Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2009 - VII ZB 87/08

bei uns veröffentlicht am10.03.2009
vorgehend
Amtsgericht Langen (Hessen), 58 C 531/07, 21.04.2008
Landgericht Darmstadt, 21 S 90/08, 12.08.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 87/08
vom
10. März 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum
verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag,
Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist
erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags (Bestätigung von BGH, Beschluss
vom 1. Juni 1956 - V ZB 8/56, BGHZ 21, 43, 44; BGH, Beschluss vom
14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04, NJW 2006, 700, 701; BGH, Beschluss vom
15. August 2007 - XII ZB 82/07, NJW-RR 2008, 76, 77).
BGH, Beschluss vom 10. März 2009 - VII ZB 87/08 - LG Darmstadt
AG Langen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Bauner,
Halfmeier und Leupertz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 12. August 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.541,97 €

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat die Beklagten durch Urteil vom 21. April 2008 als Gesamtschuldner verurteilt, 3.541,97 € nebst Zinsen sowie weitere 338,50 € an die Klägerin zu zahlen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29. April 2008 zugestellt worden. Die Beklagten haben rechtzeitig Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Mit einem am 30. Juni 2008 (Montag) per Telefax beim zuständigen Landgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage haben sie beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern. Das Landgericht hat die Berufungsbegründungsfrist durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom 1. Juli 2008 "auf Antrag … um einen Monat" verlängert. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 30. Juli 2008 per Telefax beim Landgericht eingegangen. Durch Beschluss vom 12. August 2008 hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen und zugleich den nach vorherigem Hinweis vorsorglich gestellten Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten die Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht eingehalten, die am 29. Juli 2008 abgelaufen sei. Zwar sei der Antrag der Beklagten auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wegen § 222 Abs. 2 ZPO noch rechtzeitig eingegangen. Darauf komme es jedoch nicht an, weil die Frist für die Berufungsbegründung mit der Zustellung des Urteils beginne und nicht von dem Zeitpunkt der Beantragung der Fristverlängerung zu berechnen sei. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

2
Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die angefochtene Entscheidung von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht und den Anspruch der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt.
3
Die Beklagten haben ihre Berufung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtzeitig innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet. Die durch die Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 29. April 2008 in Gang gesetzte Berufungsbegründungsfrist ist auf Antrag der Beklagten vom 30. Juni 2008 durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom 1. Juli 2008 um einen Monat bis zum 30. Juli 2008 verlängert und durch den Eingang der Berufungsbegründungsschrift beim Berufungsgericht am 30. Juli 2008 gewahrt worden.
4
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Beklagten rechtzeitig auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist angetragen haben (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO lief ursprünglich gemäß § 222 Abs. 2 ZPO am 30. Juni 2008 ab, weil der 29. Juni 2008 ein Sonntag war.
5
2. Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der sodann um einen Monat verlängerte Teil der Frist habe gleichwohl bereits am 29. Juni 2008 begonnen und somit am 29. Juli 2008 geendet.
6
Der Bundesgerichtshof hat bereits 1956 entschieden, dass in den Fällen, in denen die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum verlängert wird und der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt, der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags beginnt (BGH, Beschluss vom 1. Juni 1956 - V ZB 8/56, BGHZ 21, 43, 44). An diesem Grundsatz hat er seither in ständiger Rechtsprechung festgehalten (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04, NJW 2006, 700, 701 - unter ausdrücklicher Ablehnung der entgegenstehenden Entscheidung des OLG Rostock, Beschluss vom 28. Juli 2003 - 3 U 151/03, NJW 2003, 3141, 3142; BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07, NJW-RR 2008, 76, 77; vgl. auch zuletzt: BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 85/07, NJW-RR 2008, 1162, 1163). Die Literatur ist einhellig derselben Auffassung (MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 222 Rdn. 5; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdn. 25; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 224 Rdn. 5; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 520 Rdn. 15; Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 224 Rdn. 5; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 224 Rdn. 11; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 224 Rdn. 10; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rdn. 14).
7
Der Senat sieht keinen Anlass für eine Änderung dieser Rechtsprechung , die das Berufungsgericht erkennbar nicht wahrgenommen hat.
8
3. Die um einen Monat verlängerte Berufungsbegründungsfrist endete nach diesen Grundsätzen mit Ablauf des 30. Juli 2008. Auf die Beantwortung der von der Rechtsbeschwerde ergänzend aufgeworfenen Frage nach dem objektiven Inhalt der gerichtlichen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kommt es nicht an.
9
Weil die Beklagten ihre Berufung demnach rechtzeitig begründet haben, hätte das Berufungsgericht sie nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Beschluss als unzulässig verwerfen dürfen. Der Beschluss war somit aufzuheben und die Sache war zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der von den Beklagten im Berufungsverfahren hilfsweise wegen der Versäumung der Berufungsbegrün- dungsfrist beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf es nicht. Insoweit ist die Entscheidung des Berufungsgerichts gegenstandslos.
Kniffka Kuffer Bauner Halfmeier Leupertz

Vorinstanzen:
AG Langen (Hessen), Entscheidung vom 21.04.2008 - 58 C 531/07 (70) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 12.08.2008 - 21 S 90/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 82/07
vom
15. August 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Fc, 520 Abs. 2

a) Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum
verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag,
Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist
erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages (Anschluss an BGH Beschluss
vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700).

b) Hat das Berufungsgericht die Begründungsfrist hingegen bis zu einem konkret
bezeichneten Tag verlängert, kommt es auf den Beginn der verlängerten
Frist nicht an. Wenn das Berufungsgericht die beantragte Fristverlängerung
nur teilweise bewilligt hat, kommt eine darauf gestützte Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist nur ausnahmsweise
bei einem Verstoß gegen die Anforderungen an ein faires Verfahren
in Betracht (Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003
- V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2007 durch die
Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und
den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 4. April 2007 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: 650 €.

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht hat die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auf einen Mietzins abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt. Dagegen legte der Kläger rechtzeitig Berufung ein. Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 beantragte der Kläger, "die am 04.10.2006 ablaufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 06. November 2006 zu verlängern". Das Landgericht verlängerte die Begründungsfrist mit Verfügung vom 5. Oktober 2006, die dem Kläger mit Telefax vom 6. Oktober 2006 übermittelt wurde, bis zum 3. November 2006 und führte ergänzend aus: "Eine weitere Fristverlängerung konnte nicht gewährt werden, da die Frist des § 520 II ZPO am 3.11.2006 endet (Zustellung des Urteils am 3.8.2006)."
2
Die Berufungsbegründung ging am 6. November 2006 (Montag) per Telefax beim Berufungsgericht ein. Nachdem der Kläger auf die verspätet eingegangene Berufungsbegründung hingewiesen worden war, beantragte er mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 20. November 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
3
Das Landgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beginn einer vom Berufungsgericht verlängerten Frist nicht widerspricht.
6
a) Zwar hätte das Berufungsgericht die Begründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 4. November 2006 bzw., weil dies ein Samstag war, bis zum 6. November 2006 (Montag) verlängern dürfen, sodass die Berufungsbegründung dann rechtzeitig eingegangen wäre.
7
Denn weil das erstinstanzliche Urteil dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt worden war, wäre die Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 3. Oktober 2006 abgelaufen, wenn dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. So aber lief sie nach § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktages am 4. Oktober 2006 ab. Wenn das Berufungsgericht die Begründungsfrist - wie grundsätzlich nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO möglich - um einen Monat verlängert hätte, hätte der verlängerte Teil der Frist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst mit Ablauf des dem Feiertag folgenden nächsten Werktages, hier also mit Ablauf des 4. Oktober 2006 begonnen (BGH Beschluss vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700) und wäre deswegen erst am Montag, dem 6. November 2006 abgelaufen.
8
b) Darauf kommt es hier aber nicht an, weil das Berufungsgericht die Begründungsfrist nicht um eine bestimmte Zeitspanne, sondern bis zum Ablauf eines konkret bezeichneten Tages, nämlich des 3. November 2006 (Freitag), verlängert hat. Dann kommt es auf die Rechtsprechung zum Beginn der verlängerten Frist nicht an, weil das Ende der Frist konkret feststeht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspricht deswegen dieser Rechtsprechung nicht. Weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb dieser konkret bestimmten Frist bis zum Ablauf des 3. November 2006, sondern erst am 6. November 2006 eingegangen ist, war die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt.
9
2. Auch soweit das Berufungsgericht dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat, vermag die Rechtsbeschwerde keine Zulassungsgründe im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO aufzuzeigen. Die angefochtene Entscheidung überspannt insbesondere nicht die Sorgfaltsanforderungen an die Verpflichtung eines Prozessbevollmächtigten zur Kontrolle laufender Rechtsmittelbegründungsfristen.
10
a) Zwar weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat stattgegeben wird, wenn die Voraussetzungen des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO hinreichend vorgetragen sind (BVerfG NJW 1989, 1147; Senatsbeschluss vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787, 788; BGH Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785, vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98 - NJW 1999, 3051, 3052, vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - NJW 1999, 430 und vom 17. Dezember 1997 - IV ZR 93/97 - NJW-RR 1998, 1140).
11
Dieser Vertrauensschutz gilt aber nur so lange, bis das Gericht über den Verlängerungsantrag entschieden hat. Hat das Berufungsgericht - wie hier - bereits über den Verlängerungsantrag entschieden und ihm nur teilweise stattgegeben , kann die Partei nicht mehr auf eine antragsgemäße Verlängerung vertrauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag eindeutig ist, aus ihr zweifelsfrei deutlich wird, dass dem weitergehenden Antrag nur teilweise stattgegeben wurde, und noch ausreichend Zeit für die Berufungsbegründung verbleibt. Die Grundrechte des Be- rufungsklägers auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren können allenfalls dann verletzt sein, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag so unbestimmt ist, dass sie geeignet ist, den Berufungsführer in die Irre zu leiten, und die Verlängerung der Frist dadurch ihren Sinn verliert (vgl. insoweit BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
12
Solches war hier allerdings nicht der Fall, weil der Vorsitzende den Kläger ausdrücklich auf den Tag des Fristablaufs und zusätzlich darauf hingewiesen hatte, dass dem weitergehenden Antrag nicht stattgegeben werde. Die Verfügung des Gerichts vom 5. Oktober 2006 ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch so rechtzeitig zugegangen, dass er sich auf den darin mitgeteilten Fristablauf am 3. November 2006 hinreichend einstellen konnte.
13
b) Danach ist die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf ein dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
14
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist deswegen - im Gegensatz zur Berufungsfrist - nicht nur durch die Eintragung der Hauptfrist, sondern zusätzlich durch eine ausreichende Vorfrist sicherzustellen (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 2006 - XII ZB 99/06 - NJW 2007, 1455, 1456 m.w.N.).
15
Zwar muss der Rechtsanwalt die auf eine Vorfrist vorgelegte Sache nicht stets sofort bearbeiten, weil er grundsätzlich frei darin ist, ob er die Begründungsfrist vollständig ausnutzen möchte (BGH Beschlüsse vom 5. Oktober 1999 - VI ZB 22/99 - NJW 2000, 365, 366 und vom 9. März 1999 - VI ZB 3/99 - NJW 1999, 2048, 2049). Der Rechtsanwalt kann die Handakte deswegen auch zur Wiedervorlage am Tag des Fristablaufs zurückgeben, wenn er sich nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt hat, dass die Rechtsmittelbegründung noch rechtzeitig innerhalb der Frist bei Gericht eingereicht werden kann (BGH Beschluss vom 27. Mai 1997 - VI ZB 10/97 - NJW 1997, 2825, 2826). Die mit der Vorfristanordnung bezweckte Sicherung, dem Anwalt den für die Bearbeitung der Rechtsmittelbegründung erforderlichen Zeitraum zu gewährleisten, verlangt dann keine sofortige Bearbeitung der Sache, sondern gestattet es, sich die Sache für den letzten Tag der sorgfältig geprüften Begründungsfrist erneut vorlegen zu lassen.
16
bb) Allerdings erfordert der Zweck der Vorfrist dann eine erneute Prüfung der Begründungsfrist (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696), weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Berufungsbegründung rechtzeitig erstellt und dem Gericht übermittelt wird. Das gilt hier schon deswegen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hatte und deswegen zunächst lediglich eine vorläufige Frist eingetragen werden konnte, die sich aus dem Verlängerungsantrag ergab. In solchen Fällen ist der endgültige Fristablauf nach Gewährung der Verlängerung stets erneut zu überprüfen und neu in den Fristenkalender einzutragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Handakte nicht zu einer hypothetischen, sondern zu einer wirklichen Frist vorgelegt und diese eingehalten wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Fristverlängerung erst am Tag des Ablaufs der regulären Begründungsfrist oder schon einige Zeit zuvor beantragt wird. In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist festgestellt und eingetragen wird (Senatsbeschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663). Diese Pflicht zur Überprüfung der tat- sächlich gewährten Verlängerung der Begründungsfrist hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers schuldhaft nicht erfüllt, was dem Kläger zuzurechnen ist.
17
c) Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist für die Versäumung der Frist ursächlich geworden, so dass es auf ein gerichtliches Mitverschulden bei der Bewilligung der Fristverlängerung nicht entscheidend ankommt (BGH Beschluss vom 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98 - VersR 2000, 515).
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Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 01.08.2006 - 29 C 465/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.04.2007 - 3 S 173/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 85/07
vom
30. April 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Maßgeblich für den Umfang der gerichtlichen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
, auf den sich eine Partei grundsätzlich verlassen kann, ist der
objektive Inhalt (Fortführung von BGH, Beschluss vom 21. Januar 1999 - V ZB
31/98 - NJW 1999, 1036).
Mit einer "antragsgemäßen“ Verlängerung macht das Berufungsgericht den
Fristverlängerungsantrag zum Inhalt der Fristverlängerung selbst, auch wenn
die Frist im Antrag fehlerhaft berechnet ist. Dabei ist es unerheblich, ob die
erforderliche Einwilligung des Gegners nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO für eine
Fristverlängerung in der beantragten Weise vorgelegen hat, denn auch ohne
sie ist eine bewilligte Fristverlängerung wirksam (Anschluss an BGHZ 161, 86,
89).
BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 85/07 - LG München
AG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2008 durch die
Richter Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den
Richter Hucke

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 34. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. November 2007 - 34 S 20173/06 - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.305,19 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, weil der angegriffene Beschluss den Anspruch der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt. Die Berufungsbegründungsfrist ist im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts aufgrund dessen Fristverlängerung durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom 13. Dezember 2006 bis zum 13. Januar 2007 verlängert und mit der beim Berufungsgericht am 15. Januar 2007 (Montag) eingegangenen Begründungsschrift gewahrt worden (§ 222 Abs. 2 ZPO).
2
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat fristgerecht die Verlängerung "der am 13. Dezember 2006 endenden Berufungsbegründungsfrist um ... einen Monat" beantragt. Mit Verfügung des Kammervorsitzenden ist "die Frist ... antragsgemäß“ und damit berechnet ab dem 13. Dezember 2006 um einen Monat verlängert worden, denn maßgeblich für den Umfang der gerichtlichen Fristverlängerung, auf den sich eine Partei grundsätzlich verlassen kann, ist deren objektiver Inhalt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 1999 - V ZB 31/98 - NJW 1999, 1036; HK-ZPO/Wöstmann, ZPO, 2. Aufl., § 520 Rn. 13). Mit der "antragsgemäßen“ Verlängerung hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin zum Inhalt der Fristverlängerung selbst gemacht. Dieser enthielt seinem objektiven Inhalt nach eine Fristverlängerung von einem Monat berechnet ab dem 13. Dezember 2006, auch wenn das angegebene Fristende fehlerhaft berechnet worden und das ursprüngliche Ende der 12. Dezember 2006 gewesen war.
3
Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht auf den objektiven Inhalt der Fristverlängerung vertraut, weil sie erkannt gehabt habe, dass tatsächlich nur eine Fristverlängerung bis einschließlich den 12. Januar 2007 hätte gewährt werden sollen. Die hierzu getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht tragfähig. Der Umstand , dass die Berufungsbegründung während der laufenden Frist gefertigt worden ist, bedeutet nicht, dass damit die Erkenntnis dokumentiert ist, dass der Schriftsatz auch am Tag der Erstellung hätte abgesandt werden müssen.
4
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es auch unerheblich, ob die erforderliche Einwilligung des Gegners (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO) für eine Fristverlängerung in der beantragten Weise vorgelegen hat, denn auch ohne sie ist eine bewilligte Fristverlängerung wirksam (vgl. BGHZ 161, 86, 89 m.w.N.).
5
Da die Berufungsbegründung bereits rechtzeitig eingegangen ist, kommt es auf die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr an.
Wurm Dörr Wöstmann
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 27.09.2006 - 233 C 26849/05 -
LG München I, Entscheidung vom 12.11.2007 - 34 S 20173/06 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.