur zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise von seinem Verteidiger nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird oder ob ihn das Gericht unter Dokumentation seiner Mitteilungen im Protokoll der Hauptverhandlung unterrichtet. Schon durch das Fehlen der Dokumentation kann das Prozessverhalten des Angeklagten beeinflusst werden.
14
Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass der Angeklagte im Einzelfall auch bei fehlerhaftem Hauptverhandlungsprotokoll durch eine ebenso zuverlässige Dokumentation in anderer Weise so unterrichtet wird, dass das Beru- hen des Urteils auf dem Protokollierungsfehler ausgeschlossen werden kann. Anhaltspunkte dafür liegen hier aber nicht vor.
Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 237/13
vom
3. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. September 2013 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 25. Januar 2013 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts in 314 Fällen, wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen Betruges in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Geltendmachung der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf lediglich die vom Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 243 Abs. 4 StPO:
2
1. Mit dieser Rüge macht der Angeklagte geltend, der Kammervorsitzende habe entgegen § 243 Abs. 4 StPO weder zu Beginn der Hauptverhandlung noch später in öffentlicher Sitzung mitgeteilt, "ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist", und "ob es bislang in dem Verfahren zu Verständigungsgesprächen gekommen war" (RB S. 3). Lediglich zum Schluss der Beweisaufnahme habe der Vorsitzende zu Protokoll festgestellt, dass eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO nicht stattgefunden habe.
3
Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung die Auffassung, dass die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auch dann greife, wenn keine Gespräche "im Hintergrund" stattgefunden haben. Da die Vorschrift des § 243 Abs. 4 StPO nach den gesetzgeberischen Motiven der Transparenz des Verfahrens gegenüber der Öffentlichkeit diene und damit den Öffentlichkeitsgrundsatz (§ 169 GVG) verwirkliche, sei bei diesem Verstoß der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO zu bejahen. Eine Beruhensprüfung komme demnach nicht in Betracht; die anderslautende Entscheidung des Senats (Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10, NStZ 2011, 592) bedürfe nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verständigung im Strafprozess vom 19. März 2013 (2 BvR 2628/10 u.a., NStZ 2013, 295) der Korrektur.
4
2. Ausgehend von der Rechtsprechung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zu § 243 Abs. 4 StPO bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Rüge. Denn der Beschwerdeführer hat nicht vorgetragen, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben. Dies durfte er aber nach dem Urteil des 2. Strafsenats vom 10. Juli 2013 im Verfahren 2 StR 47/13 nicht offenlassen, weil danach die Verfahrensrüge, es sei rechtsfehlerhaft keine Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO erfolgt, den Vortrag voraussetzt, ob Gespräche im Sinne dieser Vorschrift stattgefunden hatten und welchen Inhalt sie gegebenenfalls hatten. Diese Rechtsprechung stützt sich auf den Wortlaut des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO, den Sinn und Zweck der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten, die Gesetzesmaterialien und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 (aaO) und schließt hieraus, dass eine Mitteilungspflicht nach dieser Vorschrift nicht besteht, wenn keine auf eine Verständigung hinzielenden Gespräche stattgefunden haben (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13 Rn. 6 ff.).
5
3. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO wäre kein absoluter Revisionsgrund im Sinne von § 338 Nr. 6 StPO (nachfolgend a). Eine Verletzung des Gesetzes läge daher nur dann vor, wenn das Urteil auf dem Verstoß beruhte (§ 337 Abs. 1 StPO). Es kann letztlich dahinstehen, ob ein Verstoß gegen § 243 Abs. 4 StPO vorliegt, da das Urteil hier jedenfalls darauf nicht beruhen kann. Denn der Senat hat im Freibeweisverfahren Beweis darüber erhoben, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben, und dabei festgestellt , dass dies nicht der Fall war (nachfolgend b). Er schließt ein Beruhen des Urteils auf der Nichtmitteilung des Umstandes, dass keine Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben, aus (nachfolgend c).
6
a) Entgegen der Auffassung der Revision könnte der geltend gemachte Verstoß gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO keinen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO darstellen.
7
Nach § 338 Nr. 6 StPO ist ein Urteil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, wenn es auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind. Dies ist hier nicht der Fall, denn § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO zählt nicht zu diesen Vorschriften (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10, NStZ 2011, 592). Die Vorschrift des § 338 Nr. 6 StPO bezieht sich auf den Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhand- lung, der in § 169 Satz 1 GVG normiert ist. Zwar dient auch die Vorschrift des § 243 Abs. 4 StPO der Transparenz des Strafverfahrens, weil ihr Sinn und Zweck auch ist, die Öffentlichkeit über etwaige Vorgespräche der Verfahrensbeteiligten zu informieren. Allerdings kann der Verstoß gegen Mitteilungspflichten über Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung nicht mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (§ 169 Satz 1 GVG) gleichgesetzt werden. Denn die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO sichert in erster Linie den Informationsgleichstand sämtlicher Verfahrensbeteiligter, auch derjenigen, die an Erörterungen gemäß den §§ 202a, 212 StPO nicht beteiligt waren (vgl. dazu auch OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 32 Ss 87/11, Rn. 14, StV 2012, 394, 395). Demgegenüber bezieht sich § 169 Satz 1 GVG auf die unmittelbare Öffentlichkeit im Sinne einer - hier nicht in Rede stehenden - Möglichkeit der Teilnahme an der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1989, 2 StR 402/88, BGHSt 36, 119, 122; Diemer in KK-StPO, 6. Aufl., § 169 GVG Rn. 1).
8
b) Ein zur Aufhebung des Urteils nötigender Verfahrensfehler konnte deshalb nur dann vorliegen, wenn das Urteil auf der Nichtmitteilung, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben, beruhte. Der Senat hat deshalb im Freibeweisverfahren nicht nur von den beteiligten Richtern und Staatsanwälten dienstliche Erklärungen, sondern auch von den Verteidigern und vom Angeklagten Erklärungen dazu eingeholt, ob ihnen solche Erörterungen bekannt geworden sind. Dies wurde ausnahmslos - nicht nur von den Richtern und Staatsanwälten, sondern auch vom Instanzverteidiger und vom Angeklagten - verneint. Derartige Erörterungen liegen auch nicht darin, dass der Kammervorsitzende, wie er in seiner dienstlichen Erklärung mitgeteilt hat, bei der Absprache der Hauptverhandlungstermine möglicherweise gegenüber der Verteidigung eine Einschätzung der Sach- und Rechtslage vorge- nommen hat, denn dies kann nicht als Vorbereitung einer Verständigung gewertet werden (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., Rn. 85, NStZ 2013, 295, 297). Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der von den Verfahrensbeteiligten hierzu abgegebenen Erklärungen.
9
c) Da somit zweifelsfrei feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand, schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf dem Umstand aus, dass der Kammervorsitzende in der Hauptverhandlung nicht öffentlich mitgeteilt hat, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPOstattgefunden haben (zum Ausschluss des Beruhens in solchen Fällen vgl. BVerfG, aaO, Rn. 98 und OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 32 Ss 87/11, Rn. 11, 13, StV 2012, 394, 395 f.; in den Fällen eines fehlenden Negativattests gemäß § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 4 StR 121/13). Raum Rothfuß Jäger Radtke Mosbacher

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 1 0 / 1 3
vom
12. Dezember 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja - nur A. II. (Überschrift) Nr. 3
Veröffentlichung: ja
________________________________
Allein auf der fehlenden oder fehlerhaften Protokollierung einer Belehrung gemäß
§ 257c Abs. 5, § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO kann das Urteil nicht beruhen.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13 (OLG Frankfurt am
Main)
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.
zu 2.: versuchten Erwerbs einer halbautomatischen Kurzwaffe u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
12. Dezember 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. S. wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dezember 2012, soweit es ihn betrifft, dahin ergänzt, dass er im Übrigen freigesprochen wird und die Staatskasse insoweit seine notwendigen Auslagen sowie die Kosten des Verfahrens trägt.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. S. und die Revision des Angeklagten J. S. werden verworfen.
3. Der Angeklagte J. S. hat die Kosten seines Rechtsmittels, der Angeklagte S. S. die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten S. S. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Erwerb einer halbautomatischen Kurzwaffe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie den Angeklagten J. S. wegen versuchten Erwerbs einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes sowie von Munition zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte S. S. erhebt mit seiner Revision die allgemeine Sachrüge und eine Verfahrensrüge. Der Angeklagte J. S. begehrt mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision allein die Nachholung eines Teilfreispruchs. Während die Revision des Angeklagten S. S. insofern einen Teilerfolg erzielt, als bei ihm ein unterbliebener Teilfreispruch nachzuholen ist, hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
A. Revision des Angeklagten S. S.
3
I. Nach den Feststellungen und Wertungen des Oberlandesgerichts förderte der Angeklagte S. S. in mehreren Einzelfällen bewusst die "Khalistan Zindabad Force". Hierbei handelt es sich um eine von Pakistan aus gesteuerte Gruppierung, die einen unabhängigen Sikh-Staat Khalistan sowie die Bewahrung des orthodoxen Sikh-Glaubens anstrebte und diese Ziele unter anderem durch Sprengstoffanschläge und die gezielte Ermordung von Gegnern zu erreichen suchte. Die nicht revidierenden Mitangeklagten B. S. und G. S. waren von Sommer 2009 bis zu ihrer Verhaftung im Juli 2010 in die Gruppierung eingeordnet, hatten regelmäßigen Kontakt zu deren damaliger Führungsperson R. S. und gestalteten unterschiedliche Aktionen mit. Der Angeklagte S. S. unterstützte sie und die Organisation im Einzelnen in folgender Weise: Spätestens seit September 2009 war er mit der Beschaffung von Handfeuerwaffen und Munition beauftragt. Er beriet Anfang September 2009 G. S. und am 3. November 2009 diesen sowie B. S. hinsichtlich verschiedener Waffen im Wissen, dass er die Mitangeklagten dadurch in die Lage versetzte, geeignete Waffen auch ohne seine weitere Mitwirkung zu erwerben und einzusetzen. Ferner erklärte er sich in einem Telefonat mit B. S. am 5. Januar 2010 spontan bereit, notfalls persönlich nach Indien zu reisen, um eine geplante Auskundschaftung verschiedener indischer Militärstützpunkte zu unterstützen. Überdies beriet er am 2. März 2010 im Rahmen eines Waffenankaufs B. S. telefonisch. Dieser erwarb schließlich - gemeinsam mit dem Angeklagten J. S. - eine Schreckschusspistole , wobei alle drei davon ausgingen, dass es sich um eine halbautomatische Pistole handelte. Schließlich druckte der Angeklagte S. S. im April 2010 auf Anweisung einen Briefkopf der "Khalistan Zindabad Force" aus und stellte ihn B. S. zur Verfügung. Eine über diese einzelnen Tätigkeiten hinaus gehende dauerhafte Einbindung des Angeklagten S S. in die Verbandsstruktur der "Khalistan Zindabad Force" hat das Oberlandesgericht nicht feststellen können.
4
Soweit der Angeklagte S. S. im Juli 2010 von dem Plan erfuhr , einen Sektenführer in Österreich zu erschießen, und keine Maßnahmen ergriff, die von ihm abgelehnte Tat zu verhindern, ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 Abs. 1 Nr. 5 oder Abs. 2 StGB) nicht in Betracht komme, weil die Strafverfolgungsbehörden durch Telefonüberwachungen bereits Kenntnis von der Planung gehabt hätten.
5
II. Die Rüge des Angeklagten S. S. , das Oberlandesgericht habe "§§ 257c Abs. 2, 4 und 5, 237 Abs. 1a StPO in Verbindung mit dem Recht auf ein faires Verfahren" verletzt, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
6
1. Am 27. Hauptverhandlungstag unterbreitete das Oberlandesgericht den Angeklagten einen - als Anlage zu Protokoll genommenen - näher ausgeführten und begründeten "Verständigungsvorschlag gemäß § 257c StPO". Am 52. Hauptverhandlungstag wurde laut (von der Revision insoweit nicht mitgeteiltem ) Protokoll festgestellt, dass unter anderem hinsichtlich des Angeklagten S. S. eine "verfahrensbeendende Absprache entsprechend § 257c StPO" stattgefunden habe. Mit der Rüge beanstandet die Revision, dass sich aus dem Protokoll nicht ergebe, ob eine Verständigung zustande gekommen und eine Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO erteilt worden sei. Zudem sei nicht dokumentiert, ob und wie die Angeklagten sich zu dem Verständigungsvorschlag geäußert hätten. Überdies habe der gerichtliche Verständigungsvorschlag einzelne Strafnormen zitiert, obschon der Schuldspruch nicht Gegenstand der Verständigung sein dürfe.
7
2. Bereits unzulässig ist die Verfahrensrüge, soweit der Beschwerdeführer beanstandet, das Zustandekommen einer Verständigung und der nähere Ablauf des vorangehenden Verfahrens seien nicht dokumentiert. Die Revision unterlässt es, die insofern zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen vollständig vorzutragen. So teilt sie den die Verständigung betreffenden Inhalt des Protokolls nicht abschließend mit, sondern verschweigt, dass laut Protokoll zum einen der Vorsitzende bereits am 26. Hauptverhandlungstag über (nach Schluss des vorangegangenen Verhandlungstermins geführte) Besprechungen mit dem Ziel einer möglichen Verständigung berichtete und zum anderen später eine "verfahrensbeendende Absprache" festgestellt wurde. Die Kenntnis dieser Gesichtspunkte wäre indes für die Prüfung erforderlich, ob das Protokoll den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung in der nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO gebotenen Weise wiedergibt. Der lückenhafte Revisionsvortrag führt insoweit zur Unzulässigkeit der Rüge (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Anforderungen 1; vom 16. April 1999 - 3 StR 642/98; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., BVerfGE 112, 185, 208 f. mwN).
8
3. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, aus dem Protokoll ergebe sich keine Belehrung des Angeklagten gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2, § 257c Abs. 5 StPO, bleibt seine Verfahrensrüge ebenfalls erfolglos, da das Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht beruhen kann (§ 337 Abs. 1 StPO).
9
a) Der Beschwerdeführer rügt, dass sich in der Sitzungsniederschrift keine Protokollierung einer gemäß § 257c Abs. 5 StPO etwaig erteilten Belehrung finde. Damit ist Gegenstand der Verfahrensrüge allein die Frage einer ordnungsgemäßen Protokollierung; denn aus der Revisionsbegründung ergibt sich - auch bei einer Auslegung nach ihrem Gesamtzusammenhang - nicht die Behauptung , dass eine Belehrung in der Hauptverhandlung tatsächlich unterblieben ist, und dieser Gesichtspunkt von der Urteilsanfechtung umfasst sein soll.
10
aa) Die Revisionsbegründung muss bei der Rüge der Verletzung einer Verfahrensnorm die den Verfahrensmangel enthaltenden Tatsachen angeben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit etwa BVerfG, Beschluss vom 12. November 1984 - 2 BvR 1350/84, NJW 1985, 125, 126). Nur in diesem Umfang ist das Revisionsgericht überhaupt zu eigener Prüfung berechtigt (§ 352 Abs. 1 StPO). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dem Vorbringen in der Revisionsbegründung, ein bestimmter Verfahrensvorgang sei nicht protokolliert worden, regelmäßig nicht die Behauptung zu entnehmen ist, dieser Verfahrensvorgang habe tatsächlich in der Hauptverhandlung auch nicht stattgefunden (vgl. allgemein BGH, Urteile vom 1. Februar 1955 - 5 StR 678/54, BGHSt 7, 162 ff. mwN; vom 20. April 2006 - 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52, 53; vom 12. Januar 2005 - 2 StR 138/04, NStZ 2005, 281; vom 20. Oktober 1970 - 1 StR 225/70; Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 23/06; RG, Urteil vom 26. Mai 1914 - II 374/14, RGSt 48, 288, 289 f.; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 86). Dem liegt im Wesentlichen die Überlegung zugrunde, dass bei dem alleinigen Abstellen auf das Protokoll offen bleibt, ob der Vorgang gegebenenfalls stattgefunden hat und nur versehentlich nicht protokolliert worden ist. Im Übrigen würde das Erfordernis des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO übergangen, da an Stelle der bestimmten Behauptung einer Tatsachenangabe lediglich das Protokoll, das nur ein Beweismittel darstellt (vgl. § 274 Satz 1 StPO), angeführt wird.
11
bb) Vorliegend stellt die Revisionsbegründung ("Ob […] eine Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO erfolgt ist, ergibt sich - falls die Verteidigung insoweit nichts übersehen hat - aus dem Protokoll nicht.") allein auf die fehlende Protokollierung ab. Dies wird durch die anschließenden Rechtsausführungen bestärkt, denen zufolge das Oberlandesgericht "mit dieser Vorgehensweise […] gegen § 273a Abs. 1a StPO" verstoßen habe. Zudem geht die Revision selbst von einer "etwaig erfolgten Belehrung" aus und lässt damit ausdrücklich offen, ob eine solche erteilt worden ist oder nicht. Gerade in der Zusammenschau wird deutlich, dass die Verfahrensrüge die unterlassene Protokollierung und nicht eine unterbliebene Belehrung selbst zum Gegenstand hat.
12
b) Es kann offen bleiben, ob die danach allein zu prüfende Rüge, aus dem Protokoll lasse sich die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO nicht erkennen , - wie für "Protokollrügen" regelmäßig angenommen (etwa BGH, Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 23/06; Urteil vom 17. Januar 1978 - 1 StR 734/77) - bereits unzulässig oder in der konkreten Konstellation ausnahmsweise zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310). Der Beanstandung bleibt der Erfolg jedenfalls versagt; denn es ist denklogisch ausge- schlossen, dass das Urteil auf einer unzureichenden Protokollierung beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Hierzu gilt:
13
Die Fertigstellung des Protokolls geht der Verkündung des Urteils nach. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Protokoll die Urteilsformel enthalten muss (§ 273 Abs. 1 Satz 1 StPO) und es mithin vor der Urteilsverkündung nicht fertiggestellt (vgl. § 271 Abs. 1 StPO) werden kann. Vor der Fertigstellung steht der tatsächliche Protokollinhalt noch nicht fest und ist im Einzelnen ungewiss. Das Protokoll über den Verlauf der (sich gegebenenfalls über mehrere Tage erstreckenden) Hauptverhandlung bildet eine Einheit und ist erst mit den Unterschriften unter die gesamte Niederschrift fertiggestellt. Zuvor angefertigte Protokollteile sowie Mitschriften haben lediglich Entwurfscharakter und sind nicht Bestandteil der Akten (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 1980 - StB 43/80, BGHSt 29, 394, 395; Urteil vom 20. November 1961 - 2 StR 395/61, BGHSt 16, 306, 307). Das Gericht hat - ebenso wie alle Verfahrensbeteiligten - keine Kenntnis vom späteren Protokollinhalt. Grundlage für das Urteil ist das tatsächliche Geschehen in der Hauptverhandlung, nicht die spätere Niederschrift. Liegt mithin das Protokoll erst nach der Urteilsverkündung vor, ist ausgeschlossen, dass die Protokollierung einen Einfluss auf das bereits zuvor ergangene Urteil hat (st. Rspr.; instruktiv RG, Urteil vom 29. Januar 1909 - II 975/08, RGSt 42, 168, 170 f.; s. auch BGH, Urteile vom 20. April 2006 - 4 StR 604/05, NStZRR 2007, 52, 53; vom 1. Februar 1955 - 5 StR 678/54, BGHSt 7, 162, 163; Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10, NStZ 2011, 170; Radtke, NStZ 2013, 669).
14
c) Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht vor dem Hintergrund geboten , dass das Gesetz zur Regelung der Verständigung in Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (Verständigungsgesetz, BGBl. I S. 2353) unter anderem das Ziel verfolgt, eine wirksame "vollumfängliche" Kontrolle verständigungsbasierter Ur- teile durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1066 [Rn. 94]).
15
aa) Das Verständigungsgesetz hat die revisionsrechtlichen Regelungen der StPO - von dem Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts nach einer Verständigung (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) abgesehen - unverändert gelassen. Zum einen sind die allgemeinen Vorschriften, nach denen dem Revisionsgericht die Prüfung von Verfahrensverstößen nur aufgrund einer entsprechenden Rüge und der Angabe der zu ihrer Beurteilung erforderlichen Tatsachen erlaubt ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2, § 352 Abs. 1 StPO), nicht modifiziert worden (vgl. im Ergebnis auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, BGHSt 58, 315; Urteil vom 3. September 2013 - 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671; BT-Drucks. 16/12310 S. 9). Zum anderen hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 [Rn. 97]). Soweit das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen ist, dass ein Urteil regelmäßig auf einem Verstoß gegen "Transparenz- und Dokumentationspflichten" des Verständigungsverfahrens beruhe (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 [Rn. 97 ff.]; Beschluss vom 30. Juni 2013 - 2 BvR 85/13, NStZ-RR 2013, 315, 316), war jeweils nicht allein die fehlende oder fehlerhafte spätere Protokollierung Entscheidungsgegenstand, sondern zumindest auch die Nichtbeachtung einer vor dem Urteilsspruch gegenüber Verfahrensbeteiligten bestehenden Transparenzpflicht an sich. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts können deshalb nicht dahin verstanden werden, dass - entgegen den Gesetzen der Logik - kraft Verfassungsrechts grundsätzlich bereits auf die Rüge der unterlassenen Protokollierung eines nach den Regeln des Verständigungsverfahrens erforderlichen Hinweises oder einer notwendigen Belehrung die Aufhebung des angefochtenen Urteils geboten sei.
16
Die Fragen, inwieweit das Bundesverfassungsgericht überhaupt allgemeine Vorgaben für eine im Tatsächlichen zu klärende Beruhensprüfung machen kann (vgl. etwa Knauer, NStZ 2013, 433, 436; Stuckenberg, ZIS 2013, 212, 215 f.) und wie weit die Bindungswirkung der Entscheidung im Einzelnen reicht (s. BVerfG, Beschlüsse vom 6. November 1968 - 1 BvR 727/65, BVerfGE 24, 289, 297; vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1018/74, BVerfGE 40, 88, 93 f.; vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, 109 f.; BFH, Urteil vom 11. August 1999 - XI R 77/97, NJW 1999, 3798; Maunz/SchmidtBleibtreu /Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rn. 88 [Stand: Juli 2013]), bedürfen hier daher keiner weiteren Erörterung.
17
bb) Soweit der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 10. Juli 2013 (2 StR 195/12, BGHSt 58, 310) die Auffassung vertreten hat, dass das Prozessverhalten des Angeklagten durch das Fehlen einer Dokumentation im Protokoll beeinflusst und ein Beruhen des Urteils auf dem Protokollierungsfehler nicht ausgeschlossen werden könne, vermag der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen. Eines Verfahrens nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es deswegen jedoch nicht. Zum einen betraf das dortige Urteil nicht die hier zu prüfende fehlende Protokollierung der Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO. Zum anderen handelt es sich bei der Frage, ob das Urteil auf einem bestimmten Verfahrensfehler beruhen kann, nicht um eine Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG, sondern um eine im Einzelfall zu prüfende Tatsachenfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 1 StR 466/05, NJW 2006, 3582, 3586; Herdegen, NStZ 1990, 513, 515).
18
4. Eine unzulässige Verständigung über den Schuldspruch (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO) liegt entgegen der Ansicht der Revision nicht vor.
19
Der Beschwerdeführer begründet seine diesbezügliche Annahme allein mit dem Wortlaut des gerichtlichen Verständigungsvorschlags, der konkrete Straftatbestände und diesen zugeordnete Sachverhalte aufführt. Indes ist dies ersichtlich nicht dahin zu verstehen, dass entsprechende Schuldsprüche Gegenstand der Verständigung sein sollten. Vielmehr hat das Oberlandesgericht lediglich dargelegt, auf Grund welcher Erwägungen es "im Bewusstsein der Problematik einer vorläufigen Beweisprognose" zu dem allein die Rechtsfolgen betreffenden Vorschlag gekommen ist. Einer solchen unverbindlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage steht weder Verfassungs- noch Strafverfahrensrecht entgegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1068 [Rn. 106]). Das Gericht ist sogar grundsätzlich dazu gehalten, in seinem Vorschlag das vom Angeklagten im Rahmen der Verständigung erwartete Prozessverhalten genau zu bezeichnen und "unter antizipierender Berücksichtigung dieses Verhaltens und Beachtung der Vorgaben des materiellen Rechts eine strafzumessungsrechtliche Bewertung des Anklagevorwurfs vorzunehmen" (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273, 278; vgl. auch BT-Drucks. 16/12310 S. 14). Eine solche Bewertung ist schwerlich möglich, ohne zunächst klarzustellen, von welchen Delikten und Strafrahmen das Gericht ausgeht. Vor diesem Hintergrund folgt aus dem Hinweis auf einen bestimmten Sachverhalt und eine rechtliche Wertung, die es seinem Vorschlag vorläufig zugrunde legt, keine Verständigung über den Schuldspruch.
20
Dafür, dass das Oberlandesgericht lediglich eine nicht abschließende und nicht von der eigentlichen Verständigung umfasste Einschätzung abgege- ben hat, spricht ferner, dass es den Angeklagten trotz der getroffenen Verständigung nicht in dem Umfang schuldig gesprochen hat, der sich aus der im Vorschlag genannten Zwischenbewertung ergab (s. auch zum Bindungsumfang BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 1 StR 421/12, NStZ-RR 2013, 184).
21
III. Erfolg hat das Rechtsmittel insoweit, als das Oberlandesgericht den Angeklagten S. S. nicht von dem in der zugelassenen Anklageschrift erhobenen Vorwurf freigesprochen hat, er habe tateinheitlich zu einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland spätestens am 27. Juli 2010 von dem Vorhaben eines Mordes erfahren und eine rechtzeitige Anzeige unterlassen.
22
1. Geht der Eröffnungsbeschluss davon aus, dass die dem Angeklagten angelasteten strafbaren Handlungen sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen als eine einheitliche Tat im materiellrechtlichen Sinne darstellen, so muss ein Teilfreispruch zwar dann nicht ergehen, wenn sich eine der Handlungen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung als nicht nachweisbar oder nicht strafbewehrt erweist, es im Übrigen aber bei der konkurrenzrechtlichen Bewertung der Einzelakte verbleibt (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 12 mwN). Anderes gilt indes, wenn die Hauptverhandlung ergibt, dass es sich bei den dem Angeklagten angelasteten Handlungen um selbständige, tatmehrheitliche Delikte handelt, etwa weil das verbindende Element, das die Einzelakte zu einer natürlichen Handlungseinheit verschmolzen hätte, nicht zu belegen ist. Erweist sich in diesem Falle ein dem Angeklagten von Anklage und Eröffnungsbeschluss vorgeworfener Einzelakt als nicht nachweisbar, so ist der Angeklagte insoweit freizusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - 2 StR 90/11, juris Rn. 19; KK/Ott, StPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 20; zur fortgesetzten Handlung bereits BGH, Beschluss vom 7. Januar 1988 - 4 StR 669/87, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 4; RG, Urteil vom 29. Mai 1923 - I 1161/22, RGSt 57, 302, 303 f.).
23
2. So liegt es hier. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte dem Angeklagten S. S. eine mitgliedschaftliche Beteiligung an der (ausländischen ) terroristischen Vereinigung (§ 129b Abs. 1, § 129a Abs. 1 StGB) nicht nachgewiesen werden. Nur dieses Delikt verbindet indes aufgrund seiner Struktur die einzelnen Betätigungsakte des Mitglieds zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2007 - StB 19/06, NStZ 2007, 401); erweist sich der Betätigungsakt noch nach einer weiteren Bestimmung als strafbar, so besteht Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) zwischen diesem Delikt und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung (vgl. allgemein dazu BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290 f. mwN). Dagegen stehen Unterstützungshandlungen zugunsten einer (ausländischen ) terroristischen Vereinigung (§ 129b Abs. 1, § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB), so sie nicht zur Erreichung eines einheitlichen Unterstützungserfolgs begangen werden, zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 131 f.); davon ist zutreffend auch das Oberlandesgericht ausgegangen. Da es nun aber hinsichtlich einer dieser dem Angeklagten angelasteten und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf der Grundlage der dargestellten Rechtslage allenfalls tatmehrheitlich verwirklichten Einzelhandlungen eine Strafbarkeit verneint hat, hätte es den Angeklagten insoweit freisprechen müssen.
24
Eine Überprüfung der zur Verneinung der Strafbarkeit führenden Erwägungen des Oberlandesgerichts (vgl. insofern zweifelnd etwa Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht, Besonderer Teil, 2. Aufl., § 46 Rn. 12) war dem Senat angesichts der allein vom Angeklagten eingelegten Revision nicht eröffnet.
25
3. Der Senat holt deshalb den Teilfreispruch - mit der sich aus § 467 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge - nach (§ 354 Abs. 1 StPO).
26
IV. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. S. ergeben. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
27
B. Revision des Angeklagten J. S.
28
I. Der Angeklagte J. S. begehrt mit seiner in zulässiger Weise beschränkten Revision allein einen Teilfreispruch, soweit das Oberlandgericht die - nach Anklage und Eröffnungsbeschluss dem Angeklagten neben den beiden Waffendelikten jeweils in Tateinheit zur Last gelegte - Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung nicht festgestellt hat. Auch wenn die Rechtsmittelbeschränkung nicht ausdrücklich erklärt wurde, kommt sowohl in der Revisions- als auch in der Revisionsbegründungsschrift zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer allein das Fehlen eines Teilfreispruchs beanstandet (vgl. zur Revisionsauslegung bereits BGH, Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756, 757).
29
II. Die (insoweit beschränkte) Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten J. S. ergeben. Eines Teilfreispruchs bedurfte es entgegen der mit der Revision vorgebrachten Ansicht - anders als bei dem Angeklagten S. S. (s.o.) - nicht.
30
Die mit dem Eröffnungsbeschluss zugelassene Anklage hatte dem Angeklagten J. S. zur Last gelegt, durch dieselbe rechtliche Handlung sich spätestens ab Spätsommer 2009 bis zu seiner Festnahme im De- zember 2010 als Mitglied an der "Khalistan Zindabad Force" beteiligt zu haben, im März 2010 gemeinsam mit B. S. mit Hilfe des Angeklagten S. S. versucht zu haben, eine halbautomatische Kurzwaffe zu erwerben, und bei seiner Festnahme eine einen anderen Gegenstand vortäuschende Hieb- und Stoßwaffe sowie Munition besessen zu haben. Zwar ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte sich nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung strafbar gemacht hat und daher die in Anklage und Eröffnungsbeschluss angenommene Verklammerung der beiden Waffendelikte zu einer Tat in materiellem Sinne wegfällt. Allerdings sind - insoweit im Unterschied zum Angeklagten S. S. - sämtliche danach bestehen bleibende einzelne Taten abgeurteilt worden. Eine selbständige (materiellrechtliche) Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte, liegt mithin nicht vor. Entfällt lediglich ein in Tateinheit stehender Tatvorwurf, kommt ein Freispruch nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 - 5 StR 548/03, NJW 2005, 2720, 2723). Da die nicht erwiesene Mitgliedschaft in der Vereinigung mit den beiden Waffendelikten jeweils in Tateinheit stünde, ist der Tatvorwurf des Eröffnungsbeschlusses durch den Schuldspruch erschöpft.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol
5 StR 502/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 25. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. Juni 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
Die Revision rügt zu Recht die Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. Dem liegt folgendes in zulässiger Weise vorgetragenes (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Verfahrensgeschehen zugrunde: Zwischen dem Verteidiger des Beschwerdeführers und dem später den Vorsitz führenden Berichterstatter fand vor der Eröffnung des Hauptverfahrens eine verständigungsbezogene Erörterung nach § 202a StPO statt. In dem Aktenvermerk über ein hierzu mit dem Verteidiger geführtes Telefonat teilte der Berichterstatter unter ande- rem mit: „Unter Hinweis auf die Terminslage der Kammer wurde die Möglich- keit einer einvernehmlichen Verhandlung erörtert. Nach vorläufiger Einschätzung der Kammer kann im Falle eines Geständnisses bei einem nicht vorbestraften Angeklagten eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich zur Anwen- dung kommen“. Zu einer Verständigung zwischen der Strafkammer und den Verfahrensbeteiligten nach § 257c StPO kam es nicht, nachdem der Verteidiger noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens angekündigt hatte, dass der Angeschuldigte seine Verteidigung mit dem Ziel eines Freispruchs betreiben werde. In der Hauptverhandlung unterließ es der Vorsitzende, das dokumentierte Verständigungsgespräch bekannt zu geben.
3
Es liegt ein Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruht. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23. Oktober 2013 ausgeführt:
4
„Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO muss der wesentliche Inhalt verstän- digungsbezogener Gespräche zwischen den Verfahrensbeteiligten nach § 202a StPO im Anschluss an die Verlesung des Anklagesatzes vom Vorsitzenden mitgeteilt werden. Das ist hier nicht geschehen. Weder das Verständigungsgespräch noch dessen Ergebnis sind durch die Mitteilung des wesentlichen Inhalts in der Hauptverhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten transparent gemacht und im Protokoll entsprechend dokumentiert worden.
5
Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt jedoch regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 Rn. 97; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12 – [NJW 2013, 3046]). Hier gilt nichts anderes. Zum ei- nen ist für das Vorliegen eines Ausnahmefalls im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nichts ersichtlich. Zum anderen dient die Bekanntgabe verständigungsbezogener Erörterungen gerade der Unterrichtung des Angeklagten, der hieran nicht teilgenommen hat und also auf diesem Weg Kenntnis von der Sichtweise des Gerichts zum Zwecke der Einrichtung seiner Verteidigung erlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2StR 195/12, [NJW 2013, 3046, 3047 f.]). Vor diesem Hintergrund kann anders als in Fällen, in denen der Angeklagte an den Erörterungen beteiligt war, ein Einfluss der unterbliebenen Unterrichtung auf sein Verteidigungsverhalten nicht ausgeschlossen werden.“
6
Dem folgt der Senat.
Basdorf Sander Schneider
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 4 2 3 / 1 3
vom
13. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
13. Februar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte in Person,
Rechtsanwältin sowie
Rechtsanwältin
als Verteidigerinnen,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 618 Fällen, davon in 186 Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, und wegen Steuerhinterziehung in 73 Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt und hiervon einen Monat wegen einer Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt. Die auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, sodass es auf die vom Generalbundesanwalt zur Begründung seines umfassenden Aufhebungsantrags vorgebrachten sachlich-rechtlichen Mängel des Urteils nicht ankommt.

I.

2
Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
3
1. Vor der Hauptverhandlung kam es am 20. September 2011 nach einer ersten Einreichung der Anklageschrift zu einem Gespräch zwischen dem Vorsitzenden , dem Berichterstatter, dem zuständigen Staatsanwalt und den beiden damaligen Verteidigerinnen des Angeklagten. In diesem Gespräch wurde durch den Vorsitzenden eine Freiheitsstrafe unter vier Jahren bei geständiger Einlassung des Angeklagten in Aussicht gestellt. Zu einer Einigung kam es zu diesem Zeitpunkt nicht, weil die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft eine solche Verständigung ablehnten. Nach dem Gespräch reichte die Staatsanwaltschaft eine ergänzte und teilweise neu gefasste Anklageschrift bei Gericht ein, die schließlich unter Eröffnung des Hauptverfahrens unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Am 21. Januar 2013 kam es zu einem weiteren Gespräch zwischen den drei Berufsrichtern der Kammer, dem zuständigen Staatsanwalt und den Verteidigerinnen, in dem ebenfalls die Möglichkeit einer Verständigung erörtert wurde.
4
2. Zu Beginn der Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende nach Anklageverlesung lediglich mit, dass es am 21. Januar 2013 ein Gespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten gegeben habe, in dem die Möglichkeit einer Verständigung erörtert worden sei.
5
3. In der Hauptverhandlung erklärten die Berufsrichter, dass aus ihrer Sicht im Falle eines umfassenden und glaubhaften Geständnisses zu Beginn der Hauptverhandlung und vor Eintritt in die Beweisaufnahme die Verhängung einer nicht bewährungsfähigen Freiheitsstrafe unter drei Jahren in Betracht käme. Die Verteidigerinnen des Angeklagten lehnten den Verständigungsvorschlag ab, der Staatsanwalt äußerte sich nicht dazu. Nachdem am ersten Hauptverhandlungstag ein Beweisantrag gestellt worden war, wurde am zweiten Hauptverhandlungstag eine Verständigung nach § 257c StPO erzielt, wonach das Gericht im Falle eines umfassenden und glaubhaften Geständnisses des Angeklagten und der Rücknahme des Beweisantrags eine Freiheitstrafe im Rahmen von zwei Jahren und zehn Monaten bis drei Jahre und zwei Monate verhängen wird. Es erfolgte die Rücknahme des Beweisantrags, die Einlassung des Angeklagten sowie der allseitige Verzicht auf eine erhebliche Anzahl von Zeugen und schließlich die Aufhebung verschiedener Fortsetzungstermine. Im Urteil werden die Feststellungen im Wesentlichen auf das Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung gestützt.
6
4. Die Revision rügt, dass der Vorsitzende im Rahmen seiner Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht über sämtliche vor der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgespräche berichtet habe.

II.

7
1. Die zulässige Rüge einer Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat Erfolg.
8
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende zu Beginn der Hauptverhandlung nach Verlesung des Anklagesatzes und vor der Belehrung und Vernehmung des Angeklagten mitzuteilen, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO greift bei sämtlichen Vorgesprächen ein, die auf eine Verständigung abzielen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 272/13, StV 2014, 67). Dies ist anzu- nehmen, sobald bei Gesprächen vor der Hauptverhandlung ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit einer Verständigung im Raum steht, was zumindest dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in einen Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11 Rn. 85, NJW 2013, 1058,

1065).

9
b) Demnach musste der Vorsitzende im Rahmen seiner Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auch nähere Angaben zu dem Gespräch vom 20. September 2011 machen, denn in diesem Gespräch ging es inhaltlich darum , die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO abzuklären. Die Mitteilung bloß des letzten vor der Hauptverhandlung zwischen den Verfahrensbeteiligten geführten Gesprächs, dessen Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung war, reicht nicht aus.
10
c) Dass – wie in den Urteilsgründen mitgeteilt – die Anklage im Januar 2011 zur „Nachbesserung“ an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben und erst im Juni 2012 mit Änderungen und Ergänzungen neu eingereicht wurde, woraufhin das Hauptverfahren im Oktober 2012 eröffnet wurde, führt zu keiner anderen Bewertung.
11
Die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO betrifft sämtliche, auf eine Verständigung abzielenden Erörterungen vor Eröffnung des Hauptverfahrens (vgl. § 202a StPO). Eine Einschränkung der Mitteilungspflicht für den (gesetzlich ohnehin nicht vorgesehenen) Fall einer Rückgabe einer Anklageschrift zur „Nachbesserung“ enthält das Gesetz nicht. Durch die Einreichung einer ge- änderten und ergänzten Anklageschrift wird auch nicht etwa ein völlig neues Verfahren in Gang gesetzt, das die Mitteilung vorheriger Gespräche entbehrlich machen würde. Schließlich kann die Änderung der Anklage gerade Ergebnis vorheriger, auf eine Verständigung abzielender Gespräche der Verfahrensbeteiligten sein. Auch der Sinn und Zweck der Norm gebietet insoweit keine Einschränkung der gesetzlichen Mitteilungspflicht, denn der Angeklagte, die Schöffen und die Öffentlichkeit haben auch in diesen Fällen ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis solcher Vorgespräche. Weitergehender Vortrag zu diesem Punkt – etwa die Mitteilung der früheren und der geänderten Anklageschrift – kann deshalb nicht verlangt werden.
12
2. Anders als der Generalbundesanwalt kann der Senat nicht ausschließen , dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.
13
a) Bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Urteil auf diesem Verstoß beruht; lediglich in Ausnahmefällen ist Abweichendes vertretbar (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 272/13, StV 2014, 67 f.). Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. März 2013 im Einzelnen dargelegt hat, hält der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der umfassenden Transparenz- und Dokumentationspflichten für zulässig, weshalb das gesetzliche Regelungskonzept eine untrennbare Einheit aus Zulassung und Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungs- und Dokumentationspflichten darstellt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11 Rn. 96, NJW 2013, 1058, 1066 f. ). Dies hat zur Folge, dass jeder Verstoß gegen sol- che gesetzlichen Vorschriften die Verständigung insgesamt „bemakelt“ und damit zur Rechtswidrigkeit der Verständigung führt. Hält sich das Gericht an eine solche gesetzeswidrige Verständigung, beruht auch das Urteil regelmäßig auf dem Verfahrensverstoß; die Revisionsgerichte können deshalb ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen Transparenz- und Mitteilungspflichten nach § 337 Abs. 1 StPO nur in besonderen Fällen ausschließen (BVerfG aaO Rn. 97).
14
b) Das Gericht hat das nach Verstoß gegen § 243 Abs. 4 StPO im Rahmen einer in der Hauptverhandlung erzielten Verständigung abgelegte Geständnis verwertet und zur Grundlage seiner Beweiswürdigung gemacht. Das Urteil beruht demnach auf einer Verständigung, in deren Vorfeld es zu einer Verletzung von Mitteilungspflichten kam, also auf einer „bemakelten“ Verstän- digung.
15
c) Ein besonderer Ausnahmefall, in dem ausnahmsweise ein Beruhen auszuschließen wäre, liegt nicht vor.
16
Die Mitteilung des Inhalts sämtlicher auf eine Verständigung abzielender Vorgespräche dient nicht nur der notwendigen Information der Öffentlichkeit, sondern auch der des Angeklagten, der – wie hier – bei derartigen Gesprächen in aller Regel nicht anwesend ist. Für die Willensbildung im Rahmen einer Verständigung ist für den Angeklagten auch von Bedeutung, dass er durch das Gericht umfassend über sämtliche vor der Hauptverhandlung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten geführten Verständigungsgespräche informiert wird. Erfolgt diese Information nur unvollständig, lässt sich regelmäßig nicht ausschließen , dass die Entscheidung des Angeklagten, der Verständigung nach § 257c StPO in der Hauptverhandlung zuzustimmen, auf unzureichender Tatsachenkenntnis beruht und bei vollständiger Information anders ausgefallen wäre.
17
Auch unter Berücksichtigung der Änderung und Ergänzung der Anklageschrift lässt sich ein Beruhen vorliegend nicht ausschließen. Die Änderung der Anklageschrift bestand vorliegend hauptsächlich in der Beifügung von Anlagen zur Konkretisierung der angeklagten Beitragshinterziehungen. Inhaltliche Änderungen waren damit nicht verbunden. Für den Angeklagten, die Schöffen, die bei den Gesprächen nicht anwesenden weiteren Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit ist auch bei einer derartigen Konstellation von Belang, welche Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung zu einem früheren Zeitpunkt geführt wurden. Raum Jäger Cirener Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 1 0 / 1 3
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. Februar 2013 aufgehoben, soweit sie verurteilt worden ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 wurde die Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls baten die Verteidiger der Angeklagten sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsge- sprächs, dem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zustimmte. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.
4
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Kammer wie folgt bekannt: "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden."
5
Im Anschluss machte die Angeklagte - wie sich dem Urteil entnehmen lässt (UA S. 37) - im Wesentlichen geständige Angaben zur Sache. Das Protokoll weist an späterer Stelle den Hinweis auf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe.
6
Nach Vernehmung einzelner Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte wie dargelegt verurteilt. Zugleich wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt; die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
7
2. Der Vorsitzende der Strafkammer und die beisitzende Richterin haben im Rahmen des Revisionsverfahrens jeweils dienstliche Erklärungen abgeben. Übereinstimmend wird darin geschildert, dass es bei dem von der Verteidigung angeregten Rechtsgespräch im Wesentlichen um die Frage der Haftverschonung gegangen sei. Dabei habe die Kammer im Falle einer geständigen Einlas- sung eine Haftverschonung als nicht ausgeschlossen angesehen, weil - so der Vorsitzende - bei einem Geständnis der Haftgrund einer etwa zu bejahenden Verdunkelungsgefahr entfallen würde. Zu einer Verständigung darüber aber sei es nicht gekommen, dies zeige schon der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die mit Urteilsverkündung ergangene Entscheidung über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sofortige Beschwerde eingelegt habe. Zudem sei die Angeklagte auch nicht umfassend geständig gewesen, weshalb noch zahlreiche weitere Zeugen gehört worden seien und teilweise Freispruch erfolgt sei.
8
Hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation und Transparenz von Verständigungsgesprächen weist der Vorsitzende im Übrigen darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der entsprechende Erfordernisse aufgestellt worden seien, noch nicht ergangen gewesen sei.
9
3. Die Rüge der Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit einer Verständigung einhergehenden Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO vor, ist zulässig und begründet.
10
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge. Denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
11
b) Der von der Angeklagten in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
12
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
13
bb) Gemessen daran enthält die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 6. Februar 2013 nicht alle Informationen, die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. Dieser Mangel der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens, der durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen wird.
14
Das zwischen den Verfahrensbeteiligten am 6. Februar 2013 außerhalb der Hauptverhandlung geführte Rechtsgespräch betraf - schon auf der Grundlage der im Protokoll enthaltenen Angaben - einen zulässigen Gegenstand einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 2 StPO; sie löste entsprechende Dokumentationspflichten aus. Die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung ist ein zum Urteil "dazugehöriger Beschluss" (§ 268b StPO), so dass auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein kann (Stuckenberg, in: Löwe /Rosenberg, 26. Aufl., § 257c, Rn. 33; Moldenhauer/Wenske, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 257c, Rn. 17).
15
Im Protokoll zur Hauptverhandlung fehlen hinsichtlich einer möglichen Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen die Angeklagte als (zulässigem) Gegenstand einer Absprache - ungeachtet des Umstands, dass über die Erörterung der Haftfrage hinaus die "Sach- und Rechtslage" umfassend erörtert worden ist, was ebenfalls näher darzulegen gewesen wäre - wesentliche Informationen über den Inhalt des geführten Gesprächs. So lässt sich dem Protokoll zwar entnehmen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls von Seiten der Verteidiger der Angeklagten angesprochen wurde und dass die Strafkammer eine solche Entscheidung im Falle einer geständigen Einlassung als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Auch wird als Ergebnis festgehalten, dass (ansonsten) eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft hierzu eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind, erwähnt das Hauptverhandlungsprotokoll aber nicht. Dies aber wäre, da die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht nur das Ergebnis, sondern auch den dahin führenden Entscheidungsprozess jedenfalls in seinen Grundzügen mitzuteilen hat, erforderlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als die in der Niederschrift gewählte Formulierung, ansonsten habe eine Verständigung nicht stattgefunden, sogar für die Annahme sprechen könnte, es sei insoweit doch eine bindende Verständigung zustande gekommen.
16
Soweit sich die Strafkammer in der Sache darauf beruft, sie habe diese Anforderungen an die Dokumentation von Verständigungsgesprächen nicht erfüllen können, weil sie erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden seien, übersieht sie schon, dass das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen nicht neu aufgestellt, sondern einer Auslegung des Gesetzeswortlauts entnommen hat. Auch der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen ähnliche Verpflichtungen formuliert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
17
c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12). Schon durch das Fehlen einer umfassenden Dokumentation kann - auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung - das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt hier um so mehr, als das Protokoll davon spricht "ansonsten" habe eine Verständigung nicht stattgefunden. Es lässt sich insoweit nicht ausschließen, dass die Angeklagte - entgegen der späteren Dokumentation im Hauptverhandlungsprotokoll - davon ausgegangen sein könnte, dass zur Haftfrage doch eine Verständigung stattgefunden hat und sich deshalb in der Folge (im Wesentlichen) geständig eingelassen hat. Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 6 1 2 / 1 3
vom
9. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. April 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 24. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit es ihn betrifft. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Tatmehrheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat ihn hierfür unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen den Angeklagten Wertersatzverfall in Höhe von 4.500 Euro angeordnet. Die gegen diese Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Die Revision macht zu Recht geltend, § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO sei verletzt worden.
3
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Nach Verlesung der Anklageschrift und Feststellung der Haftdaten wurde die Hauptverhandlung für etwa vier Stunden unterbrochen. Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und allen Verteidigern des Angeklagten und der Mitangeklagten in der Verhandlungspause Gespräche über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden hätten. Hinsichtlich des Angeklagten sei eine Verständigung nicht zustande gekommen. Das Gericht unterbreitete sodann in der Hauptverhandlung für den Angeklagten einen Verständigungsvorschlag mit einem für die Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellten Strafrahmen mit einer Untergrenze von sechs Jahren und sechs Monaten und einer Obergrenze von sieben Jahren bei Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 StPO. Dieser Vorschlag wurde von der Verteidigung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft nicht akzeptiert.
5
Nach einer erneuten Unterbrechung der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern weitere Gespräche „über eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung“ stattge- funden hätten. Abschließende Äußerungen hierzu seien aber insbesondere von Seiten der Staatsanwaltschaft nicht möglich, da Überprüfungen der Beweismittel noch stattfinden müssten. Im Hinblick auf diese noch laufenden Gespräche hätten die Verteidiger für ihre Mandanten erklärt, dass derzeit keine Einlassungen erfolgen sollten. Das Gericht werde versuchen, mit Staatsanwaltschaft und Verteidigern den weiteren Verfahrensablauf telefonisch zu klären und davon die jeweiligen Ladungen von Zeugen abhängig zu machen.
6
Im darauf folgenden Fortsetzungstermin gab die Vorsitzende bekannt, dass zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung in der Zwischenzeit über den vom Gericht am ersten Hauptverhandlungstag gemachten Verständigungsvorschlag weitere Gespräche stattgefunden hätten. Im Hinblick hierauf unterbreitete das Gericht betreffend den Angeklagten einen neuen Verständigungsvorschlag , in dem es ihm für den Fall eines näher beschriebenen Teilgeständnisses wiederum eine Strafuntergrenze von sechs Jahren und sechs Monaten und eine Strafobergrenze von sieben Jahren in Aussicht stellte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlangte ein weitergehendes Geständnis, der Verteidiger des Angeklagten lehnte demgegenüber ein Geständnis hinsicht- lich des Tatvorwurfs des bewaffneten Handeltreibens „definitiv“ ab. Die Vorsit- zende stellte daraufhin fest, dass eine Verständigung nicht zustande gekommen sei.
7
In Anschluss hieran gab der Verteidiger des Angeklagten für diesen eine Erklärung ab, die dieser als die seine anerkannte. Der Verteidiger erklärte hierzu , er gehe davon aus, dass es bei dem Verständigungsvorschlag des Gerichts verbleibe. Im Hinblick auf die Erklärung des Angeklagten stellte die Strafkammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft hinsichtlich einiger Tatvorwürfe gemäß §§ 154, 154a StPO ein. Zudem gab die Vorsitzende bekannt, „dass sich das Gericht im Hinblick auf die vom Angeklagten P. abgege- bene Erklärung an den im Verständigungsvorschlag gemachten Strafrahmen gebunden fühlt“.
8
b) Die Rüge des Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit Verständigungsgesprächen einhergehenden Mitteilungspflichten gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vor, ist zulässig und begründet.
9
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlicher Inhalt. Diese Mitteilungspflicht greift bei sämtlichen Vorgesprächen ein, die auf eine Verständigung abzielen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 mwN). Sie ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben. Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13 mwN). Die Bestimmung des § 243 Abs. 4 StPO verlangt deshalb, dass in der Hauptverhandlung über den wesentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen zu informieren ist. Hierzu gehört auch dann, wenn keine Verständigung zustande gekommen ist, jedenfalls der Verständigungsvorschlag und die zu diesem abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 411/13).
10
bb) Gemessen hieran ist der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in hinreichendem Umfang entsprochen worden. Die Vorsitzende hat zwar über die Tatsache informiert, dass mehrfach außerhalb der Hauptverhandlung im Ergebnis erfolglose Verständigungsgespräche stattgefunden haben. Dies genügte jedoch nicht, denn die Mitteilungspflicht erstreckt sich auch darauf, welcher Verfahrensbeteiligte jeweils welchen Verständigungsvorschlag gemacht hat. Da die Vorsitzende nicht mitgeteilt hat, von wem die ursprüngliche Initiative zu Verständigungsgesprächen ausgegangen ist und welchen Inhalt die in der Verhandlungspause erörterten Verständigungsvorschläge hatten, blieb letztlich offen, aus welchen Gründen es nicht zu einer Verständigung gekommen ist. Die Mitteilung des Inhalts dieser Verständigungsgespräche ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Gericht in der Hauptverhandlung weitere Verständigungsvorschläge gemacht hat, denn diese Vorschläge können sich aus den vorangegangenen Verständigungsgesprächen ergeben haben.
11
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.
12
aa) Bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Urteil auf dem Verstoß beruht; lediglich in Ausnahmefällen ist Abweichendes vertretbar (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 mwN). Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. März 2013 im Einzelnen dargelegt hat, hält der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der umfassenden Transparenzund Dokumentationspflichten für zulässig, weshalb das gesetzliche Regelungskonzept eine untrennbare Einheit aus Zulassung und Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungsund Dokumentationspflichten darstellt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11, Rn. 96, NJW 2013, 1058, 1066). Die Mitteilung des Inhalts sämtlicher auf eine Verständigung abzielender Gespräche dient dabei nicht nur der notwendigen Information der Öffentlichkeit, sondern auch der des Angeklagten, der - wie hier - bei derartigen Gesprächen außerhalb der Hauptverhandlung in der Regel nicht anwesend ist. Für die Willensbildung im Rahmen einer Verständigung ist für den Angeklagten auch von Bedeutung, dass er durch das Gericht umfassend über sämtliche vor und außerhalb der Hauptverhandlung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten geführten Verständigungsgespräche informiert wird (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 Rn. 16).
13
bb) Der Senat kann hier das Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO auch nicht im Hinblick auf die (im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkte) Feststellung der Vorsitzenden, dass keine Verständigung stattgefunden habe, ausschließen. Denn auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung kann das Prozessverhalten des Angeklagten durch die vorangegangenen Verständigungsgespräche beeinflusst worden sein. Solches liegt hier im Hinblick auf den weiteren Verfahrensgang nach den Verständigungsgesprächen sogar nahe. So hat der Verteidiger des Angeklagten trotz gescheiterter Verständigung für diesen eine Erklärung abgegeben, die er mit der geäußerten Erwartung verbunden hat, dass es bei dem Verständigungsvorschlag des Gerichts verbleibe. Im Hinblick auf diese als Teilgeständnis gewertete Erklärung beantragte der Sitzungsstaatsanwalt eine Teileinstellung des Verfahrens. Im Anschluss an die Vornahme der beantragten Verfahrensbeschränkung gab schließlich das Gericht bekannt, es fühle sich im Hinblick auf die vom Angeklagten abgegebene Erklärung an den im Verständigungsvorschlag gemachten Strafrahmen gebunden.
14
2. Ergänzend bemerkt der Senat: Sollte die neue Strafkammer wieder zu der Feststellung gelangen, dass das Leben des Angeklagten vor seiner Verhaftung in dieser Sache weitgehend durch seinen Drogenkonsum geprägt war und dass er danach noch für die Dauer von drei bis vier Monaten unter Entzugserscheinungen litt, wird sie diese Umstände bei der Prüfung, ob bei dem Angeklagten ein Hang i.S.d. § 64 StGB, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, gegeben war, in den Blick zu nehmen haben (zum Begriff des Hangs i.S.v. § 64 StGB vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2014 - 1 StR 655/13 Rn. 11 mwN).
Raum Jäger Cirener
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 195/12
vom
10. Juli 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
------------------------------
1. Die Grundsätze zur Unzulässigkeit einer bloßen Protokollrüge gelten nicht, wenn
ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern darin besteht, dass das
Hauptverhandlungsprotokoll den Inhalt außerhalb der Verhandlung geführter Verständigungsgespräche
nicht wiedergibt. Insoweit hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung
getroffen.
2. Eine entgegen § 273 Abs. 1a StPO fehlende oder inhaltlich unzureichende Dokumentation
von außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächen
im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO führt in der Regel dazu, dass das Beruhen
des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12 – LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
3. Juli 2013 in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
der Angeklagte T. in der Verhandlung in Person,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. September 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, Gründungschwindels in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides statt, und wegen Gläubigerbegünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachbeschwerde und Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, so dass es auf die weiteren Rügen nicht mehr ankommt.

I.

2
Dem Urteil ist eine Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO vorangegangen. Im Protokoll der Hauptverhandlung ist ausgeführt: "Der Vorsitzende gab bekannt, dass in der Verhandlungspause eine tatsächliche Verständigung nach § 257c StPO erörtert worden ist. Das Gericht hat für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von drei Jahren und eine Strafuntergrenze von zwei Jahren und zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. … Die Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten zu. Die Hauptverhandlung wurde von 12.40 Uhr bis 12.46 Uhr unterbrochen. Der Angeklagte und der Verteidiger erklärten Zustimmung. …"
3
Der Beschwerdeführer macht dazu geltend, die "formellen Anforderungen an eine Verständigung" seien nicht eingehalten worden, "da insbesondere die erforderlichen Protokollierungsanforderungen nicht beachtet" worden seien. Er trägt vor, anhand des Protokolls müssten zumindest die Fragen beantwortet werden können, von wem die Initiative zur Verständigung ausgegangen sei, ob alle Verfahrensbeteiligten an dem Gespräch beteiligt gewesen und von welchem Sachverhalt sie ausgegangen seien, ferner welche Vorstellungen sie vom Ergebnis der Verständigung gehabt hätten. Das Protokoll besage nichts darüber.

II.

4
Diese Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
5
1. Das Vorbringen unterliegt der Auslegung. Soweit der Beschwerdeführer Ausführungen im Protokoll zur Mitteilung des Inhalts von Gesprächen mit dem Ziel einer Verständigung vermisst, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt worden waren, geht es der Sache nach um die Nichtbeachtung der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO.
6
Nach dem Rechtsgedanken des § 300 StPO, der auf die Auslegung von Verfahrensrügen entsprechend angewendet wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99 u.a., BVerfGE 112, 185, 211), schadet es nicht, dass der Beschwerdeführer nur auf § 257c StPO verweist, denn die Regelungen der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO betreffen das Verfahren auf dem Weg zu einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO. Insoweit ist die Angriffsrichtung des Rügevorbringens eindeutig erkennbar.
7
Das Vorbringen des Beschwerdeführers genügt den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zwar ist eine Verfahrensrüge im Allgemeinen unzulässig, wenn sich dem Revisionsvorbringen nicht die bestimmte Behauptung entnehmen lässt, dass ein Verfahrensfehler vorliegt, sondern nur, dass er sich aus dem Protokoll ergebe (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 – 4 StR 181/11, StV 2012, 73). Dies kann aber ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern gerade darin besteht, dass das Protokoll den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Denn dazu hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung getroffen.
8
Die Herstellung von Transparenz und die Dokumentation aller mit dem Ziel der Verständigung geführten Erörterungen entsprechen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren (VerstStVfÄndG, BGBl. 2009 I, S. 2353; Regierungsentwurf in BT-Drucks. 16/12310). Sie sind Elemente eines einheitlichen Konzepts (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 f., Tz. 96 f.). Die Einheitlichkeit dieses Regelungskonzepts hat auch Auswirkungen auf die Darlegungspflichten eines Revisionsführers gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Sein Vorbringen genügt, wenn Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden und eine Mitteilung des Vorsitzenden über deren wesentlichen Inhalt entweder tatsächlich nicht erfolgt ist oder jedenfalls nicht im Protokoll dokumentiert wurde, bereits dann den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Verfahrensrüge, wenn er nur auf das Fehlen einer Dokumentation hinweist. Denn ein Protokoll, das alleine die Tatsache einer außerhalb der Hauptverhandlung geführten Erörterung oder nur deren Ergebnis mitteilt, ist fehlerhaft, und schon dieser Verfahrensfehler kann erhebliche Auswirkungen auf das Prozessverhalten des Angeklagten entfalten (s. unten II.2.b). Mitteilungs - und Dokumentationsmängel im Hinblick auf die Anforderungen an das Verständigungsverfahren aus den §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a StPO sind dann aber auch im Sinne der Darlegungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gleich zu behandeln.
9
2. Es liegt ein Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruht.
10
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen im Sinne der §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, und gegebenenfalls deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu auch Senat , Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310 S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden ha- ben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1065, Tz. 85; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung der Möglichkeit einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
11
Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob der Dokumentationspflicht nur dann ausreichend Genüge getan worden wäre, wenn der Protokollvermerk verlesen und genehmigt wurde (vgl. § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO), wie es sinnvoll sein kann, weil ein erhebliches Interesse des Angeklagten (vgl. unten II.2.b) an der Feststellung des Wortlauts der Mitteilung besteht.
12
b) Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97).
13
Das Gesetz will die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten herbeiführen. Der Angeklagte als ei- genverantwortliches Prozesssubjekt soll zuverlässig und in nachprüfbarer Form über den Ablauf und Inhalt derjenigen Verständigungsgespräche informiert werden, die außerhalb der Hauptverhandlung – in der Praxis meist in seiner Abwesenheit – geführt wurden. Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO und durch deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO wird nicht nur das Ergebnis der Absprache, sondern auch der dahin führende Entscheidungsprozess festgeschrieben und der revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Die Mitteilung und deren Dokumentation sowie die Nachprüfbarkeit in einem einheitlichen System der Kontrolle sind jeweils Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeklagten darüber, ob er dem Vorschlag des Gerichts gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO zustimmt. Für die Entscheidung des Angeklagten, die meist mit der Frage nach einem Geständnis in der Hauptverhandlung verbunden wird, ist es von besonderer Bedeutung, ob er über die Einzelheiten der in seiner Abwesenheit geführten Gespräche nur zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise von seinem Verteidiger nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird oder ob ihn das Gericht unter Dokumentation seiner Mitteilungen im Protokoll der Hauptverhandlung unterrichtet. Schon durch das Fehlen der Dokumentation kann das Prozessverhalten des Angeklagten beeinflusst werden.
14
Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass der Angeklagte im Einzelfall auch bei fehlerhaftem Hauptverhandlungsprotokoll durch eine ebenso zuverlässige Dokumentation in anderer Weise so unterrichtet wird, dass das Beru- hen des Urteils auf dem Protokollierungsfehler ausgeschlossen werden kann. Anhaltspunkte dafür liegen hier aber nicht vor.
Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 8 9 / 1 4
vom
15. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 17. September 2013 wird verworfen; jedoch wird der Strafausspruch dahin ergänzt, dass die in Italien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen und wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Der Schuldspruch wird von den auf rechtsfehlerfreier Grundlage getroffenen Feststellungen getragen.
3
Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge, der Vorsitzende der Strafkammer habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO in einem Fall nicht vollständig und im anderen Fall überhaupt nicht über Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung unterrichtet, die die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatten.
4
a) Der Rüge liegt aufgrund des Vortrags der Verteidigung, der unwidersprochen geblieben ist und im Protokoll in Bezug auf das Geschehen innerhalb der Hauptverhandlung seine Bestätigung findet, folgender Verfahrensgang zugrunde :
5
Am ersten Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung nach Verlesung der Anklage und Belehrung des Angeklagten für ein Gespräch zwischen dem Gericht , dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger unterbrochen. Hierbei gab der Staatsanwalt auf Nachfrage des Verteidigers seine Straferwartung für den Fall anklagegemäßer Verurteilung mit und ohne Geständnis bekannt; der Verteidiger erwiderte, der Angeklagte erwarte bei einem Geständnis eine Strafe "im bewährungsfähigen Rahmen"; die Voraussetzungen einer möglichen Verständigung wurden erörtert, ohne dass eine Einigung erzielt worden wäre. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende mit, dass "Gespräche im Hinblick auf das Verfahren geführt wurden, diese haben zu keinem Ergebnis geführt".
6
Am fünften Hauptverhandlungstag wurde die Sitzung auf Anregung des Verteidigers erneut zu einem Gespräch unterbrochen, an dem dieser, das Gericht und die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft teilnahmen. Dabei nannte die Staatsanwältin für den Fall eines vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten eine Straferwartung von nicht unter vier Jahren Freiheitsstrafe , während der Verteidiger "ein wesentlich geringeres Strafmaß vertrat". Im Anschluss an eine Diskussion hierüber unterrichtete der Verteidiger den Angeklagten über die Strafvorstellungen der Verfahrensbeteiligten. Der Angeklagte war damit nicht einverstanden, was der Verteidiger wiederum dem Gericht und der Staatsanwältin mitteilte. Daraufhin wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt. Eine Mitteilung über das vorangegangene Gespräch machte der Vorsitzende nicht.
7
Am siebten Hauptverhandlungstag gab der Verteidiger eine Erklärung zur Sache ab, die sich der Angeklagte zu Eigen machte. Hierin räumte er die Beteiligung an zwei der ihm vorgeworfenen Taten ein und bestritt die weitergehenden Tatvorwürfe.
8
b) Die Revision rügt, in beiden Fällen seien die "Mitteilungs- und Protokollierungspflichten" nach § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO verletzt worden; auf der mangelnden Transparenz der ohne den Angeklagten geführten Gespräche beruhe das Urteil, da ein Einfluss auf das Verteidigungsverhalten des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden könne.
9
c) Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht liegt nicht vor. Die Informationspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO hat der Vorsitzende zwar jeweils verletzt, indes ist ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler auszuschließen. Hierzu im Einzelnen:
10
(1) Soweit die Revision eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, ergibt sich schon aus ihrem Vortrag, dass ein solcher Rechtsfehler nicht vorliegt. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO eine Erörterung, die außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden hat, nach Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet, so ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls kein zusätzlicher Rechtsfehler. Ein "Fehlen der Protokollierung" (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.) liegt gerade nicht vor. Vielmehr gibt das Protokoll den Gang der Hauptverhandlung zutreffend wieder. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO ist nicht verletzt. So liegt es - wie die Revision selbst vorträgt - auch hier. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass allein auf einer fehlenden oder fehlerhaften Protokollierung das Urteil ohnehin nicht beruhen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
11
(2) Verletzt worden ist hingegen die nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO bestehende Informationspflicht. Danach muss der Vorsitzende über Erörterungen mit Verfahrensbeteiligten (§ 202a StPO), die nach Beginn der Hauptverhandlung , aber außerhalb von dieser stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung Mitteilung machen. Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und durch die Möglichkeit, Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung zu führen, kein informelles und unkontrolliertes Verfahren betrieben wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.). Mitzuteilen ist dabei nicht nur der Umstand, dass es solche Erörterungen gegeben hat, sondern auch deren wesentlicher Inhalt. Hierzu gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG aaO, BGH aaO). Eine Unterrichtung, die sich auf die Mitteilung beschränkt, es hätten Vorgespräche stattgefunden, aber noch nicht zu einer Einigung geführt, ist nicht ausreichend (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 411/13, StV 2014, 66; vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ-RR 2014, 85, 86).
12
Danach genügt schon die am ersten Hauptverhandlungstag erfolgte Mitteilung nicht den inhaltlichen Anforderungen. Erst recht stellt das vollständige Übergehen der am fünften Hauptverhandlungstag in Unterbrechung der Hauptverhandlung erfolgten Erörterungen eine Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO dar. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte selbst hatte mitteilen lassen, er sei auf der Basis des in den Gesprächen Erörterten nicht zu einem Geständnis bereit.
13
(3) Auf den beiden Verfahrensfehlern beruht das Urteil nicht.
14
Die Mitteilungspflicht betreffend außerhalb der Hauptverhandlung geführte Erörterungen über die Möglichkeit einer Verständigung dient der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und der Information des Angeklagten, der regelmäßig an dem Gespräch nicht teilnimmt und der über das in Kenntnis gesetzt werden soll, was in seiner Abwesenheit über mögliche Abkürzungen des Verfahrens gesprochen worden ist, um seine Verteidigung darauf einrichten zu können (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 52a). Zwar hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, den Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, StV 2013, 740 [für § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO]; vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254, 1256), indes ist, sofern die Mitteilung über das Gespräch unterbleibt oder sich auf eine unzureichende Darstellung beschränkt, grundsätzlich die Verteidigungsposition des Angeklagten tangiert (vgl. BVerfG aaO, NJW 2013, 1058, 1067; BGH, Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 502/13, NStZ-RR 2014, 52).
15
Vorliegend hat der Angeklagte indes eine Einlassung zu den Tatvorwürfen erst abgegeben, nachdem er - wie die Revision selbst vorträgt - von seinem Verteidiger über den Ablauf und den Inhalt der Erörterungen am Rande des fünften Verhandlungstags unterrichtet worden war und er über seinen Verteidiger hatte mitteilen lassen, unter den in Aussicht gestellten Strafrahmen nicht zu einem Geständnis bereit zu sein. Er hat seine Entscheidung, wann und in welcher Weise er sich zu den Tatvorwürfen einlassen würde, in voller Kenntnis dessen getroffen, was in seiner Abwesenheit zuletzt und damit zugleich die Erörterungen am Rande des ersten Hauptverhandlungstags überholend besprochen worden war. Es ist deshalb auszuschließen, dass sich der Angeklagte anders eingelassen hätte, wenn ihm durch den Vorsitzenden nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung Ablauf und Inhalt der Erörterung ordnungsgemäß mitgeteilt worden wären.
16
(4) Da die Rüge letztlich ohne Erfolg bleibt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sie - wie der Generalbundesanwalt meint - hinsichtlich der unvollständigen Unterrichtung am ersten Hauptverhandlungstag schon deshalb unzulässig ist, weil der Angeklagte vom Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hat.
17
2. Der Strafausspruch ist ebenfalls beanstandungsfrei. Allerdings hat das Landgericht entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB im Urteil keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in Italien erlittene Auslieferungshaft auf die hier erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. Diese Entscheidung muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 288). Der Senat holt den grundsätzlich dem Tatrichter obliegenden Ausspruch über die Festsetzung des Anrechnungsmaßstabes nach. Im Hinblick darauf, dass die Anrechnung bei einer Freiheitsentziehung in Italien nur im Verhältnis von 1:1 in Betracht kommt, hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt.
Schäfer Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen.

(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und verpflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung des Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht gebunden.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 448/13
vom
19. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
____________________________
Die durch § 46 Abs. 2 StGB gezogene Grenze zulässiger strafschärfender Berücksichtigung
nicht angeklagter, aber prozessordnungsgemäß festgestellter
Taten ist jedenfalls dann überschritten, wenn diese mangels enger Beziehung
zur angeklagten Tat keine Rückschlüsse auf Schuld oder Gefährlichkeit des
Täters zulassen, sondern als sonstiges strafrechtlich relevantes Verhalten ohne
gesonderte Anklage und damit außerhalb der Anforderungen eines geordneten
Strafverfahrens einer gesonderten Bewertung zugeführt werden sollen.
BGH, Beschluss vom 19. November 2013 - 4 StR 448/13 - LG Bochum
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. November 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 29. Mai 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von dreizehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 21. September 2012 tötete der Angeklagte seine Ehefrau bei einem Streit in der gemeinsamen Wohnung durch einen kraftvoll geführten Stich mit einem Messer in die linke Brust, durch den die rechte Herzkammer eröffnet wurde, so dass das Opfer verblutete. Nachdem der Angeklagte in den folgenden Tagen den Leichnam sowie die Tatspuren beseitigt hatte, wurde er schließlich am 23. Oktober 2012 festgenommen.
4
Der weitgehend geständige Angeklagte hat in der Hauptverhandlung, in der eine Verständigung im Sinne von § 257c StPO nicht erfolgt ist, außerdem zahlreiche von der Anklage nicht umfasste Taten des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil seiner beiden damals etwa zehn bis vierzehn Jahre alten Stieftöchter eingeräumt, bei denen es über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren vor der hier angeklagten Straftat, teilweise aber auch noch danach, regelmäßig zu vaginalem Geschlechtsverkehr kam.
5
2. Auf der Grundlage der glaubhaften Angaben des Angeklagten sowie der beiden Geschädigten, so die Strafkammer, müssten mindestens 215 Taten des sexuellen Missbrauchs im Sinne von § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB als erwiesen angesehen werden, für die das Gesetz eine Mindeststrafe von zwei Jahren androhe. Sie seien – nach entsprechender Belehrung des Angeklagten – aufgeklärt und, obwohl nicht angeklagt, als Teil des Vorlebens im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB zu seinem Nachteil bei der Zumessung der Strafe berücksichtigt worden. Seinem Geständnis komme daher einerseits besonderes Gewicht zu. Andererseits habe er das ihm von den beiden Mädchen entgegengebrachte Vertrauen und seine Stellung als Autoritätsperson zur Tatbegehung missbraucht ; die konkrete Tatausführung sei für die Geschädigten in einigen Fällen besonders erniedrigend gewesen. Das Landgericht führt sodann weiter aus: „Die Kammer hofft unter diesen Umständen, dasses wegen der hier auch auf- grund des Geständnisses des Angeklagten festgestellten Sexualstraftaten der Durchführung eines neuen Strafverfahrens nicht mehr bedarf und den Geschädigten auf diese Weise weitere Vernehmungen erspart bleiben. Was die hier vorzunehmende Strafzumessung betrifft, geht die Kammer davon als sicher aus.“
6
Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

II.


7
1. a) Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Dies umfasst die im Urteil festgestellten Vorstrafen. Es ist in der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch anerkannt, dass der Tatrichter bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt ist und daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen kann, die nicht Gegenstand der Anklage sind, soweit diese für die Beurteilung der Persönlichkeit des Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf die Tatschuld des Angeklagten gestatten, sofern sie prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 1974 – 1 StR 42/75, MDR 1975, 195 f.; BGH, Urteil vom 6. März 1992 – 2 StR 581/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Beschluss vom 22. Mai 2013 – 2 StR 68/13; Beschluss vom 2. Juli 2009 – 3 StR 251/09, NStZ-RR 2009, 306; Beschluss vom 5. Februar 1998 – 4 StR 16/98, NStZ 1998, 404; Beschluss vom 9. Oktober 2003 – 4 StR 359/03, NStZ-RR 2004, 359 mwN).
8
Allerdings bedarf es für die gesonderte Bewertung sonstiger strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ohne gesonderte Anklage und damit außerhalb der Anforderungen eines geordneten Strafverfahrens nicht nur der Beachtung des Gewährleistungsgehalts der Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 5. April 2010 – 2 BvR 366/10, BVerfGK 17, 223, 225 mwN) und – mangels Verbrauchs der Strafklage – der Vermeidung einer Doppelbestrafung (BGH, Urteil vom 7. Mai 1974 – 1 StR 42/74, MDR 1975, 195 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 – 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99, 100; Urteil vom 17. April 1996 – 2 StR 57/96; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 26; Beschluss vom 5. Februar 1998 – 4 StR 16/98, NStZ 1998, 404 bezüglich späterer Straftaten ; Beschluss vom 25. April 2006 – 4 StR 125/06, NStZ 2006, 620). Ein sachlich-rechtlicher Gesichtspunkt kommt hinzu: Es kann in aller Regel nur darum gehen, Umstände festzustellen, die wegen ihrer engen Beziehung zur Tat als Anzeichen für Schuld oder Gefährlichkeit des Täters verwertbar sind. Diese durch Sinn und Zweck von § 46 Abs. 2 StGB gezogene Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn es an dem notwendigen inneren Zusammenhang mit dem angeklagten Tatvorwurf fehlt (BGH, Urteil vom 7. Mai 1974 aaO).
9
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lassen die Ausführungen des Landgerichts besorgen, dass es den Taten des Angeklagten zum Nachteil seiner Stieftöchter bei der Zumessung der schuldangemessenen Strafe für die angeklagte Tat ein zu großes Gewicht beigemessen hat. Es hat im vorliegenden Fall die nicht angeklagten Taten zwar unter Wahrung der Verteidigungsrechte des Angeklagten prozessordnungsgemäß festgestellt. Dabei hat es aber das Erfordernis des inneren Zusammenhangs jedenfalls derjenigen Taten, die vor der verfahrensgegenständlichen Tat begangen wurden, mit dem (zeitlich nachfolgenden ) Tatvorwurf aus dem Blick verloren. Denn es handelt sich bei diesen Taten weder um vergleichbare bzw. gleichartige Schuldvorwürfe, aus denen sich unmittelbare Rückschlüsse auf die Tatschuld des Angeklagten ableiten ließen, noch waren die Sexualstraftaten Anlass für die Tötung der Ehefrau oder standen dazu in einem sonstigen inneren Zusammenhang. Allein das verwandtschaftliche Verhältnis der Geschädigten zueinander und das familiäre Beziehungsgeflecht von Opfern und Täter sind dafür nicht ausreichend. Gegen einen solchen Zusammenhang sprechen ferner die große Zahl der festgestellten Einzeltaten und der lange Tatzeitraum.
10
Zudem deutet auch die in den Urteilsgründen geäußerte Hoffnung des Landgerichts, dass es wegen aller Sexualstraftaten im Hinblick auf die für das Tötungsdelikt verhängte Strafe nicht zu einem weiteren Strafverfahren kommen werde (UA S. 42), darauf hin, dass die außerhalb der Anklage festgestellten Taten durch das angefochtene Urteil mitbestraft worden sind, was unzulässig wäre (BVerfG, Beschluss vom 5. April 2010 aaO). Da das Urteil keine Feststellungen zu einem die Taten betreffenden Ermittlungs- oder Strafverfahren enthält , bestünde insoweit die konkrete Gefahr einer unzulässigen Doppelbestrafung.
11
2. Die Sache bedarf deshalb zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
12
Der Senat bemerkt ergänzend, dass der neue Tatrichter entsprechend den unter II. 1 dargelegten Maßstäben nicht gehindert ist, die im Vorfeld des ausgeurteilten Tötungsdelikts zum Nachteil seiner Ehefrau begangene weitere Straftat des Angeklagten (Würgen bis zur Bewusstlosigkeit Ende April 2012), die ebenfalls nicht von der Anklage umfasst ist, strafschärfend zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die nach der abgeurteilten Tat bis zur Festnahme am 23. Oktober 2013 zum Nachteil der Stieftöchter begangenen Sexualdelikte wird eine strafschärfende Berücksichtigung in Betracht kommen, soweit diese Taten nach ihrer Art und den Umständen ihrer Begehung Rückschlüsse auf eine tatbezogene besondere Rechtsfeindlichkeit zulassen (BGH, Beschluss vom 16. September 2009 – 5 StR 348/09, Tz. 3 mwN, NStZ-RR 2010, 8).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.