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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 4 2 / 1 3
vom
27. März 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit wegen Betrugs durch sog. Ping-Anrufe.
BGH, Urteil vom 27. März 2014 - 3 StR 342/13 - LG Osnabrück
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 2.: Betruges
zu 3.: Beihilfe zum Betrug
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
6. Februar 2014 in der Sitzung am 27. März 2014, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten O.
- in der Verhandlung - ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten R.
- in der Verhandlung - ,
Justizamtsinspektor - in der Verhandlung - ,
Justizobersekretärin - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 6. März 2013 werden verworfen.
Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und O. wegen Betruges zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und gegen die Angeklagte R. wegen Beihilfe zum Betrug eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 € verhängt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte O. macht zudem ein Verfahrenshindernis geltend und erhebt eine Verfahrensbeanstandung. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet als sachlich-rechtlichen Mangel des angefochtenen Urteils, dass die Strafkammer hinsichtlich der Angeklagten nicht jeweils von einem besonders schweren Fall des Betruges bzw. der Beihilfe dazu ausgegangen ist. Keines der Rechtsmittel hat Erfolg.
A. Revisionen der Angeklagten
2
I. Das von dem Angeklagten O. geltend gemachte Verfahrenshindernis besteht aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, NJW 2014, 325). Ebenfalls zutreffend sind die Ausführungen, mit denen der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift die Gründe dargelegt hat, aus denen der Verfahrensbeanstandung des Angeklagten O. der Erfolg zu versagen ist.
3
II. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die von allen Angeklagten jeweils erhobene Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben.
4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte T. gemeinsam mit den Angeklagten O. und R. sowie anderen Personen Ende des Jahre 2006 die Idee, computergestützt eine große Vielzahl von Mobiltelefonnummern anrufen und es dabei nur einmal klingeln zu lassen sowie in der Anrufliste der Telefone nicht die Rufnummer des Festnetzanschlusses, von dem der Anruf kam, sondern mittels einer speziellen Computerfunktion, über die die von dem Angeklagten O. für die massenhaften Anrufe genutzten Server verfügten, die Rufnummer eines Mehrwertdienstes zu hinterlassen (sog. Ping-Anrufe). Die Besitzer der Mobiltelefonanschlüsse sollten dadurch zu einem Rückruf bei dieser Mehrwertdienstnummer veranlasst werden, der indes lediglich zur Ansage eines für die Anrufer nutzlosen Textes führt ("Ihre Stimme wurde gezählt."). Die Ping-Anrufe sollten in der Weihnachtszeit getätigt werden, weil dem Angeklagten T. aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Telekommunikationsgeschäft bekannt war, dass Besitzer von Mobiltelefonen zu dieser Zeit mit Weihnachts- und/oder Neujahrsgrüßen von Verwandten oder Bekannten rechneten und deshalb ihre Bereitschaft, eine hinterlassene Rufnummer zurückzurufen, erhöht war. Die Erlöse aus den so generierten Telefongebühren für den Mehrwertdienst - 98 Cent pro Anruf - wollten die Angeklagten und weitere beteiligte Personen - abzüglich des vertraglich dem Vermieter der Mehrwertdienstenummer zustehenden Anteils - nach einem nicht feststellbaren Verteilungsschlüssel untereinander aufteilen.
5
Dem Angeklagten O. kam nach dem vom Angeklagten T. entwickelten Tatplan neben der technischen Umsetzung auch die Beschaffung der Mehrwertdienstenummern zu. Er wandte sich dazu an die Angeklagte R. , die in Kenntnis der geplanten Ping-Anrufe den Kontakt zu einem ihr bekannten Vermieter von Mehrwertdienstenummern herstellte. Die Nummern wurden anschließend von der im Libanon ansässigen Gesellschaft eines dem Angeklagten T. bekannten libanesischen Geschäftsmanns angemietet; durch die Einschaltung dieses Unternehmens sollten die zu erwartenden Vergütungen ins Ausland geschafft und deutschen Behörden der Zugriff darauf erschwert oder unmöglich gemacht werden. Die Angeklagten O. und T. entschieden sich für Mehrwertdienstenummern mit der Vorwahl "0137", weil sie aufgrund der Ähnlichkeit zu einer Vorwahl des Mobilfunknetzbetreibers Vodafone/D2 ("0173") erwarteten, dass zahlreiche Anrufer die tatsächlich im Anrufspeicher hinterlassene Rufnummer nicht als Mehrwertdienstenummer erkennen würden. Diese erhoffte Fehlvorstellung suchten sie vereinbarungsgemäß durch das gewählte Format der Mehrwertdienstenummer zu verstärken: Indem sie zur Verschleierung der Vorwahl "0137" die Länderkennung für Deutschland voranstellten , so dass die im Telefonspeicher angezeigte Rufnummer mit den Zeichen "+49137" begann, sollte der Eindruck entstehen, es handele sich um den (entgangenen ) Anruf von einer herkömmlichen Mobilfunknummer aus dem Vodafone-Netz.
6
Zur Tatzeit waren solche Ping-Anrufe nach einem Verhaltenskodex, den sich die deutschen Telekommunikationsdienstleister selbst gegeben hatten, unzulässig. Dieser Kodex war auch Bestandteil der abgeschlossenen Verträge zur Anmietung der Mehrwertdienstenummern. Da die Angeklagten T. und O. deshalb befürchteten, die Nummern könnten infolge von Beschwerden von Angerufenen abgeschaltet werden, beschlossen sie, ihr Vorgehen als eine nach dem Verhaltenskodex zulässige Abstimmung zu tarnen. Sie wählten als Thema die zum 1. Januar 2007 anstehende Erhöhung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes und ließen unter der Adresse www. .net eine Internetseite einrichten, auf der - täglich wechselnd - die von ihnen für die Ping-Anrufe verwendeten Mehrwertdienstenummern angegeben wurden.
7
Dem Tatplan entsprechend wurden die 20 angemieteten Mehrwertdienstenummern kurz vor Weihnachten freigeschaltet. Über die von dem Angeklagten O. kontrollierten Server rief er ab dem Abend des 22. Dezember 2006 bis zum 28. Dezember 2006 unter Zuhilfenahme einer Datenbank, in der über 10 Millionen Mobilfunknummern gespeichert waren, eine - im Einzelnen nicht mehr feststellbare - Vielzahl dieser Nummern an. Etwa 785.000 Inhaber eines angerufenen Mobilfunkanschlusses riefen zurück, wobei es wegen Leitungsüberlastung nur in 660.000 Fällen zu einer ausreichenden Verbindung mit Auslösung des Mehrwertdienstes kam. Etwa 60.000 dieser Anrufer nutzten einen Festnetzanschluss, nachdem sie die Nummer vom Display ihres Mobiltelefons abgelesen hatten. Ab dem 28. Dezember 2006 wurden die Mehrwertdienstenummern infolge massenhafter Beschwerden sukzessive gesperrt; die Bundesnetzagentur verhängte ein Rechnungslegungs- und Inkassoverbot, so dass keine Geldbeträge an die Angeklagten bzw. die von ihnen eingesetzte libanesische Gesellschaft ausgekehrt wurden. Gleichwohl vereinnahmten die Mobilfunknetzbetreiber die Gebühren im Wege des Forderungseinzugs von ihren Kunden und erstatteten sie nur in den wenigen Fällen zurück, in denen es zu konkreten Beschwerden kam.
8
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch. Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
9
a) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Tatbestandsmerkmale der Täuschung und - dadurch hervorgerufen - des Irrtums im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB erfüllt sind.
10
Die Strafkammer hat - dem Eröffnungsbeschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg (Beschluss vom 20. August 2010 - 1 Ws 371/10, wistra 2010, 453 mit Anmerkungen von Jahn, JuS 2010, 1119 und Eiden, Jura 2011, 863) in dieser Sache folgend - die Täuschung in Folgendem gesehen: Ein eingehender Anruf stelle einen Vorgang dar, der die konkludente Erklärung erhalte, der Anrufer strebe über das Herstellen der Telefonverbindung hinaus eine inhaltlich ernstgemeinte zwischenmenschliche Kommunikation mit dem Angerufenen an. Über diese innere Tatsache werde getäuscht, wenn - wie hier - der Anrufer tatsächlich gar nicht kommunizieren wolle. Hinzu komme die Täuschung - und der entsprechende Irrtum - darüber, woher der Anruf "technisch" gekommen sei, da durch das Format der übertragenen Rufnummer habe verschleiert werden sollen , dass es sich um eine teure Mehrwertdienste- und nicht um eine herkömmliche Mobilfunkrufnummer gehandelt habe. Zudem hätten die Angerufenen in der Weihnachtszeit im besonderen Maße mit Anrufen von Verwandten und Bekannten gerechnet.
11
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Täuschung liegt vor.
12
(1) Das Landgericht hat in dem eingehenden Anruf die schlüssige Übermittlung eines Kommunikationswunsches gesehen. Dieses Abstellen auf einen stillschweigenden Erklärungsinhalt ist zunächst im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden : Beim Betrug kann auch konkludent getäuscht werden, namentlich durch ein irreführendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist (BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3 mwN).
13
Rechtlich beanstandungsfrei ist das Landgericht aber auch davon ausgegangen , dass mit einem Anruf, bei dem die Rufnummer hinterlassen wird, nach der objektiv zu bestimmenden Verkehrsanschauung (BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3 f.) zugleich die Erklärung übermittelt wird, der Anrufer habe mit dem Angerufenen kommunizieren wollen. Diese Auffassung, der sich der Senat anschließt, entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (OLG Oldenburg aaO, wistra 2010, 453, 454; LG Hildesheim, Urteil vom 10. Februar 2004 - 26 KLs 16 Js 26785/02, MMR 2005, 130, 131; Ellbogen/Erfurth, CR 2008, 635; Eiden, Jura 2011, 863, 865 f.; Kölbel, JuS 2013, 193, 195 f.; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 11 f.; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 28c; Park/Zieschang, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., § 263 Rn. 36 Fn. 40 ; Geppert/Schütz, BeckTKG-Komm/Ditscheid/Rudloff, 4. Aufl., Vorbemerkung vor § 66a Rn. 40; so wohl auch Brand/Reschke, NStZ 2011, 379, 381; im Ergebnis auch BeckOK- v. Heintschel-Heinegg/Beukelmann, StGB, § 263 Rn. 17.2 [Stand: 8. März 2013]). Da die Angeklagten tatsächlich keine Kommunikation mit den Geschädigten anstrebten, war diese Erklärung unwahr.
14
Soweit einige Autoren die Auffassung vertreten, das Hinterlassen der Rufnummer in der Anrufliste eines Mobiltelefons erlaube insbesondere mit Blick darauf, dass ein Anruf in Abwesenheit automatisch in der Anrufliste gespeichert werde, keine Rückschlüsse auf den Willen des Anrufers, der Erklärungswert erschöpfe sich vielmehr darin, dass ein Anruf mit Rufnummernübermittlung eingegangen sei (Erb, ZIS 2011, 368, 369, der im Folgenden allerdings den von ihm angenommenen, durch Suggestion erregten Irrtum der Angerufenen ebenfalls unter § 263 StGB subsumiert; MüKoStGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263 Rn. 119; Lux/Schumann, ZWH 2013, 10, 13 f.; im Ergebnis ebenso Ladiges, JuS 2012, 50, 54 f.; kritisch auch Jahn, JuS 2010, 1119, 1120; NK-StGBKindhäuser , 4. Aufl., § 263 Rn. 109 mit Fn. 3; Becker, JuS 2014, 307, 311 f.), kann dem nicht gefolgt werden: Ein Telefon stellt nach allgemeiner Auffassung ein Kommunikationsmittel dar, so dass die damit vorgenommene Anwahl eines anderen Telefons - wenn zwischen den Teilnehmern nichts anderes vereinbart ist (vgl. insoweit Eiden, Jura 2011, 863, 866) - von dem durchschnittlichen Nutzer eines Mobiltelefons als Angerufenem zu Recht so verstanden werden darf, dass auch der Anrufer sein Telefon als Kommunikationsmittel nutzen wollte (Eiden, Jura 2011, 863, 866; Kölbel, JuS 2013, 193, 196). Der Umstand der automatischen Erstellung der Anrufliste ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, zumal durch den Anrufer in jedem Fall eingestellt werden kann, ob die Rufnummer übermittelt werden soll (insoweit zustimmend Lux/Schumann, ZWH 2013, 10, 13); die automatisch erstellte Mitteilung, von welcher Rufnummer aus der Kommunikationswunsch kommuniziert wurde, ist dem Anrufer mithin objektiv zurechenbar. Dass manche Personen Mobiltelefone auch zu anderen - in aller Regel missbräuchlichen - Zwecken anrufen (Klingelstreiche, sog. Telefonterror oder eben die hier getätigten Ping-Anrufe), wohnt der mit dem Anruf schlüssig übermittelten Nachricht über ein Kommunikationsanliegen als einschränkende Möglichkeit inne, stellt diese nach der Verkehrsanschauung in dem Anruf enthaltene Botschaft indes nicht grundsätzlich in Frage (Kölbel aaO).
15
(2) Eine weitere den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB erfüllende Täuschung liegt in der den Angerufenen zugleich konkludent vorgespiegelten Möglichkeit , einen Rückruf bei der in ihrem Mobiltelefon hinterlassenen Nummer zu dem jeweils mit ihrem Netzbetreiber vereinbarten Tarif ohne darüber hinausgehende Kosten durchführen zu können (Kölbel, JuS 2013, 193, 196; MüKoStGB/Hefendehl aaO, § 263 Rn. 119). Hierzu gilt:
16
Tatsächlich wurden die Mobiltelefone von Festnetzanschlüssen aus angewählt , an denen der Angeklagte O. die von ihm genutzten Telefon-Server betrieb, nicht aber von der Mehrwertdienstenummer, die im Anrufspeicher der Mobiltelefone hinterlegt wurde. Letzteres war auch gar nicht möglich, da von Mehrwertdienstenummern tatsächlich keine ausgehenden Anrufe getätigt werden können (vgl. Ellbogen/Erfurth, CR 2008, 635). Die hinterlegte Rufnummer war mithin falsch, worauf auch die Strafkammer maßgeblich mit ihrer Würdigung abgestellt hat, die Angerufenen seien darüber getäuscht worden, woher der Anruf technisch kam. Allein darin liegt indes eine betrugsrelevante Täuschung noch nicht, weil die rein technische Herkunft des Anrufs für die Angerufenen ohne Bedeutung war.
17
Darin erschöpft sich der Erklärungsinhalt der übermittelten Telefonnummer allerdings nicht. Kommt eine konkludente Täuschung in Betracht, so sind bei der Ermittlung des Inhalts einer stillschweigenden Erklärung anhand der Verkehrsanschauung auch solche Konstellationen zu berücksichtigen, in denen einer (schlüssigen) Erklärung aufgrund Gesetzes oder Vereinbarung ein bestimmter Gehalt zugewiesen wird; will der Handelnde eine Erklärung dieses normativ vorstrukturierten Erklärungsgehalts indes tatsächlich nicht abgeben, täuscht er zumindest konkludent (MüKoStGB/Hefendehl aaO, § 263 Rn. 105).
18
Danach ergibt sich der schlüssige Erklärungsinhalt, ein Rückruf sei mit keinen erhöhten Kosten verbunden, daraus, dass nur solche Nummern im Rufnummernspeicher eines angerufenen Mobiltelefons hinterlassen werden durften , für die dies zutraf. Das Hinterlassen einer Mehrwertdienstenummer im Rufnummernspeicher war und ist hingegen unzulässig. Nach heutiger Rechtslage ergibt sich die gesetzliche Unzulässigkeit aus § 66k TKG. Das Verbot der Übermittlung von Mehrwertdienstenummern als Rufnummer des Anrufers trat mit § 66j TKG aF zwar erst mit Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (BGBl. I 2007, S. 106) zum 1. September 2007 in Kraft und sollte gerade auch sog. Ping-Anrufe unterbinden (BT-Drucks. 16/2581, S. 32 f.; 16/3635, S. 32, 46). Für die Tatzeit ergibt sich die Unzulässigkeit dieses Vorgehens aber aus der von der Strafkammer festgestellten Selbstverpflichtung der deutschen Telekommunikationsunternehmen, die Bestandteil der Verträge zur Anmietung der Mehrwertdienstenummern geworden und nach der das "Anpingen" unzulässig war. Angesichts dieser Umstände wird der täuschende Erklärungswert der - falschen - übermittelten Rufnummer nicht dadurch aufgehoben, dass der Angerufene - jedenfalls bei gehöriger Überprüfung - die hinterlassene Rufnummer als eine solche erkennen konnte, die eine besondere Kostenpflicht auslösen (MüKoStGB/Hefendehl aaO, § 263 Rn. 119), zumal dies von den Angeklagten durch die mit der Voranstellung der Länderkennziffer verbundene "Rufnummerntarnung" bewusst erschwert wurde (vgl. dazu Kölbel, JuS 2013, 193, 196).
19
bb) Die Angerufenen, die bei der hinterlassenen Rufnummer zurückriefen , befanden sich im Irrtum über den tatsächlich nicht bestehenden Kommunikationswunsch sowie - jedenfalls in Form eines sachgedanklichen Mitbewusstseins (vgl. dazu BGH, Urteile vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 884) - über die Kostenpflichtigkeit des von ihnen getätigten Rückrufs. Dass dieser Irrtum vermeidbar gewesen sein mag - was insbesondere in den etwa 60.000 Fällen , in denen die Angerufenen die Mehrwertdienstenummer zuvor von ihrem Mobiltelefon auf ihr Festnetztelefon übertrugen, nicht fernliegend erscheint -, steht der Verwirklichung dieses Tatbestandsmerkmals nicht entgegen (BGH, Urteile vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 5, und vom 22. Oktober 1986 - 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199, 201; kritisch Jahn, JuS 2010, 1119, 1120 mwN; gegen den Ansatz der "Viktimodogmatik" in Fällen wie dem vorliegenden überzeugend Erb, ZIS 2011, 368, 372 ff.). Dass die Angeklagten diesen Irrtum auch hervorrufen wollten, zeigt das die Mehrwertdienstenummer verschleiernde Format, mit dem diese auf den angerufenen Mobiltelefonen hinterlassen wurde. Nur in diesem Kontext ist auch das von der Strafkammer schon im Zusammenhang mit der Täuschung angeführte, von den Angeklagten bewusst gewählte Zeitfenster der Ping-Anrufe in der Weihnachtszeit von Bedeutung , da die von ihnen erwartete und bei den Angerufenen tatsächlich vorhandene Erwartungshaltung, einen Weihnachtsgruß verpasst zu haben, deren Sorgfalt, mit der sie die zurückzurufende Nummer überprüften, nachteilig beeinflusst haben mag.
20
b) In subjektiver Hinsicht ist das Landgericht - entgegen der Auffassung der Revision - zutreffend auch vom Vorliegen der Absicht einer stoffgleichen Bereicherung ausgegangen.
21
Insoweit wird in der Literatur zwar das Merkmal der Stoffgleichheit verneint , wenn - wie es bei Mehrwertdienstenummern mit der auch hier verwendeten Vorwahl "0137" üblich sein soll - im sogenannten Online-Billing-Verfahren abgerechnet wird (vgl. Brand/Reschke, NStZ 2011, 379, 380 ff.; diesen folgend LK/Tiedemann aaO, § 263 Rn. 258; MüKoStGB/Hefendehl aaO, § 263 Rn. 791; aA Kölbel, JuS 2013, 193, 198). Denn bei diesem Abrechnungsverfahren würden die Mehrwertdiensteforderungen von den Teilnehmernetzbetreibern - also den Mobilfunkanbietern der Angerufenen - regelmäßig vorab erworben, die neben einem Teil der Transportleistung auch die Fakturierung und das Inkasso im Rahmen einer Delkrederevereinbarung übernähmen und den Teilnehmern gegenüber als Forderungsinhaber aufträten (vgl. Ditscheid/Rudloff in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 66a ff. TKG, Rn. 2). In diesen Fällen stamme der von den Tätern angestrebte Vorteil nicht aus dem Vermögen der Angerufenen, sondern aus demjenigen der Mobilfunkanbieter (Brand/Reschke, NStZ 2011, 379, 382).
22
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts wurden die Mehrwertdienste hier aber nicht auf diese Art und Weise abgerechnet , vielmehr zogen die Mobilfunkanbieter die durch die Ping-Anrufe generierten Forderungen lediglich ein und waren verpflichtet, die Erlöse an ihren Vertragspartner - nach Abzug des eigenen Anteils - auszuzahlen. Auf diesem Weg über die Abrechnungskette hätten auch die Angeklagten von ihrem Vertragspartner die Ausschüttung der Mehrwertdiensterlöse erhalten sollen. Damit entstammte der angestrebte Vorteil dem Vermögen der Angerufenen, weil die Angeklagten nach dem vereinbarten Abrechnungsmodell erst befriedigt werden sollten, wenn die Mobilfunkanbieter die Forderungen einziehen konnten.
23
3. Vor dem Hintergrund der unter 2. a) dargestellten Rechtslage werden die getroffenen Feststellungen von einer sachlich-rechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung getragen. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass die Strafkammer nur neun der potentiell Geschädigten, also der Angerufenen, in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommen hat. Auch angesichts der großen Zahl von Geschädigten - nach den Schätzungen des Landgerichts, bei der es bereits Sicherheitsabschläge vorgenommen hat, riefen von den 660.000 Personen, die durch ihren Rückruf den Mehrwertdienst ausgelöst hatten, mindestens 80%, mithin 528.000 Personen irrtumsbedingt bei der hinterlassenen Rufnummer an und erhielten auch das erhöhte Entgelt für den Mehrwertdienst berechnet - ist es jedenfalls materiell-rechtlich unbedenklich, dass die Strafkammer mit Blick auf die eindeutige Interessenlage und das - jedenfalls in der Form des sachgedanklichen Mitbewusstseins - normativ vorgeprägte Vorstellungsbild der Geschädigten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschluss vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423) nicht mehr Zeugen vernommen hat: Es liegt auf der Hand, dass die Geschädigten den Rückruf bei einer Mehrwertdienstenummer zum Preis von mindestens 98 Cent pro Anruf, für den sie keine sinnvolle Gegenleistung erhielten, unterlassen hätten, wenn sie die Nummer erkannt und alsdann den zutreffenden Schluss gezogen hätten, dass ein Kommunikationswunsch dieses Anrufers nicht bestand. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der Unzulässigkeit der Ping-Anrufe auch davon ausgehen konnten, dass ihnen für den Rückruf keine erhöhten Gebühren in Rechnung gestellt wurden.
24
Spricht mithin alles dafür, dass jedenfalls die erfolgreichen Rückrufe bei der aufgesetzten Mehrwertdienstenummer täuschungsbedingt durchgeführt wurden, beschwert es die Angeklagten nicht, dass die Strafkammer trotz des Umstandes, dass alle acht Zeugen, die einen Rückruf unternommen hatten, sich auf einen Irrtum berufen haben, der neunte Zeuge - ein Softwareentwickler - hingegen bekundet hat, er habe nicht angerufen, weil er die hinterlassene Rufnummer als Mehrwertdienstenummer identifiziert hatte, gleichwohl von den 660.000 erfolgreichen Anrufen für die Schadensberechnung einen Abschlag von 20% vorgenommen hat.
25
4. Auch die Rechtsfolgenentscheidungen zeigen keinen Rechtsfehler zu Ungunsten der Angeklagten auf.

B. Revision der Staatsanwaltschaft
26
Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft erweist sich aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Erwägungen als unbegründet.
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

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4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
2 StR 365/12
vom
18. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Regelt der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens durch eine Blankettstrafnorm
, die auf eine außergesetzliche Bestimmung Bezug nimmt, so muss die vorrangige
Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben. Dies ist bei der Bezugnahme
von § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AMG a.F. auf
den jährlich aktualisierten Anhang zu dem Übereinkommen des Europarats gegen Doping
vom 16. November 1989 jedenfalls insoweit der Fall, als der Gesetzgeber bei Aktualisierungen
der Verweisungsnorm des § 6a AMG a.F. die dann aktuellen Verbotslisten
in seinen Willen aufgenommen hat.
BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12 - LG Bonn
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
28. August 2013 in der Verhandlung am 18. September 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichthof
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt aus Bonn und
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 6. Februar 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arz1 neimitteln zu Dopingzwecken im Sport zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Zeitraum vom 25. Mai 2008 bis 3. Dezember 2010 mit einem Wochenlohn von zuletzt 2.500 Euro in leitender Position für das Unternehmen „G. “ tätig.Das im Ausland ansässige Unternehmen betrieb einen Internethandel unter anderem mit Arzneimitteln, die anabol androgene Steroide enthielten. Besteller waren Bodybuilder und Kraftsportler in den USA, Kanada, Südafrika und ganz Europa. Zu den Aufgaben des Angeklagten als rechte Hand des Firmenchefs gehörten die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Vertriebsstruktur des Unternehmens sowie die Überwachung anderer Mitarbeiter. Im Tatzeitraum gingen Bestellungen von 107.070 Kunden ein. Der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug rund 43 Millionen US-Dollar. Darin enthalten war ein Umsatzanteil von rund 8,7 Millionen US-Dollar, der auf Warenlieferungen mit Arzneimitteln entfiel, welche die Wirkstoffe Testosteron, Clomifen, Methandienon, Boldenon, humanes Choriongonadotropin, Tamoxifen, Nandrolon, Decanoat, Stanozolol , Oxandrolon und Trenbolon enthielten.
3
Das Landgericht hat die hierauf bezogenen Handlungen des Angeklagten als eine Tat des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport bewertet. Die Tat sei von dem Angeklagten als Mittäter in den Varianten des Feilbietens und der Abgabe der Arzneimittel an andere begangen worden. Bodybuilding sei als Sport im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG einzustufen, ohne dass es darauf ankomme, ob die mit den Arzneimitteln erstrebte Leistungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, beim Training oder in der Freizeit gerichtet sei.

II.

4
Die Revision gegen dieses Urteil ist unbegründet.
5
1. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die Anklageschrift vom 6. Juni 2011 erfüllt ihre Umgrenzungsfunktion im Sinne von § 200 Abs. 1 StPO. Der Anklagesatz umschreibt die Tat im prozessualen Sinne in einer Weise, dass der Verfahrensgegenstand nicht verwechselt werden kann. Zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion ist es bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“, bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens tätigen Beteiligten die Ausführungshandlungen der Mitarbeiter zugerechnet werden, nicht erforderlich, sämtliche 107.070 Bestellvorgänge und entsprechende Warenlieferungen an die Kunden im Einzelnen mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 94). Der als eine Handlung im Rechtssinne bewertete Tatbeitrag des Angeklagten bestand in der übergreifenden Mitwirkung im Organisationsgefüge des Unternehmens, die im Anklagesatz in unverwechselbarer Weise umschrieben ist.
6
2. Die „Rüge der Nichtaussetzung der Hauptverhandlung wegen verspä- teter und unvollständiger Akteneinsichtsgewährung“ greift nicht durch.Sie ist schon unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar mitgeteilt, wann ihm die verspätete Akteneinsicht gewährt worden ist und wieviel Zeit die Sichtung der nachgereichten Unterlagen in Anspruch genommen hat. So kann der Senat nicht überprüfen, ob die Strafkammer die Hauptverhandlung hätte aussetzen müssen, weil die Verteidigung diese Unterlagen nicht bereits innerhalb der Unterbrechungen der Hauptverhandlung in ausreichendem Maße habe sichten können.
7
3. Die Sachrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
8
Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG und in Verbindung mit dem Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (vgl. Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II S. 334).
9
a) Bei den an Kunden des Unternehmens „G. “ versandten Waren handelte es sich um Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG, die durch Feilbieten bzw. Abgabe an andere in Verkehr gebracht wurden. Dem Angeklagten sind die entsprechenden Handlungen durch Mitarbeiter des Unternehmens "G. " gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Insoweit liegt bei ihm eine einheitliche Handlung vor (vgl. zu einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ Senat, Beschluss vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389).
10
b) Das Inverkehrbringen der Arzneimittel erfolgte zu Dopingzwecken im Sport. Der Tatbestand in § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 AMG erfasst neben dem Leistungssport auch den Breitensport. Die Stärkung des Muskel- wachstums im Zusammenhang mit „Bodybuilding“ durch Einnahme von Anabo- lika ist als Doping im Sport anzusehen (vgl. BT-Drucks. 13/9996 S. 13; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 2a Dopingmittel 2).
11
c) Die Regelung des § 6a Abs. 1 AMG findet allerdings nur Anwendung auf solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping vom 16. November 1989 aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen enthalten (§ 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport vom 24. Oktober 2007, BGBl. 2007 I, S. 2510). Dabei wird der Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping im Sport von der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats (Art. 10 des Übereinkommens gegen Doping) durch jährlich aktualisierte Verbotslisten, die sich inzwischen an den von der World-Anti-Doping-Agency (WADA) aufgestellten Verbotslisten orientieren, neu gefasst und jeweils im Bundesgesetzblatt (Teil II) veröffentlicht.
12
Es kann dahinstehen, ob alle von der „G. “ mit Hilfe des Angeklag- ten vertriebenen Dopingmittel schon in dem ursprünglichen Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989, BGBl. 1994 II S. 334), auf den § 6a Abs. 2 AMG Bezug nimmt, enthalten waren. Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei der Verweisung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG in der bis zum 25. Oktober 2012 geltenden Fassung um eine dynamische Verweisung auf die jeweils durch Beschluss der Beobachtenden Begleitgruppe des Europarats jährlich angepasste Fassung des Anhangs handelt (so ohne nähere Begründung BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09, NStZ 2010, 170, 171 und jetzt auch die Neufassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, BGBl. 2012 I, S. 2192: Verweis auf die „jeweils geltende Fassung des Anhangs“).

13
Der Gesetzgeber hat nämlich § 6a Abs. 2 AMG unter anderem durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport im Jahre 2007 (BGBl. 2007 I, S. 2510) und durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. 2009 I, S. 1990) geändert (weitere Änderungen erfolgten in den Jahren 2010, 2012 und 2013). Ihm war dabei bewusst, dass die Verbotslisten im Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping jährlich aktualisiert werden. Der Gesetzgeber hat damit die zur Tatzeit gültigen Listen (BGBl. 2007 II, S. 812 ff. und BGBl. 2009 II, S. 368 ff.) in seinen Willen aufgenommen. Die jeweils bestehenden Verbotslisten stellen den gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG maßgeblichen „Anhang zu dem Übereinkommen gegen Doping“ dar. Sie enthalten sämtliche von der „G. “ als Do- pingmittel vertriebenen Stoffe, deren Inverkehrbringen dem Angeklagten vorgeworfen wird. Diese Stoffe sind auch in weiteren Aktualisierungen der Verbotslisten aufgeführt (vgl. BGBl. 2010 II, S. 206; 2011 II, S. 78; 2012 II, S. 118; 2013 II, S. 177). Es besteht kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber zurzeit der Änderungen des § 6a AMG jeweils den Umgang mit diesen Stoffen unter das strafrechtliche Verbot des § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG stellen und daran festhalten wollte.
14
Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 55/12
vom
20. Dezember 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
Zur Schadensfeststellung beim Sportwettenbetrug (Fortführung von BGH, Urteil vom
15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165).
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12 - LG Bochum
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. November 2012 in der Sitzung vom 20. Dezember 2012, an der teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten C. in der Verhandlung und
bei der Verkündung,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. in der Verhandlung
am 15. November 2012,
Justizangestellte in der Verhandlung am 15. November 2012,
Justizangestellte bei der Verkündung am 20. Dezember 2012
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 19. Mai 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten C. im Schuldspruch in den Fällen 2, 8, 18, 25 und 28, im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. im Schuldspruch in den Fällen 18, 25 und 28 sowie – insoweit unter Aufrechterhaltung der Feststellungen – in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27, im Ausspruch über die Gesamtstrafe und hinsichtlich der Feststellung zu § 111i Abs. 2 StPO. 2. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
4. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S. sowie die Revision des Angeklagten C. werden verworfen. 5. Der Angeklagte C. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten C. und S. wegen „gewerbsmäßigen“ Betrugs in 26 Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb (C. ) und „gewerbsmäßigen“ Betrugs in 22 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb (S. ), jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es hinsichtlich beider Angeklagten Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Mit ihren Revisionen beanstanden die Angeklagten das Verfahren und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen, dass keine Verurteilung wegen Bandenbetrugs gemäß § 263 Abs. 5 StGB erfolgt ist und in den Fällen 2, 8, 18, 25 und 28 nur ein versuchter und kein vollendeter Betrug angenommen wurde. Außerdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht in seine Betrachtungen einbe- zogen, dass die Angeklagten in einer Vielzahl von Fällen „Vermögensverluste großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263Abs. 3 Nr. 2 StGB verursacht haben. Soweit die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung der Angeklagten wegen Bandenbetruges anstrebt, wird ihr Rechtsmittel durch den Generalbundesanwalt nicht vertreten.

I.


2
Nach den Feststellungen platzierten die Angeklagten zumeist gemeinsam , aber auch allein, bei verschiedenen Wettanbietern in Europa und Asien zu verbindlichen Quoten angebotene Wetten auf die Ergebnisse von Fußballspielen , auf deren Ausgang sie durch Zahlungen an Spieler oder Schiedsrichter Einfluss genommen hatten.
3
Bei Wetten mit verbindlichen Quoten lobt der Wettanbieter für das jeweilige Spiel eine bestimmte Wettquote aus, die das Verhältnis von Einsatz und möglichem Gewinn widerspiegelt. Dabei geht der Wettanbieter davon aus, dass sich die Wetteinsätze weitgehend nach den Wahrscheinlichkeiten verteilen werden, mit denen ein bestimmter Spielausgang zu erwarten ist. Die Wettquoten werden nach der zu erwartenden Verteilung der Wetteinsätze kalkuliert und so bemessen, dass „unter dem Strich“ unabhängig von dem Ergebnis des je- weiligen Spiels ein Gewinn verbleibt (UA 16). Wird auf das Spielergebnis manipulativ eingewirkt, kann der Wettanbieter das betroffene Spiel nicht mehr zuverlässig kalkulieren. Wetten auf bekannt manipulierte Spiele werden daher nicht angenommen (UA 17).
4
Soweit von den Angeklagten gemeinsam Wetten mit Anbietern aus Asien abgeschlossen wurden, geschah dies durch den Angeklagten S. , der sich dazu in der Regel der in London ansässigen Ltd. als Vermittler bediente (Fälle 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 23, 24, 25, 26, 27, 28). Dabei teilte der Angeklagte S. den Mitarbeitern der Firma Ltd. zumeist telefonisch mit, welche Wetten er platzieren wollte. Die Vermittler schlossen dann bei verschiedenen Wettanbietern einen oder mehrere Wettverträge auf das jeweilige Spiel ab. Nach der Ausführung des Auftrages erhielt der Angeklagte S. auf gleichem Weg eine Bestätigung. Den Mitarbeitern der Ltd. waren die Manipulationen bekannt. Bei einem Treffen am 11. August 2008 besprachen der Angeklagte S. und die für die Ltd. angereisten anderweitig verfolgten H. , Ch. und Cha. die Konditionen für die weitere Zusammenarbeit. Dabei wurde ein sog. „Sterne-System“ ent- wickelt, nach dem der Angeklagte S. bei der Aufgabe einer Wette den Mitarbeitern der Ltd. mitteilen sollte, in welchem Ausmaß er die zu bewettende Partie manipuliert hatte. Je mehr Spieler von ihm korrumpiert worden wa- ren, desto mehr „Sterne“ sollte er der Partie verleihen. Die Ltd. verdien- te an der Vermittlung, indem sie die von den Wettanbietern in Asien angebotenen Quoten gegenüber dem Angeklagten S. geringfügig verschlechterte. Spiele, die den Mitarbeitern der Firma Ltd. als „sicher“ erschienen, wurden von ihnen – ohne Wissen der Angeklagten – auch gezielt zu Wetten auf eigene Rechnung ausgenutzt. Weder der Angeklagte S. noch die von ihm beauftragten Vermittler der Firma Ltd. legten gegenüber den asiatischen Wettanbietern offen, dass die gewetteten Spiele manipuliert waren. Den Wettanbietern wurde auf diese Weise vorgespiegelt, dass es sich um „normale“ unbeeinflusste Spiele handelte (UA 20, 21 f.). Die erzielten Gewinne flossen über die Vermittler zunächst auf ein von dem Angeklagten S. geführtes Konto. Der Angeklagte C. erhielt seinen Anteil im Rahmen eines „Kontokorrentsystems“ , das von Zeit zu Zeit durch Zahlungen ausgeglichen wurde und bei dem es zu Verrechnungen mit neu zu leistenden Einsätzen kam (UA 24). In einem Fall platzierte der Angeklagte S. eine Wette für sich und den Angeklagten C. bei einem asiatischen Wettanbieter über den niederländischen Staatsangehörigen R. (Fall 22). In einem weiteren Fall wurde eine Wette durch den Angeklagten C. bei dem auf Malta registrierten Wettanbieter - auf ein von ihm zusammen mit dem Angeklagten S. beeinflusstes Spiel abgeschlossen. Der Angeklagte S. war an dem von dem Angeklag- ten C. erzielten Gewinn über eine Wette beteiligt, die C. von ihm auf dieses Spiel angenommen hatte (Fall 11). Auch in diesen Fällen wurden die Manipulationen nicht offengelegt (UA 30, 37).
5
In zwei Fällen schloss der Angeklagte S. Wettverträge auf manipulierte Spiele ohne Beteiligung des Angeklagten C. mit asiatischen Wettanbietern ab (Fälle 19, 20), wobei er sich ebenfalls der Ltd. als Vermittler bediente. Außerdem platzierte er auf ein manipuliertes Spiel neben der gemeinsamen auch eine eigene Wette, wobei er den Vertrag über einen griechischen Vermittler abschloss (Fall 27).
6
Neben den gemeinsamen Wetten mit dem Angeklagten S. schloss der Angeklagte C. in sechs weiteren Fällen allein oder mit anderen Mittätern Wetten bei dem Anbieter - oder bei asiatischen Wettanbietern auf manipulierte Fußballspiele ab (Fälle 2, 3, 4, 6, 8, 12) und platzierte zudem ohne Wissen des Angeklagten S. weitere eigene Wetten auf Spiele, auf die der Angeklagte S. oder beide bereits gemeinsam gewettet hatten (Fälle 7, 9, 10, 13, 14, 23). Auch dabei wurden die Manipulationen nicht offengelegt (UA 21 ff.).
7
Insgesamt wettete der Angeklagte S. gemeinsam mit dem Angeklagten C. oder allein auf 22 beeinflusste Fußballspiele, wobei es in 19 Fällen zu dem angestrebten Spielausgang kam. Dadurch konnte der Angeklagte S. Gewinne zwischen 7.500 Euro und 534.875,03 Euro erzielen. In drei Fällen verlor er seinen Einsatz, weil die Spiele anders als gewettet ausgingen. Der Angeklagte C. schloss allein oder gemeinsam mit dem Angeklagten S. auf 26 beeinflusste Fußballspiele Wetten ab. In 21 Fällen kam es zu dem von ihm gewetteten Spielausgang. Dabei erzielte er Gewinne zwischen 10.224,50 Euro und 561.262,53 Euro. In fünf Fällen gingen die Spiele anders als gewettet aus, sodass der Angeklagte C. seinen Einsatz verlor.
8
Das Landgericht hat bei beiden Angeklagten in allen Fällen einen vollendeten Betrug angenommen, in denen Gewinne erzielt und ausbezahlt wurden. Die Fälle, in denen die Angeklagten keine Zahlungen erhielten, hat das Landgericht als versuchten Betrug gewertet, weil den Wettanbietern kein Vermögensschaden entstanden sei. Ein sog. Quotenschaden, der bereits mit dem Abschluss des Wettvertrages eintreten soll, liege nicht vor, weil die Wettanbieter bei Kenntnis der Manipulationen die Wettverträge nicht lediglich anders kalkuliert , sondern gar nicht abgeschlossen hätten. Auch könne ein Quotenschaden nicht in einer Weise quantifiziert werden, die den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 23. Juni 2010 (BVerfGE 126, 170) aufgestellten Anforderungen genüge.

II.


9
Die Revision des Angeklagten S. führt zur Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Revision des Angeklagten C. hat insgesamt keinen Erfolg.
10
1. Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
11
a) Die Rüge des Angeklagten S. , das Landgericht habe gegen § 136a Abs. 1 Satz 3 1. Alt. StPO verstoßen, indem es ihn am 11. Hauptverhandlungstag durch die Androhung, den gegen ihn gerichteten Haftbefehl wie- der in Vollzug zu setzen, dazu veranlasst habe, sich von drei Beweisanträgen seiner Verteidiger und den darin aufgestellten Behauptungen zu einer Kenntnis der asiatischen Wettanbieter von den Manipulationen zu distanzieren und deren Rücknahme zu veranlassen, bleibt erfolglos, weil das hierzu angebrachte Tatsachenvorbringen , soweit es bewiesen ist, den geltend gemachten Rechtsverstoß nicht belegt.
12
aa) Der Angeklagte S. trägt – gestützt auf entsprechende anwaltliche Versicherungen – vor, der Vorsitzende habe nach der Stellung von drei Beweisanträgen erklärt, der Angeklagte rücke aus seiner Sicht mit diesen Anträgen von seiner Einlassung ab und stelle sein bisheriges Prozessverhalten infrage. Die Kammer werde deshalb die Frage der Fluchtgefahr neu zu bewerten haben, weil darin möglicherweise ein Abrücken von dem vorherigen Geständnis liege und damit die Straferwartung, die bei der Haftverschonung nach dem in der Hauptverhandlung abgegebenen Geständnis zugrunde gelegt worden sei, entfallen sein könnte. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft habe dem beigepflichtet. Da er, der Angeklagte S. , auf keinen Fall das Risiko einer erneuten Inhaftierung habe eingehen wollen, habe sein Verteidiger während der anschließenden Unterbrechung der Hauptverhandlung das Dienst- und Beratungszimmer des Gerichts aufgesucht. Dabei habe er die Richter in einer Situation angetroffen, die für ihn deutlich gemacht habe, dass diese gerade beim Abfassen eines Wiederinhaftierungsbeschlusses gewesen seien. Der Verteidiger habe den anwesenden Berufsrichtern erklärt, dass der Angeklagte auf keinen Fall eine erneute Inhaftierung riskieren wolle und bereit sei, die gestellten Beweisanträge zurückzunehmen. Der Vorsitzende habe daraufhin mitgeteilt, dass die Kammer in diesem Fall erwägen würde, von einer Wiederinhaftierung abzusehen. Nach einer Diskussion über die Bedingungen für ein Absehen von einer erneuten Inhaftierung habe der Vorsitzende schließlich auch noch erklärt, dass ihm eine Rücknahme der Beweisanträge nicht ausreiche; der Angeklagte müsse sich auch noch von den aufgestellten Beweisbehauptungen distanzieren. In der Folge habe er auch diese Erklärung abgegeben.
13
Nach dem Protokoll wurde im Anschluss an die Verlesung der Beweisanträge von dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft „in seiner Stellungnahme herausgestellt, ob die Frage der Haftverschonung angesichts der gestellten Beweisanträge möglicherweise neu zu beurteilen ist“. Wie sich aus der dienstlichen Stellungnahme der Berufsrichter ergibt, hat der Vorsitzende nach der Antragstellung mitgeteilt, dass der Angeklagte mit diesen Beweisanträgen von seiner bisherigen geständigen Aussage abrücke. Die Hauptverhandlung sei unterbrochen worden, um die auch von der Staatsanwaltschaft aufgeworfene Frage der Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls zu beraten. Der Verteidiger des Angeklagten habe das Dienstzimmer aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt sei noch keine irgendwie geartete konkrete Maßnahme zur Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls vorbereitet oder bereits durchgeführt worden. Der Verteidiger habe angekündigt, die gestellten Beweisanträge zurückzunehmen. Von der Kammer sei ihm zudem anheim gestellt worden, den Angeklagten auch selbst versichern zu lassen, dass er sich von den gestellten Anträgen und ihrem Inhalt distanziere.
14
bb) Eine Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme gemäß § 136a Abs. 1 Satz 3 1. Alt. StPO liegt vor, wenn eine in der konkreten Situation prozessual unstatthafte Maßnahme in Aussicht gestellt wird und dadurch für den Bedrohten eine Zwangslage entsteht, die ihm eine sofortige Entscheidung abnötigt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1961 – 2 StR 485/60, BGHSt 17, 14, 20 f.). Dies hat der Senat (Urteil vom 16. September 2004 – 4 StR 84/04, NStZ 2005, 279, 280) in einem Fall bejaht, in dem das Gericht eindeutig zum Aus- druck gebracht hatte, dass der Angeklagte in Haft genommen werde, falls er nicht gestehe, sondern den beabsichtigten Beweisantrag stelle.
15
Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich. Die eindeutig als eigene vorläufige Einschätzung gekennzeichnete Erklärung des Vorsitzenden zum Inhalt der Beweisanträge und ihrer möglichen Bedeutung für die Haftfrage („aus meiner Sicht“, „möglicherweise“) stellt noch keine zu einer Dro- hung verdichtete Ankündigung der sofortigen Inhaftierung dar (vgl. Gleß in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 136a Rn. 57). Auch war dem anwaltlich vertretenen Angeklagten bekannt, dass eine Invollzugsetzung des Haftbefehls nicht durch den Vorsitzenden allein, sondern nur durch eine Entscheidung aller drei Berufsrichter bewirkt werden konnte. Dass der Erklärung des Vorsitzenden eine Verständigung unter den Berufsrichtern vorangegangen ist, trägt die Revision nicht vor.
16
Auch in der Unterbrechung der Sitzung, um über eine Invollzugsetzung des Haftbefehls zu beraten, lag keine (konkludente) Androhung einer sofortigen Inhaftierung des Angeklagten. Nachdem auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in seiner Stellungnahme zu den Beweisanträgen diese Maßnahme ausdrücklich in den Raum gestellt hatte, bestand ein entsprechender Erörterungsbedarf. Soweit der Verteidiger bei seinem Erscheinen im Beratungszimmer den Eindruck gewonnen hatte, dass die Richter gerade mit der Abfassung eines Invollzugsetzungsbeschlusses befasst waren, stehen dem die dienstlichen Äußerungen entgegen. Der Vortrag, bei dem anschließenden Gespräch im Beratungszimmer sei dem Angeklagten über seinen Verteidiger die Distanzierungserklärung unter Hinweis auf eine sonst drohende Inhaftierung abverlangt worden, widerspricht ebenfalls den dienstlichen Erklärungen der beteiligten Richter („anheimgestellt“) und ist daher nicht bewiesen.
17
b) Die von den beiden Angeklagten erhobenen Aufklärungsrügen greifen aus den in den Zuschriften des Generalbundesanwalts vom 1. März 2012 genannten Gründen nicht durch.
18
2. Soweit die Angeklagten wegen (versuchten) Betrugs verurteilt worden sind, weist das Urteil keinen sie beschwerenden Rechtsfehler auf.
19
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Angeklagten selbst oder durch ihre Vermittler bei der Abgabe der Wetten gegenüber den Wettanbietern konkludent der Wahrheit zuwider erklärt haben, dass der Verlauf oder der Ausgang der gewetteten Spiele von ihnen nicht beeinflusst worden ist. Die Manipulationsfreiheit des Wettgegenstandes gehört zur Geschäftsgrundlage der Wette. Beide Parteien sichern sich daher stillschweigend zu, auf das gewettete Spiel keinen Einfluss genommen zu haben. Dadurch wurde bei den Wettanbietern – jedenfalls in der Form des sachgedanklichen Mitbewusstseins – ein entsprechender Irrtum erregt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 16 ff.; Urteil vom 19. Dezember 1979 – 3 StR 313/79, BGHSt 29, 165, 167 f.; RG, Urteil vom 17. Dezember 1928 – III 1006/28, RGSt 62, 415, 416), die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat (Cramer/Perron, in Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 263 Rn. 16e; Fischer, 60. Aufl., § 263 Rn. 32; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 38; Fasten/Oppermann, JA 2006, 69, 71; Feinendegen, NJW 2007, 787, 788; Gaede, HRRS 2007, 16; Krack, ZIS 2007, 103, 105; Kubiciel, HRRS 2007, 68, 69 f.; Petropoulos/Morozinis, wistra 2009, 254, 255; Reinhart, SpuRt 2007, 52, 53 f.; Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 362 ff.; vgl. auch Maaß, GA 1984, 264, 280 ff.; aus zivilrechtlicher Sicht Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand , S. 471).
20
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Erfassung konkludenter Täuschungen ist vom Wortlaut der Vorschrift des § 263 Abs. 1 StGB gedeckt und führt nicht zu einer Entgrenzung des Tatbestandes, sodass im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG keine Bedenken bestehen (vgl. BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 168). Der Einwand, es liege keine Feststellung von Tatsachen mehr vor, wenn das Vorliegen einer konkludenten Täuschung über die Manipulationsfreiheit des gewetteten Spieles ohne Ermittlung des tatsächlichen Verständnisses der Beteiligten allein aus dem Wesen des Wettvertrages hergeleitet werde, verfängt nicht (Jahn/Maier, JuS 2007, 215, 217; a.A. Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 362 f.; vgl. noch Kraatz, JR 2012, 329, 331). Ob in einer bestimmten Kommunikationssituation neben einer ausdrücklichen auch eine konkludente Erklärung abgegeben worden ist und welchen Inhalt sie hat, bestimmt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont, der unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Verkehrsanschauung festzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, NStZ 2001, 430; Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR 331/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 10; SSWStGB /Satzger, § 263 Rn. 37 f.). Wenn der Tatrichter dabei – wie hier – seine Bewertung maßgeblich auf die sich aus dem Wesen des abgeschlossenen Vertrages ergebende Risiko- und Pflichtenverteilung stützt, ist dies revisionsrechtlich bedenkenfrei (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 150; MünchKomm-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 86, 93; Kubiciel, HRRS 2007, 68, 69). Auch wird durch die Annahme einer konkludenten Täuschung die für die Strafbarkeit eines Unterlassens erforderliche Feststellung einer Garantenpflicht nicht umgangen (so aber Schild, ZfWG 2006, 213, 216 f.; Schlösser, NStZ 2005, 423, 426). Die Abgabe einer auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts gerichteten Erklärung ist positives Tun, auch wenn sie zugleich als (stillschweigende) Negativerklärung in Bezug auf zu dem Geschäftszweck in Widerspruch stehende Umstände verstanden wird (vgl. NK-StGB- Kindhäuser, § 263 Rn. 110; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 29; SSWStGB /Satzger, § 263 Rn. 41). Die Manipulationsfreiheit ist eine notwendige Bedingung für die Durchführbarkeit eines auf ein ungewisses Ereignis ausgerichteten Wettvertrages; sie gehört deshalb zum Inhalt eines in sich schlüssigen (konkludenten) Antrags auf dessen Abschluss (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 27).
21
Das Verhalten der in die Manipulationen eingeweihten als Vermittler tätigen Mitarbeiter der Ltd. ist den Angeklagten nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Hinsichtlich der Vermittler, die keine Kenntnis von den Manipulationen der Angeklagten hatten, erfolgt die Zurechnung nach den Grundsätzen zur mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 StGB).
22
b) In denjenigen Fällen, in denen die Wettanbieter den entsprechend der vereinbarten Quote berechneten Gewinn ausbezahlt und dadurch für sich den endgültigen Vermögensverlust in Höhe der Differenz zwischen Wetteinsatz und Wettgewinn herbeigeführt haben, ist das Landgericht zu Recht von einem vollendeten Betrug und einem Schaden in dieser Höhe ausgegangen.
23
aa) Da nach den Feststellungen die Wettanbieter die Wettverträge nicht abgeschlossen und dementsprechend auch keine Gewinne ausbezahlt hätten, wenn ihnen die Manipulationen der gewetteten Spiele bekannt geworden wären , ist der für die Annahme eines Betruges erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen dem täuschungsbedingten Irrtum und der in der Gewinnausschüttung liegenden Vermögensverfügung gegeben (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 34).
24
Der Umstand, dass das Landgericht keine näheren Feststellungen dazu getroffen hat, wer bei den Wettanbietern im konkreten Fall die Wetten angenommen hat und wie die Gewinnauszahlungen veranlasst wurden, steht dem nicht entgegen, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es im Geschäftsbetrieb der Wettanbieter an irgendeiner Stelle ein Wissen um die Manipulationen gegeben hat und der durch die Täuschung ausgelöste Irrtum über die Manipulationsfreiheit deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313 Rn. 8 f.; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316). Auch hat das irrtumsbedingte Verhalten auf Seiten der Wettanbieter ohne weitere deliktische Zwischenschritte der Angeklagten zu der Vermögensverfügung geführt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 – 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29).
25
bb) Der Umstand, dass die Wettanbieter schon mit der auf derselben Täuschung beruhenden Eingehung der Wettverträge einen Vermögensnachteil erlitten haben (dazu unten III. 1), steht einer Schadensbestimmung nach Maßgabe der in der Erfüllungsphase geleisteten Zahlungen nicht entgegen. Die Erfüllung einer täuschungsbedingt eingegangenen vermögensnachteiligen Verpflichtung vertieft den bereits eingetretenen Schaden. Beide Verfügungen und die durch sie ausgelösten Nachteile bilden zusammen eine Betrugstat (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 162 f.; Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 35 f.; Urteil vom 29. Januar 1997 – 2 StR 633/96, NStZ 1997, 542, 543; RG, Urteil vom 17. März 1932 – III 841/31, RGSt 66, 175, 180; LK-StGB/Lackner, 10. Aufl., § 263 Rn. 292 f.; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 274; Tenckhoff in FS Lackner, S. 677, 680). Dabei ist für die Schadensfeststellung jedenfalls dann allein auf die Erfüllungsphase abzustellen, wenn – wie hier – der Getäuschte seine Verpflichtung aus dem Vertrag restlos erfüllt hat und der mit dem Vertragsschluss ausgelöste Nachteil deshalb vollständig in dem durch die Vertragserfüllung herbeigeführten Schaden enthalten ist (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12 a.E.; vgl. Klein, Das Verhältnis von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, 2003, S. 178 ff.).
26
Auf die Frage, ob die Manipulationen der Angeklagten tatsächlich den Ausgang der betroffenen Spiele beeinflusst haben, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 35 f.; a.A. Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 368; Saliger in FS Samson, S. 455, 460). Entscheidend ist vielmehr, dass die Wettanbieter Wetten auf manipulierte Spiele nicht angenommen hätten. Dass es den Angeklagten in den Fällen, in denen das gewettete Spielergebnis unabhängig von ihrer Einflussnahme auf den Spielverlauf eintrat, möglich gewesen wäre, den Wettgewinn auch ohne Manipulation und damit ohne eine hierauf bezogene Täuschung zu erzielen, ist ohne Belang, weil für die innere Verknüpfung von Täuschung, Irrtum und Vermögensverfügung allein der tatsächliche Verlauf der Willensbildung maßgebend ist (BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 618/58, BGHSt 13, 13, 14 f.; im Ergebnis ebenso Pawlik, Das unerlaubte Verhalten beim Betrug, 1999, S. 250 f.).
27
3. Auf die Revision des Angeklagten S. ist jedoch der gesamte ihn betreffende Strafausspruch aufzuheben, weil das Landgericht eine Strafmilderung nach § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erwogen hat.
28
Nach den Feststellungen hat der umfassend geständige Angeklagte im Ermittlungsverfahren bei über 30 Vernehmungen Angaben zu einer Vielzahl von Sachverhalten gemacht, die den Ermittlungsbehörden zuvor nicht bekannt wa- ren (UA 12). Danach liegt es nahe, dass die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB, § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n StPO gegeben sind.
29
Das Landgericht hat die Angaben des Angeklagten S. im Ermittlungsverfahren nur im Rahmen der konkreten Strafzumessung als allgemeinen Strafmilderungsgrund berücksichtigt (UA 53). Es hat nicht erörtert, ob durch diese Angaben ein wesentlicher Aufklärungserfolg im Sinne des § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB eingetreten ist. Der Umstand, dass der Angeklagte C. im Ermittlungsverfahren ebenfalls ein Geständnis abgelegt hat (UA 51, 53), führt nicht dazu, dass dem Angeklagten S. die Vergünstigung des § 46b StGB nicht mehr zu Gute kommen kann. Die geständige Einlassung des Angeklagten C. erfolgte nach der Einlassung des Angeklagten S. . In der Regel sind die Vorteile des § 46b StGB zunächst demjenigen Mittäter zu gewähren, der als erster einen über seinen Tatbeitrag hinausgehenden Aufklärungsbeitrag leistet, weil dadurch die Möglichkeit der Strafverfolgung im Hinblick auf begangene Taten nachhaltig verbessert und die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden auch für die übrigen Mittäter zu einer naheliegenden Strategie wird (vgl.BGH, Beschluss vom 30. August 2011 – 2 StR 141/11, StV 2012, 80, 81; Beschluss vom 17. März 1992 – 5 StR 60/92, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 23).
30
Auf dem gezeigten Rechtsfehler beruht der gesamte Strafausspruch, weil das Landgericht nicht geprüft hat, ob die Strafrahmen gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zu mildern sind und nicht auszuschließen ist, dass im Fall einer solchen Strafrahmenverschiebung niedrigere Einzelstrafen und eine geringere Gesamtstrafe verhängt worden wären (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2003 – 4 StR 94/03, NStZ-RR 2003, 297).

III.


31
Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet. Darauf, dass die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten der Angeklagten wirken (§ 301 StPO), kommt es nach dem entsprechenden (Teil-)Erfolg der Revision des Angeklagten S. nicht mehr an (BGH, Urteil vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11, Rn. 29; Urteil vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08, Rn. 3; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 301 Rn. 3).
32
1. Das Urteil hat in den Fällen, in denen es nicht zu einer Gewinnauszahlung kam (Fälle 2 und 8 hinsichtlich des Angeklagten C. und Fälle 18, 25 und 28 hinsichtlich beider Angeklagten), keinen Bestand, weil das Landgericht die Annahme eines vollendeten Betruges mit nicht tragfähigen Erwägungen abgelehnt hat.
33
a) Der 5. Strafsenat hat entschieden, dass bei Wetten mit festen Quoten auf manipulierte Fußballspiele bereits mit Abschluss des Wettvertrages ein vollendeter Betrug zum Nachteil der getäuschten Wettanbieter gegeben ist. Die aufgrund eines bestimmten Risikos ermittelte Quote stelle gleichsam den „Verkaufspreis“ der Wettchance dar. Durch die Manipulationen sei das Wettrisiko erheblich zugunsten der täuschenden Wettkunden verschoben worden. Die bei Vertragsschluss von den Wettanbietern vorgegebene Quote entspreche deshalb nicht mehr dem Risiko, das ihrer Kalkulation zugrunde gelegen habe. Die von dem Wettkunden erkaufte Chance auf den Wettgewinn sei wesentlich mehr wert, als er dafür in Ausnutzung seiner Täuschung bezahlt habe. Für seine jeweiligen Einsätze hätte der Wettkunde bei realistischer Einschätzung des tat- sächlichen Wettrisikos einen erheblich geringeren Gewinn erkaufen können. Diese „Quotendifferenz“ stelle bei jedem Vertragsschlusseinen nicht unerheblichen Vermögensschaden dar. Dieser Quotenschaden müsse nicht beziffert werden. Es reiche aus, wenn die insoweit relevanten Risikofaktoren gesehen und bewertet werden (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 32 f.; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 212; Engländer, JR 2007, 477, 479; Gaede, HRRS 2007, 16, 18; Krack, ZIS 2007, 103, 109; Ostermeier, ZfWG 2007, 253, 260).
34
b) Auch der Senat bejaht grundsätzlich einen Vermögensschaden bereits mit Abschluss des Wettvertrags. Allerdings ist die eingetretene Vermögensminderung abweichend zu bestimmen.
35
aa) Wurde der Getäuschte zum Abschluss eines gegenseitigen Vertrages verleitet (Eingehungsbetrug), sind bei der für die Schadensfeststellung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Täuschenden und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen. Der Getäuschte ist geschädigt, wenn sich dabei ein Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt (st. Rspr. vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12; Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 156; Beschluss vom 18. Februar 1999 – 5 StR 193/98, BGHSt 45, 1, 4; Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 160, 173). Ist der Getäuschte ein Risikogeschäft eingegangen, kommt es für die Bestimmung des Schadens maßgeblich auf die täuschungs- und irrtumsbedingte Verlustgefahr an, die über die vertraglich zu Grunde gelegte hinausgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 Rn. 12 f.; Beschluss vom 23. Februar 1982 – 5 StR 685/81, BGHSt 30, 388, 389 f.; Jaath in FS Dünnebier , S. 583, 591 f.).
36
Auch ein nur drohender, ungewisser Vermögensabfluss kann einen Schaden darstellen, wenn der wirtschaftliche Wert des gefährdeten Vermögens bereits gesunken ist (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 263 Rn. 40 ff.; Schuhr, ZStW 123 [2011], 517, 529 f.; Riemann, Vermögensgefährdung und Vermögensschaden, 1989, S. 7). Die bloße Möglichkeit eines Wertverlustes genügt dabei allerdings noch nicht. Auch dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens ungewiss bleibt. Zur Verhinderung einer tatbestandlichen Überdehnung und zur Wahrung des Charakters des Betrugstatbestandes als Erfolgsdelikt ist der Schaden daher der Höhe nach zu beziffern und nachvollziehbar darzulegen. Bestehen Unsicherheiten, kann ein Mindestschaden unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege einer tragfähigen Schätzung ermittelt werden (BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 176; vgl. NStZ 2010, 626 Rn. 28; BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 163; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 Rn. 13; LKStGB /Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 165 mwN; Kraatz, JR 2012, 329, 332 ff.). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 176).
37
bb) Bei Wettverträgen auf Sportereignisse mit verbindlichen Quoten gestehen sich der Wettende und der Wetthalter gegenseitig je einen Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag zu und übernehmen das entsprechende Haftungsrisiko. Beide Ansprüche stehen zueinander im Verhältnis der Alternativität, weil sie mit unterschiedlichen Vorzeichen von dem Eintritt des gewetteten Spie- lergebnisses oder Spielverlaufs und damit von entgegengesetzten Bedingungen abhängen (vgl. Staudinger/Engel, BGB, Neubearb. 2008, § 762 Rn. 4 ff.; MünchKomm-BGB/Habersack, 5. Aufl., § 762 Rn. 7; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand , S. 440 ff.). Der Anspruch des Wettenden ist auf den seinen Einsatz entsprechend der vereinbarten Quote übersteigenden Wettgewinn und der Anspruch des Wettanbieters auf ein Behaltendürfen des vorgeleisteten Wetteinsatzes gerichtet. Ihr Geldwert bestimmt sich nach der vereinbarten Höhe (Einsatz x Quote – Einsatz bzw. Einsatz) sowie der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes des zur Bedingung gemachten Spielausganges. Wird durch eine nicht offen gelegte Manipulation des Wettenden die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es zu dem von ihm gewetteten Spielausgang kommt, erhöht sich damit auch der Geldwert seines Anspruchs gegen den getäuschten Wettanbieter und das korrespondierende Haftungsrisiko. Zugleich vermindert sich der Geldwert des alternativen Anspruchs des Wettanbieters auf ein Behaltendürfen des Einsatzes. Die getäuschten Wettanbieter haben mithin einen Vermögensschaden erlitten, wenn bei objektiver Betrachtung die von ihnen gegenüber den Angeklagten eingegangene – infolge der Manipulationen mit einem erhöhten Realisierungsrisiko behaftete – Verpflichtung zur Auszahlung des vereinbarten Wettgewinns nicht mehr durch den Anspruch auf den Wetteinsatz aufgewogen wird.
38
cc) Die Tatsache, dass die beeinträchtigten Ansprüche der Wettanbieter auf ein Behaltendürfen des Wetteinsatzes von dem Nichteintritt des gewetteten Spielergebnisses abhängen, lässt den strafrechtlichen Vermögensschutz nicht entfallen. Auch bedingte Forderungen gehören zum strafrechtlich geschützten Vermögen, wenn mit ihrer Realisierung ernsthaft zu rechnen ist und sie deshalb im Geschäftsverkehr als werthaltig angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 – 4 StR 58/08, NStZ 2008, 627). Dies war hier ersichtlich der Fall.
39
dd) Soweit die getäuschten Wettanbieter in der Gesamtschau keinen Verlust erlitten haben, weil das auf die betroffenen Spiele entfallene Wettaufkommen die an die Angeklagten auszuschüttenden Gewinne gedeckt hat, steht dies der Annahme eines Vermögensschadens nicht entgegen (a.A. Saliger/ Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 366; Reinhart, SpuRt 2007, 52, 54 f.; Rönnau in FS Rissing-van Saan, S. 517, 528; Saliger in FS Samson, S. 455, 459 f.). Die dem Wettanbieter verbleibenden Wetteinsätze der Wettverlierer stellen im Verhältnis zu den manipulativ agierenden Wettgewinnern keinen unter dem Gesichtspunkt der Schadenskompensation zu berücksichtigenden Ausgleich dar. Kommt es im Zusammenhang mit einer nachteiligen Vermögensverfügung an anderer Stelle zu einem Vermögenszuwachs, scheidet die Annahme eines Vermögensschadens nur dann aus, wenn dieser Vorteil von der Verfügung selbst zeitgleich mit dem Nachteil hervorgebracht worden ist und nicht – wie hier – auf rechtlich selbstständigen Handlungen beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 4 StR 194/09, NStZ 2010, 330 Rn. 2; Beschluss vom 27. August 2003 – 5 StR 254/03, NStZ 2004, 205 Rn. 2; Urteil vom 23. Mai 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301 f.; Urteil vom 4. März 1999 – 5 StR 355/98, NStZ 1999, 353, 354; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 144).
40
ee) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird dabei – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – die Wahrscheinlichkeit eines Wetterfolges und dessen Beeinflussung durch die Manipulationen zu beurteilen und danach den wirtschaftlichen Wert sowohl der bedingten Verbindlichkeit (Zahlung des Wettgewinns) als auch des gegenüberstehenden Anspruchs (Behaltendürfen des Wetteinsatzes) des getäuschten Wettanbieters zu bestimmen haben. Dabei können die auf dem Wettmarkt für die jeweiligen Spiele anfänglich angebotenen Quoten einen An- halt für die Bewertung des Wettrisikos vor der Manipulation bieten. Für die Bewertung der Beeinflussung des Wettrisikos durch die Manipulation geben die Zahl und die Bedeutung der beeinflussten Spieler oder sonstigen Teilnehmer einen wesentlichen Anhaltspunkt.
41
Soweit für eine Schadensbestimmung eine Anknüpfung an die Grundsätze zu Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) in Betracht kommt (vgl. Kozikowski/Schubert in Beck´scher Bilanzkommentar, 8. Aufl., § 249 Rn. 60; Kraatz, JR 2012, 329, 334), wird besonders zu beachten sein, dass es hier um die Ermittlung eines Mindestschadens geht. Betriebswirtschaftliche sowie handels- und gesellschaftsrechtliche Bewertungsverfahren sind in erheblichem Maß von Grundsätzen geprägt (Vorsichtsprinzip), die im Zweifel zur Annahme niedriger Werte und zu einer Überbewertung von Verlustrisiken führen, was ihrer Anwendung auf einen strafrechtlichen Sachverhalt Grenzen setzt (Schuhr, ZStW 123 [2011], 517, 530; Becker, HRRS 2009, 334, 338 f.; Kempf in FS Volk, S. 231, 240 f.; Tiedemann in FS Klug, Bd. II., S. 405, 415).
42
Lassen sich keine belastbaren Aussagen treffen und kann deshalb auch ein Mindestschaden nicht mehr geschätzt werden, scheidet ein Schuldspruch wegen vollendeten Betrugs aus.
43
ff) Eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG ist nicht erforderlich, weil der 5. Strafsenat die in seinem Urteil vom 15. Dezember 2006 (5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 32 f.) vertretene Auffassung, dass der eingetretene Vermögensschaden nicht beziffert werden müsse, mit Beschluss vom 13. April 2012 (5 StR 442/11, NJW 2012, 2370 Rn. 7) aufgegeben und mit Rücksicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2011 (2 BvR 2500/09 u.a., NStZ 2012, 496 Rn. 176) entschieden hat, dass es im Fall der Annahme eines Eingehungsbetrugs einer ausreichenden Beschreibung und Bezifferung der täuschungsbedingten Vermögensschäden bedarf.
44
2. Hinsichtlich des Angeklagten S. war das Urteil darüber hinaus auch in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27 aufzuheben, weil das Landgericht bei der Ablehnung eines Bandenbetruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
45
a) Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz benannten Deliktstyps zu begehen. Ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht erforderlich. Es steht der Annahme einer Bande deshalb nicht entgegen , wenn deren Mitglieder bei der Tatbegehung ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnerzielung verfolgen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 335; Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269).
46
b) Die Abrede zwischen dem Angeklagten S. und den Vermittlern der Ltd. (H. , Ch. und Cha. ) vom 11. August 2008 war ersichtlich auf eine unbestimmte Vielzahl zukünftiger Betrugstaten zum Nachteil asiatischer Wettanbieter gerichtet. Soweit das Landgericht die Annahme einer Bande mit der Erwägung verneint hat, dass die gesondert verfolgten H. und Cha. lediglich aus eigenem Interesse an den Wetten des Angeklagten S. mitgewirkt und diesen zur Maximierung ihres Gewinnes regelmäßig übervorteilt haben (UA 48), wird ein Interessengleichlauf zur Bedingung für eine bandenmäßige Begehungsweise gemacht, der nach der Aufgabe der Rechtsprechung zum „übergeordneten Bandeninteresse“ (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 – 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 259 f.) gerade nicht mehr erforderlich ist. Dessen ungeachtet haben die Mitarbeiter der Ltd. in Bezug auf die getäuschten Wettanbieter tatsächlich dasselbe deliktische Ziel verfolgt wie der Angeklagte S. und seine weiteren Mittäter, denn auch ihr Gewinninteresse hing von einer erfolgreichen Platzierung der Wetten und deren Gewinn ab (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269, 270). Übervorteilen sich Beteiligte nach ihren gemeinsam begangenen Taten bei der Beute- oder Gewinnverteilung, stellt dies eine bandenmäßige Begehungsweise nicht in Frage.
47
Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da es sich um einen reinen Bewertungsfehler handelt, der auch die bereits aus anderen Gründen aufgehobenen Fälle 18, 25 und 28 betrifft, können in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27 die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende – hierzu nicht in Widerspruch stehende – Feststellungen sind möglich. Sollte der Tatrichter zur Annahme eines Bandenbetruges gelangen, wird dieser in den Tenor aufzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269, 270).
48
3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
49
a) In Bezug auf den Angeklagten C. hat das Landgericht zu Recht eine bandenmäßige Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 5 StGB verneint.
50
Nach den Feststellungen waren die manipulationswilligen Spieler nur für eng begrenzte Zeiträume in das Geschehen eingebunden, sodass eine (konkludente ) Bandenabrede mit dem Angeklagten C. insoweit nicht belegbar ist. Gleiches gilt für die verschiedenen Gehilfen und Mittäter, die bei einzelnen Spielen aufgrund von Einzelabsprachen im Verbund mit dem Angeklagten C. tätig waren. In die Absprachen mit der Ltd. war der Angeklagte C. nicht eingebunden.
51
b) Der Umstand, dass das Landgericht in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 14, 15, 17, 19, 21, 23, 26 und 27 einen Vermögensverlust großen Ausmaßes gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 StGB nicht ausdrücklich geprüft hat, lässt keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
52
Die Annahme eines Vermögensverlustes von großem Ausmaß kommt in Betracht, wenn der angerichtete Schaden mehr als 50.000 Euro beträgt (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 – 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360, 362 ff.; Beschluss vom 11. Februar 2009 – 5 StR 11/09, wistra 2009, 236, 237; LK-StGB/ Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 298a mwN). Dabei ist der Umfang der Vermögenseinbuße opferbezogen zu bestimmen. Werden – wie hier durch die Platzierung mehrerer Wetten auf ein manipuliertes Spiel – mehrere Opfer geschädigt, kommt es auf die Verluste bei jedem einzelnen Opfer an. Eine Addition von Einzelschäden ist nur dann möglich, wenn sie dasselbe Opfer betreffen (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 253/11, NStZ 2012, 213; Beschluss vom 15. März 2011 – 1 StR 529/10, NJW 2011, 1825, 1827).
53
Danach kam in den Fällen 1, 5, 15, 17 und 26 die Annahme eines Vermögensverlustes von großem Ausmaß schon deshalb nicht in Betracht, weil die Feststellungen nicht belegen, dass bei einem der betroffenen Wettanbieter ein Verlust von mehr als 50.000 Euro eingetreten ist. In den übrigen Fällen vermag der Senat auszuschließen, dass eine ausdrückliche Berücksichtigung des Umstandes , dass die Verluste der einzelnen Wettanbieter mehr als 50.000 Euro betragen haben und damit auch das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 StGB verwirklicht ist, zu einer höheren Bestrafung geführt hätte. Die Kammer ist in allen Fällen vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, weil sie ein gewerbsmäßiges Vorgehen der Angeklagten angenommen hat. Die Höhe der verursachten Schäden wurde bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt.

IV.


54
Wegen der Aufhebung des Schuldspruchs bei dem Angeklagten S. waren auch die – an sich rechtsfehlerfrei getroffenen – ihn betreffenden Feststellungen zur Rückgewinnungshilfe nach § 111i Abs. 2 StPO aufzuheben.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 263/12
vom
6. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2013 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 21. Februar 2012 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen eines Betruges in jeweils tateinheitlich begangenen fünfzehn vollendeten und 53.479 versuchten Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
3
1. Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer und „spiritus rector“ mit zwei weiteren nicht revidierenden Mit- angeklagten von Januar 2006 bis Ende des Jahres 2009 die Kreditvermittlungsgesellschaft D. GmbH. Das Geschäftsmodell zielte darauf ab, unter dem Deckmantel einer seriösen Kreditvermittlung von den sich regelmäßig in einer finanziellen Notlage befindenden Kunden einen Auslagenersatzbetrag für Porto-, Telefon- und Auskunftskosten in Höhe von je 47,80 Euro (bzw. vor September 2006 bis 48 Euro) einzutreiben, indem den Kunden wahrheitswidrig vorgespiegelt wurde, dass der Gesellschaft bei der Kreditvermittlung er- forderliche Auslagen i.S.d. § 655d Satz 2 BGB in der geltend gemachten Höhe tatsächlich entstanden seien.
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Die Kunden wurden mit dem Versprechen geworben, ihnen könnten auf- grund eines „Sofortkredit-Vermittlungsvertrages“ Kredite vermittelt werden, oh- ne dass durch die Kreditanfrage Kosten entstünden. Tatsächlich wollten die Angeklagten allen Kunden, die den „Sofortkredit-Vermittlungsvertrag“ unterschrieben , einen bestimmten Betrag unter 48 Euro - ggf. zuzüglich Mahn- und Inkassokosten - für angeblich "erforderliche Auslagen" in Rechnung stellen (UA S. 13), obwohl bei der Kreditvermittlung Auslagen nur zu einem Bruchteil dieses Betrages entstanden, die letztlich pro Kunde 3,20 Euro nicht überschritten (UA S. 20). Obwohl dem Angeklagten und der Mitangeklagten T. bekannt war, dass sie gesetzlich lediglich berechtigt waren, tatsächlich im Einzelfall entstandene erforderliche Auslagen, nicht jedoch die allgemeinen Geschäftsunkosten auf die Kunden umzulegen, wollten sie durch die Gestaltung des Rechnungstextes bei den Kunden die Fehlvorstellung hervorrufen, die Auslagen seien in der geltend gemachten Höhe entstanden und die Kunden seien auch zur Bezahlung des Rechnungsbetrages verpflichtet (UA S. 19 f).
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Dem Angeklagten und der Mitangeklagten T. war aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen im Kreditvermittlungsgeschäft bekannt, dass wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage der angesprochenen Klientel nur in den wenigsten Fällen eine erfolgreiche Kreditvermittlung in Betracht kam. Ihnen ging es jedoch nicht darum, Kredite zu vermitteln. Vielmehr war das System von Anfang an darauf angelegt, unter dem Anschein einer seriösen Kreditvermittlung sich gezielt an den in der Regel nahezu mittellosen Kunden zu bereichern und diese dadurch zu schädigen. Dabei rechneten die Angeklagten damit, dass sich die wenigsten Kunden gegen den vergleichsweise geringen Rechnungsbetrag wehren würden. Allerdings gingen sie aufgrund ihrer Erfahrungen davon aus, dass nur etwa 40 Prozent den Rechnungsbetrag begleichen würden (UA S. 14).
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Zwischen Januar 2006 und Dezember 2009 wurden auf die dargestellte Weise 140.000 Kunden falsche Rechnungen über Auslagenersatz gestellt, auf die - womit die Angeklagten rechneten - nur etwa 40 Prozent der Kunden bezahlten.
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Aufgrund einer auf die Einvernahme von fünfzehn Kunden beschränkten Beweisaufnahme hat das Landgericht festgestellt, dass lediglich diese Kunden in der irrigen Annahme, der D. GmbH seien tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden, gezahlt hatten (UA S. 902). In den übrigen 53.479 Fällen über Rechnungsbeträge von insgesamt mehr als 2,8 Mio. Euro ging das Landgericht mangels festgestellter Irrtumserregung lediglich von versuchter Täuschung der Kunden aus. Unter Abzug von zehn Prozent höchstens tatsächlich erforderlicher Auslagen nahm es dabei eine erstrebte Bereicherung von etwa 2,5 Mio. Euro an (UA S. 903).
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2. Das Landgericht ist wegen Vorliegens eines sog. uneigentlichen Organisationsdelikts von Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen allen Betrugstaten (§ 263 StGB) ausgegangen (UA S. 915). Hierbei hat es nur in 15 Fällen Vollendung und im Übrigen - entsprechend einem rechtlichen Hinweis in der Hauptverhandlung - lediglich versuchten Betrug angenommen. In den weiteren 53.479 Fällen habe es „nicht vollkommen ausschließen“ können, „dass Rech- nungsempfänger die Unrichtigkeit der Rechnungsstellung erkannten und aus- schließlich leisteten, um ihre Ruhe zu haben“. Nach Auffassung des Landge- richts hätte eine umfassende Aufklärung die Vernehmung sämtlicher Kunden erfordert, um die Motivation bei der Überweisung des Rechnungsbetrages zu ergründen. Dies sei bei über 50.000 Kunden „aus prozessökonomischen Grün- den“ nicht möglich gewesen (UA S. 914).
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3. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; die von der Revision des Angeklagten erhobenen formellen und materiellen Beanstandungen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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Näherer Erörterung bedarf lediglich die Vorgehensweise des Landgerichts , nur fünfzehn Geschädigte zu vernehmen und im Übrigen hinsichtlich der weit überwiegenden Zahl der tateinheitlich begangenen Taten „aus verfahrensökonomischen Gründen“ lediglich Tatversuch anzunehmen (UA S. 914, 917). Das Landgericht sah sich ersichtlich nur auf diesem Wege in der Lage, die Hauptverhandlung, die bereits nahezu fünf Monate gedauert hatte, in angemessener Zeit zu beenden.
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a) Die vom Landgericht mit dem Begriff der „Prozessökonomie“ be- schriebene Notwendigkeit, die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege zu erhalten (vgl. dazu auch Landau, Die Pflicht des Staates zum Erhalt einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, NStZ 2007, 121), besteht. Jedoch muss ein Tatgericht im Rahmen der Beweisaufnahme die in der Strafprozessordnung dafür bereit gehaltenen Wege beschreiten. Ein solcher Weg ist etwa die Beschränkung des Verfahrensstoffes gemäß den §§ 154, 154a StPO, die allerdings die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft voraussetzen. Eine einseitige Beschränkung der Strafverfolgung auf bloßen Tatversuch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft, wie sie das Landgericht hier - freilich im Rahmen gleichartiger Tateinheit mit vollendeten Delikten - vorgenommen hat, sieht die Strafprozessordnung jedoch nicht vor.
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b) Es trifft allerdings zu, dass in Fällen eines hohen Gesamtschadens, der sich aus einer sehr großen Anzahl von Kleinschäden zusammensetzt, die Möglichkeiten einer sinnvollen Verfahrensbeschränkung eingeschränkt sind. Denn dann sind keine Taten mit höheren Einzelschäden vorhanden, auf die das Verfahren sinnvoll beschränkt werden könnte.
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Dies bedeutet aber nicht, dass es einem Gericht deshalb - um überhaupt in angemessener Zeit zu einem Verfahrensabschluss gelangen zu können - ohne weiteres erlaubt wäre, die Beweiserhebung über den Taterfolg zu unterlassen und lediglich wegen Versuches zu verurteilen. Vielmehr hat das Tatgericht die von der Anklage umfasste prozessuale Tat (§ 264 StPO) im Rahmen seiner gerichtlichen Kognitionspflicht nach den für die Beweisaufnahme geltenden Regeln der Strafprozessordnung (vgl. § 244 StPO) aufzuklären. Die richterliche Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) gebietet dabei, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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c) Für das Tatbestandsmerkmal des Irrtums bei Betrug (§ 263 StGB) bedeutet dies:
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aa) Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, müssen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer die Verfügung getroffen hat und welche Vorstellungen er dabei hatte. Die Überzeugung des Gerichts, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist, wird dabei - von einfach gelagerten Fällen (z.B. bei standardisierten, auf massenhafte Erledigung ausgerichteten Abrechnungsverfahren ) abgesehen - in der Regel dessen Vernehmung erfordern (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 314).
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bb) Allerdings stößt die praktische Feststellung des Irrtums im Strafverfahren als Tatfrage nicht selten auf Schwierigkeiten. Diese können jedoch in vielen Fällen dadurch überwunden werden, dass das Tatgericht seine Überzeugung auf Indizien (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - 4 StR 347/93, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9) wie das wirtschaftliche oder sonstige Interesse des Opfers an der Vermeidung einer Schädigung seines eigenen Vermögens (vgl. Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 87) stützen kann. In Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes kann es daher insgesamt ausreichen , nur einige Zeugen einzuvernehmen, wenn sich dabei das Ergebnis bestätigt findet. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof etwa die Vernehmung der 170.000 Empfänger einer falsch berechneten Straßenreinigungsgebührenrechnung für entbehrlich gehalten (BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434; vgl. dazu auch Hebenstreit in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. 2011, § 47 Rn. 37).
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cc) Ist die Beweisaufnahme auf eine Vielzahl Geschädigter zu erstrecken , besteht zudem die Möglichkeit, bereits im Ermittlungsverfahren durch Fragebögen zu ermitteln, aus welchen Gründen die Leistenden die ihr Vermögen schädigende Verfügung vorgenommen haben. Das Ergebnis dieser Erhebung kann dann - etwa nach Maßgabe des § 251 StPO - in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Hierauf kann dann auch die Überzeugung des Gerichts gestützt werden, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen die Leistenden eine Vermögensverfügung irrtumsbedingt vorgenommen haben.
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Ob es in derartigen Fällen dann noch einer persönlichen Vernehmung von Geschädigten bedarf, entscheidet sich nach den Erfordernissen des Amtsaufklärungsgrundsatzes (§ 244 Abs. 2 StPO) und des Beweisantragsrechts (insb. § 244 Abs. 3 StPO). In Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbil- des kommt dabei die Ablehnung des Antrags auf die Vernehmung einer größeren Zahl von Geschädigten als Zeugen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434).
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dd) Demgegenüber dürfte in Fällen mit individueller Motivation zur Leis- tung eines jeden Verfügenden die „Schätzung einer Irrtumsquote“ als Methode der Überzeugungsbildung nach § 261 StPO ausscheiden. Hat ein Tatgericht in solchen Fällen Zweifel, dass ein Verfügender, ohne sich über seine Zahlungspflicht geirrt zu haben, allein deshalb geleistet hat, „um seine Ruhe zu haben“, muss es nach dem Zweifelssatz („in dubio pro reo“) zu Gunsten des Täters ent- scheiden, sofern nicht aussagekräftige Indizien für das Vorliegen eines Irrtums vorliegen, die die Zweifel wieder zerstreuen.
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d) Für die Strafzumessung hat die Frage, ob bei einzelnen Betrugstaten Vollendung gegeben oder nur Versuch eingetreten ist, in der Regel bestimmende Bedeutung.
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Gleichwohl sind Fälle denkbar, in denen es für die Strafzumessung im Ergebnis nicht bestimmend ist, ob es bei (einzelnen) Betrugstaten zur Vollendung kam oder mangels Irrtums des Getäuschten oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Versuch blieb. Solches kommt etwa in Betracht, wenn Taten eine derartige Nähe zur Tatvollendung aufwiesen, dass es - insbesondere aus Sicht des Täters - vom bloßen Zufall abhing, ob die Tatvollendung letztlich doch noch am fehlenden Irrtum des Tatopfers scheitern konnte. Denn dann kann das Tatgericht unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und der Tatumstände des konkreten Einzelfalls zum Ergebnis gelangen, dass jedenfalls die fakultative Strafmilderung gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist (vgl.
BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 261/10, wistra 2011, 18 mwN). Eine solche Wertung hat das Tatgericht in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht ebenso nachprüfbar darzulegen wie die Würdigung, dass und aus welchen Gründen (etwa Nähe zur Tatvollendung, Gefährlichkeit des Versuchs und eingesetzte kriminelle Energie) der Umstand, dass die getroffene Vermögensverfügung letztlich trotz eines entsprechenden Vorsatzes des Täters nicht auf einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung beruhte, auch für die konkrete Strafzumessung im Rahmen des eröffneten Strafrahmens nicht von Bedeutung war.
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e) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob hier ein normativ geprägter Irrtum vorliegen könnte, mit der Folge, dass die Anwendung des Zweifelssatzes durch das Landgericht sachlich-rechtlich fehlerhaft gewesen sein könn- te. Denn jedenfalls ist der Angeklagte durch die vom Landgericht „aus prozessökonomischen Gründen“ gewählte Verfahrensweise nicht beschwert. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn es hinsichtlich weiterer tateinheitlich begangener Taten statt von Versuch von Tatvollendung ausgegangen wäre.
Richter am BGH Dr. Wahl ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert.
Nack Nack Jäger Cirener Radtke