Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
2 StR 365/12
vom
18. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Regelt der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens durch eine Blankettstrafnorm
, die auf eine außergesetzliche Bestimmung Bezug nimmt, so muss die vorrangige
Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben. Dies ist bei der Bezugnahme
von § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AMG a.F. auf
den jährlich aktualisierten Anhang zu dem Übereinkommen des Europarats gegen Doping
vom 16. November 1989 jedenfalls insoweit der Fall, als der Gesetzgeber bei Aktualisierungen
der Verweisungsnorm des § 6a AMG a.F. die dann aktuellen Verbotslisten
in seinen Willen aufgenommen hat.
BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12 - LG Bonn
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
28. August 2013 in der Verhandlung am 18. September 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichthof
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus Bonn und
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 6. Februar 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arz1 neimitteln zu Dopingzwecken im Sport zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Zeitraum vom 25. Mai 2008 bis 3. Dezember 2010 mit einem Wochenlohn von zuletzt 2.500 Euro in leitender Position für das Unternehmen „G. “ tätig.Das im Ausland ansässige Unternehmen betrieb einen Internethandel unter anderem mit Arzneimitteln, die anabol androgene Steroide enthielten. Besteller waren Bodybuilder und Kraftsportler in den USA, Kanada, Südafrika und ganz Europa. Zu den Aufgaben des Angeklagten als rechte Hand des Firmenchefs gehörten die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Vertriebsstruktur des Unternehmens sowie die Überwachung anderer Mitarbeiter. Im Tatzeitraum gingen Bestellungen von 107.070 Kunden ein. Der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug rund 43 Millionen US-Dollar. Darin enthalten war ein Umsatzanteil von rund 8,7 Millionen US-Dollar, der auf Warenlieferungen mit Arzneimitteln entfiel, welche die Wirkstoffe Testosteron, Clomifen, Methandienon, Boldenon, humanes Choriongonadotropin, Tamoxifen, Nandrolon, Decanoat, Stanozolol , Oxandrolon und Trenbolon enthielten.
3
Das Landgericht hat die hierauf bezogenen Handlungen des Angeklagten als eine Tat des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport bewertet. Die Tat sei von dem Angeklagten als Mittäter in den Varianten des Feilbietens und der Abgabe der Arzneimittel an andere begangen worden. Bodybuilding sei als Sport im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG einzustufen, ohne dass es darauf ankomme, ob die mit den Arzneimitteln erstrebte Leistungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, beim Training oder in der Freizeit gerichtet sei.

II.

4
Die Revision gegen dieses Urteil ist unbegründet.
5
1. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die Anklageschrift vom 6. Juni 2011 erfüllt ihre Umgrenzungsfunktion im Sinne von § 200 Abs. 1 StPO. Der Anklagesatz umschreibt die Tat im prozessualen Sinne in einer Weise, dass der Verfahrensgegenstand nicht verwechselt werden kann. Zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion ist es bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“, bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens tätigen Beteiligten die Ausführungshandlungen der Mitarbeiter zugerechnet werden, nicht erforderlich, sämtliche 107.070 Bestellvorgänge und entsprechende Warenlieferungen an die Kunden im Einzelnen mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 94). Der als eine Handlung im Rechtssinne bewertete Tatbeitrag des Angeklagten bestand in der übergreifenden Mitwirkung im Organisationsgefüge des Unternehmens, die im Anklagesatz in unverwechselbarer Weise umschrieben ist.
6
2. Die „Rüge der Nichtaussetzung der Hauptverhandlung wegen verspä- teter und unvollständiger Akteneinsichtsgewährung“ greift nicht durch.Sie ist schon unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar mitgeteilt, wann ihm die verspätete Akteneinsicht gewährt worden ist und wieviel Zeit die Sichtung der nachgereichten Unterlagen in Anspruch genommen hat. So kann der Senat nicht überprüfen, ob die Strafkammer die Hauptverhandlung hätte aussetzen müssen, weil die Verteidigung diese Unterlagen nicht bereits innerhalb der Unterbrechungen der Hauptverhandlung in ausreichendem Maße habe sichten können.
7
3. Die Sachrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
8
Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG und in Verbindung mit dem Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (vgl. Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II S. 334).
9
a) Bei den an Kunden des Unternehmens „G. “ versandten Waren handelte es sich um Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG, die durch Feilbieten bzw. Abgabe an andere in Verkehr gebracht wurden. Dem Angeklagten sind die entsprechenden Handlungen durch Mitarbeiter des Unternehmens "G. " gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Insoweit liegt bei ihm eine einheitliche Handlung vor (vgl. zu einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ Senat, Beschluss vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389).
10
b) Das Inverkehrbringen der Arzneimittel erfolgte zu Dopingzwecken im Sport. Der Tatbestand in § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 AMG erfasst neben dem Leistungssport auch den Breitensport. Die Stärkung des Muskel- wachstums im Zusammenhang mit „Bodybuilding“ durch Einnahme von Anabo- lika ist als Doping im Sport anzusehen (vgl. BT-Drucks. 13/9996 S. 13; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 2a Dopingmittel 2).
11
c) Die Regelung des § 6a Abs. 1 AMG findet allerdings nur Anwendung auf solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping vom 16. November 1989 aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen enthalten (§ 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport vom 24. Oktober 2007, BGBl. 2007 I, S. 2510). Dabei wird der Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping im Sport von der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats (Art. 10 des Übereinkommens gegen Doping) durch jährlich aktualisierte Verbotslisten, die sich inzwischen an den von der World-Anti-Doping-Agency (WADA) aufgestellten Verbotslisten orientieren, neu gefasst und jeweils im Bundesgesetzblatt (Teil II) veröffentlicht.
12
Es kann dahinstehen, ob alle von der „G. “ mit Hilfe des Angeklag- ten vertriebenen Dopingmittel schon in dem ursprünglichen Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989, BGBl. 1994 II S. 334), auf den § 6a Abs. 2 AMG Bezug nimmt, enthalten waren. Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei der Verweisung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der bis zum 25. Oktober 2012 geltenden Fassung um eine dynamische Verweisung auf die jeweils durch Beschluss der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats jährlich angepasste Fassung des Anhangs handelt (so ohne nähere Begründung BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09, NStZ 2010, 170, 171 und jetzt auch die Neufassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, BGBl. 2012 I, S. 2192: Verweis auf die „jeweils geltende Fassung des Anhangs“).

13
Der Gesetzgeber hat nämlich § 6a Abs. 2 AMG unter anderem durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport im Jahre 2007 (BGBl. 2007 I, S. 2510) und durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. 2009 I, S. 1990) geändert (weitere Änderungen erfolgten in den Jahren 2010, 2012 und 2013). Ihm war dabei bewusst, dass die Verbotslisten im Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping jährlich aktualisiert werden. Der Gesetzgeber hat damit die zur Tatzeit gültigen Listen (BGBl. 2007 II, S. 812 ff. und BGBl. 2009 II, S. 368 ff.) in seinen Willen aufgenommen. Die jeweils bestehenden Verbotslisten stellen den gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG maßgeblichen „Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping“ dar. Sie enthalten sämtliche von der „G. “ als Do- pingmittel vertriebenen Stoffe, deren Inverkehrbringen dem Angeklagten vorgeworfen wird. Diese Stoffe sind auch in weiteren Aktualisierungen der Verbotslisten aufgeführt (vgl. BGBl. 2010 II, S. 206; 2011 II, S. 78; 2012 II, S. 118; 2013 II, S. 177). Es besteht kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber zurzeit der Änderungen des § 6a AMG jeweils den Umgang mit diesen Stoffen unter das strafrechtliche Verbot des § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG stellen und daran festhalten wollte.
14
Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

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Wirtschaftsstrafrecht: Zur Blankettstrafnorm in Dopingfällen

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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1. die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenscha

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 412/11
vom
24. Januar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift gebietet auch bei Bandentaten oder
"uneigentlichen Organisationsdelikten" nicht, dass für die Bestimmtheit des Anklagevorwurfs
i.S.d. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO mehr an Substanz verlangt wird als materiell
-rechtlich für einen Schuldspruch erforderlich ist.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11 - LG Karlsruhe
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
24. Januar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Erster Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwälte
als Verteidiger für den Angeklagten M. B. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. B.
und der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten L. M. ,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten E. P. ,
Rechtsanwälte
als Verteidiger für den Angeklagten G. P. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt und festgestellt, dass eine Entscheidung über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten noch nicht veranlasst ist.
2
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten aller Angeklagten Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, haben in vollem Umfang Erfolg.

I.

3
Dem Einstellungsurteil des Landgerichts ging folgendes prozessuale Geschehen voraus:
4
Mit Anklageschrift vom 4. Mai 2010 (eingegangen am 6. Mai 2010) hat die Staatsanwaltschaft den sechs Angeklagten und einem weiteren Beschuldigten ( C. ) zur Last gelegt, jeweils in 83 Fällen einen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrug und jeweils in 49 Fällen einen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug begangen zu haben. Den Angeklagten wird vorgeworfen , minderwertige Elektrogeräte (insbesondere Stromgeneratoren aus China) nach Anbringen von Typenaufklebern hochwertiger Hersteller zu einem Vielfachen des wirklichen Wertes an getäuschte Kunden verkauft oder einen Verkauf versucht zu haben. In der insgesamt 173 Seiten umfassenden Anklageschrift werden u.a. die Bandenabrede und die Bandenstruktur sowie die Aufgabenbereiche der Angeklagten innerhalb der Bande dargestellt. Die einzelnen Taten werden nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer (soweit bekannt), Geschädigte(r), Kaufpreis, Anzahl der verkauften Gegenstände und Art der Bezahlung aufgelistet. Die jeweiligen Tätigkeiten der Bandenmitglieder werden im Anklagesatz geschildert. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift vom 4. Mai 2010 wird u.a. näher dargelegt, inwieweit die einzelnen Taten den Angeklagten zuzurechnen sind (vgl. u.a. S. 99 ff.).
5
Das Landgericht hat am 16. September 2010 im Wesentlichen folgenden Eröffnungsbeschluss erlassen: Gegen den Angeschuldigten C. wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens insgesamt abgelehnt. Hinsichtlich der anderen sechs Angeklagten wurde das Hauptverfahren in 44 Fällen eröffnet und die Anklageschrift zur Hauptverhandlung zugelassen. Wegen der übrigen Fälle wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Soweit eine Ablehnung erfolgte, wurde diese im Wesentlichen mit dem Fehlen eines hinreichenden Tatverdachtes begründet.
6
Durch weiteren Beschluss des Landgerichts vom 5. Oktober 2010 wurden die Verfahren abgetrennt, soweit eine Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden war. Über die gegen die teilweise Nichteröffnung eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (§ 210 Abs. 2 StPO) hat das zuständige Oberlandesgericht noch nicht entschieden.
7
Unter dem 7. Oktober 2010 hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 207 Abs. 3 Satz 1 StPO eine dem Beschluss vom 16. September 2010 entsprechende neue Anklageschrift eingereicht, wobei sie gemäß § 207 Abs. 3 Satz 2 StPO von einer erneuten Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen abgesehen hat. In der Neufassung der Anklageschrift wird den Angeklagten "nur noch" zur Last gelegt, jeweils in 17 Fällen einen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrug und jeweils in 27 Fällen einen versuchten Bandenbetrug begangen zu haben. In der nunmehr insgesamt 73 Seiten umfassenden Anklageschrift werden erneut u.a. die Bandenabrede und Bandenstruktur sowie die Arbeitsaufteilung unter den angeklagten Bandenmitgliedern dargestellt. Die einzelnen Taten werden nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer (bis auf einen Fall namentlich), Geschädigte(r), Kaufpreis, Anzahl der verkauften Gegenstände und Art der Bezahlung aufgelistet.
8
Am 28. Januar 2011 wurden in der am 7. Oktober 2010 begonnenen Hauptverhandlung die Verfahrensbeteiligten u.a. über Vorverständigungsgespräche unterrichtet und es wurde ihnen die Auffassung des Gerichts zum bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt. Die Verfahrensbeteiligten wurden auch darauf hingewiesen, "dass die Kammer weiterhin zu prüfen haben wird, ob die vorgelegte Anklageschrift ihrer Informationsfunktion genügt und dass diese Prüfung auch zu einem anderen Ergebnis führen kann als mit der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt."
9
Eine vom Gericht angeregte Verfahrenseinstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO ist an der fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft gescheitert.
10
In dem angefochtenen Urteil vom 5. April 2011 erfolgte eine Einstellung des Verfahrens, weil die Anklage ihre Funktion nicht erfülle, den Verfahrensgegenstand zu umgrenzen. Welche bestimmten Taten den Angeklagten vorgeworfen werde, gehe aus dem Anklagesatz nicht hervor, jedenfalls nicht, welchen konkreten Tatbeitrag welcher Angeklagte zu welcher Tat geleistet haben soll. Die den Angeklagten vorgeworfene Bildung einer Bande reiche dazu ebenso wenig aus wie die generelle Beschreibung der Funktionen, die die Angeklagten innerhalb der "Gruppierung" eingenommen haben. Stromgeneratoren der in der Anklageschrift genannten Art seien auch von anderen Personen vertrieben worden und die Straßenverkäufer seien nicht nur für die Angeklagten unterwegs gewesen. Die Handlungen der einzelnen Angeklagten seien nicht so hinreichend beschrieben, dass die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion genüge.

II.

11
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet. Die Anklage ist wirksam, weil sie die notwendigen Angaben zur Bestimmung des Prozessgegenstandes enthält und damit ihrer Umgrenzungsfunktion genügt.
12
Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN). Mängel der Informationsfunktion berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10 mwN; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN); insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN).
13
1. Die Anklageschrift hat nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 StR 682/93 mwN, BGHSt 40, 44, 45). Dabei muss die Schilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, dass der Angeklagte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 8. August 1996 - 4 StR 344/96 mwN). Die begangene konkrete Tat muss durch bestimmte Tatumstände so genau bezeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09). Denn es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion nicht, ist sie unwirksam (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN; BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09; BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 4 StR 648/94 mwN; BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45). Ein wesentlicher Mangel der Anklageschrift, der als Verfahrenshindernis wirken kann, ist daher anzunehmen, wenn die angeklagten Taten anhand der Anklageschrift nicht genügend konkretisierbar sind, so dass unklar bleibt, auf welchen konkreten Sachverhalt sich die Anklage bezieht und welchen Umfang die Rechtskraft ei- nes daraufhin ergehenden Urteils haben würde (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN; BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 - 3 StR 459/06 mwN; BGH, Urteil vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05; BGH, Beschluss vom 20. Juli 1994 - 2 StR 321/94 mwN). Bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, dürfen ggf. die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN; BGH, Urteil vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05).
14
2. Danach liegen hier keine schweren Mängel der Anklageschrift vor, die zur Unwirksamkeit der Anklage und damit zu einem Verfahrenshindernis führen würden. Es bestehen insbesondere keinerlei Zweifel an dem Umfang der Rechtskraft eines daraufhin ergehenden Urteils. Alle den Angeklagten vorgeworfenen Taten sind nach Tatzeit, Tatort, Verkäufer, Geschädigte(r), Kaufpreis (oder Kaufpreisangebot), Anzahl der verkauften (oder verbindlich angebotenen) Gegenstände und (bei den vollendeten Taten) Art der Bezahlung hinreichend konkretisiert. Es ist danach klar, welche Taten den Angeklagten zur Last gelegt werden. Aus der Anklageschrift ergibt sich eindeutig, dass alle Taten allen Angeklagten als jeweils mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene Betrugsfälle angelastet werden, wobei die Anklage die Voraussetzungen einer Bande bejaht.
15
Soweit in dem angefochtenen Urteil ausgeführt wird, dass eine hinreichende Konkretisierung der einzelnen Handlungen der Angeklagten deshalb fehle, weil nur die jeweilige Bandentätigkeit dargestellt werde, ist auf Folgendes hinzuweisen: Richtig ist, dass, wenn sich mehrere Täter zu einer Bande zusammenschließen , dies nicht zur Folge hat, dass jedes von einem der Mitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Betrugsdelikt den anderen Ban- denmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 - 3 StR 128/03). Allein die Bandenmitgliedschaft und ein Handeln im Interesse der Bande ohne konkreten Bezug zu einer von anderen Bandenmitgliedern begangenen Straftat genügt nicht, um eine Strafbarkeit des Bandenmitglieds wegen einer Bandentat zu begründen. Wegen einer Tat, die "aus der Bande heraus" begangen wird, kann als Täter oder Teilnehmer nur bestraft werden, wenn er an dieser konkreten Tat mitgewirkt hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 3 StR 162/07 mwN).
16
Diese materiell-rechtliche Frage der Strafbarkeit eines Angeklagten ist von der Problematik der Umgrenzungsfunktion einer Anklageschrift zu trennen. Kann einem Angeklagten nach Ausschöpfung der Beweismöglichkeiten die Begehung einer konkreten Tat nicht nachgewiesen werden, ist er freizusprechen, wenn diese Tat i.S.d. § 264 StPO angeklagt war. Die Verneinung einer Bandenabrede durch den Tatrichter und auch die Nichtannahme eines - hier dann allerdings nahe liegenden - "uneigentlichen Organisationsdeliktes" (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 4 StR 252/11 Rn. 12) mögen dazu führen, dass noch strengere Anforderungen an die Feststellung der konkreten Tatbeiträge eines jeden Angeklagten an den jeweiligen Taten zu stellen sind, sie führen aber nicht dazu, dass die vorher zu Recht (im Eröffnungsbeschluss ) angenommene Einhaltung der Umgrenzungsfunktion entfällt.
17
In seinem Hinweis vom 28. Januar 2011 in der Hauptverhandlung ist das Landgericht selbst (noch) zutreffend davon ausgegangen, dass eine insoweit (behauptete) fehlende Konkretisierung unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion der Anklageschrift zu prüfen ist. Letzterer Frage ist hier jedoch nicht näher nachzugehen, da diesbezügliche etwa bestehende Mängel nicht die Unwirksamkeit der Anklage begründen würden (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07 mwN) und durch Hinweise entsprechend § 265 StPO in der Hauptverhandlung geheilt werden können (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 9. November 2011 - 1 StR 302/11 Rn. 26; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN). Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, dass die einzelnen Taten unverwechselbar dargestellt sind und sowohl die generelle Tätigkeit der einzelnen Angeklagten als auch - soweit als möglich - die konkreten Tatbeiträge näher geschildert werden. Durch die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, inwieweit die einzelnen Taten den Angeklagten zuzurechnen sind, wird nicht nur der hinreichende Tatverdacht belegt , den die Strafkammer zutreffend insoweit beim Eröffnungsbeschluss vom 16. September 2010 bejaht hat, sondern auch die Anbindung der Angeklagten an die konkreten Taten.
18
In diesem Zusammenhang weist der Senat auf Folgendes hin:
19
Bei einer Tatbegehung als Bandenmitglied oder im Rahmen eines "uneigentlichen Organisationsdeliktes" (vgl. zum Begriff des "Organisationsdeliktes" auch BGH, Beschluss vom 2. November 2007 - 2 StR 384/07 mwN) - beides kommt im vorliegenden Fall durchaus in Betracht - müssen dem einzelnen Täter nicht zwingend Ausführungshandlungen vor Ort gegenüber dem Tatopfer vorgeworfen werden; es genügt, wenn er an dieser konkreten Tat an anderer Stelle mitgewirkt hat. Eine arbeitsteilige Begehungsweise besteht gerade darin, dass nicht jeder Teilnehmer der Tat jede Handlung selbst vornimmt; ausreichend ist vielmehr, dass jeder aufgrund gemeinsamen Entschlusses seine abgesprochene Aufgabe wahrnimmt mit dem übereinstimmenden Willen, den erhofften Taterfolg zu erreichen. Hierbei hat sich jeder die von ihm gebilligten Tatbeiträge der anderen an der konkreten Tat zurechnen zu lassen. Die unterschiedlichen Tätigkeiten und subjektiven Vorstellungen der Tatbeteiligten können sowohl dazu führen, dass unter Umständen verschiedene Teilnahmefor- men (Mittäterschaft, Beihilfe) vorliegen als auch, dass sich der strafrechtlich relevante Sachverhalt konkurrenzrechtlich für den jeweiligen Teilnehmer anders auswirkt.
20
Die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift kann jedenfalls nicht gebieten , dass für die Bestimmtheit des Anklagevorwurfs i.S.d. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO mehr an Substanz verlangt wird als materiell-rechtlich für einen Schuldspruch erforderlich ist. Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 555/12
vom
23. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 15. Juni 2012 1. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Betrugs in zwei Fällen verurteilt und im Übrigen freigesprochen ist, 2. im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 21.295,68 Euro angeordnet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat aufgrund der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte an den Geschäften des früheren Mitangeklagten D. mit dessen Unternehmen T. und Tr. beteiligt, bei denen Kunden gegen Vorschusszahlung eines Honorars versprochen wurde, ihnen staatliche Förderleistungen zu vermitteln. Tatsächlich waren die in Aussicht gestellten Maßnahmen nicht förderungswürdig und es wurden auch nach dem Tatplan keine Förderungsmittel beantragt. Der Angeklagte und der frühere Mitangeklagte D. organisierten die Täuschung von Kunden über die Förderungswürdigkeit der Maßnahmen sowie die Absicht der Beantragung von staatlichen Förderleistungen unter Einrichtung eines Bürobetriebs, ferner dadurch, dass sie Vermittler ihrer Leistungen anwarben, instruierten und mit Provisionen bezahlten, schließlich dadurch, dass sie Präsentationen und andere Maßnahmen zur Kundenwerbung durchführten. In einem Fall täuschte der Angeklagte K. selbst einen Kunden , in zwei weiteren Fällen, die ihm vom Landgericht als selbständige Fälle des Betrugs als Mittäter zugerechnet wurden, geschah dies durch den früheren Mitangeklagten D. ; im Übrigen wurden durch Vermittler oder Untervermittler 159 Kunden des Unternehmens getäuscht, was dem Angeklagten als insgesamt eine Tat zugerechnet wurde.

II.

3
1. Das Landgericht hat im Fall des Betrugs zum Nachteil des vom Angeklagten selbst getäuschten Kunden W. (§§ 263 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 25 Abs. 1 – 1. Alt. – StGB) und im Fall der Täuschung von 159 Kunden durch Vermittler (§§ 263 Abs. 1 und 3 Satz 2 Nr. 2, 25 Abs. 1 – 2. Alt. – StGB) zutreffend jeweils eine rechtlich selbständige Handlung durch den Angeklagten angenommen. Abweichend von der rechtlichen Beurteilung des Landgerichts sind aber auch die Fälle der Täuschung der Kunden L. und M. durch den Mitangeklagten D. für den Angeklagten unselbständige Teile des "(unechten) Organisationsdelikts".
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter nach der Anzahl seiner Handlungen. Wird im Fall einer Organisation eines Unternehmens, das durch Mitarbeiter Kunden täuscht und hierdurch zu Vermögensverfügung veranlasst, ein einheitlicher Tatbeitrag des Hintermanns in seiner Organisationstätigkeit gesehen, wie es das Landgericht im Fall der Täuschung von 159 Kunden durch Vermittler zutreffend angenommen hat, dann gilt dies für alle Fälle, in denen dieser Täter nicht selbst eigenhändig gegenüber den Kunden Betrügereien begeht (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, StV 2010, 363). Von der Handlungseinheit im Sinne eines Organisationsdelikts des Angeklagten ist daher nur der Fall einer selbständigen Täuschung des Kunden W. durch den Angeklagten selbst ausgenommen. Im Ergebnis liegen damit zwei Betrugstaten des Angeklagten vor.
5
Wegen der insoweit außerhalb des Tatzeitraums liegenden Teilakte (Fälle 1 und 9 der Anklageschrift) ist zudem eine Freisprechung des Angeklagten geboten.
6
Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen des Betrugs zum Nachteil der Zeugen L. und M. . Der Senat hebt aber auch den Strafausspruch im Übrigen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe im Hinblick auf die Konkurrenzkorrektur neu zuzumessen.
8
Für die neue Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es rechtlich bedenklich ist, einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Hinweis auf genügende eigene Sachkunde abzulehnen, nachdem sich das Tatgericht diese Sachkunde erst durch Befragung eines Sachverständigen im Freibeweisverfahren verschafft hat (vgl. Senat, Beschluss vom 15. März 1995 – 2 StR 702/94, StV 1995, 339). Im vorliegenden Fall ist es aber offensichtlich ausgeschlossen , dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit "aufgrund einer charaktergebundenen Persönlichkeitsstörung" völlig aufgehoben war; allenfalls kommt eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit in Frage. Daher rechtfertigt die Verfahrensrüge keine – nach dem primären Beweisziel des Beweisantrags – weitergehende Urteilsaufhebung, als sie der Senat bereits aufgrund der Sachbeschwerde vornimmt.
9
3. Die Anordnung des Wertersatzverfalls hat keinen Bestand, weil das Landgericht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht geprüft hat. Dieser hindert eine Verfallsentscheidung , wenn der Täter oder Teilnehmer "aus der Tat" einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; nur das "für die Tat" Erlangte unterliegt dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter. "Aus der Tat" sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst zugeflossen sind. Um Vorteile "für die Tat" handelt es sich demgegenüber , wenn die Vermögenswerte als Gegenleistung für sein rechtswidriges Tun gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229). Der Angeklagte hat nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts aber unbeschadet der Leistungsbezeichnung den Betrag von 21.295,68 Euro in diesem Sinne unmittelbar als seinen Anteil am Betrugserlös, somit "aus der Tat" erlangt. Der neue Tatrichter wird daher § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu prüfen haben.
Fischer Appl Schmitt Berger Eschelbach
5 StR 425/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Dezember 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. Juni 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verurteilt worden ist; ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die bestehen bleiben,
b) im Gesamtstrafausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in 84 Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte im Zeitraum August 2009 bis August 2010 in 83 Fällen anabole Steroide, Wachstumshormone und sonstige Dopingmittel sowie Medikamente in unterschiedlichen Kombinationen im Wege des Versandhandels an zahlreiche Abnehmer und erzielte dabei einen Gesamterlös von etwa 18.000 €. Außerdem verwahrte er am 1. Oktober 2010 in einem gemieteten Lagerraum, daneben auch in seiner Wohnung und in seinem Pkw zahlreiche zum Verkauf bestimmte Dopingmittel und Medikamente mit einem geschätzten Schwarzmarkt -Verkaufswert von insgesamt 25.000 bis 40.000 € (Einsatzstrafe: drei Jahre Freiheitsstrafe).
3
Das Landgericht hat das den Versandhandel mit Medikamenten betreffende Verhalten des Angeklagten als Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in 84 Fällen gemäß §§ 95 Abs. 1 Nr. 2a und 4 AMG, 52, 53 StGB gewertet und in allen Fällen die Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 95 Abs. 3 Nr. 2b AMG bejaht.
4
2. Während die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung – im Schuld- und Strafausspruch – rechtsfehlerfrei ist, hält die Annahme von 84 materiellrechtlich selbständigen Taten nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a und 4 AMG sachrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertungseinheit im Betäubungsmittelstrafrecht, die für die gleichgelagerte Konstellation des Inverkehrbringens von Arzneimitteln entsprechend gilt (BGH, Urteil vom 25. April 2001 – 2 StR 374/00, NJW 2001, 2812, 2815, insoweit in BGHSt 46, 380 nicht abgedruckt), ist eine einheitliche Tat anzunehmen , wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtli- chen Bewertung ist (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1981 – 2 StR 618/80, BGHSt 30, 28; Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20). Dies kann auch gegeben sein, wenn – wie im vorliegenden Fall – verschiedenartige Präparate Gegenstand der zu beurteilenden Geschäfte sind, etwa wenn diese „im Gesamtpaket“ erworben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 – 4 StR 110/01, NStZRR 2002, 52).
6
Hierbei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit allerdings konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Anhaltspunkte kommtnicht in Betracht; auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20; Beschluss vom 26. Juli 2001 – 4 StR 110/01, NStZ-RR 2002, 52; Urteil vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; Beschluss vom 2. September 2010 – 2 StR 388/10). Dies gilt entsprechend für das Inverkehrbringen von Arz- neimitteln (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 – 1 StR 277/09, BGHSt 54, 243). Auch insoweit kann – wenngleich der Erwerb nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 17 AMG noch nicht als Tathandlung anzusehen ist – auf die Erwerbshandlungen abgestellt werden. Denn durch diese wird ein Vorrat angelegt und damit das gemäß § 4 Abs. 17 AMG als Inverkehrbringen anzusehende Vorrätighalten zum Verkauf begründet.
7
b) Im vorliegenden Fall sprechen gravierende – von der Strafkammer außer Acht gelassene – Anhaltspunkte dafür, dass die vom Angeklagten in den Fällen 1 bis 83 an Abnehmer veräußerten Doping- und Arzneimittel ebenso wie die im Fall 84 vorrätig gehaltenen Substanzen aus einer in einem oder in wenigen Einzelakten erworbenen Gesamtmenge stammen. Der beim Angeklagten am 1. Oktober 2010 sichergestellte Vorrat wies einen so erheb- lichen Umfang auf, dass er hieraus eine Vielzahl von Geschäften in der Größenordnung der festgestellten Einzelverkäufe hätte bestreiten können; der geschätzte Gesamtwert übersteigt sogar deutlich den Gesamtumsatz aus den festgestellten Einzelverkäufen. Dies lässt es bereits als ausgeschlossen erscheinen, dass der Angeklagte – wie das Landgericht annimmt – lediglich der Kundennachfrage entsprechend die Präparate bei seinen Lieferanten abgerufen und dann weiterverkauft hat. Bezieht man ferner den Umstand in die Bewertung ein, dass der Angeklagte (ausweislich der in den Urteilsgründen aufgeführten Kauf- oder Bestelldaten) vielfach kurz hintereinander, oftmals am selben Tag, an verschiedene Abnehmer zum Teil die gleichen Doping - bzw. Arzneimittel veräußert hat, liegt ein Abverkauf eines zuvor angelegten größeren Vorrats nahe.
8
Die von der Strafkammer gegen die Annahme eines größeren Vorrats angeführte Erwägung zur Verderblichkeit der in Ampullen abgegebenen Hormonpräparate ist nicht geeignet, die Feststellung einer Vielzahl von Erwerbshandlungen zu begründen. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, in welchem Zeitraum es zum Verderb der Substanzen kommt und inwieweit hierdurch jegliche Verwendung der Präparate ausgeschlossen ist. Auch die Überlegung, der vom Angeklagten genannte Preis für den behaupteten einmaligen Erwerb der Gesamtmenge lasse sich nicht mit den Feststellungen zum Umsatz und zum Wert der beschlagnahmten Präparate vereinbaren, überzeugt nicht. Die Strafkammer setzt sich nämlich nicht mit der Frage auseinander , wie sich die bei Abnahme einer derart umfangreichen Menge von einem „Großhändler“ zu zahlenden Beträge üblicherweise zu den im Rah- men von Einzelverkäufen zu erzielenden Preisen verhalten. Zudem ließe sich hiermit allenfalls die Annahme einer einzigen, nicht aber diejenige einiger weniger Erwerbshandlungen widerlegen. Das von einer Kamera festgehaltene Herbeischaffen weiterer Arzneimittel deutet zwar auf zumindest einen weiteren Erwerbsvorgang hin; allerdings ist das im Urteil hierzu angegebene Datum offensichtlich unzutreffend, so dass nicht beurteilt werden kann, ob dieser ergänzende Erwerb vor Beginn der Verkaufshandlungen stattfand. In diesem Fall wäre trotz zweier Erwerbshandlungen eine Bewertungseinheit anzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10, insoweit in StraFo 2011, 356 nicht abgedruckt).
9
Allerdings geht die Strafkammer im Ansatz zu Recht davon aus, dass die längeren Verkaufspausen zwischen Dezember 2009 und Mai 2010 sowie zwischen Mai 2010 und Juli 2010 auf weitere Erwerbshandlungen hindeuten können. Insoweit wäre jedoch unter Berücksichtigung der von der Strafkammer außer Acht gelassenen Gesichtspunkte eine Gesamtwürdigung erforderlich gewesen, zumal es für die Verkaufspausen auch andere Erklärungen geben kann und sich das Urteil nicht dazu äußert, wie der Angeklagte, der sich offenbar umfangreich eingelassen hat, diesen Umstand erklärt hat.
10
Zudem lassen lediglich zwei Verkaufspausen keinesfalls den Schluss zu, der Angeklagte habe sämtliche verkauften Einzelmengen jeweils zuvor einzeln erworben. Allein die Feststellung, dass entgegen der Einlassung des Angeklagten nicht von einer einzigen Erwerbsmenge ausgegangen werden kann, entbindet den Tatrichter nicht von der Prüfung, ob die jeweiligen Einzelverkäufe mehreren größeren Erwerbsmengen entstammen und daher zu mehreren selbständigen Taten im Sinne von Bewertungseinheiten zusammenzufassen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 21). Liegen wie hier konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einzelverkäufe jeweils größeren Einkaufsmengen entstammen und deshalb aus Rechtsgründen zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden müssen, hat das Tatgericht dann, wenn sich Feststellungen zu Zahl und Frequenz der Einkäufe sowie der Zuordnung der einzelnen Verkäufe zu ihnen nicht treffen lassen, eine an den Umständen des Falles orientierte Schätzung vorzunehmen (BGH aaO).
11
3. Die Schuldsprüche wegen der Straftaten nach § 95 AMG können deshalb keinen Bestand haben. Dies schließt auch die vom Landgericht an sich rechtsfehlerfrei bejahte Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG (verbo- tenes Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln) ein, da beide Tatbestände zueinander in Tateinheit stehen. Im Hinblick auf ihre unterschiedliche Schutzrichtung ist das Landgericht insoweit zutreffend von Idealkonkurrenz (§ 52 StGB) ausgegangen. Damit konnte der Schuldspruch – mit Ausnahme der hiervon nicht berührten Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung – insgesamt keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07 Rn. 51, in NStZ 2008, 87 insoweit nicht abgedruckt ). Das Verhältnis der einzelnen für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellten Handlungen zueinander bedarf jedoch einer erneuten umfassenden tatgerichtlichen Bewertung. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen , namentlich zu den Einzelverkäufen (Fälle 1 bis 83) und den vom Angeklagten vorrätig gehaltenen Doping- und Arzneimitteln sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben, wobei ergänzende hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zulässig sind.
12
Da der Schuldspruch insgesamt aufgehoben wird, braucht der Senat nicht zu vertiefen, ob die im Urteil nicht näher erläuterten Stoffe Liothyronin (UA S. 12) und Yohimbin (UA S. 22) Dopingmittel (§ 6a Abs. 2 AMG) darstellen und verschreibungspflichtig sind (vgl. § 43 Abs. 3 AMG). Dies wird gegebenenfalls noch auszuführen sein.
13
4. Für die neu vorzunehmende Strafzumessung weist der Senat darauf hin, dass Inverkehrverbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AMG zwar das „Bodybuilding“ und generell den Freizeitsport umfasst (BGH, Beschluss vom 5. August 2009 – 5 StR 248/09, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 2a Dopingmittel 1). Denn jeden- falls vorrangiges Schutzgut dieser Bestimmungen ist die Gesundheit (BT-Drucks. 13/9996 S. 13; vgl. auch Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., AMG § 95 Rn. 84; Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG § 95 Rn. 17; Eschelbach in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 95 AMG Rn. 15; König in Grenzen des Paternalismus, Hrsg. FatehMoghadam /Sellmaier/Vossenkuhl, 2010, S. 267, 272 f., 277 ff.). Im Rahmen der konkreten Strafzumessung wird aber auch zu bedenken sein, ob die Dopingmittel – über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus – auch zu Wettkampfzwecken bestimmt waren, wodurch die Chancengleichheit und Fairness im Sport, unter Umständen auch Belange von möglichen Konkurrenten beeinträchtigt sein könnten. Zudem ist im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass nur ein Teil der vom Angeklagten vertriebenen Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sinne des § 6a AMG gedient haben, mithin nur hinsichtlich dieses Teils die Verwirklichung von zwei Straftatbeständen gegeben ist (vgl. BGH aaO Rn. 9).
Raum Brause Schaal Schneider König

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

5 StR 248/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in einer Apotheke u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. August 2009

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. Januar 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in einer Apotheke (in einem besonders schweren Fall) und wegen unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in sechs Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat es gegen den Angeklagten ein Berufsverbot von drei Jahren verhängt. Der Verteidiger ist nach Beratung des Senats informiert worden, dass die Revision zum Schuld- und Strafausspruch absehbar nur in verhältnismäßig geringem Umfang, zudem voraussichtlich nur vorläufig Erfolg verspreche. Daraufhin hat der Verteidiger das Rechtsmittel wirksam auf den Maßregelausspruch beschränkt. Insoweit hat die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Der Maßregelausspruch kann keinen Bestand haben.
3
a) Das Landgericht führt im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung aus, der Angeklagte sei in der Hauptverhandlung von dem Verfahren sichtlich so beeindruckt gewesen, dass er sich nach Überzeugung der Strafkammer schon die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Warnung dienen lassen und zukünftig keine Straftaten mehr begehen werde (UA S. 19). Damit in deutlichem Widerspruch steht die Begründung der Gefahrprognose bei der Festsetzung des – uneingeschränkt verhängten – Berufsverbots, wonach die Strafkammer aufgrund „der Anzahl allein der noch verfahrensgegenständlichen Taten und der sich stetig steigernden Mengen illegal abgegebener Arzneimittel in den einzelnen Taten“ davon ausgeht, dass „der Angeklagte auch zukünftig gleiche oder ähnliche Taten begehen“ werde (UA S. 19).
4
Dies mag seine Erklärung darin finden, dass die Gefahr weiterer Taten bei der Entscheidung nach § 56 Abs. 2 StGB deshalb anders beurteilt wurde, weil sie aufgrund des zusätzlich verhängten Berufsverbots nicht mehr bestehe (vgl. auch BGH NStZ-RR 2004, 54, 55). Gleichwohl hätte es auch bei der nach § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung eines Eingehens auf die bisherige Straffreiheit des Angeklagten, sein Alter und den Umstand bedurft, dass die Taten mittlerweile rund drei Jahre zurückliegen, ohne dass der – nach wie vor seine Apotheke betreibende – Angeklagte erneut in gleicher Weise straffällig geworden ist.
5
b) Nicht frei von Bedenken ist die weitere von der Strafkammer angestellte Überlegung, der Angeklagte habe im fraglichen Zeitraum mehr als jede dritte der in Berlin verkauften Packungen Rohypnol ausgegeben, was die Gefahr erkennen lasse, dass er auch zukünftig einen erheblichen Anteil seines Umsatzes durch die gesetzeswidrige Abgabe von Medikamenten erzielen werde. Denn es ist auch in Anbetracht der in diese Richtung bestehenden gravierenden Verdachtsgründe nicht festgestellt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese – nicht verfahrensgegenständlichen – Verkäufe ohne die notwendige Verschreibung erfolgt sind.
6
c) Die zum Maßregelausspruch getroffenen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Das neu entscheidende Tatgericht ist nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
7
2. Für die zutreffende Bewertung der die Verurteilung tragenden Fälle im Rahmen der neu zu treffenden Entscheidung über eine Maßregel nach § 70 StGB bemerkt der Senat ergänzend:
8
a) In den Fällen 2 bis 5 ist der Angeklagte wegen Inverkehrbringens in der Form der Abgabe (§ 4 Abs. 17 AMG) von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, § 6a Abs. 1 AMG) verurteilt. Von dem in § 6a Abs. 1 AMG verwendeten Merkmal „im Sport“ wird in Übereinstimmung mit der Wertung des Landgerichts und entsprechend dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 13/9996 S. 13) auch „Bodybuilding“ erfasst, ohne dass es darauf ankommt, ob die erstrebte Leistungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist.
9
Jedoch beschränkt § 6a Abs. 2 AMG in der zur Tatzeit geltenden Fassung (entspricht § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG heutiger Fassung) den Anwendungsbereich des in § 6a Abs. 1 AMG enthaltenen Verbots, soweit hier relevant , auf Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Europäischen Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl 1994 II S. 334) aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen enthalten. Für den Tatzeitraum galt die gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens von der Beobachtenden Begleitgruppe beschlossene und in BGBl 2006 II S. 421 veröffentlichte Verbotsliste 2006 der Welt-Anti-Doping-Agentur. Der Großteil der durch den Angeklagten abgegebenen Arzneimittel enthält Wirkstoffe, die in der Verbotslis- te aufgeführt sind. Dies gilt indessen nicht für die Arzneimittel mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Benzodiazepine (Fall 3: Diazepam; Fall 5: Tetrazepam, Oxazepam, Diazepam) sowie mit den Wirkstoffen Tadalafil und Sildenafil Citrat (Fall 5: Arzneimittel Cialis bzw. Viagra). Hinsichtlich der letztgenannten beiden Arzneimittel (-wirkstoffe) fehlt es auch am notwendigen Zusammenhang mit Dopingzwecken gerade im Sport. Dies lässt unberührt, dass – entsprechend dem vom Landgericht getroffenen Schuldspruch – eine Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, § 6a Abs. 1 AMG sowie nach § 96 Nr. 13, § 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 AMG in Verbindung mit § 1 AMVV in allen vier Fällen gegeben ist.
10
b) Im Fall 7 der Urteilsgründe hat der Angeklagte 21 Packungen Rohypnol (Wirkstoffgehalt 420 mg Flunitrazepam) an einen erkennbar Drogensüchtigen abgegeben. Es handelt sich um eine gewichtige Tat, die ungeachtet des vom Landgericht angenommenen besonders schweren Falls nach § 29 Abs. 3 BtMG die verhängte Einzelfreiheitsstrafe ohne Weiteres rechtfertigt. Zu § 29 Abs. 3 BtMG gilt indes Folgendes:
11
aa) § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BtMG erfordert die Gesundheitsgefährdung mehrerer Personen. Allein die Möglichkeit einer durch die Aufnahme des Rauschmittels verursachten Intoxikationspsychose und die Befürchtung eines durch den Konsum mitbedingten Verharrens in der Sucht bei einem bereits schwer von Heroin und Benzodiazepinen Abhängigen reichen für die Anwendung des Regelbeispiels nicht aus. Erforderlich sind Gefährdungen, die über die mit der Rauschmitteleinnahme typischerweise verbundenen hinausreichen (siehe etwa die Beispiele bei Körner, BtMG 6. Aufl. § 29 Rdn. 2015), andernfalls jede oder nahezu jede Abgabe von Betäubungsmitteln an mindestens zwei Personen zur Anwendung des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BtMG führen müsste. Die konkrete Gefahr, über die genannten Folgen hinaus geschädigt zu werden, bedarf tatgerichtlicher Feststellung.
12
bb) Die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls erfordert eine umfassende Gesamtwürdigung (BGHSt 2, 181, 182; 28, 318, 319; 29, 319, 322; BGH NJW 1990, 1489). Das alleinige – im Übrigen nicht näher begründete (vgl. etwa den Vorschlag von Körner aaO AMG Anhang D I Rdn. 46: nicht geringe Menge ab 1,2 g Flunitrazepam) – Abstellen auf das Überschreiten einer im Rahmen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BtMG „erwartbaren“ Menge Rohypnol wird den Erfordernissen schon deswegen nicht gerecht.
Basdorf Brause Schaal Dölp König

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.