Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2018 - VIII ZB 70/17
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt
beschlossen:
Gründe:
I.
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- Die Klägerin war bis Ende April 2016 Mieterin einer Wohnung des Beklagten in G. . Nach ihrem Auszug verrechnete der Beklagte die von ihr geleistete Kaution mit Kosten für verschiedene Renovierungsarbeiten.
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- Das Amtsgericht hat mit - dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19. Juni 2017 zugestelltem - Urteil vom 8. Juni 2017 deren Klage auf Rückzah- lung eines restlichen Kautionsbetrags von 762,08 € abgewiesen. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin fristgerecht beim Landgericht Berufung eingelegt. Auf den am 16. August 2017 beim Landgericht weiter eingegangenen Antrag der Klägerin, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. September 2017 zu verlängern, hat der Vorsitzende der Berufungskammer - unter Abweisung des Gesuchs im Übrigen - die Begründungsfrist bis zum 19. September 2017 verlängert. Diese als Beschluss bezeichnete Verfügung ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. August 2017 zugestellt worden.
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- Mit Verfügung vom 21. September 2017 - dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. September 2017 zugestellt - hat der Vorsitzende der Berufungskammer darauf hingewiesen, dass innerhalb der Begründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen ist.
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- Hierauf hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit am 9. Oktober 2017 eingegangenem Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 Wiedereinsetzung in die am 19. September 2017 abgelaufene Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich das Rechtsmittel begründet. Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie im Wesentlichen ausgeführt und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin ihres Prozessbevollmächtigten , durch anwaltliche Versicherung und durch Vorlage einer Kopie des Schreibens des Landgerichts vom 18. August 2017, das mit einer schriftlichen Verfügung ihres Prozessbevollmächtigten versehen ist, glaubhaft gemacht:
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- Das Büro ihres Prozessbevollmächtigten sei so organisiert, dass eingehende Fristsachen zunächst mit einem Posteingangsstempel versehen und anschließend mit der zugehörigen Akte dem Rechtsanwalt vorgelegt würden. Bei diesem Stempel seien rund um die Datumsangabe verschiedene Felder vorgesehen , auf denen der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dann durch Ankreuzen oder Einkreisung auswählen könne, was mit der Akte geschehen solle. Un- ter diesen Auswahlmöglichkeiten befinde sich auch das Feld "Frist notieren", das dieser in solchen Fällen markiere und zur weiteren Bearbeitung in sein Sekretariat zurückgebe. Anschließend trage die ausgesprochen zuverlässige und gewissenhafte Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Frau N. Q. , die zu notierende Frist in einen handschriftlich geführten Fristenkalender sowie in den elektronischen Fristenkalender der Kanzleisoftware ein. Außerdem werde eine Wiedervorlage notiert, die in der Regel von ihrem Prozessbevollmächtigten so gewählt sei, dass die Akte spätestens eine Woche vor Fristablauf dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wieder vorgelegt werde.
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- Den Posteingang vom 21. August 2017, darunter auch den Fristverlängerungsbeschluss des Landgerichts vom 17. August 2017, habe die Kanzleimitarbeiterin Q. am Folgetag bearbeitet. Dem allgemeinen Ablauf folgend sei die Akte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch am selben Tag vorgelegt und von ihm mit der Verfügung versehen worden, den Beschluss der Klägerin per E-Mail zu übermitteln, die Frist zu notieren und ihm anschließend die Akte in zwei Wochen wieder vorzulegen. Entgegen seiner Anordnung seien jedoch weder die Frist zur Berufungsbegründung noch die verfügte Wiedervorlage notiert worden. Frau Q. sei davon ausgegangen, sämtliche Verfügungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin weisungsgemäß ausgeführt zu haben und habe wohl angenommen, die im Fristenkalender enthaltenen Eintragungen für den 19. September 2017 beträfen die vorliegende Angelegenheit.
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- Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27. November 2017 den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Es sieht ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden in einer unterlassenen Organisation von Fristsachen darin, dass für sämtliche Fristsachen - auch für eine innerhalb einer beantragten Fristverlängerung zu fertigende Berufungsbegründung - eine Vorfrist einzutragen sei. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf das Ende des beantragten Verlängerungszeitraums vorgesehene Wiedervorlage von zwei Wochen habe als Vorkehrung gegen eine Fristversäumung nicht ausgereicht, weil hierdurch nicht sichergestellt gewesen sei, dass die Berufungsbegründung noch am Tag der Wiedervorlage fertiggestellt werde, und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch nicht auf die Gewährung einer weiteren Fristverlängerung habe vertrauen dürfen. Vorliegend habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin lediglich eine allgemeine Anweisung geschildert, die eine Vorfrist nicht vorgesehen habe. Wäre aber die Vorfrist notiert worden, hätte er bei der Fristenkontrolle festgestellt, dass die Frist nur bis zum 19. September 2017 gelaufen wäre. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
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- Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
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- 1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt die Verfahrensgrundrechte der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden beziehungsweise die den Parteien den Zu- gang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. nur BVerfG, AnwBl 2015, 976, 977 mwN; Senatsbeschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 6; vom 1. März 2016 - VIII ZB 57/15, NJW 2016, 2042 Rn. 12; vom 12. Juli 2016 - VIII ZB 55/15, WuM 2016, 632 Rn. 1; vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 9). Darüber hinaus hat das Berufungsgericht - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht - den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör auch dadurch verletzt, dass es den Vortrag der Klägerin zur gesetzten Wiedervorlagefrist inhaltlich nicht hinreichend erfasst hat.
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- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Klägerin hat zwar die (verlängerte) Berufungsbegründungsfrist versäumt. Ihr ist jedoch auf ihren rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellten Antrag (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 ZPO) hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ein eigenes oder ihr zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigen (§ 85 Abs. 2 ZPO) daran gehindert war, die Frist zur Begründung ihrer Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Das Berufungsgericht hat bei seiner abweichenden Beurteilung das - glaubhaft gemachte - Vorbringen der Klägerin zum Ablauf der Bearbeitung der streitgegenständlichen Fristsache in seinem Inhalt nicht hinreichend erfasst und die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts überspannt.
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- a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der am 9. Oktober 2017 eingegangene Schriftsatz die Frist zur Begründung der Berufung nicht gewahrt hat, denn die vom Vorsitzenden der Berufungskammer verlängerte Berufungsbegründungsfrist endete mit Ablauf des 19. September 2017. Da die Berufungsbegründung erst am 9. Oktober 2017 beim Berufungsgericht eingegangen ist, wäre eine Fristversäumung selbst dann eingetreten, wenn der Vorsitzende - wie vom Prozessbevollmächtigten entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07, NJW-RR 2008, 76 Rn. 7 f.; vom 10. März 2009 - VII ZB 87/08, NJW-RR 2010, 209 Rn. 6) beantragt - die Begründungsfrist bis zum 21. September 2017 verlängert hätte.
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- b) Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft der Klägerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht die von ihm nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu verlangenden allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen gegen eine Fristversäumung getroffen. Er hat jedoch eine Einzelanweisung gegeben, die in Verbindung mit der bestehenden allgemeinen Organisation des Fristenwesens geeignet war, eine Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu verhindern, wenn sie von der Kanzleimitarbeiterin ordnungsgemäß ausgeführt worden wäre.
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- aa) Ein Rechtsanwalt hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofs durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen auszuschließen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 8; vom 22. September 2015 - XI ZB 14/14, juris Rn. 11; vom 29. September 2016 - I ZB 31/16, juris Rn. 11; vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 5/16, NJW-RR 2017, 953 Rn. 8; jeweils mwN). Ein bestimmtes Verfahren ist insoweit zwar weder vorgeschrieben noch allgemein üblich (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1988 - VIII ZR 84/88, NJW 1989, 2393 unter II 2; Beschlüsse vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09, VersR 2011, 89 Rn. 15; vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6; vom 27. Januar 2015 - II ZB 21/13, NJW 2015, 2038 Rn. 7; jeweils mwN). Auf welche Weise der Rechtsanwalt sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen, steht ihm grundsätzlich frei (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09, aaO; vom 13. Juli 2013 - VI ZB 1/10, aaO; vom 28. Mai 2013 - VI ZB 6/13, NJW 2013, 2821 Rn. 9; vom 27. Januar 2015 - II ZB 21/13, aaO; vom 29. September 2016 - I ZB 31/16, aaO). Sämtliche organisatorischen Maßnahmen müssen aber so beschaffen sein, dass auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs, etwa durch Überlastung oder Erkrankung der zuständigen Angestellten, Verzögerungen der anwaltlichen Bearbeitung oder ähnliche Umstände, bei Anlegung eines äußersten Sorgfaltsmaßstabes die Einhaltung der anstehenden Frist gewährleistet ist (BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, aaO; vom 27. Januar 2015 - II ZB 21/13, aaO; jeweils mwN).
- 14
- (1) Hiervon ausgehend darf der Rechtsanwalt zwar die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen. Jedoch hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. September 2014 - III ZR 47/14, NJW 2014, 3452 Rn. 8; Senatsbeschlüsse vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815 unter II 3 a; vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10, NJW 2010, 3305 Rn. 9; jeweils mwN). Weiter hat er seine Tätigkeit für die Partei so einzurichten, dass auch mögliche Unregelmäßigkeiten und Zwischenfälle, sofern sie nicht außerhalb des Bereichs der vernünftigerweise anzustellenden Berechnungen liegen, kein Hindernis für die Wahrung der Frist bilden. Deshalb muss in der Organisation des Fristenwesens einer Anwaltskanzlei gewährleistet sein, dass außer der eigentlichen Rechtsmit- telbegründungsfrist auch eine Vorfrist notiert wird, mit der sichergestellt werden soll, dass dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt für die Fertigung der Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelbegründung hinreichend Zeit verbleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2011 - X ZR 16/11, juris Rn. 16; vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 5/16, aaO; jeweils mwN).
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- (2) Für den Fall eines Fristverlängerungsantrags bestehen zusätzliche Anforderungen an das Fristenwesen. In diesen Fällen muss als zusätzliche Fristensicherung auch das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags im Fristenbuch eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig, spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt werden kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, NJW-RR 1999, 1663 unter II 1; vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, aaO; vom 22. März 2011 - II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 12; vom 28. Mai 2013 - VI ZB 6/13, aaO; vom 22. September 2015 - XI ZB 14/14, aaO Rn. 14; jeweils mwN). Zugleich mit der Eintragung des beantragten (voraussichtlichen) Fristenendes ist hierfür auch eine Vorfrist einzutragen (BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, aaO unter II 2; vom 22. März 2011 - II ZB 19/09, aaO Rn. 14, 16). Auf diese Weise kann die Fristwahrung in der Regel selbst dann gewährleistet werden, wenn die Eintragung der ursprünglichen Frist versehentlich gelöscht worden und die Eintragung der verlängerten Frist versehentlich unterblieben ist (BGH, Beschluss vom 22. März 2011 - II ZB 19/09, aaO).
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- bb) Diese Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht in vollem Umfang beachtet.
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- (1) Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Klägerin besteht in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten die Handhabung, dass dieser jeweils nach Eingang eines fristgebundenen Schriftstücks die Eintragung der Frist verfügt und zugleich die Anweisung gibt, eine von ihm konkret bestimmte Wiedervorlagefrist zu notieren, die in der Regel so gewählt ist, dass ihm die Akte spätestens eine Woche vor Fristablauf wieder vorgelegt wird. Es fehlt damit an einer allgemeinen Anweisung bezüglich der Eintragung von laufenden Rechtsmittel - oder Rechtsmittelbegründungsfristen und sich hierauf beziehenden Vorfristen. Die zuständige Mitarbeiterin wird in Fristsachen erst tätig, wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen einer Einzelanweisung die Eintragung der Frist und der Wiedervorlagefrist verfügt hat.
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- (a) Dies ist zwar entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht bereits deswegen zu beanstanden, weil anstelle einer Vorfrist eine - vor Fristablauf vorzunehmende - Wiedervorlage gewählt worden ist. Denn die Verfügung einer Wiedervorlage stellt nichts anderes dar als die Anweisung, die Akte zu einem bestimmten Zeitpunkt dem Prozessbevollmächtigten vorzulegen. Sie soll letztlich - ebenso wie eine Vorfrist - dazu dienen, dass die Akte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin rechtzeitig zur Bearbeitung vorgelegt wird. Damit erfüllt auch sie, sofern - wie hier vorgetragen und glaubhaft gemacht - die Weisung besteht, sie einzutragen, den einer Vorfrist zukommenden Zweck, dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt zu ermöglichen, sich rechtzeitig auf die bevorstehende Fertigung der Rechtsmittelbegründung einzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 5/16, aaO mwN).
- 19
- (b) Die Festlegung und Eintragung des Wiedervorlagedatums ist vorliegend jedoch - anders als dies regelmäßig bei einer generell bestimmten und von der zuständigen Kanzleikraft ohne das Erfordernis weiterer Weisungen einzutragenden Vorfrist der Fall ist - von einer zusätzlichen Einzelverfügung des Prozessbevollmächtigen der Klägerin abhängig, der in jeder Fristsache die Länge der Wiedervorlagefrist bestimmt. Dass und welche Vorkehrungen dage- gen getroffen worden sind, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine aufgrund seiner Kanzleiorganisation gebotenen Einzelanweisung - etwa wegen Abwesenheit oder Arbeitsüberlastung - unterlässt, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.
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- (2) Aus ihrem Vortrag ergibt sich auch nicht, welche Verfahrensweise im Falle der Beantragung einer Fristverlängerung in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten gilt. Es ist weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden, dass der Zeitpunkt des voraussichtlichen Endes der beantragten Fristverlängerung im Fristenkalender eingetragen und hierzu eine (ausreichende) Vorfrist eingetragen wurde.
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- cc) Trotz der beschriebenen unzureichenden allgemeinen Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist ihr bezüglich der nicht eingehaltenen Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Denn die lückenhaften allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro ihres Prozessbevollmächtigten sind nach ihrem glaubhaft gemachten Vorbringen im vorliegenden Verfahren durch eine schriftliche Einzelanweisung ergänzt worden, die im Falle ihrer ordnungsgemäßen Befolgung durch die zuständige Mitarbeiterin geeignet gewesen wäre, eine Fristversäumung zu verhindern.
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- (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem Prozessbevollmächtigten einer Partei ein - ihr zuzurechnendes - Verschulden an der Fristversäumung dann nicht anzulasten, wenn zwar die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen oder Anweisungen für eine Fristwahrung unzureichend sind, er aber einer Kanzleikraft, die sich bislang als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, juris Rn. 9 mwN; vom 20. März 2012 - VIII ZB 41/11, NJW 2012, 1737 Rn. 10; vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12, NJW-RR 2013, 1467 Rn. 9 mwN; vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 12 mwN; vom 13. Juli 2017 - IX ZB 110/16, NJW-RR 2017, 1142 Rn. 15; vom 12. Juni 2018 - II ZB 23/17, juris Rn. 14 mwN). Dabei darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die gegenüber einer zuverlässigen Büromitarbeiterin ausgesprochene Einzelanweisung befolgt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935 unter [II] 1 mwN; vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, aaO mwN; vom 20. März 2012 - VIII ZB 41/11, aaO Rn. 11; vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12, aaO mwN).
- 23
- (2) Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine konkrete Einzelanweisung erteilt, indem er am 22. August 2017 schriftlich die Wiedervorlage der Akte in zwei Wochen verfügt hat. Diese Einzelanweisung wäre zwar nicht für sich allein genommen, wohl aber in Verbindung mit der allgemein bestehenden Anweisung, die jeweils verfügten Wiedervorlagefristen ebenfalls zu notieren, im Falle der Befolgung beider Anordnungen geeignet gewesen, die Versäumung der verlängerten Berufungsbegründungsfrist zu verhindern. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausreichende Vorkehrungen zur Fristwahrung getroffen hat und die Fristversäumung letztlich allein der Kanzleimitarbeiterin anzulasten ist, die weder die verlängerte Berufungsbegründungsfrist noch das Wiedervorlagedatum notiert hat. Deren Verschulden wird der Klägerin aber nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2018 - IX ZB 4/17, juris Rn. 5).
- 24
- Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin missverstanden. Es hat verkannt, dass deren Prozessbevollmächtigter - anders als in der vom Bundesgerichtshof am 14. Juli 1999 (XII ZB 62/99, aaO unter II) entschiedenen Fallgestaltung - die Wiedervorlage der Akte nicht auf das Ende des beantragten Verlängerungszeitraums angeordnet hat. Vielmehr hat er nach dem durch die Vorlage einer Kopie der schriftlichen Anordnung ihres Prozessbevollmächtigten, durch dessen anwaltliche Versicherung und durch die eidesstattliche Versicherung der zuständigen Kanzleimitarbeiterin glaubhaft gemachten Vorbringen der Klägerin eine Wiederverlage in zwei Wochen, gerechnet ab dem 22. August 2017, verfügt. Die Vorlage der Akten hätte daher seiner Anweisung nach am 5. September 2017, und damit zwei Wochen vor dem Ende der bis zum 19. September 2017 verlängerten Frist, erfolgen sollen.
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- Da zudem nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Klägerin die generelle Weisung bestand, eine von ihrem Prozessbevollmächtigten verfügte Wiedervorlagefrist auch zu notieren, waren von diesem im vorliegenden Fall ausreichende organisatorische Vorkehrungen gegen eine Versäumung der verlängerten Berufungsfrist getroffen worden. Dass die allgemeine Anweisung besteht , die in Fristsachen im Einzelfall verfügten Wiedervorlagen auch einzutragen , ist zunächst durch die anwaltliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat zudem auch dessen Kanzleimitarbeiterin in ihrer eidesstattlichen Versicherung das Bestehen einer Anweisung zur Eintragung einer verfügten Wiedervorlage bestätigt. Sie hat nämlich angegeben, sie sei davon ausgegangen, dass sie die Frist und die Wiedervorlage bereits notiert gehabt habe. Ihrer eidesstattlichen Versicherung lässt sich zwar nicht entnehmen, ob die Eintragung einer Wiedervorlage als konkrete Einzelanweisung oder - wie von der Klägerin geschildert und von ihrem Prozessbevollmächtigten anwaltlich versichert - als eine allgemeine Weisung erteilt worden ist. Die Natur dieser - sich auf die Ausführung der konkret verfügten Wiedervorlage beziehenden - Weisung ist jedoch vorliegend für die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne Belang. Gleichgültig, ob es sich auch insoweit um eine Einzelanweisung oder um einen Bestandteil der allgemeinen organisatorischen Vor- kehrungen handelt, wäre sie in Verbindung mit der verfügten Wiedervorlagefrist (zwei Wochen ab dem 22. August 2017) geeignet gewesen, im Falle ihrer Beachtung durch die Kanzleimitarbeiterin die eingetretene Fristversäumung zu verhindern.
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 08.06.2017 - 83 C 343/16 -
LG Mainz, Entscheidung vom 27.11.2017 - 3 S 65/17 -
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Antragsteller wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung seiner befristeten Beschwerde wegen Versäumung der Begründungsfrist.
- 2
- Der Antragsteller begehrt Umgang mit seiner im Jahre 2004 geborenen Tochter. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 hat das Familiengericht den Umgang für die Dauer eines Jahres im Wesentlichen ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluss, der ihm am 5. Januar 2009 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller befristete Beschwerde eingelegt, die am 12. Januar 2009 beim Beschwerdegericht eingegangen ist. Am 12. März 2009 (nicht: 10. März 2009) hat der Antragsteller schließlich beantragt, ihm wegen der versäumten Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zugleich hat er die Beschwerde begründet.
- 3
- Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat der Antragsteller u.a. vorgetragen, die Büroangestellte seiner Verfahrensbevollmächtigten habe zunächst versehentlich eine Beschwerdefrist von lediglich 14 Tagen (Ablauf 19. Januar 2009) sowie eine Beschwerdebegründungsfrist von weiteren 14 Tagen (Ablauf 5. Februar 2009) eingetragen. Seine Verfahrensbevollmächtigte habe sie darauf hingewiesen, dass für die Beschwerde und Beschwerdebegründung hinsichtlich der Versagung der Prozesskostenhilfe eine Monatsfrist (Ablauf 5. Februar 2009), für die übrige Beschwerdebegründung eine weitere Monatsfrist (Ablauf 5. März 2009) notiert werden müsse. Dies sei von seiner Verfahrensbevollmächtigten auch auf dem entsprechenden Verfügungszettel, der jedem Posteingang beigefügt sei, schriftlich für ihre Mitarbeiterin notiert worden. Zwar sei die vollständige Eintragung der Frist in der Akte erfolgt, was nach der Kanzleianweisung erst nach Eintragung im Fristenkalender geschehen solle, jedoch sei die Eintragung in den Fristenkalender hinsichtlich der weiteren Beschwerdebegründungsfrist und der, gemäß der allgemeinen Kanzleianweisung einzutragenden, üblichen Vorfrist von einer Woche unterblieben.
- 4
- Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht dem Antragsteller Wiedereinsetzung versagt und seine Beschwerde als unzulässig http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE028002301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
- 6
- 1. Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Indem das Beschwerdegericht die befristete Beschwerde des Antragstellers verworfen und ihm zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist verweigert hat, hat es das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt. Es hat dem Antragsteller den Zugang zur Beschwerdeinstanz ungerechtfertigt versagt.
- 7
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
- 8
- Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine fristgerechte Begründung sei weder in der Begründung der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages noch in der Begründung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu sehen. Der Antragsteller sei schließlich nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Frist zur Begründung der Beschwerde einzuhalten. Seine Verfahrensbevollmächtigte habe die Fristenkontrolle in ihrem Büro nicht so organisiert, dass ein Versäumen der Frist aufgrund einer fehlenden Fristnotierung im Fristenkalender verhindert werde. Zu- gunsten des Antragstellers sei zwar zu unterstellen, dass es sich bei der Mitarbeiterin seiner Verfahrensbevollmächtigten um eine zuverlässig erprobte und sorgfältig überwachte und gut ausgebildete Angestellte handele. Der Rechtsanwalt habe jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen , dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Dabei werde verlangt, dass die Eintragung der Frist im Fristenkalender auch feststellbar notiert werden müsse, was zweckmäßigerweise durch einen Vermerk in der Handakte mit Handzeichen und Datumsangabe zu erfolgen habe. Nach dem Vortrag des Antragstellers werde üblicherweise erst die Frist im Fristenkalender notiert und dann die Frist in der Handakte. Bereits dieser Vortrag lasse keine zuverlässige Fristenkontrolle feststellen. Denn es fehle an der klaren Anweisung , stets zunächst die Frist im Fristenkalender zu notieren und erst nach dieser Notierung einen Fristenvermerk in der Handakte aufzunehmen. Mithin könne der Fristnotierung im Handaktenblatt nicht entnommen werden, dass die Notierung der Frist im Fristenkalender von der Angestellten überprüft worden sei.
- 9
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht Stand.
- 10
- a) Allerdings ist dem Beschwerdegericht dahin zu folgen, dass weder die Begründung der Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe seitens des Familiengerichts noch die Begründung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung den Anforderungen genügen, die an die Begründung einer befristeten Beschwerde gestellt werden (vgl. § 621 e Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. Art. 111 FGG-RG). Zwar sind danach an den Inhalt der Beschwerdebegründung nicht die gleichen Anforderungen zu stellen wie an eine Berufungsbegründung. Der Beschwerdeführer muss aber vortragen , was er an der angefochtenen Entscheidung missbilligt (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 621 e Rdn. 49). Vorliegend beziehen sich die jeweiligen Be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027604160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - gründungen des Antragstellers jedoch ausschließlich auf die Prozesskostenhilfebeschwerde und den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
- 11
- b) Gleichwohl hätte das Beschwerdegericht die befristete Beschwerde nicht gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 2, § 621 a Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG verwerfen dürfen, weil dem Antragsteller hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
- 12
- Der Wiedereinsetzungsantrag ist rechtzeitig beim Beschwerdegericht eingegangen. Das Hindernis zur Einhaltung der Frist entfiel den unbestrittenen Angaben des Antragstellers zufolge am 6. März 2009. Von diesem Tag an lief die Frist von einem Monat, um Wiedereinsetzung zu beantragen und die Beschwerdebegründung nachzuholen, §§ 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Diese Frist hat der Antragsteller gewahrt; Wiedereinsetzungsantrag und nachgeholte Beschwerdebegründung gingen am 12. März 2009 und damit rechtzeitig beim Beschwerdegericht ein.
- 13
- c) Der Antragsteller hat die Beschwerdebegründungsfrist weder aus eigenem noch aus einem ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten versäumt.
- 14
- Es ist bereits zweifelhaft, ob trotz der vom Antragsteller geschilderten Büroorganisation in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten ein gesonderter Vermerk über die Erledigung der Eintragung im Fristenkalender erforderlich ist. Die Frage kann indes unbeantwortet bleiben. Denn nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Antragstellers, mit dem sich das Beschwerdegericht allerdings nicht befasst hat, lagen hinsichtlich der Eintragung der Fristen sowohl eine mündliche als auch schriftliche Einzelanweisung vor, die eine spätere Kontrolle entbehrlich machten.
- 15
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Eintragung der Frist im Fristenkalender grundsätzlich durch einen Erledigungsvermerk kenntlich zu machen (vgl. dazu insbesondere Beschlüsse vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815, 1816; vom 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07 - NJW 2008, 1670, 1671 und vom 14. Juni 2006 - IV ZB 18/05 - NJW 2006, 2778, 2779). Allerdings ist ein bestimmtes Verfahren hinsichtlich der Fristwahrung weder vorgeschrieben noch allgemein üblich. Vielmehr steht es dem Rechtsanwalt grundsätzlich frei, auf welche Weise er sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen (BGH Beschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 10). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht vieles dafür, dass ein Rechtsanwalt seiner Organisationspflicht auch dann hinreichend Rechnung trägt, wenn er - wie hier - zwar nicht die Erstellung eines Erledigungsvermerkes verfügt, gleichwohl aber anordnet, die Frist erst in der Handakte zu notieren, nachdem sie im Fristenkalender eingetragen worden ist. Die Frage kann hier indes unbeantwortet bleiben.
- 16
- bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt jedenfalls grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelanweisung befolgt, weshalb er im Allgemeinen nicht verpflichtet ist, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (BGH Beschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7 f.; vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - NJW 2001, 1578, 1579). In diesem Fall kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an (BGH Beschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7).
- 17
- So liegt der Fall hier. Denn dem Vortrag des Antragstellers zufolge hat seine Verfahrensbevollmächtigte die Büroangestellte mündlich zum Eintrag der von ihr (der Verfahrensbevollmächtigten) mitgeteilten Fristen angewiesen und dies nochmals auf dem beiliegenden Verfügungszettel schriftlich vermerkt. Zwar ist es richtig, dass die Büroangestellte hinsichtlich der Ermittlung der Fristen ersichtlich unsicher war. Dem hat sie allerdings dadurch Rechnung getragen, dass sie die von ihr unzutreffend, nämlich zu kurz, ermittelte Frist vorläufig zur Sicherheit vermerkt hatte. Zudem handelt es sich nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bei der Mitarbeiterin der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers um eine zuverlässig erprobte, sorgfältig überwachte und gut ausgebildete Angestellte. Demgemäß musste die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers auch nicht befürchten, dass ihre Mitarbeiterin die entsprechende Anweisung zur Eintragung der Fristen nicht ordnungsgemäß befolgen würde, zumal diese - wie dargetan - schriftlich auf dem Verfügungszettel vermerkt waren.
- 18
- 3. Dem Antragsteller war somit unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts vom 26. Mai 2009 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde zu gewähren.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 22.12.2008 - 17 F 6231/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2009 - 13 UF 9/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger verfolgt Ansprüche wegen behaupteter Prospektfehler und angeblich fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Beklagten als atypischer stiller Gesellschafter. Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wurde ihm am 5. Juni 2013 zugestellt. Am 2. Juli 2013 legte er Berufung ein. Mit handschriftlichem Telefax vom 5. August 2013 beantragte der Kläger, die Berufungsbegründungsfrist „um 2 Wochen, bis einschließlich 19.08.13 zu verlängern.“ ZurBegründung führten seine Prozessbevollmächtigten aus, aufgrund eines Totalausfalls des Servers könne die Berufungsbegründung nicht fristgemäß bearbeitet und eingereicht werden. Sobald die Computer wieder funktionstüchtig seien, würden sie den Fristverlängerungsantrag per Computerschrift nochmals einreichen. Mit weiterem Telefax vom 6. August 2013 wurde der Fristverlängerungsantrag wiederholt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 6. August 2013 antragsgemäß bis zum 19. August 2013 verlängert. Die Verfügung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. August 2013 zugestellt.
- 2
- Mit Telefax vom 20. August 2013 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung führte er aus: Wie dem Berufungsgericht bereits bekannt sei, sei der Terminalserver seiner in M. ansässigen Prozessbevollmächtigten im Rahmen eines Unwetters am Wochenende vom 2. August 2013 bis 4. August 2013 beschädigt worden. In der Folgezeit sei es an einigen Tagen zu einem Totalausfall des Servers und damit verbunden zu einem kompletten Ausschluss des Zugriffs auf die Anwaltssoftware der Kanzlei gekommen. Alle Akten der Kanzlei würden elektronisch innerhalb des Anwaltsprogramms WinMacs geführt. Auch der Fristenkalender werde ausschließlich elektronisch in diesem Programm geführt. Das Programm sei zentral auf dem Terminalserver in den Kanzleiräumen in R. gespeichert. Erst wenn man sich über den Terminalserver bei WinMacs anmelde, habe man Zugriff auf die Akten und den Fristenkalender. Der Server habe sich aufgrund des am Wochenende eingetretenen Schadens am Morgen des 5. August 2013 nicht hochfahren lassen. Der unverzüglich beauftragte Computertechniker habe den ganzen Tag versucht, das Problem zu lösen. Zwischenzeitlich sei es gelungen, den Zugriff zu ermöglichen, so dass ab dem 6. August 2013 wieder, wenn auch mit erheblichen Einschränkungen, habe gearbeitet werden können. Das Problem habe aber bis zum heutigen Tag nicht abschließend gelöst werden können. Die komplette letzte Woche sei es nur eingeschränkt möglich gewesen, sich auf dem Server anzumelden und auf den Fristenkalender zuzugreifen. Am 16. August 2013 sei es trotz ständigen Arbei- tens des Technikers an dem Problem des Servers wieder zu einem Totalausfall gekommen. Erst am Nachmittag des 20. August 2013 habe der Zugang soweit hergestellt werden können, dass auf den Fristenkalender eingeschränkt, aber auch nur von Computern am Standort in R. wieder habe zugegriffen werden können. Somit habe auch erst an diesem Nachmittag der Fristablauf in dieser Sache am gestrigen Tag festgestellt werden können.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 25. August 2013, bei Gericht eingegangen am 28. August 2013, wurde die Berufung des Klägers begründet. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
- 4
- II. Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss auch nicht den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 6 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers und der zur Glaubhaftmachung eingereichten eidesstattlichen Versicherung des Inhabers des mit der Betreuung der Computeranlage beauftragten Serviceunternehmens habe die Funktionsfähigkeit der Computeranlage der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dem am ersten Augustwochenende eingetretenen Totalausfall des Servers am 6. August 2013 nur eingeschränkt wiederhergestellt werden können. Bei dieser Sachlage habe es nicht der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen und sich deshalb als mindestens fahrlässig schuldhaft dargestellt, dass der Ablauf der antragsgemäß bis zum 19. August 2013 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung wiederum ausschließlich in dem EDV-gestützten Fristenkalender der Prozessbevollmächtigten des Klägers notiert worden sei. In Anbetracht der nach dem 5. August 2013 ersichtlich zu keinem Zeitpunkt uneingeschränkt wiederhergestellten Funktionsfähigkeit der Computeranlage hätte demgegenüber vielmehr Veranlassung bestanden, die Wahrung der bis zum 19. August 2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist unabhängig von der erkannt nur eingeschränkt wiederhergestellten Funktionsfähigkeit der in Rede stehenden Computeranlage sicherzustellen.
- 6
- 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 Satz 1 ZPO voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil nicht auszuschließen ist, dass an der Fristversäumung ursächlich ein Organisationsverschulden der Pro- zessbevollmächtigten des Klägers mitgewirkt hat; dieses muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Der Kläger hat nicht dargetan, dass im Büro seiner Prozessbevollmächtigten ausreichende Vorkehrungen zur Fristenkontrolle für den Fall getroffen sind, dass der uneingeschränkte Zugriff auf den elektronischen Fristenkalender wegen eines Computerdefekts über einen längeren Zeitraum nicht gewährleistet ist.
- 7
- a) Nach gefestigter Rechtsprechung verlangt die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass die Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 8. April 1997 - VI ZB 8/97, NJW 1997, 2120, 2121; Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6). Ein bestimmtes Verfahren ist insoweit zwar weder vorgeschrieben noch allgemein üblich. Auf welche Weise der Anwalt sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen, steht ihm grundsätzlich frei (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6 mwN). Sämtliche organisatorischen Maßnahmen müssen aber so beschaffen sein, dass auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs, etwa durch Überlastung oder Erkrankung der zuständigen Angestellten, Verzögerungen der anwaltlichen Bearbeitung oder ähnliche Umstände, bei Anlegung eines äußersten Sorgfaltsmaßstabs die Einhaltung der anstehenden Frist gewährleistet ist (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10, NJW 2010, 3305 Rn. 12; Beschluss vom 13. Juli 2010 – VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6).
- 8
- Führt der Anwalt einen elektronischen Kalender, darf diese Organisation keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1998 - II ZB 11/98, NJW 1999, 582, 583; Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957; Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08 und XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 12; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZB 115/10, HFR 2011, 706 Rn. 9; Beschluss vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745 Rn. 7; Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 55/11, NJW-RR 2012, 1085 Rn. 8; Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 10). Das Gleiche gilt für die Handakte; wird diese allein elektronisch geführt, muss sie ihrem Inhalt nach der herkömmlich geführten entsprechen. Sie muss insbesondere zu Rechtsmittelfristen und deren Notierung ebenso wie diese verlässlich Auskunft geben können und darf keine geringere Überprüfungssicherheit bieten als ihr analoges Pendant (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - XII ZB 709/13, NJW 2014, 3102 Rn. 13).
- 9
- b) Der Kläger hat, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht dargelegt, dass seine Prozessbevollmächtigten diese Sorgfaltsanforderungen erfüllt haben.
- 10
- aa) Nach der eidesstattlichen Versicherung des Inhabers des mit der Installation , Überwachung und Reparatur des Servers betrauten Computerunternehmens gelang es diesem trotz erheblichen Aufwands nicht, den Server am 5. August 2013, dem Tag des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, zu reparieren. Erst gegen Mittag des 6. August 2013 konnte durch den Austausch defekter Teile die Funktionsfähigkeit des Servers soweit hergestellt werden, dass er wieder hochgefahren werden konnte. Allerdings war ein Arbeiten auf dem Server nach wie vor nur mit erheblichen Einschränkungen möglich, da nicht alle Defekte beseitigt werden konnten. Vom Kanzleistandort der Prozessbevollmächtigten des Klägers in M. aus war nur ein eingeschränkter Zugriff auf den Server in R. möglich. Spätestens bei diesem Sachstand war eine zusätzliche Fristensicherung zwingend erforderlich. Die Prozessbevollmächtigten wären verpflichtet gewesen, durch geeignete Maßnahmen, namentlich der Umstellung auf eine manuelle Fristenkontrolle, sicherzustellen, dass die antragsgemäß verlängerte Frist gewahrt wird. Da es den Prozessbevollmächtigten des Klägers möglich war, trotz des Totalausfalls des Servers am Montag dem 5. August 2013 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen, war ihnen auch die manuelle Überwachung der verlängerten Frist möglich.
- 11
- Eine solche zusätzliche Sicherung wurde auch in der Folge nicht entbehrlich , sondern vielmehr noch dringlicher, weil das Computerproblem bis zum Tag des Ablaufs der verlängerten Frist zwei Wochen nach Auftreten der ersten Störung nicht vollständig beseitigt werden konnte, insbesondere am M. Standort erhebliche Probleme auftraten und die Verbindung des Servers vom Kanzleistandort in R. zum Kanzleistandort in M. immer wieder abriss. Da also im vorliegend relevanten Zeitraum von M. aus kein ungestörter Zugriff auf den zur Fristenkontrolle notwendigen Server möglich gewesen ist, war es fahrlässig, sich weiterhin allein auf dieses Kontrollsystem zu verlassen. Nachdem es dann am 16. August 2013 erneut zum Totalausfall des Servers gekommen war, konnte dieser am 20. August 2013 wiederum nur eingeschränkt repariert werden, und zwar soweit, dass lediglich am R. Standort eingeschränkt auf den Server zugegriffen werden konnte und vom M. Standort aus gar nicht.
- 12
- bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde überspannt die Forderung nach der Einführung einer temporären parallelen manuellen Fristenkontrolle vorliegend nicht die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern diese stellt eine zumutbare Maßnahme dar. Treten Störungen in der Organisation des Büros auf, die dazu führen können, dass die Pflichten des Anwalts bei der Fristenkontrolle nicht erfüllt werden, erhöhen sich seine Sorgfaltspflichten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 1965 - II ZB 11/64, VersR 1965, 596 f.; Beschluss vom 26. August 1999 - VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783; Beschluss vom 15. September 2014 - II ZB 12/13, juris Rn. 13; BFH, Beschluss vom 23. Dezember 2005 - VI R 79/04, BFH/NV 2006, 787 Rn. 12). Der Prozessbevollmächtigte muss sicherstellen, dass seine Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn das zur Fristenkontrolle eingerichtete System aufgrund eines Computerdefekts vorübergehend nicht zuverlässig funktioniert.
- 13
- c) Danach kommt es nicht darauf an, ob das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Wiedereinsetzungsvorbringen den Anforderungen genügt , die im Falle eines auf einen vorübergehenden Computerabsturz gestützten Wiedereinsetzungsantrags an die substantiierte Darlegung der Art des Defekts und seiner Behebung zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03, NJW 2004, 2525 Rn. 8; BFH, Beschluss vom 23. Dezember 2005 - VI R 79/04, BFH/NV 2006, 787 Rn. 14; Beschluss vom 17. Juli 2006 - VII B 291/05, BFH/NV 2006, 1876 Rn. 5). Denn das dem Kläger zuzurechnende Verschulden seines Prozessbevollmächtigten liegt nicht in dem über geraume Zeit untauglichen Versuch der nachhaltigen Beseitigung der Überspannungsschäden an dem Kanzleiserver, sondern in dem vollständigen Unterlassen paralleler manueller Sicherungsmaßnahmen bei schadensbedingt unzu- verlässiger elektronischer Fristenkontrolle.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 322 O 67/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 15.10.2013 - 11 U 183/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger verfolgt Ansprüche wegen behaupteter Prospektfehler und angeblich fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Beklagten als atypischer stiller Gesellschafter. Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wurde ihm am 5. Juni 2013 zugestellt. Am 2. Juli 2013 legte er Berufung ein. Mit handschriftlichem Telefax vom 5. August 2013 beantragte der Kläger, die Berufungsbegründungsfrist „um 2 Wochen, bis einschließlich 19.08.13 zu verlängern.“ ZurBegründung führten seine Prozessbevollmächtigten aus, aufgrund eines Totalausfalls des Servers könne die Berufungsbegründung nicht fristgemäß bearbeitet und eingereicht werden. Sobald die Computer wieder funktionstüchtig seien, würden sie den Fristverlängerungsantrag per Computerschrift nochmals einreichen. Mit weiterem Telefax vom 6. August 2013 wurde der Fristverlängerungsantrag wiederholt. Die Berufungsbegründungsfrist wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 6. August 2013 antragsgemäß bis zum 19. August 2013 verlängert. Die Verfügung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. August 2013 zugestellt.
- 2
- Mit Telefax vom 20. August 2013 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung führte er aus: Wie dem Berufungsgericht bereits bekannt sei, sei der Terminalserver seiner in M. ansässigen Prozessbevollmächtigten im Rahmen eines Unwetters am Wochenende vom 2. August 2013 bis 4. August 2013 beschädigt worden. In der Folgezeit sei es an einigen Tagen zu einem Totalausfall des Servers und damit verbunden zu einem kompletten Ausschluss des Zugriffs auf die Anwaltssoftware der Kanzlei gekommen. Alle Akten der Kanzlei würden elektronisch innerhalb des Anwaltsprogramms WinMacs geführt. Auch der Fristenkalender werde ausschließlich elektronisch in diesem Programm geführt. Das Programm sei zentral auf dem Terminalserver in den Kanzleiräumen in R. gespeichert. Erst wenn man sich über den Terminalserver bei WinMacs anmelde, habe man Zugriff auf die Akten und den Fristenkalender. Der Server habe sich aufgrund des am Wochenende eingetretenen Schadens am Morgen des 5. August 2013 nicht hochfahren lassen. Der unverzüglich beauftragte Computertechniker habe den ganzen Tag versucht, das Problem zu lösen. Zwischenzeitlich sei es gelungen, den Zugriff zu ermöglichen, so dass ab dem 6. August 2013 wieder, wenn auch mit erheblichen Einschränkungen, habe gearbeitet werden können. Das Problem habe aber bis zum heutigen Tag nicht abschließend gelöst werden können. Die komplette letzte Woche sei es nur eingeschränkt möglich gewesen, sich auf dem Server anzumelden und auf den Fristenkalender zuzugreifen. Am 16. August 2013 sei es trotz ständigen Arbei- tens des Technikers an dem Problem des Servers wieder zu einem Totalausfall gekommen. Erst am Nachmittag des 20. August 2013 habe der Zugang soweit hergestellt werden können, dass auf den Fristenkalender eingeschränkt, aber auch nur von Computern am Standort in R. wieder habe zugegriffen werden können. Somit habe auch erst an diesem Nachmittag der Fristablauf in dieser Sache am gestrigen Tag festgestellt werden können.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 25. August 2013, bei Gericht eingegangen am 28. August 2013, wurde die Berufung des Klägers begründet. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
- 4
- II. Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss auch nicht den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 6 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers und der zur Glaubhaftmachung eingereichten eidesstattlichen Versicherung des Inhabers des mit der Betreuung der Computeranlage beauftragten Serviceunternehmens habe die Funktionsfähigkeit der Computeranlage der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dem am ersten Augustwochenende eingetretenen Totalausfall des Servers am 6. August 2013 nur eingeschränkt wiederhergestellt werden können. Bei dieser Sachlage habe es nicht der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen und sich deshalb als mindestens fahrlässig schuldhaft dargestellt, dass der Ablauf der antragsgemäß bis zum 19. August 2013 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung wiederum ausschließlich in dem EDV-gestützten Fristenkalender der Prozessbevollmächtigten des Klägers notiert worden sei. In Anbetracht der nach dem 5. August 2013 ersichtlich zu keinem Zeitpunkt uneingeschränkt wiederhergestellten Funktionsfähigkeit der Computeranlage hätte demgegenüber vielmehr Veranlassung bestanden, die Wahrung der bis zum 19. August 2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist unabhängig von der erkannt nur eingeschränkt wiederhergestellten Funktionsfähigkeit der in Rede stehenden Computeranlage sicherzustellen.
- 6
- 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 Satz 1 ZPO voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil nicht auszuschließen ist, dass an der Fristversäumung ursächlich ein Organisationsverschulden der Pro- zessbevollmächtigten des Klägers mitgewirkt hat; dieses muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Der Kläger hat nicht dargetan, dass im Büro seiner Prozessbevollmächtigten ausreichende Vorkehrungen zur Fristenkontrolle für den Fall getroffen sind, dass der uneingeschränkte Zugriff auf den elektronischen Fristenkalender wegen eines Computerdefekts über einen längeren Zeitraum nicht gewährleistet ist.
- 7
- a) Nach gefestigter Rechtsprechung verlangt die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass die Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 8. April 1997 - VI ZB 8/97, NJW 1997, 2120, 2121; Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6). Ein bestimmtes Verfahren ist insoweit zwar weder vorgeschrieben noch allgemein üblich. Auf welche Weise der Anwalt sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen, steht ihm grundsätzlich frei (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6 mwN). Sämtliche organisatorischen Maßnahmen müssen aber so beschaffen sein, dass auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs, etwa durch Überlastung oder Erkrankung der zuständigen Angestellten, Verzögerungen der anwaltlichen Bearbeitung oder ähnliche Umstände, bei Anlegung eines äußersten Sorgfaltsmaßstabs die Einhaltung der anstehenden Frist gewährleistet ist (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10, NJW 2010, 3305 Rn. 12; Beschluss vom 13. Juli 2010 – VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6).
- 8
- Führt der Anwalt einen elektronischen Kalender, darf diese Organisation keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1998 - II ZB 11/98, NJW 1999, 582, 583; Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957; Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08 und XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 12; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZB 115/10, HFR 2011, 706 Rn. 9; Beschluss vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745 Rn. 7; Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 55/11, NJW-RR 2012, 1085 Rn. 8; Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 10). Das Gleiche gilt für die Handakte; wird diese allein elektronisch geführt, muss sie ihrem Inhalt nach der herkömmlich geführten entsprechen. Sie muss insbesondere zu Rechtsmittelfristen und deren Notierung ebenso wie diese verlässlich Auskunft geben können und darf keine geringere Überprüfungssicherheit bieten als ihr analoges Pendant (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - XII ZB 709/13, NJW 2014, 3102 Rn. 13).
- 9
- b) Der Kläger hat, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht dargelegt, dass seine Prozessbevollmächtigten diese Sorgfaltsanforderungen erfüllt haben.
- 10
- aa) Nach der eidesstattlichen Versicherung des Inhabers des mit der Installation , Überwachung und Reparatur des Servers betrauten Computerunternehmens gelang es diesem trotz erheblichen Aufwands nicht, den Server am 5. August 2013, dem Tag des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, zu reparieren. Erst gegen Mittag des 6. August 2013 konnte durch den Austausch defekter Teile die Funktionsfähigkeit des Servers soweit hergestellt werden, dass er wieder hochgefahren werden konnte. Allerdings war ein Arbeiten auf dem Server nach wie vor nur mit erheblichen Einschränkungen möglich, da nicht alle Defekte beseitigt werden konnten. Vom Kanzleistandort der Prozessbevollmächtigten des Klägers in M. aus war nur ein eingeschränkter Zugriff auf den Server in R. möglich. Spätestens bei diesem Sachstand war eine zusätzliche Fristensicherung zwingend erforderlich. Die Prozessbevollmächtigten wären verpflichtet gewesen, durch geeignete Maßnahmen, namentlich der Umstellung auf eine manuelle Fristenkontrolle, sicherzustellen, dass die antragsgemäß verlängerte Frist gewahrt wird. Da es den Prozessbevollmächtigten des Klägers möglich war, trotz des Totalausfalls des Servers am Montag dem 5. August 2013 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen, war ihnen auch die manuelle Überwachung der verlängerten Frist möglich.
- 11
- Eine solche zusätzliche Sicherung wurde auch in der Folge nicht entbehrlich , sondern vielmehr noch dringlicher, weil das Computerproblem bis zum Tag des Ablaufs der verlängerten Frist zwei Wochen nach Auftreten der ersten Störung nicht vollständig beseitigt werden konnte, insbesondere am M. Standort erhebliche Probleme auftraten und die Verbindung des Servers vom Kanzleistandort in R. zum Kanzleistandort in M. immer wieder abriss. Da also im vorliegend relevanten Zeitraum von M. aus kein ungestörter Zugriff auf den zur Fristenkontrolle notwendigen Server möglich gewesen ist, war es fahrlässig, sich weiterhin allein auf dieses Kontrollsystem zu verlassen. Nachdem es dann am 16. August 2013 erneut zum Totalausfall des Servers gekommen war, konnte dieser am 20. August 2013 wiederum nur eingeschränkt repariert werden, und zwar soweit, dass lediglich am R. Standort eingeschränkt auf den Server zugegriffen werden konnte und vom M. Standort aus gar nicht.
- 12
- bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde überspannt die Forderung nach der Einführung einer temporären parallelen manuellen Fristenkontrolle vorliegend nicht die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern diese stellt eine zumutbare Maßnahme dar. Treten Störungen in der Organisation des Büros auf, die dazu führen können, dass die Pflichten des Anwalts bei der Fristenkontrolle nicht erfüllt werden, erhöhen sich seine Sorgfaltspflichten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 1965 - II ZB 11/64, VersR 1965, 596 f.; Beschluss vom 26. August 1999 - VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783; Beschluss vom 15. September 2014 - II ZB 12/13, juris Rn. 13; BFH, Beschluss vom 23. Dezember 2005 - VI R 79/04, BFH/NV 2006, 787 Rn. 12). Der Prozessbevollmächtigte muss sicherstellen, dass seine Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn das zur Fristenkontrolle eingerichtete System aufgrund eines Computerdefekts vorübergehend nicht zuverlässig funktioniert.
- 13
- c) Danach kommt es nicht darauf an, ob das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Wiedereinsetzungsvorbringen den Anforderungen genügt , die im Falle eines auf einen vorübergehenden Computerabsturz gestützten Wiedereinsetzungsantrags an die substantiierte Darlegung der Art des Defekts und seiner Behebung zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03, NJW 2004, 2525 Rn. 8; BFH, Beschluss vom 23. Dezember 2005 - VI R 79/04, BFH/NV 2006, 787 Rn. 14; Beschluss vom 17. Juli 2006 - VII B 291/05, BFH/NV 2006, 1876 Rn. 5). Denn das dem Kläger zuzurechnende Verschulden seines Prozessbevollmächtigten liegt nicht in dem über geraume Zeit untauglichen Versuch der nachhaltigen Beseitigung der Überspannungsschäden an dem Kanzleiserver, sondern in dem vollständigen Unterlassen paralleler manueller Sicherungsmaßnahmen bei schadensbedingt unzu- verlässiger elektronischer Fristenkontrolle.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 322 O 67/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 15.10.2013 - 11 U 183/13 -
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt wegen einer Lebensmittelvergiftung von dem Beklagten im Wege der abgesonderten Befriedigung gem. § 157 VVG Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 8. März 2002 zugestellt worden. Am 8. April 2002, einem Montag, ist beim Oberlandesgericht per Telefax eine Berufungsschrift aus der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingegangen; zwei Tage später das Original. Beide Schriftstücke enthielten keine Unterschriften. Lediglich die zusammen mit dem Original eingereichte beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift war vonRechtsanwalt W. unterzeichnet. Hierauf wies das Oberlandesgericht die Pro- zeßbevollmächtigten des Klägers am 9. oder 10. April 2002 hin. Am 15. April 2002 hat der Kläger (erneut) Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Fehlen der Unterschrift auf der per Telefax übermittelten Rechtsmittelschrift beruhe auf einem Versehen einer Angestellten seiner Prozeßbevollmächtigten. Rechtsanwalt W. habe die Berufungsschrift in Anwesenheit der im Berufsausbildungsverhältnis beschäftigten Rechtsanwaltsfachangestellten H. unterzeichnet und diese angewiesen , den Schriftsatz per Telefax an das Oberlandesgericht zu übersenden. Da Frau H. auch eine beglaubigte und eine einfache Abschrift für die postalische Übersendung an das Oberlandesgericht habe fertigen sollen, habe sie weitere Exemplare ausgedruckt und auf dem Schreibtisch abgelegt. Anschließend habe sie per Telefax versehentlich ein nicht unterzeichnetes Exemplar übermittelt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Organisationsverschulden seines Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe es versäumt , sein Büropersonal anzuweisen, Schriftstücke vor ihrer Absendung auf Unterzeichnung zu überprüfen. Daneben sei ihm vorzuwerfen, bei der Unterzeichnung nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Ein weiterer Organisationsmangel liege darin, daß keine organisatorischen Vorkehrungen dafür getroffen worden seien, per Telefax zu übermittelnde Schriftstücke von den Postsendungen zu trennen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen er auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005). 1. Das Berufungsgericht übersieht, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für den Ausschluß des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB56/97 - NJW 1997, 1930). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmäch- tigte des Klägers hatte der Auszubildenden H. konkret aufgetragen, die von ihm in ihrer Gegenwart unterzeichnete Berufungsschrift per Telefax an das Oberlandesgericht zu senden. Hätte Frau H. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, daß sich Mängel bei der allgemeinen Organisation des Anwaltsbüros in einer die Wiedereinsetzung ausschließenden Weise ausgewirkt haben könnten (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 f. und BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782 f.). Das für die Fristversäumung ursächliche Versehen der Büroangestellten H. steht dem Wiedereinsetzungsbegehren des Klägers nicht entgegen. Einer Partei ist nur ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten, nicht aber dasjenige seines Büropersonals zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 22/93 - VersR 1994, 955). Zwar trägt ein Rechtsanwalt die Verantwortung dafür, daß eine einwandfreie Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht (BGH, Beschluß vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471). Zur Erfüllung seiner Pflicht darf der Anwalt aber eine einfache Aufgabe einer zuverlässigen Angestellten übertragen, ohne daß er die ordnungsgemäße Erledigung überwachen muß (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982, aaO und vom 4. November 1981 - VIII ZB 59/81 und VIII ZB 60/81 - VersR 1982, 190). Das gilt nicht nur für allgemeine Weisungen, sondern auch und erst recht - wie hier - für eine konkrete mündliche Weisung im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 29. April 1994 - V ZR 62/93 - VersR 1994, 1494 f. und vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98 - VersR 1999, 1170 f.). Die Versendung der Rechtsmittelschrift per Telefax ist eine einfache Bürotätigkeit, mit der eine im zweiten Lehrjahr stehende Auszubildende beauftragt werden darf, sofern sie mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und
eine regelmäßige Kontrolle ihrer Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1994 - VII ZB 7/94 - VersR 1995, 238, 239; vom 6. Dezember 1995 - VIII ZR 12/95 - VersR 1996, 910 und vom 27. Februar 2002 - I ZB 23/01 - NJW-RR 2002, 1070, 1071). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie der Kläger durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen des Rechtsanwalts W. und der Auszubildenden H. glaubhaft gemacht hat. 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers auch nicht vorgeworfen werden, bei der Unterzeichnung der (später wohl als beglaubigte Abschrift eingereichten) Berufungsschrift nicht zugleich das Original-Telefax unterschrieben zu haben. Die Unterzeichnung eines zweiten Exemplars der Berufungsschrift war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich, denn nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Klägers hat Frau H. weitere Exemplare erst nach Unterzeichnung des ersten ausgedruckt. Dieser Arbeitsablauf ist nicht zu beanstanden, da zur wirksamen und rechtzeitigen Berufungseinlegung die Existenz eines einzigen Exemplars genügte. Weitergehende Anforderungen stellt die Rechtsprechung nicht.
3. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts versagt werden, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers treffe ein Organisationsverschulden wegen unzureichender Ausgangskontrolle , weil die per Telefax zu versendenden Schriftstücke nicht von den zur postalischen Übersendung vorgesehenen Exemplaren getrennt würden. Ob die Organisationspflichten eine allgemeine Anweisung zu einer solchen Trennung erfordern, kann hier dahinstehen, da bei Befolgung der Einzelanweisung eine Verwechslung der Schriftstücke ausgeschlossen gewesen wäre und sich deshalb die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nicht stellt.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.