Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2017 - V ZB 59/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:060417BVZB59.16.0
06.04.2017
vorgehend
Amtsgericht Hannover, 43 XIV 3/16 B, 08.01.2016
Landgericht Hannover, 8 T 11/16, 20.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 59/16
vom
6. April 2017
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allein der Verstoß gegen die Pflicht zur Beeidigung des Dolmetschers nach
§ 189 GVG berührt nicht die Grundlagen der Anhörung.
BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - V ZB 59/16 - LG Hannover
AG Hannover
ECLI:DE:BGH:2017:060417BVZB59.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 20. April 2016 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste im Frühjahr 2014 in das Bundesgebiet ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle wurde er ohne Ausweisdokumente angetroffen. Er verbüßte bis zum 8. Dezember 2015 eine Jugendstrafe in der Justizvollzugsanstalt Vechta. Mit Verfügung vom 26. November 2015 wurde er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen; ihm wurde zudem die Abschiebung in die Türkei angedroht. Auf Antrag der beteiligten Ausländerbehörde ordnete das Amtsgericht Vechta am 4. Dezember 2015 Sicherungshaft bis zum 8. Januar 2016 an und übertrug „weitere erforderliche Entscheidungen über die Fortdauer der Abschiebungshaft (…) dem Amtsgericht (…), in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, in der der Betroffene untergebracht ist.“ Die Abschiebungshaft wurde in dem Bezirk des Amtsgerichts Hannover vollstreckt.
2
Die für den 7. Januar 2016 terminierte Abschiebung konnte wegen passiven Widerstands des Betroffenen nicht durchgeführt werden. Das Amtsgericht Hannover hat daraufhin am 8. Januar 2016 auf Antrag der beteiligten Behörde die angeordnete Sicherungshaft bis längstens zum Ablauf des 22. Januar 2016 verlängert. Hiergegen hat der Betroffene, der einen Asylantrag gestellt hat und am 18. Januar 2016 aus der Haft entlassen worden ist, Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haftverlängerung festzustellen. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter.

II.


3
Das Beschwerdegericht bejaht die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover und meint, die Verlängerung der Sicherungshaft sei rechtmäßig. Der Betroffene sei zwar nicht zur Abgabeentscheidung des Amtsgerichts Vechta gehört worden. Es sei aber nicht dargetan und nicht ersichtlich, inwiefern eine Anhörung zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Die unterlassene Benachrichtigung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen von dessen Anhörung vor Verlängerung der Sicherungshaft führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Haft. Der Betroffene habe sich ohne Vorbehalt geäußert und nicht kundgetan, dass er einen Verfahrensbevollmächtigten habe. Das sei weder der beteiligten Behörde noch dem Amtsgericht Hannover bekannt gewesen. Rechtswidrig sei die Haft auch nicht wegen des Erlöschens der allgemeinen Beeidigung des Dolmetschers. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Dolmetscher, der davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Einreichung von Unterlagen zur erneuten Beeidigung um eine reine Formalie handele, nicht treu und gewissenhaft übertragen habe. Im Übrigen hätten die Voraussetzungen für die Verlängerung der Sicherungshaft vorgelegen.

III.


4
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Betroffene im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Hannover (§ 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) nicht in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden. Eine Anhörung wäre zwar erforderlich gewesen (vgl. dazu BVerfGK 15, 180, 184). Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover für die Entscheidung über die Verlängerung der Haft war aber unabhängig von der Abgabeentscheidung des Amtsgerichts Vechta gegeben. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, ist für die Entscheidung über die Verlängerung von Abschiebungs - oder Rücküberstellungshaft das Gericht am Haftort nach § 416 Satz 2, § 425 Abs. 3 FamFG originär zuständig, ohne dass es einer Abgabe nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bedarf (Beschluss vom 2. März 2017 - V ZB 122/15, zur Veröffentlichung bestimmt). § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt nach dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes (vom 17. Dezember 2008, BGBl. I S. 2586) am 1. September 2009 nur für Entscheidungen nach §§ 424, 426 FamFG.

6
2. Die Haftanordnung ist nicht deshalb rechtswidrig, weil der Betroffene während seiner Anhörung durch das Amtsgericht nicht anwaltlich vertreten war.
7
a) Allerdings garantiert der Grundsatz des fairen Verfahrens einem Betroffenen , sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 6 u. 20 mwN). Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies, anders als das Beschwerdegericht meint, ohne weiteres zu der Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht. Das gilt auch für die Verlängerung der Abschiebungs- oder Rücküberstellungshaft , auf die nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag, also auch diejenigen über die Anhörung, uneingeschränkt anzuwenden sind.
8
b) Hier lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren verletzt worden ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen wurde zwar nicht zu der Anhörung geladen, das ist aber nicht auf einen Verfahrensfehler des Amtsgerichts Hannover zurückzuführen. Nach dem von dem Beschwerdegericht wiedergegebenen Nichtabhilfebeschluss war dem Haftrichter, auch nach den von ihm durchgeführten Ermittlungen von Amts wegen (§ 26 FamFG), nicht bekannt, dass der Betroffene für das Haftverlängerungsverfahren einen Rechtsanwalt beauftragt hatte. Der Haftrichter hat ausgeführt , den Verfahrensbevollmächtigten, der sich im Haftanordnungsverfahren für den Betroffenen bestellt hatte, von dem Anhörungstermin telefonisch in Kennt- nis gesetzt zu haben. Von diesem sei mitgeteilt worden, er habe das Mandat abgegeben und ein anderer Rechtsanwalt habe es übernehmen wollen. Der Haftrichter hat weiter ausgeführt, eine Mandatsübernahme sei nicht mitgeteilt worden. Er habe sich unmittelbar vor Beginn des Anhörungstermins explizit bei dem Vertreter der beteiligten Behörde erkundigt, ob ein Verfahrensbevollmächtigtenwechsel angezeigt worden sei, was dieser verneint habe. Bei dieser Sachlage konnte der Haftrichter nicht wissen, dass es einen Verfahrensbevollmächtigten gab, der zu laden gewesen wäre.
9
3. Die Anordnung der Haftverlängerung war auch nicht deshalb rechtswidrig , weil der bei der Anhörung des Betroffenen hinzugezogene Dolmetscher (§ 185 Abs. 1 Satz 1 GVG) sich auf seine allgemeine Vereidigung berufen hat, obwohl diese zum Zeitpunkt der Anhörung wegen Fristablaufs erloschen war.
10
a) Richtig ist allerdings, dass der Dolmetscher einen Eid dahin zu leisten hat, dass er treu und gewissenhaft übertragen werde (§ 189 Abs. 1 Satz 1 GVG). Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid (§ 189 Abs. 2 GVG). Diese Möglichkeit entfällt, wenn die allgemeine Beeidigung erloschen ist. Das war hier nach § 31 Abs. 1 NJG (Nds. GVBl. 2014, 436) der Fall. Der Dolmetscher hätte deshalb vor der Anhörung des Betroffenen den Eid leisten müssen, was nicht erfolgt ist.
11
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt aber allein der Umstand, dass eine Beeidigung des Dolmetschers unterblieben ist, nicht zu einem Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Verfahrensfehler bei der Durchführung der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 Abs. 1 FamFG verletzen den Betroffenen in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nur, wenn sie nicht nur den formal ordnungsmäßigen Ablauf der Anhörung, sondern deren Grundlagen betreffen und ihr den Charak- ter einer „Nichtanhörung“ verleihen (Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 23/15, InfAuslR 2016, 235 Rn. 26 mwN; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 10). Zu diesen zählt die unterbliebene Beeidigung des Dolmetschers nicht. Eine treue und gewissenhafte Übersetzung durch den Dolmetscher ist für die Anhörung des Betroffenen zwar unverzichtbar. Dass dem Dolmetscher seine Verpflichtung zu einer solchen Übertragung vor der Anhörung nicht (erneut) vor Augen geführt worden ist, lässt aber nicht den Schluss zu, dass die Übertragung insgesamt unzuverlässig und daher als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung ungeeignet war. Nur dann wäre es gerechtfertigt, eine - ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung führende - „Nichtanhörung“ anzunehmen. Auf einen solchen Sachverhalt stützt sich die Rechtsbeschwerde jedoch nicht.

IV.


12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 08.01.2016 - 43 XIV 3/16 B -
LG Hannover, Entscheidung vom 20.04.2016 - 8 T 11/16 -

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(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.

(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.

(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.

(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.

(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Person, der die Freiheit entzogen werden soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sonst das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Freiheitsentziehung entsteht. Befindet sich die Person bereits in Verwahrung einer abgeschlossenen Einrichtung, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(1) In dem Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist eine Frist für die Freiheitsentziehung bis zur Höchstdauer eines Jahres zu bestimmen, soweit nicht in einem anderen Gesetz eine kürzere Höchstdauer der Freiheitsentziehung bestimmt ist.

(2) Wird nicht innerhalb der Frist die Verlängerung der Freiheitsentziehung durch richterlichen Beschluss angeordnet, ist der Betroffene freizulassen. Dem Gericht ist die Freilassung mitzuteilen.

(3) Für die Verlängerung der Freiheitsentziehung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend.

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

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V ZB 122/15
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2. März 2017
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Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Entscheidung über die Verlängerung von Abschiebungs- (oder
Rücküberstellungs-) Haft ist das Gericht am Haftort nach § 416 Satz 2,
§ 425 Abs. 3 FamFG originär zuständig, ohne dass es einer Abgabe

b) Die Vorschrift des § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt nur für Entscheidungen
BGH, Beschluss vom 2. März 2017 - V ZB 122/15 - LG Traunstein
AG Mühldorf am Inn
ECLI:DE:BGH:2017:020317BVZB122.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. März 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 22. Juli 2015 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene reiste am 22. Dezember 2011 ohne gültige Papiere in das Bundesgebiet ein und stellte Mitte Januar 2012 einen Asylantrag, der im Dezember 2012 unter Aufforderung des Betroffenen, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche zu verlassen, und unter Androhung von Abschiebungshaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Die Rückführung des Betroffenen in sein Heimatland Pakistan verzögerte sich, weil dieser die ihm zugewiesene Gemeinschaftsunterkunft mehrfach verließ, ohne den zuständigen Stellen davon Mitteilung zu machen, und deswegen zunächst auch nicht dem pakistani- schen Generalkonsulat zur Anhörung zwecks Ausstellung der erforderlichen Heimreisedokumente vorgestellt werden konnte. Nach seiner Vorsprache bei dem Ausländeramt am 7. Mai 2015 ordnete das Amtsgericht Wunsiedel auf Antrag der beteiligten Behörde gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung von dessen Abschiebung nach Pakistan bis zum 18. Juni 2015 an; die Haft wurde in der Zentralen Abschiebehafteinrichtung Mühldorf am Inn vollzogen. Dem Betroffenen wurden Heimreisedokumente ausgestellt; eine für den 12. Juni 2015 geplante Abschiebung scheiterte aber an der Weigerung des Betroffenen, das Dienstfahrzeug der Polizei zu verlassen, mit dem er zum Flughafen gebracht worden war.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 15. Juni 2015 hat das Amtsgericht Mühldorf am Inn die Abschiebungshaft gegen den Betroffenen bis zum 10. Juli 2015 verlängert. Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen.

II.


3
Das Beschwerdegericht hält die Haftanordnung für rechtmäßig. Für die Anordnung der Haftverlängerung sei das Amtsgericht Mühldorf am Inn mangels einer Abgabe an dieses durch das zunächst mit der Sache befasste Amtsgericht Wunsiedel zwar nicht zuständig gewesen. Gerichtliche Handlungen würden aber nicht wegen der örtlichen Unzuständigkeit unwirksam. Diese Rechtsfolge trete nur bei schweren Mängeln der Entscheidung ein, die hier nicht vorlägen. Die sachlichen Voraussetzungen für die Verlängerung der Abschiebungshaft gegen den Betroffenen hätten vorgelegen. Der Verlängerungsantrag genüge den gesetzlichen Anforderungen. Es liege jedenfalls der Haftgrund nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, da der Betroffene die Abschiebung am 12. Juni 2015 durch seinen Widerstand vereitelt habe.

III.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
5
1. Die Verlängerung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht Mühldorf am Inn und die Aufrechterhaltung dieser Entscheidung durch das Beschwerdegericht sind nicht deshalb rechtswidrig, weil - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - das Amtsgericht örtlich unzuständig war und die Verlängerung deshalb unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG angeordnet und bestätigt worden ist.
6
a) Zweifelhaft ist schon, ob der Betroffene den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen auf eine Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit stützen könnte. Die Beschwerde kann nach § 65 Abs. 4 FamFG nämlich nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Etwas Anderes kommt nur im - hier nicht gegebenen - Fall von Willkür in Betracht (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2010 - XII ZB 227/10, FGPrax 2011, 101 Rn. 19; Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 65 Rn. 17). Die dadurch zum Ausdruck gebrachte Bewertung eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit durch den Gesetzgeber spricht dafür, dass auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung nicht auf einen solchen Verstoß gestützt werden kann. Außerdem könnte die Entschei- dung eines Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 2 Abs. 3 FamFG nicht allein deshalb, etwa nach § 48 FamFG, aufgehoben werden, weil bei ihrem Erlass gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit verstoßen wurde (OLG Schleswig, SchlHA 1956, 242, 244; Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 2 Rn. 36a).
7
b) Hierauf kommt es aber nicht an, denn das Amtsgericht hat bei der Anordnung der Verlängerung der Haft die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht verletzt. Es war nach § 416 Satz 2 FamFG örtlich zuständig, weil die Sicherungshaft gegen den Betroffenen in der Zentralen Abschiebehafteinrichtung Mühldorf am Inn und damit in seinem Gerichtsbezirk vollzogen wurde. Daran ändert es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nichts, dass die Abschiebungshaft, um deren Verlängerung es hier geht, von einem anderen Amtsgericht angeordnet worden war. Dieses war für die Anordnung der Haftverlängerung nicht mehr zuständig und musste die Sache auch nicht nach Maßgabe von § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG durch förmlichen (unanfechtbaren) an das Amtsgericht Mühldorf am Inn abgeben.
8
aa) Die Frage, welches Gericht für die Verlängerung von Abschiebungs (oder Rücküberstellungs-) Haft zuständig ist, wenn die ursprünglich angeordnete Haft in dem Bezirk eines anderen Amtsgerichts vollzogen wird, ist allerdings umstritten. In Rechtsprechung und Literatur wird wohl überwiegend die Ansicht vertreten, in einem solchen Fall bleibe das ursprünglich angerufene Amtsgericht gemäß § 2 Abs. 2 FamFG weiterhin zuständig. Die Zuständigkeit für die Verlängerung könne auf das Gericht am Haftort nur auf Grund eines förmlichen Abgabebeschlusses gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG übergehen (OLG Köln, FGPrax 2010, 318, 319; Bahrenfuss/Grotkopp, FamFG, 3. Aufl., § 425 Rn. 14; Bergmann/Dienelt/Winkelmann, Ausländerrecht, 11. Aufl., § 106 AufenthG Rn. 4; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl., § 425 Rn. 20; Keidel/Budde, FamFG, 19. Aufl., § 425 Rn. 12; wohl auch Kluth/Heusch/Brinktrine, Ausländerrecht, § 106 AufenthG Rn. 8 und NKAuslR /Stahmann, 2. Aufl., § 106 AufenthG Rn. 10 f.). Nach anderer Auffassung hat sich die Rechtslage mit dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1. September 2009 in diesem Punkt grundlegend verändert. Das Gericht am Haftort sei seitdem nach § 425 Abs. 3, § 416 Satz 2 FamFG originär für die Verlängerung von Abschiebungs- (und Rücküberstellungs-) Haft zuständig, ohne dass es einer Abgabeentscheidung gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bedürfte (LG Frankfurt [Oder], Beschluss vom 13. März 2014 - 15 T 35/14, juris Rn. 14; Bork/Jacoby/Schwab/Heinze, FamFG, 2. Aufl., § 416 Rn. 6 aE; MüKoFamFG/Wendtland, 2. Aufl., § 416 Rn. 8; wohl auch Prütting/ Helms/Jenissen, FamFG, 3. Aufl., § 425 Rn. 17 und § 416 Rn. 3 unklar allerdings das Verhältnis zu den Ausführungen in ibid. Rn. 4).
9
bb) Die zweite Auffassung ist richtig. § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt nach der Einführung von § 425 Abs. 3, § 416 Satz 2 FamFG nur noch für die Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung der angeordneten Abschiebungs - (oder Rücküberstellungs-) Haft nach §§ 424 oder 426 FamFG, aber nicht mehr für die Verlängerung der Haft.
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(1) Die Regelung in dem heutigen § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG geht auf die wortgleiche Regelung in § 103 Abs. 2 Satz 2 des durch das Aufenthaltsgesetz abgelösten früheren Ausländergesetzes zurück. Diese Vorschrift ist mit dem Gesetz vom 30. Juni 1993 (BGBl. I S. 1062) in das damalige Ausländergesetz eingefügt worden, um zu einer Vereinfachung des gerichtlichen Verfahrens vor allem bei der Behandlung von Anträgen auf Verlängerung einer Abschiebungs - (oder Rücküberstellungs-) Haft beizutragen (Beschlussempfehlung zu dem genannten Gesetz in BT-Drucks. 12/4984 S. 37). Das gerichtliche Verfahren in Abschiebungshaftsachen bestimmte sich damals nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG). Nach § 12 FEVG galten zwar für Anträge auf Verlängerung einer angeordneten Abschiebungsoder Rücküberstellungshaft zum großen Teil die Vorschriften über den Erstantrag. Ausgenommen hiervon war aber unter anderem § 4 FEVG über die örtliche Zuständigkeit. Folge dessen war, dass das zunächst mit der Anordnung von Abschiebungs- (oder Rücküberstellungs-) Haft befasste Gericht auch dann für Verlängerungsanträge zuständig blieb, wenn die angeordnete Haft in einer - unter Umständen weit entfernt liegenden - Sicherungseinrichtung vollzogen wurde. Dem Gesetzgeber erschien es deshalb zweckmäßig, für die Entscheidung über die Fortdauer von Abschiebungs- (oder Rücküberstellungs-) Haft die in dem Gesetz über das Verfahren bei Freiheitsentziehungen nicht vorgesehene Abgabemöglichkeit zu schaffen. Die Regelung wurde bei der Ablösung des Ausländergesetzes durch das Aufenthaltsgesetz unverändert übernommen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 15/420 S. 101).
11
(2) Mit dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1. September 2009 hat sich die Rechtslage allerdings in einem für die Frage der örtlichen Zuständigkeit für Verlängerungsanträge entscheidenden Aspekt verändert. Vordergründig ist mit Art. 19 des FGG-Reformgesetzes zwar nur die Verweisung auf das Gesetz über das Verfahren in Freiheitsentziehungssachen in dem bisherigen § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG durch eine Verweisung auf Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ersetzt worden, weshalb die Entwurfsbegründung insofern auch von einer redaktionellen Folgeänderung spricht (BT-Drucks. 16/6308 S. 317). Die Änderung der Verweisung führt aber gerade bei der hier interessierenden Frage nach der Zuständigkeit für die Entscheidung über An- träge auf Verlängerung einer angeordneten Abschiebungs- (oder Rücküberstellungs -) Haft zu einer praktisch wichtigen inhaltlichen Änderung. Für solche Anträge gelten nämlich nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag , jedoch in bewusster Abweichung von dem früheren § 12 FEVG nicht mit Einschränkungen, insbesondere bei der örtlichen Zuständigkeit, sondern uneingeschränkt (Begründung des FGG-Reformgesetzes in BT-Drucks. 16/6308 S. 293). Das hat zur Folge, dass für den Verlängerungsantrag jetzt auch - bewusst anders als früher - die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit anzuwenden sind. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich deshalb nicht mehr entsprechend § 2 Abs. 2 FamFG danach, welches Gericht für die Entscheidung über den Erstantrag zuständig war. Sie wird vielmehr durch § 425 Abs. 3 FamFG, § 416 FamFG eigenständig bestimmt. Nach § 416 FamFG kommt es für die Zuständigkeit über den Verlängerungsantrag entscheidend darauf an, ob die ursprünglich angeordnete Sicherungshaft in dem Bezirk des Gerichts vollzogen wird, das diese Haft angeordnet hatte oder in einem anderen. In dem zweiten Fall ist das Gericht am Haftort nach § 416 Satz 2 FamFG originär für die Entscheidung über den Verlängerungsantrag zuständig, ohne dass es wie früher einer förmlichen Abgabeentscheidung nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bedürfte.
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(3) Die dargestellte Änderung konterkariert auch nicht den Vereinfachungseffekt , um den es dem Gesetzgeber 1993 bei der Einführung der Abgabemöglichkeit nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ging. Sie führt vielmehr dazu, dass die damals angestrebte Vereinfachung noch konsequenter verwirklicht wird. Der Gesetzgeber wollte damals erreichen, dass über den Verlängerungsantrag nach Möglichkeit das Gericht am Haftort entscheidet, weil dieses insbesondere die persönliche Anhörung des Betroffenen zu dem Verlängerungsantrag schneller und unkomplizierter würde durchführen können als das mit dem ursprünglichen Haftantrag befasste - unter Umständen weit entfernte - Gericht (BT-Drucks. 12/4984 S. 38). Zu diesem Ziel führt die generelle Änderung der Regelung über die örtliche Zuständigkeit für den Verlängerungsantrag nach heutiger Rechtslage einfacher und rechtlich sicherer als die Abgaberegelung in § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Danach setzt die an sich sachgerechte Befassung des Gerichts am Haftort mit dem Verlängerungsantrag eine vorherige Abgabeentscheidung des Erstgerichts voraus. Ob diesem dabei im Hinblick auf den gesetzlichen Richter überhaupt ein Ermessen eingeräumt werden darf, wie es in der Vorschrift vorgesehen ist, erscheint zweifelhaft (BVerfGK 15, 180, 185). Jedenfalls würde dieses Ermessen in aller Regel im Sinne einer Abgabe an das Gericht am Haftort ausgeübt werden müssen, weil das in aller Regel sachgerecht ist. Die Zuständigkeit dieses Gerichts entspricht nämlich der Regelzuständigkeit nach § 416 Satz 2 FamFG, die jetzt kraft Gesetzes für den Verlängerungsantrag gilt.
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(4) Die Vorschrift des § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG verliert durch die Änderung der Zuständigkeitsregelung in § 425 Abs. 3 i.V.m. § 416 Satz 2 FamFG auch nicht vollständig ihre Bedeutung. Das Gericht, das die ursprüngliche Haftanordnung erlassen hat, bleibt nämlich für die Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung dieser Haft gemäß §§ 424 oder 426 FamFG zuständig , weil § 425 Abs. 3 FamFG eine gesonderte Zuständigkeitsregelung nur für die Verlängerung, nicht aber schlechthin für die Fortdauer der Haft bestimmt. Für die Entscheidungen über die Aussetzung oder Aufhebung der ursprünglich angeordneten Haft bleibt deshalb das Gericht, das diese Haft angeordnet hat, gemäß § 416 Satz 1, § 2 Abs. 2 FamFG zuständig. Es wird aber in aller Regel zweckmäßiger sein, wenn auch diese Entscheidungen nicht durch das für den Erstantrag zuständige Gericht, sondern durch das Gericht am Haftort getroffen werden. Ohne die Regelung in § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG könnte eine Ab- gabe an dieses Gericht nur unter den Voraussetzungen der - auch auf die Abschiebungs - (oder Rücküberstellungs-) Haft anwendbaren - Regelung in § 4 FamFG erreicht werden. Eine Abgabe durch unanfechtbaren Beschluss nach Maßgabe von § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, der diese Fälle auch erfasst, ist aber regelmäßig der einfachere Weg. Für diese Fälle behält die Vorschrift ihren Sinn. Auf sie beschränkt sich ihr Anwendungsbereich.
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(5) Die von dem Betroffenen zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGK 15, 180) steht dem nicht entgegen. Sie betrifft nämlich die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes. Seit dessen Inkrafttreten am 1. September 2009 bestimmt sich die Zuständigkeit für den Verlängerungsantrag aber unmittelbar nach § 425 Abs. 3, § 416 Satz 2 FamFG. An diese Vorschrift hat sich das Amtsgericht gehalten.
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2. Entgegen der Auffassung des Betroffenen ist es auch nicht zu beanstanden , dass sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht den Haftgrund nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AufenthG angenommen haben. Auf diesen Haftgrund konnte die Anordnung von Abschiebungshaft, um die es hier geht, auch nach dem Ablauf der Frist zur Umsetzung von Art. 3 und 15 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) am 24. Dezember 2010 und vor der Einführung von § 2 Abs. 14 und 15 AufenthG am 1. August 2015 gestützt werden (Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 23/15, InfAuslR 2016, 235 Rn. 10).
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Mühldorf am Inn, Entscheidung vom 26.06.2015 - 3 XIV 37/15 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 22.07.2015 - 4 T 2243/15 -

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

(1) Das Gericht kann die Vollziehung der Freiheitsentziehung aussetzen. Es hat die Verwaltungsbehörde und den Leiter der Einrichtung vorher anzuhören. Für Aussetzungen bis zu einer Woche bedarf es keiner Entscheidung des Gerichts. Die Aussetzung kann mit Auflagen versehen werden.

(2) Das Gericht kann die Aussetzung widerrufen, wenn der Betroffene eine Auflage nicht erfüllt oder sein Zustand dies erfordert.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschuss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 31. Januar 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Görlitz vom 21. November 2013 zurückgewiesen worden ist.

Auf die vorgenannte Beschwerde wird festgestellt, dass der Beschuss des Amtsgerichts Görlitz vom 21. November 2013 den Betroffenen auch insoweit in seinen Rechten verletzt hat, wie es den Haftzeitraum ab dem 28. November 2013 betrifft.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein georgischer Staatsangehöriger, wurde am 23. Oktober 2013 von Beamten der beteiligten Behörde ohne Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik aufgegriffen. Er hatte zuvor sowohl in Frankreich als auch in Lettland einen Asylantrag gestellt.

2

Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Inhaftierung des Betroffenen bis längstens 21. November 2013 zur Vorbereitung einer geplanten Zurückschiebung an. Auf weiteren Antrag der beteiligten Behörde vom 18. November 2013 hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen mit Beschluss vom 21. November 2013 Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach Lettland bis zum 3. Dezember 2013 angeordnet. Den Haftantrag hat es dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen am 21. November 2013 um 9.16 Uhr per Telefax zusammen mit der Bestimmung des Termins zur Anhörung des Betroffenen auf 13.00 Uhr desselben Tages übersandt. Der Verfahrensbevollmächtigte teilte dem Amtsgericht um 9.51 Uhr per Telefax mit, dass er das Gericht keinesfalls bis 13.00 Uhr, sondern allenfalls nach 15.15 Uhr erreichen könne. Die Anhörung des Betroffenen erfolgte - ohne vorherige Kontaktaufnahme mit dem Verfahrensbevollmächtigten - um 13.30 Uhr.

3

Bis zum 27. November 2013 war der Betroffene in einer Justizvollzugsanstalt und danach in Polizeigewahrsam untergebracht. Er wurde am 2. Dezember 2013 nach Lettland zurückgeschoben.

4

Auf seine Beschwerde hat das Landgericht - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts den Betroffenen vom 21. November 2013 bis zum 27. November 2013 in seinen Rechten verletzt hat. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene den vollständigen Erfolg seiner Beschwerde erreichen.

II.

5

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts war der Haftantrag zulässig. Das Amtsgericht habe nicht gegen das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot verstoßen. Ihm sei auch kein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vorzuwerfen. Dem Betroffenen habe es frei gestanden, darauf zu bestehen, dass seine Anhörung durch das Amtsgericht in Anwesenheit seines damaligen Verfahrensbevollmächtigten stattfinde. Von diesem Recht habe er keinen Gebrauch gemacht. Bis zur Anhörung habe er keinen Kontakt in einer für ihn verständlichen Sprache zu seinem Verfahrensbevollmächtigten gehabt. Ein irgendwie geartetes Vertrauensverhältnis habe zwischen beiden nicht bestanden. Zudem habe für den Verfahrensbevollmächtigten die Möglichkeit bestanden, schriftsätzlich Erklärungen zu dem Haftantrag abzugeben.

6

Die Haftanordnung habe den Betroffenen jedoch in dem Zeitraum vom 21. November 2013 bis zum 27. November 2013 wegen der Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt in seinen Rechten verletzt.

III.

7

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 Abs. 1 und 2 FamFG). Sie ist begründet. Die Haftanordnung hat den Betroffenen insgesamt in seinen Rechten verletzt, weil seine Anhörung durch das Amtsgericht - wie er in der Rechtsbeschwerdebegründung zutreffend rügt - nicht ordnungsgemäß war.

8

1. Einem Verfahrensbevollmächtigten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Termin zur Anhörung des Betroffenen teilzunehmen (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2012 - V ZB 117/11 Rn. 4, juris; Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZA 2/10 Rn. 10, juris). Das ist hier nicht erfolgt. Zwar ist dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen der auf den 21. November 2013 um 13.00 Uhr bestimmte Anhörungstermin mitgeteilt worden. Diese Mitteilung erfolgte aber erst etwa 3 ½ Stunden vor dem Termin. Dass der Verfahrensbevollmächtigte innerhalb des verbleibenden Zeitraums weder mit dem Auto noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln das Amtsgericht erreichen konnte, hat er diesem rund eine halbe Stunde später mitgeteilt; zugleich hat er darauf hingewiesen, dass die frühestmögliche Ankunft am Gerichtssitz um 15.15 Uhr war. Bei verständiger Würdigung dieser Angaben hätte das Amtsgericht in dem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten einen Verlegungsantrag sehen müssen und deshalb nicht ohne weiteres die Anhörung durchführen dürfen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZA 2/10 Rn. 10, juris). Es hat deshalb gegen den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, welcher dem Betroffenen garantiert, sich zur Wahrung seiner Rechte in dem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen, und ihm das Recht zubilligt, diesen Bevollmächtigten zu der Anhörung hinzuzuziehen (BVerfG, StV 1994, 552 f.; NJW 1993, 2301 f. - jeweils zur mündlichen Anhörung des Verurteilten im Strafvollstreckungsverfahren).

9

2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann nicht festgestellt werden, dass der Betroffene von seinem Recht, in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten angehört zu werden, keinen Gebrauch gemacht hat. In dem Protokoll der Anhörung ist nicht vermerkt, dass er über dieses Recht belehrt wurde. Dort heißt es nur, dass er „- nach prozessordnungsgemäßer Belehrung -: Was soll ich unter den gegebenen Bedingungen sagen. Ich habe diesen Antrag zur Kenntnis genommen und fertig.“ erklärt hat. Welchen Inhalt die Belehrung hatte, erschließt sich nicht. Die Erklärung des Betroffenen enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass die Belehrung auch das Recht auf Anwesenheit des Verfahrensbevollmächtigten umfasste.

10

3. Ebenfalls anders als das Beschwerdegericht meint, ist es unerheblich, ob vor der Anhörung zwischen dem Betroffenen und seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten ein "irgendwie geartetes" Vertrauensverhältnis bestand. Das Recht des Verfahrensbevollmächtigten zur Teilnahme an dem Anhörungstermin und das Recht des Betroffenen zur Anhörung in Anwesenheit seines Bevollmächtigten setzen ein solches Verhältnis nicht voraus.

11

4. Schließlich hält es das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft für ausreichend, dass der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen schriftsätzlich zu dem Haftantrag habe Stellung nehmen können. Das Recht auf Teilnahme an dem Anhörungstermin wird nicht gewahrt, wenn lediglich die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme besteht (vgl. BVerfG, StV 1994, 552 f.).

12

5. Nach alledem war die Anhörung des Betroffenen fehlerhaft. Die Haftanordnung hat ihn somit insgesamt und nicht nur zum Teil, wie das Beschwerdegericht meint, in seinen Rechten verletzt.

IV.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann                          Lemke                          Schmidt-Räntsch

                          Czub                          Kazele

6
b) Das Verfahren des Amtsgerichts wäre aber auch dann zu beanstanden , wenn die Frage nach einem Anwalt nur zum Ziel gehabt hätte, einen Wahlanwalt kontaktieren zu können. In diesem Fall hätte sich das Amtsgericht nicht auf den schlichten Hinweis an den Betroffenen, er können sich jederzeit anwaltlicher Hilfe bedienen, beschränken dürfen. Ebensowenig hätte es genügt, die Anhörung für 15 Minuten für eine Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt zu unterbrechen. Der in dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert dem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmäch- tigten seiner Wahl vertreten zu lassen und billigt ihm das Recht zu, diesen Bevollmächtigten zu der Anhörung hinzuzuziehen (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8; siehe auch BVerfG, StV 1994, 552 f.; NJW 1993, 2301 f. - jeweils zur mündlichen Anhörung des Verurteilten im Strafvollstreckungsverfahren). Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur theoretisch Kontakt zu einem Wahlanwalt aufnehmen kann, sondern eine solche Kontaktaufnahme effektiv möglich ist. Aus dem Protokoll der Anhörung ist jedoch - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht beanstandet - nicht ersichtlich, in welcher Weise der Betroffene einen Wahlanwalt hätte beauftragen können. Ein Telefonbuch oder eine Liste mit Rechtsanwälten lag ihm nicht vor. Sein Mobiltelefon sollte ihm erst nach Aufnahme in die Abschiebehafteinrichtung wieder ausgehändigt werden. Ein Angebot, von einem freien Fernsprecher im Gerichtsgebäude oder vom Richterzimmer aus zu telefonieren, ist ebenfalls nicht protokolliert.

(1) In dem Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist eine Frist für die Freiheitsentziehung bis zur Höchstdauer eines Jahres zu bestimmen, soweit nicht in einem anderen Gesetz eine kürzere Höchstdauer der Freiheitsentziehung bestimmt ist.

(2) Wird nicht innerhalb der Frist die Verlängerung der Freiheitsentziehung durch richterlichen Beschluss angeordnet, ist der Betroffene freizulassen. Dem Gericht ist die Freilassung mitzuteilen.

(3) Für die Verlängerung der Freiheitsentziehung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Ein Nebenprotokoll in der fremden Sprache wird nicht geführt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit der Richter dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache für erforderlich erachtet, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende Übersetzung beigefügt werden.

(1a) Das Gericht kann gestatten, dass sich der Dolmetscher während der Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Die Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.

(2) Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der fremden Sprache mächtig sind.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bedarf es der Zuziehung eines Dolmetschers nicht, wenn der Richter der Sprache, in der sich die beteiligten Personen erklären, mächtig ist.

(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.

(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.

(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

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(b) Nicht jeder Verfahrensfehler führt aber dazu, dass die durchgeführte Anhörung gewissermaßen als „Nichtanhörung“ anzusehen ist (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 3/10, FGPrax 2010, 261 Rn. 22). Verfahrensfehler bei der Durchführung der persönlichen Anhörung des Betroffenen verletzen § 420 FamFG und damit Art. 104 Abs. 1 GG nur, wenn sie nicht nur den formal ordnungsmäßigen Ablauf der Anhörung, sondern deren Grundlagen betreffen (Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - V ZB 192/13, juris Rn. 9 mwN; ähnlich BGH, Beschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10, NJW 2011, 2365 Rn. 14 „zwingende Vorschriften“, in casu die nach § 317 FamFG gebote- ne, aber unterbliebene Bestellung eines Verfahrenspflegers für die Anhörung im Unterbringungsverfahren, und diese Entscheidung aufgreifend: Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 127/12, FGPrax 2014, 39 Rn. 9 aE). Die Grundlagen der Anhörung sind im Zusammenhang mit einem Haftantrag nicht schon betroffen, wenn dem Betroffenen eine Kopie des Haftantrags oder von dessen Übersetzung nicht ausgehändigt wird, sondern erst, wenn der Anhörung ein unzulässiger (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13 InfAuslR 2014, 384 Rn. 19, 22) oder ein unvollständiger (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210 Rn. 16 f.) Haftantrag zugrunde liegt, oder wenn der zulässige Haftantrag bei der Anhörung nicht zumindest in den wesentlichen Grundzügen sinngemäß mündlich in eine Sprache übersetzt wird, die der Betroffene beherrscht (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2015 - V ZB 187/14, InfAuslR 2015, 301 Rn. 5 aE). Das Beschwerdegericht muss deshalb einen Betroffenen nicht allein wegen der unterlassenen Aushändigung des Haftantrags erneut persönlich anhören. Eine Anhörung ist auch nicht zur nachträglichen Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich. Dieses kann, wie hier, etwa dadurch nachgeholt werden, dass dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen eine Kopie des Antrags zugeleitet wird.
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b) Das Verfahren des Amtsgerichts wäre aber auch dann zu beanstanden , wenn die Frage nach einem Anwalt nur zum Ziel gehabt hätte, einen Wahlanwalt kontaktieren zu können. In diesem Fall hätte sich das Amtsgericht nicht auf den schlichten Hinweis an den Betroffenen, er können sich jederzeit anwaltlicher Hilfe bedienen, beschränken dürfen. Ebensowenig hätte es genügt, die Anhörung für 15 Minuten für eine Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt zu unterbrechen. Der in dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert dem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmäch- tigten seiner Wahl vertreten zu lassen und billigt ihm das Recht zu, diesen Bevollmächtigten zu der Anhörung hinzuzuziehen (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8; siehe auch BVerfG, StV 1994, 552 f.; NJW 1993, 2301 f. - jeweils zur mündlichen Anhörung des Verurteilten im Strafvollstreckungsverfahren). Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur theoretisch Kontakt zu einem Wahlanwalt aufnehmen kann, sondern eine solche Kontaktaufnahme effektiv möglich ist. Aus dem Protokoll der Anhörung ist jedoch - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht beanstandet - nicht ersichtlich, in welcher Weise der Betroffene einen Wahlanwalt hätte beauftragen können. Ein Telefonbuch oder eine Liste mit Rechtsanwälten lag ihm nicht vor. Sein Mobiltelefon sollte ihm erst nach Aufnahme in die Abschiebehafteinrichtung wieder ausgehändigt werden. Ein Angebot, von einem freien Fernsprecher im Gerichtsgebäude oder vom Richterzimmer aus zu telefonieren, ist ebenfalls nicht protokolliert.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.