Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2019 - 3 StR 233/19

bei uns veröffentlicht am27.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 233/19
vom
27. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:271119U3STR233.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 17. Oktober 2019 in der Sitzung am 27. November 2019, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Dr. Berg, Dr. Anstötz als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung - als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin - in der Verhandlung -, Justizfachangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) der Vorwurf des Herstellens und Inverkehrbringens von minderwertigen Arzneimitteln und Wirkstoffen von der Strafverfolgung ausgenommen und das Verfahren auf die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt,
b) das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 30. Oktober 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln und mit Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln in Tateinheit mit vorsätzlichem Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport, mit vorsätzlichem Herstellen und Inverkehrbringen von minderwertigen Arzneimitteln und Wirk- stoffen sowie mit vorsätzlichem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass sieben Monate der Strafe zur Entschädigung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten und Taterträge von 8.700 € sowie der Wert von Taterträgen in Höhe von 133.300 € eingezogen werden. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten, die sich auf die Sachrüge stützt. Sein Rechtsmittel führt zu einer Verfolgungsbeschränkung und einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs, hat im Übrigen aber keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte entschloss sich spätestens Mitte 2011, Anabolika in großen Mengen herzustellen und an Kraftsportler zu verkaufen, um sich eine dauernde Einnahmequelle von einigem Umfang zu schaffen. Ihm war bewusst, dass es sich um verschreibungs- und apothekenpflichtige Medikamente handelte , deren Herstellung und Vertrieb ihm nicht erlaubt waren, dass er technisch nicht in der Lage war, die Qualität der Ausgangsstoffe umfassend zu kontrollieren und die vorgeschriebenen sterilen Herstellungsbedingungen einzuhalten, und dass die von ihm vertriebenen Anabolika generell geeignet waren, den menschlichen Organismus zu schädigen. Er stellte mit in China bestellten Grundstoffen unter anderem Testosteron Enantat, Testosteron Propionat, Metandienon, Sustanon, Trenbolon Acetat, Trenbolon Enantat, Oxymetholon, Winstrol und Clomifen her. Seine Vorräte füllte er regelmäßig durch neue Bestellungen auf, so dass sie nie vollständig aufgebraucht waren. Von Mitte 2011 bis Dezember 2012 versandte er wenigstens 711 Pakete mit Arzneimitteln zu Dopingzwecken an seine Kunden und ließ sich seine Lieferungen auf verschiedene Weisen bezahlen. Insgesamt erzielte er mindestens 142.000 €. Es wurden elf Geldpakete mit 8.700 €, die Kunden an von ihm angegebene Packstationen gesendet hatten, und am 13. Dezember 2012 vorhandene Anabolikazubereitungen sowie diverse Utensilien sichergestellt. Nach einer Auswertung des niedersächsischen Landeskriminalamtes überschritten die aufgefundenen Dopingmittel die nicht geringe Menge im Sinne der Verordnung zur Bestimmung von Dopingmitteln und zur Festlegung der nicht geringen Menge um mehr als das 34.000-Fache.

II.


4
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat weitgehend keinen Erfolg.
5
1. Der Senat hat den Tatbestand des Herstellens und Inverkehrbringens von minderwertigen Arzneimitteln und Wirkstoffen (§ 95 Abs. 1 Nr. 3a, § 8 Abs. 1 Nr. 1 AMG) von der Verfolgung ausgenommen und diese insofern gemäß § 154a Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts aus den in dessen Antragsschrift genannten Gründen beschränkt. Die Beschränkung hat eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs zur Folge.
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2. Die Feststellungen sind vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffen worden und werden, wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt, durch die Beweiswürdigung belegt.
7
3. Die Feststellungen tragen den nach der Verfolgungsbeschränkung verbleibenden Schuldspruch.
8
a) Bei den Produkten, die der Angeklagte herstellte und vertrieb, handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG.
9
Es besteht kein Grund, in Bezug auf das für alle Tatbestandsvarianten maßgebliche Tatbestandsmerkmal des Arzneimittels nach §§ 2, 95 AMG entsprechend der in der Revisionsbegründung formulierten Anregung das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Beantwortung bestimmter Fragen zum Arzneimittelbegriff vorzulegen. Die Auslegung des Arzneimittelbegriffs im unionsrechtlichen Sinne ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits in einer Weise geklärt, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt ("acte éclairé", vgl. allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 2 BvR 424/17, BVerfGE 147, 364, 381 f.). Der Senat beabsichtigt nicht, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
10
aa) Der deutsche Gesetzgeber hat in § 2 AMG die Definition des Arzneimittels nach der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in deutsches Recht überführt und dabei insbesondere für "Funktionsarzneimittel" in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG den Wortlaut von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie übernommen (s. BT-Drucks. 16/12256 S. 41).
11
Der Europäische Gerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des "Arzneimittels" im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG fällt, von Fall zu Fall zu treffen sei und dabei alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen seien, insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten des Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen (s. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13, NStZ 2014, 461, 463 mwN; vgl. auch Altschwager, Der Arzneimittelbegriff im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht, 2016, S. 100 ff.). In weiterer Konkretisierung dieser Grundsätze hat er entschieden, dass der Arzneimittelbegriff keine Stoffe umfasse, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH aaO; s. auch Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07 - HechtPharma , EuGH Slg. 2009 - I - 72, 88). Bereits in vorangegangenen Urteilen hatte der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass zur Beurteilung der physiologischen Auswirkungen auf den normalen Gebrauch des fraglichenErzeugnisses - etwa unter Berücksichtigung des Beipackzettels - abzustellen, die in einer Gebrauchsanweisung mitgeteilte Modalität des Gebrauchs aber nicht an sich ausschlaggebend sei (EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08 - BIOS Naturprodukte , NVwZ 2009, 967, 968; vom 9. Juni 2005 - C-211/03 - HLH Warenvertrieb , EuGH Slg. 2005 - I - 5186, 5212).
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bb) In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze ist die Einordnung der vom Angeklagten hergestellten und vertriebenen Produkte als Arzneimittel ohne weiteres möglich, wie sich auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. August 2018 - 3 StR 345/17, NStZ-RR 2019, 86; vom 14. Februar 2019 - 4 StR 283/18, wistra 2019, 248 Rn. 2 ff.; Urteile vom 18. September 2013 - 2 StR 535/12, BGHSt 59, 16 Rn. 10; vom 19. September 2017 - 1 StR 72/17, NStZ-RR 2018, 50, 51; vom 11. Juli 2002 - I ZR 34/01, BGHZ 151, 286, 291 ff.). Es bestehen keine grundsätzlichen Rechtsfragen, die bislang durch den Europäischen Gerichtshof nicht entschieden und für die Beurteilung maßgeblich sind. Vielmehr geht es um eine Rechtsanwendung auf den Einzelfall.
13
Nach den Urteilsgründen dienten die produzierten und vertriebenen Anabolika dazu, im Zusammenhang mit Kraftsport einen Zugewinn an Muskelmasse zu fördern, mithin die physiologischen Funktionen zu beeinflussen (vgl. auch BT-Drucks. 16/5526 S. 14; zudem - mit gewissen Zweifeln im Einzelfall - Kloesel/Cyran, AMG, 135. Akt.-Lief. 2019, § 2 A 1.0 Nr. 76). Diese Beeinflussung wurde jedenfalls von den Verbrauchern, aber grundsätzlich - von den damit einhergehenden Nebenwirkungen abgesehen - auch darüber hinaus als positiv bewertet (vgl. zur Zulassung von Arzneimitteln mit der Indikation "Leistungssteigerung" etwa BT-Drucks. 13/9996 S. 13). Die Stoffe sind danach geeignet , der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein. Dass mit vorteilhaften Auswirkungen Nebenwirkungen einhergehen, die im Ergebnis einen positiven Gesamtnutzen in Frage stellen können, ist für Arzneimittel typisch und kein Grund, die Arzneimitteleigenschaft zu verneinen (s. etwa zu Nebenwirkungen Art. 1 Nr. 11 Richtlinie 2001/83/EG, § 4 Abs. 13 AMG; zum Nutzen-RisikoVerhältnis § 4 Abs. 28 AMG).
14
Die weiter einzubeziehenden Gesichtspunkte wie die Gebrauchsmodalitäten , die näheren Umstände der Abgabe an die Verbraucher und das Schädigungspotential von Anabolika stehen einer Einordnung als Arzneimittel ebenfalls nicht entgegen, sondern lassen sich dafür anführen. Im Übrigen spricht für eine solche Einordnung, dass der Angeklagte die Produkte "wie bei Arzneimitteln üblich mit Angaben zu Inhaltsstoffen und Wirkstoffgehalten versah", vorbe- druckte Injektionsfläschchen ("Vials") samt Hologramm-Aufklebern verwendete und seine Produkte unter anderem unter der auf eine medizinische Verwendung hinweisenden Bezeichnung "Hanse Medical" bewarb.
15
b) Der Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, § 6a Abs. 1 AMG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 (BGBl. 2012 I S. 2192, 2194) strafbar gemacht.
16
aa) Gemäß § 2 Abs. 2 StGB ist diese zum Zeitpunkt der Tatbeendigung geltende Gesetzesfassung anzuwenden, da der Angeklagte die - im Wege der Bewertungseinheit als einheitlich beurteilte - Tat von Mitte 2011 bis zum 12. Dezember 2012 beging.
17
Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung nach § 2 Abs. 3 StGB die Vorschriften des AMG und nicht des nachfolgend in Kraft getretenen AntiDopG herangezogen, da sich das AMG im konkreten Fall als das mildere Gesetz darstellt (vgl. näher BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 StR 458/16, NJW 2017, 2847 Rn. 5 ff.).
18
bb) Der Senat ist trotz geäußerter Bedenken (s. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 - 3 StR 345/17, NStZ-RR 2019, 86) in Bezug auf den hier entscheidenden Zeitraum nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG (in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Nr. 2a, § 6a Abs. 1 AMG in der damals geltenden Fassung) überzeugt und hat daher keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG eingeholt (im Ergebnis ebenso BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 - 4 StR 283/18, wistra 2019, 248; zu den allgemeinen Anforderungen BVerfG, Beschlüsse vom 6. März 2018 - 1 BvL 1/16, FamRZ 2018, 1021, 1022; vom 18. Dezember 1984 - 2 BvL 22/82, BVerfGE 68, 337, 343 f.).
19
(1) § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften mit Wirkung zum 26. Oktober 2012 - neben einer Einschränkung auf das Doping bei Menschen - dahin geändert, dass seitdem dynamisch ausdrücklich auf die jeweils geltende Fassung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II S. 334) Bezug genommen wurde. Insoweit stehen die zuvor vom Senat ausgeführten Zweifel, ob die frühere Gesetzesfassung eine statische oder eine dynamische Verweisung enthielt und die Vorschrift mit Blick darauf verfassungsmäßig sei (BGH, Beschluss vom 7. August 2018 - 3 StR 345/17, NStZ-RR 2019, 86; näher dazu auch Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 101 ff., 119 ff.), nicht in Rede.
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(2) Die dynamische Verweisung betreffende Bedenken, ob die Rechtsetzungshoheit des Gesetzgebers gewahrt ist, sind zumindest für den zu beurteilenden Zeitraum nicht von solchem Gewicht, dass sie zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift führen.
21
(a) Art. 103 Abs. 2 GG enthält - gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben , dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (s. BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38 Rn. 38 mwN). Dabei muss der Gesetzgeber den Tatbestand nicht stets vollständig im förmlichen Gesetz umschreiben, sondern darf auf andere Vorschriften, auch anderer Normgeber, verweisen. Verweist ein Gesetzgeber dabei auf andere Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung (dynamische Verweisung), kann dies dazu führen, dass er den Inhalt seiner Vorschriften nicht mehr in eigener Verantwortung bestimmt und damit der Entscheidung Dritter überlässt. Damit sind dynamische Verweisungen zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit ziehen; grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können diesen Rahmen zusätzlich einengen (BVerfG aaO S. 55 f.).
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Eine allgemeine Aussage, welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der einzelne Straftatbestand haben muss, lässt sich nicht treffen. Vielmehr ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden, ob der Gesetzgeber seinen Verpflichtungen aus Art. 103 Abs. 2 GG im Einzelfall nachgekommen ist. Zu prüfen sind die Besonderheiten des jeweiligen Straftatbestands einschließlich der Umstände , die zu der gesetzlichen Regelung führen, wobei der Gesetzgeber die Strafbarkeitsvoraussetzungen umso genauer festlegen und präziser bestimmen muss, je schwerer die von ihm angedrohte Strafe ist. Auch der Kreis der Normadressaten ist von Bedeutung (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 196 mwN).
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(b) Nach diesen Maßstäben ist eine Verfassungswidrigkeit des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG und der damit in Zusammenhang stehenden § 95 Abs. 1 Nr. 2a, § 6a Abs. 1 AMG in dem maßgeblichen Zeitraum nicht anzunehmen.
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Der Gesetzgeber hat in § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG die Strafbarkeit und die Rechtsfolgen für den Fall selbst geregelt, dass jemand entgegen § 6a Abs. 1 AMG Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr bringt, verschreibt oder bei anderen anwendet. Die Verweisung auf die Verbotsvorschrift in § 6a Abs. 1 desselben Gesetzes ist gesetzestechnisch unproblematisch. Durch diese Norm hat der Gesetzgeber selbst grundlegend bestimmt, dass es verboten ist, Arzneimittel nach Abs. 2 Satz 1 zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden, sofern ein Doping bei Menschen erfolgt oder erfolgen soll. Damit hat er aufgezeigt, was strafbar sein soll, und Art und Maß der Freiheitsstrafe festgelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 - 4 StR 283/18, wistra 2019, 248; Kügel/Müller/ Hofmann/Nickel, AMG, 2. Aufl., § 6a Rn. 19). Aufgrund des Gesetzes lassen sich mithin die möglichen Fälle der Strafbarkeit prinzipiell voraussehen. So verweist der Gesetzgeber, der als entscheidend für das Verbot den konkreten Bestimmungszweck, d. h. die Verwendung zu Dopingzwecken, angesehen hat (s. BT-Drucks. 13/9996 S. 13), in § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG lediglich auf § 6a Abs. 1 AMG.
25
Die Bezugnahme in § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG auf den Anhang des Übereinkommens gegen Doping führt demgegenüber letztlich zu einer einschränkenden Konkretisierung der Verbotsnorm des Absatzes 1. Das Verbot und eine entsprechende Strafbarkeit greifen nur dann ein, wenn neben den dort genannten Tatbestandsmerkmalen das Arzneimittel Stoffe der in der jeweils geltenden Fassung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen oder Stoffe enthält, die zur Verwendung bei den dort aufgeführten verbotenen Methoden bestimmt sind. Die Verweisung auf die Bezugsliste ermöglicht eine regelmäßige Anpassung an den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse (vgl. BT-Drucks. 16/5526 S. 14 Fn. 1; Kügel/ Müller/Hofmann/Nickel, AMG, 2. Aufl., § 6a Rn. 19; zur Unumgänglichkeit wechselnder Einzelregelungen bei ständigem Wandel allgemein BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1991 - 2 BvR 374/90, NJW 1992, 2624).
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Ähnlich wie in einem Fall, in welchem dem nationalen Verordnungsgeber die Konkretisierung des Straftatbestandes eingeräumt wird, kann auch auf das Unionsrecht verwiesen werden (BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38 Rn. 47 mwN). Dass es sich abweichend davon bei der jeweils aktualisierten Liste nicht um nationale oder unionsrechtliche Normsetzung handelt, sondern um den Anhang eines völkerrechtlichen Übereinkommens , führt nicht ohne Weiteres zur Unzulässigkeit der Verweisung. Abgesehen davon, dass das Grundgesetz "völkerrechtsfreundlich" angelegt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2019 - 2 BvC 62/14, NJW 2019, 1201, 1206 mwN), ist eine Verweisung auf Regelungen außerstaatlicher Stellen nicht vollständig ausgeschlossen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80, BVerfGE 64, 208, 214 f.; BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11, 15 f.). Wenn deren Inhalt im Wesentlichen feststeht , liegt kein unzulässiger Verzicht des Gesetzgebers auf seine Rechtsetzungsbefugnis vor und ist den sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaat- sowie dem Demokratieprinzip ergebenden Anforderungen Genüge getan (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1988 - 2 BvL 26/84, BVerfGE 78, 32, 36).
27
Insofern enthält das Übereinkommen gegen Doping verfahrensrechtliche Vorgaben für die Aufstellung der Liste und umreißt diese zugleich inhaltlich nach seinem Regelungsgefüge. Hinzu kommt, dass hier der Zeitraum unmittelbar nach Inkrafttreten der damals neuen Gesetzesfassung des § 6a AMG zu beurteilen ist. Zu diesem Zeitpunkt galt die bereits am 10. Februar 2012 ver- öffentlichte (BGBl. 2012 II S. 118 ff.) Neufassung des Anhangs zu dem Übereinkommen. Diese Fassung war mithin schon im Gesetzgebungsverfahren zum Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften bekannt. Daher steht außer Frage, dass der Gesetzgeber jedenfalls den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Anhang als Konkretisierung der Verbots- und Strafnorm legitimiert hat und diese Fassung zudem aufgrund der Veröffentlichung den Normadressaten zugänglich war (vgl. entsprechend BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11 Rn. 14 zu einer früheren Gesetzesänderung des § 6a Abs. 2 AMG).
28
Überdies war nach dem - auch in § 143 Abs. 2 Satz 1 AMG aF zum Ausdruck kommenden - Willen des Gesetzgebers die Bekanntmachung des jeweils geänderten Anhangs zu dem Übereinkommen im Bundesgesetzblatt vorgesehen (s. BT-Drucks. 17/9341 S. 48), so dass ungeachtet etwaiger anderer Veröffentlichungen der jeweiligen Listen diese dadurch dem Normadressaten zugänglich gemacht wurden und der Grundsatz der Publizität bedacht wurde (s. dazu allgemein BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, BVerfGK 17, 273, 287). Für jemanden, der Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr bringt, ist es zumutbar, sich über den jeweiligen Fassungsstand zu informieren.
29
Danach ist ferner nicht entscheidend, dass in dem seinerzeit aktuellen Anhang des Übereinkommens gegen Doping - wie bereits schon in den Vorjahren - nicht mehr der im Gesetz genutzte Begriff der "Gruppen von verbotenen Wirkstoffen" verwendet wird, sondern Stoffe unter bestimmten "Klassen" zusammengefasst sind. Wie auch die Regelungssystematik nahelegt, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Gruppen bestimmter Stoffe nunmehr unter den Überschriften der Klassen (etwa als "S1", "S2") ausgewiesen sind (vgl. BT-Drucks. 16/5526 S. 14). Im Übrigen war in den englisch- und französischsprachigen Fassungen des Übereinkommens gegen Doping sowie in den folgenden Änderungen stets von "classes" die Rede.
30
Schließlich hat der Gesetzgeber zwar in dem § 6a AMG ersetzenden § 2 AntiDopG vom 10. Dezember 2015 (BGBl. 2015 I S. 2210) eine andere Regelungstechnik gewählt, die nunmehr auf einen in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung (Internationales Übereinkommen gegen Doping) aufgeführten Stoff abstellt. Insofern können die näheren Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem speziellen Gesetzesvorbehalt und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG (BT-Drucks. 18/4898 S. 24 f.) als Reaktion auf Bedenken an der vorangegangenen Gesetzeslage (vgl. etwa BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11 Rn. 14 mwN) verstanden werden. Aus einem etwaigen Anliegen im Rahmen der ohnehin vorgenommenen Neuordnung durch die Schaffung des Gesetzes gegen Doping im Sport, Vorschriften klarer und bestimmter zu fassen, folgt aber nicht der Schluss, die vorangegangene Rechtslage sei verfassungswidrig gewesen oder der Gesetzgeber sei zumindest von einer Verfassungswidrigkeit ausgegangen.
31
Bei einer Gesamtwürdigung der erörterten Gesichtspunkte führen die an der Regelungssystematik fortbestehenden Bedenken letztlich nicht zu der Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit des Normengefüges.
32
cc) Der Angeklagte brachte entgegen § 6a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AMG Arzneimittel, die Stoffe der in der damals geltenden Fassung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen enthielten, zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr.
33
Die von der Strafkammer im einzelnen aufgezählten Produkte beinhalteten verbotene anabole Stoffe (Metandienon, Oxymetholon, Stanozolol ["Winstrol"], Testosteron) sowie Hormone oder Stoffwechsel-Modulatoren (Clomifen). Unter einem Inverkehrbringen im Sinne des § 6a Abs. 1 AMG ist nach § 4 Abs. 17 AMG das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe , das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere zu verstehen. Der Angeklagte hielt die von ihm produzierten Mittel jedenfalls zum Verkauf vorrätig und gab sie in einer Vielzahl von Fällen an andere ab.
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dd) Eine vom Generalbundesanwalt beantragte Beschränkung der Verfolgung nach § 154a Abs. 2 StPO hinsichtlich dieses Straftatbestandes hält der Senat unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles nicht für zweckmäßig.
35
c) Der Angeklagte brachte zugleich bedenkliche Arzneimittel in Verkehr (§ 95 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 AMG).
36
Bei den zum Verkauf vorrätig gehaltenen und abgegebenen Mitteln bestand im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Der bestimmungsgemäße Gebrauch richtet sich bei für Dopingzwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt oder wirkstoffidentisch sind, nach der für das verwandte Erzeugnis maßgeb- lichen Zwecksetzung (s. BGH, Urteile vom 19. September 2017 - 1 StR 72/17, NStZ-RR 2018, 50, 51; vom 10. Juni 1998 - 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2; Kügel/Müller/Hofmann/Raum, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15).
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Die schädlichen Wirkungen der vertriebenen Anabolika auf den menschlichen Körper hat das Landgericht festgestellt. Hierzu und zur Überschreitung des wissenschaftlich vertretbaren Maßes bedurfte es mit Blick auf die konkreten , ohne medizinische Indikation zur Leistungssteigerung in Verkehr gebrachten Stoffe keiner weitergehenden Ausführungen (vgl. zu anabolen Steroiden BGH, Urteil vom 19. September 2017 - 1 StR 72/17, NStZ-RR 2018, 50, 51; s. auch BT-Drucks. 16/5937 S. 16). Dass der Angeklagte die tatsächlichen Umstände kannte, die für die Abwägung des Verhältnisses zwischen dem bekannten Risiko und dem Nutzen von Relevanz sind (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2019 - 1 StR 107/18, NJW 2019, 3392 Rn. 31), ist den Urteilsgründen ebenfalls zu entnehmen.
38
d) Zudem verwirklichte der Angeklagte den Tatbestand des Handeltreibens mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, außerhalb von Apotheken (§ 95 Abs. 1 Nr. 5, § 43 Abs. 1 Satz 2 AMG).
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Mit Ausnahme von Trenbolon handelte es sich jeweils um den Apotheken vorbehaltene Arzneimittel, die gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AMG, § 1 Nr. 1, Anlage 1 AMVV nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen. Dass Trenbolon nicht erfasst ist, ist in Bezug auf die anderen Stoffe für den Schuldspruch unerheblich.
40
e) Da die Staatsanwaltschaft Lüneburg die Verfolgung mit Anklageerhebung auf die in der Anklageschrift genannten Gesetzesverletzungen gemäß § 154a Abs. 1 StPO beschränkt hat, hat das Landgericht eine Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes von Arzneimitteln und Grundstoffen in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b, § 6 Abs. 2a Satz 1 AMG aF) nicht näher zu prüfen gehabt. Im Übrigen ist der Angeklagte durch einen insoweit unterbliebenen Schuldspruch nicht beschwert.
41
f) Die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, dass der Angeklagte wegen einer einzigen Tat zu verurteilen ist, ist ohne einen diesen belastenden Rechtsfehler getroffen (s. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2019 - 1 StR 273/17, juris Rn. 7 ff. mwN).
42
Die im Schuldspruch genannten Tatbestandsvarianten des § 95 Abs. 1 AMG stehen hier in Tateinheit zueinander, da bei der Annahme von Gesetzeseinheit der Unrechtsgehalt nicht vollständig erfasst würde (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 95 AMG Rn. 21; im Ergebnis ebenso BGH, Beschlüsse vom 14. März 2016 - 5 StR 516/15, juris; vom 14. Februar 2019 - 4 StR 283/18, wistra 2019, 248; Urteil vom 19. September 2017 - 1 StR 72/17, NStZ-RR 2018, 50, 51).
43
4. Die Überprüfung des Urteils hat hinsichtlich der Rechtsfolgen ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
44
Die in der Revisionsbegründung gegen den Strafausspruch vorgebrachten Beanstandungen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführten Gründen nicht durch.
45
Der Strafausspruch wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht berührt. Es ist auszuschließen, dass das Tatgericht ohne den nunmehr fortgefallenen Schuldspruch wegen Herstellens und Inverkehrbringens von minderwertigen Arzneimitteln und Wirkstoffen eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte. Der anzuwendende Strafrahmen hat sich nicht geändert. Der vom Landgericht neben diversen anderen Gesichtspunkten strafschärfend herangezogene Umstand, dass der Angeklagte tateinheitlich mehrere Varianten des § 95 Abs. 1 AMG verwirklichte, trifft nach der Verfolgungsbeschränkung weiterhin zu.
46
5. In der Beschränkung der Strafverfolgung und der damit einhergehenden Änderung des Schuldspruchs liegt kein solcher Erfolg des Rechtsmittels, der es unbillig erscheinen ließe, den Angeklagten mit den gesamten Gebühren und Auslagen des Verfahrens zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Schäfer Gericke Tiemann
Berg Anstötz

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,2.entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz

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(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die 1. durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder1a. (weggefallen)2. mit irreführ

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Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 6 Verbote zum Schutz der Gesundheit, Verordnungsermächtigungen


(1) Es ist verboten, ein Arzneimittel herzustellen, in Verkehr zu bringen oder anzuwenden, wenn bei der Herstellung des Arzneimittels einer durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 angeordneten Bestimmung über die Verwendung von Stoffen, Zubereitungen au

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die

1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder
1a.
(weggefallen)
2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben,
b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.

(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.

(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 345/17
vom
7. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu
Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:070818B3STR345.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung und zu 2. auf dessen Antrag - am 7. August 2018 gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO im Fall II.1. der Urteilsgründe auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge beschränkt;
b) das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 16. März 2017 aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen (1) im Ausspruch über die im Fall II.1. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe, (2) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßiger Herstellung von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte regelmäßigen Handel mit verschiedenen Anabolikapräparaten. Er verarbeitete eingekaufte Grundstoffe zu konsumfertigen Einzelportionen und veräußerte diese an Abnehmer aus dem Umfeld diverser Fitnessstudios. In diesem Rahmen bestellte er im Herbst 2012 bei einer chinesischen Firma verschiedene Dopingmittel (Testosteronenantat, Testosteronpropionat, Nandrolondecanoat und Oxymetholon), die per Post an ihn versandt werden sollten, was jedoch misslang, weil das Paket am 27. Dezember 2012 am Flughafen Köln/Bonn vom Zoll angehalten wurde (Fall II.1. der Urteilsgründe). Ferner veräußerte er kurz vor dem 26. Juli 2016 sowie an diesem Tag an einen Freizeitkraftsportler für dessen Eigenkonsum insgesamt neun Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat-Lösung (Fall II.2. der Urteilsgründe) und am 30. August 2016 an einen anderen für dessen Eigenkonsum insgesamt 58 Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat- bzw. TestosteronpropionatLösung (Fall II.3. der Urteilsgründe). Schließlich hielt er am 22. September 2016 in seiner Wohnung und dem zugehörigen Kellerraum insgesamt 1.887 Ampullen mit verschiedenen Anabolika (Testosteron, Boldenon, Nandrolon, Trenbolon und Metandienon) zum Verkauf an Kraftsportler vorrätig, die er zuvor konsumfertig zubereitet und in Ampullen zu je 10 ml abgefüllt hatte (Fall II.4. der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe nach dem zur Tatzeit geltenden Recht als dem mildesten Gesetz (§ 2 Abs. 1 und 3 StGB) wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a und 2b, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b AMG in der bis zum 17. Dezember 2015 gültigen Fassung (aF), §§ 22, 23 Abs. 1, § 52 StGB verurteilt. Die Fälle II.2. und II.3. der Urteilsgründe hat es jeweils als gewerbsmäßiges Herstellen von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB gewertet. Wegen der Tat zu II.4. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten des gewerbsmäßigen Herstellens von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln und mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB für schuldig befunden.

II.


4
Im Fall II.1. der Urteilsgründe hat der Senat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) beschränkt. Damit braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob er § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF für verfassungswidrig hält und deshalb nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen muss. Der Senat hegt jedenfalls erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität dieses Tatbestandes (s. II.1.). Demgegenüber begegnet die Strafbarkeit wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF zwar ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken. Jedoch ist der Senat von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht überzeugt (s. II.2.).
5
1. § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF stellt das Inverkehrbringen nach § 6a Abs. 1 AMG aF verbotener Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport unter Strafe. Dies sind nach § 6a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AMG aF solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. II S. 334) aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen oder Stoffe enthalten, die zur Verwendung bei den dort aufgeführten verbotenen Methoden bestimmt sind. Der in Bezug genommene Anhang zu dem Übereinkommen enthielt ursprünglich die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOK) erstellte Liste der Gruppen von Dopingwirkstoffen und Dopingmethoden (BGBl. II S. 350 f.). In der Folgezeit wurde der Anhang mehrfach - in der Regel jährlich - von der hierzu gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens ermächtigten "Beobachtenden Begleitgruppe", einem eigenen Gremium des Europarats, dessen Zusammensetzung und Aufgabenbereiche in Art. 10 ff. des Übereinkommens festgelegt sind - geändert. Dabei wurde nach Gründung der internationalen Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stets deren aktuell gültige Verbotsliste übernommen.
6
a) Vor diesem Hintergrund ergeben sich verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der bis zum 25. Oktober 2012 und damit möglicherweise im Tatzeitraum geltenden Fassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF daraus, dass unklar bleibt, ob es sich mit Blick auf die regelmäßig jährliche Änderung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping um eine statische Verweisung auf die ursprünglich als Anhang zum Übereinkommen genommene Liste oder um eine dynamische Verweisung auf die zur jeweiligen Tatzeit oder im Sinne einer gesetzgeberischen Willensentscheidung auf die zur Zeit der letzten Änderung des Gesetzes gültige Fassung handelt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11, 15; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 95 AMG Rn. 88 ff.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a Rn. 48 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 101, 102 ff.). Damit war bis zur Änderung des Gesetzes durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, mit der § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF um den Verweis auf die "jeweils geltende Fassung" des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping ergänzt wurde, für den Rechtsunterworfenen unklar, welche Liste zum Zeitpunkt seines Handelns verbindlich war.
7
b) Sollte der Angeklagte die Tat nach dem 26. Oktober 2012 und damit zur Zeit der Gültigkeit der eindeutig eine dynamische Verweisung enthaltenden Gesetzesfassung begangen haben, bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF mit Blick auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei dynamischen Verweisungen in Strafgesetzen zu wahrende Rechtsetzungshoheit des Gesetzgebers gleichwohl fort (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64, BVerfGE 33, 125, 158; vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80, BVerfGE 64, 208, 214).
8
Den Inhalt des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping legt die so genannte Beobachtende Begleitgruppe des Europarats, in der jeder Staat mit je einer Stimme vertreten ist (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens), durch Mehrheit fest. Da mithin ein bestimmender nationaler Einfluss nicht gesichert ist und der Gesetzgeber nicht über die erforderliche Kontrolle zur Festlegung des Inhalts der Verbotsliste verfügt, hat der Senat Zweifel, ob damit die nach Art. 103 Abs. 2 GG gebotene gesetzgeberische Rechtsetzungshoheit gewahrt ist, die verlangt, dass jener die Voraussetzungen strafbaren Handelns selbst bestimmt (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 22. Juni1988 - 2 BvR 234/87 u.a., BVerfGE 78, 374, 381 ff.; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 54; insoweit mit Blick auf § 95a Abs. 1 Nr. 2a AMG aF ebenfalls kritisch Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a AMG Rn. 51 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 119, 124).
9
2. Der nach der Beschränkung der Strafverfolgung verbleibende Schuldspruch wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF hält rechtlicher Überprüfung stand. Insoweit bestehende verfassungsrechtliche Bedenken haben sich nicht zu der für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG erforderlichen Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der Strafnorm verdichtet (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - 2 BvL 20, 21/84, BVerfGE 68, 352, 359; vom 5. April 1989 - 2 BvL 1, 2, 3/88, BVerfGE 80, 54, 58 f.).
10
Zwar erscheint es auch im Hinblick auf § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF fraglich , ob die geforderte inhaltliche Bestimmung dieses Straftatbestandes durch den Gesetzgeber selbst gewahrt ist. Denn er hat über § 6a Abs. 2a Satz 2 AMG aF das Bundesministerium der Gesundheit dazu ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern die vom Gesetz verlangte nicht geringe Menge der relevanten Stoffe durch Rechtsverordnung zu bestimmen, was mit Erlass der Dopingmittelmengenverordnung (DmMVO) umgesetzt wurde. Somit hat der Gesetzgeber die Ausformung eines strafbegründenden Tatbestandsmerkmals auf die Exekutive delegiert. Bedenken, dass dies der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts widersprechen könnte, wonach (verweisende) Blankettgesetze dem Grundsatz der Gewaltenteilung nur dann genügen, wenn der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe selbst bestimmt und dem Verordnungsgeber lediglich konkretisierende Spezifizierungen des Straftatbestands überlässt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 1997 - 2 BvR 509, 511/96, NJW 1998, 669, 670; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 58), steht indes entgegen, dass der Gesetzgeber die Tathandlung und den Strafrahmen selbst konkret bestimmt hat, so dass die Festlegung der nicht geringen Mengen lediglich als Spezifizierung der strafbegründenden Merkmale gewertet werden kann. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat von der Verfassungswidrigkeit des § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF jedenfalls nicht zu überzeugen.
11
3. Die Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge führt zur Aufhebung der für diese Tat verhängten Einzelstrafe, da das Landgericht, das bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass mehrere Straftatbestände tateinheitlich verwirklicht worden sind, bei Erfüllung nur eines Tatbestandes möglicherweise eine mildere Strafe verhängt hätte.

III.


12
Hinsichtlich der Fälle II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe kann das Urteil keinen Bestand haben.
13
1. Der Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AntiDopG begegnet allerdings keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
14
a) Zwar verweist auch die Strafvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG hinsichtlich der verbotenen Dopingmittel über § 2 Abs. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung, die wiederum die jährlich aktualisierte WADA-Liste umfasst (NK-AntiDopG/Striegel, § 2 Rn. 23). Anders als nach § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF bleibt es nun jedoch einer innerstaatlichen Entscheidung vorbehalten, inwieweit auch künftige Änderungen der Anlage I des Übereinkommens in den Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG eingefügt werden. Nach Art. 34 des Übereinkommens gelten Änderungen der in der Anlage I enthaltenen Liste als genehmigt, wenn nicht mindestens zwei Drittel der Vertragsstaaten Einspruch erheben. Nach entsprechender Notifizierung beim Generalsekretär treten sie in den Staaten nicht in Kraft, die die Änderung nicht akzeptieren. Innerstaatlich hat die Bekanntmachung einer Entscheidung des zuständigen Bundesministeriums über die Annahme einer Änderung im Bundesgesetzblatt Teil II konstitutive Wirkung (BT-Drucks. 18/4898, S. 24).
15
Ob damit die Entscheidungsbefugnis über Änderungen der Anlage durch die Exekutive auf derselben Ebene angesiedelt ist, wie wenn eine Verordnungsermächtigung geschaffen worden wäre (so BT-Drucks. 18/4898, S. 24), erscheint zwar zweifelhaft. Der neu geschaffene Regelungsmechanismus ermöglicht es nämlich lediglich, die Geltung künftiger Änderungen zu verhindern , nicht aber, solche Änderungen positiv zu gestalten. Gleichwohl wurde durch die Neuregelung - wie vom Gesetzgeber intendiert (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 24 f.) - ein höheres Maß an nationaler Gestaltungshoheit erreicht (kritisch: G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 11; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 2 AntiDopG Rn. 11 und 14 f.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2, 9 f.). Denn es ist jedenfalls ausgeschlossen, dass der Inhalt des Straftatbestands des § 4 AntiDopG i.V.m. § 2 AntiDopG ohne oder gegen den Willen der nationalen Institutionen verändert wird.
16
b) Hinsichtlich der Verfassungskonformität der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG wiederum das Bundesministerium für Gesundheit zur Bestimmung der nicht geringen Menge ermächtigt, gelten die obigen Ausführungen des Senats zu § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF entsprechend (s.o.; kritisch insoweit auch G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 16 f.). Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG ist damit nicht gefordert.
17
2. Jedoch weist der Schuldspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Landgericht hat nicht in Bedacht genommen, dass die jeweils tatgegenständlichen Handlungen in den Fällen II.2. bis II.4. der Urteilsgründe eine rechtliche Bewertungseinheit bilden könnten.
18
a) Hierzu gilt: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertungseinheit im Betäubungsmittelstrafrecht, die für gleichgelagerte Konstellationen im Arzneimittelstrafrecht entsprechend gilt (BGH, Urteil vom 25. April 2001 - 2 StR 374/00, NJW 2001, 2812, 2815), ist eine einheitliche Tat anzunehmen, wenn ein- und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (BGH, Urteil vom 23. März 1995 - 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies kann auch gegeben sein, wenn verschiedenartige Präparate "im Gesamtpaket" erworben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 - 4 StR 110/01, NStZ-RR 2002, 52). In diesem Fall müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die jeweiligen Verkaufsmengen aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2000 - 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20; vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Diese Grundsätze sind auf die Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz entsprechend zu übertragen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers wurden die Verbote und Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes in das Anti-Doping-Gesetz überführt und aufgrund der strukturellen Vergleichbarkeit an das Betäubungsmittelstrafrecht angelehnt (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 2, 20, 23).
19
b) Nach diesen Maßstäben liegt hier die Annahme einer Bewertungseinheit nahe. Es sind konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe veräußerten und im Fall II.4. der Urteilsgründe in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Mittel und Stoffe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge stammten. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte spätestens seit dem Jahr 2010 regelmäßigen Handel mit Anabolikapräparaten, wobei er die Grundstoffe in größeren Mengen erwarb und zum Verkauf zu konsumfertigen Einzelportionen verarbeitete. Das spricht dafür, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe am 26. Juli und 30. August 2016 veräußerten insgesamt 67 Ampullen mit Testosteron aus dem Bestand stammten, dessen "Reste" - 1.887 konsumfertige zubereitete Ampullen, die nahezu ausschließlich Testosteron enthielten - knapp einen Monat später, am 22. September 2016, in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden. Dieser Vorrat wies einen so erheblichen Umfang auf, dass der Angeklagte hieraus eine Vielzahl von Geschäften in der Größenordnung der festgestellten Einzelverkäufe hätte bestreiten können (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte ihn erst nach den abgeurteilten Einzelverkäufen erworben hätte, ergeben die Urteilsgründe nicht.
20
c) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie zu den getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen.
21
3. Für die neue Entscheidung weist der Senat zudem auf Folgendes hin:
22
a) Die von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG erfassten Tatvarianten des Herstellens von und Handeltreibens mit Dopingmitteln stehen entgegen der rechtlichen Wertung des Landgerichts - ungeachtet der Frage, ob insoweit nicht ohnehin eine Bewertungseinheit vorliegt - nicht in Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander. Vielmehr liegt Gesetzeskonkurrenz vor.
23
Der Gesetzgeber hat die Verbots- und Strafvorschriften des Anti-DopingGesetzes an die Formulierungen im Katalog des § 29 Abs. 1 BtMG angelehnt, da mit Blick auf die Mechanismen des illegalen Marktes eine strukturelle Vergleichbarkeit zum Betäubungsmittelrecht zu sehen sei (BT-Drucks. 18/4898, S. 23). Dies legt es nahe, zur Bewertung der Konkurrenzverhältnisse der Straftatbestände des Anti-Doping-Gesetzes die Rechtsprechung zum Betäubungsmittelstrafrecht heranzuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 29 BtMG stellt das Herstellen von Betäubungsmitteln, wenn es bereits auf deren Verkauf gerichtet ist, eine Vorstufe des Handeltreibens dar und tritt als Teilakt des Handeltreibens hinter diesem zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 1988 - 2 StR 571/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertung 2). Für das Anti-Doping-Gesetz kann nach den vorangegangenen Ausführungen nichts anderes gelten.
24
b) Dagegen ist das Landgericht rechtsfehlerfrei von Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen dem Handeltreiben mit Dopingmitteln (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG) und dem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG) ausgegangen. Soweit der Besitz von Betäubungsmitteln subsidiär hinter dem Handeltreiben zurücktritt (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 1392), kann dies auf die Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz nicht übertragen werden. Das Anti-Doping-Gesetz enthält keinen gesonderten Straftatbestand des Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG), so dass im Falle der Annahme von Gesetzeskonkurrenz bei einer Verurteilung "nur" wegen Handeltreibens mit Dopingmitteln nicht zum Ausdruck käme, dass der Angeklagte über eine nicht geringe Menge verfügt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 3 AntiDopG; so auch Weber, BtMG, 5. Aufl., AntiDopG § 4 Rn. 199).
VRiBGH Becker ist im Urlaub Spaniol Tiemann und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol RiBGH Dr. Berg ist im Urlaub und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol Leplow
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
10
Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel unter anderem solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die entweder zur Anwendung im oder am Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden bestimmt sind (sogenannte Präsentationsarzneimittel, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die im Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sogenannte Funktionsarzneimittel, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG). Von dem Begriff der Präsentationsarzneimittel werden neben echten Arzneimitteln auch solche Pro- dukte erfasst, die nur den Anschein erwecken, therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken zu dienen (vgl. Müller in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 2 Rn. 20). Der Schutzzweck des Gesetzes besteht darin, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen. Deshalb soll der Verbraucher auch vor solchen Produkten geschützt werden, die zur Erfüllung der erwünschten therapeutischen oder prophylaktischen Zwecke ungeeignet sind. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Heilung einer Krankheit verzögert oder deren Verlauf verschlechtert werden kann, wenn statt geeigneter Medikamente unwirksame Anscheinsarzneimittel angewendet werden und dadurch eine sachgemäße Medikation verhindert oder verzögert wird (Müller aaO § 2 Rn. 72).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 72/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von
Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
der Angeklagte N. persönlich – in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – und Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. Juli 2016 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten M. und N. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte N. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und N. jeweils wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln u.a. verurteilt, den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten , den Angeklagten N. zu einer solchen von drei Jahren. Darüber hinaus hat das Landgericht beim Angeklagten M. den Verfall von Werter- satz in Höhe von 36.857,10 € und beim Angeklagten N. von7.448 € an- geordnet.
2
Die Verurteilung des Haupttäters S. ist rechtskräftig.
3
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zuungunsten der Angeklagten M. und N. eingelegten Revisionen – die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden – insbesondere, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen Mittäterschaft verurteilt und die Gewerbsmäßigkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung vom 7. August 2013) verneint hat.
4
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Revisionen haben keinen Erfolg.

I.


6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb S. ab Mai 2013 in Berlin ein Untergrundlabor zur Herstellung von anabolen Steroiden und verkaufte diese sodann unter dem Namen „Gencimed“ über das Internet.
7
a) Der Angeklagte M. , ein ehrgeiziger Bodybuilder, konsumierte seit Jahren verbotene anabole Steroide in erheblichem Umfang und bezog diese über S. . Um seinen Eigenkonsum aus dieser Bezugsquelle zu sichern , arbeitete er für S. als Paketkurier gegen ein festes Entgelt von 1.500 € in bar oder anabole Steroide in diesem Wert; darüber hinaus war er drei Monate für 3.000 € pro Monat oder anabole Steroide in diesem Wert mit dem Verpacken der auszuliefernden Pakete befasst. Insgesamt erzielte er so an Geld und ersparten Aufwendungen für den Eigenkonsum mindestens 36.857,10 €.
8
Er half dem Haupttäter bei insgesamt 66 Lieferungen hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der Dopingmittelmengenverordnung (DmMV) in erheblichem Umfang überschritten war.
9
b) Der Angeklagte N. , der keine anabolen Steroide konsumierte, unterstützte S. mit IT-Dienstleistungen beim Akquirieren von Lieferanten und Kunden. Er war Mitbetreiber einer Internetseite, auf der sich die Nutzer über Einnahme und Beschaffung von leistungssteigernden illegalen Arzneimitteln austauschen konnten. Einigen Nutzern erteilte er gegen Entgelt die Berechtigung, über dieses Forum solche Arzneimittel zu verkaufen. Auch S. verkaufte von ihm hergestellte Dopingmittel über dieses Forum. Außerdem veranlasste der Angeklagte N. die Erstellung eines Bewer- tungsthreads zu „Gencimedprodukten“ und löste dadurch weitere Bestellungen aus. Darüber hinaus optimierte er den Internetauftritt für „Gencimed“, half S. bei der Verwaltung der Homepage, bei der Bearbeitung der Bestellun- gen und bei der Bezahlung mit „bitcoins“. Für diese Tätigkeiten erhielt der An- geklagte N. insgesamt 1.900 €.
10
Er unterstützte S. bei 138 Abgaben an Abnehmer hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der DmMV um ein Vielfaches überschritten war, weil er seiner Reputation als IT-Experte und Administrator gerecht werden und sein bestehendes Renommee als IT-Fachmann weiterverbreiten wollte.
11
2. In ihrer rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer nach einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung und Gesamtschau sämtlicher Beweis- ergebnisse das Verhalten der Angeklagten M. und N. nicht als Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB), sondern als Beihilfe (§ 27 StGB) gewertet.
12
3. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG in der Fassung vom 7. August 2013) hat die Strafkammer beim Haupttäter für gegeben erachtet, nicht aber bei den Angeklagten M. und N. . Beiden sei es nicht darauf angekommen, sich durch die Hilfsleistungen eine finanzielle Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte M. habe selbst über Zuwendungen von monatlich mindestens 2.500 € verfügt. Der Angeklagte N. habe nur sei- nen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollen.
13
Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer allerdings in den Fällen des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG (Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport) einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG angenommen, weil sie durch ihre Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet hätten.

II. Revision des Angeklagten N.
14
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten N. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
16
Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ richtet sich beieigens für Doping- zwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten, und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt (oder sogar wirkstoffidentisch) sind, nach der für das artverwandte Erzeugnis maßgeblichen Zwecksetzung (vgl. Raum in Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15; Volkmer in Körner/Patzak/ Volkmer, BtmG, 8. Aufl. 2016, AMG § 95 Rn. 23). Die verfahrensgegenständli- chen Produkte waren für die „Bodybuilderszene“ als Absatzmarkt bestimmt. Dort wurden die Präparate ohne therapeutische Indikation hochdosiert zum Muskelaufbau verwendet. Nur zu diesem Zweck wurden die Präparate hergestellt und vertrieben. Danach ist der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ der Präparate gleichzusetzen mit dem auf diesem Markt vorgesehenen Missbrauch (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2 Rn. 25). Diese Voraussetzung hat das Landgericht für die in Betracht kommenden Wirkstoffe rechtsfehlerfrei bejaht.
17
Darüber hinaus enthielten – wie die Analyse des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (UA S. 126) ergab – von 63 begutachteten GencimedPräparaten nur 17 den in der Deklaration enthaltenen Wirkstoff und den dort angegebenen Wirkstoffgehalt, 22 Präparate waren überdosiert, 17 unterdosiert und sieben wichen sogar bezüglich des Inhalts von der Deklaration ab. Dies machte die gesundheitlichen Auswirkungen für die Konsumenten völlig unkalkulierbar und zeigt, dass sich bereits aufgrund des Herstellungsverfahrens des Untergrundlabors ohne Überprüfung der chemischen Zusammensetzung, des Reinhalts- und Wirkstoffgehalts der aus China und der Türkei bezogenen Materialien , für den Konsumenten ein erhebliches Gesundheitsrisiko ergab, was jedes dort hergestellte Produkt bereits deshalb für sich bedenklich machte.
18
2. Die Verfallsanordnung ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht § 73c Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erörtert, der auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar ist.
19
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nur zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten N. und die verhältnismäßig geringe Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls nicht.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
21
Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung der beiden Angeklagten als Gehilfen als rechtsfehlerfrei. Zutreffend hat das Landgericht bereits die objektiven Voraussetzungen einer Mittäterschaft – und darüber hinaus auch die subjektiven – verneint. Auch die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns bei dem Angeklagten N. ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte M. hat zwar entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllt, jedoch ist ein Beruhen des Urteils auf dieser fehlerhaften Wertung ausgeschlossen.
22
1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. zum Maßstab BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN, NJW-Spezial 2016, 601 Rn. 17).
23
Lässt das angefochtene Urteil – so wie hier – erkennen, dass der Tatrichter diesen Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht selbst dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn – anders als vorliegend – eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531 mwN). Aufgrund der getroffenen Feststellungen lag die Annahme einer Mittäterschaft bei dem Angeklagten M. fern, bei dem Angeklagten N. war sie ausgeschlossen.
24
2. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Arzneimittelgesetz ist nicht tatbestandsspezifisch auszulegen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze. Danach bringt gewerbsmäßig Arzneimittel in Verkehr, wer dies in der Absicht macht, sich daraus durch wiederholte Tatbegehung auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht Kommentar, AMG, 131. Akt.Lief. 2016, Band IV, § 43 Rn. 18 mwN; zu gewerbsmäßiger Hehlerei; BGH, Urteile vom 8. November 1951 – 4 StR 563/51, BGHSt 1, 383; zur Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; zu Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; zur Gewerbsmäßigkeit auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 55; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29, Teil 27, Rn. 13 mwN).
25
Die Einnahmen müssen nicht die Haupteinnahmequelle des Täters sein. Bloße Nebeneinkünfte reichen aus, wenn sie von einigem Umfang und einigem Gewicht sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212, 213). Die Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass Bargeld angestrebt wird. Es genügen auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13, NStZ 2013, 549, 550).
26
Die Frage, wie hoch die erstrebten bzw. erzielten Gewinne sein müssen, um von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einigem Umfang oder einigem Gewicht ausgehen zu können, unterliegt der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1986, 5 StR 504/86, NStE 1987 Nr. 11 zu § 29 BtMG; Beschluss vom 24. Januar 1986 – 3 StR 2/86, StV 1986, 385). Dabei ist unerheblich, ob der Täter bereits einen Gewinn erzielt bzw. ein Honorar erlangt hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85). Es kommt auf die Gewinnerwartung des Täters an, also in welchem Umfang er Gewinne erzielen wollte (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212).
27
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass derAngeklagte N. , der als Anlagenbauer durchschnittlich 2.100 € netto verdiente, mit seinen Unterstützungsleistungen von Mai 2013 bis 22. Februar 2014 nur seinen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollte und nicht in der Absicht handelte , sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Kann der Täter, wie vorliegend, nur einen geringen Gewinn aus seinen Dienstleistungen erwarten und handelt nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern in dem Bestreben, seinem Ruf als IT-Fachmann gerecht zu werden, spricht dies gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle und damit – auch mit Rücksicht auf seine im Urteil dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse und dem Umstand, dass er über den langen Tatzeitraum nur eine geringe Vergütung zu erwarten hatte und tat- sächlich lediglich 1.900 € erhalten hat – gegeneine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte N. habe selbst nicht gewerbsmäßig gehandelt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28
b) Anders verhält es sich bei dem Angeklagten M. .
29
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. bei 66 Lieferungen von insgesamt 237 Sendungen mitgewirkt und von September 2013 bis März 2015 einen Verdienst von insgesamt 36.857,10 € erzielt hat. Das entspricht innerhalb des Zeitraums von 31 Monaten etwa 1.189 € je Monat. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Studium der Verfahrens- und Umwelttechnik, monatliche Zuwendungen der Eltern in Höhe von mindestens 2.500 €, mietfreies Wohnen bei der Mutter und Einkünfte aus Nebentätigkeiten als Türsteher und Komparse) und sein erheblicher – und damit auch kostenintensiver – Anabolikakonsum , legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
30
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafe nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 AMG unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB auch in Person des Angeklagten M. als Gehilfen einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG (Gefährdung der Gesundheit einer großen Zahl von Menschen) bejaht und damit denselben Strafrahmen angewendet, der unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB bei Annahme von Gewerbsmäßigkeit in Person dieses Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.
31
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung , also bei Anwendung eines weiteren Regelbeispiels, auf eine höhere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat mehrfach betont, dass der Angeklagte M. durch seine Beihilfehandlungen einen wesentlichen Beitrag zum Betrieb des Untergrundlabors und damit zur Produktion und zum Handel mit besonders gefährlichen Arzneimitteln zweifelhaften Inhalts und zu einem gewerbsmäßigen Internetgroßhandel über einen ganz erheblichen Zeitraum mit hoher Reichweite und Professionalität geleistet hat.
32
Bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Strafkammer hervorgehoben , dass die Einstufung der Handlungen des Angeklagten M. als „erhebli- che(n)“ Beihilfe anstatt „geringfügig zu bewertende(n)“ Mittäterschaft wegen des sehr geringen Unterschieds im materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hierbei keine Rolle gespielt hat.
33
3. Das Urteil enthält – was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist – auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
34
Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten M. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 36.857,10 € angeordnet hat, ist eine ausdrückliche Erörterung des § 73c Abs. 1 StGB zwar unterblieben (vgl. zur Erörterungsbedürftigkeit , insbesondere bei weitgehender Entreicherung und vermögenslosem Angeklagten, BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610).Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht bei der Festsetzung des Verfallsbetrags die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten M. im Blick hatte , der über monatliche Einkünfte aus verschiedenen Nebentätigkeiten während seines Studiums und Zuwendungen seiner Eltern einschließlich einer kosten- freien Unterkunft in Höhe von etwa 2.500 € monatlich verfügte; denn diese As- pekte finden sich nicht nur in der Darstellung der persönlichen Verhältnisse, sondern bilden im Rahmen der Strafzumessung eine tragende Erwägung bei der Erörterung des besonders schweren Falls der „Gewerbsmäßigkeit“.
Raum Jäger Radtke Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 34/01 Verkündet am:
11. Juli 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Muskelaufbaupräparate
LMBG § 1 Abs. 1
EWGRL 65/65 Art. 1 Nr. 2
EGRL 83/2001 Art. 1 Nr. 2, Art. 128
EGRL 7/97 Art. 14
EG VO 178/2002 Art. 2 Abs. 3 Buchst. d
EG Art. 28, Art. 30

a) Die in der Entscheidung "L-Carnitin" (BGH GRUR 2000, 528) vorgenommene Abgrenzung
der Arznei- von den Lebensmitteln steht auch nach dem Inkrafttreten
der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates
zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts
, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar
2002 im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff.

b) Mittel zur Verhinderung eines Muskelabbaus und zur Förderung der Regeneration
nach Trainingsphasen können grundsätzlich auch diätetische Lebensmittel sein,
wenn und soweit sie den besonderen physiologischen Bedürfnissen einer Personengruppe
gerecht werden und nicht überwiegend anderen Zwecken als der Ernährung
dienen.

c) Dopingmittel wie insbesondere Steroide und Anabolika sowie diesen in den Wirkungen
gleichstehende Präparate fallen wegen ihrer überwiegenden Bestimmung,
zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt zu werden, als
Mittel zur Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers grundsätzlich
unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG.

d) Die Bestimmung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG will nur solche Mittel vom Verbringungsverbot
nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG ausnehmen, die im Ausland als Arzneimittel
in Verkehr gebracht werden dürfen.

e) Das Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG sowie das ebenfalls an die
fehlende Arzneimittelzulassung im Inland anknüpfende Werbeverbot nach § 3a
HWG sind, soweit sie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen oder gleichwirkende
Maßnahmen im Sinne des Art. 28 EG darstellen, nach § 30 EG gerechtfertigt.

f) Der in § 312c Abs. 4 BGB enthaltenen Regelung ist zu entnehmen, daß im Interesse
des Schutzes der Verbraucher bestehende anderweitige Beschränkungen
der Unternehmer - wie hier nach § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21, 73 AMG sowie § 3a
HWG - aufrechterhalten bleiben.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 - I ZR 34/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. Oktober 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die in E. in den Niederlanden geschäftsansässige Beklagte vertreibt im Fernabsatz die Produkte "H.", "C." und "V.". Diese gelten in den Niederlanden als Lebensmittel bzw. "Nahrungsergänzungen" und dürfen dort als solche in den Verkehr gebracht werden. In Deutschland sind sie nicht als Arzneimittel zugelassen.
Die Beklagte warb in der Zeitschrift "S." (Ausgabe) für die drei Produkte in der nachstehend wiedergegebenen Weise:
Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Er ist der Auffassung, daû die beworbenen Produkte Arzneimittel seien. Er hält daher ihre Bewerbung und ihren Vertrieb in Deutschland wegen ihrer fehlenden arzneimittelrechtlichen Zulassung für wettbewerbswidrig.
Vor dem Landgericht hat der Kläger beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr
a) "H.",
b) "C.",
c) "V." ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäû § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben, hilfsweise, im geschäftlichen Verkehr die nachfolgend wiedergegebenen Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäû § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben, sofern die Mittel wie folgt gekennzeichnet werden:
a) "H. Anti-Kataboler Muskelzellschutz Wissenschaftliche Studien belegen, Bodybuilder können mit H. in drei Wochen 300 % mehr Muskelmasse und 295 % mehr Kraft aufbauen als ohne! Sensationeller Durchbruch bei der Suche nach einem Ersatz für anabole Steroide! Was ist H.? Die Bezeichnung H. steht für û-Hydroxy û-Methylbutyrat. H. ist ein Abkömmling der Aminosäure Leucin und ist in geringen Mengen in der Nahrung enthalten. Bei H. handelt es sich um
kein Arzneimittel, sondern um eine natürliche, körpereigene Substanz ohne schädliche Nebenwirkungen. Lange Zeit war H. aufgrund des komplizierten Herstellungsverfahrens kaum erhältlich. Erst vor kurzem ist es gelungen, H. in einer solch groûen Quantität zu produzieren, daû es endlich für alle Bodybuilder verfügbar geworden ist. Wie wirkt H. im Körper? H. wirkt anti-proteolytisch. Eine kurze Erklärung: Bei sämtlichen Formen einer körperlichen Belastung (intensives Training, Streû usw.) werden im Organismus verschiedene Enzyme aktiviert, die die Ausschüttung von Cortison bewirken. Cortison ist ein Hormon , das Muskelgewebe zu Aminosäuren abbaut, die dann in der Leber zu Energie verstoffwechselt werden. In 99 % aller Fälle ist dies der Grund, weshalb Bodybuilder keine Fortschritte machen und auf Steroide zurückgreifen, denn Steroide blockieren die Wirkung von Cortison. H. wirkt in dieser Hinsicht ähnlich wie Steroide, da es die Enzyme CPK, 3-MH und LDH hemmt. Die Cortisonausschüttung wird reduziert und das Muskelgewebe bleibt intakt. H. entfaltet quasi ein Schutzschild um Ihre Muskeln. Kein Wunder, daû lnsider die Wirksamkeit von H. mit dem Steroid Nandrolondecanoat vergleichen. Testen Sie H. und Sie werden sehen, was für einen gewaltigen Unterschied dieses Produkt in Ihrem Training machen kann! Wie wird H. eingenommen? Nicht anders als in den Studien. Nehmen Sie dreimal täglich jeweils 4 Kapseln à 250 mg, ernähren Sie sich vernünftig und befolgen Sie ein intensives Trainingsprogramm. Übrigens, in Verbindung mit C. und V. läût sich eine supereffektive muskelaufbauende Kombination zusammenstellen. Wer immer noch der Meinung ist, es gäbe keinen wirksamen Steroidersatz, den wird ein Eigenversuch schnell eines besseren belehren."
b) "C. High Performance C. Transportsystem - 100% reines C. - C. Transportsystem Matrix - Orangengeschmack".
c) "V.
Insulinaktivator Die lnsulinalternative V. ist ein Mineral, das, wie eine Reihe von wissenschaftlichen Studien nachgewiesen haben, eine insulinähnliche Wirkung besitzt. lnsulin selbst ist das stärkste anabole Hormon im menschlichen Körper und wird daher von zahlreichen Profibodybuildern eingesetzt. Da die Gabe von lnsulin mit potentiellen Nebenwirkungen verbunden ist, kommt es für die meisten Athleten jedoch nicht in Frage. Mit V. verfügen Bodybuilder endlich über ein natürliches Präparat, das, ähnlich wie lnsulin, das Muskelwachstum fördert. In den USA zählt V. bereits zu den begehrtesten Aufbauprodukten überhaupt. Wirkungen auf die Muskelzelle V. ermöglicht einen deutlichen Muskelzuwachs, indem es die Nährstoffaufnahme der Muskelzellen extrem steigert. Der entscheidende Punkt ist, daû V. die lnsulinrezeptoren an der Muskelzellmembran stimuliert, bis zu 200 % mehr Aminosäuren und Glucose in die Muskelzellen zu schleusen. Während die zusätzlichen Aminosäuren direkt in das Muskelgewebe eingebaut werden können und dadurch ein Wachstum der Muskelzelle auslösen , dient die Glucose zur Auffüllung der Muskelglykogenspeicher. Prall gefüllte Glykogenspeicher erhöhen das Energieniveau und beschleunigen die Regeneration nach dem Training. Darüber hinaus bindet Glykogen in der Muskelzelle Flüssigkeiten und vergröûert so das Muskelzellvolumen. Hemmung des Fettaufbaus Wissenschaftliche Studien haben eindrucksvoll aufgezeigt, daû V. den Fettaufbau hemmt. Es kommt unter V. zu einer Umverteilung der Nährstoffe, d. h. der Körper baut Proteine und Kohlenhydrate verstärkt in die Muskelzellen ein und nicht in das Fettgewebe.
Was Sie erwarten können Bereits nach 5-6 Einnahmetagen erlangt die Muskulatur ein volleres , härteres und kompakteres Aussehen. Im Training verfügen Sie über deutlich mehr Energie und es kommt zu einem wahrhaft gigantischen Aufpumpeffekt. Die volle Wirkung von V. tritt erfahrungsgemäû nach 2-3 Wochen ein. Der Körper gewinnt sichtbar an Muskelmasse und hat gleichzeitig an Fett verloren. Auffallend ist hierbei die extrem gesteigerte Muskelhärte und das plastischere Hervortreten des unter der Haut liegenden Adernetzes. Die Einnahme Alles, was Sie tun müssen, ist dreimal täglich jeweils 2 Kapseln zu den Mahlzeiten einzunehmen. Um eine schnelle und vollständige Verwertung von V. zu gewährleisten, liefern wir diesen Wirkstoff selbstverständlich in Kapseln und nicht in der nur langsam resorbierbaren Tablettenform. Neben 10 mg V. enthält jede Kapsel auûerdem 800 mg Taurin sowie 33 mcg Selenium, zwei Substanzen, die, wie Untersuchungen gezeigt haben, eine v.ähnliche Wirkung besitzen und die Effektivität von herkömmlichen V. steigern. V. ist im übrigen kein Arzneimittel. Tip Kombinieren Sie V. mit C.. Da C. von dem Hormon lnsulin in die Muskelzellen transportiert wird, verstärkt V. durch seine insulinähnliche Wirkung diesen Vorgang. Der Kraft- und Muskelzuwachs mit C. wird noch gröûer." Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach ihrer Auffassung stellen die in Rede stehenden Produkte keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel dar. Auûerdem verstieûe das beantragte Werbe- und Vertriebsverbot unter anderem gegen die Fernabsatzrichtlinie.
Das Landgericht hat der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Zurückweisung der Berufung mit der Maûgabe beantragt, daû die Bestätigung des angefochtenen Urteils nur hin-
sichtlich des erstinstanzlich gestellten Hilfsantrags begehrt werde; auûerdem hat er einen weiteren Hilfsantrag gestellt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maûgabe zurückgewiesen, daû unter den Buchstaben a) bis c) nicht nur die Namen der drei Mittel aufgeführt, sondern auch deren Beschreibungen gemäû dem vom Kläger in erster Instanz gestellten Hilfsantrag enthalten waren (KG ZLR 2001, 576).
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäû § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagte sei verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Produkte "H.", "C." und "V." zu bewerben und zu vertreiben, weil diese zulassungspflichtige Fertigarzneimittel seien und deshalb ohne die entsprechende Zulassung, über die sie nicht verfügten, weder vertrieben noch beworben werden dürften. Die für die Einordnung der Produkte als Arzneimittel oder Lebensmittel entscheidende überwiegende Zweckbestimmung könne der Senat grundsätzlich ohne Sachverständigen selbst feststellen, weil es insoweit auf die Verkehrsanschauung der Verbraucher und insbesondere der Sporttreibenden ankomme, zu denen
auch die Mitglieder des Senats gehörten. Die Produkte stellten nach den für sie gemachten Werbeaussagen, deren Richtigkeit die Beklagte nicht in Abrede gestellt habe, Arzneimittel dar. Sie beeinfluûten insbesondere durch den gezielten und beschleunigten Muskel- und Kraftaufbau die Beschaffenheit, den Zustand und die Funktion des Körpers ganz erheblich. Ein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck liege nicht vor. Die Einnahme der Produkte solle nicht Mangelzustände nach körperlichen Kraftanstrengungen ausgleichen , sondern Höchstleistungen erst ermöglichen. Die selbst bei optimaler Ernährung bestehenden natürlichen Leistungsgrenzen sollten damit überschritten werden. Dies gelte für das Produkt "C." auch deshalb, weil die Werbung der Beklagten für dieses entgegen der Mitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vom 21. April 1998 keine restriktive Verzehrempfehlung enthalte und die Verzehrangaben auf dem Produkt selbst weit über die Verzehrempfehlungen in jener Mitteilung hinausgingen. Die in der Werbung der Beklagten für das Produkt "V." empfohlene Tagesdosis sei mehr als doppelt so hoch wie die nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis als sinnvoll anzusehende Dosis. Damit drohten bei allen drei Präparaten Gesundheitsgefahren. Deren Wirkungen seien auch nicht Teil des natürlichen Stoffwechsels, der durch eine optimal mögliche Aufnahme natürlicher Nahrungsmittel begrenzt werde. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG setze anders als die des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG nicht voraus, daû die Mittel zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten dienten.
Der vorgenommenen Beurteilung stünden auch weder die gemeinschaftsrechtliche Ausgestaltung des Arzneimittelbegriffs noch die Fernabsatzrichtlinie noch auch die Richtlinie 89/398/EWG zur Angleichung der Rechtsvor-
schriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien, entgegen.
Die Zuwiderhandlungen der Beklagten gegen die wertbezogenen, auf den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gerichteten Vorschriften der § 21 AMG, § 3a HWG begründeten zugleich den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG und seien auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Das in zweiter Instanz ausgesprochene Verbot beziehe sich auf die Produkte in ihrer konkreten Aufmachung durch die Werbeangaben und reiche daher nicht zu weit.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe gegen § 308 ZPO verstoûen, weil es den in der Berufungsinstanz als Hauptanträgen weiterverfolgten erstinstanzlichen Hilfsanträgen ohne die dort verwendeten Worte "sofern die Mittel wie folgt gekennzeichnet werden:" stattgegeben habe.
Allerdings gibt die insoweit in der Tat gegebene Abweichung Anlaû zu entsprechenden Zweifeln. Diese lassen sich jedoch dadurch überwinden, daû die im Berufungsurteil enthaltene Urteilsformel unter Heranziehung der Urteilsgründe ausgelegt wird (vgl. BGHZ 122, 16, 18; 142, 388, 391 - Musical-Gala; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 704 Rdn. 5 m.w.N.). Dort ist nämlich ausgesprochen , daû das Verbot die Produkte (allein) "in ihrer konkreten Aufmachung durch die Werbeangaben" und damit "in ihrer konkreten Verletzungsform umfaût". Diese Verletzungsform ist im Tenor des angefochtenen Urteils und, was das Mittel "C." anbelangt, zusätzlich in dem vom Kläger in zweiter Instanz ge-
stellten und im Urteilstatbestand wiedergegebenen Hilfsantrag auch hinreichend bestimmt; denn dieser Hilfsantrag enthält den Text, der auf den von der Beklagten vertriebenen Dosen des betreffenden Mittels aufgedruckt ist.
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoû angenommen, daû sich die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG ergeben.

a) Es ist dabei in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, daû für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin; für die Abgrenzung Arzneimittel/Kosmetikum: Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 158/98, GRUR 2001, 450, 451 = WRP 2001, 542 - Franzbranntwein-Gel). Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäûig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinfluût sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 - L-Carnitin; BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln; BGHSt 46, 380, 387 = NJW 2001, 2812; BGH, Urt. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837). Ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im all-
gemeinen nicht annehmen, daû ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, von den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof vor allem in der Entscheidung "L-Carnitin" aufgestellt hat (BGH GRUR 2000, 528) ausgegangen. Die dort vorgenommene Abgrenzung der Arznei- von den Lebensmitteln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff (BGHSt 46, 380, 385-387). Namentlich entspricht die im Streitfall in Rede stehende Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG dem Begriff des Funktionsarzneimittels nach Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 65/65/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten vom 26. Januar 1965 (ABl. Nr. 22, S. 369) und ebenso nach der insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. Nr. L 311, S. 67), gemäû deren Art. 128 Abs. 1 die Richtlinie 65/65/EWG aufgehoben worden ist (vgl. BGHSt 46, 380, 387). Insoweit werden Erzeugnisse erfaût, die sich tatsächlich oder nach ihren angekündigten Wirkungen derart auf die Körperfunktionen auswirken können, daû sie deren Funktionsbedingungen nennenswert beeinflussen (EuGH, Urt. v. 16.4.1991 - Rs. C-112/89, Slg. 1991, I-1703, 1742 Tz. 22 f. = LRE 28, 19, 22 f. - Upjohn). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften obliegt die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Erzeugnis um ein Funktionsarzneimittel handelt , den nationalen Behörden und Gerichten. Diese haben dabei alle Merkmale des Erzeugnisses, insbesondere seine Zusammensetzung, seine beim
jeweiligen Stand der Wissenschaft festzustellenden pharmakologischen Eigenschaften , die Modalitäten seiner Anwendung, den Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Gefahren aufgrund von Nebenwirkungen und Risiken bei längerem Gebrauch zu berücksichtigen (EuGH, Urt. v. 21.3.1991 - Rs. C-60/89, Slg. 1991, I-1547, 1568 Tz. 29 - Monteil und Samanni; Urt. v. 21.3.1991 - Rs. C-369/88, Slg. 1991, I-1487, 1535 Tz. 35 = LRE 28, 3 - Delattre; Urt. v. 20.5.1992 - Rs. C-290/90, Slg. 1992, I-3317, 3347 Tz. 17 = NVwZ 1993, 53 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland

).


An diesem Rechtszustand hat sich auch durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar 2002 (ABl. Nr. L 31, S. 1) nichts geändert. Deren Art. 2 Abs. 3 Buchst. d bestimmt, daû Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG - und damit gemäû Art. 128 Abs. 2 der diese aufhebenden Richtlinie 2001/83/EG auch im Sinne der zuletzt genannten Richtlinie (vgl. dort Art. 1 Nr. 2) - nicht zu den Lebensmitteln im Sinne der Verordnung gehören. Durch diesen konkreten Verweis auf den Arzneimittelbegriff in den in Bezug genommenen Bestimmungen hat der Verordnungsgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, daû dieser Begriff in der Form, in der er bisher schon im europäischen Arzneimittelrecht galt, nunmehr auch im neuen europäischen Lebensmittelrecht gelten soll. Dementsprechend besteht auch kein Anlaû, das Verfahren auszusetzen und die Sache gemäû Art. 234 Abs. 1 und 3 EG dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen.

b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung zutreffend berücksichtigt , daû Mittel zur Verhinderung eines Muskelabbaus und zur Förderung der Regeneration nach Trainingsphasen grundsätzlich auch diätetische Lebensmittel sein können, wenn und soweit sie den besonderen physiologischen Bedürfnissen einer Personengruppe gerecht werden und nicht überwiegend anderen Zwecken als der Ernährung dienen (vgl. BayObLG LRE 28, 37, 41 = ZLR 1992, 623, 626 f.; Schmidt-Felzmann, ZLR 2000, 859, 872; Stellungnahme der Arbeitsgruppe "Sportlernahrung" im Bundesgesundheitsamt v. 8.12.1993, Bundesgesundheitsblatt 1994, 269). Es ist mit Recht auch davon ausgegangen , daû Dopingmittel wie insbesondere Steroide und Anabolika sowie diesen in den Wirkungen gleichstehende Präparate wegen ihrer überwiegenden Bestimmung , zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuû verzehrt zu werden, als Mittel zur Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers grundsätzlich unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG fallen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, § 2 AMG Anm. 44 und § 6a AMG Anm. 5; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, D 520, § 2 AMG Rdn. 50; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 85 s. v. "Doping-Mittel" und "Sportlernahrung" ; Gröning, Heilmittelwerberecht, Bd. 1, § 1 HWG Rdn. 144).

c) Das Berufungsgericht hat die vorstehend unter II. 1. a) und b) dargestellten Grundsätze zutreffend auf den Streitfall angewendet und die drei in Rede stehenden Produkte zu Recht als Arzneimittel angesehen.
aa) Mit Blick auf das Produkt der Beklagten "H." hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die entsprechenden Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit diese nicht in Abrede gestellt hat, festgestellt, daû das Produkt wie ein Steroid die bei körperlicher Belastung im Organismus durch verschiedene aktivierte Enzyme an sich bewirkte Cortisonausschüttung blockiere
und, da Cortison Muskelgewebe abbaue, muskelaufbauend wirke. Es ist weiter davon ausgegangen, daû das Mittel bei der empfohlenen Tagesdosis von 3000 mg gemäû diesen Werbeangaben 300 % mehr Muskelmasse und 250 % - richtig ist: 295 % - mehr Kraft aufbaue als ohne seinen Einsatz.
Das Berufungsgericht hat weiterhin unangegriffen festgestellt, daû der damit ganz erheblichen Beeinflussung der Beschaffenheit, des Zustands und der Funktion des Körpers kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüberstehe. Durch die Einnahme sollten nicht Mangelzustände nach einer körperlichen Kraftanstrengung ausgeglichen, sondern Höchstleistungen erst ermöglicht werden. Da die natürlichen Leistungsgrenzen deutlich und auf Dauer überschritten werden sollten, drohten auch Gesundheitsgefahren. Unter diesen vom Berufungsgericht festgestellten Umständen ist - ungeachtet dessen, daû auch Lebensmittel grundsätzlich zur Beeinflussung des Körperzustandes und seiner Funktionen geeignet und bestimmt sind - die Einordnung des Mittels "H." als Arzneimittel gerechtfertigt (vgl. BGHSt 46, 380, 387 m.w.N.).
bb) In bezug auf das Mittel "C." hat das Berufungsgericht ausgeführt, dieses habe nach den insoweit unstreitigen Werbeaussagen kraftsteigernde und muskelaufbauende Wirkung und sei ebenfalls unstreitig ein Energielieferant für eine kurzzeitige anaerobe Muskelleistung. Nach der Mitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vom 21. April 1998 solle es als Sportlernahrung in Betracht kommen, wenn es mit einer präzisen, restriktiven Verzehrempfehlung von maximal 10 g pro Tag als Initialdosis in der ersten Woche und danach maximal 2 g pro Tag als Erhaltungsdosis für insgesamt nur wenige Wochen in den Verkehr gebracht werde. Das Produkt der Beklagten enthalte in der Werbung schon keine restriktive
Verzehrempfehlung und nehme damit allein Bezug auf die allgemeine Verbraucherhaltung , nach der in nicht wenigen Fällen Sportler Tagesdosen von 30 g und damit in einem pharmakologisch relevanten Umfang zu sich nähmen. Nach den Verzehrangaben auf dem Produkt der Beklagten selbst sollten sogar in den ersten fünf Einnahmetagen rund 160 g pro Tag und danach dauerhaft über mehrere Monate je nach Körpergewicht 40 bis 80 g pro Tag eingenommen werden.
Nach diesen von der Revision unangegriffenen Feststellungen ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung des Mittels "C." aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar weist eine muskelaufbauende Wirkung nicht stets und zwangsläufig auf einen arzneilichen Anwendungszweck hin; denn es kann sich auch um ein Mittel zur Befriedigung besonderer, die physiologischen Bedürfnisse einer speziellen Personengruppe berücksichtigenden Ernährungserfordernisse und damit um ein diätetisches Lebensmittel handeln. Nach den von der Beklagten auf ihrem Produkt gemachten Verzehrangaben geht es jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht mehr um einen Ausgleich der durch Körperanstrengung verbrauchten Nährstoffe und Stoffwechselprodukte, sondern allein um eine mit Gesundheitsgefahren verbundene pharmakologische Manipulation des Stoffwechsels zur Leistungssteigerung.
cc) Hinsichtlich des Produkts "V." hat das Berufungsgericht festgestellt, dieses solle nach den insoweit unstreitigen Werbeangaben der Beklagten in einer empfohlenen Wirkstoffdosis von 60 mg pro Tag wie Insulin das Muskelwachstum deutlich fördern, indem es die Nährstoffaufnahme der Muskeln durch Stimulierung der Insulinrezeptoren extrem (bis zu 200 %) steigere. Nach dem Vortrag der Beklagten selbst könne jedoch gemäû dem gegenwärtigen Stand
der wissenschaftlichen Erkenntnis nur eine Zufuhr dieses Wirkstoffs von bis zu 26 mg täglich als sinnvoll angesehen werden; daher gehe die Verzehrempfehlung der Beklagten um über 100 % über das allenfalls physiologisch Sinnvolle hinaus. Damit bleibe als überwiegender Zweck eine pharmakologische Manipulation des menschlichen Körpers in Form der extremen Steigerung der Nährstoffaufnahme der Muskelzellen, wobei auch insoweit Gesundheitsgefahren drohten.
Nach diesen - von der Revision ebenfalls nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts stellt sich auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung des Mittels "V." als Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG als rechtlich zutreffend dar.

d) Das Berufungsgericht ist ferner ohne Rechtsfehler davon ausgegangen , daû die in Rede stehenden drei Produkte der Beklagten in den von dieser für ihre Anwendung jeweils vorgeschlagenen Dosierungen, die auch Gegenstand des Klageantrags bzw. - bei dem Mittel "C." - Hilfsantrags sind, pharmakologische Wirkungen haben. Es ist dabei von zutreffenden rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Ebensowenig läût die Beurteilung, eine pharmakologische Wirkung liege vor, wenn die Wirkungen eines Produkts über dasjenige hinausgingen, was physiologisch auch mit der Nahrungsaufnahme im menschlichen Körper ausgelöst werde, sowie die maûgeblich auf die von der Revision nicht angegriffene Annahme, daû die Wirkungen der Produkte der Beklagten deren Werbeaussagen entsprachen, gestützte Anwendung dieser Grundsätze Rechtsfehler erkennen.

e) Das Berufungsgericht war entgegen der Auffassung der Revision nicht gehalten, sich zur Feststellung der für die Einordnung als Arzneimittel
oder Lebensmittel maûgeblichen überwiegenden Zweckbestimmung sachverständiger Hilfe zu bedienen, sondern konnte die erforderlichen Feststellungen aus eigener Sachkunde treffen.
Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daû die Zeitschrift "S." sich nach Aufmachung und Inhalt an Fitneû- und Kraftsportler vom Freizeit- bis zum Hochleistungsbereich wende. Es hat weiterhin ausgeführt, daû auch seine Mitglieder zu den Verbrauchern und insbesondere den Sporttreibenden gehörten, auf deren Verkehrsanschauung es bei der Zweckbestimmung ankomme. Damit hat das Berufungsgericht auch ohne Darlegungen dazu, daû mindestens eines seiner Mitglieder Bodybuilding oder Fitneû - bzw. Kraftsport zumindest im Freizeitbereich betreibt, hinreichend dargestellt , daû es die für die Zweckbestimmung der Produkte und damit für deren Einordnung als Arznei- oder Lebensmittel maûgebliche Verkehrsanschauung aufgrund eigener Sachkunde beurteilen konnte. Soweit die Revision dem entgegenhält , die Beklagte habe mit der Berufung unter Beweisantritt vorgetragen, daû Sportler und insbesondere Kraftsportler als angesprochene Verkehrskreise über detaillierteres und anspruchsvolleres Ernährungswissen verfügten als der durchschnittliche Verbraucher, führt sie nicht aus, inwiefern sich daraus eine unterschiedliche Zweckbestimmung der Produkte ergeben sollte.
Das Berufungsgericht konnte, anders als die Revision meint, die pharmakologischen Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte, wie sie sich aufgrund ihrer Präsentation durch die Beklagte darstellten, auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilen. Die Produkte wiesen, wie vorstehend dargestellt ist, nach den an unstreitige Sachverhalte anknüpfenden und von der Revision im übrigen auch unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die ihnen zugeschriebenen Wirkungen tatsächlich auf. Danach
erscheint es ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, zu denen die Revision indes nichts geltend gemacht hat, als ausgeschlossen, daû die Auffassung der Fachkreise oder der pharmazeutischen und medizinischen Wissenschaft die Verkehrsanschauung derart prägen konnte, daû sich die Mittel entgegen ihrer ihren Eigenschaften entsprechenden Präsentation als Lebensmittel darstellten.
3. Der im Streitfall aufgrund des Sitzes der Beklagten in den Niederlanden und des grenzüberschreitenden Versandhandels gegebene Auslandsbezug macht die weitere Prüfung erforderlich, ob das Vertriebs- und Werbeverbot auch die aus einem Mitgliedstaat der EU eingeführten Präparate erfaût, wenn diese im Herkunftsland keiner Zulassung (als Arzneimittel) unterliegen bzw. dort als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig und frei verkäuflich sind. Die Frage ist zu bejahen.
Gemäû § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AMG - zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder entsprechend freigestellt sind. Diese Regelung entspricht im Ausgangspunkt der Zulassungspflicht in § 21 AMG für inländische Arzneimittel und dient dem Zweck, grundsätzlich bereits die Einfuhr von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln zu verhindern (vgl. Ratzel in: Deutsch/Lippert, AMG 2001 § 73 Rdn. 1).
Die Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG greift hier nicht ein. Danach gilt das in § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG für zulassungs- oder registrierungspflichtige ausländische Arzneimittel enthaltene grundsätzliche Verbrin-
gungsverbot nicht für solche Arzneimittel, die im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäûige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden. Die Bestimmung will - entgegen ihrem scheinbar weiterreichenden und insoweit auf den Umstand, daû in manchen Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftsraums für Arzneimittel kein Zulassungs-, sondern lediglich ein Registrierungsverfahren besteht, zurückzuführenden Wortlaut (vgl. Klados, WRP 2001, 1058, 1059) - nur solche Mittel vom Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG ausnehmen, die im Ausland als Arzneimittel in Verkehr gebracht werden dürfen (OLG Karlsruhe OLG-Rep 1999, 325, 326 = ZLR 1999, 630; Lüder, EuZW 1995, 87; Ernst, WRP 2001, 893, 894; Klados aaO; Kloesel /Cyran aaO § 73 AMG Anm. 17a). Das folgt namentlich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die im Hinblick auf die Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in den Rechtssachen "Schumacher" (Urt. v. 7.3.1989 - Rs. 215/87, Slg. 1989, 617, 640 Tz. 20 = NJW 1989, 2185) und "Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland" (Urt. v. 8.4.1992 - Rs. C-62/90, Slg. 1992, I-2575, 2607 f. Tz. 17, 18) nachträglich in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die in diesen beiden Entscheidungen jeweils getroffene Feststellung der Unvereinbarkeit der innerstaatlichen Maûnahmen mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs gemäû Art. 28, 30 EG maûgeblich damit begründet, daû der Kauf eines Arzneimittels in einer Apotheke eines anderen Mitgliedstaates bzw. die Verschreibung eines Arzneimittels durch einen Arzt in einem anderen Mitgliedstaat eine Garantie bilde, die aufgrund des bislang erreichten Harmonisierungsstandes derjenigen gleichwertig sei, die auf der Abgabe des Arzneimittels durch eine Apotheke bzw. der Verschreibung des Mit-
tels durch einen Arzt im Einfuhrstaat beruhe. Handelt es sich dagegen - wie im Streitfall - nicht um in einem anderen Mitgliedstaat verkehrsfähige Arzneimittel, sondern um dort frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel, die keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung oder Registrierung bedürfen, fehlt es an einer tragfähigen Grundlage, die Mittel, die im Ausland kein entsprechendes Prüfungsverfahren durchlaufen haben, als gleichwertig mit im Inland zugelassenen Arzneimitteln anzusehen.
Das damit eingreifende Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG sowie das ebenfalls an die fehlende Arzneimittelzulassung im Inland anknüpfende Werbeverbot nach § 3a HWG sind, soweit sie mengenmäûige Einfuhrbeschränkungen oder gleichwirkende Maûnahmen im Sinne des Art. 28 EG darstellen, nach § 30 EG gerechtfertigt, weil sie zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften liegt es beim gegenwärtigen Stand der Harmonisierung grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten , in den Grenzen des EG-Vertrages zu bestimmen, in welchem Umfang sie diesen Schutz gewähren wollen; dabei steht ihnen ein relativ weiter Ermessensspielraum zu (EuGH, Urt. v. 30.11.1983 - Rs. 227/82, Slg. 1983, 3883, 3905 Tz. 37 - van Bennekom; EuGH Slg. 1991, I-1487, 1534 Tz. 29, 35, 43 - Delattre; Slg. 1991, I-1547, 1568 Tz. 28 - Monteil und Samanni; Slg. 1991, I-1703, 1742 Tz. 23 - Upjohn).
4. Die Revision rügt schlieûlich ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe verkannt, daû der Bundesgesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144, S. 19 - Fernabsatzrichtlinie) keinen Gebrauch von der dort in Art. 14
vorgesehenen Möglichkeit gemacht habe, den grenzüberschreitenden Fernabsatz durch den Erlaû oder die Aufrechterhaltung strengerer nationaler Bestimmungen weiteren Anforderungen zu unterwerfen, um so für die Verbraucher ein höheres Schutzniveau sicherzustellen. Sie läût hierbei die in § 2 Abs. 1 Satz 3 FernAbsG a.F. und entsprechend - für nach dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnisse - nunmehr in § 312c Abs. 4 BGB enthaltene Regelung auûer Betracht. Danach bleiben weitergehende Beschränkungen bei der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufgrund anderer Vorschriften unberührt. Hieraus ist zu entnehmen, daû im Interesse des Schutzes der Verbraucher bestehende anderweitige Beschränkungen der Unternehmer - wie hier nach § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21, 73 AMG sowie § 3a HWG - aufrechterhalten bleiben (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf des Fernabsatzgesetzes, BTDrucks. 14/2658, S. 25-26 und S. 37-38). Dies entspricht im übrigen dem Grundsatz im deutschen Recht, daû ein spezielleres Gesetz einem allgemeineren regelmäûig auch dann vorgeht, wenn es zeitlich vor diesem erlassen worden ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/2658, S. 29).
5. Der Verstoû gegen die wertbezogenen Bestimmungen der §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG, die dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dienen, begründet grundsätzlich zugleich einen Verstoû gegen § 1 UWG, wobei der Eingriff auch als wesentliche Beeinträchtigung i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu werten ist.
III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.

(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.

(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.

(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).

(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.

(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.

(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.

(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.

(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.

(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.

(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.

(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.

(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.

(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.

(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.

(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.

(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.

(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.

(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.

(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.

(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.

(35) (weggefallen)

(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.

(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.

(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.

(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.

(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über

1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile,
2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder
3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.

(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.

(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

5
2. Allein ausweislich der Liste der angewendeten Vorschriften ergibt sich, dass das Landgericht § 95 Abs. 3 Nr. 2 lit. b AMG zugrunde gelegt hat. Die Anwendung dieser Strafzumessungsregel ist für sich genommen im Ergebnis nicht zu beanstanden, auch wenn die Vorschrift seit dem 18. Dezember 2015, mithin zur Zeit des Urteils – vom Landgericht nicht ersichtlich in den Blick genommen – nicht mehr galt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 345/17
vom
7. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu
Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:070818B3STR345.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung und zu 2. auf dessen Antrag - am 7. August 2018 gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO im Fall II.1. der Urteilsgründe auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge beschränkt;
b) das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 16. März 2017 aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen (1) im Ausspruch über die im Fall II.1. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe, (2) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßiger Herstellung von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte regelmäßigen Handel mit verschiedenen Anabolikapräparaten. Er verarbeitete eingekaufte Grundstoffe zu konsumfertigen Einzelportionen und veräußerte diese an Abnehmer aus dem Umfeld diverser Fitnessstudios. In diesem Rahmen bestellte er im Herbst 2012 bei einer chinesischen Firma verschiedene Dopingmittel (Testosteronenantat, Testosteronpropionat, Nandrolondecanoat und Oxymetholon), die per Post an ihn versandt werden sollten, was jedoch misslang, weil das Paket am 27. Dezember 2012 am Flughafen Köln/Bonn vom Zoll angehalten wurde (Fall II.1. der Urteilsgründe). Ferner veräußerte er kurz vor dem 26. Juli 2016 sowie an diesem Tag an einen Freizeitkraftsportler für dessen Eigenkonsum insgesamt neun Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat-Lösung (Fall II.2. der Urteilsgründe) und am 30. August 2016 an einen anderen für dessen Eigenkonsum insgesamt 58 Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat- bzw. TestosteronpropionatLösung (Fall II.3. der Urteilsgründe). Schließlich hielt er am 22. September 2016 in seiner Wohnung und dem zugehörigen Kellerraum insgesamt 1.887 Ampullen mit verschiedenen Anabolika (Testosteron, Boldenon, Nandrolon, Trenbolon und Metandienon) zum Verkauf an Kraftsportler vorrätig, die er zuvor konsumfertig zubereitet und in Ampullen zu je 10 ml abgefüllt hatte (Fall II.4. der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe nach dem zur Tatzeit geltenden Recht als dem mildesten Gesetz (§ 2 Abs. 1 und 3 StGB) wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a und 2b, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b AMG in der bis zum 17. Dezember 2015 gültigen Fassung (aF), §§ 22, 23 Abs. 1, § 52 StGB verurteilt. Die Fälle II.2. und II.3. der Urteilsgründe hat es jeweils als gewerbsmäßiges Herstellen von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB gewertet. Wegen der Tat zu II.4. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten des gewerbsmäßigen Herstellens von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln und mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB für schuldig befunden.

II.


4
Im Fall II.1. der Urteilsgründe hat der Senat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) beschränkt. Damit braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob er § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF für verfassungswidrig hält und deshalb nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen muss. Der Senat hegt jedenfalls erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität dieses Tatbestandes (s. II.1.). Demgegenüber begegnet die Strafbarkeit wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF zwar ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken. Jedoch ist der Senat von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht überzeugt (s. II.2.).
5
1. § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF stellt das Inverkehrbringen nach § 6a Abs. 1 AMG aF verbotener Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport unter Strafe. Dies sind nach § 6a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AMG aF solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. II S. 334) aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen oder Stoffe enthalten, die zur Verwendung bei den dort aufgeführten verbotenen Methoden bestimmt sind. Der in Bezug genommene Anhang zu dem Übereinkommen enthielt ursprünglich die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOK) erstellte Liste der Gruppen von Dopingwirkstoffen und Dopingmethoden (BGBl. II S. 350 f.). In der Folgezeit wurde der Anhang mehrfach - in der Regel jährlich - von der hierzu gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens ermächtigten "Beobachtenden Begleitgruppe", einem eigenen Gremium des Europarats, dessen Zusammensetzung und Aufgabenbereiche in Art. 10 ff. des Übereinkommens festgelegt sind - geändert. Dabei wurde nach Gründung der internationalen Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stets deren aktuell gültige Verbotsliste übernommen.
6
a) Vor diesem Hintergrund ergeben sich verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der bis zum 25. Oktober 2012 und damit möglicherweise im Tatzeitraum geltenden Fassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF daraus, dass unklar bleibt, ob es sich mit Blick auf die regelmäßig jährliche Änderung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping um eine statische Verweisung auf die ursprünglich als Anhang zum Übereinkommen genommene Liste oder um eine dynamische Verweisung auf die zur jeweiligen Tatzeit oder im Sinne einer gesetzgeberischen Willensentscheidung auf die zur Zeit der letzten Änderung des Gesetzes gültige Fassung handelt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11, 15; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 95 AMG Rn. 88 ff.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a Rn. 48 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 101, 102 ff.). Damit war bis zur Änderung des Gesetzes durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, mit der § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF um den Verweis auf die "jeweils geltende Fassung" des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping ergänzt wurde, für den Rechtsunterworfenen unklar, welche Liste zum Zeitpunkt seines Handelns verbindlich war.
7
b) Sollte der Angeklagte die Tat nach dem 26. Oktober 2012 und damit zur Zeit der Gültigkeit der eindeutig eine dynamische Verweisung enthaltenden Gesetzesfassung begangen haben, bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF mit Blick auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei dynamischen Verweisungen in Strafgesetzen zu wahrende Rechtsetzungshoheit des Gesetzgebers gleichwohl fort (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64, BVerfGE 33, 125, 158; vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80, BVerfGE 64, 208, 214).
8
Den Inhalt des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping legt die so genannte Beobachtende Begleitgruppe des Europarats, in der jeder Staat mit je einer Stimme vertreten ist (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens), durch Mehrheit fest. Da mithin ein bestimmender nationaler Einfluss nicht gesichert ist und der Gesetzgeber nicht über die erforderliche Kontrolle zur Festlegung des Inhalts der Verbotsliste verfügt, hat der Senat Zweifel, ob damit die nach Art. 103 Abs. 2 GG gebotene gesetzgeberische Rechtsetzungshoheit gewahrt ist, die verlangt, dass jener die Voraussetzungen strafbaren Handelns selbst bestimmt (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 22. Juni1988 - 2 BvR 234/87 u.a., BVerfGE 78, 374, 381 ff.; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 54; insoweit mit Blick auf § 95a Abs. 1 Nr. 2a AMG aF ebenfalls kritisch Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a AMG Rn. 51 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 119, 124).
9
2. Der nach der Beschränkung der Strafverfolgung verbleibende Schuldspruch wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF hält rechtlicher Überprüfung stand. Insoweit bestehende verfassungsrechtliche Bedenken haben sich nicht zu der für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG erforderlichen Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der Strafnorm verdichtet (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - 2 BvL 20, 21/84, BVerfGE 68, 352, 359; vom 5. April 1989 - 2 BvL 1, 2, 3/88, BVerfGE 80, 54, 58 f.).
10
Zwar erscheint es auch im Hinblick auf § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF fraglich , ob die geforderte inhaltliche Bestimmung dieses Straftatbestandes durch den Gesetzgeber selbst gewahrt ist. Denn er hat über § 6a Abs. 2a Satz 2 AMG aF das Bundesministerium der Gesundheit dazu ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern die vom Gesetz verlangte nicht geringe Menge der relevanten Stoffe durch Rechtsverordnung zu bestimmen, was mit Erlass der Dopingmittelmengenverordnung (DmMVO) umgesetzt wurde. Somit hat der Gesetzgeber die Ausformung eines strafbegründenden Tatbestandsmerkmals auf die Exekutive delegiert. Bedenken, dass dies der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts widersprechen könnte, wonach (verweisende) Blankettgesetze dem Grundsatz der Gewaltenteilung nur dann genügen, wenn der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe selbst bestimmt und dem Verordnungsgeber lediglich konkretisierende Spezifizierungen des Straftatbestands überlässt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 1997 - 2 BvR 509, 511/96, NJW 1998, 669, 670; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 58), steht indes entgegen, dass der Gesetzgeber die Tathandlung und den Strafrahmen selbst konkret bestimmt hat, so dass die Festlegung der nicht geringen Mengen lediglich als Spezifizierung der strafbegründenden Merkmale gewertet werden kann. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat von der Verfassungswidrigkeit des § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF jedenfalls nicht zu überzeugen.
11
3. Die Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge führt zur Aufhebung der für diese Tat verhängten Einzelstrafe, da das Landgericht, das bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass mehrere Straftatbestände tateinheitlich verwirklicht worden sind, bei Erfüllung nur eines Tatbestandes möglicherweise eine mildere Strafe verhängt hätte.

III.


12
Hinsichtlich der Fälle II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe kann das Urteil keinen Bestand haben.
13
1. Der Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AntiDopG begegnet allerdings keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
14
a) Zwar verweist auch die Strafvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG hinsichtlich der verbotenen Dopingmittel über § 2 Abs. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung, die wiederum die jährlich aktualisierte WADA-Liste umfasst (NK-AntiDopG/Striegel, § 2 Rn. 23). Anders als nach § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF bleibt es nun jedoch einer innerstaatlichen Entscheidung vorbehalten, inwieweit auch künftige Änderungen der Anlage I des Übereinkommens in den Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG eingefügt werden. Nach Art. 34 des Übereinkommens gelten Änderungen der in der Anlage I enthaltenen Liste als genehmigt, wenn nicht mindestens zwei Drittel der Vertragsstaaten Einspruch erheben. Nach entsprechender Notifizierung beim Generalsekretär treten sie in den Staaten nicht in Kraft, die die Änderung nicht akzeptieren. Innerstaatlich hat die Bekanntmachung einer Entscheidung des zuständigen Bundesministeriums über die Annahme einer Änderung im Bundesgesetzblatt Teil II konstitutive Wirkung (BT-Drucks. 18/4898, S. 24).
15
Ob damit die Entscheidungsbefugnis über Änderungen der Anlage durch die Exekutive auf derselben Ebene angesiedelt ist, wie wenn eine Verordnungsermächtigung geschaffen worden wäre (so BT-Drucks. 18/4898, S. 24), erscheint zwar zweifelhaft. Der neu geschaffene Regelungsmechanismus ermöglicht es nämlich lediglich, die Geltung künftiger Änderungen zu verhindern , nicht aber, solche Änderungen positiv zu gestalten. Gleichwohl wurde durch die Neuregelung - wie vom Gesetzgeber intendiert (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 24 f.) - ein höheres Maß an nationaler Gestaltungshoheit erreicht (kritisch: G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 11; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 2 AntiDopG Rn. 11 und 14 f.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2, 9 f.). Denn es ist jedenfalls ausgeschlossen, dass der Inhalt des Straftatbestands des § 4 AntiDopG i.V.m. § 2 AntiDopG ohne oder gegen den Willen der nationalen Institutionen verändert wird.
16
b) Hinsichtlich der Verfassungskonformität der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG wiederum das Bundesministerium für Gesundheit zur Bestimmung der nicht geringen Menge ermächtigt, gelten die obigen Ausführungen des Senats zu § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF entsprechend (s.o.; kritisch insoweit auch G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 16 f.). Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG ist damit nicht gefordert.
17
2. Jedoch weist der Schuldspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Landgericht hat nicht in Bedacht genommen, dass die jeweils tatgegenständlichen Handlungen in den Fällen II.2. bis II.4. der Urteilsgründe eine rechtliche Bewertungseinheit bilden könnten.
18
a) Hierzu gilt: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertungseinheit im Betäubungsmittelstrafrecht, die für gleichgelagerte Konstellationen im Arzneimittelstrafrecht entsprechend gilt (BGH, Urteil vom 25. April 2001 - 2 StR 374/00, NJW 2001, 2812, 2815), ist eine einheitliche Tat anzunehmen, wenn ein- und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (BGH, Urteil vom 23. März 1995 - 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies kann auch gegeben sein, wenn verschiedenartige Präparate "im Gesamtpaket" erworben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 - 4 StR 110/01, NStZ-RR 2002, 52). In diesem Fall müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die jeweiligen Verkaufsmengen aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2000 - 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20; vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Diese Grundsätze sind auf die Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz entsprechend zu übertragen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers wurden die Verbote und Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes in das Anti-Doping-Gesetz überführt und aufgrund der strukturellen Vergleichbarkeit an das Betäubungsmittelstrafrecht angelehnt (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 2, 20, 23).
19
b) Nach diesen Maßstäben liegt hier die Annahme einer Bewertungseinheit nahe. Es sind konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe veräußerten und im Fall II.4. der Urteilsgründe in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Mittel und Stoffe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge stammten. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte spätestens seit dem Jahr 2010 regelmäßigen Handel mit Anabolikapräparaten, wobei er die Grundstoffe in größeren Mengen erwarb und zum Verkauf zu konsumfertigen Einzelportionen verarbeitete. Das spricht dafür, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe am 26. Juli und 30. August 2016 veräußerten insgesamt 67 Ampullen mit Testosteron aus dem Bestand stammten, dessen "Reste" - 1.887 konsumfertige zubereitete Ampullen, die nahezu ausschließlich Testosteron enthielten - knapp einen Monat später, am 22. September 2016, in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden. Dieser Vorrat wies einen so erheblichen Umfang auf, dass der Angeklagte hieraus eine Vielzahl von Geschäften in der Größenordnung der festgestellten Einzelverkäufe hätte bestreiten können (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte ihn erst nach den abgeurteilten Einzelverkäufen erworben hätte, ergeben die Urteilsgründe nicht.
20
c) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie zu den getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen.
21
3. Für die neue Entscheidung weist der Senat zudem auf Folgendes hin:
22
a) Die von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG erfassten Tatvarianten des Herstellens von und Handeltreibens mit Dopingmitteln stehen entgegen der rechtlichen Wertung des Landgerichts - ungeachtet der Frage, ob insoweit nicht ohnehin eine Bewertungseinheit vorliegt - nicht in Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander. Vielmehr liegt Gesetzeskonkurrenz vor.
23
Der Gesetzgeber hat die Verbots- und Strafvorschriften des Anti-DopingGesetzes an die Formulierungen im Katalog des § 29 Abs. 1 BtMG angelehnt, da mit Blick auf die Mechanismen des illegalen Marktes eine strukturelle Vergleichbarkeit zum Betäubungsmittelrecht zu sehen sei (BT-Drucks. 18/4898, S. 23). Dies legt es nahe, zur Bewertung der Konkurrenzverhältnisse der Straftatbestände des Anti-Doping-Gesetzes die Rechtsprechung zum Betäubungsmittelstrafrecht heranzuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 29 BtMG stellt das Herstellen von Betäubungsmitteln, wenn es bereits auf deren Verkauf gerichtet ist, eine Vorstufe des Handeltreibens dar und tritt als Teilakt des Handeltreibens hinter diesem zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 1988 - 2 StR 571/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertung 2). Für das Anti-Doping-Gesetz kann nach den vorangegangenen Ausführungen nichts anderes gelten.
24
b) Dagegen ist das Landgericht rechtsfehlerfrei von Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen dem Handeltreiben mit Dopingmitteln (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG) und dem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG) ausgegangen. Soweit der Besitz von Betäubungsmitteln subsidiär hinter dem Handeltreiben zurücktritt (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 1392), kann dies auf die Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz nicht übertragen werden. Das Anti-Doping-Gesetz enthält keinen gesonderten Straftatbestand des Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG), so dass im Falle der Annahme von Gesetzeskonkurrenz bei einer Verurteilung "nur" wegen Handeltreibens mit Dopingmitteln nicht zum Ausdruck käme, dass der Angeklagte über eine nicht geringe Menge verfügt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 3 AntiDopG; so auch Weber, BtMG, 5. Aufl., AntiDopG § 4 Rn. 199).
VRiBGH Becker ist im Urlaub Spaniol Tiemann und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol RiBGH Dr. Berg ist im Urlaub und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol Leplow

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Tenor

Die Vorlage ist unzulässig.

Gründe

A.

1

Die Richtervorlage betrifft die Frage, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit er ärztliche Zwangsmaßnahmen außerhalb eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus ausschließt.

I.

2

§ 1906 BGB in der hier gegenständlichen Fassung (im Folgenden: a.F.) betraf die Fälle der Unterbringung und ärztlichen Heilbehandlung des nicht einsichtsfähigen Betreuten gegen seinen natürlichen Willen. Nach § 1906 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. konnte der Betreuer in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. unter bestimmten Voraussetzungen einwilligen. Die Einwilligung des Betreuers setzte voraus, dass der Betroffene gemäß § 1906 Abs. 1 BGB a.F. freiheitsentziehend untergebracht ist.

3

Eine solche freiheitsentziehende Unterbringung lag vor, wenn der Betroffene gegen seinen Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einem räumlich begrenzten Bereich eines geschlossenen Krankenhauses, einer anderen geschlossenen Einrichtung oder dem abgeschlossenen Teil einer solchen Einrichtung festgehalten, sein Aufenthalt ständig überwacht und die Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Bereichs eingeschränkt wurde (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 -, FamRZ 2001, S. 149 <149 f.>).

4

Nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. war weiter erforderlich, dass die medizinische Maßnahme ohne die Unterbringung nicht durchgeführt werden konnte. Dies war unter anderem der Fall, wenn zu erwarten war, dass sich der Betroffene ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der medizinischen Maßnahme räumlich entziehen würde (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867>).

II.

5

Auf eine Richtervorlage des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, FamRZ 2015, S. 1484) hin entschied das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26. Juli 2016 (BVerfGE 142, 313), dass es mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar sei, dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen drohten und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln könnten, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich sei, sofern sie zwar stationär behandelt würden, aber nicht geschlossen untergebracht werden könnten, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollten oder hierzu körperlich nicht in der Lage seien.

6

Mit Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2426) reagierte der Gesetzgeber auf diese Entscheidung und entkoppelte die ärztlichen Zwangsmaßnahmen von der Unterbringung. Nach § 1906a Abs. 1 Nr. 7 BGB n.F. erfordern ärztliche Zwangsbehandlungen nunmehr lediglich einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, nicht jedoch eine Unterbringung der Betroffenen.

7

Nicht entschieden hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Juli 2016 hingegen über die Verfassungsmäßigkeit eines Ausschlusses von Zwangsbehandlungen, die außerhalb eines stationären Krankenhausaufenthalts erfolgen. Der Ausschluss dieser Gruppe war nicht Gegenstand der Vorlage des Bundesgerichtshofs. Die Vorlage konnte auch nicht ohne Weiteres auf die Frage der Nichtberücksichtigung von Betreuten in ambulanter Behandlung erstreckt werden, weil diese Konstellation eine vom Gesetzgeber anders bewertete Interessenlage betraf und damit eine Reihe zusätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen aufwarf (vgl. BVerfGE 142, 313 <351 f. Rn. 100>).

8

Der Gesetzgeber sieht in § 1906a BGB n.F. die Zwangsbehandlung außerhalb eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus bewusst nicht vor. Ambulante Zwangsbehandlungen seien mit dem Grundsatz unvereinbar, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen wegen des mit ihnen verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit und die freie Selbstbestimmung der Betroffenen nur als letztes Mittel in Betracht kämen und auf ein unvermeidbares Mindestmaß zu reduzieren seien. Mit einer Zulassung von ambulant durchgeführten Zwangsbehandlungen namentlich im psychiatrischen Bereich sei die Gefahr verbunden, dass solche möglicherweise traumatisierende Zwangsbehandlungen in der Praxis regelmäßig ohne ausreichende Prüfung von weniger eingriffsintensiven Alternativen und damit auch in vermeidbaren Fällen durchgeführt würden. Ambulante ärztliche Zwangsmaßnahmen widersprächen den Grundsätzen einer modernen Psychiatrie, wonach Menschen mit psychischen Krankheiten gerade in ihrem Wohn- und sonstigen persönlichen Umfeld vertrauensvolle Unterstützung und Hilfe und nicht staatlich genehmigten Zwang benötigten. Eine auf Vertrauen gegründete und auf Kooperation mit dem Patienten ausgerichtete ambulante psychiatrische Versorgung, die auf die Ausübung von Zwang verzichte, stelle ein wesentliches Element eines auf die Vermeidung von Zwang ausgerichteten psychiatrischen Hilfesystems dar. Auch könne nur bei einer stationären Behandlung davon ausgegangen werden, dass die im jeweiligen Einzelfall medizinisch oder psychologisch erforderliche Begleitung beziehungsweise Pflege des Betroffenen vor und vor allem nach der Behandlung gesichert sei (BTDrucks 18/11240, S. 15).

III.

9

Dem hiesigen Vorlageverfahren liegt ein Betreuungsverfahren zugrunde. Die dortige Betroffene leidet nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts seit Jahrzehnten an einer paranoiden Schizophrenie mit immer wiederkehrenden akuten Krankheitsphasen. Vor allem aufgrund einer inkompletten Querschnittslähmung sei sie an den Rollstuhl gebunden und daher auf Pflege angewiesen. Dabei sei grundsätzlich eine zwangsweise Unterbringung oder auch nur eine stationäre Behandlung im Krankenhaus nicht erforderlich, da sich die Betroffene ihrer wohnlichen Situation in einem offenen Bereich eines Pflegeheims nicht räumlich entziehen wolle.

10

Die Betroffene lehne die medizinisch indizierte Behandlung mit einem Antipsychotikum vehement ab, obschon dieses ohne relevante Nebenwirkung zu einer deutlichen Verbesserung ihres Wohlbefindens führen könne und dies in der Vergangenheit auch vielfach erreicht habe. Ohne medikamentöse Behandlung sei sie dagegen sich verstärkenden akuten Psychosen und einem damit einhergehenden hohen Leidensdruck ausgesetzt, der sich in selbstschädigendem und insbesondere aggressivem Verhalten gegenüber ihren Pflegern ausdrücke. Aufgrund der daraus folgenden weitgehenden Weigerung, erforderliche Pflegemaßnahmen in Anspruch zu nehmen, sei der allgemeine gesundheitliche und auch hygienische Zustand der Betroffenen bereits mehrmals deutlich beeinträchtigt gewesen, so dass eine zwangsweise Behandlung mit stationärer Aufnahme nötig geworden sei. Dort habe sich der Zustand der Betroffenen erheblich verbessert, was insbesondere durch die zwangsweise Gabe der benötigten Medikamente erzielt worden sei. Von der Betroffenen unbemerkt unter das Essen gemischt, habe sich der psychische Zustand der Betroffenen erheblich verbessert. Sie habe so angemessen versorgt werden können.

11

Da die Betroffene jedoch in eine medikamentöse Behandlung nicht einwillige, komme es zu einem Kreislauf, bei dem sich jeweils der Gesundheitszustand der Betroffenen so weit verschlechtere, dass eine Unterbringung mit Zwangsbehandlung erforderlich sei; nach Besserung ihrer Situation komme die Betroffene dann wieder in ihr gewohntes Umfeld zurück, in dem sich ihr Zustand mangels Annahme der medikamentösen Therapie sukzessive verschlechtere, bis es wieder zur zeitweisen Unterbringung komme. Für das Betreuungsgericht stelle sich daher die Frage der Genehmigungsfähigkeit der weiterhin erforderlichen Zwangsmedikation ohne stationären Aufenthalt.

IV.

12

Mit Beschluss vom 19. Januar 2016 setzte das Betreuungsgericht das Unterbringungsverfahren sowie das Verfahren zur Genehmigung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 1906 Abs. 3 BGB a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, soweit er für die Einwilligung des Betreuers in eine durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage seien, voraussetze, dass die Behandlung im Rahmen der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolge. Zur Begründung verwies es auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs.

13

Ergänzend führte das Betreuungsgericht aus, die fehlende Möglichkeit der Zwangsbehandlung im vorliegenden Fall führe zu einer "Drehtür-Psychiatrie": Im Rahmen einer Unterbringung verbessere sich der Zustand der Betroffenen. Nach Rückverlegung ins Pflegeheim könne sodann keine Zwangsmedikation erfolgen, so dass sich ihr Zustand mangels Medikamenteneinnahme verschlechtere und sie psychotisch dekompensiere, was wiederum zum Bedürfnis der Unterbringung führe. Hierin liege eine Schlechterstellung zu dauerhaft unterbringungsbedürftigen Betroffenen.

14

Die vom Gesetzgeber für die Ablehnung einer ambulanten Zwangsbehandlung angeführte Begründung, dies widerspreche allen Ansätzen einer modernen Psychiatrie, zeige im vorliegenden Fall ihre Realitätsferne. Gerade die moderne Psychopharmakologie ermögliche bei Patienten wie vorliegend der Betroffenen auch außerhalb einer psychiatrischen Klinik eine schonende, weitgehend risikofreie und auch nebenwirkungsfreie psychiatrische Behandlung. Die derzeit geltende Gesetzeslage verhindere geradezu, dass Patienten in ihrer gewohnten sozialen Umgebung - hier im Heim - rechtzeitig durch Beimengung von Medikamenten in die Nahrung psychiatrisch medikamentös behandelt werden könnten, um eine immer mit Belastungen verbundene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer beschützten Abteilung eines Pflegeheims zu vermeiden. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Verknüpfung einer ärztlichen Zwangsbehandlung an eine Unterbringung führe letztlich dazu, dass mit dem Beginn einer dringend notwendigen Behandlung so lange zugewartet werden müsse, bis sich ein Zustand einstelle, der eine Unterbringung unumgänglich mache. Dies gefährde aus medizinischer Sicht auf Dauer auch die weiteren Erfolgsaussichten der Therapie selbst.

15

Mit Schreiben vom 8. November 2016 nahm das vorlegende Gericht zur Vorlagefrage ergänzend Stellung und stellte dabei klar, dass es im vorliegenden Fall - anders als vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26. Juli 2016 entschieden - um die Möglichkeit der Zwangsmedikation bei ambulanter Behandlung gehe. Es stelle sich die Frage, ob die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch für die vorliegende Konstellation gelte. Vor allem stelle sich die Frage, ob es sich auch bei der vorliegenden Konstellation des Aufenthalts der Betroffenen in einem Pflegeheim um eine "stationäre Behandlung" im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts handle.

B.

16

Die Vorlage ist unzulässig.

I.

17

Dies ist allerdings noch nicht deshalb der Fall, weil es an der Entscheidungserheblichkeit (vgl. BVerfGE 37, 328 <333 f.>; 70, 219 <228>; 81, 275 <276 f.>; 92, 277 <312>; 121, 233 <237 f.>) der vorgelegten Norm des § 1906 Abs. 3 BGB a.F. fehlte. Zwar ist diese Regelung nunmehr modifiziert worden und die Zwangsbehandlung - entkoppelt von der Unterbringung - in § 1906a BGB n.F. geregelt. § 1906a Abs. 1 Nr. 7 BGB n.F. hält jedoch an der bisherigen Unzulässigkeit der ambulanten Zwangsbehandlung fest (vgl. BVerfGE 47, 46 <64>; 123, 1 <14> für außer Kraft getretene Gesetze).

18

Über den - durch Auslegung zu ermittelnden (vgl. BVerfGE 132, 72 <81>) - Gegenstand der Vorlage hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juli 2016 auch noch nicht entschieden. Sie richtet sich auf die in der Entscheidung ausdrücklich ausgeklammerten (vgl. BVerfGE 142, 313 <351 f. Rn. 100>) ärztlichen Zwangsbehandlungen außerhalb eines stationären Krankenhausaufenthalts.

II.

19

Die Vorlage ist jedoch unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt.

20

1. Für eine konkrete Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG genügt es nicht, wenn bloße Zweifel oder Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung bestehen. Vielmehr muss das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt sein (vgl. BVerfGE 1, 184 <188 f.>; 68, 337 <344>; stRspr). Dabei genügt es nicht, wenn die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm lediglich behauptet oder festgestellt wird. Vielmehr trifft das vorlegende Gericht eine umfassende Pflicht zur Darlegung. Der Vorlagebeschluss muss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben, die naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erörtern, sich sowohl mit der einfachrechtlichen als auch mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, dabei die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen und insbesondere auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 88, 198 <202>; 94, 315 <325>; stRspr).

21

Diesen Anforderungen wird die Vorlage nicht gerecht.

22

Das vorlegende Gericht kritisiert unter Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 1 GG mit rein tatsächlichen Erwägungen zur fehlenden Sinnhaftigkeit einer "Drehtür-Psychiatrie" die Gesetzeslage in Bezug auf die Unzulässigkeit einer Behandlung der Betroffenen im Pflegeheim. Dass und inwieweit diese aber - auch unter Berücksichtigung des Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Rahmen von grundrechtlichen Schutzpflichten (vgl. BVerfGE 142, 313 <337 Rn. 70>) - gegen Verfassungsrecht verstoße, wird bis auf einen pauschalen Hinweis zur Ungleichbehandlung mit dauerhaft unterbringungsbedürftigen Patienten nicht dargelegt. Zudem wird nicht auf verfassungsrechtlicher Grundlage erörtert, inwiefern eine Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber einer Rechtfertigung zugänglich sein könnte. Hieran ändert auch der Verweis auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs nichts. Denn wie das vorlegende Gericht deutlich macht, unterscheidet sich die Konstellation der hiesigen Vorlage von jener der Vorlage des Bundesgerichtshofs.

23

Hinzu kommt, dass bei Zweifeln über die Entscheidungserheblichkeit und bei wesentlicher Änderung der Verfahrenslage das Vorlagegericht seinen Vorlagebeschluss zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen hat (vgl. BVerfGE 51, 161 <163 f.>). Das vorlegende Gericht setzt sich jedoch mit Blick auf den Ausschluss ambulanter Zwangsbehandlungen weder mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2016 noch der Neuregelung des § 1906a BGB n.F. verfassungsrechtlich auseinander.

24

2. Ferner ist vom vorlegenden Gericht die Darlegung zu fordern, inwiefern eine - vorrangige - verfassungskonforme Auslegung der Norm denkbar ist beziehungsweise warum diese nicht in Frage kommt. So muss eine naheliegende Möglichkeit verfassungskonformer Auslegung stets erörtert und mit vertretbarer Begründung ausgeschlossen werden (BVerfGE 85, 329 <333 f.>; 88, 187 <194>; 90, 145 <170>; 96, 315, <324 f.>; 124, 251 <262>; 131, 88 <118>). Auch insoweit finden sich im Vorlagebeschluss weder Erörterungen, noch kann der Verweis auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs zur stationären Zwangsbehandlung sie ersetzen.

25

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 345/17
vom
7. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu
Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:070818B3STR345.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung und zu 2. auf dessen Antrag - am 7. August 2018 gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO im Fall II.1. der Urteilsgründe auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge beschränkt;
b) das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 16. März 2017 aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen (1) im Ausspruch über die im Fall II.1. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe, (2) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßiger Herstellung von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte regelmäßigen Handel mit verschiedenen Anabolikapräparaten. Er verarbeitete eingekaufte Grundstoffe zu konsumfertigen Einzelportionen und veräußerte diese an Abnehmer aus dem Umfeld diverser Fitnessstudios. In diesem Rahmen bestellte er im Herbst 2012 bei einer chinesischen Firma verschiedene Dopingmittel (Testosteronenantat, Testosteronpropionat, Nandrolondecanoat und Oxymetholon), die per Post an ihn versandt werden sollten, was jedoch misslang, weil das Paket am 27. Dezember 2012 am Flughafen Köln/Bonn vom Zoll angehalten wurde (Fall II.1. der Urteilsgründe). Ferner veräußerte er kurz vor dem 26. Juli 2016 sowie an diesem Tag an einen Freizeitkraftsportler für dessen Eigenkonsum insgesamt neun Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat-Lösung (Fall II.2. der Urteilsgründe) und am 30. August 2016 an einen anderen für dessen Eigenkonsum insgesamt 58 Ampullen mit je 10 ml einer Testosteronenantat- bzw. TestosteronpropionatLösung (Fall II.3. der Urteilsgründe). Schließlich hielt er am 22. September 2016 in seiner Wohnung und dem zugehörigen Kellerraum insgesamt 1.887 Ampullen mit verschiedenen Anabolika (Testosteron, Boldenon, Nandrolon, Trenbolon und Metandienon) zum Verkauf an Kraftsportler vorrätig, die er zuvor konsumfertig zubereitet und in Ampullen zu je 10 ml abgefüllt hatte (Fall II.4. der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe nach dem zur Tatzeit geltenden Recht als dem mildesten Gesetz (§ 2 Abs. 1 und 3 StGB) wegen versuchten gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit versuchtem Besitz eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a und 2b, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b AMG in der bis zum 17. Dezember 2015 gültigen Fassung (aF), §§ 22, 23 Abs. 1, § 52 StGB verurteilt. Die Fälle II.2. und II.3. der Urteilsgründe hat es jeweils als gewerbsmäßiges Herstellen von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB gewertet. Wegen der Tat zu II.4. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten des gewerbsmäßigen Herstellens von Dopingmitteln in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln und mit Besitz eines Dopingmittels zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG, § 52 StGB für schuldig befunden.

II.


4
Im Fall II.1. der Urteilsgründe hat der Senat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) beschränkt. Damit braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob er § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF für verfassungswidrig hält und deshalb nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen muss. Der Senat hegt jedenfalls erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität dieses Tatbestandes (s. II.1.). Demgegenüber begegnet die Strafbarkeit wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF zwar ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken. Jedoch ist der Senat von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht überzeugt (s. II.2.).
5
1. § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF stellt das Inverkehrbringen nach § 6a Abs. 1 AMG aF verbotener Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport unter Strafe. Dies sind nach § 6a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AMG aF solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. II S. 334) aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirkstoffen oder Stoffe enthalten, die zur Verwendung bei den dort aufgeführten verbotenen Methoden bestimmt sind. Der in Bezug genommene Anhang zu dem Übereinkommen enthielt ursprünglich die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOK) erstellte Liste der Gruppen von Dopingwirkstoffen und Dopingmethoden (BGBl. II S. 350 f.). In der Folgezeit wurde der Anhang mehrfach - in der Regel jährlich - von der hierzu gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens ermächtigten "Beobachtenden Begleitgruppe", einem eigenen Gremium des Europarats, dessen Zusammensetzung und Aufgabenbereiche in Art. 10 ff. des Übereinkommens festgelegt sind - geändert. Dabei wurde nach Gründung der internationalen Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stets deren aktuell gültige Verbotsliste übernommen.
6
a) Vor diesem Hintergrund ergeben sich verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der bis zum 25. Oktober 2012 und damit möglicherweise im Tatzeitraum geltenden Fassung des § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF daraus, dass unklar bleibt, ob es sich mit Blick auf die regelmäßig jährliche Änderung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping um eine statische Verweisung auf die ursprünglich als Anhang zum Übereinkommen genommene Liste oder um eine dynamische Verweisung auf die zur jeweiligen Tatzeit oder im Sinne einer gesetzgeberischen Willensentscheidung auf die zur Zeit der letzten Änderung des Gesetzes gültige Fassung handelt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11, 15; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 95 AMG Rn. 88 ff.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a Rn. 48 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 101, 102 ff.). Damit war bis zur Änderung des Gesetzes durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012, mit der § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF um den Verweis auf die "jeweils geltende Fassung" des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping ergänzt wurde, für den Rechtsunterworfenen unklar, welche Liste zum Zeitpunkt seines Handelns verbindlich war.
7
b) Sollte der Angeklagte die Tat nach dem 26. Oktober 2012 und damit zur Zeit der Gültigkeit der eindeutig eine dynamische Verweisung enthaltenden Gesetzesfassung begangen haben, bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG aF mit Blick auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei dynamischen Verweisungen in Strafgesetzen zu wahrende Rechtsetzungshoheit des Gesetzgebers gleichwohl fort (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64, BVerfGE 33, 125, 158; vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80, BVerfGE 64, 208, 214).
8
Den Inhalt des Anhangs zum Übereinkommen gegen Doping legt die so genannte Beobachtende Begleitgruppe des Europarats, in der jeder Staat mit je einer Stimme vertreten ist (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens), durch Mehrheit fest. Da mithin ein bestimmender nationaler Einfluss nicht gesichert ist und der Gesetzgeber nicht über die erforderliche Kontrolle zur Festlegung des Inhalts der Verbotsliste verfügt, hat der Senat Zweifel, ob damit die nach Art. 103 Abs. 2 GG gebotene gesetzgeberische Rechtsetzungshoheit gewahrt ist, die verlangt, dass jener die Voraussetzungen strafbaren Handelns selbst bestimmt (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 22. Juni1988 - 2 BvR 234/87 u.a., BVerfGE 78, 374, 381 ff.; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 54; insoweit mit Blick auf § 95a Abs. 1 Nr. 2a AMG aF ebenfalls kritisch Weber, BtMG, 4. Aufl., § 6a AMG Rn. 51 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 119, 124).
9
2. Der nach der Beschränkung der Strafverfolgung verbleibende Schuldspruch wegen des (versuchten) Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF hält rechtlicher Überprüfung stand. Insoweit bestehende verfassungsrechtliche Bedenken haben sich nicht zu der für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG erforderlichen Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der Strafnorm verdichtet (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - 2 BvL 20, 21/84, BVerfGE 68, 352, 359; vom 5. April 1989 - 2 BvL 1, 2, 3/88, BVerfGE 80, 54, 58 f.).
10
Zwar erscheint es auch im Hinblick auf § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF fraglich , ob die geforderte inhaltliche Bestimmung dieses Straftatbestandes durch den Gesetzgeber selbst gewahrt ist. Denn er hat über § 6a Abs. 2a Satz 2 AMG aF das Bundesministerium der Gesundheit dazu ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern die vom Gesetz verlangte nicht geringe Menge der relevanten Stoffe durch Rechtsverordnung zu bestimmen, was mit Erlass der Dopingmittelmengenverordnung (DmMVO) umgesetzt wurde. Somit hat der Gesetzgeber die Ausformung eines strafbegründenden Tatbestandsmerkmals auf die Exekutive delegiert. Bedenken, dass dies der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts widersprechen könnte, wonach (verweisende) Blankettgesetze dem Grundsatz der Gewaltenteilung nur dann genügen, wenn der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe selbst bestimmt und dem Verordnungsgeber lediglich konkretisierende Spezifizierungen des Straftatbestands überlässt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 1997 - 2 BvR 509, 511/96, NJW 1998, 669, 670; vom 21. September 2016 - 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 58), steht indes entgegen, dass der Gesetzgeber die Tathandlung und den Strafrahmen selbst konkret bestimmt hat, so dass die Festlegung der nicht geringen Mengen lediglich als Spezifizierung der strafbegründenden Merkmale gewertet werden kann. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat von der Verfassungswidrigkeit des § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF jedenfalls nicht zu überzeugen.
11
3. Die Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des versuchten Besitzes eines Arzneimittels zu Dopingzwecken beim Menschen im Sport in nicht geringer Menge führt zur Aufhebung der für diese Tat verhängten Einzelstrafe, da das Landgericht, das bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass mehrere Straftatbestände tateinheitlich verwirklicht worden sind, bei Erfüllung nur eines Tatbestandes möglicherweise eine mildere Strafe verhängt hätte.

III.


12
Hinsichtlich der Fälle II.2., II.3. und II.4. der Urteilsgründe kann das Urteil keinen Bestand haben.
13
1. Der Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AntiDopG begegnet allerdings keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
14
a) Zwar verweist auch die Strafvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG hinsichtlich der verbotenen Dopingmittel über § 2 Abs. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung, die wiederum die jährlich aktualisierte WADA-Liste umfasst (NK-AntiDopG/Striegel, § 2 Rn. 23). Anders als nach § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG aF bleibt es nun jedoch einer innerstaatlichen Entscheidung vorbehalten, inwieweit auch künftige Änderungen der Anlage I des Übereinkommens in den Straftatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG eingefügt werden. Nach Art. 34 des Übereinkommens gelten Änderungen der in der Anlage I enthaltenen Liste als genehmigt, wenn nicht mindestens zwei Drittel der Vertragsstaaten Einspruch erheben. Nach entsprechender Notifizierung beim Generalsekretär treten sie in den Staaten nicht in Kraft, die die Änderung nicht akzeptieren. Innerstaatlich hat die Bekanntmachung einer Entscheidung des zuständigen Bundesministeriums über die Annahme einer Änderung im Bundesgesetzblatt Teil II konstitutive Wirkung (BT-Drucks. 18/4898, S. 24).
15
Ob damit die Entscheidungsbefugnis über Änderungen der Anlage durch die Exekutive auf derselben Ebene angesiedelt ist, wie wenn eine Verordnungsermächtigung geschaffen worden wäre (so BT-Drucks. 18/4898, S. 24), erscheint zwar zweifelhaft. Der neu geschaffene Regelungsmechanismus ermöglicht es nämlich lediglich, die Geltung künftiger Änderungen zu verhindern , nicht aber, solche Änderungen positiv zu gestalten. Gleichwohl wurde durch die Neuregelung - wie vom Gesetzgeber intendiert (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 24 f.) - ein höheres Maß an nationaler Gestaltungshoheit erreicht (kritisch: G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 11; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 2 AntiDopG Rn. 11 und 14 f.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2, 9 f.). Denn es ist jedenfalls ausgeschlossen, dass der Inhalt des Straftatbestands des § 4 AntiDopG i.V.m. § 2 AntiDopG ohne oder gegen den Willen der nationalen Institutionen verändert wird.
16
b) Hinsichtlich der Verfassungskonformität der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG wiederum das Bundesministerium für Gesundheit zur Bestimmung der nicht geringen Menge ermächtigt, gelten die obigen Ausführungen des Senats zu § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG aF entsprechend (s.o.; kritisch insoweit auch G/J/W-Eschelbach, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 4 AntiDopG Rn. 16 f.). Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG ist damit nicht gefordert.
17
2. Jedoch weist der Schuldspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Landgericht hat nicht in Bedacht genommen, dass die jeweils tatgegenständlichen Handlungen in den Fällen II.2. bis II.4. der Urteilsgründe eine rechtliche Bewertungseinheit bilden könnten.
18
a) Hierzu gilt: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertungseinheit im Betäubungsmittelstrafrecht, die für gleichgelagerte Konstellationen im Arzneimittelstrafrecht entsprechend gilt (BGH, Urteil vom 25. April 2001 - 2 StR 374/00, NJW 2001, 2812, 2815), ist eine einheitliche Tat anzunehmen, wenn ein- und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (BGH, Urteil vom 23. März 1995 - 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies kann auch gegeben sein, wenn verschiedenartige Präparate "im Gesamtpaket" erworben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2001 - 4 StR 110/01, NStZ-RR 2002, 52). In diesem Fall müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die jeweiligen Verkaufsmengen aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2000 - 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20; vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Diese Grundsätze sind auf die Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz entsprechend zu übertragen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers wurden die Verbote und Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes in das Anti-Doping-Gesetz überführt und aufgrund der strukturellen Vergleichbarkeit an das Betäubungsmittelstrafrecht angelehnt (vgl. BT-Drucks. 18/4898, S. 2, 20, 23).
19
b) Nach diesen Maßstäben liegt hier die Annahme einer Bewertungseinheit nahe. Es sind konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe veräußerten und im Fall II.4. der Urteilsgründe in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Mittel und Stoffe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge stammten. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte spätestens seit dem Jahr 2010 regelmäßigen Handel mit Anabolikapräparaten, wobei er die Grundstoffe in größeren Mengen erwarb und zum Verkauf zu konsumfertigen Einzelportionen verarbeitete. Das spricht dafür, dass die in den Fällen II.2. und II.3. der Urteilsgründe am 26. Juli und 30. August 2016 veräußerten insgesamt 67 Ampullen mit Testosteron aus dem Bestand stammten, dessen "Reste" - 1.887 konsumfertige zubereitete Ampullen, die nahezu ausschließlich Testosteron enthielten - knapp einen Monat später, am 22. September 2016, in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden. Dieser Vorrat wies einen so erheblichen Umfang auf, dass der Angeklagte hieraus eine Vielzahl von Geschäften in der Größenordnung der festgestellten Einzelverkäufe hätte bestreiten können (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte ihn erst nach den abgeurteilten Einzelverkäufen erworben hätte, ergeben die Urteilsgründe nicht.
20
c) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie zu den getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen.
21
3. Für die neue Entscheidung weist der Senat zudem auf Folgendes hin:
22
a) Die von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG erfassten Tatvarianten des Herstellens von und Handeltreibens mit Dopingmitteln stehen entgegen der rechtlichen Wertung des Landgerichts - ungeachtet der Frage, ob insoweit nicht ohnehin eine Bewertungseinheit vorliegt - nicht in Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander. Vielmehr liegt Gesetzeskonkurrenz vor.
23
Der Gesetzgeber hat die Verbots- und Strafvorschriften des Anti-DopingGesetzes an die Formulierungen im Katalog des § 29 Abs. 1 BtMG angelehnt, da mit Blick auf die Mechanismen des illegalen Marktes eine strukturelle Vergleichbarkeit zum Betäubungsmittelrecht zu sehen sei (BT-Drucks. 18/4898, S. 23). Dies legt es nahe, zur Bewertung der Konkurrenzverhältnisse der Straftatbestände des Anti-Doping-Gesetzes die Rechtsprechung zum Betäubungsmittelstrafrecht heranzuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 29 BtMG stellt das Herstellen von Betäubungsmitteln, wenn es bereits auf deren Verkauf gerichtet ist, eine Vorstufe des Handeltreibens dar und tritt als Teilakt des Handeltreibens hinter diesem zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 1988 - 2 StR 571/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertung 2). Für das Anti-Doping-Gesetz kann nach den vorangegangenen Ausführungen nichts anderes gelten.
24
b) Dagegen ist das Landgericht rechtsfehlerfrei von Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen dem Handeltreiben mit Dopingmitteln (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG) und dem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG) ausgegangen. Soweit der Besitz von Betäubungsmitteln subsidiär hinter dem Handeltreiben zurücktritt (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 1392), kann dies auf die Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz nicht übertragen werden. Das Anti-Doping-Gesetz enthält keinen gesonderten Straftatbestand des Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG), so dass im Falle der Annahme von Gesetzeskonkurrenz bei einer Verurteilung "nur" wegen Handeltreibens mit Dopingmitteln nicht zum Ausdruck käme, dass der Angeklagte über eine nicht geringe Menge verfügt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG i.V.m. § 2 Abs. 3 AntiDopG; so auch Weber, BtMG, 5. Aufl., AntiDopG § 4 Rn. 199).
VRiBGH Becker ist im Urlaub Spaniol Tiemann und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol RiBGH Dr. Berg ist im Urlaub und daher an der Unterschrift gehindert. Spaniol Leplow

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

§ 10 Absatz 1 und 3 des Gesetzes zur Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die besondere Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen und über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern (Rindfleischetikettierungsgesetz) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (Bundesgesetzblatt I Seite 1510) ist mit Artikel 103 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 sowie mit Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 10 Abs. 1 und 3 des Rindfleischetikettierungsgesetzes (RiFlEtikettG) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510) wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3, in der das zuständige Bundesministerium die als Straftat nach Absatz 1 zu ahndenden Tatbestände bezeichnet, für einen bestimmten Tatbestand auf die Strafvorschrift des Absatzes 1 verweist.

3

2. Die vom vorlegenden Landgericht für verfassungswidrig gehaltene Vorschrift war zunächst als § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 RiFlEtikettG im Rindfleischetikettierungsgesetz vom 26. Februar 1998 (BGBl I S. 380) enthalten, mit dem die Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (ABl EG Nr. L 117 vom 7. Mai 1997, S. 1) in Deutschland umgesetzt worden war. Die für das Ausgangsverfahren relevante Fassung erhielt § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510), das der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl EG Nr. L 204 vom 11. August 2000, S. 1) diente.

4

3. Die allgemeinen Vorschriften des Systems zur obligatorischen Etikettierung von Rindfleisch, dessen Herkunft seit dem 1. Januar 2002 vollständig anzugeben ist, enthält Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000. Dieser lautet:

(1) Marktteilnehmer und Organisationen, die Rindfleisch in der Gemeinschaft vermarkten, müssen dies gemäß den Vorschriften dieses Artikels etikettieren.

Mit dem obligatorischen Etikettierungssystem wird gewährleistet, dass zwischen der Kennzeichnung des Schlachtkörpers, der Schlachtkörperviertel oder der Fleischstücke einerseits und dem Einzeltier bzw. - wenn dies zur Kontrolle der Richtigkeit der Angaben auf dem Etikett ausreicht - der betreffenden Gruppe von Tieren andererseits eine Verbindung besteht.

(2) Auf dem Etikett sind folgende Angaben zu machen:

a) eine Referenznummer oder ein Referenzcode, mit dem die Verbindung zwischen dem Fleisch und dem Tier bzw. den Tieren gewährleistet wird. Diese Nummer kann die Kennnummer des Tieres, von dem das Fleisch stammt, oder die Kennnummer einer Gruppe von Tieren sein;

b) die Zulassungsnummer des Schlachthofs, in dem das Tier oder die Tiergruppe geschlachtet wurde, und der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem der Schlachthof liegt. Die Angabe muss lauten: "Geschlachtet in: (Name des Mitgliedstaats oder des Drittlands) (Zulassungsnummer)";

c) die Zulassungsnummer des Zerlegungsbetriebs, in dem der Schlachtkörper oder die Gruppe von Schlachtkörpern zerlegt wurden, und der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem der Zerlegungsbetrieb liegt. Die Angabe muss lauten: "Zerlegt in: (Name des Mitgliedstaats oder des Drittlands) (Zulassungsnummer)".

(3) Mitgliedstaaten, in denen über das Kennzeichnungs- und Registrierungssystem für Rinder gemäß Titel I ausreichende Angaben vorliegen, können jedoch bis zum 31. Dezember 2001 für Fleisch von Rindern, die in ihrem Hoheitsgebiet geboren, gemästet und geschlachtet wurden, vorschreiben, dass auf dem Etikett zusätzliche Angaben gemacht werden müssen.

(4) Ein obligatorisches System im Sinne des Absatzes 3 darf nicht zu Störungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen.

Die Durchführungsbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten gelten, die Absatz 3 anwenden wollen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Kommission.

(5) a) Ab 1. Januar 2002 sind von den Marktteilnehmern und Organisationen zusätzlich folgende Angaben auf den Etiketten zu machen:

i) Mitgliedstaat oder Drittland, in dem das Tier geboren wurde,

ii) Mitgliedstaaten oder Drittländer, in denen die Mast durchgeführt wurde,

iii) Mitgliedstaat oder Drittland, in dem die Schlachtung erfolgt ist,

b) Erfolgten Geburt, Aufzucht und Schlachtung der Tiere, von denen das Fleisch stammt,

i) in ein und demselben Mitgliedstaat, so kann die Angabe wie folgt lauten: "Herkunft: (Name des Mitgliedstaats)";

ii) in ein und demselben Drittland, so kann die Angabe wie folgt lauten: "Herkunft: (Name des Drittlandes)".

5

4. Da Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 ebenso wie die insofern gleichlautende Folgevorschrift des Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 vorsah, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Verordnung treffen und etwaige Sanktionen, die die Mitgliedstaaten verhängen, in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen müssen, wurde die Blankettstrafvorschrift des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG geschaffen (BTDrucks 13/8052, S. 7).

6

5. § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG bezog sich in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Februar 1998 ausdrücklich auf die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie die besondere Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen betraf, sowie auf die "zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft". Diese Bezugnahme wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510) durch die Formulierung "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen" ersetzt. Letztere wurde durch das Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes und des Düngegesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2539) auf "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern" erweitert.

7

6. Durch § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG wurde das zuständige Bundesministerium (vgl. nunmehr § 3a Abs. 3 RiFlEtikettG) ermächtigt, durch Rechtsverordnung die als Straftat zu ahndenden Tatbestände zu bezeichnen. Diese Bezeichnung erfolgte durch Erlass der Verordnung zur Durchsetzung des Rindfleischetikettierungsrechts (Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung - RiFlEtikettStrV) vom 5. März 2001 (BGBl I S. 339), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung vom 22. Juli 2015 (BGBl I S. 1407).

8

7. Die vom vorlegenden Landgericht als verfassungswidrig erachtete Vorschrift des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG und der ihren Anwendungsbereich regelnde § 1 RiFlEtikettG lauteten zum für das Ausgangsverfahren relevanten Tatzeitpunkt am 15. März 2010:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz dient der Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern.

(2) Unberührt von den Vorschriften dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen bleiben die Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, des Handelsklassenrechts, des Lebensmittelspezialitätenrechts und des Markenrechts.

§ 10 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach Absatz 1 zu ahnden sind.

9

8. § 1 RiFlEtikettStrV lautete am 15. März 2010:

§ 1 Durchsetzung der Angaben bei der obligatorischen Etikettierung von Rindfleisch

(1) Nach § 10 Abs. 1 des Rindfleischetikettierungsgesetzes wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl. EG Nr. L 204 S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 1), verstößt, indem er

1. entgegen Artikel 13 Abs. 1 Unterabs. 1 in Verbindung mit

a) Abs. 2 Buchstabe a Satz 1, Buchstabe b oder c, Artikel 14 Satz 1 oder

b) Abs. 5 Buchstabe a, dieser in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1825/2000 der Kommission vom 25. August 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (ABl. EG Nr. L 216 S. 8), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 275/2007 der Kommission vom 15. März 2007 (ABl. EU Nr. L 76 S. 12),

jeweils auch in Verbindung mit Artikel 5a Abs. 1, Artikel 5b oder 5c Abs. 1 oder 2 Unterabs. 1 oder 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1825/2000 Rindfleisch nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig etikettiert,

2. entgegen Artikel 13 Abs. 1 Unterabs. 1 in Verbindung mit

a) Abs. 2 Buchstabe a Satz 1, Artikel 14 Satz 1 oder

b) Abs. 5 Buchstabe a Nr. iii, dieser in Verbindung mit Artikel 14 Satz 2,

Rinderhackfleisch nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig etikettiert,

3. entgegen Artikel 15 in die Gemeinschaft eingeführtes Rindfleisch nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig etikettiert.

(2) Wer eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht, handelt nach § 11 Abs. 1 des Rindfleischetikettierungsgesetzes ordnungswidrig.

II.

10

1. Mit Urteil vom 31. Mai 2012 sprach das Amtsgericht Tiergarten den geständigen Angeklagten des Ausgangsverfahrens des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Rindfleischetikettierungsgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 100 Euro. Der Angeklagte hatte es als Betriebsinhaber einer Dönerproduktion GmbH in B…, die eine Zulassung als Zerlege- und Handelsbetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen ("Hackfleisch-Drehspieße nach Döner-Art" und Geflügelfleisch-Drehspieße) als Tiefkühl- und Frischwaren aus Geflügel-, Rind- und Lammfleisch (exklusive die Herstellung von Ciclik) besaß, welche aber nicht die Zerlegung von und den Handel mit rohem Rindfleisch umfasste, am 15. März 2010 unterlassen, im Warenausgangskühlraum lagernde 60 kg frischen Rindfleischs zu etikettieren und weitere, in kleineren Gebinden abgepackte 106 kg frischen Rindfleischs richtig zu etikettieren. Auf den Etiketten des abgepackten frischen Rindfleischs fehlten die Referenznummer oder der Referenzcode und zum Teil die Zulassungsnummern des Schlacht- und des Zerlegungsbetriebs. Letztere waren auch an Hand der Buchführungsbelege und der im Betrieb erforderlichen Dokumentation nicht nachvollziehbar. Zudem handelte es sich bei dem Fleisch beider Mengen um reines, nicht behandeltes, insbesondere nicht gewürztes Rindfleisch und damit auch nicht um von der Zulassung der Gesellschaft umfasste Rindfleischerzeugnisse.

11

2. Das Landgericht Berlin hat gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Berufungshauptverhandlung ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG mit Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist. Seine Entscheidung hänge davon ab, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG verfassungsgemäß sei oder nicht. Wäre § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, müsste der Angeklagte aufgrund seines wissentlichen und willentlichen zum Teil partiellen, zum Teil vollständigen Unterlassens der Etikettierung der festgestellten Rindfleischmengen gemäß §§ 1, 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettStrV und Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 schuldig gesprochen werden. Im Falle der Verfassungswidrigkeit wäre der Angeklagte hingegen aus Rechtsgründen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen.

12

Das vorlegende Gericht ist von der Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG überzeugt. Seine Auffassung stützt es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

13

a) Bei § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG handele es sich um ein Blankettstrafgesetz, das gegen Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße, weil es das strafbare Verhalten nicht nachvollziehbar umschreibe und auch keine durch Auslegung ermittelbare Maxime erkennen lasse, anhand derer die Adressaten der Norm ihr Verhalten ausrichten könnten.

14

Der Gesetzgeber habe sich zur Beschreibung des unter Strafe gestellten Gesetzesverstoßes einer doppelten Verweisung bedient. Zum einen verweise er in § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG auf "Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern", zum anderen auf die Bestimmungen der nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG durch das zuständige Bundesministerium zu erlassenden Rechtsverordnung. Zwar sei Blankettstrafgesetzgebung, insbesondere bei Bezugnahme auf Inhalte von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, im Grundsatz zulässig, doch lasse die dynamische Verweisung auf das in § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nur formelhaft umschriebene Gemeinschaftsrecht nicht erkennen, welche Rechtsakte konkret davon erfasst sein sollten und was diese regelten. Auch der Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 könne zur Ermittlung des Normbefehls des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht herangezogen werden, da der Gesetzgeber durch die Übertragung der Auswahl der als strafwürdig anzusehenden Tatbestände auf den nationalen Verordnungsgeber in § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG deutlich gemacht habe, dass nicht unterschiedslos der komplette Regelungsgehalt jeglicher Verordnung in diesem Rechtsgebiet erfasst sein solle. Auf Fachwissen der dem Regelungsbereich unterworfenen Fachkreise könne nicht abgestellt werden, weil es nicht um die Interpretation normativer gewerbespezifischer Begriffe gehe, sondern um die dieser Interpretation vorgelagerte Bestimmung, welche Normen überhaupt gelten sollten.

15

b) Die Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG verstoße gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

Der Gesetzgeber habe sich in unzulässiger Weise seiner Rechtsetzungskompetenz und -pflicht aus Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG begeben, Raum für exekutive Strafrechtssetzung geschaffen und dadurch den Gewaltenteilungsgrundsatz verletzt. Statt die Voraussetzungen der Strafbarkeit in einem förmlichen Gesetz hinreichend deutlich zu umschreiben und lediglich deren nähere Beschreibung über eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmte Verordnungsermächtigung der Exekutive zu überlassen, habe der Gesetzgeber sich durch die auf der ersten Verweisungsebene des § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG erfolgte Bezugnahme auf die auf der Gemeinschaftsebene erlassenen Rechtsakte über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen auf einen hinsichtlich des Strafrechts nicht hinreichend demokratisch legitimierten Rechtsetzungsakt bezogen und auf der zweiten Verweisungsebene über § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG dem nationalen Verordnungsgeber als ebenfalls demokratisch nicht unmittelbar legitimiertem Akteur Strafrechtssetzungskompetenz zugesprochen. Der Gesetzgeber habe nicht über das "Ob" der Strafbarkeit entschieden, sondern es ohne jede Beschränkung dem nationalen Verordnungsgeber übertragen, unter Verwendung einer Rückverweisungsklausel gemeinschaftsrechtliche Normen zu benennen, deren Verletzung strafbewehrt sein solle. Damit könne dieser aufgrund der dynamischen Verweisung auf das Gemeinschaftsrecht zeitlich unbeschränkt und ohne Einbindung des Gesetzgebers strafrechtsetzend tätig werden.

III.

17

Zu der Vorlage hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft namens der Bundesregierung Stellung genommen. Der Bundestag, der Bundesrat und die Länderregierungen haben von einer Stellungnahme abgesehen.

18

Die Bundesregierung hält die vorgelegte Vorschrift für verfassungskonform. Soweit das vorlegende Gericht den Straftatbestand für nicht hinreichend bestimmt halte, weil der Verweis auf das Gemeinschaftsrecht dynamisch sei, verkenne es, dass die insoweit maßgebliche nationale Verordnungsregelung statisch auf EU-Verordnungen Bezug nehme. Das Gericht verkenne zudem, dass dem Verordnungsgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Spezifizierungsbefugnis eingeräumt werden könne, wovon § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in zulässiger Weise Gebrauch mache. Dem Verordnungsgeber werde durch den begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes und die Maßgabe, die Sanktionierung müsse zur Durchsetzung der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich sein, nur ein geringer Entscheidungsspielraum eingeräumt, zumal die Strafandrohung im unteren Bereich zu verorten sei, so dass keine erhöhten Bestimmtheitsanforderungen bestünden. Auch dürfe für die Prüfung der Bestimmtheit einer Strafnorm auf das Fachwissen der betroffenen Kreise abgestellt werden, für die es auf der Hand liege, dass es sich bei dem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen um die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 handele. Hinzu komme, dass dem Normadressaten durch die im Nebenstrafrecht verbreitete Verwendung einer so genannten Rückverweisungsklausel das Auffinden der strafbewehrten Tatbestände deutlich erleichtert werde. Der weitere Einwand, dass dem Verordnungsgeber durch solche Rückverweisungsklauseln die Entscheidung über das "Ob" der Strafbarkeit übertragen werde, gehe fehl, da der Gesetzgeber durch die Ermächtigungsklausel zu erkennen gebe, dass das Gemeinschaftsrecht aus seiner Sicht eine strafrechtliche Bewehrung gebiete, und auch der Verordnungsgeber an europäisches Recht gebunden und ihm folglich keine Wahlfreiheit über die Strafbewehrung eingeräumt sei.

IV.

19

Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, dass die Strafsenate mit den streitigen Rechtsvorschriften noch nicht befasst gewesen sind und von einer weitergehenden Stellungnahme abgesehen haben. Der Generalbundesanwalt, der Deutsche Richterbund, die Neue Richtervereinigung, der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer haben sich wie folgt geäußert:

20

1. Der Generalbundesanwalt hält die Vorschrift des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für verfassungsgemäß.

21

Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit des Strafgesetzes seien noch gewahrt. Es sei unschädlich, dass § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG keine explizite Verweisung auf einen bestimmten Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union enthalte, da eine hinreichende Eingrenzung durch den erforderlichen Bezug zum Regelungsgegenstand der Verweisungsnormen gegeben und für den Normadressaten bei verständiger Würdigung und unter zulässiger Heranziehung des gesteigerten Wissens der betroffenen Fachkreise der Bereich der Strafbarkeit noch hinreichend erkennbar und vorhersehbar sei. Zudem enthielten die primär in Bezug genommenen Gebote des Art. 13 Abs. 1 und Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 jeweils klare und präzise Vorgaben zu Art und Umfang der Etikettierungspflichten, die dem Normadressaten kaum Interpretationsspielräume über den Umfang seiner Pflichten ließen.

22

Ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht erkennbar. Verweisungen auf Unionsrecht seien nicht anders zu beurteilen als solche auf nationales Recht, da die Kompetenz des nationalen parlamentarischen Gesetzgebers weitgehend unangetastet bleibe, wenn er selbst die Reichweite der Strafandrohung festlege und dem Unionsgesetzgeber lediglich die Konkretisierung des tatbestandlichen Verbotes überlasse. Eine unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips unzulässige pauschale Blankoermächtigung liege nicht vor. Auch die Gestaltungsmacht des nationalen Verordnungsgebers sei in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise hinreichend begrenzt, zum einen aufgrund der in § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG statuierten Bedingung der Erforderlichkeit, zum anderen deshalb, weil der dem europarechtlichen Loyalitätsgebot des Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtete Gesetzgeber durch die Rückverweisungsklausel nur die tatsächliche Ausgestaltung seiner Grundsatzentscheidung, eine Strafbewehrung vorzusehen, von dem hinzutretenden Rechtsakt des Verordnungsgebers abhängig gemacht habe.

23

2. Der Deutsche Richterbund sieht das Bestimmtheitsgebot für Strafnormen durch § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht verletzt, äußert aber zu § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG Bedenken, ob es noch verfassungsgemäß sei, dem Verordnungsgeber die Entscheidung zu überlassen, welche Tatbestände des europäischen Rechts im nationalen Recht strafbar sein sollten.

24

3. Nach Auffassung der Neuen Richtervereinigung verstößt § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG durch die doppelte Verweisung auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft und auf eine zu erlassende nationale Rechtsverordnung gegen die Gewährleistungsinhalte der Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Bestimmtheitsgebot sei verletzt, weil das mit Strafe bedrohte Verhalten durch § 10 RiFlEtikettG aufgrund der Globalverweisung auf das gesamte unmittelbar geltende Gemeinschaftsrecht nicht hinreichend präzise gesetzlich bestimmt werde. Zudem sei das Delegationsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Da die durch § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erlaubte Rückverweisung nicht nur deklaratorisch sei, ergebe sich die eigentliche Strafbarkeit vorliegend erst aus der Rechtsverordnung, so dass letztlich die Exekutive über die Strafbarkeit entscheide.

25

4. Der Deutsche Anwaltverein hält § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für verfassungswidrig, weil die Voraussetzungen der Strafbarkeit angesichts des zugunsten des Verordnungsgebers eröffneten Spielraums nicht aus der gesetzlichen Ermächtigung, sondern erst aus der auf sie gestützten Verordnung voraussehbar seien. Es könne nicht von einer bloßen Spezifizierung des Tatbestandes gesprochen werden, wenn das Gesetz wie vorliegend einen Tatbestand nicht oder nur in höchst abstraktem Sinn definiere und Kern dieses ohnehin nur rudimentär beschriebenen Tatbestandes eine dynamische Verweisung auf das Unionsrecht sei. Denn dadurch komme es zu einer aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht hinnehmbaren versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen. Zudem ahnde § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG bloßen Verwaltungsungehorsam gegebenenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, so dass strenge Anforderungen an die erforderliche Bestimmtheit zu stellen seien, die vorliegend aber nicht erfüllt seien.

26

5. Auch nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer ist § 10 RiFlEtikettG verfassungswidrig. Die Blankettverweisung in § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG lasse nicht hinreichend klar erkennen, auf welche Normen verwiesen werde, da die Vorschrift weder eine Bezugsnorm bezeichne, noch das zu schützende Rechtsgut und das Regelungsziel konkret beschreibe, während die Verweisung in § 1 RiFlEtikettG lediglich auf das Regelungsinstrument der Kennzeichnung abstelle. Somit fehle es an der von Art. 103 Abs. 2 GG geforderten gesetzlichen Regelung der Voraussetzungen der Strafbarkeit, zumal der Gesetzgeber durch die Ermächtigung des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG dem Verordnungsgeber die Entscheidung überlassen habe, Strafbarkeitsanordnungen zu treffen. Eine Strafrechtsnorm in einer Rechtsverordnung, deren Ermächtigungsgrundlage den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht entspreche und somit aufgrund unzureichender Beschreibung des Inhalts der Ermächtigung zwingend auch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verletze, könne jedoch eine Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht rechtfertigen.

B.

27

Die Vorlage ist zulässig.

28

Die vorgelegte Frage, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG mit Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist, ist entscheidungserheblich. Das Landgericht hat in einer den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 GG und des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt, dass der Angeklagte - die Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG unterstellt - aufgrund seines wissentlichen und willentlichen zum Teil partiellen, zum Teil vollständigen Unterlassens der Etikettierung der festgestellten Rindfleischmengen gemäß §§ 1, 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettStrV und Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 schuldig zu sprechen ist, anderenfalls - bei Verfassungswidrigkeit der Vorschrift - aber aus Rechtsgründen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen werden muss. Diese Auffassung des vorlegenden Gerichts ist nicht offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 7, 171 <175>; 71, 255 <267>; 75, 329 <340>; 105, 61 <67>; 124, 251 <260>).

29

Das Landgericht hält § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für eine wegen Verstoßes gegen die an Strafbestimmungen zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen unzulässige Blankettstrafnorm und bringt in hinreichender Weise seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift zum Ausdruck.

C.

30

§ 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG genügt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen der Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht (II.) und verstößt zugleich gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (III.). Unionsrechtliche Vorgaben stehen der Überprüfung anhand nationaler verfassungsrechtlicher Maßstäbe vorliegend nicht entgegen (I.).

I.

31

Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht ist nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen oder eingeschränkt, weil die bezeichnete Norm in wesentlichen Teilen unionsrechtlich determiniert ist.

32

Die im Grundsatz umfassende Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht kann zwar eingeschränkt sein, wenn eine Vorschrift einen Bezug zum europäischen Gemeinschaftsrecht, heute zum Recht der Europäischen Union, aufweist. So sind innerstaatliche Rechtsvorschriften, die eine Richtlinie oder eine Verordnung der Europäischen Union in deutsches Recht umsetzen, grundsätzlich nicht am Maßstab des Grundgesetzes, sondern am Unionsrecht zu messen, soweit die Richtlinie oder die Verordnung den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95>; 121, 1 <15>; 122, 1 <20>; zur dabei fortbestehenden Identitätskontrolle zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 43 ff.). Demgegenüber sind Rechtsvorschriften des nationalen Gesetzgebers, die im Rahmen eines den Mitgliedstaaten verbliebenen Umsetzungsspielraums ergangen sind, der verfassungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (vgl. BVerfGE 122, 1 <20 f.>; 129, 78 <90 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 39).

33

Vorliegend hindert Unionsrecht die verfassungsrechtliche Prüfung der vorgelegten Vorschrift nicht, da der deutsche Gesetzgeber mit § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG von seinem Spielraum zur Umsetzung der an die Mitgliedstaaten gerichteten Vorgabe des Art. 21 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 sowie des diesen ablösenden, aber insofern gleich lautenden Art. 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000, alle erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Verordnung zu treffen, Gebrauch gemacht hat.

II.

34

1. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Als Gesetz im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sind nicht nur Gesetze im formellen Sinn zu verstehen, sondern auch Rechtsverordnungen, die im Rahmen von Ermächtigungen ergangen sind, die den Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügen (stRspr; vgl. BVerfGE 14, 174 <185>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 32, 346 <362>; 38, 348 <371>), sowie aufgrund einer entsprechenden landesgesetzlichen Ermächtigung ergangene Satzungen von Gemeinden (vgl. BVerfGE 32, 346 <362>).

35

Die Bedeutung des Art. 103 Abs. 2 GG erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält für die Gesetzgebung ein striktes Bestimmtheitsgebot sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (stRspr; vgl. BVerfGE 14, 174 <185>; 73, 206 <234>; 75, 329 <340>; 126, 170 <194>; 130, 1 <43>).

36

Durch diese Garantien soll zum einen sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>; 57, 250 <262>; 73, 206 <234 f.>; 75, 329 <341>; 78, 374 <382>; 92, 1 <12>; 126, 170 <194 f.>; 130, 1 <43>; stRspr). Der Gesetzgeber übernimmt mit der Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit zählt; es ist eine ihm vorbehaltene grundlegende Entscheidung, in welchem Umfang und in welchen Bereichen ein politisches Gemeinwesen gerade das Mittel des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle einsetzt (vgl. BVerfGE 123, 267 <408>; 126, 170 <194>).

37

Zum anderen hat Art. 103 Abs. 2 GG auch eine freiheitsgewährleistende Funktion (vgl. BVerfGE 75, 329 <341> m.w.N.; 126, 170 <194 f.>). Jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist.

38

2. a) In seiner Funktion als Bestimmtheitsgebot enthält Art. 103 Abs. 2 GG dementsprechend die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (stRspr seit BVerfGE 25, 269<285>). Die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze, dass der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (vgl. BVerfGE 101, 1 <34>; 108, 282 <312>) und Rechtsvorschriften so genau fassen muss, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (Grundsatz der Normenklarheit, vgl. BVerfGE 93, 213 <238>), gelten danach für den grundrechtssensiblen Bereich des materiellen Strafrechts besonders strikt. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG verlangt daher, den Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, dass der Normadressat im Regelfall bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen kann, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht (vgl. BVerfGE 126, 170 <195> m.w.N.).

39

Eine Strafe kann nach Art. 103 Abs. 2 GG nur auf der Grundlage eines förmlichen Gesetzes verhängt werden. Ist der Straftatbestand in einer Verordnung enthalten, müssen somit die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes, nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Verordnung erkennbar sein (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382>; stRspr). Der Gesetzgeber hat selbst die Voraussetzungen der Strafbarkeit zu bestimmen und darf diese Entscheidung nicht den Organen der vollziehenden Gewalt überlassen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>; 78, 374 <382>). Erlässt er eine Strafvorschrift, die Freiheitsstrafe androht, muss er - auch in Anbetracht von Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG - mit hinreichender Deutlichkeit selbst bestimmen, was strafbar sein soll, und Art und Maß der Freiheitsstrafe im förmlichen Gesetz festlegen (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>; 78, 374 <383>) und zwar umso präziser, je schwerer die angedrohte Strafe ist (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>; 75, 329 <342>).

40

b) Allerdings muss der Gesetzgeber auch im Strafrecht in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zur werden (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 47, 109 <120 f.>; 126, 170 <195>; 131, 268 <307>). Müsste er jeden Straftatbestand stets bis ins Letzte ausführen, anstatt sich auf die wesentlichen Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken, bestünde die Gefahr, dass die Gesetze zu starr und kasuistisch würden und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>).

41

Daher schließt das Bestimmtheitsgebot die Verwendung unbestimmter, konkretisierungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln nicht aus (vgl. BVerfGE 11, 234 <237>; 28, 175 <183>; 48, 48 <56>; 92, 1 <12>; 126, 170 <196>; 131, 268 <306 f.>). Gegen ihre Verwendung bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (BVerfGE 45, 363 <371 f.>; 86, 288 <311>; 131, 268 <307>). Dabei lässt sich der Grad der für eine Norm jeweils erforderlichen Bestimmtheit nicht abstrakt festlegen, sondern hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes einschließlich der Umstände ab, die zur gesetzlichen Regelung geführt haben (BVerfGE 28, 175 <183>; 86, 288 <311>; 126, 170 <196>; 131, 268 <307>; 134, 33 <81 f. Rn. 112>).

42

c) Der Gesetzgeber muss den Tatbestand nicht stets vollständig im förmlichen Gesetz umschreiben, sondern darf auf andere Vorschriften verweisen. Solche Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und wenn diese Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 5, 25 <31>; 22, 330 <346>; 26, 338 <365 f.>; 47, 285 <311>). Dabei kann der Gesetzgeber auch auf Vorschriften eines anderen Normgebers verweisen; denn eine solche Verweisung bedeutet rechtlich nur den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen (vgl. BVerfGE 47, 285 <311 f.> für bundesrechtliche Verweisungen auf Landesrecht). Das gilt auch für Verweisungen auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Union. Unionsrecht und nationales Recht der Mitgliedstaaten sind zwar zwei verschiedene Teilrechtsordnungen. Beide stehen jedoch nicht unverbunden nebeneinander, sondern greifen auf mannigfache Weise ineinander. Diese vielfältige Verschränkung von Unionsrecht und nationalem Recht verbietet es, Verweisungen auf Unionsrecht anders zu beurteilen als Verweisungen auf nationales Recht (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>).

43

Die mit einer Verweisung in aller Regel verbundene gesetzestechnische Vereinfachung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der verweisende Gesetzgeber sich den Inhalt von Rechtsvorschriften des anderen Normgebers in der Fassung zu eigen macht, wie sie bei Erlass seines Gesetzesbeschlusses galt (statische Verweisung; vgl. BVerfGE 26, 338 <366>; 47, 285 <312>; 60, 135 <155>; 67, 348 <362 f.>; 78, 32 <35 f.>). Verweist ein Gesetzgeber hingegen auf andere Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung (dynamische Verweisung), kann dies dazu führen, dass er den Inhalt seiner Vorschriften nicht mehr in eigener Verantwortung bestimmt und damit der Entscheidung Dritter überlässt. Damit sind dynamische Verweisungen zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit ziehen; grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können diesen Rahmen zusätzlich einengen (vgl. BVerfGE 47, 285 <312 ff.>; 78, 32 <36>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 - 1 BvL 8/10 -, juris, Rn. 75).

44

d) Bei einem Blankettstrafgesetz ersetzt der Gesetzgeber die Beschreibung des Straftatbestandes durch die Verweisung auf eine Ergänzung im selben Gesetz oder in anderen - auch künftigen - Gesetzen oder Rechtsverordnungen, die nicht notwendig von derselben rechtsetzenden Instanz erlassen werden müssen (vgl. BVerfGE 14, 245 <252>; 87, 399 <407>). Die Verwendung dieser Gesetzgebungstechnik ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern das Blankettstrafgesetz hinreichend klar erkennen lässt, worauf sich die Verweisung bezieht (vgl. BVerfGE 14, 245 <252 f.>; 48, 48 <55>; 51, 60 <74>; 75, 329 <342>). Dazu gehört, dass die Blankettstrafnorm die Regelungen, die zu ihrer Ausfüllung in Betracht kommen und die dann durch sie bewehrt werden, sowie deren möglichen Inhalt und Gegenstand genügend deutlich bezeichnet und abgrenzt (vgl. BVerfGE 23, 265 <269>).

45

Das gilt auch für Blankettstrafgesetze, die Zuwiderhandlungen gegen bestimmte Verbote oder Gebote eines unmittelbar anwendbaren Rechtsakts der Europäischen Union bewehren und zu diesem Zweck auf das Unionsrecht verweisen. Zum einen sind an Verweisungen auf das Unionsrecht keine strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen zu stellen als an solche auf das innerstaatliche Recht (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>). Zum anderen ist es dem nationalen Gesetzgeber im Grundsatz verwehrt, unmittelbar anwendbares Unionsrecht im nationalen Recht durch gleichlautende Vorschriften zu wiederholen, da die Normadressaten über den Unionscharakter einer Rechtsnorm nicht im Unklaren gelassen werden dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Oktober 1973, Variola, C-34/73, Slg. 1973, S. 981 <990>; Urteil vom 2. Februar 1977, Amsterdam Bulb, C-50/76, Slg. 1977, S. 137 <146 f.>; Urteil vom 28. März 1985, Kommission/Italienische Republik, C-272/83, Slg. 1985, S. 1057 <1074>).

46

Dem in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Bestimmtheitsgebot genügen Blankettstrafgesetze jedoch nur dann, wenn sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit schon aufgrund des Gesetzes voraussehen lassen, die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe also bereits entweder im Blankettstrafgesetz selbst oder in einem in Bezug genommenen Gesetz hinreichend deutlich um-schrieben sind (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 23, 265 <269>; 37, 201 <208 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382 f.>). Zudem müssen neben der Blankettstrafnorm auch die sie ausfüllenden Vorschriften die sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen erfüllen (vgl. BVerfGE 23, 265 <270>; 37, 201 <209>; 75, 329 <342, 344 ff.>; 87, 399 <407>).

47

Legt die Blankettstrafnorm nicht vollständig selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz fest, welches Verhalten durch sie bewehrt werden soll, sondern erfolgt dies erst durch eine nationale Rechtsverordnung, auf die verwiesen wird, müssen daher nach Art. 103 Abs. 2 GG und - soweit Freiheitsstrafe angedroht wird - in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes und nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Rechtsverordnung vorhersehbar sein (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 14, 245 <251>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382 f.>; stRspr). Um den Grundsatz der Gewaltenteilung zu wahren, darf dem Verordnungsgeber lediglich die Konkretisierung des Straftatbestandes eingeräumt werden, nicht aber die Entscheidung darüber, welches Verhalten als Straftat geahndet werden soll (vgl. bereits BVerfGE 14, 174 <187>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 23, 265 <269 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <383>). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass Blankettstrafgesetze auf das Unionsrecht verweisen (vgl. BVerfGK 17, 273 <293>).

48

3. Nach diesen Maßstäben wird § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG den Anforderungen an die nach Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG erforderliche Bestimmtheit nicht gerecht.

49

a) Nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG in der zum Tatzeitpunkt am 15. März 2010 geltenden Fassung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist. Gemäß § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG wird das Bundesministerium ermächtigt, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach Absatz 1 zu ahnden sind.

50

§ 10 Abs. 1 RiFlEtikettG ist damit eine Blankettstrafnorm, die die Strafandrohung nach Art und Maß der Strafe regelt, den Straftatbestand aber lediglich als Zuwiderhandlung gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG skizziert und dessen genaue Beschreibung letztlich durch die über § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG erfolgende Verweisung auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern und durch den Verweis auf die nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG ergangene Rechtsverordnung ersetzt.

51

b) § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG lässt jedoch auch in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht hinreichend klar erkennen, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollen. Denn § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG benennt durch die Verweisung auf die genannten europäischen Rechtsakte lediglich einen nicht weiter konkretisierten Bezugspunkt erst noch näher zu bestimmender Verhaltensgebote und -verbote. Anstatt selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz festzulegen, welches Verhalten mit Strafe bewehrt werden soll, überlässt § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG es dem Bundesministerium, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG zu ahnden sind. Da mithin der Verordnungsgeber darüber entscheidet, welches Verhalten strafbar sein soll, lassen sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit nicht schon aufgrund des Gesetzes, sondern erst aufgrund der auf Basis des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG ergangenen Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung voraussehen. Somit handelt es sich um eine unzulässige pauschale Blankoermächtigung zur Umsetzung des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 durch eine nationale Rechtsverordnung.

52

c) Da § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht hinreichend klar zu entnehmen ist, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollen, fehlt es bereits an einem gesetzlich geregelten, wenngleich konkretisierungsbedürftigen Straftatbestand. Damit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, inwieweit in die Prüfung der Frage, ob der Tatbestand einer Strafnorm im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG gesetzlich bestimmt ist, einzubeziehen ist, ob und in welchem Umfang die Normadressaten aufgrund besonderen Fachwissens imstande sind, den Regelungsinhalt unbestimmter Rechtsbegriffe und von Verweisungen zu verstehen und diesen konkrete Handlungsanforderungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48 <57>).

III.

53

§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG als Ermächtigungsgrundlage der Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung genügt darüber hinaus auch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG und den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

54

1. a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Danach soll sich das Parlament seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass der Bürger schon aus der gesetzlichen Ermächtigung erkennen und vorhersehen kann, was ihm gegenüber zulässig sein soll und welchen möglichen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>; 58, 257 <277>; 80, 1 <20>; 113, 167 <268 f.>).

55

b) Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm (stRspr; vgl. BVerfGE 8, 274 <307>; 80, 1 <20 f.>; 106, 1 <19>; 113, 167 <269>).

56

Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich somit nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. So muss die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, sind höhere Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. BVerfGE 58, 257 <277 f.>; 80, 1 <20 f.>; 113, 167 <269>). Ob hinsichtlich der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geringere Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm zu stellen sind als im Fall der Strafbewehrung, kann hier dahinstehen. Dafür spräche jedenfalls, dass die Beurteilung einer Handlung als ordnungswidrig nicht zugleich einen sozialethischen Vorwurf enthält, wie er das Wesen der Kriminalstrafe charakterisiert (vgl. BVerfGE 25, 269 <286>; 90, 145 <200 - abw. M.>; 95, 96 <140>; 96, 10 <25>; 96, 245 <249>; 109, 133 <167>; 109, 190 <217>; 120, 224 <240>; 123, 267 <408>; 133, 168 <198 Rn. 54>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 58).

57

Zum anderen hängen die Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Determinierung von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>). Dies kann es auch nahe legen, von einer detaillierten gesetzlichen Regelung abzusehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 101, 1 <35>). Ein Bedürfnis, staatliche Regelungen rasch und allgemeinverbindlich und damit gerade durch Rechtsverordnung zu erlassen, kann insbesondere auch aus der Pflicht zur Umsetzung, Durchführung und Ergänzung inter- oder supranationaler Vorgaben resultieren (vgl. dazu BVerfGE 19, 17 <28 ff.>).

58

c) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass zur näheren Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung auch Rechtsakte außerhalb der eigentlichen Verordnungsermächtigung, insbesondere auch Rechtsakte anderer Normgeber, herangezogen werden können (vgl. BVerfGE 19, 17 <31>). So kann der Gesetzgeber in einer Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auch auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Union verweisen.

59

Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers können sich aus den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an den Einsatz von Verweisungen ergeben. Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 47, 285 <311>). Auch dynamische Verweisungen sind nicht schlechthin ausgeschlossen, wenngleich ein besonders strenger Prüfungsmaßstab geboten ist. Bei fehlender Identität der Gesetzgeber bedeutet eine dynamische Verweisung mehr als eine bloße gesetzestechnische Vereinfachung; sie führt zur versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen und ist daher nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit setzen; grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können diesen Rahmen zusätzlich einengen (vgl. BVerfGE 47, 285 <312 ff.>; 78, 32 <36>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 - 1 BvL 8/10 -, juris, Rn. 75).

60

2. Diesen Anforderungen an eine hinreichende gesetzliche Bestimmtheit von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen wird § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG nicht gerecht.

61

a) Der Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG nicht erkennen lässt, welchem Bundesministerium die Verordnungsermächtigung gilt, da das zur Tatzeit geltende Rindfleischetikettierungsgesetz dazu keine nähere Festlegung enthielt. Nachdem § 2 Abs. 2 RiFlEtikettG in der Ursprungsfassung des Gesetzes vom 26. Februar 1998 (BGBl I S. 380) das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch den Klammerzusatz "(Bundesministerium)" als Ermächtigungsadressat bestimmt hatte, ist unter Zuhilfenahme der historischen Auslegung als anerkannter Auslegungsregel mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm davon auszugehen, dass das genannte Bundesministerium unabhängig von seiner jeweiligen Bezeichnung weiterhin Adressat der Verordnungsermächtigung war. Das wird inzwischen auch durch die neu eingefügte Vorschrift des § 3a Abs. 3 RiFlEtikettG in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2015 (BGBl I S. 1165) bestätigt.

62

§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erfüllt aber mangels hinreichender Bestimmtheit nicht die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Inhalt möglicher Regelungen durch Rechtsverordnung ist danach die Bezeichnung von Tatbeständen, die als Straftat nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG zu ahnden sind, während § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG zu Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nur festlegt, dass die Bezeichnung der Tatbestände der "Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft" dienen und - insofern als einzige Begrenzung - zu deren Durchsetzung "erforderlich" sein muss. Welchem konkreten Bestand an Normen in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft diese Tatbestände zu entnehmen sind, um jene Rechtsakte durchzusetzen, lässt § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG offen.

63

b) Auch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG erfüllt § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht. § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG regelt einzig Art und Ausmaß der Strafe, indem er eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe für eine Zuwiderhandlung gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG androht, soweit der nationale Verordnungsgeber unter Rückverweis auf diese Strafvorschrift die Verletzung eines bestimmten Tatbestands mit Strafe bewehrt hat.

64

§ 10 Abs. 1 RiFlEtikettG fehlt es damit an einer gesetzgeberischen Entscheidung zu Inhalt und Programm der über § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erteilten Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, so dass weder erkennbar noch vorhersehbar ist, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz der Verordnungsgeber von dieser Ermächtigung und unbegrenzt an ihn delegierten Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann. Bei § 10 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 RiFlEtikettG handelt es sich daher um eine unzulässige pauschale Blankoermächtigung zur Schaffung von Straftatbeständen bei Verstößen gegen gemeinschaftsrechtliche Regelungen zur Rindfleischetikettierung durch den Verordnungsgeber.

65

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch den gesetzesinternen Verweis des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG - mithin auf Rechtsakte über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern. Zwar ist es grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig, dass eine Vorschrift wie § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG über § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG für die Bestimmung von Zweck und Ausmaß und damit auch für die nähere Eingrenzung des Inhalts der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung auf bestimmte gemeinschafts-, heute unionsrechtliche Regelungen verweist.

66

Vorliegend stellt die Blankettnorm des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG dem Verordnungsgeber indes völlig frei, zu bestimmen, welche Verstöße gegen das in Bezug genommene Gemeinschaftsrecht als strafwürdig angesehen werden. Aus der pauschalen Umschreibung "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern" können die Normadressaten nicht mit der notwendigen Klarheit anhand des Gesetzes erkennen, welche Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts konkret sanktioniert werden sollen. Dies genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GG an eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung des Verordnungsgebers nicht.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Tenor

§ 10 Absatz 1 und 3 des Gesetzes zur Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die besondere Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen und über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern (Rindfleischetikettierungsgesetz) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (Bundesgesetzblatt I Seite 1510) ist mit Artikel 103 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 sowie mit Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 10 Abs. 1 und 3 des Rindfleischetikettierungsgesetzes (RiFlEtikettG) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510) wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3, in der das zuständige Bundesministerium die als Straftat nach Absatz 1 zu ahndenden Tatbestände bezeichnet, für einen bestimmten Tatbestand auf die Strafvorschrift des Absatzes 1 verweist.

3

2. Die vom vorlegenden Landgericht für verfassungswidrig gehaltene Vorschrift war zunächst als § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 RiFlEtikettG im Rindfleischetikettierungsgesetz vom 26. Februar 1998 (BGBl I S. 380) enthalten, mit dem die Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (ABl EG Nr. L 117 vom 7. Mai 1997, S. 1) in Deutschland umgesetzt worden war. Die für das Ausgangsverfahren relevante Fassung erhielt § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510), das der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl EG Nr. L 204 vom 11. August 2000, S. 1) diente.

4

3. Die allgemeinen Vorschriften des Systems zur obligatorischen Etikettierung von Rindfleisch, dessen Herkunft seit dem 1. Januar 2002 vollständig anzugeben ist, enthält Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000. Dieser lautet:

(1) Marktteilnehmer und Organisationen, die Rindfleisch in der Gemeinschaft vermarkten, müssen dies gemäß den Vorschriften dieses Artikels etikettieren.

Mit dem obligatorischen Etikettierungssystem wird gewährleistet, dass zwischen der Kennzeichnung des Schlachtkörpers, der Schlachtkörperviertel oder der Fleischstücke einerseits und dem Einzeltier bzw. - wenn dies zur Kontrolle der Richtigkeit der Angaben auf dem Etikett ausreicht - der betreffenden Gruppe von Tieren andererseits eine Verbindung besteht.

(2) Auf dem Etikett sind folgende Angaben zu machen:

a) eine Referenznummer oder ein Referenzcode, mit dem die Verbindung zwischen dem Fleisch und dem Tier bzw. den Tieren gewährleistet wird. Diese Nummer kann die Kennnummer des Tieres, von dem das Fleisch stammt, oder die Kennnummer einer Gruppe von Tieren sein;

b) die Zulassungsnummer des Schlachthofs, in dem das Tier oder die Tiergruppe geschlachtet wurde, und der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem der Schlachthof liegt. Die Angabe muss lauten: "Geschlachtet in: (Name des Mitgliedstaats oder des Drittlands) (Zulassungsnummer)";

c) die Zulassungsnummer des Zerlegungsbetriebs, in dem der Schlachtkörper oder die Gruppe von Schlachtkörpern zerlegt wurden, und der Mitgliedstaat oder das Drittland, in dem der Zerlegungsbetrieb liegt. Die Angabe muss lauten: "Zerlegt in: (Name des Mitgliedstaats oder des Drittlands) (Zulassungsnummer)".

(3) Mitgliedstaaten, in denen über das Kennzeichnungs- und Registrierungssystem für Rinder gemäß Titel I ausreichende Angaben vorliegen, können jedoch bis zum 31. Dezember 2001 für Fleisch von Rindern, die in ihrem Hoheitsgebiet geboren, gemästet und geschlachtet wurden, vorschreiben, dass auf dem Etikett zusätzliche Angaben gemacht werden müssen.

(4) Ein obligatorisches System im Sinne des Absatzes 3 darf nicht zu Störungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen.

Die Durchführungsbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten gelten, die Absatz 3 anwenden wollen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Kommission.

(5) a) Ab 1. Januar 2002 sind von den Marktteilnehmern und Organisationen zusätzlich folgende Angaben auf den Etiketten zu machen:

i) Mitgliedstaat oder Drittland, in dem das Tier geboren wurde,

ii) Mitgliedstaaten oder Drittländer, in denen die Mast durchgeführt wurde,

iii) Mitgliedstaat oder Drittland, in dem die Schlachtung erfolgt ist,

b) Erfolgten Geburt, Aufzucht und Schlachtung der Tiere, von denen das Fleisch stammt,

i) in ein und demselben Mitgliedstaat, so kann die Angabe wie folgt lauten: "Herkunft: (Name des Mitgliedstaats)";

ii) in ein und demselben Drittland, so kann die Angabe wie folgt lauten: "Herkunft: (Name des Drittlandes)".

5

4. Da Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 ebenso wie die insofern gleichlautende Folgevorschrift des Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 vorsah, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Verordnung treffen und etwaige Sanktionen, die die Mitgliedstaaten verhängen, in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen müssen, wurde die Blankettstrafvorschrift des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG geschaffen (BTDrucks 13/8052, S. 7).

6

5. § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG bezog sich in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Februar 1998 ausdrücklich auf die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie die besondere Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen betraf, sowie auf die "zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft". Diese Bezugnahme wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1510) durch die Formulierung "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen" ersetzt. Letztere wurde durch das Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes und des Düngegesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2539) auf "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern" erweitert.

7

6. Durch § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG wurde das zuständige Bundesministerium (vgl. nunmehr § 3a Abs. 3 RiFlEtikettG) ermächtigt, durch Rechtsverordnung die als Straftat zu ahndenden Tatbestände zu bezeichnen. Diese Bezeichnung erfolgte durch Erlass der Verordnung zur Durchsetzung des Rindfleischetikettierungsrechts (Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung - RiFlEtikettStrV) vom 5. März 2001 (BGBl I S. 339), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung vom 22. Juli 2015 (BGBl I S. 1407).

8

7. Die vom vorlegenden Landgericht als verfassungswidrig erachtete Vorschrift des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG und der ihren Anwendungsbereich regelnde § 1 RiFlEtikettG lauteten zum für das Ausgangsverfahren relevanten Tatzeitpunkt am 15. März 2010:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz dient der Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern.

(2) Unberührt von den Vorschriften dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen bleiben die Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, des Handelsklassenrechts, des Lebensmittelspezialitätenrechts und des Markenrechts.

§ 10 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach Absatz 1 zu ahnden sind.

9

8. § 1 RiFlEtikettStrV lautete am 15. März 2010:

§ 1 Durchsetzung der Angaben bei der obligatorischen Etikettierung von Rindfleisch

(1) Nach § 10 Abs. 1 des Rindfleischetikettierungsgesetzes wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl. EG Nr. L 204 S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 1), verstößt, indem er

1. entgegen Artikel 13 Abs. 1 Unterabs. 1 in Verbindung mit

a) Abs. 2 Buchstabe a Satz 1, Buchstabe b oder c, Artikel 14 Satz 1 oder

b) Abs. 5 Buchstabe a, dieser in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1825/2000 der Kommission vom 25. August 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (ABl. EG Nr. L 216 S. 8), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 275/2007 der Kommission vom 15. März 2007 (ABl. EU Nr. L 76 S. 12),

jeweils auch in Verbindung mit Artikel 5a Abs. 1, Artikel 5b oder 5c Abs. 1 oder 2 Unterabs. 1 oder 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1825/2000 Rindfleisch nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig etikettiert,

2. entgegen Artikel 13 Abs. 1 Unterabs. 1 in Verbindung mit

a) Abs. 2 Buchstabe a Satz 1, Artikel 14 Satz 1 oder

b) Abs. 5 Buchstabe a Nr. iii, dieser in Verbindung mit Artikel 14 Satz 2,

Rinderhackfleisch nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig etikettiert,

3. entgegen Artikel 15 in die Gemeinschaft eingeführtes Rindfleisch nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig etikettiert.

(2) Wer eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht, handelt nach § 11 Abs. 1 des Rindfleischetikettierungsgesetzes ordnungswidrig.

II.

10

1. Mit Urteil vom 31. Mai 2012 sprach das Amtsgericht Tiergarten den geständigen Angeklagten des Ausgangsverfahrens des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Rindfleischetikettierungsgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 100 Euro. Der Angeklagte hatte es als Betriebsinhaber einer Dönerproduktion GmbH in B…, die eine Zulassung als Zerlege- und Handelsbetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen ("Hackfleisch-Drehspieße nach Döner-Art" und Geflügelfleisch-Drehspieße) als Tiefkühl- und Frischwaren aus Geflügel-, Rind- und Lammfleisch (exklusive die Herstellung von Ciclik) besaß, welche aber nicht die Zerlegung von und den Handel mit rohem Rindfleisch umfasste, am 15. März 2010 unterlassen, im Warenausgangskühlraum lagernde 60 kg frischen Rindfleischs zu etikettieren und weitere, in kleineren Gebinden abgepackte 106 kg frischen Rindfleischs richtig zu etikettieren. Auf den Etiketten des abgepackten frischen Rindfleischs fehlten die Referenznummer oder der Referenzcode und zum Teil die Zulassungsnummern des Schlacht- und des Zerlegungsbetriebs. Letztere waren auch an Hand der Buchführungsbelege und der im Betrieb erforderlichen Dokumentation nicht nachvollziehbar. Zudem handelte es sich bei dem Fleisch beider Mengen um reines, nicht behandeltes, insbesondere nicht gewürztes Rindfleisch und damit auch nicht um von der Zulassung der Gesellschaft umfasste Rindfleischerzeugnisse.

11

2. Das Landgericht Berlin hat gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Berufungshauptverhandlung ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG mit Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist. Seine Entscheidung hänge davon ab, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG verfassungsgemäß sei oder nicht. Wäre § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, müsste der Angeklagte aufgrund seines wissentlichen und willentlichen zum Teil partiellen, zum Teil vollständigen Unterlassens der Etikettierung der festgestellten Rindfleischmengen gemäß §§ 1, 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettStrV und Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 schuldig gesprochen werden. Im Falle der Verfassungswidrigkeit wäre der Angeklagte hingegen aus Rechtsgründen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen.

12

Das vorlegende Gericht ist von der Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG überzeugt. Seine Auffassung stützt es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

13

a) Bei § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG handele es sich um ein Blankettstrafgesetz, das gegen Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße, weil es das strafbare Verhalten nicht nachvollziehbar umschreibe und auch keine durch Auslegung ermittelbare Maxime erkennen lasse, anhand derer die Adressaten der Norm ihr Verhalten ausrichten könnten.

14

Der Gesetzgeber habe sich zur Beschreibung des unter Strafe gestellten Gesetzesverstoßes einer doppelten Verweisung bedient. Zum einen verweise er in § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG auf "Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern", zum anderen auf die Bestimmungen der nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG durch das zuständige Bundesministerium zu erlassenden Rechtsverordnung. Zwar sei Blankettstrafgesetzgebung, insbesondere bei Bezugnahme auf Inhalte von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, im Grundsatz zulässig, doch lasse die dynamische Verweisung auf das in § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nur formelhaft umschriebene Gemeinschaftsrecht nicht erkennen, welche Rechtsakte konkret davon erfasst sein sollten und was diese regelten. Auch der Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 könne zur Ermittlung des Normbefehls des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht herangezogen werden, da der Gesetzgeber durch die Übertragung der Auswahl der als strafwürdig anzusehenden Tatbestände auf den nationalen Verordnungsgeber in § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG deutlich gemacht habe, dass nicht unterschiedslos der komplette Regelungsgehalt jeglicher Verordnung in diesem Rechtsgebiet erfasst sein solle. Auf Fachwissen der dem Regelungsbereich unterworfenen Fachkreise könne nicht abgestellt werden, weil es nicht um die Interpretation normativer gewerbespezifischer Begriffe gehe, sondern um die dieser Interpretation vorgelagerte Bestimmung, welche Normen überhaupt gelten sollten.

15

b) Die Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG verstoße gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

Der Gesetzgeber habe sich in unzulässiger Weise seiner Rechtsetzungskompetenz und -pflicht aus Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG begeben, Raum für exekutive Strafrechtssetzung geschaffen und dadurch den Gewaltenteilungsgrundsatz verletzt. Statt die Voraussetzungen der Strafbarkeit in einem förmlichen Gesetz hinreichend deutlich zu umschreiben und lediglich deren nähere Beschreibung über eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmte Verordnungsermächtigung der Exekutive zu überlassen, habe der Gesetzgeber sich durch die auf der ersten Verweisungsebene des § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG erfolgte Bezugnahme auf die auf der Gemeinschaftsebene erlassenen Rechtsakte über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen auf einen hinsichtlich des Strafrechts nicht hinreichend demokratisch legitimierten Rechtsetzungsakt bezogen und auf der zweiten Verweisungsebene über § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG dem nationalen Verordnungsgeber als ebenfalls demokratisch nicht unmittelbar legitimiertem Akteur Strafrechtssetzungskompetenz zugesprochen. Der Gesetzgeber habe nicht über das "Ob" der Strafbarkeit entschieden, sondern es ohne jede Beschränkung dem nationalen Verordnungsgeber übertragen, unter Verwendung einer Rückverweisungsklausel gemeinschaftsrechtliche Normen zu benennen, deren Verletzung strafbewehrt sein solle. Damit könne dieser aufgrund der dynamischen Verweisung auf das Gemeinschaftsrecht zeitlich unbeschränkt und ohne Einbindung des Gesetzgebers strafrechtsetzend tätig werden.

III.

17

Zu der Vorlage hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft namens der Bundesregierung Stellung genommen. Der Bundestag, der Bundesrat und die Länderregierungen haben von einer Stellungnahme abgesehen.

18

Die Bundesregierung hält die vorgelegte Vorschrift für verfassungskonform. Soweit das vorlegende Gericht den Straftatbestand für nicht hinreichend bestimmt halte, weil der Verweis auf das Gemeinschaftsrecht dynamisch sei, verkenne es, dass die insoweit maßgebliche nationale Verordnungsregelung statisch auf EU-Verordnungen Bezug nehme. Das Gericht verkenne zudem, dass dem Verordnungsgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Spezifizierungsbefugnis eingeräumt werden könne, wovon § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in zulässiger Weise Gebrauch mache. Dem Verordnungsgeber werde durch den begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes und die Maßgabe, die Sanktionierung müsse zur Durchsetzung der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich sein, nur ein geringer Entscheidungsspielraum eingeräumt, zumal die Strafandrohung im unteren Bereich zu verorten sei, so dass keine erhöhten Bestimmtheitsanforderungen bestünden. Auch dürfe für die Prüfung der Bestimmtheit einer Strafnorm auf das Fachwissen der betroffenen Kreise abgestellt werden, für die es auf der Hand liege, dass es sich bei dem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen um die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 handele. Hinzu komme, dass dem Normadressaten durch die im Nebenstrafrecht verbreitete Verwendung einer so genannten Rückverweisungsklausel das Auffinden der strafbewehrten Tatbestände deutlich erleichtert werde. Der weitere Einwand, dass dem Verordnungsgeber durch solche Rückverweisungsklauseln die Entscheidung über das "Ob" der Strafbarkeit übertragen werde, gehe fehl, da der Gesetzgeber durch die Ermächtigungsklausel zu erkennen gebe, dass das Gemeinschaftsrecht aus seiner Sicht eine strafrechtliche Bewehrung gebiete, und auch der Verordnungsgeber an europäisches Recht gebunden und ihm folglich keine Wahlfreiheit über die Strafbewehrung eingeräumt sei.

IV.

19

Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, dass die Strafsenate mit den streitigen Rechtsvorschriften noch nicht befasst gewesen sind und von einer weitergehenden Stellungnahme abgesehen haben. Der Generalbundesanwalt, der Deutsche Richterbund, die Neue Richtervereinigung, der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer haben sich wie folgt geäußert:

20

1. Der Generalbundesanwalt hält die Vorschrift des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für verfassungsgemäß.

21

Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit des Strafgesetzes seien noch gewahrt. Es sei unschädlich, dass § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG keine explizite Verweisung auf einen bestimmten Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union enthalte, da eine hinreichende Eingrenzung durch den erforderlichen Bezug zum Regelungsgegenstand der Verweisungsnormen gegeben und für den Normadressaten bei verständiger Würdigung und unter zulässiger Heranziehung des gesteigerten Wissens der betroffenen Fachkreise der Bereich der Strafbarkeit noch hinreichend erkennbar und vorhersehbar sei. Zudem enthielten die primär in Bezug genommenen Gebote des Art. 13 Abs. 1 und Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 jeweils klare und präzise Vorgaben zu Art und Umfang der Etikettierungspflichten, die dem Normadressaten kaum Interpretationsspielräume über den Umfang seiner Pflichten ließen.

22

Ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht erkennbar. Verweisungen auf Unionsrecht seien nicht anders zu beurteilen als solche auf nationales Recht, da die Kompetenz des nationalen parlamentarischen Gesetzgebers weitgehend unangetastet bleibe, wenn er selbst die Reichweite der Strafandrohung festlege und dem Unionsgesetzgeber lediglich die Konkretisierung des tatbestandlichen Verbotes überlasse. Eine unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips unzulässige pauschale Blankoermächtigung liege nicht vor. Auch die Gestaltungsmacht des nationalen Verordnungsgebers sei in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise hinreichend begrenzt, zum einen aufgrund der in § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG statuierten Bedingung der Erforderlichkeit, zum anderen deshalb, weil der dem europarechtlichen Loyalitätsgebot des Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtete Gesetzgeber durch die Rückverweisungsklausel nur die tatsächliche Ausgestaltung seiner Grundsatzentscheidung, eine Strafbewehrung vorzusehen, von dem hinzutretenden Rechtsakt des Verordnungsgebers abhängig gemacht habe.

23

2. Der Deutsche Richterbund sieht das Bestimmtheitsgebot für Strafnormen durch § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht verletzt, äußert aber zu § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG Bedenken, ob es noch verfassungsgemäß sei, dem Verordnungsgeber die Entscheidung zu überlassen, welche Tatbestände des europäischen Rechts im nationalen Recht strafbar sein sollten.

24

3. Nach Auffassung der Neuen Richtervereinigung verstößt § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG durch die doppelte Verweisung auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft und auf eine zu erlassende nationale Rechtsverordnung gegen die Gewährleistungsinhalte der Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Bestimmtheitsgebot sei verletzt, weil das mit Strafe bedrohte Verhalten durch § 10 RiFlEtikettG aufgrund der Globalverweisung auf das gesamte unmittelbar geltende Gemeinschaftsrecht nicht hinreichend präzise gesetzlich bestimmt werde. Zudem sei das Delegationsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Da die durch § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erlaubte Rückverweisung nicht nur deklaratorisch sei, ergebe sich die eigentliche Strafbarkeit vorliegend erst aus der Rechtsverordnung, so dass letztlich die Exekutive über die Strafbarkeit entscheide.

25

4. Der Deutsche Anwaltverein hält § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für verfassungswidrig, weil die Voraussetzungen der Strafbarkeit angesichts des zugunsten des Verordnungsgebers eröffneten Spielraums nicht aus der gesetzlichen Ermächtigung, sondern erst aus der auf sie gestützten Verordnung voraussehbar seien. Es könne nicht von einer bloßen Spezifizierung des Tatbestandes gesprochen werden, wenn das Gesetz wie vorliegend einen Tatbestand nicht oder nur in höchst abstraktem Sinn definiere und Kern dieses ohnehin nur rudimentär beschriebenen Tatbestandes eine dynamische Verweisung auf das Unionsrecht sei. Denn dadurch komme es zu einer aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht hinnehmbaren versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen. Zudem ahnde § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG bloßen Verwaltungsungehorsam gegebenenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, so dass strenge Anforderungen an die erforderliche Bestimmtheit zu stellen seien, die vorliegend aber nicht erfüllt seien.

26

5. Auch nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer ist § 10 RiFlEtikettG verfassungswidrig. Die Blankettverweisung in § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG lasse nicht hinreichend klar erkennen, auf welche Normen verwiesen werde, da die Vorschrift weder eine Bezugsnorm bezeichne, noch das zu schützende Rechtsgut und das Regelungsziel konkret beschreibe, während die Verweisung in § 1 RiFlEtikettG lediglich auf das Regelungsinstrument der Kennzeichnung abstelle. Somit fehle es an der von Art. 103 Abs. 2 GG geforderten gesetzlichen Regelung der Voraussetzungen der Strafbarkeit, zumal der Gesetzgeber durch die Ermächtigung des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG dem Verordnungsgeber die Entscheidung überlassen habe, Strafbarkeitsanordnungen zu treffen. Eine Strafrechtsnorm in einer Rechtsverordnung, deren Ermächtigungsgrundlage den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht entspreche und somit aufgrund unzureichender Beschreibung des Inhalts der Ermächtigung zwingend auch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verletze, könne jedoch eine Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht rechtfertigen.

B.

27

Die Vorlage ist zulässig.

28

Die vorgelegte Frage, ob § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG mit Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist, ist entscheidungserheblich. Das Landgericht hat in einer den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 GG und des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt, dass der Angeklagte - die Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG unterstellt - aufgrund seines wissentlichen und willentlichen zum Teil partiellen, zum Teil vollständigen Unterlassens der Etikettierung der festgestellten Rindfleischmengen gemäß §§ 1, 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettStrV und Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 schuldig zu sprechen ist, anderenfalls - bei Verfassungswidrigkeit der Vorschrift - aber aus Rechtsgründen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen werden muss. Diese Auffassung des vorlegenden Gerichts ist nicht offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 7, 171 <175>; 71, 255 <267>; 75, 329 <340>; 105, 61 <67>; 124, 251 <260>).

29

Das Landgericht hält § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG für eine wegen Verstoßes gegen die an Strafbestimmungen zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen unzulässige Blankettstrafnorm und bringt in hinreichender Weise seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift zum Ausdruck.

C.

30

§ 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG genügt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen der Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht (II.) und verstößt zugleich gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (III.). Unionsrechtliche Vorgaben stehen der Überprüfung anhand nationaler verfassungsrechtlicher Maßstäbe vorliegend nicht entgegen (I.).

I.

31

Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht ist nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen oder eingeschränkt, weil die bezeichnete Norm in wesentlichen Teilen unionsrechtlich determiniert ist.

32

Die im Grundsatz umfassende Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht kann zwar eingeschränkt sein, wenn eine Vorschrift einen Bezug zum europäischen Gemeinschaftsrecht, heute zum Recht der Europäischen Union, aufweist. So sind innerstaatliche Rechtsvorschriften, die eine Richtlinie oder eine Verordnung der Europäischen Union in deutsches Recht umsetzen, grundsätzlich nicht am Maßstab des Grundgesetzes, sondern am Unionsrecht zu messen, soweit die Richtlinie oder die Verordnung den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95>; 121, 1 <15>; 122, 1 <20>; zur dabei fortbestehenden Identitätskontrolle zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 43 ff.). Demgegenüber sind Rechtsvorschriften des nationalen Gesetzgebers, die im Rahmen eines den Mitgliedstaaten verbliebenen Umsetzungsspielraums ergangen sind, der verfassungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (vgl. BVerfGE 122, 1 <20 f.>; 129, 78 <90 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 39).

33

Vorliegend hindert Unionsrecht die verfassungsrechtliche Prüfung der vorgelegten Vorschrift nicht, da der deutsche Gesetzgeber mit § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG von seinem Spielraum zur Umsetzung der an die Mitgliedstaaten gerichteten Vorgabe des Art. 21 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 sowie des diesen ablösenden, aber insofern gleich lautenden Art. 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000, alle erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Verordnung zu treffen, Gebrauch gemacht hat.

II.

34

1. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Als Gesetz im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sind nicht nur Gesetze im formellen Sinn zu verstehen, sondern auch Rechtsverordnungen, die im Rahmen von Ermächtigungen ergangen sind, die den Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügen (stRspr; vgl. BVerfGE 14, 174 <185>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 32, 346 <362>; 38, 348 <371>), sowie aufgrund einer entsprechenden landesgesetzlichen Ermächtigung ergangene Satzungen von Gemeinden (vgl. BVerfGE 32, 346 <362>).

35

Die Bedeutung des Art. 103 Abs. 2 GG erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält für die Gesetzgebung ein striktes Bestimmtheitsgebot sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (stRspr; vgl. BVerfGE 14, 174 <185>; 73, 206 <234>; 75, 329 <340>; 126, 170 <194>; 130, 1 <43>).

36

Durch diese Garantien soll zum einen sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>; 57, 250 <262>; 73, 206 <234 f.>; 75, 329 <341>; 78, 374 <382>; 92, 1 <12>; 126, 170 <194 f.>; 130, 1 <43>; stRspr). Der Gesetzgeber übernimmt mit der Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit zählt; es ist eine ihm vorbehaltene grundlegende Entscheidung, in welchem Umfang und in welchen Bereichen ein politisches Gemeinwesen gerade das Mittel des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle einsetzt (vgl. BVerfGE 123, 267 <408>; 126, 170 <194>).

37

Zum anderen hat Art. 103 Abs. 2 GG auch eine freiheitsgewährleistende Funktion (vgl. BVerfGE 75, 329 <341> m.w.N.; 126, 170 <194 f.>). Jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist.

38

2. a) In seiner Funktion als Bestimmtheitsgebot enthält Art. 103 Abs. 2 GG dementsprechend die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (stRspr seit BVerfGE 25, 269<285>). Die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze, dass der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (vgl. BVerfGE 101, 1 <34>; 108, 282 <312>) und Rechtsvorschriften so genau fassen muss, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (Grundsatz der Normenklarheit, vgl. BVerfGE 93, 213 <238>), gelten danach für den grundrechtssensiblen Bereich des materiellen Strafrechts besonders strikt. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG verlangt daher, den Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, dass der Normadressat im Regelfall bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen kann, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht (vgl. BVerfGE 126, 170 <195> m.w.N.).

39

Eine Strafe kann nach Art. 103 Abs. 2 GG nur auf der Grundlage eines förmlichen Gesetzes verhängt werden. Ist der Straftatbestand in einer Verordnung enthalten, müssen somit die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes, nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Verordnung erkennbar sein (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382>; stRspr). Der Gesetzgeber hat selbst die Voraussetzungen der Strafbarkeit zu bestimmen und darf diese Entscheidung nicht den Organen der vollziehenden Gewalt überlassen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>; 78, 374 <382>). Erlässt er eine Strafvorschrift, die Freiheitsstrafe androht, muss er - auch in Anbetracht von Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG - mit hinreichender Deutlichkeit selbst bestimmen, was strafbar sein soll, und Art und Maß der Freiheitsstrafe im förmlichen Gesetz festlegen (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>; 78, 374 <383>) und zwar umso präziser, je schwerer die angedrohte Strafe ist (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>; 75, 329 <342>).

40

b) Allerdings muss der Gesetzgeber auch im Strafrecht in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zur werden (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 47, 109 <120 f.>; 126, 170 <195>; 131, 268 <307>). Müsste er jeden Straftatbestand stets bis ins Letzte ausführen, anstatt sich auf die wesentlichen Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken, bestünde die Gefahr, dass die Gesetze zu starr und kasuistisch würden und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten (vgl. BVerfGE 14, 245 <251>).

41

Daher schließt das Bestimmtheitsgebot die Verwendung unbestimmter, konkretisierungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln nicht aus (vgl. BVerfGE 11, 234 <237>; 28, 175 <183>; 48, 48 <56>; 92, 1 <12>; 126, 170 <196>; 131, 268 <306 f.>). Gegen ihre Verwendung bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (BVerfGE 45, 363 <371 f.>; 86, 288 <311>; 131, 268 <307>). Dabei lässt sich der Grad der für eine Norm jeweils erforderlichen Bestimmtheit nicht abstrakt festlegen, sondern hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes einschließlich der Umstände ab, die zur gesetzlichen Regelung geführt haben (BVerfGE 28, 175 <183>; 86, 288 <311>; 126, 170 <196>; 131, 268 <307>; 134, 33 <81 f. Rn. 112>).

42

c) Der Gesetzgeber muss den Tatbestand nicht stets vollständig im förmlichen Gesetz umschreiben, sondern darf auf andere Vorschriften verweisen. Solche Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und wenn diese Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 5, 25 <31>; 22, 330 <346>; 26, 338 <365 f.>; 47, 285 <311>). Dabei kann der Gesetzgeber auch auf Vorschriften eines anderen Normgebers verweisen; denn eine solche Verweisung bedeutet rechtlich nur den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen (vgl. BVerfGE 47, 285 <311 f.> für bundesrechtliche Verweisungen auf Landesrecht). Das gilt auch für Verweisungen auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Union. Unionsrecht und nationales Recht der Mitgliedstaaten sind zwar zwei verschiedene Teilrechtsordnungen. Beide stehen jedoch nicht unverbunden nebeneinander, sondern greifen auf mannigfache Weise ineinander. Diese vielfältige Verschränkung von Unionsrecht und nationalem Recht verbietet es, Verweisungen auf Unionsrecht anders zu beurteilen als Verweisungen auf nationales Recht (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>).

43

Die mit einer Verweisung in aller Regel verbundene gesetzestechnische Vereinfachung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der verweisende Gesetzgeber sich den Inhalt von Rechtsvorschriften des anderen Normgebers in der Fassung zu eigen macht, wie sie bei Erlass seines Gesetzesbeschlusses galt (statische Verweisung; vgl. BVerfGE 26, 338 <366>; 47, 285 <312>; 60, 135 <155>; 67, 348 <362 f.>; 78, 32 <35 f.>). Verweist ein Gesetzgeber hingegen auf andere Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung (dynamische Verweisung), kann dies dazu führen, dass er den Inhalt seiner Vorschriften nicht mehr in eigener Verantwortung bestimmt und damit der Entscheidung Dritter überlässt. Damit sind dynamische Verweisungen zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit ziehen; grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können diesen Rahmen zusätzlich einengen (vgl. BVerfGE 47, 285 <312 ff.>; 78, 32 <36>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 - 1 BvL 8/10 -, juris, Rn. 75).

44

d) Bei einem Blankettstrafgesetz ersetzt der Gesetzgeber die Beschreibung des Straftatbestandes durch die Verweisung auf eine Ergänzung im selben Gesetz oder in anderen - auch künftigen - Gesetzen oder Rechtsverordnungen, die nicht notwendig von derselben rechtsetzenden Instanz erlassen werden müssen (vgl. BVerfGE 14, 245 <252>; 87, 399 <407>). Die Verwendung dieser Gesetzgebungstechnik ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern das Blankettstrafgesetz hinreichend klar erkennen lässt, worauf sich die Verweisung bezieht (vgl. BVerfGE 14, 245 <252 f.>; 48, 48 <55>; 51, 60 <74>; 75, 329 <342>). Dazu gehört, dass die Blankettstrafnorm die Regelungen, die zu ihrer Ausfüllung in Betracht kommen und die dann durch sie bewehrt werden, sowie deren möglichen Inhalt und Gegenstand genügend deutlich bezeichnet und abgrenzt (vgl. BVerfGE 23, 265 <269>).

45

Das gilt auch für Blankettstrafgesetze, die Zuwiderhandlungen gegen bestimmte Verbote oder Gebote eines unmittelbar anwendbaren Rechtsakts der Europäischen Union bewehren und zu diesem Zweck auf das Unionsrecht verweisen. Zum einen sind an Verweisungen auf das Unionsrecht keine strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen zu stellen als an solche auf das innerstaatliche Recht (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>). Zum anderen ist es dem nationalen Gesetzgeber im Grundsatz verwehrt, unmittelbar anwendbares Unionsrecht im nationalen Recht durch gleichlautende Vorschriften zu wiederholen, da die Normadressaten über den Unionscharakter einer Rechtsnorm nicht im Unklaren gelassen werden dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Oktober 1973, Variola, C-34/73, Slg. 1973, S. 981 <990>; Urteil vom 2. Februar 1977, Amsterdam Bulb, C-50/76, Slg. 1977, S. 137 <146 f.>; Urteil vom 28. März 1985, Kommission/Italienische Republik, C-272/83, Slg. 1985, S. 1057 <1074>).

46

Dem in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Bestimmtheitsgebot genügen Blankettstrafgesetze jedoch nur dann, wenn sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit schon aufgrund des Gesetzes voraussehen lassen, die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe also bereits entweder im Blankettstrafgesetz selbst oder in einem in Bezug genommenen Gesetz hinreichend deutlich um-schrieben sind (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 23, 265 <269>; 37, 201 <208 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382 f.>). Zudem müssen neben der Blankettstrafnorm auch die sie ausfüllenden Vorschriften die sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen erfüllen (vgl. BVerfGE 23, 265 <270>; 37, 201 <209>; 75, 329 <342, 344 ff.>; 87, 399 <407>).

47

Legt die Blankettstrafnorm nicht vollständig selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz fest, welches Verhalten durch sie bewehrt werden soll, sondern erfolgt dies erst durch eine nationale Rechtsverordnung, auf die verwiesen wird, müssen daher nach Art. 103 Abs. 2 GG und - soweit Freiheitsstrafe angedroht wird - in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes und nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Rechtsverordnung vorhersehbar sein (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 14, 245 <251>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382 f.>; stRspr). Um den Grundsatz der Gewaltenteilung zu wahren, darf dem Verordnungsgeber lediglich die Konkretisierung des Straftatbestandes eingeräumt werden, nicht aber die Entscheidung darüber, welches Verhalten als Straftat geahndet werden soll (vgl. bereits BVerfGE 14, 174 <187>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 23, 265 <269 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <383>). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass Blankettstrafgesetze auf das Unionsrecht verweisen (vgl. BVerfGK 17, 273 <293>).

48

3. Nach diesen Maßstäben wird § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG den Anforderungen an die nach Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG erforderliche Bestimmtheit nicht gerecht.

49

a) Nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG in der zum Tatzeitpunkt am 15. März 2010 geltenden Fassung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist. Gemäß § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG wird das Bundesministerium ermächtigt, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach Absatz 1 zu ahnden sind.

50

§ 10 Abs. 1 RiFlEtikettG ist damit eine Blankettstrafnorm, die die Strafandrohung nach Art und Maß der Strafe regelt, den Straftatbestand aber lediglich als Zuwiderhandlung gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG skizziert und dessen genaue Beschreibung letztlich durch die über § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG erfolgende Verweisung auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern und durch den Verweis auf die nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG ergangene Rechtsverordnung ersetzt.

51

b) § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG lässt jedoch auch in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht hinreichend klar erkennen, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollen. Denn § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG benennt durch die Verweisung auf die genannten europäischen Rechtsakte lediglich einen nicht weiter konkretisierten Bezugspunkt erst noch näher zu bestimmender Verhaltensgebote und -verbote. Anstatt selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz festzulegen, welches Verhalten mit Strafe bewehrt werden soll, überlässt § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG es dem Bundesministerium, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung nach § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG zu ahnden sind. Da mithin der Verordnungsgeber darüber entscheidet, welches Verhalten strafbar sein soll, lassen sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit nicht schon aufgrund des Gesetzes, sondern erst aufgrund der auf Basis des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG ergangenen Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung voraussehen. Somit handelt es sich um eine unzulässige pauschale Blankoermächtigung zur Umsetzung des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 durch eine nationale Rechtsverordnung.

52

c) Da § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG nicht hinreichend klar zu entnehmen ist, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollen, fehlt es bereits an einem gesetzlich geregelten, wenngleich konkretisierungsbedürftigen Straftatbestand. Damit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, inwieweit in die Prüfung der Frage, ob der Tatbestand einer Strafnorm im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG gesetzlich bestimmt ist, einzubeziehen ist, ob und in welchem Umfang die Normadressaten aufgrund besonderen Fachwissens imstande sind, den Regelungsinhalt unbestimmter Rechtsbegriffe und von Verweisungen zu verstehen und diesen konkrete Handlungsanforderungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48 <57>).

III.

53

§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG als Ermächtigungsgrundlage der Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung genügt darüber hinaus auch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG und den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

54

1. a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Danach soll sich das Parlament seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass der Bürger schon aus der gesetzlichen Ermächtigung erkennen und vorhersehen kann, was ihm gegenüber zulässig sein soll und welchen möglichen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>; 58, 257 <277>; 80, 1 <20>; 113, 167 <268 f.>).

55

b) Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm (stRspr; vgl. BVerfGE 8, 274 <307>; 80, 1 <20 f.>; 106, 1 <19>; 113, 167 <269>).

56

Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich somit nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. So muss die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, sind höhere Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. BVerfGE 58, 257 <277 f.>; 80, 1 <20 f.>; 113, 167 <269>). Ob hinsichtlich der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geringere Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm zu stellen sind als im Fall der Strafbewehrung, kann hier dahinstehen. Dafür spräche jedenfalls, dass die Beurteilung einer Handlung als ordnungswidrig nicht zugleich einen sozialethischen Vorwurf enthält, wie er das Wesen der Kriminalstrafe charakterisiert (vgl. BVerfGE 25, 269 <286>; 90, 145 <200 - abw. M.>; 95, 96 <140>; 96, 10 <25>; 96, 245 <249>; 109, 133 <167>; 109, 190 <217>; 120, 224 <240>; 123, 267 <408>; 133, 168 <198 Rn. 54>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 58).

57

Zum anderen hängen die Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Determinierung von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>). Dies kann es auch nahe legen, von einer detaillierten gesetzlichen Regelung abzusehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 101, 1 <35>). Ein Bedürfnis, staatliche Regelungen rasch und allgemeinverbindlich und damit gerade durch Rechtsverordnung zu erlassen, kann insbesondere auch aus der Pflicht zur Umsetzung, Durchführung und Ergänzung inter- oder supranationaler Vorgaben resultieren (vgl. dazu BVerfGE 19, 17 <28 ff.>).

58

c) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass zur näheren Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung auch Rechtsakte außerhalb der eigentlichen Verordnungsermächtigung, insbesondere auch Rechtsakte anderer Normgeber, herangezogen werden können (vgl. BVerfGE 19, 17 <31>). So kann der Gesetzgeber in einer Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auch auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Union verweisen.

59

Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers können sich aus den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an den Einsatz von Verweisungen ergeben. Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 47, 285 <311>). Auch dynamische Verweisungen sind nicht schlechthin ausgeschlossen, wenngleich ein besonders strenger Prüfungsmaßstab geboten ist. Bei fehlender Identität der Gesetzgeber bedeutet eine dynamische Verweisung mehr als eine bloße gesetzestechnische Vereinfachung; sie führt zur versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen und ist daher nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit setzen; grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können diesen Rahmen zusätzlich einengen (vgl. BVerfGE 47, 285 <312 ff.>; 78, 32 <36>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 - 1 BvL 8/10 -, juris, Rn. 75).

60

2. Diesen Anforderungen an eine hinreichende gesetzliche Bestimmtheit von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen wird § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG nicht gerecht.

61

a) Der Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG nicht erkennen lässt, welchem Bundesministerium die Verordnungsermächtigung gilt, da das zur Tatzeit geltende Rindfleischetikettierungsgesetz dazu keine nähere Festlegung enthielt. Nachdem § 2 Abs. 2 RiFlEtikettG in der Ursprungsfassung des Gesetzes vom 26. Februar 1998 (BGBl I S. 380) das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch den Klammerzusatz "(Bundesministerium)" als Ermächtigungsadressat bestimmt hatte, ist unter Zuhilfenahme der historischen Auslegung als anerkannter Auslegungsregel mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm davon auszugehen, dass das genannte Bundesministerium unabhängig von seiner jeweiligen Bezeichnung weiterhin Adressat der Verordnungsermächtigung war. Das wird inzwischen auch durch die neu eingefügte Vorschrift des § 3a Abs. 3 RiFlEtikettG in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2015 (BGBl I S. 1165) bestätigt.

62

§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erfüllt aber mangels hinreichender Bestimmtheit nicht die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Inhalt möglicher Regelungen durch Rechtsverordnung ist danach die Bezeichnung von Tatbeständen, die als Straftat nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG zu ahnden sind, während § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG zu Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nur festlegt, dass die Bezeichnung der Tatbestände der "Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft" dienen und - insofern als einzige Begrenzung - zu deren Durchsetzung "erforderlich" sein muss. Welchem konkreten Bestand an Normen in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft diese Tatbestände zu entnehmen sind, um jene Rechtsakte durchzusetzen, lässt § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG offen.

63

b) Auch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG erfüllt § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht. § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG regelt einzig Art und Ausmaß der Strafe, indem er eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe für eine Zuwiderhandlung gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG androht, soweit der nationale Verordnungsgeber unter Rückverweis auf diese Strafvorschrift die Verletzung eines bestimmten Tatbestands mit Strafe bewehrt hat.

64

§ 10 Abs. 1 RiFlEtikettG fehlt es damit an einer gesetzgeberischen Entscheidung zu Inhalt und Programm der über § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG erteilten Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, so dass weder erkennbar noch vorhersehbar ist, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz der Verordnungsgeber von dieser Ermächtigung und unbegrenzt an ihn delegierten Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann. Bei § 10 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 RiFlEtikettG handelt es sich daher um eine unzulässige pauschale Blankoermächtigung zur Schaffung von Straftatbeständen bei Verstößen gegen gemeinschaftsrechtliche Regelungen zur Rindfleischetikettierung durch den Verordnungsgeber.

65

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch den gesetzesinternen Verweis des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG - mithin auf Rechtsakte über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern. Zwar ist es grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig, dass eine Vorschrift wie § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG über § 1 Abs. 1 RiFlEtikettG für die Bestimmung von Zweck und Ausmaß und damit auch für die nähere Eingrenzung des Inhalts der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung auf bestimmte gemeinschafts-, heute unionsrechtliche Regelungen verweist.

66

Vorliegend stellt die Blankettnorm des § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG dem Verordnungsgeber indes völlig frei, zu bestimmen, welche Verstöße gegen das in Bezug genommene Gemeinschaftsrecht als strafwürdig angesehen werden. Aus der pauschalen Umschreibung "Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie über die Verkehrsbezeichnung und Kennzeichnung von Fleisch von bis zu zwölf Monate alten Rindern" können die Normadressaten nicht mit der notwendigen Klarheit anhand des Gesetzes erkennen, welche Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts konkret sanktioniert werden sollen. Dies genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 2 Satz 1 GG an eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung des Verordnungsgebers nicht.

14
Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Es ist verboten, ein Dopingmittel, das ein in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung (Internationales Übereinkommen gegen Doping) aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport

1.
herzustellen,
2.
mit ihm Handel zu treiben,
3.
es, ohne mit ihm Handel zu treiben, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder
4.
zu verschreiben.

(2) Es ist verboten,

1.
ein Dopingmittel, das ein in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, oder
2.
eine Dopingmethode, die in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführt ist,
zum Zwecke des Dopings im Sport bei einer anderen Person anzuwenden.

(3) Es ist verboten, ein Dopingmittel, das ein in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport zu erwerben, zu besitzen oder in oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

14
Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/Prittwitz StoffR 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.N.). Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschädlich , wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 1996 - 3 StR 506/95, BGHSt 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 57, wistra 2010, 396, 403). Dies ist hier aber, soweit der Gesetzgeber mit den Änderungen des § 6a Abs. 2 AMG - wie dargelegt - die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser Zeit enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.

(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.

(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.

(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).

(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.

(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.

(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.

(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.

(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.

(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.

(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.

(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.

(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.

(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.

(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.

(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.

(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.

(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.

(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.

(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.

(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.

(35) (weggefallen)

(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.

(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.

(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.

(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.

(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über

1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile,
2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder
3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.

(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.

(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.

(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 72/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von
Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
der Angeklagte N. persönlich – in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – und Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. Juli 2016 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten M. und N. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte N. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und N. jeweils wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln u.a. verurteilt, den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten , den Angeklagten N. zu einer solchen von drei Jahren. Darüber hinaus hat das Landgericht beim Angeklagten M. den Verfall von Werter- satz in Höhe von 36.857,10 € und beim Angeklagten N. von7.448 € an- geordnet.
2
Die Verurteilung des Haupttäters S. ist rechtskräftig.
3
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zuungunsten der Angeklagten M. und N. eingelegten Revisionen – die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden – insbesondere, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen Mittäterschaft verurteilt und die Gewerbsmäßigkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung vom 7. August 2013) verneint hat.
4
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Revisionen haben keinen Erfolg.

I.


6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb S. ab Mai 2013 in Berlin ein Untergrundlabor zur Herstellung von anabolen Steroiden und verkaufte diese sodann unter dem Namen „Gencimed“ über das Internet.
7
a) Der Angeklagte M. , ein ehrgeiziger Bodybuilder, konsumierte seit Jahren verbotene anabole Steroide in erheblichem Umfang und bezog diese über S. . Um seinen Eigenkonsum aus dieser Bezugsquelle zu sichern , arbeitete er für S. als Paketkurier gegen ein festes Entgelt von 1.500 € in bar oder anabole Steroide in diesem Wert; darüber hinaus war er drei Monate für 3.000 € pro Monat oder anabole Steroide in diesem Wert mit dem Verpacken der auszuliefernden Pakete befasst. Insgesamt erzielte er so an Geld und ersparten Aufwendungen für den Eigenkonsum mindestens 36.857,10 €.
8
Er half dem Haupttäter bei insgesamt 66 Lieferungen hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der Dopingmittelmengenverordnung (DmMV) in erheblichem Umfang überschritten war.
9
b) Der Angeklagte N. , der keine anabolen Steroide konsumierte, unterstützte S. mit IT-Dienstleistungen beim Akquirieren von Lieferanten und Kunden. Er war Mitbetreiber einer Internetseite, auf der sich die Nutzer über Einnahme und Beschaffung von leistungssteigernden illegalen Arzneimitteln austauschen konnten. Einigen Nutzern erteilte er gegen Entgelt die Berechtigung, über dieses Forum solche Arzneimittel zu verkaufen. Auch S. verkaufte von ihm hergestellte Dopingmittel über dieses Forum. Außerdem veranlasste der Angeklagte N. die Erstellung eines Bewer- tungsthreads zu „Gencimedprodukten“ und löste dadurch weitere Bestellungen aus. Darüber hinaus optimierte er den Internetauftritt für „Gencimed“, half S. bei der Verwaltung der Homepage, bei der Bearbeitung der Bestellun- gen und bei der Bezahlung mit „bitcoins“. Für diese Tätigkeiten erhielt der An- geklagte N. insgesamt 1.900 €.
10
Er unterstützte S. bei 138 Abgaben an Abnehmer hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der DmMV um ein Vielfaches überschritten war, weil er seiner Reputation als IT-Experte und Administrator gerecht werden und sein bestehendes Renommee als IT-Fachmann weiterverbreiten wollte.
11
2. In ihrer rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer nach einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung und Gesamtschau sämtlicher Beweis- ergebnisse das Verhalten der Angeklagten M. und N. nicht als Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB), sondern als Beihilfe (§ 27 StGB) gewertet.
12
3. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG in der Fassung vom 7. August 2013) hat die Strafkammer beim Haupttäter für gegeben erachtet, nicht aber bei den Angeklagten M. und N. . Beiden sei es nicht darauf angekommen, sich durch die Hilfsleistungen eine finanzielle Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte M. habe selbst über Zuwendungen von monatlich mindestens 2.500 € verfügt. Der Angeklagte N. habe nur sei- nen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollen.
13
Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer allerdings in den Fällen des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG (Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport) einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG angenommen, weil sie durch ihre Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet hätten.

II. Revision des Angeklagten N.
14
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten N. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
16
Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ richtet sich beieigens für Doping- zwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten, und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt (oder sogar wirkstoffidentisch) sind, nach der für das artverwandte Erzeugnis maßgeblichen Zwecksetzung (vgl. Raum in Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15; Volkmer in Körner/Patzak/ Volkmer, BtmG, 8. Aufl. 2016, AMG § 95 Rn. 23). Die verfahrensgegenständli- chen Produkte waren für die „Bodybuilderszene“ als Absatzmarkt bestimmt. Dort wurden die Präparate ohne therapeutische Indikation hochdosiert zum Muskelaufbau verwendet. Nur zu diesem Zweck wurden die Präparate hergestellt und vertrieben. Danach ist der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ der Präparate gleichzusetzen mit dem auf diesem Markt vorgesehenen Missbrauch (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2 Rn. 25). Diese Voraussetzung hat das Landgericht für die in Betracht kommenden Wirkstoffe rechtsfehlerfrei bejaht.
17
Darüber hinaus enthielten – wie die Analyse des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (UA S. 126) ergab – von 63 begutachteten GencimedPräparaten nur 17 den in der Deklaration enthaltenen Wirkstoff und den dort angegebenen Wirkstoffgehalt, 22 Präparate waren überdosiert, 17 unterdosiert und sieben wichen sogar bezüglich des Inhalts von der Deklaration ab. Dies machte die gesundheitlichen Auswirkungen für die Konsumenten völlig unkalkulierbar und zeigt, dass sich bereits aufgrund des Herstellungsverfahrens des Untergrundlabors ohne Überprüfung der chemischen Zusammensetzung, des Reinhalts- und Wirkstoffgehalts der aus China und der Türkei bezogenen Materialien , für den Konsumenten ein erhebliches Gesundheitsrisiko ergab, was jedes dort hergestellte Produkt bereits deshalb für sich bedenklich machte.
18
2. Die Verfallsanordnung ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht § 73c Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erörtert, der auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar ist.
19
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nur zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten N. und die verhältnismäßig geringe Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls nicht.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
21
Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung der beiden Angeklagten als Gehilfen als rechtsfehlerfrei. Zutreffend hat das Landgericht bereits die objektiven Voraussetzungen einer Mittäterschaft – und darüber hinaus auch die subjektiven – verneint. Auch die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns bei dem Angeklagten N. ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte M. hat zwar entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllt, jedoch ist ein Beruhen des Urteils auf dieser fehlerhaften Wertung ausgeschlossen.
22
1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. zum Maßstab BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN, NJW-Spezial 2016, 601 Rn. 17).
23
Lässt das angefochtene Urteil – so wie hier – erkennen, dass der Tatrichter diesen Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht selbst dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn – anders als vorliegend – eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531 mwN). Aufgrund der getroffenen Feststellungen lag die Annahme einer Mittäterschaft bei dem Angeklagten M. fern, bei dem Angeklagten N. war sie ausgeschlossen.
24
2. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Arzneimittelgesetz ist nicht tatbestandsspezifisch auszulegen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze. Danach bringt gewerbsmäßig Arzneimittel in Verkehr, wer dies in der Absicht macht, sich daraus durch wiederholte Tatbegehung auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht Kommentar, AMG, 131. Akt.Lief. 2016, Band IV, § 43 Rn. 18 mwN; zu gewerbsmäßiger Hehlerei; BGH, Urteile vom 8. November 1951 – 4 StR 563/51, BGHSt 1, 383; zur Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; zu Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; zur Gewerbsmäßigkeit auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 55; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29, Teil 27, Rn. 13 mwN).
25
Die Einnahmen müssen nicht die Haupteinnahmequelle des Täters sein. Bloße Nebeneinkünfte reichen aus, wenn sie von einigem Umfang und einigem Gewicht sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212, 213). Die Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass Bargeld angestrebt wird. Es genügen auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13, NStZ 2013, 549, 550).
26
Die Frage, wie hoch die erstrebten bzw. erzielten Gewinne sein müssen, um von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einigem Umfang oder einigem Gewicht ausgehen zu können, unterliegt der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1986, 5 StR 504/86, NStE 1987 Nr. 11 zu § 29 BtMG; Beschluss vom 24. Januar 1986 – 3 StR 2/86, StV 1986, 385). Dabei ist unerheblich, ob der Täter bereits einen Gewinn erzielt bzw. ein Honorar erlangt hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85). Es kommt auf die Gewinnerwartung des Täters an, also in welchem Umfang er Gewinne erzielen wollte (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212).
27
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass derAngeklagte N. , der als Anlagenbauer durchschnittlich 2.100 € netto verdiente, mit seinen Unterstützungsleistungen von Mai 2013 bis 22. Februar 2014 nur seinen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollte und nicht in der Absicht handelte , sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Kann der Täter, wie vorliegend, nur einen geringen Gewinn aus seinen Dienstleistungen erwarten und handelt nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern in dem Bestreben, seinem Ruf als IT-Fachmann gerecht zu werden, spricht dies gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle und damit – auch mit Rücksicht auf seine im Urteil dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse und dem Umstand, dass er über den langen Tatzeitraum nur eine geringe Vergütung zu erwarten hatte und tat- sächlich lediglich 1.900 € erhalten hat – gegeneine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte N. habe selbst nicht gewerbsmäßig gehandelt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28
b) Anders verhält es sich bei dem Angeklagten M. .
29
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. bei 66 Lieferungen von insgesamt 237 Sendungen mitgewirkt und von September 2013 bis März 2015 einen Verdienst von insgesamt 36.857,10 € erzielt hat. Das entspricht innerhalb des Zeitraums von 31 Monaten etwa 1.189 € je Monat. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Studium der Verfahrens- und Umwelttechnik, monatliche Zuwendungen der Eltern in Höhe von mindestens 2.500 €, mietfreies Wohnen bei der Mutter und Einkünfte aus Nebentätigkeiten als Türsteher und Komparse) und sein erheblicher – und damit auch kostenintensiver – Anabolikakonsum , legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
30
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafe nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 AMG unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB auch in Person des Angeklagten M. als Gehilfen einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG (Gefährdung der Gesundheit einer großen Zahl von Menschen) bejaht und damit denselben Strafrahmen angewendet, der unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB bei Annahme von Gewerbsmäßigkeit in Person dieses Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.
31
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung , also bei Anwendung eines weiteren Regelbeispiels, auf eine höhere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat mehrfach betont, dass der Angeklagte M. durch seine Beihilfehandlungen einen wesentlichen Beitrag zum Betrieb des Untergrundlabors und damit zur Produktion und zum Handel mit besonders gefährlichen Arzneimitteln zweifelhaften Inhalts und zu einem gewerbsmäßigen Internetgroßhandel über einen ganz erheblichen Zeitraum mit hoher Reichweite und Professionalität geleistet hat.
32
Bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Strafkammer hervorgehoben , dass die Einstufung der Handlungen des Angeklagten M. als „erhebli- che(n)“ Beihilfe anstatt „geringfügig zu bewertende(n)“ Mittäterschaft wegen des sehr geringen Unterschieds im materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hierbei keine Rolle gespielt hat.
33
3. Das Urteil enthält – was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist – auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
34
Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten M. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 36.857,10 € angeordnet hat, ist eine ausdrückliche Erörterung des § 73c Abs. 1 StGB zwar unterblieben (vgl. zur Erörterungsbedürftigkeit , insbesondere bei weitgehender Entreicherung und vermögenslosem Angeklagten, BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610).Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht bei der Festsetzung des Verfallsbetrags die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten M. im Blick hatte , der über monatliche Einkünfte aus verschiedenen Nebentätigkeiten während seines Studiums und Zuwendungen seiner Eltern einschließlich einer kosten- freien Unterkunft in Höhe von etwa 2.500 € monatlich verfügte; denn diese As- pekte finden sich nicht nur in der Darstellung der persönlichen Verhältnisse, sondern bilden im Rahmen der Strafzumessung eine tragende Erwägung bei der Erörterung des besonders schweren Falls der „Gewerbsmäßigkeit“.
Raum Jäger Radtke Fischer Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 72/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von
Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
der Angeklagte N. persönlich – in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – und Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. Juli 2016 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten M. und N. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte N. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und N. jeweils wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln u.a. verurteilt, den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten , den Angeklagten N. zu einer solchen von drei Jahren. Darüber hinaus hat das Landgericht beim Angeklagten M. den Verfall von Werter- satz in Höhe von 36.857,10 € und beim Angeklagten N. von7.448 € an- geordnet.
2
Die Verurteilung des Haupttäters S. ist rechtskräftig.
3
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zuungunsten der Angeklagten M. und N. eingelegten Revisionen – die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden – insbesondere, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen Mittäterschaft verurteilt und die Gewerbsmäßigkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung vom 7. August 2013) verneint hat.
4
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Revisionen haben keinen Erfolg.

I.


6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb S. ab Mai 2013 in Berlin ein Untergrundlabor zur Herstellung von anabolen Steroiden und verkaufte diese sodann unter dem Namen „Gencimed“ über das Internet.
7
a) Der Angeklagte M. , ein ehrgeiziger Bodybuilder, konsumierte seit Jahren verbotene anabole Steroide in erheblichem Umfang und bezog diese über S. . Um seinen Eigenkonsum aus dieser Bezugsquelle zu sichern , arbeitete er für S. als Paketkurier gegen ein festes Entgelt von 1.500 € in bar oder anabole Steroide in diesem Wert; darüber hinaus war er drei Monate für 3.000 € pro Monat oder anabole Steroide in diesem Wert mit dem Verpacken der auszuliefernden Pakete befasst. Insgesamt erzielte er so an Geld und ersparten Aufwendungen für den Eigenkonsum mindestens 36.857,10 €.
8
Er half dem Haupttäter bei insgesamt 66 Lieferungen hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der Dopingmittelmengenverordnung (DmMV) in erheblichem Umfang überschritten war.
9
b) Der Angeklagte N. , der keine anabolen Steroide konsumierte, unterstützte S. mit IT-Dienstleistungen beim Akquirieren von Lieferanten und Kunden. Er war Mitbetreiber einer Internetseite, auf der sich die Nutzer über Einnahme und Beschaffung von leistungssteigernden illegalen Arzneimitteln austauschen konnten. Einigen Nutzern erteilte er gegen Entgelt die Berechtigung, über dieses Forum solche Arzneimittel zu verkaufen. Auch S. verkaufte von ihm hergestellte Dopingmittel über dieses Forum. Außerdem veranlasste der Angeklagte N. die Erstellung eines Bewer- tungsthreads zu „Gencimedprodukten“ und löste dadurch weitere Bestellungen aus. Darüber hinaus optimierte er den Internetauftritt für „Gencimed“, half S. bei der Verwaltung der Homepage, bei der Bearbeitung der Bestellun- gen und bei der Bezahlung mit „bitcoins“. Für diese Tätigkeiten erhielt der An- geklagte N. insgesamt 1.900 €.
10
Er unterstützte S. bei 138 Abgaben an Abnehmer hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der DmMV um ein Vielfaches überschritten war, weil er seiner Reputation als IT-Experte und Administrator gerecht werden und sein bestehendes Renommee als IT-Fachmann weiterverbreiten wollte.
11
2. In ihrer rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer nach einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung und Gesamtschau sämtlicher Beweis- ergebnisse das Verhalten der Angeklagten M. und N. nicht als Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB), sondern als Beihilfe (§ 27 StGB) gewertet.
12
3. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG in der Fassung vom 7. August 2013) hat die Strafkammer beim Haupttäter für gegeben erachtet, nicht aber bei den Angeklagten M. und N. . Beiden sei es nicht darauf angekommen, sich durch die Hilfsleistungen eine finanzielle Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte M. habe selbst über Zuwendungen von monatlich mindestens 2.500 € verfügt. Der Angeklagte N. habe nur sei- nen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollen.
13
Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer allerdings in den Fällen des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG (Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport) einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG angenommen, weil sie durch ihre Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet hätten.

II. Revision des Angeklagten N.
14
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten N. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
16
Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ richtet sich beieigens für Doping- zwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten, und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt (oder sogar wirkstoffidentisch) sind, nach der für das artverwandte Erzeugnis maßgeblichen Zwecksetzung (vgl. Raum in Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15; Volkmer in Körner/Patzak/ Volkmer, BtmG, 8. Aufl. 2016, AMG § 95 Rn. 23). Die verfahrensgegenständli- chen Produkte waren für die „Bodybuilderszene“ als Absatzmarkt bestimmt. Dort wurden die Präparate ohne therapeutische Indikation hochdosiert zum Muskelaufbau verwendet. Nur zu diesem Zweck wurden die Präparate hergestellt und vertrieben. Danach ist der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ der Präparate gleichzusetzen mit dem auf diesem Markt vorgesehenen Missbrauch (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2 Rn. 25). Diese Voraussetzung hat das Landgericht für die in Betracht kommenden Wirkstoffe rechtsfehlerfrei bejaht.
17
Darüber hinaus enthielten – wie die Analyse des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (UA S. 126) ergab – von 63 begutachteten GencimedPräparaten nur 17 den in der Deklaration enthaltenen Wirkstoff und den dort angegebenen Wirkstoffgehalt, 22 Präparate waren überdosiert, 17 unterdosiert und sieben wichen sogar bezüglich des Inhalts von der Deklaration ab. Dies machte die gesundheitlichen Auswirkungen für die Konsumenten völlig unkalkulierbar und zeigt, dass sich bereits aufgrund des Herstellungsverfahrens des Untergrundlabors ohne Überprüfung der chemischen Zusammensetzung, des Reinhalts- und Wirkstoffgehalts der aus China und der Türkei bezogenen Materialien , für den Konsumenten ein erhebliches Gesundheitsrisiko ergab, was jedes dort hergestellte Produkt bereits deshalb für sich bedenklich machte.
18
2. Die Verfallsanordnung ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht § 73c Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erörtert, der auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar ist.
19
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nur zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten N. und die verhältnismäßig geringe Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls nicht.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
21
Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung der beiden Angeklagten als Gehilfen als rechtsfehlerfrei. Zutreffend hat das Landgericht bereits die objektiven Voraussetzungen einer Mittäterschaft – und darüber hinaus auch die subjektiven – verneint. Auch die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns bei dem Angeklagten N. ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte M. hat zwar entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllt, jedoch ist ein Beruhen des Urteils auf dieser fehlerhaften Wertung ausgeschlossen.
22
1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. zum Maßstab BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN, NJW-Spezial 2016, 601 Rn. 17).
23
Lässt das angefochtene Urteil – so wie hier – erkennen, dass der Tatrichter diesen Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht selbst dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn – anders als vorliegend – eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531 mwN). Aufgrund der getroffenen Feststellungen lag die Annahme einer Mittäterschaft bei dem Angeklagten M. fern, bei dem Angeklagten N. war sie ausgeschlossen.
24
2. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Arzneimittelgesetz ist nicht tatbestandsspezifisch auszulegen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze. Danach bringt gewerbsmäßig Arzneimittel in Verkehr, wer dies in der Absicht macht, sich daraus durch wiederholte Tatbegehung auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht Kommentar, AMG, 131. Akt.Lief. 2016, Band IV, § 43 Rn. 18 mwN; zu gewerbsmäßiger Hehlerei; BGH, Urteile vom 8. November 1951 – 4 StR 563/51, BGHSt 1, 383; zur Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; zu Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; zur Gewerbsmäßigkeit auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 55; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29, Teil 27, Rn. 13 mwN).
25
Die Einnahmen müssen nicht die Haupteinnahmequelle des Täters sein. Bloße Nebeneinkünfte reichen aus, wenn sie von einigem Umfang und einigem Gewicht sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212, 213). Die Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass Bargeld angestrebt wird. Es genügen auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13, NStZ 2013, 549, 550).
26
Die Frage, wie hoch die erstrebten bzw. erzielten Gewinne sein müssen, um von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einigem Umfang oder einigem Gewicht ausgehen zu können, unterliegt der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1986, 5 StR 504/86, NStE 1987 Nr. 11 zu § 29 BtMG; Beschluss vom 24. Januar 1986 – 3 StR 2/86, StV 1986, 385). Dabei ist unerheblich, ob der Täter bereits einen Gewinn erzielt bzw. ein Honorar erlangt hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85). Es kommt auf die Gewinnerwartung des Täters an, also in welchem Umfang er Gewinne erzielen wollte (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212).
27
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass derAngeklagte N. , der als Anlagenbauer durchschnittlich 2.100 € netto verdiente, mit seinen Unterstützungsleistungen von Mai 2013 bis 22. Februar 2014 nur seinen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollte und nicht in der Absicht handelte , sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Kann der Täter, wie vorliegend, nur einen geringen Gewinn aus seinen Dienstleistungen erwarten und handelt nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern in dem Bestreben, seinem Ruf als IT-Fachmann gerecht zu werden, spricht dies gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle und damit – auch mit Rücksicht auf seine im Urteil dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse und dem Umstand, dass er über den langen Tatzeitraum nur eine geringe Vergütung zu erwarten hatte und tat- sächlich lediglich 1.900 € erhalten hat – gegeneine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte N. habe selbst nicht gewerbsmäßig gehandelt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28
b) Anders verhält es sich bei dem Angeklagten M. .
29
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. bei 66 Lieferungen von insgesamt 237 Sendungen mitgewirkt und von September 2013 bis März 2015 einen Verdienst von insgesamt 36.857,10 € erzielt hat. Das entspricht innerhalb des Zeitraums von 31 Monaten etwa 1.189 € je Monat. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Studium der Verfahrens- und Umwelttechnik, monatliche Zuwendungen der Eltern in Höhe von mindestens 2.500 €, mietfreies Wohnen bei der Mutter und Einkünfte aus Nebentätigkeiten als Türsteher und Komparse) und sein erheblicher – und damit auch kostenintensiver – Anabolikakonsum , legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
30
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafe nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 AMG unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB auch in Person des Angeklagten M. als Gehilfen einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG (Gefährdung der Gesundheit einer großen Zahl von Menschen) bejaht und damit denselben Strafrahmen angewendet, der unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB bei Annahme von Gewerbsmäßigkeit in Person dieses Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.
31
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung , also bei Anwendung eines weiteren Regelbeispiels, auf eine höhere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat mehrfach betont, dass der Angeklagte M. durch seine Beihilfehandlungen einen wesentlichen Beitrag zum Betrieb des Untergrundlabors und damit zur Produktion und zum Handel mit besonders gefährlichen Arzneimitteln zweifelhaften Inhalts und zu einem gewerbsmäßigen Internetgroßhandel über einen ganz erheblichen Zeitraum mit hoher Reichweite und Professionalität geleistet hat.
32
Bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Strafkammer hervorgehoben , dass die Einstufung der Handlungen des Angeklagten M. als „erhebli- che(n)“ Beihilfe anstatt „geringfügig zu bewertende(n)“ Mittäterschaft wegen des sehr geringen Unterschieds im materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hierbei keine Rolle gespielt hat.
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3. Das Urteil enthält – was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist – auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
34
Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten M. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 36.857,10 € angeordnet hat, ist eine ausdrückliche Erörterung des § 73c Abs. 1 StGB zwar unterblieben (vgl. zur Erörterungsbedürftigkeit , insbesondere bei weitgehender Entreicherung und vermögenslosem Angeklagten, BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610).Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht bei der Festsetzung des Verfallsbetrags die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten M. im Blick hatte , der über monatliche Einkünfte aus verschiedenen Nebentätigkeiten während seines Studiums und Zuwendungen seiner Eltern einschließlich einer kosten- freien Unterkunft in Höhe von etwa 2.500 € monatlich verfügte; denn diese As- pekte finden sich nicht nur in der Darstellung der persönlichen Verhältnisse, sondern bilden im Rahmen der Strafzumessung eine tragende Erwägung bei der Erörterung des besonders schweren Falls der „Gewerbsmäßigkeit“.
Raum Jäger Radtke Fischer Bär
31
b) Zu Recht hat das Landgericht die Vorsatzprüfung auf die beiden oben dargelegten Elemente der Bedenklichkeit bezogen. Denn diese ergibt sich nicht allein aus der Schädlichkeit der Wirkungen. Deswegen genügt – anders als vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vertreten – das Wissen um mögliche schädliche Wirkungen für sich genommen nicht, um das Wissenselement des Vorsatzes zu erfüllen. Um den sozialen Bedeutungsgehalt des Tatbestandsmerkmals der Bedenklichkeit zu erfassen, bedarf es vielmehr auch der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die für die Abwägung des Verhältnisses zwischen dem bekannten Risiko und dem Nutzen von Relevanz sind, mithin des therapeutischen Nutzens der Arzneimittel. Diese müsste der Angeklagte nach einer Parallelwertung in der Laiensphäre richtig in sein Vorstellungsbild aufgenommen haben, um einen Vorsatzschuldvorwurf zu begründen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Arzneimittel, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Außerhalb der Apotheken darf außer in den Fällen des § 47 Abs. 1 mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden. Die Angaben über die Ausstellung oder Änderung einer Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln nach Satz 1 sind in die Datenbank nach § 67a einzugeben.

(2) Die nach Absatz 1 Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimittel dürfen von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Vereinen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts an ihre Mitglieder nicht abgegeben werden, es sei denn, dass es sich bei den Mitgliedern um Apotheken oder um die in § 47 Abs. 1 genannten Personen und Einrichtungen handelt und die Abgabe unter den dort bezeichneten Voraussetzungen erfolgt.

(3) Auf Verschreibung dürfen Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden.

(3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 dürfen ärztliche Einrichtungen, die auf die Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie spezialisiert sind, in ihren Räumlichkeiten einen Vorrat an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf (Notfallvorrat) bereithalten. Im Rahmen der Notfallversorgung darf ein hämostaseologisch qualifizierter Arzt Arzneimittel aus dem Notfallvorrat nach Satz 1 an Patienten oder Einrichtungen der Krankenversorgung abgeben.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(1) Die folgenden Arzneimittel dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung oder einer tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden:

1.
Arzneimittel, die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, bestimmte Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände sind oder denen solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind, sowie
2.
Arzneimittel, die
a)
Stoffe enthalten, deren Wirkungen in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind,
b)
Zubereitungen von Stoffen im Sinne des Buchstaben a enthalten oder
c)
Zubereitungen aus in ihren Wirkungen allgemein bekannten Stoffen sind, wenn
aa)
die Wirkungen dieser Zubereitungen weder in der medizinischen Wissenschaft allgemein bekannt noch nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform oder Anwendungsgebiet der Zubereitung bestimmbar sind und
bb)
diese Zubereitungen nicht außerhalb der Apotheken abgegeben werden dürfen.
Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für die Abgabe durch Apotheken zur Ausstattung der Kauffahrteischiffe im Hinblick auf die Arzneimittel, die auf Grund seearbeitsrechtlicher Vorschriften für den Schutz der Gesundheit der Personen an Bord und deren unverzügliche angemessene medizinische Betreuung an Bord erforderlich sind. An die Stelle der Verschreibungspflicht nach Satz 1 Nummer 2 tritt mit der Aufnahme des betreffenden Stoffes oder der betreffenden Zubereitung in die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Nummer 1 die Verschreibungspflicht nach der Rechtsverordnung.

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu bestimmen, bei denen die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vorliegen,
2.
Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände zu bestimmen,
a)
die die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unmittelbar oder mittelbar gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder zahnärztliche Überwachung angewendet werden, oder
b)
die häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht werden, wenn dadurch die menschliche Gesundheit unmittelbar oder mittelbar gefährdet werden kann,
3.
die Verschreibungspflicht für Arzneimittel aufzuheben, wenn auf Grund der bei der Anwendung des Arzneimittels gemachten Erfahrungen die Voraussetzungen nach Nummer 2 nicht oder nicht mehr vorliegen, bei Arzneimitteln nach Nummer 1 kann frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten der zugrunde liegenden Rechtsverordnung die Verschreibungspflicht aufgehoben werden,
4.
für Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen vorzuschreiben, dass sie nur abgegeben werden dürfen, wenn in der Verschreibung bestimmte Höchstmengen für den Einzel- und Tagesgebrauch nicht überschritten werden oder wenn die Überschreitung vom Verschreibenden ausdrücklich kenntlich gemacht worden ist,
5.
zu bestimmen, ob und wie oft ein Arzneimittel auf dieselbe Verschreibung wiederholt abgegeben werden darf,
6.
vorzuschreiben, dass ein Arzneimittel nur auf eine Verschreibung von Ärzten eines bestimmten Fachgebietes oder zur Anwendung in für die Behandlung mit dem Arzneimittel zugelassenen Einrichtungen abgegeben werden darf oder über die Verschreibung, Abgabe und Anwendung Nachweise geführt werden müssen,
7.
Vorschriften über die Form und den Inhalt der Verschreibung, einschließlich der Verschreibung in elektronischer Form, zu erlassen.
Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 2 bis 7 werden nach Anhörungen von Sachverständigen erlassen, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel, die nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen sind oder die solchen Arzneimitteln im Hinblick auf Wirkstoff, Indikation, Wirkstärke und Darreichungsform entsprechen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 Nummer 7 kann für Arzneimittel, deren Verschreibung die Beachtung besonderer Sicherheitsanforderungen erfordert, vorgeschrieben werden, dass
1.
die Verschreibung nur auf einem amtlichen Formblatt, das von der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung eines Arztes entweder ausgegeben oder in elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird, erfolgen darf,
2.
das Formblatt Angaben zur Anwendung sowie Bestätigungen enthalten muss, insbesondere zu Aufklärungspflichten über Anwendung und Risiken des Arzneimittels, und
3.
eine Durchschrift der Verschreibung durch die Apotheke an die zuständige Bundesoberbehörde zurückzugeben ist oder die in elektronischer Form erfolgte Verschreibung der Bundesoberbehörde als elektronische Kopie automatisiert übermittelt wird.

(3) Die Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, kann auf bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Fertigarzneimittel oder Anwendungsbereiche beschränkt werden. Ebenso kann eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für die Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger vorgesehen werden, soweit dies für eine ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich ist. Die Beschränkung auf bestimmte Fertigarzneimittel nach Satz 1 erfolgt, wenn gemäß Artikel 74a der Richtlinie 2001/83/EG die Aufhebung der Verschreibungspflicht auf Grund signifikanter vorklinischer oder klinischer Versuche erfolgt ist; dabei ist der nach Artikel 74a vorgesehene Zeitraum von einem Jahr zu beachten.

(4) (weggefallen)

(5) Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um radioaktive Arzneimittel und um Arzneimittel handelt, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden.

(6) (weggefallen)

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Es ist verboten, ein Arzneimittel herzustellen, in Verkehr zu bringen oder anzuwenden, wenn bei der Herstellung des Arzneimittels einer durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 angeordneten Bestimmung über die Verwendung von Stoffen, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenständen, die in der Anlage genannt sind, zuwidergehandelt wird.

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Verwendung der in der Anlage genannten Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände bei der Herstellung von Arzneimitteln vorzuschreiben, zu beschränken oder zu verbieten, soweit es zur Verhütung einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit (Risikovorsorge) oder zur Abwehr einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Arzneimittel geboten ist.

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates weitere Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände in die Anlage aufzunehmen, soweit es zur Risikovorsorge oder zur Abwehr einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Arzneimittel geboten ist. Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 sind Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände aus der Anlage zu streichen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht mehr erfüllt sind.

(4) Die Rechtsverordnungen nach den Absätzen 2 und 3 ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, sofern es sich um radioaktive Arzneimittel oder um Arzneimittel handelt, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden.

7
2. Während die Verurteilung des Angeklagten R. wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen im Schuldspruch rechtsfehlerfrei ist, hält die Annahme von 626 materiell-rechtlich selbständigen Taten nach § 95 Abs. 1 Nr. 4, § 96 Nr. 4 AMG sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 516/15
vom
14. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens gefälschter Arzneimittel u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140316B5STR516.15.0


Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2016 beschlossen:
1. Nach Rücknahme ihrer Revisionen gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. Mai 2015 werden den Angeklagten S. und G. jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels auferlegt.
2. Die Strafverfolgung wird hinsichtlich der Angeklagten M. und R. auf den Vorwurf des vorsätzlichen Inverkehrbringens gefälschter Arzneimittel in Tateinheit mit vorsätzlichem Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel , mit vorsätzlichem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken und mit vorsätzlicher Benutzung einer Marke und eines Zeichens ohne Zustimmung des Inhabers sowie hinsichtlich des Angeklagten M. in weiterer Tateinheit mit vorsätzlicher Einfuhr von Arzneimitteln ohne Erlaubnis und hinsichtlich des Angeklagten R. in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zur vorsätzlichen Einfuhr von Arzneimitteln ohne Erlaubnis beschränkt.
3. Die Revisionen der Angeklagten M. und R. gegen das vorbezeichnete Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangenen versuchten – im Falle des Angeklagten M. : bandenmäßigen – Betruges entfällt.
4. Die Angeklagten M. und R. haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen jeweils tateinheitlich begangener Straftaten gegen das Arzneimittel- und das Markengesetz, in weiterer Tateinheit mit versuchtem – im Falle des Angeklagten M. : bandenmäßigem – Betrug, zu Freiheitsstrafen verurteilt und Entscheidungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die nach Rücknahme der Revisionen der Angeklagten S. und G. noch verfahrensgegenständlichen Revisionen der Angeklagten M. und R. haben mit der Sachrüge nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen vertrieben die Angeklagten und weitere gesondert Verfolgte gefälschte Medikamente, insbesondere Potenzmittel gegen erektile Dysfunktion, im Internet. Es handelte sich um Fälschungen von markenund patentrechtlich geschützten Medikamenten, die auch zur Tatzeit verschreibungs - und apothekenpflichtig waren. Darüber hinaus vertrieben sie wegen ihrer Gefährlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassene Schlankheitsmittel über Internetportale. Der Angeklagte M. gehörte zu den „Köpfen des Unternehmens“ (UA S. 9), während die übrigen Angeklagtenals sogenannte Webmaster die betreffenden Internetseiten bewarben und dafür erhebliche Provisionen erhielten. Der Vertrieb der illegalen Arzneimittel war wirtschaftlich äußerst erfolgreich; im angeklagten Zeitraum von Juni 2008 bis März 2011 erzielten die Betreiber der Internetseiten Einnahmen von rund 21 Mio. Euro.
3
2. Der Senat beschränkt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 1 und 2 StPO auf den in Ziffer 2 der Beschlussformel bezeichneten Vorwurf von Verstößen gegen das Arzneimittelund das Markengesetz und ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Er weist darauf hin, dass der Schuldspruch wegen eines tateinheitlich begangenen versuchten Betruges zum Nachteil der Erwerber der Pharmaprodukte sachlichrechtlicher Prüfung nicht standgehalten hätte. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme vom 16. November 2015 ausgeführt: „Diedem zugrunde liegende Beweiswürdigung ist deswegen lückenhaft , weil das Landgericht seine beweiswürdigenden Erwägungen zum irrtumsrelevanten Vorstellungsbild der Erwerber nicht in die Erörterungen zum Tatentschluss der Angeklagten nach §§ 263, 22, 23 StGB einbezogen hat, obschon sich dies der Wirtschaftsstrafkammer hätte aufdrängen müssen. Hierzu im Einzelnen: Auf UA S. 70 führt das Landgericht  gestützt auf Angaben vernommener Zeugen sowie einer nicht näher erläuterten lebensnahen Betrachtungsweise  aus, dass die Besteller der Pharmaprodukte nicht auf deren Echtheit vertraut, sondern durchgängig damit gerechnet hätten, gefälschte Mittel zu erwerben. Gemeint ist damit ersichtlich, dass die Erwerber die Verfälschung der Produkte für überwiegend wahrscheinlich erachtet haben; denn andernfalls wäre die Aussage, sie seien diesbezüglich keinem Irrtum unterlegen, im Lichte der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmung einer betrugsrelevanten Fehlvorstellung (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263 Rn. 55) unhaltbar. Ausgehend von dieser  nach Ansicht der Bundesanwaltschaft durchaus fragwürdigen  These hätte sich das Landgericht allerdings die Frage vorlegen und im Urteil beweiswürdigend beantworten müssen, ob unter diesen Voraussetzungen der Tatentschluss der Angeklagten auf die Herbeiführung eines täuschungsbedingten Irrtums gerichtet war. Denn wenn durch die von ihnen inszenierte Bewerbung der Pharmaprodukte nach lebensnaher Betrachtung niemand über deren Echtheit getäuscht werden konnte, drängte es sich auf zu klären, weshalb die nahe- liegenderweise über vergleichbares Erfahrungswissen verfügenden Angeklagten gleichwohl einen auf Irrtumserregung gerichteten Vorsatz gehabt haben sollen (vgl. dazu BGH NStZ 2015, 296 f.). Mehr noch: An sich müsste in solchen Konstellationen bereits das Tatbestandsmerkmal der Täuschung verneint werden. Ohne nähere Ausführungen hierzu ist die Beweiswürdigung zum versuchten Betrug in sich nicht stimmig und kann vom Revisionsgericht nicht hingenommen werden.“
4
Dem schließt sich der Senat an. Bei Teilaufhebung und Zurückverweisung der Sache, wie ursprünglich vom Generalbundesanwalt beantragt, die sich gemäß § 357 StPO auch auf die Nichtrevidenten hätte erstrecken müssen, wäre die neu zur Entscheidung berufene Wirtschaftsstrafkammer nicht durch das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) daran gehindert gewesen, die Revidenten – auch im Hinblick auf eine nicht fernliegende irrtumsrelevante Täuschung über das Bestehen zum Teil erheblicher mit der Einnahme der gefälschten Medikamente verbundener Gesundheitsrisiken – wegen vollendeten Betruges zu verurteilen.
5
3. Die gebotene Änderung des Schuldspruchs führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Denn nach den Strafzumessungserwägungen des Landgerichts (UA S. 86 bis 92 und 96 f.) kann ausgeschlossen werden, dass es ohne den Schuldspruch wegen versuchten Betruges auf für die Angeklagten günstigere Rechtsfolgen erkannt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO).
Sander Schneider Dölp
Berger Feilcke
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 72/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von
Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
der Angeklagte N. persönlich – in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – und Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. Juli 2016 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten M. und N. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte N. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und N. jeweils wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln u.a. verurteilt, den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten , den Angeklagten N. zu einer solchen von drei Jahren. Darüber hinaus hat das Landgericht beim Angeklagten M. den Verfall von Werter- satz in Höhe von 36.857,10 € und beim Angeklagten N. von7.448 € an- geordnet.
2
Die Verurteilung des Haupttäters S. ist rechtskräftig.
3
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zuungunsten der Angeklagten M. und N. eingelegten Revisionen – die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden – insbesondere, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen Mittäterschaft verurteilt und die Gewerbsmäßigkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung vom 7. August 2013) verneint hat.
4
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Revisionen haben keinen Erfolg.

I.


6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb S. ab Mai 2013 in Berlin ein Untergrundlabor zur Herstellung von anabolen Steroiden und verkaufte diese sodann unter dem Namen „Gencimed“ über das Internet.
7
a) Der Angeklagte M. , ein ehrgeiziger Bodybuilder, konsumierte seit Jahren verbotene anabole Steroide in erheblichem Umfang und bezog diese über S. . Um seinen Eigenkonsum aus dieser Bezugsquelle zu sichern , arbeitete er für S. als Paketkurier gegen ein festes Entgelt von 1.500 € in bar oder anabole Steroide in diesem Wert; darüber hinaus war er drei Monate für 3.000 € pro Monat oder anabole Steroide in diesem Wert mit dem Verpacken der auszuliefernden Pakete befasst. Insgesamt erzielte er so an Geld und ersparten Aufwendungen für den Eigenkonsum mindestens 36.857,10 €.
8
Er half dem Haupttäter bei insgesamt 66 Lieferungen hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der Dopingmittelmengenverordnung (DmMV) in erheblichem Umfang überschritten war.
9
b) Der Angeklagte N. , der keine anabolen Steroide konsumierte, unterstützte S. mit IT-Dienstleistungen beim Akquirieren von Lieferanten und Kunden. Er war Mitbetreiber einer Internetseite, auf der sich die Nutzer über Einnahme und Beschaffung von leistungssteigernden illegalen Arzneimitteln austauschen konnten. Einigen Nutzern erteilte er gegen Entgelt die Berechtigung, über dieses Forum solche Arzneimittel zu verkaufen. Auch S. verkaufte von ihm hergestellte Dopingmittel über dieses Forum. Außerdem veranlasste der Angeklagte N. die Erstellung eines Bewer- tungsthreads zu „Gencimedprodukten“ und löste dadurch weitere Bestellungen aus. Darüber hinaus optimierte er den Internetauftritt für „Gencimed“, half S. bei der Verwaltung der Homepage, bei der Bearbeitung der Bestellun- gen und bei der Bezahlung mit „bitcoins“. Für diese Tätigkeiten erhielt der An- geklagte N. insgesamt 1.900 €.
10
Er unterstützte S. bei 138 Abgaben an Abnehmer hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der DmMV um ein Vielfaches überschritten war, weil er seiner Reputation als IT-Experte und Administrator gerecht werden und sein bestehendes Renommee als IT-Fachmann weiterverbreiten wollte.
11
2. In ihrer rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer nach einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung und Gesamtschau sämtlicher Beweis- ergebnisse das Verhalten der Angeklagten M. und N. nicht als Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB), sondern als Beihilfe (§ 27 StGB) gewertet.
12
3. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG in der Fassung vom 7. August 2013) hat die Strafkammer beim Haupttäter für gegeben erachtet, nicht aber bei den Angeklagten M. und N. . Beiden sei es nicht darauf angekommen, sich durch die Hilfsleistungen eine finanzielle Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte M. habe selbst über Zuwendungen von monatlich mindestens 2.500 € verfügt. Der Angeklagte N. habe nur sei- nen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollen.
13
Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer allerdings in den Fällen des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG (Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport) einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG angenommen, weil sie durch ihre Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet hätten.

II. Revision des Angeklagten N.
14
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten N. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
16
Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ richtet sich beieigens für Doping- zwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten, und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt (oder sogar wirkstoffidentisch) sind, nach der für das artverwandte Erzeugnis maßgeblichen Zwecksetzung (vgl. Raum in Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15; Volkmer in Körner/Patzak/ Volkmer, BtmG, 8. Aufl. 2016, AMG § 95 Rn. 23). Die verfahrensgegenständli- chen Produkte waren für die „Bodybuilderszene“ als Absatzmarkt bestimmt. Dort wurden die Präparate ohne therapeutische Indikation hochdosiert zum Muskelaufbau verwendet. Nur zu diesem Zweck wurden die Präparate hergestellt und vertrieben. Danach ist der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ der Präparate gleichzusetzen mit dem auf diesem Markt vorgesehenen Missbrauch (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2 Rn. 25). Diese Voraussetzung hat das Landgericht für die in Betracht kommenden Wirkstoffe rechtsfehlerfrei bejaht.
17
Darüber hinaus enthielten – wie die Analyse des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (UA S. 126) ergab – von 63 begutachteten GencimedPräparaten nur 17 den in der Deklaration enthaltenen Wirkstoff und den dort angegebenen Wirkstoffgehalt, 22 Präparate waren überdosiert, 17 unterdosiert und sieben wichen sogar bezüglich des Inhalts von der Deklaration ab. Dies machte die gesundheitlichen Auswirkungen für die Konsumenten völlig unkalkulierbar und zeigt, dass sich bereits aufgrund des Herstellungsverfahrens des Untergrundlabors ohne Überprüfung der chemischen Zusammensetzung, des Reinhalts- und Wirkstoffgehalts der aus China und der Türkei bezogenen Materialien , für den Konsumenten ein erhebliches Gesundheitsrisiko ergab, was jedes dort hergestellte Produkt bereits deshalb für sich bedenklich machte.
18
2. Die Verfallsanordnung ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht § 73c Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erörtert, der auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar ist.
19
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nur zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten N. und die verhältnismäßig geringe Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls nicht.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
21
Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung der beiden Angeklagten als Gehilfen als rechtsfehlerfrei. Zutreffend hat das Landgericht bereits die objektiven Voraussetzungen einer Mittäterschaft – und darüber hinaus auch die subjektiven – verneint. Auch die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns bei dem Angeklagten N. ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte M. hat zwar entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllt, jedoch ist ein Beruhen des Urteils auf dieser fehlerhaften Wertung ausgeschlossen.
22
1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. zum Maßstab BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN, NJW-Spezial 2016, 601 Rn. 17).
23
Lässt das angefochtene Urteil – so wie hier – erkennen, dass der Tatrichter diesen Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht selbst dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn – anders als vorliegend – eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531 mwN). Aufgrund der getroffenen Feststellungen lag die Annahme einer Mittäterschaft bei dem Angeklagten M. fern, bei dem Angeklagten N. war sie ausgeschlossen.
24
2. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Arzneimittelgesetz ist nicht tatbestandsspezifisch auszulegen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze. Danach bringt gewerbsmäßig Arzneimittel in Verkehr, wer dies in der Absicht macht, sich daraus durch wiederholte Tatbegehung auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht Kommentar, AMG, 131. Akt.Lief. 2016, Band IV, § 43 Rn. 18 mwN; zu gewerbsmäßiger Hehlerei; BGH, Urteile vom 8. November 1951 – 4 StR 563/51, BGHSt 1, 383; zur Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; zu Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; zur Gewerbsmäßigkeit auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 55; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29, Teil 27, Rn. 13 mwN).
25
Die Einnahmen müssen nicht die Haupteinnahmequelle des Täters sein. Bloße Nebeneinkünfte reichen aus, wenn sie von einigem Umfang und einigem Gewicht sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212, 213). Die Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass Bargeld angestrebt wird. Es genügen auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13, NStZ 2013, 549, 550).
26
Die Frage, wie hoch die erstrebten bzw. erzielten Gewinne sein müssen, um von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einigem Umfang oder einigem Gewicht ausgehen zu können, unterliegt der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1986, 5 StR 504/86, NStE 1987 Nr. 11 zu § 29 BtMG; Beschluss vom 24. Januar 1986 – 3 StR 2/86, StV 1986, 385). Dabei ist unerheblich, ob der Täter bereits einen Gewinn erzielt bzw. ein Honorar erlangt hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85). Es kommt auf die Gewinnerwartung des Täters an, also in welchem Umfang er Gewinne erzielen wollte (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212).
27
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass derAngeklagte N. , der als Anlagenbauer durchschnittlich 2.100 € netto verdiente, mit seinen Unterstützungsleistungen von Mai 2013 bis 22. Februar 2014 nur seinen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollte und nicht in der Absicht handelte , sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Kann der Täter, wie vorliegend, nur einen geringen Gewinn aus seinen Dienstleistungen erwarten und handelt nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern in dem Bestreben, seinem Ruf als IT-Fachmann gerecht zu werden, spricht dies gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle und damit – auch mit Rücksicht auf seine im Urteil dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse und dem Umstand, dass er über den langen Tatzeitraum nur eine geringe Vergütung zu erwarten hatte und tat- sächlich lediglich 1.900 € erhalten hat – gegeneine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte N. habe selbst nicht gewerbsmäßig gehandelt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28
b) Anders verhält es sich bei dem Angeklagten M. .
29
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. bei 66 Lieferungen von insgesamt 237 Sendungen mitgewirkt und von September 2013 bis März 2015 einen Verdienst von insgesamt 36.857,10 € erzielt hat. Das entspricht innerhalb des Zeitraums von 31 Monaten etwa 1.189 € je Monat. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Studium der Verfahrens- und Umwelttechnik, monatliche Zuwendungen der Eltern in Höhe von mindestens 2.500 €, mietfreies Wohnen bei der Mutter und Einkünfte aus Nebentätigkeiten als Türsteher und Komparse) und sein erheblicher – und damit auch kostenintensiver – Anabolikakonsum , legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
30
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafe nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 AMG unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB auch in Person des Angeklagten M. als Gehilfen einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG (Gefährdung der Gesundheit einer großen Zahl von Menschen) bejaht und damit denselben Strafrahmen angewendet, der unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB bei Annahme von Gewerbsmäßigkeit in Person dieses Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.
31
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung , also bei Anwendung eines weiteren Regelbeispiels, auf eine höhere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat mehrfach betont, dass der Angeklagte M. durch seine Beihilfehandlungen einen wesentlichen Beitrag zum Betrieb des Untergrundlabors und damit zur Produktion und zum Handel mit besonders gefährlichen Arzneimitteln zweifelhaften Inhalts und zu einem gewerbsmäßigen Internetgroßhandel über einen ganz erheblichen Zeitraum mit hoher Reichweite und Professionalität geleistet hat.
32
Bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Strafkammer hervorgehoben , dass die Einstufung der Handlungen des Angeklagten M. als „erhebli- che(n)“ Beihilfe anstatt „geringfügig zu bewertende(n)“ Mittäterschaft wegen des sehr geringen Unterschieds im materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hierbei keine Rolle gespielt hat.
33
3. Das Urteil enthält – was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist – auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
34
Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten M. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 36.857,10 € angeordnet hat, ist eine ausdrückliche Erörterung des § 73c Abs. 1 StGB zwar unterblieben (vgl. zur Erörterungsbedürftigkeit , insbesondere bei weitgehender Entreicherung und vermögenslosem Angeklagten, BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610).Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht bei der Festsetzung des Verfallsbetrags die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten M. im Blick hatte , der über monatliche Einkünfte aus verschiedenen Nebentätigkeiten während seines Studiums und Zuwendungen seiner Eltern einschließlich einer kosten- freien Unterkunft in Höhe von etwa 2.500 € monatlich verfügte; denn diese As- pekte finden sich nicht nur in der Darstellung der persönlichen Verhältnisse, sondern bilden im Rahmen der Strafzumessung eine tragende Erwägung bei der Erörterung des besonders schweren Falls der „Gewerbsmäßigkeit“.
Raum Jäger Radtke Fischer Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.