Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06

bei uns veröffentlicht am19.06.2007
vorgehend
Landgericht Berlin, 10 O 796/04, 14.07.2005
Kammergericht, 4 U 116/05, 30.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 40/06
vom
19. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird dem Berufungskläger nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist
gewährt, beginnt die Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Nachholung
der Berufungsbegründung erst mit der Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung.
BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller und Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Dr. Grüneberg
am 19. Juni 2007

beschlossen:
Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 30. Mai 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 30. Mai 2006 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gewährt.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Klägerin und über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 35.000 €.

Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Landgericht Das hat mit Urteil vom 14. Juli 2005, zugestellt am 22. Juli 2005, die Klage der Klägerin gegen die beklagte Bank auf Rückabwicklung eines zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung abgeschlossenen Darlehensvertrages abgewiesen. Mit einem beim Berufungsgericht am 22. August 2005 eingegangenen Schreiben hat die Klägerin beantragt, ihr für die beabsichtigte Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dem Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 16. Februar 2006 im Wesentlichen stattgegeben und der Klägerin eine Rechtsanwältin beigeordnet. Der Beschluss ist der Klägerin am 17. Februar 2006 formlos übersandt und der Rechtsanwältin am 22. Februar 2006 zugestellt worden. Diese hat am 6. März 2006 Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist sowie Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. April 2006 beantragt. Mit Verfügung vom 23. März 2006 hat der Berichterstatter des Berufungssenats die Klägerin darauf hingewiesen, dass gegen die Gewährung der Fristverlängerung Bedenken bestünden.
Daraufhin hat die Klägerin am 31. März 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO beantragt und die Berufung begründet.
2
Mit Beschluss vom 6. April 2006, zugestellt am 12. April 2006, hat das Berufungsgericht der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Durch Beschluss vom 27. Mai 2006 hat das Berufungsgericht den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt, weil es sich der Sache nach um einen Antrag auf eine gesetzlich nicht zulässige Verlängerung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung i.S. des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO handele.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss (KGReport 2006, 856) hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31. März 2006 gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zurückgewiesen sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 6. März 2006 gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und die Berufung der Klägerin mangels fristgerecht eingereichter Berufungsbegründung als unzulässig verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sei unzulässig , weil die versäumte Prozesshandlung entgegen § 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht innerhalb der Antragsfrist von einem Monat nachgeholt worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist sei unbegründet, weil die Versäumung der Frist von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verschuldet worden sei und die Klägerin sich dieses Verschulden nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse; die Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass angesichts der - wie sie meint - "offensichtlichen Verfassungswidrigkeit" des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO das Berufungsgericht dem Fristverlängerungsantrag stattgeben werde. Aufgrund dessen sei die Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, die am 22. September 2005 abgelaufen sei, begründet worden und daher unzulässig.
4
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin. Durch Beschluss vom 12. Dezember 2006, zugestellt am 14. Dezember 2006, hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt. Daraufhin hat sie am 15. Dezember 2006 wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und diese, nachdem dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde am 8. Januar 2007 entsprochen worden war, am 15. Januar 2007 begründet.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
6
Die 1. gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und zudem zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Die Verfahrensgarantien des Grundgesetzes verbieten es, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht (dazu unter 2.) davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die Berufungsbegründung nicht fristgerecht nachgeholt habe, hat es der Klägerin den Zugang zur Berufungsinstanz ungerechtfertigt versagt.
7
2.DieRechtsbeschwer de ist auch begründet.
8
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass die Frist zur Begründung der Berufung gegen das am 22. Juli 2005 zugestellte Urteil des Landgerichts am 22. September 2005 abgelaufen war, so dass die erst am 31. März 2006 eingereichte Berufungsbegründung an sich verfristet war.
9
Das b) Berufungsgericht hat aber den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die versäumte Prozesshandlung - die Einreichung der Berufungsbegründung - innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO nachgeholt. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, und beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Diese Frist hat die Klägerin eingehalten, weil die Frist erst mit der Mitteilung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist - hier also am 12. April 2006 - zu laufen begonnen hat.
10
aa) Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es zwar für die Berufungseinlegung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, so dass der Lauf der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu diesem Zeitpunkt beginnt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94, VersR 1994, 1324; BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ZB 62/85, VersR 1986, 40, 41 und vom 21. März 2006 - VI ZB 31/05, VersR 2006, 1141, 1142). Ob dies aber auch hinsichtlich der Berufungsbegründung und der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO gilt, hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 29. Juni 2006 - III ZA 7/06, NJW 2006, 2857, 2858) hat lediglich für die Fallgestaltung einer unbedingt eingelegten Berufung und eines sodann gestellten Prozesskostenhilfeantrages angenommen, dass der Lauf der Begründungsfrist nach Maßgabe des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt und dem Antragsteller nach Wegfall des Hindernisses, d.h. nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder deren Versagung, die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Verfügung steht, um die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.
11
bb) In der Literatur ist die Beantwortung der Frage umstritten.
12
Nach der überwiegenden Auffassung ist § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO dahin auszulegen, dass bei versäumter Berufungsfrist die Begründungsfrist erst ab Mitteilung der Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist läuft (so Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. § 234 Rdn. 3b; Fölsch MDR 2004, 1029, 1032; Löhnig FamRZ 2005, 578, 579; Lange DB 2004, 2125, 2128 zum gleichlautenden § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO). Andere Stimmen in der Literatur sprechen sich für eine Korrektur des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Weise aus, dass ab Mitteilung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine zweite, gleichlange Begründungsfrist, mithin im Falle der Berufung die zweimonatige Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO, laufen soll (H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 234 Rdn. 13; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 234 Rdn. 7; Schultz NJW 2004, 2329, 2334). Teilweise macht die Literatur auch nur verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung geltend, ohne aber Lösungen für eine Abhilfe aufzuzeigen (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 234 Rdn. 7a; Musielak/Grandel, ZPO 5. Aufl. § 236 Rdn. 6; Born NJW 2005, 2042, 2044; Greger NJW-Sonderheft BayObLG 2005, 36, 38; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2863). Lediglich vereinzelt wird in der Literatur die Neuregelung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO für verfassungsgemäß gehalten (ausdrücklich: Bischoff FamRB 2005, 47, 48; ohne nähere Begründung : Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 65. Aufl. § 236 Rdn. 14); diese Auffassung wird in instanzgerichtlichen Entscheidungen geteilt (vgl. etwa OLG Stuttgart OLGR 2006, 677).
13
cc) Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Literaturmeinung an. § 234 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit Abs. 2 ZPO ist dahin auszulegen , dass bei auch versäumter Berufungsfrist die Frist zur Nachholung der Berufungsbegründung erst mit der Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist läuft.
14
(1)Hierfürsprechen bereits die Gesetzgebungsgeschichte und der Wille des Gesetzgebers.
15
Nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage begann die Frist für die Berufungsbegründung mit der Einlegung der Berufung (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). War der mittellosen Partei für die Berufungseinlegung Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr hierfür Wiedereinsetzung gewährt worden, bestand somit im Hinblick auf die Begründungsfrist zwischen mittelloser und vermögender Partei kein Unterschied. Mit der Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2002, die sich insoweit an bereits in anderen Verfahrensordnungen geltende Regelungen anlehnte, verschlechterte sich die Rechtslage für die mittellose Partei deutlich. Da der Beginn der Frist für die Berufungsbegründung nunmehr an die Zustellung des angefochtenen Urteils anknüpft (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO), war für die mittellose Partei bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungseinlegung in der Regel auch die Frist für die Berufungsbegründung abgelaufen, so dass sie faktisch gemäß § 234 Abs. 1 ZPO a.F. die Berufung innerhalb von zwei Wochen - ohne Verlängerungsmöglichkeit - zu begründen hatte. Um diese unbillige Benachteiligung der mittellosen Partei zu vermeiden, räumte der Bundesgerichtshof in Anlehnung an die Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte der mittellosen Partei extra legem eine gesonderte Begründungsfrist ein (vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3276 f. m.w.Nachw., vom 25. September 2003 - III ZB 84/02, NJW 2003, 3782 f. und vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03, NJW 2004, 2902, 2903). Dabei konnte er den Meinungsstreit zwischen anderen obersten Bundesgerichten offenlassen, ob die besondere Begründungsfrist ein oder zwei Monate betrug und ob für den Fristbeginn die Mitteilung über die Wiedereinsetzung oder über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgeblich sein sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3277 m.w.Nachw.).
16
Kenntnis In dieser Problematik hat der Gesetzgeber durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) die Vorschrift des § 234 Abs. 1 ZPO um Satz 2 ergänzt, demzufolge die Wiedereinsetzungsfrist zur Begründung der Berufung einen Monat beträgt. Durch die Änderung sollte nach der Gesetzesbegründung sichergestellt werden, dass "einem Rechtsmittelführer, dem Prozesskostenhilfe nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, ein Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibt, so dass er nicht schlechter gestellt wird als die vermögende Partei" (BTDrucks. 15/1508, S. 17). Zugleich sollte hierdurch die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte zum Lauf der Rechtsmittelbegründungsfristen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe umgesetzt werden, wobei ausdrücklich auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts in NJW 1984, 941 (zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a Abs. 3 ArbGG) und des Bundesverwaltungsgerichts, Beschluss vom 17. April 2002 - 3 B 137/01, DVBl. 2002, 1050 ff. (zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) Bezug genommen wurde. Nach diesen Entscheidungen ist aber maßgeblicher Zeitpunkt für den Fristbeginn die Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist (ebenso BGHSt 30, 335, 338 zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO; BGH BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3 zur Begründung der Revision; BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84 zur Begründung der Revision; BSG SozR 2. Folge 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9 zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a Abs. 2 Satz 1 SGG).
17
Da sich der Gesetzesbegründung kein Hinweis für eine nur eingeschränkte Umsetzung dieser Rechtsprechung entnehmen lässt, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für den Beginn der Monatsfrist auf die Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung, nicht die Bekanntgabe der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abstellen wollte. Zugleich kann wegen der eindeutigen Festlegung des Gesetzgebers auf eine einmonatige Frist den Stimmen in der Literatur, die für die Berufungsbegründungsfrist eine Verlängerung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf zwei Monate, beginnend mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, vorschlagen (H. Roth, in: Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 234 Rdn. 13; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 234 Rdn. 7), nicht gefolgt werden.
18
(2) Für die Maßgeblichkeit der Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung spricht auch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, mit der Neuregelung die mittellose Partei nicht schlechter zu stellen als die vermögende Partei. Eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes ist nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsgrundsatz verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfGE 81, 347, 356; BVerfG DVBl. 2001, 1748, 1749; NJW 2003, 3190, 3191 m.w.Nachw.), auch wenn eine vollständige Gleichstellung aus Verfassungsgründen nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 81, 347, 357; BVerfG NJW 2003, 3190, 3191).
19
Würde die Monatsfrist für die Berufungsbegründung mit der Bekanntgabe des Beschlusses über den Prozesskostenhilfeantrag beginnen , würde die mittellose Partei gegenüber der vermögenden Partei deutlich benachteiligt. Während nämlich der von einer wirtschaftlich leistungsfähigen Partei für das Rechtsmittelverfahren mandatierte Anwalt zwei Monate Zeit hat, um die Berufungsbegründung zu fertigen, stünde dem Anwalt der mittellosen Partei hierfür nur eine einmonatige Frist zur Verfügung. Dieser ungleiche Fristlauf lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass im Rahmen der Zweimonatsfrist auch Überlegungen dazu angestellt werden müssen, ob die beschwerte Partei überhaupt Berufung einlegt und sich der mandatierte Anwalt erst danach mit der Erstellung der Berufungsbegründung näher befasst, während im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe diese "Vorprüfung" durch das Gericht vorgenommen wird. Eine solche zeitliche Zäsur lässt sich im Rahmen der Zweimonatsfrist im praktischen Ablauf nicht feststellen, weil die Frage der Berufungseinlegung und Überlegungen zum Inhalt der Berufungsbegründung gedanklich miteinander verschränkt sind.
20
Ungleichbehandlung Die zwischen mittelloser und vermögender Partei wird außerdem dadurch deutlich verschärft, dass die auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei - anders als die vermögende - keine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erreichen kann, weil die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO keine Begründungs-, sondern eine Wiedereinsetzungsfrist ist (Greger NJW-Sonderheft BayObLG 2005, 36, 37), für die § 224 ZPO eine Verlängerung verbietet. Auch wenn durch die Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2002 die Zulässigkeit einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO eingeschränkt worden ist, wird in der gerichtlichen Praxis zumindest eine einmonatige Verlängerung regelmäßig bewilligt.
21
Die (3) Anknüpfung des Fristbeginns an die Mitteilung über die Wiedereinsetzungsentscheidung steht der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs zu § 234 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.
22
Nach dieser Vorschrift beginnt die Frist mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Berufungseinlegung zwar grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94, VersR 1994, 1324; BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ZB 62/85, VersR 1986, 40, 41 und vom 21. März 2006 - VI ZB 31/05, VersR 2006, 1141). Diese Rechtsprechung betraf aber nach der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage nicht die Berufungsbegründung, weil die Begründungsfrist erst ab Berufungseinlegung lief und daher im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens die Berufungsbegründungsfrist noch nicht abgelaufen sein konnte.
23
hat Dies sich mit der Umgestaltung des Rechtsmittelrechts der Zivilprozessordnung geändert, weil aufgrund der Dauer des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens die mittellose Partei nunmehr regelmäßig nicht nur die Berufungsfrist, sondern auch die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Da die Begründung der Berufung aber nach wie vor erst dann sinnvoll ist, wenn die Berufung eingelegt worden ist, muss § 234 Abs. 2 ZPO dahin ausgelegt werden, dass die Ursache der Verhinderung für die Einreichung der Berufungsbegründung nicht die Mittellosigkeit der Partei ist, sondern die fehlende Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Andernfalls wäre die mittellose Partei genötigt, das Rechtsmittel zu begründen, bevor sie weiß, ob ihr wegen Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird (vgl. BAGE 43, 297, 298 = NJW 1984, 941). Dem steht aber entgegen, dass die Begründung eines Rechtsmittels dessen Einlegung voraussetzt und ohne diesen "ersten Schritt" sinn- und zwecklos wäre (vgl. BVerwGE 36, 340, 343 = NJW 1971, 294).

24
3. Der Klägerin war daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren mit der Folge, dass die Verwerfung der Berufung gegenstandslos ist.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.07.2005 - 10 O 796/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.05.2006 - 4 U 116/05 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06 zitiert 21 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 133


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72a Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Strafprozeßordnung - StPO | § 345 Revisionsbegründungsfrist


(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn d

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 67


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stelle

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 164


(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das an

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 139


(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisions

Zivilprozessordnung - ZPO | § 224 Fristkürzung; Fristverlängerung


(1) Durch Vereinbarung der Parteien können Fristen, mit Ausnahme der Notfristen, abgekürzt werden. Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die in diesem Gesetz als solche bezeichnet sind. (2) Auf Antrag können richterliche und gesetzliche Fristen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03

bei uns veröffentlicht am 17.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 208/03 vom 17. Juni 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 Ha, 520 Abs. 2 Satz 1 Falls die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhil

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2006 - VI ZB 31/05

bei uns veröffentlicht am 21.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 31/05 vom 21. März 2006 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr beschlossen: A

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2006 - III ZA 7/06

bei uns veröffentlicht am 29.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZA 7/06 vom 29. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2 A, § 520 Abs. 2 Satz 1 Der Lauf der Berufungsbegründungsfrist beginnt auch dann nach Maßgabe

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2003 - XII ZB 147/02

bei uns veröffentlicht am 09.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 147/02 vom 9. Juli 2003 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO §§ 520 Abs. 2 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 D Zur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach Bewilligung von Prozeßk

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2003 - III ZB 84/02

bei uns veröffentlicht am 25.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 84/02 III ZB 85/02 vom 25. September 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 575 Abs. 2, 236 D Zur Frist, innerhalb deren eine versäumte Rechtsbeschwerdebegründung nac
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2018 - III ZA 30/17

bei uns veröffentlicht am 24.05.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZA 30/17 vom 24. Mai 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:240518BIIIZA30.17.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters, To

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Nov. 2012 - IX ZR 268/12

bei uns veröffentlicht am 14.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 268/12 vom 14. November 2012 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin Möhring

Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - IX ZR 180/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 180/10 Verkündet am: 24. März 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja EMRK Art. 41; ZPO § 851; B

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2011 - X ZR 3/11

bei uns veröffentlicht am 08.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 3/11 vom 8. Juni 2011 in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richter

Referenzen

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/05
vom
21. März 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 18. Mai 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gewährt. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.000 €.

Gründe:

I.

1
Die von der Klägerin erhobene Klage ist durch Urteil des Amtsgerichts L. vom 29. Juli 2004, ihren Prozessbevollmächtigten zugestellt am 2. August 2004, abgewiesen worden. Mit am 12. August 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz legte die Klägerin hiergegen "Berufung für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz" ein, beantragte Pro- zesskostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen nicht unterzeichneten "Berufungsbegründungs-Entwurf" vor.
2
Das Berufungsgericht bewilligte den Beklagten zu 1 bis 5 und 7 durch Beschluss vom 24. Februar 2005 und der Klägerin durch Beschluss vom 25. Februar 2005 unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten jeweils Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug. Am 3. März 2005 wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Schreiben des Berufungsgerichts zugestellt , in dem es hieß: "anbei erhalten Sie folgende Schriftstücke: - Beschluss vom 24.02.2005".
3
Der Vorsitzende des Berufungsgerichts wies die Klägerin mit Verfügung vom 5. April 2005 darauf hin, dass ihre Berufung unzulässig sein dürfte, weil sie bedingt für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt wurde. "Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfte ebenfalls ausgeschlossen sein, dies jedenfalls deshalb, weil innerhalb von einem Monat nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe keine Berufungsbegründung vorgelegt wurde (§ 234 Abs. 1 S. 2 ZPO)." Der Klägerin wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22. April 2005 gesetzt. Mit Schreiben vom 18. April 2005 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf diese Verfügung Akteneinsicht mit der Begründung, der Wortlaut des Hinweises in der Verfügung vom 5. April 2005 sei für die Klägerseite nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Die Akteneinsicht wurde am 20. April 2005 gewährt.
4
Am 29. April 2005 ist beim Berufungsgericht ein Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Zugleich hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese begründet.
5
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, ihnen sei lediglich der Beschluss vom 24. Februar 2005 zugestellt worden. Erst nach der Akteneinsicht hätten sie aus den Gerichtsakten erfahren, dass der Klägerin bereits mit Beschluss vom 25. Februar 2005 Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz bewilligt worden sei.
6
Die Parteien wurden durch eine weitere Verfügung des Berufungsgerichts vom 4. Mai 2005 unter anderem darauf hingewiesen, dass der Wiedereinsetzungsantrag schon deshalb verspätet gewesen sein dürfte, weil der Klägerin jedenfalls aus der Verfügung vom 5. April 2005 bekannt gewesen sei, dass Prozesskostenhilfe bewilligt und damit das Hindernis im Sinne der §§ 233, 234 Abs. 2 ZPO behoben worden sei. Die Verfügung vom 5. April 2005 sei noch am gleichen Tag ausgefertigt worden und dürfte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin daher vor dem 14. April 2005 zugegangen sein.
7
Nachdem diese in ihrer Stellungnahme zu dem Hinweis nochmals darauf hingewiesen hatten, dass aus der Verfügung vom 5. April 2005 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht positiv bekannt gewesen sei, hat das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen , weil er nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 S. 1 ZPO gestellt worden sei, und die Berufung als unzulässig verworfen. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei spätestens mit Zugang des Hinweises vom 5. April 2005 bekannt gewesen, dass das Hindernis für die Einhaltung der Berufungsfrist entfallen war. Da jede Form der Kenntniserlangung ausreiche, komme es nicht darauf an, ob die Prozessbevollmächtigten den Bewilligungsbeschluss vom 25. Februar 2005 bereits mit der Ausfertigung des Beschlusses vom 24. Februar 2005 erhalten hätten.

II.

8
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie ist begründet, weil der angefochtene Beschluss die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt (vgl. Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), indem er der Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund zu hoher Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihrer Prozessbevollmächtigten versagt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben.
9
a) Der Wiedereinsetzungsantrag muss innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gestellt werden. Diese beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1963 - VI ZB 5/63 - VersR 1963, 1084; BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94 - VersR 1994, 1324; vom 2. Oktober 1985 - IV b ZB 62/85 - VersR 1986, 40, 41). Nach ständiger Rechtsprechung bedarf der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dabei keiner förmlichen Zustellung; ausreichend ist vielmehr eine formlose Mitteilung (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1963 - VI ZB 5/63 - aaO, 1085 sowie BGHZ 30, 226, 229). Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich zudem, dass für den Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 234 Abs. 2 ZPO nicht entscheidend ist, dass der Klägerin oder ihrem Prozessbevollmächtigten der die Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss tatsächlich zugegangen ist. Beho- ben ist das Hindernis vielmehr schon dann, wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1989 - I ZB 3/89 - VersR 1990, 402; vom 13. Mai 1992 - VIII ZB 3/92 - VersR 1993, 205, 206; vom 15. Oktober 1997 - IV ZB 15/97 - BGHR ZPO § 234 Abs. 2, Fristbeginn 10 m.w.N.; vom 13. Dezember 1999 - II ZR 225/98 - NJW 2000, 592). Auch wenn diese Entscheidungen regelmäßig zur Versäumung einer Rechtsmittelfrist ergangen sind, ergibt sich daraus der allgemeine Grundsatz, dass das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt den Wegfall des Hindernisses hätten erkennen können (vgl. die Nachweise bei Born NJW 2005, 2042, 2043).
10
b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, das bis zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe bestehende Hindernis für die Einlegung der Berufung sei mit Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 5. April 2005 weggefallen. Dieser Hinweis hat jedoch das Hindernis für die Einhaltung der Berufungsfrist und damit auch der Berufungsbegründungsfrist nicht entfallen lassen. Aus ihm ergab sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass, wann und in welchem Umfang der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Da zudem in dem gerichtlichen Begleitschreiben vom 1. März 2005, mit dem der Bewilligungsbeschluss zugestellt worden sein soll, nur die Übersendung des Beschlusses vom 24. Februar 2005 aufgeführt war, durch den den Beklagten zu 1 bis 5 und 7 Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist verständlich, dass auch sorgfältige Anwälte den Hinweis vom 5. April 2005 nicht nachvollziehen konnten und zunächst einen Antrag auf Akteneinsicht stellten. Es ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin daher nicht vorzuwerfen, wenn sie erst durch die Akteneinsicht am 20. April 2005 erfahren haben, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe im zweiten Rechtszug bereits durch Beschluss vom 25. Februar 2005 unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt worden ist und dieser Beschluss bereits am 1. März 2005 abgegangen sein soll. Deshalb haben sie die Wiedereinsetzungsfrist nicht schuldhaft versäumt.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Lahr, Entscheidung vom 29.07.2004 - 6 C 6/04 -
LG Offenburg, Entscheidung vom 18.05.2005 - 1 S 136/04 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 7/06
vom
29. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Lauf der Berufungsbegründungsfrist beginnt auch dann nach Maßgabe
des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wenn der Rechtsmittelführer wegen Kostenarmut
um Prozesskostenhilfe nachsucht und deshalb an der Einhaltung dieser
Frist gehindert ist. Seit dem Inkrafttreten des 1. Justizmodernisierungsgesetzes
vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) steht ihm in diesen Fällen
nach Wegfall des Hindernisses die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat
zur Verfügung, innerhalb deren die versäumte Prozesshandlung nachzuholen
ist (Abgrenzung zum Beschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - NJW
2003, 3275).
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2006 - III ZA 7/06 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden
Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihr für eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. März 2006 - 1 U 4589/05 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin hat gegen das ihr am 17. August 2005 zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts am 15. September 2005 Berufung eingelegt und in der Folge die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde zuletzt bis zum 16. Januar 2006 verlängert. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2005, der der Klägerin am 21. Dezember 2005 zugestellt wurde, wies das Berufungsgericht den gestellten Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Berufung zurück. Ein beim Senat angebrachter Antrag, Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung zu erhalten, hatte keinen Erfolg. Der entsprechende Senatsbeschluss vom 26. Januar 2006 (III ZA 3/06) ging der Klägerin am 2. Februar 2006 zu. Die Berufungsbegründung wurde am 24. Februar 2006, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag, beim Berufungsgericht eingereicht.
2
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss vom 21. März 2006 als unzulässig verworfen und ihren Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Mit ihrem Antrag vom 10. April 2006 begehrt die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung.

II.


3
Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
4
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin hätte ihre Berufung - unbeschadet der bewilligten Verlängerung der Frist bis zum 16. Januar 2006 - innerhalb von zwei Monaten nach der am 21. Dezember 2005 bewirkten Zustellung des Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagenden Beschlusses vom 16. Dezember 2005 begründen dürfen, also bis zum 21. Februar 2006. Es hat sich insoweit auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestützt, die - vor Inkrafttreten des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) - zur Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer bei Versäumung der Rechtsmittelbegründungsfrist eine verfassungskonforme Auslegung von § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO für erforderlich gehalten und als eine Lösung angesehen hat, den Beginn des Laufs der Rechtsmittelbegründungsfrist an die Zustellung der Prozesskostenhilfeentscheidung zu knüpfen (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - NJW 2003, 3275, 3276 f; ähnlich Senatsbeschluss vom 25. September 2003 - III ZB 84/02 - NJW 2003, 3782 f zur Rechtsbeschwerde und Beschluss vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03 - NJW 2004, 2902, 2903). Hieran kann nach der Neuregelung der Wiedereinsetzungsfrist bei Versäumung von Rechtsmittelbegründungsfristen in § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das am 1. September 2004 in Kraft getretene 1. Justizmodernisierungsgesetz nicht festgehalten werden. Denn in diesen Fällen ist lediglich die Wiedereinsetzungsfrist, innerhalb deren die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden muss (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auf einen Monat verlängert worden. Im Hinblick auf diese Regelung , die auf Fälle zugeschnitten ist, in denen einem Rechtsmittelführer erst nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist Prozesskostenhilfe für die Einlegung des Rechtsmittels gewährt wird (vgl. hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/1508 S. 17 f), ist für einen von § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO abweichenden Beginn des Laufs der Begründungsfrist kein Raum. Es kommt hier hinzu, dass die Frist zur Begründung der Berufung infolge der bis zum 16. Januar 2006 bewilligten Verlängerung noch nicht abgelaufen war, als der Klägerin die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung zuging. Im Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründung am 24. Februar 2006 waren sowohl diese Frist als auch die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO längst verstr ichen.
5
2. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin um Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung des Berufungsgerichts vom 16. Dezember 2005 nachgesucht hat. Dieser Antrag ist zwar erst durch Senatsbeschluss vom 26. Januar 2006 (III ZA 3/06) zurückgewiesen worden, der der Klägerin am 2. Februar 2006 zuging. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizutreten, dass die Klägerin bereits aus der mit einem Rechtsmittel nicht anfechtbaren Entscheidung zur Prozesskostenhilfe die erforderlichen prozessualen Konsequenzen - wie hier die dann vorgesehene Durchführung des Berufungsverfahrens auf eigene Kosten - ziehen musste. Das beabsichtigte, aber mangels Zulassung nicht statthafte Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe konnte von vornherein zu keiner günstigen Entscheidung für die Klägerin führen und deshalb den Beginn für die Wiedereinsetzungsfrist nicht hinausschieben.
6
3. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt auch nicht mit Rücksicht auf verschiedene Vorsprachen der Klägerin bei der Rechtsantragsstelle des Berufungsgerichts im Anschluss an die Zustellung der Prozesskostenhilfeentscheidung in Betracht. Zwar hat die Klägerin am 27. Dezember 2005, 12. Januar 2006 und 2. Februar 2006 zum Ausdruck gebracht, dass sie auf der Suche nach einem anderen Rechtsanwalt sei und deswegen um einen Aufschub oder eine Verlängerung bis zum 31. Januar 2006 bzw. 31. März 2006 bitte; tatsächlich ist die Mandatsniederlegung auch am 10. Januar durch den Anwalt mitgeteilt worden. Es mag offen bleiben, ob das Berufungsgericht mit Rücksicht auf diese Vorsprachen gehalten gewesen wäre, der Klägerin entweder einen genauen Endtermin für die Einreichung der Berufungsbegründung zu nennen oder einen Hinweis auf einen durch einen Anwalt zu stellenden Verlängerungsantrag zu geben. Denn der Klägerin ist jedenfalls in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter vom 13. Februar 2006 bedeutet worden, dass sie ihr Rechtsmittel "baldmöglichst" begründen müsse. Zwar fand dieses Telefongespräch erst zu einem Zeitpunkt statt, zu dem ein Wiedereinsetzungsantrag nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO bereits hätte angebracht und die Prozesshandlung hätte nachgeholt sein müssen (vgl. oben 1). Von der Klägerin ist indes nicht zu erwarten , dass sie über den genauen Fristablauf der Berufungsbegründungsfrist eine bessere Kenntnis als das Berufungsgericht hatte, das die Auffassung vertrat, die Klägerin könne ihr Rechtsmittel bis zum 21. Februar 2006 begründen. Wäre dies geschehen, hätte das Berufungsgericht die Berufung aus seiner Sicht nicht als unzulässig verworfen; aus der Sicht des Senats hätte man die objektiv vorliegende Verspätung mit Rücksicht auf den vorangegangenen Geschehensablauf möglicherweise als unverschuldet behandeln müssen. Die Klägerin konnte aber nach dem Gespräch mit dem Berichterstatter vom 13. Februar 2006 nicht davon ausgehen, für die Begründung des Rechtsmittels noch eine Frist von 11 Tagen zur Verfügung zu haben.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 08.08.2005 - 9 O 13322/04 -
OLG München, Entscheidung vom 21.03.2006 - 1 U 4589/05 -

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 147/02
vom
9. Juli 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist.
BGH, Beschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - OLG Zweibrücken
AG Ludwigshafen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke,
den Richter Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 7. August 2002 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen vom 22. Februar 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufungsbegründung bedarf es nicht. Beschwerdewert: 1.208

Gründe:

I.

Mit am 28. März 2002 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das ihr am 28. Februar 2002 zugestellte Urteil des Familiengerichts
zu gewähren. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß wurde ihr am 14. Mai 2002 zugestellt. Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 28. Mai 2002 legte die Klägerin Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Am 27. Juni 2002 begründete sie die Berufung und beantragte zugleich vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Das Berufungsgericht lehnte die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist ab und verwarf die Berufung als unzulässig, weil diese nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet worden und die Begründung auch nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Berufungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der armen Partei, die sowohl die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) als auch die Zwei-
monatsfrist für deren Begründung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt habe, könne nach Bewilligung der innerhalb der Berufungsfrist formgerecht beantragten Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn sie innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur die versäumte Prozeßhandlung der Einlegung der Berufung nachgeholt, sondern diese auch begründet habe. 2. Auch wenn der Wortlaut der zitierten Vorschriften kein anderes Ergebnis zuzulassen scheint, hält diese Auffassung der rechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei kann zunächst nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin durch ihre mit einem Wiedereinsetzungsgesuch verbundene Berufungsschrift, die innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe bei Gericht eingegangen ist, hinsichtlich der Einlegung der Berufung im Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristwahrend und auch im Übrigen ordnungsgemäß tätig geworden ist. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung daher zu Recht als - für sich gesehen - offensichtlich begründet angesehen und ihm nur deshalb nicht stattgegeben, weil die Berufung nach seiner Ansicht aus anderen Gründen, nämlich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist , unzulässig ist. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, den an einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im
Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Dazu zählt, daß die Partei grundsätzlich die Fristen ausnutzen darf, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtliche Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191). Um die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer (vgl. BVerfG aaO und FamRZ 2000, 474, 475) zu gewährleisten, bedarf es daher angesichts der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist einer verfassungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz ZPO (vgl. auch Sächsisches OVG SächsVBl. 2000, 95 zum gleichlautenden § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Betrachtung der zivilprozessualen Vorschriften vor und nach der Reform sowie anderer Verfahrensordnungen :
b) Die Durchführung des Rechtsmittels der Berufung (wie auch der Revision ) vollzieht sich regelmäßig in zwei Schritten, nämlich der Einlegung des Rechtsmittels und seiner Begründung. Für diese beiden Teilakte sah und sieht das Gesetz unterschiedlich lange Fristen vor. Nach bisherigem Zivilprozeßrecht (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) war der Lauf der Begründungsfrist einlegungsabhängig, d.h. die bislang einmonatige Begründungsfrist wurde erst durch die Einlegung des Rechtsmittels in Lauf gesetzt. Dies hatte zur Folge, daß der armen Partei, die an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehindert war, nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zwar nur die Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verblieb, um die Rechtsmitteleinlegung nachzuholen, was indes unbedenklich ist, da die Rechtsmitteleinlegung - im Gegensatz zur Begründung des Rechtsmittels - nur geringen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Sodann verblieb ihr aber die volle
vom Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat ab Einlegung des Rechtsmit- tels, um dieses zu begründen oder eine Verlängerung der Begründungsfrist nach § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. zu beantragen.
c) Durch das Zivilprozeßreformgesetz ist die Rechtsmittelbegründungsfrist nunmehr in Angleichung an andere, noch zu erörternde Verfahrensordnungen unabhängig vom Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gestaltet worden ; sie beträgt nunmehr zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das hat zur Folge, daß die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zumeist nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels versäumt haben wird, sondern - zumindest nach der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die Frist zu seiner Begründung. Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO strikt befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die vom Berufungsgericht angenommene Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung des Rechtsmittels innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen.
d) Eine derart einschneidende Verkürzung der Begründungsfrist, wie sie schon das Reichsgericht (RG WarnRspr. 1920 Nr. 63 S. 79 a.E.) für unbillig gehalten hat, entspricht ersichtlich nicht der Absicht der Neuregelung des Zivilprozeßrechts. Der Zwang zur Berufungsbegründung soll auch im Interesse der Entlastung der Gerichte zu einer gründlichen und sachgerechten Prüfung der Frage anhalten, ob ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden soll (vgl. MünchKommZPO/Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 2); eine Verkürzung der Begründungsfrist liefe diesem Anliegen zuwider. Die Neuregelung der Begründungsfrist sollte vielmehr die Fristberechnung vereinfachen und so die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen wegen fehlerhafter Fristberechnung vermindern; im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber es für hinnehmbar,
daß sich im Falle frühzeitiger Berufungseinlegung im Vergleich zum bisherigen Recht eine relative Verlängerung der Begründungsfrist ergebe (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Daß hingegen auch eine mögliche Verkürzung bewußt in Kauf genommen werden soll, erscheint angesichts dieser Begründung ausgeschlossen. Insbesondere war mit der Neuregelung ersichtlich nicht beabsichtigt, der mittellosen Partei, die die Berufungsfrist versäumt hat, die nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit zu nehmen , eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. Zudem liefe eine solche Verkürzung dem Anliegen, die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen einzudämmen, erst recht zuwider. Denn sie hätte die absehbare Folge, daß die versäumte Berufungsbegründung nach der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe in aller Regel nicht innerhalb der Zweiwochenfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nachgeholt werden kann. Die Gerichte müßten daher nicht nur über die Wiedereinsetzung der armen Partei in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist befinden, sondern regelmäßig auch über einen weiteren, mit Arbeitsüberlastung des Anwalts begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist zu stellen gewesen wäre.
e) Soweit § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung innerhalb der Zweiwochenfrist verlangt, konnte dies im Falle der an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehinderten armen Partei nach bisherigem Recht nicht zu einer Verkürzung der ihr zu Gebote stehenden Begründungsfrist führen, weil diese erst mit der Einlegung der Berufung zu laufen begann. Da nunmehr die Versäumung der Einlegungsfrist durch die arme Partei regelmäßig mit der Versäumung der Begründungsfrist einhergehen wird und im Wiedereinsetzungsverfahren deshalb beides innerhalb der gleichen
Frist von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO) - ohne die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist - nachzuholen wäre, wäre eine strikte Handhabung dieser unverändert gebliebenen Vorschrift, die auf diese Folge der Rechtsentwicklung nicht zugeschnitten ist, somit nicht gerechtfertigt. Sie bedarf daher in Fällen, in denen eine arme Partei (oder eine Partei, die sich für bedürftig halten durfte) an der rechtzeitigen Durchführung des Rechtsmittels gehindert war, einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Korrektur (vgl. auch Wagner NJW 1987, 1184), so wie die Rechtsprechung auch bisher schon Korrekturen in der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung hat vornehmen müssen. So läßt sie beispielsweise die einjährige Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO nicht gelten, wenn das Gericht über die rechtzeitig beantragte Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf dieser Frist entschieden hat (vgl. BGH, Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - NJW 1973, 1373 unter Hinweis auf BVerfG NJW 1967, 1267 f.), und gewährt Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung von Fristen, die nicht zu den in § 233 ZPO bezeichneten Notfristen und Rechtsmittelfristen gehören (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1267, 1268 m.N.). 3. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung der Begründungsfrist auf zwei Wochen seit Behebung des in der (objektiv vorliegenden oder vermeintlichen) Mittellosigkeit der Partei liegenden Hindernisses durch die Prozeßkostenhilfeentscheidung ließe sich nach Auffassung des Senats in einer den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdenden Weise - de lege ferenda - am besten dadurch vermeiden, daß der Partei, die rechtzeitig ein vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht hat und bedürftig ist oder sich dafür halten durfte, für die Begründung des Rechtsmittels - oder wahlweise die Beantragung der Verlängerung der Begründungsfrist - erneut eine mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung beginnende Frist von zwei Monaten eingeräumt wird, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtli-
che Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG aaO NJW 1987, 1191). Die Einräumung dieser erneuten Frist würde zugleich bedeuten, daß es einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der - zwei Monate nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung abgelaufenen - Rechtsmittelbegründungsfrist nicht bedarf. Eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der armen gegenüber der bemittelten Partei wäre damit nicht verbunden. Letztere kann sogleich nach Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten anzufechtenden Entscheidung alles zur Durchführung des Rechtsmittels Erforderliche veranlassen, so daß ihr dann für die Begründung des Rechtsmittels ebenfalls eine Frist von zwei Monaten zur Verfügung steht. Lediglich die Zeit, die sie dazu verwendet, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie überhaupt ein Rechtsmittel einlegen will, verringert die ihr dann noch zur Verfügung stehende Zeit für dessen Begründung, während die arme Partei diese Entscheidung mit ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels bereits grundsätzlich getroffen hat. Soweit darin überhaupt ein nennenswerter zeitlicher Vorteil für die arme Partei zu sehen wäre, würde dieser jedoch durch den Nachteil ausgeglichen, der darin besteht, daß sie grundsätzlich darauf verwiesen ist, ihr Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden, also darauf angewiesen ist, sich eines außerordentlichen Rechtsbehelfs zu bedienen , auf den die bemittelte Partei nur ausnahmsweise zurückzugreifen braucht (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1276). Auch soweit die Beschränkungen des Wiedereinsetzungsverfahrens dazu dienen sollen, Mißbrauch und Prozeßverschleppungen entgegenzuwirken, stünde dieser Gesichtspunkt der vorstehenden Lösung nicht entgegen. Die Gerichte bestimmen durch ihre Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe selbst den Zeitpunkt, von dem an das in der Kostenarmut liegende Hindernis entfällt. Von da an ist die Gefahr weiterer Rechtsunsicherheit nicht größer als in jedem anderen Rechtsstreit. Auch das
Vertrauen der Gegenpartei wird hierdurch nicht in einer mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unverträglichen Weise beeinträchtigt. Da sie von dem Prozeßkostenhilfegesuch des Gegners regelmäßig in Kenntnis gesetzt und damit von dessen Absicht, die Entscheidung anzufechten, unterrichtet wird, ist es ihr billigerweise zuzumuten, sich auf die Folgen einzurichten, die sich aus der rückwirkenden Beseitigung der formellen Rechtskraft ergeben, wenn der armen Partei später - wie im Regelfall zu erwarten - Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt wird (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1268). 4. Der mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 29. April 2003 - R A 2 - 3010/18 - R1 246/2003 - inzwischen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz - JuMoG) läßt ebenfalls erkennen, daß die geltende gesetzliche Regelung einer Änderung bedarf. Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs sieht vor, dem § 234 Abs. 1 ZPO folgenden Satz anzufügen: "Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, der Rechtsbeschwerde oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 einzuhalten."
a) Ein Vorgriff auf die vorgesehene Regelung würde indessen die Benachteiligung der unbemittelten Partei nur unzureichend beseitigen und die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. Denn erst ab Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist die unbemittelte Partei in der Lage, einen Anwalt mit ihrer Rechtsverfolgung zu beauftragen, und damit erstmals in der gleichen Situation , in der sich die bemittelte Partei nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung befindet. Ihr verbleibt für die Begründung ihres Rechtsmittels
nach der vorgesehenen Regelung aber nur ein Monat, während der bemittelten Partei nicht nur zwei Monate zur Verfügung stehen, sondern auch die Möglichkeit , fristwahrend Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
b) Dieses Ergebnis entspräche im übrigen nur im Ansatz den Lösungen, die andere oberste Bundesgerichte für ihre jeweiligen Verfahrensordnungen, in denen das Problem ebenfalls besteht, bereits vorgezeichnet haben. Die Regelung , daß die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels (oder des Rechtsbehelfs der Nichtzulassungsbeschwerde) unabhängig von dessen Einlegung in Lauf gesetzt wird, findet sich auch in anderen, älteren Verfahrensordnungen, die dem § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Regelungen über die Wiedereinsetzung enthalten (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung, § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung, § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO in der seit 1. April 1987 geltenden Fassung). Insoweit macht es, auch wenn der Ablauf der Frist dadurch um wenige Tage variieren kann, sachlich keinen grundlegenden Unterschied, ob die Begründungsfrist unmittelbar an das Datum der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung anknüpft (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde; § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Revision; § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG in der seit 1. Januar 1975 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ; § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung : Berufung; § 72 a ArbGG in der ab 1. Juli 1979 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ) oder aber so definiert wird, daß sie mit Ablauf der Einlegungsfrist beginnt, die ihrerseits mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung beginnt (vgl. § 317 StPO: Berufung in Strafsachen; § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO: Revision in Strafsachen).
Trotz des teilweise identischen Wortlauts der jeweils einschlägigen prozessualen Vorschriften ist die Frage, wann die Rechtsmittelbegründungsfrist zu laufen beginnt, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungsfrist beantragt wird, von den obersten Bundesgerichten unterschiedlich beantwortet worden (vgl. BFH BB 1995, 32, 33 m.N.; BFH NJW 2003, 1550, 1551). Für den Fall, daß dem armen Rechtsmittelführer nach der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt worden ist, sieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. BSG SozR 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9), des Bundesverwaltungsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG NJW 1992, 2307) und zur Begründung der Revision (Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84), des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a Abs. 3 ArbGG (NJW 1984, 941) sowie des 2. Strafsenats zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO (BGHSt 30, 335, 338) und zur Begründung der Revision (BGH, Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 459/89 - BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3), vor, daß dem im Prozeßkostenhilfeverfahren erfolgreichen Rechtsmittelführer zur Begründung seines Rechtsmittels nach Zustellung der Entscheidung
über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist zumindest die Frist verbleiben muß, um die die im Gesetz vorgesehene Begründungsfrist die Einlegungsfrist überschreitet, nämlich ein Monat.
c) Gegen diese Lösung, die Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung und nicht schon der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe beginnen zu lassen, spricht nach Auffassung des Senats, daß sie in Fällen, in denen nach der Prozeßkostenhilfeentscheidung umgehend Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewährt wird, für die arme Partei im Ergebnis zu einer Verkürzung der vom Gesetz vorgesehenen Begründungsfrist von zwei Monaten führen kann, und umgekehrt, daß sie in Fällen, in denen das Gericht erst sehr viel später über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet, den Beginn der (einmonatigen) Begründungsfrist in nicht gerechtfertigter Weise zu ihren Gunsten hinausschieben würde. Denn die arme Partei, der auf ihren rechtzeitigen und vollständigen Antrag hin Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, kann sich von diesem Zeitpunkt an der zu gewährenden Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewiß sein, sofern sie nur innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die Einlegung des Rechtsmittels nachholt. Gleiches gilt für die Partei, der Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sich aber für bedürftig halten durfte. Die Zeit bis zur Wiedereinsetzungsentscheidung stünde ihr daher zusätzlich zu der sich daran anschließenden Monatsfrist zur Begründung des Rechtsmittels zur Verfügung; für diesen Vorteil im Vergleich zu einer bemittelten Partei ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. 5. Das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 2002, 1050) hat lediglich für den Sonderfall, daß das Berufungsgericht von einer gesonderten Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist abgesehen hat, die zweimonatige Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (deren Lauf ebenso geregelt ist wie der Lauf der
Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) mit Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe erneut beginnen lassen und ist damit für diesen Fall ebenfalls zu dem vom erkennenden Senat für angemessen gehaltenen Ergebnis gelangt. Allerdings erscheint die Beschränkung auf Fälle des Absehens von einer gesonderten Wiedereinsetzung bedenklich. Da die Partei nicht voraussehen kann, ob und gegebenenfalls wann das Gericht eine gesonderte Entscheidung über die beantragte Wiedereinsetzung treffen wird, bliebe sie im Ungewissen, ob die zweimonatige Begründungsfrist mit der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zu laufen begonnen hat, oder ob demnächst an deren Stelle eine mit der Wiedereinsetzungsentscheidung beginnende einmonatige Frist treten wird. Dies liefe dem ursprünglichen Anliegen des ZPO-Reformgesetzes zuwider, die Berechnung von Rechtsmittelbegründungsfristen zu vereinfachen und Irrtümer zu vermeiden. Zugleich läßt diese Lösung die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG ZIP 2003, 1102, 1109) vermissen. 6. Im vorliegenden Fall bedarf es indes keiner abschließenden Entscheidung , ob bis zu einer Neuregelung des § 234 Abs. 1 ZPO den Erwägungen des Senats (oben zu 3), der Rechtsprechung anderer Bundesgerichte (oben zu 4 b) oder für den hier vorliegenden Sonderfall der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (oben zu 5) zu folgen ist. Nach allen drei Auffassungen hat die Klägerin nämlich durch ihre am 27. Juni 2002 eingegangene Berufungsbegründung die Begründungsfrist gewahrt : nach der Auffassung des Senats - und im Ergebnis ebenso nach der Entscheidung BVerwG DVBl. 2002, 1050 -, weil die zweimonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung am 14. Mai 2002 zu laufen begann, und desgleichen nach der oben zu 4 zitierten Recht-
sprechung, derzufolge eine einmonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der vorliegenden Entscheidung des Senats beginnt, die der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gewährt. Da die Klägerin die Frist zur Begründung ihrer Berufung somit nicht versäumt hat und es der von ihr vorsorglich auch insoweit beantragten Wiedereinsetzung nicht bedarf, war die angefochtene, die Berufung verwerfende Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 84/02
III ZB 85/02
vom
25. September 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frist, innerhalb deren eine versäumte Rechtsbeschwerdebegründung
nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist (Fortführung von
BGH, Beschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02).
BGH, Beschluß vom 25. September 2003 - III ZB 84/02 - AG Jena
LG Gera
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
1. Die Verfahren III ZB 84/02 und III ZB 85/02 werden unter dem Aktenzeichen III ZB 84/02 verbunden.
2. Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung der Rechtsbeschwerden gegen die Beschlüsse der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 7. Juni und vom 19. Juli 2002 - 1 S 128/02 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Einer Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Fristen zur Begründung der Rechtsbeschwerden bedarf es nicht.
3. Auf die Rechtsbeschwerden des Beklagten werden die vorbezeichneten Beschlüsse der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera aufgehoben. Es wird festgestellt, daß die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Jena vom 13. Februar 2002 - 28 C 577/01 - zulässig ist; einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist bedarf es nicht.
4. Die Sache wird zur Sachentscheidung über die Berufung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt; jedoch werden Gerichtskosten insoweit nicht erhoben (§ 8 GKG).
5. Streitwert: 1.074

Gründe


I.


Durch das auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2001 ergangene und am 13. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts wurde ein gegen den Beklagten ergangener Vollstreckungsbescheid aufrechterhalten, durch den der Beklagte verpflichtet worden war, an den Kläger 2.100 DM nebst Zinsen und Kosten zu bezahlen. Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 18. Februar 2002 zugestellt. Mit einem am 15. März 2002 beim Landgericht eingegangenen Telefax und einem am 18. März 2002 eingegangenen Originalschriftsatz legte der Beklagte Berufung ein. Die Berufungsbegründung ging am 18. April 2002 ein, zusammen mit einem Wiedereinsetzungsantrag. Das Berufungsgericht wies durch Beschluß vom 7. Juni 2002 den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurück und verwarf mit einem weiteren Beschluß vom 19. Juli 2002 die Berufung des Beklagten als unzulässig, da sie nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei.
Der Beschluß vom 7. Juni 2002, betreffend die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs , wurde dem Beklagten am 18. Juni 2002 zugestellt; derjenige vom 19. Juli 2002, betreffend die Verwerfung der Berufung, am 25. Juli 2002.
Mit einem am 17. Juli 2002 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Telefax hat der Beklagte Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß vom 7. Juni 2002 beantragt; mit einem weiteren
am 26. August 2002, einem Montag, durch Telefax eingegangenen Schriftsatz folgte ein weiteres Prozeßkostenhilfegesuch für eine Rechtsbeschwerde gegen den Verwerfungsbeschluß vom 19. Juli 2002.
Der Senat hat beiden Prozeßkostenhilfegesuchen durch Beschluß vom 28. November 2002, dem Beklagten zugestellt am 5. Dezember 2002, stattgegeben. Am 6. Dezember 2002 hat der Beklagte durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin gegen die Beschlüsse des Landgerichts vom 7. Juni und vom 19. Juli 2002 Rechtsbeschwerden eingelegt und zugleich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefristen nachgesucht. Zugleich hat der Beklagte beantragt, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerden um zwei Monate zu verlängern ; diesem Antrag ist durch Verfügung des Vorsitzenden entsprochen worden (bis zum 3. März 2003). Die Begründung der Rechtsbeschwerden ist am 3. März 2003 eingegangen.

II.


Die Rechtsbeschwerden sind zulässig.
1. Zwar hatte der Beklagte die Notfrist zur Einlegung der Rechtsbeschwerden - einen Monat nach Zustellung der angefochtenen Beschlüsse (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - versäumt. Dieses Versäumnis beruhte jedoch auf einem für ihn unverschuldeten Hindernis (§ 233 ZPO), nämlich seiner Mittellosigkeit. Nachdem ihm auf seine rechtzeitig gestellten Anträge Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, hatte er die versäumten Prozeßhandlungen, verbunden mit
einem Wiedereinsetzungsgesuch, rechtzeitig und formgerecht nachgeholt (§§ 234, 236 ZPO). Ihm war daher, wie geschehen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
2. Die einmonatige Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerden war durch die Zustellung der angefochtenen Beschlüsse ebenfalls in Lauf gesetzt und daher nach dem Wortlaut des Gesetzes ebenfalls versäumt worden (§ 575 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZPO). Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO strikt befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung der Rechtsbeschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen (§ 234 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO). Ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist hätte nach bisheriger Rechtsprechung die fristgerechte Nachholung der Begründung grundsätzlich nicht ersetzt (Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. 2003 § 236 Rn. 8 m.w.N.). In Fortführung der Erwägungen des XII. Zivilsenats in dessen Entscheidung vom 9. Juli 2003 (XII ZB 147/02) bedarf es indessen einer verfassungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO (und im Ergebnis des § 575 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZPO), wenn eine Partei wegen Mittellosigkeit nicht fristgemäß Rechtsbeschwerde einlegen konnte. Die arme Partei kann dann nicht gezwungen sein, auch die Rechtsbeschwerdebegründung innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist einzureichen, falls inzwischen, wie regelmäßig und so auch hier, auch die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist des § 575 Abs. 2 Satz 1 ZPO verstrichen ist. Eine Verpflichtung der armen Partei, auch die Beschwerdebegründung innerhalb der nicht verlängerbaren Wiedereinsetzungsfrist nachzuholen, würde zu einer aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht hinnehmbaren Benachteiligung führen. Diese Regelung ist darum verfassungskonform zu korrigieren. Der XII. Zivilsenat zieht für den Fall
einer versäumten Berufungsbegründung - entsprechendes gilt für die hier in Rede stehende Rechtsbeschwerdebegründung mit der Maßgabe, daß die Begründungsfrist hier nur einen Monat statt wie dort zwei Monate beträgt - in Erwägung , die volle Frist erst mit Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung in Lauf zu setzen. Alternativ dazu kommt in Betracht, daß mit Zustellung der die Wiedereinsetzung bewilligenden Entscheidung eine einmonatige Begründungsfrist in Lauf gesetzt wird. Dies entspricht der Rechtsprechung anderer oberster Gerichtshöfe des Bundes für die dortigen Verfahrensordnungen (Nachweise im Beschluß des XII. Zivilsenats vom 9. Juli 2003 aaO). Auch im vorliegenden Fall ist der Senat nicht gezwungen, sich abschließend auf einen der beiden Lösungswege festzulegen. Folgt man nämlich der zweiten Alternative - Begründungsfrist von einem Monat ab Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung -, so würde die Frist erst mit der Zustellung des jetzigen Beschlusses in Lauf gesetzt und wäre damit durch die bereits vorliegende Beschwerdebegründung gewahrt. Beginnt hingegen die volle gesetzliche Begründungsfrist mit Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung, so muß konsequenterweise in Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung auch die gesetzliche Regelung des § 575 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 6 ZPO gelten. Dies hat die Folge, daß der Vorsitzende berechtigt ist, unabhängig von den Schranken des § 234 ZPO auf Antrag des Beschwerdeführers die volle Verlängerungsmöglichkeit um bis zu zwei Monate auszuschöpfen. Eben dies ist hier geschehen. Die Beschwerdebegründung ist daher in jedem Falle rechtzeitig eingegangen, so daß es insoweit einer gesonderten Wiedereinsetzung nicht bedarf.
3. Die Rechtsbeschwerde ist, soweit sie sich gegen den Verwerfungsbe- schluß vom 19. Juli 2002 richtet, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft.
4. Durch Beschluß des VIII. Zivilsenats vom 4. September 2002 (VIII ZB 23/02 = NJW 2002, 3783) ist geklärt, daß die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß auch dann zulässig ist, wenn - wie hier - die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erreicht ist.
5. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert hier eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative ZPO). Die Zulässigkeit der Berufung beurteilt sich hier noch nach altem Verfahrensrecht, da die letzte mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht bereits im Dezember 2001 stattgefunden hatte (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Dies hatte die Konsequenz, daß die Berufungsbegründungsfrist mit der Einlegung der Berufung begonnen hatte (§ 515 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO a.F.). Diese Konstellation wird in Zukunft nicht mehr eintreten können, da nunmehr auch für die Berufungsbegründungsfrist auf die Zustellung des Urteils abzustellen ist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F.). Gleichwohl vermag der Senat die Erforderlichkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hier nicht schon deshalb zu verneinen, weil es sich um auslaufendes Recht handelt. Die angefochtene Entscheidung tangiert das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör. Sie steht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (s. im folgenden III). Die Obliegenheit der unteren Instanzen, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten und sich mit ihr auseinanderzusetzen, ist ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann Bedeutung behält, wenn das anzuwendende Recht selbst überholt ist.

6. Die Rechtsbeschwerde ist auch insoweit zulässig, als sie sich gegen den früheren Beschluß des Landgerichts vom 7. Juni 2002 richtet, durch den dem Beklagten die Wiedereinsetzung versagt worden ist. Auch insoweit ist sie statthaft (§ 238 Abs. 2 ZPO [unverändert] i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.). Die Erwägungen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gelten hier entsprechend.

III.


Die Rechtsbeschwerden führen zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Berufungsbegründungsfrist hier nicht versäumt worden. Deshalb bedurfte es weder einer Wiedereinsetzung , noch hätte die Berufung als unzulässig verworfen werden dürfen. Wie oben bereits ausgeführt, war das auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2001 ergangene und am 13. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts dem Beklagten am 18. Februar 2002 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ging per Telefax am 15. März 2002 beim Landgericht ein; der Berufungsschriftsatz im Original folgte am 18. März 2002, d.h. noch innerhalb der Berufungsfrist. Die Berufungsbegründung ging zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 18. April 2002 ein. Dies bedeutete, daß die Begründungsfrist zwar bezogen auf die am 15. März 2002 durch Telefax eingelegte Berufung versäumt worden war, nicht jedoch bezogen auf die am 18. März 2002 durch Schriftsatz eingelegte Berufung. Dementsprechend lag hier dieselbe Konstellation vor wie bei dem Beschluß des II. Zivilsenats vom 20. September 1993 (II ZB 10/93 = NJW 1993, 3141): Wird durch Telefax zulässigerweise
Berufung eingelegt und innerhalb der Berufungsfrist auch das Original des Schriftsatzes bei Gericht eingereicht, dann liegt mangels abweichender An- haltspunkte eine mehrfache Berufungseinlegung mit der Folge vor, daß die zunächst wirkungslose zweite Einlegung wirksam wird, wenn die durch Telefax eingelegte Berufung ihre Wirksamkeit verliert. Der Umstand, daß die Berufung vom 15. März 2002 durch Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ihre Wirksamkeit verloren hatte, bewirkte also, daß die ebenfalls noch fristgemäß eingelegte Berufung vom 18. März 2002 Wirksamkeit erlangte und diese durch die rechtzeitig eingegangene Berufungsbegründung auch behielt.
2. Dementsprechend waren der Verwerfungsbeschluß vom 19. Juli 2002 aufzuheben und der die Wiedereinsetzung versagende Beschluß vom 7. Juni 2002 für gegenstandslos zu erklären.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 208/03
vom
17. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 Ha, 520 Abs. 2 Satz 1
Falls die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe nur die
Frist zur Einlegung des Rechtsmittels, nicht aber auch die Frist zu seiner Begründung
versäumt hat, kann sie nicht darauf verwiesen werden, innerhalb von zwei Werktagen
einen Antrag zur Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist zu stellen (im Anschluß
an BGH, Beschl. v. 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3276; v.
25. September 2003 - III ZB 84/02, NJW 2003, 3782).
BGH, Beschluß vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 17. Juni 2004

beschlossen:
Dem Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 25. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. Juli 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 36. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 19. November 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen worden ist.
Dem Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Zur Verhandlung und neuen Entscheidung über die Berufung sowie über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


Mit Urteil des Landgerichts wurde der Beklagte unter A bweisung seiner Widerklage verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 7.041,42 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Urteil wurde der damaligen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwältin P. , am 28. November 2002 zugestellt. Der Beklagte beantragte beim Kammergericht am 30. Dezember 2002 die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Einlegung der Berufung, die Beiordnung der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, die sich zur Übernahme des Berufungsmandats bereit erklärt habe, und die Gewährung einer Frist zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Berufungsbegründung. Das Kammergericht bewilligte mit Beschluß vom 23. Januar 2003 Prozeßkostenhilfe. Mangels Anzeige der Vertretungsbereitschaft blieb die Beiordnung der Rechtsanwältin vorbehalten. Der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wurde zurückgewiesen , weil er nicht von einem beim Kammergericht zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden war. Dieser Beschluß wurde dem Beklagten persönlich am 25. Januar 2003 und der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 27. Januar 2003 zugestellt.
Am 7. Februar 2003 hat der Beklagte durch einen ande ren Prozeßbevollmächtigten , Rechtsanwalt J. , Berufung eingelegt. Zugleich hat er "gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ferner hat er beantragt, ihm zur Begründung der Berufung eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Wie-
dereinsetzungsbeschlusses, hilfsweise eine zweimonatige Frist ab Zustellung des Prozeßkostenhilfebewilligungsbeschlusses zu gewähren sowie, weiter hilfsweise, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Schließlich hat er die Beiordnung seines neuen Prozeßbevollmächtigten beantragt. Mit Beschluß vom 7. Juli 2003 hat das Kammergericht den neuen Prozeßbevollmächtigten beigeordnet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist gewährt; den Antrag auf Wiedereinsetzung "gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist" hat es abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwer de. Durch Beschluß vom 12. Februar 2004 - zugestellt am 1. März 2004 - hat der Senat dem Beklagten Prozeßkostenhilfe bewilligt. Daraufhin hat dieser am 9. März 2004 wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die Rechtsbeschwerde begründet.

II.


Dem Beklagten ist wegen der Versäumung der Frist zur Be gründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihn daran kein Verschulden trifft. Er ist zur Durchführung des Verfahrens erst seit der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe durch den Senat in der Lage und hat rechtzeitig die Wiedereinsetzung beantragt und die Rechtsbeschwerde begründet.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZP O) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie hat auch Erfolg, weil der Beklagte ohne sein Verschulden gehindert war, die Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist (§ 520 Abs. 2 ZPO) zu begründen.
1. Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Auffassun g darauf gestützt , nach Zustellung der die Prozeßkostenhilfe bewilligenden Entscheidung hätte der Beklagte innerhalb der noch verbleibenden Zeit bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist die bereits mandatierte RechtsanwältinP. oder einen anderen Rechtsanwalt beauftragen können, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Gegebenenfalls wäre die Frist mindestens um einen Monat verlängert worden.
2. Diese Auffassung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die V orschrift des § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO, bei deren wortgetreuer Befolgung die Begründung des Rechtsmittels innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses für die Einhaltung der Frist nachzuholen wäre, verfassungskonform auszulegen (BGH, Beschl. v. 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3276; v. 25. September 2003 - III ZB 84/02, NJW 2003, 3782; vgl. hierzu Deichfuß BGH-Report 2003, 1157, 1362). Danach kann, falls die im Sinne von § 114 ZPO arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels, sondern auch die Frist zu seiner Begründung versäumt hat, die Frist zur Begründung des Rechtsmit-
tels mit Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung neu beginnen. Alternativ wird erwogen, daß erst mit der Zustellung der die Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist gewährenden Entscheidung eine einmonatige Begründungsfrist beginnt.

b) Von diesen Fällen unterscheidet sich der vorliegende zwar dadurch, daß hier die Berufungsbegründungsfrist noch nicht abgelaufen war, als der Beklagte Kenntnis von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erhielt. Auch ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht etwa deswegen abgelehnt worden , weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist eingereicht wurde, sondern weil der Beklagte es unterlassen hat, rechtzeitig durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt einen Fristverlängerungsantrag zu stellen.
Diese Unterschiede sind jedoch grundsätzlich nicht erheblich . Die Stellung eines Fristverlängerungsantrags erfordert im Regelfall zwar keinen besonderen Zeit- und Arbeitsaufwand; dies ändert jedoch nichts daran, daß unter Zugrundelegung der Auffassung des Berufungsgerichts der armen Partei die ursprüngliche Begründungsfrist weitgehend verloren ginge. Ihr würde angesonnen , in der ihr verbleibenden Zeit - hier: zwei Werktage - einen Prozeßbevollmächtigten zu finden, der bereit ist, sich beiordnen zu lassen und einen Fristverlängerungsantrag zu stellen, wofür er sich einen zumindest summarischen Überblick über den Verfahrensstand verschaffen müßte. Eine Partei, die im Zeitpunkt der Zustellung der die Prozeßkostenhilfe bewilligenden Entscheidung die Rechtsmittelbegründungsfrist noch nicht versäumt hat, darf grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden, als wenn sie auch diese Frist bereits versäumt hätte. Andernfalls hinge der Zeitraum, der ihr zur Einreichung der
Rechtsmittelbegründung zur Verfügung stünde, und das Maß an Anstrengungen , welche die Partei zur Fristwahrung auf sich nehmen müßte, von dem zufälligen und von der Partei nicht beeinflußbaren Umstand ab, ob über ihr Prozeßkostenhilfegesuch vor oder nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist entschieden wird.
Ob die Lage anders zu beurteilen wäre, wenn dem Bekla gten von der ursprünglichen Berufungsbegründungsfrist nicht nur zwei Werktage, sondern ein Zeitraum von einer Woche oder mehr verblieben wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

c) Danach lief im vorliegenden Fall die Berufungsbegrü ndungsfrist frühestens zwei Monate nach Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung ab, mithin am 25. März 2003. Sie war noch offen, als am 7. Februar 2003 Rechtsanwalt J. für den Beklagten - neben der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist - die Verlängerung der zuletzt genannten Frist beantragte.
Daß der Beklagte und RechtsanwaltJ. davon ausging en, die Berufungsbegründungsfrist sei bereits versäumt, und deshalb vorerst davon absahen , die Berufung zu begründen, war nicht schuldhaft. Sie befanden sich im Einklang mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach diese verfassungskonform auszulegen ist, gab es noch nicht. In seiner Rechtsauffassung mußte sich Rechtsanwalt J. durch einen Hinweis des Berufungsgerichts vom 11. Februar 2003 bestätigt fühlen, wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist komme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, weil die nach Zustel-
lung der Prozeßkostenhilfeentscheidung verbliebene Zeit zumindest zur Stellung eines Fristverlängerungsantrags ausgereicht hätte. Immerhin hatte Rechtsanwalt J. dem Berufungsgericht den richtigen Weg gewiesen, indem er zusätzlich beantragt hatte, dem Beklagten eine einmonatige Frist zur Berufungsbegründung ab Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses, hilfsweise eine zweimonatige Frist ab Zustellung des Prozeßkostenhilfebeschlusses zu "gewähren".
Hinzu kommt, daß der Beklagte zunächst - mangels Beiordnu ng des Rechtsanwalts J. - noch gar nicht in der Lage war, seinen neuen Prozeßbevollmächtigten mit der Einreichung der Berufungsbegründung zu beauftragen. Nach dem unwiderlegten Vortrag des Beklagten war Rechtsanwalt J. vor seiner Beiordnung nur bereit, die Berufung einzulegen und die Wiedereinsetzungsanträge zu stellen, nicht aber, die Berufung zu begründen. In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wird das der Rechtsverfolgung entgegenstehende Hindernis der Armut erst mit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beseitigt (BGH, Urt. v. 22. März 2001 - IX ZR 407/98, WM 2001, 1038, 1039). Die Beiordnung des Rechtsanwalts J. hat das Berufungsgericht indes mit Beschluß vom 28. März 2003 zunächst abgelehnt. Diese Entscheidung hat es erst auf die Gegenvorstellung des Beklagten hin mit dem weiteren Beschluß vom 7. Juli 2003 korrigiert.
Zwar hätte der Beklagte nunmehr durch Rechtsanwalt J. die Berufungsbegründung fertigen und einreichen können. Da das Berufungsgericht wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat, lief jedoch - selbst unter Zugrundelegung des alternativen Lösungsansatzes (vgl. oben a) - keine neue Frist, die der
Beklagte einhalten mußte. Die Frage, ob die Berufungsbegründungsfrist mit Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung oder mit Zustellung der die Wiedereinsetzung bewilligenden Entscheidung zu laufen beginnt, kann deshalb auch hier offen bleiben.

IV.


Die angefochtene Entscheidung ist somit aufzuheben, sowei t sie dem Beklagten nachteilig ist. Dem Beklagten ist wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Zur Verhandlung und neuen Entscheidung über die Beru fung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 147/02
vom
9. Juli 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist.
BGH, Beschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - OLG Zweibrücken
AG Ludwigshafen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke,
den Richter Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 7. August 2002 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen vom 22. Februar 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufungsbegründung bedarf es nicht. Beschwerdewert: 1.208

Gründe:

I.

Mit am 28. März 2002 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das ihr am 28. Februar 2002 zugestellte Urteil des Familiengerichts
zu gewähren. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß wurde ihr am 14. Mai 2002 zugestellt. Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 28. Mai 2002 legte die Klägerin Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Am 27. Juni 2002 begründete sie die Berufung und beantragte zugleich vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Das Berufungsgericht lehnte die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist ab und verwarf die Berufung als unzulässig, weil diese nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet worden und die Begründung auch nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Berufungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der armen Partei, die sowohl die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) als auch die Zwei-
monatsfrist für deren Begründung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt habe, könne nach Bewilligung der innerhalb der Berufungsfrist formgerecht beantragten Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn sie innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur die versäumte Prozeßhandlung der Einlegung der Berufung nachgeholt, sondern diese auch begründet habe. 2. Auch wenn der Wortlaut der zitierten Vorschriften kein anderes Ergebnis zuzulassen scheint, hält diese Auffassung der rechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei kann zunächst nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin durch ihre mit einem Wiedereinsetzungsgesuch verbundene Berufungsschrift, die innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe bei Gericht eingegangen ist, hinsichtlich der Einlegung der Berufung im Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristwahrend und auch im Übrigen ordnungsgemäß tätig geworden ist. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung daher zu Recht als - für sich gesehen - offensichtlich begründet angesehen und ihm nur deshalb nicht stattgegeben, weil die Berufung nach seiner Ansicht aus anderen Gründen, nämlich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist , unzulässig ist. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, den an einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im
Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Dazu zählt, daß die Partei grundsätzlich die Fristen ausnutzen darf, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtliche Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191). Um die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer (vgl. BVerfG aaO und FamRZ 2000, 474, 475) zu gewährleisten, bedarf es daher angesichts der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist einer verfassungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz ZPO (vgl. auch Sächsisches OVG SächsVBl. 2000, 95 zum gleichlautenden § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Betrachtung der zivilprozessualen Vorschriften vor und nach der Reform sowie anderer Verfahrensordnungen :
b) Die Durchführung des Rechtsmittels der Berufung (wie auch der Revision ) vollzieht sich regelmäßig in zwei Schritten, nämlich der Einlegung des Rechtsmittels und seiner Begründung. Für diese beiden Teilakte sah und sieht das Gesetz unterschiedlich lange Fristen vor. Nach bisherigem Zivilprozeßrecht (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) war der Lauf der Begründungsfrist einlegungsabhängig, d.h. die bislang einmonatige Begründungsfrist wurde erst durch die Einlegung des Rechtsmittels in Lauf gesetzt. Dies hatte zur Folge, daß der armen Partei, die an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehindert war, nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zwar nur die Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verblieb, um die Rechtsmitteleinlegung nachzuholen, was indes unbedenklich ist, da die Rechtsmitteleinlegung - im Gegensatz zur Begründung des Rechtsmittels - nur geringen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Sodann verblieb ihr aber die volle
vom Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat ab Einlegung des Rechtsmit- tels, um dieses zu begründen oder eine Verlängerung der Begründungsfrist nach § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. zu beantragen.
c) Durch das Zivilprozeßreformgesetz ist die Rechtsmittelbegründungsfrist nunmehr in Angleichung an andere, noch zu erörternde Verfahrensordnungen unabhängig vom Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gestaltet worden ; sie beträgt nunmehr zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das hat zur Folge, daß die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zumeist nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels versäumt haben wird, sondern - zumindest nach der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die Frist zu seiner Begründung. Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO strikt befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die vom Berufungsgericht angenommene Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung des Rechtsmittels innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen.
d) Eine derart einschneidende Verkürzung der Begründungsfrist, wie sie schon das Reichsgericht (RG WarnRspr. 1920 Nr. 63 S. 79 a.E.) für unbillig gehalten hat, entspricht ersichtlich nicht der Absicht der Neuregelung des Zivilprozeßrechts. Der Zwang zur Berufungsbegründung soll auch im Interesse der Entlastung der Gerichte zu einer gründlichen und sachgerechten Prüfung der Frage anhalten, ob ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden soll (vgl. MünchKommZPO/Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 2); eine Verkürzung der Begründungsfrist liefe diesem Anliegen zuwider. Die Neuregelung der Begründungsfrist sollte vielmehr die Fristberechnung vereinfachen und so die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen wegen fehlerhafter Fristberechnung vermindern; im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber es für hinnehmbar,
daß sich im Falle frühzeitiger Berufungseinlegung im Vergleich zum bisherigen Recht eine relative Verlängerung der Begründungsfrist ergebe (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Daß hingegen auch eine mögliche Verkürzung bewußt in Kauf genommen werden soll, erscheint angesichts dieser Begründung ausgeschlossen. Insbesondere war mit der Neuregelung ersichtlich nicht beabsichtigt, der mittellosen Partei, die die Berufungsfrist versäumt hat, die nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit zu nehmen , eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. Zudem liefe eine solche Verkürzung dem Anliegen, die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen einzudämmen, erst recht zuwider. Denn sie hätte die absehbare Folge, daß die versäumte Berufungsbegründung nach der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe in aller Regel nicht innerhalb der Zweiwochenfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nachgeholt werden kann. Die Gerichte müßten daher nicht nur über die Wiedereinsetzung der armen Partei in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist befinden, sondern regelmäßig auch über einen weiteren, mit Arbeitsüberlastung des Anwalts begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist zu stellen gewesen wäre.
e) Soweit § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung innerhalb der Zweiwochenfrist verlangt, konnte dies im Falle der an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehinderten armen Partei nach bisherigem Recht nicht zu einer Verkürzung der ihr zu Gebote stehenden Begründungsfrist führen, weil diese erst mit der Einlegung der Berufung zu laufen begann. Da nunmehr die Versäumung der Einlegungsfrist durch die arme Partei regelmäßig mit der Versäumung der Begründungsfrist einhergehen wird und im Wiedereinsetzungsverfahren deshalb beides innerhalb der gleichen
Frist von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO) - ohne die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist - nachzuholen wäre, wäre eine strikte Handhabung dieser unverändert gebliebenen Vorschrift, die auf diese Folge der Rechtsentwicklung nicht zugeschnitten ist, somit nicht gerechtfertigt. Sie bedarf daher in Fällen, in denen eine arme Partei (oder eine Partei, die sich für bedürftig halten durfte) an der rechtzeitigen Durchführung des Rechtsmittels gehindert war, einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Korrektur (vgl. auch Wagner NJW 1987, 1184), so wie die Rechtsprechung auch bisher schon Korrekturen in der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung hat vornehmen müssen. So läßt sie beispielsweise die einjährige Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO nicht gelten, wenn das Gericht über die rechtzeitig beantragte Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf dieser Frist entschieden hat (vgl. BGH, Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - NJW 1973, 1373 unter Hinweis auf BVerfG NJW 1967, 1267 f.), und gewährt Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung von Fristen, die nicht zu den in § 233 ZPO bezeichneten Notfristen und Rechtsmittelfristen gehören (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1267, 1268 m.N.). 3. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung der Begründungsfrist auf zwei Wochen seit Behebung des in der (objektiv vorliegenden oder vermeintlichen) Mittellosigkeit der Partei liegenden Hindernisses durch die Prozeßkostenhilfeentscheidung ließe sich nach Auffassung des Senats in einer den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdenden Weise - de lege ferenda - am besten dadurch vermeiden, daß der Partei, die rechtzeitig ein vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht hat und bedürftig ist oder sich dafür halten durfte, für die Begründung des Rechtsmittels - oder wahlweise die Beantragung der Verlängerung der Begründungsfrist - erneut eine mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung beginnende Frist von zwei Monaten eingeräumt wird, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtli-
che Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG aaO NJW 1987, 1191). Die Einräumung dieser erneuten Frist würde zugleich bedeuten, daß es einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der - zwei Monate nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung abgelaufenen - Rechtsmittelbegründungsfrist nicht bedarf. Eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der armen gegenüber der bemittelten Partei wäre damit nicht verbunden. Letztere kann sogleich nach Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten anzufechtenden Entscheidung alles zur Durchführung des Rechtsmittels Erforderliche veranlassen, so daß ihr dann für die Begründung des Rechtsmittels ebenfalls eine Frist von zwei Monaten zur Verfügung steht. Lediglich die Zeit, die sie dazu verwendet, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie überhaupt ein Rechtsmittel einlegen will, verringert die ihr dann noch zur Verfügung stehende Zeit für dessen Begründung, während die arme Partei diese Entscheidung mit ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels bereits grundsätzlich getroffen hat. Soweit darin überhaupt ein nennenswerter zeitlicher Vorteil für die arme Partei zu sehen wäre, würde dieser jedoch durch den Nachteil ausgeglichen, der darin besteht, daß sie grundsätzlich darauf verwiesen ist, ihr Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden, also darauf angewiesen ist, sich eines außerordentlichen Rechtsbehelfs zu bedienen , auf den die bemittelte Partei nur ausnahmsweise zurückzugreifen braucht (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1276). Auch soweit die Beschränkungen des Wiedereinsetzungsverfahrens dazu dienen sollen, Mißbrauch und Prozeßverschleppungen entgegenzuwirken, stünde dieser Gesichtspunkt der vorstehenden Lösung nicht entgegen. Die Gerichte bestimmen durch ihre Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe selbst den Zeitpunkt, von dem an das in der Kostenarmut liegende Hindernis entfällt. Von da an ist die Gefahr weiterer Rechtsunsicherheit nicht größer als in jedem anderen Rechtsstreit. Auch das
Vertrauen der Gegenpartei wird hierdurch nicht in einer mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unverträglichen Weise beeinträchtigt. Da sie von dem Prozeßkostenhilfegesuch des Gegners regelmäßig in Kenntnis gesetzt und damit von dessen Absicht, die Entscheidung anzufechten, unterrichtet wird, ist es ihr billigerweise zuzumuten, sich auf die Folgen einzurichten, die sich aus der rückwirkenden Beseitigung der formellen Rechtskraft ergeben, wenn der armen Partei später - wie im Regelfall zu erwarten - Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt wird (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1268). 4. Der mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 29. April 2003 - R A 2 - 3010/18 - R1 246/2003 - inzwischen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz - JuMoG) läßt ebenfalls erkennen, daß die geltende gesetzliche Regelung einer Änderung bedarf. Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs sieht vor, dem § 234 Abs. 1 ZPO folgenden Satz anzufügen: "Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, der Rechtsbeschwerde oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 einzuhalten."
a) Ein Vorgriff auf die vorgesehene Regelung würde indessen die Benachteiligung der unbemittelten Partei nur unzureichend beseitigen und die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. Denn erst ab Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist die unbemittelte Partei in der Lage, einen Anwalt mit ihrer Rechtsverfolgung zu beauftragen, und damit erstmals in der gleichen Situation , in der sich die bemittelte Partei nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung befindet. Ihr verbleibt für die Begründung ihres Rechtsmittels
nach der vorgesehenen Regelung aber nur ein Monat, während der bemittelten Partei nicht nur zwei Monate zur Verfügung stehen, sondern auch die Möglichkeit , fristwahrend Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
b) Dieses Ergebnis entspräche im übrigen nur im Ansatz den Lösungen, die andere oberste Bundesgerichte für ihre jeweiligen Verfahrensordnungen, in denen das Problem ebenfalls besteht, bereits vorgezeichnet haben. Die Regelung , daß die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels (oder des Rechtsbehelfs der Nichtzulassungsbeschwerde) unabhängig von dessen Einlegung in Lauf gesetzt wird, findet sich auch in anderen, älteren Verfahrensordnungen, die dem § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Regelungen über die Wiedereinsetzung enthalten (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung, § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung, § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO in der seit 1. April 1987 geltenden Fassung). Insoweit macht es, auch wenn der Ablauf der Frist dadurch um wenige Tage variieren kann, sachlich keinen grundlegenden Unterschied, ob die Begründungsfrist unmittelbar an das Datum der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung anknüpft (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde; § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Revision; § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG in der seit 1. Januar 1975 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ; § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung : Berufung; § 72 a ArbGG in der ab 1. Juli 1979 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ) oder aber so definiert wird, daß sie mit Ablauf der Einlegungsfrist beginnt, die ihrerseits mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung beginnt (vgl. § 317 StPO: Berufung in Strafsachen; § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO: Revision in Strafsachen).
Trotz des teilweise identischen Wortlauts der jeweils einschlägigen prozessualen Vorschriften ist die Frage, wann die Rechtsmittelbegründungsfrist zu laufen beginnt, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungsfrist beantragt wird, von den obersten Bundesgerichten unterschiedlich beantwortet worden (vgl. BFH BB 1995, 32, 33 m.N.; BFH NJW 2003, 1550, 1551). Für den Fall, daß dem armen Rechtsmittelführer nach der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt worden ist, sieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. BSG SozR 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9), des Bundesverwaltungsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG NJW 1992, 2307) und zur Begründung der Revision (Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84), des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a Abs. 3 ArbGG (NJW 1984, 941) sowie des 2. Strafsenats zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO (BGHSt 30, 335, 338) und zur Begründung der Revision (BGH, Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 459/89 - BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3), vor, daß dem im Prozeßkostenhilfeverfahren erfolgreichen Rechtsmittelführer zur Begründung seines Rechtsmittels nach Zustellung der Entscheidung
über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist zumindest die Frist verbleiben muß, um die die im Gesetz vorgesehene Begründungsfrist die Einlegungsfrist überschreitet, nämlich ein Monat.
c) Gegen diese Lösung, die Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung und nicht schon der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe beginnen zu lassen, spricht nach Auffassung des Senats, daß sie in Fällen, in denen nach der Prozeßkostenhilfeentscheidung umgehend Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewährt wird, für die arme Partei im Ergebnis zu einer Verkürzung der vom Gesetz vorgesehenen Begründungsfrist von zwei Monaten führen kann, und umgekehrt, daß sie in Fällen, in denen das Gericht erst sehr viel später über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet, den Beginn der (einmonatigen) Begründungsfrist in nicht gerechtfertigter Weise zu ihren Gunsten hinausschieben würde. Denn die arme Partei, der auf ihren rechtzeitigen und vollständigen Antrag hin Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, kann sich von diesem Zeitpunkt an der zu gewährenden Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewiß sein, sofern sie nur innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die Einlegung des Rechtsmittels nachholt. Gleiches gilt für die Partei, der Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sich aber für bedürftig halten durfte. Die Zeit bis zur Wiedereinsetzungsentscheidung stünde ihr daher zusätzlich zu der sich daran anschließenden Monatsfrist zur Begründung des Rechtsmittels zur Verfügung; für diesen Vorteil im Vergleich zu einer bemittelten Partei ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. 5. Das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 2002, 1050) hat lediglich für den Sonderfall, daß das Berufungsgericht von einer gesonderten Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist abgesehen hat, die zweimonatige Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (deren Lauf ebenso geregelt ist wie der Lauf der
Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) mit Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe erneut beginnen lassen und ist damit für diesen Fall ebenfalls zu dem vom erkennenden Senat für angemessen gehaltenen Ergebnis gelangt. Allerdings erscheint die Beschränkung auf Fälle des Absehens von einer gesonderten Wiedereinsetzung bedenklich. Da die Partei nicht voraussehen kann, ob und gegebenenfalls wann das Gericht eine gesonderte Entscheidung über die beantragte Wiedereinsetzung treffen wird, bliebe sie im Ungewissen, ob die zweimonatige Begründungsfrist mit der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zu laufen begonnen hat, oder ob demnächst an deren Stelle eine mit der Wiedereinsetzungsentscheidung beginnende einmonatige Frist treten wird. Dies liefe dem ursprünglichen Anliegen des ZPO-Reformgesetzes zuwider, die Berechnung von Rechtsmittelbegründungsfristen zu vereinfachen und Irrtümer zu vermeiden. Zugleich läßt diese Lösung die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG ZIP 2003, 1102, 1109) vermissen. 6. Im vorliegenden Fall bedarf es indes keiner abschließenden Entscheidung , ob bis zu einer Neuregelung des § 234 Abs. 1 ZPO den Erwägungen des Senats (oben zu 3), der Rechtsprechung anderer Bundesgerichte (oben zu 4 b) oder für den hier vorliegenden Sonderfall der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (oben zu 5) zu folgen ist. Nach allen drei Auffassungen hat die Klägerin nämlich durch ihre am 27. Juni 2002 eingegangene Berufungsbegründung die Begründungsfrist gewahrt : nach der Auffassung des Senats - und im Ergebnis ebenso nach der Entscheidung BVerwG DVBl. 2002, 1050 -, weil die zweimonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung am 14. Mai 2002 zu laufen begann, und desgleichen nach der oben zu 4 zitierten Recht-
sprechung, derzufolge eine einmonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der vorliegenden Entscheidung des Senats beginnt, die der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gewährt. Da die Klägerin die Frist zur Begründung ihrer Berufung somit nicht versäumt hat und es der von ihr vorsorglich auch insoweit beantragten Wiedereinsetzung nicht bedarf, war die angefochtene, die Berufung verwerfende Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(2) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision abgeholfen oder läßt das Bundesverwaltungsgericht die Revision zu, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Urteil nach § 133 Abs. 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(3) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 zu begründen; im Falle des Absatzes 2 beträgt die Begründungsfrist einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Durch Vereinbarung der Parteien können Fristen, mit Ausnahme der Notfristen, abgekürzt werden. Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die in diesem Gesetz als solche bezeichnet sind.

(2) Auf Antrag können richterliche und gesetzliche Fristen abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind, gesetzliche Fristen jedoch nur in den besonders bestimmten Fällen.

(3) Im Falle der Verlängerung wird die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet, wenn nicht im einzelnen Fall ein anderes bestimmt ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/05
vom
21. März 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 18. Mai 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gewährt. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.000 €.

Gründe:

I.

1
Die von der Klägerin erhobene Klage ist durch Urteil des Amtsgerichts L. vom 29. Juli 2004, ihren Prozessbevollmächtigten zugestellt am 2. August 2004, abgewiesen worden. Mit am 12. August 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz legte die Klägerin hiergegen "Berufung für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz" ein, beantragte Pro- zesskostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen nicht unterzeichneten "Berufungsbegründungs-Entwurf" vor.
2
Das Berufungsgericht bewilligte den Beklagten zu 1 bis 5 und 7 durch Beschluss vom 24. Februar 2005 und der Klägerin durch Beschluss vom 25. Februar 2005 unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten jeweils Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug. Am 3. März 2005 wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Schreiben des Berufungsgerichts zugestellt , in dem es hieß: "anbei erhalten Sie folgende Schriftstücke: - Beschluss vom 24.02.2005".
3
Der Vorsitzende des Berufungsgerichts wies die Klägerin mit Verfügung vom 5. April 2005 darauf hin, dass ihre Berufung unzulässig sein dürfte, weil sie bedingt für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt wurde. "Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfte ebenfalls ausgeschlossen sein, dies jedenfalls deshalb, weil innerhalb von einem Monat nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe keine Berufungsbegründung vorgelegt wurde (§ 234 Abs. 1 S. 2 ZPO)." Der Klägerin wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22. April 2005 gesetzt. Mit Schreiben vom 18. April 2005 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf diese Verfügung Akteneinsicht mit der Begründung, der Wortlaut des Hinweises in der Verfügung vom 5. April 2005 sei für die Klägerseite nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Die Akteneinsicht wurde am 20. April 2005 gewährt.
4
Am 29. April 2005 ist beim Berufungsgericht ein Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Zugleich hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese begründet.
5
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, ihnen sei lediglich der Beschluss vom 24. Februar 2005 zugestellt worden. Erst nach der Akteneinsicht hätten sie aus den Gerichtsakten erfahren, dass der Klägerin bereits mit Beschluss vom 25. Februar 2005 Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz bewilligt worden sei.
6
Die Parteien wurden durch eine weitere Verfügung des Berufungsgerichts vom 4. Mai 2005 unter anderem darauf hingewiesen, dass der Wiedereinsetzungsantrag schon deshalb verspätet gewesen sein dürfte, weil der Klägerin jedenfalls aus der Verfügung vom 5. April 2005 bekannt gewesen sei, dass Prozesskostenhilfe bewilligt und damit das Hindernis im Sinne der §§ 233, 234 Abs. 2 ZPO behoben worden sei. Die Verfügung vom 5. April 2005 sei noch am gleichen Tag ausgefertigt worden und dürfte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin daher vor dem 14. April 2005 zugegangen sein.
7
Nachdem diese in ihrer Stellungnahme zu dem Hinweis nochmals darauf hingewiesen hatten, dass aus der Verfügung vom 5. April 2005 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht positiv bekannt gewesen sei, hat das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen , weil er nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 S. 1 ZPO gestellt worden sei, und die Berufung als unzulässig verworfen. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei spätestens mit Zugang des Hinweises vom 5. April 2005 bekannt gewesen, dass das Hindernis für die Einhaltung der Berufungsfrist entfallen war. Da jede Form der Kenntniserlangung ausreiche, komme es nicht darauf an, ob die Prozessbevollmächtigten den Bewilligungsbeschluss vom 25. Februar 2005 bereits mit der Ausfertigung des Beschlusses vom 24. Februar 2005 erhalten hätten.

II.

8
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie ist begründet, weil der angefochtene Beschluss die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt (vgl. Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), indem er der Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund zu hoher Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihrer Prozessbevollmächtigten versagt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben.
9
a) Der Wiedereinsetzungsantrag muss innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gestellt werden. Diese beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1963 - VI ZB 5/63 - VersR 1963, 1084; BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94 - VersR 1994, 1324; vom 2. Oktober 1985 - IV b ZB 62/85 - VersR 1986, 40, 41). Nach ständiger Rechtsprechung bedarf der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dabei keiner förmlichen Zustellung; ausreichend ist vielmehr eine formlose Mitteilung (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1963 - VI ZB 5/63 - aaO, 1085 sowie BGHZ 30, 226, 229). Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich zudem, dass für den Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 234 Abs. 2 ZPO nicht entscheidend ist, dass der Klägerin oder ihrem Prozessbevollmächtigten der die Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss tatsächlich zugegangen ist. Beho- ben ist das Hindernis vielmehr schon dann, wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1989 - I ZB 3/89 - VersR 1990, 402; vom 13. Mai 1992 - VIII ZB 3/92 - VersR 1993, 205, 206; vom 15. Oktober 1997 - IV ZB 15/97 - BGHR ZPO § 234 Abs. 2, Fristbeginn 10 m.w.N.; vom 13. Dezember 1999 - II ZR 225/98 - NJW 2000, 592). Auch wenn diese Entscheidungen regelmäßig zur Versäumung einer Rechtsmittelfrist ergangen sind, ergibt sich daraus der allgemeine Grundsatz, dass das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt den Wegfall des Hindernisses hätten erkennen können (vgl. die Nachweise bei Born NJW 2005, 2042, 2043).
10
b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, das bis zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe bestehende Hindernis für die Einlegung der Berufung sei mit Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 5. April 2005 weggefallen. Dieser Hinweis hat jedoch das Hindernis für die Einhaltung der Berufungsfrist und damit auch der Berufungsbegründungsfrist nicht entfallen lassen. Aus ihm ergab sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass, wann und in welchem Umfang der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Da zudem in dem gerichtlichen Begleitschreiben vom 1. März 2005, mit dem der Bewilligungsbeschluss zugestellt worden sein soll, nur die Übersendung des Beschlusses vom 24. Februar 2005 aufgeführt war, durch den den Beklagten zu 1 bis 5 und 7 Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist verständlich, dass auch sorgfältige Anwälte den Hinweis vom 5. April 2005 nicht nachvollziehen konnten und zunächst einen Antrag auf Akteneinsicht stellten. Es ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin daher nicht vorzuwerfen, wenn sie erst durch die Akteneinsicht am 20. April 2005 erfahren haben, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe im zweiten Rechtszug bereits durch Beschluss vom 25. Februar 2005 unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt worden ist und dieser Beschluss bereits am 1. März 2005 abgegangen sein soll. Deshalb haben sie die Wiedereinsetzungsfrist nicht schuldhaft versäumt.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Lahr, Entscheidung vom 29.07.2004 - 6 C 6/04 -
LG Offenburg, Entscheidung vom 18.05.2005 - 1 S 136/04 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.