vorgehend
Amtsgericht Bocholt, 9 K 37/09, 18.08.2010
Landgericht Münster, 5 T 661/10, 25.11.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 313/10
vom
31. März 2011
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 25. November 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Bocholt vom 18. August 2008 (009 K 037/09) wird bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Zuschlagsbeschluss eingestellt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 70.000 €.

Gründe:

I.


1
Die Beteiligte zu 3 betreibt die Zwangsvollstreckung aus einer für sie seit August 1989 an der Eigentumswohnung des Schuldners eingetragenen Grundschuld. Für die Beschwerdeführerin, die Schwester des Schuldners, ist seit Juni 2003 ein Wohnungsrecht eingetragen. Im April 2009 ist im Grundbuch vermerkt worden, dass über das Vermögen des Eigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Insolvenzverwalter ist der Beteiligte zu 2.
2
Am 27. Juli 2009 hat das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung angeordnet. Mit einem am 11. August 2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz haben der Eigentümer und die Beteiligte zu 1 Vollstreckungsschutz beantragt und dies unter Vorlage eines ärztlichen Attests mit einem Angst- und Paniksyndrom und damit verbundenen zunehmenden Suizidgedanken der Beteiligten zu 1 begründet. Das Vollstreckungsgericht hat in dem Versteigerungstermin am 11. August 2010 darauf hingewiesen, dass das eingetragene Wohnungsrecht als Altenteil anzusehen sei und daher außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibe. Auf Antrag der Gläubigerin ist das Wohnungseigentum in der nachfolgenden Versteigerung doppelt ausgeboten worden, und zwar einerseits unter Fortbestand des Wohnungsrechts außerhalb des geringsten Gebots, andererseits unter der Bedingung des Erlöschens des Wohnungsrechts. Eine Zuzahlung für das Wohnungsrecht gemäß §§ 50, 51 ZVG hat das Vollstreckungsgericht nicht festgesetzt. Auf das erste Ausgebot sind keine Gebote abgegeben worden. Meistbietende auf das zweite Ausgebot sind die Beteiligten zu 4 und 5 geblieben.
3
Mit Beschluss vom 18. August 2010 hat das Vollstreckungsgericht den Beteiligten zu 4 und 5 den Zuschlag für 43.000 € mit der Maßgabe erteilt, dass das Wohnungsrecht erlischt. Den Vollstreckungsschutzantrag hat es als unzulässig zurückgewiesen.
4
Das Landgericht hat die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag auf Versagung des Zuschlags weiter.

II.


5
Das Beschwerdegericht meint, das nachrangige Wohnungsrecht sei als Altenteil anzusehen und bleibe gemäß Art. 6 Abs. 2 des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes zum ZVG (ZVG-AG NW) i.V.m. § 9 Abs. 1 EGZVG außerhalb des geringsten Gebots bestehen. Das doppelte Ausgebot sei gemäß Art. 6 Abs. 2 ZVG-AG NW i.V.m. § 9 Abs. 2 EGZVG zulässig gewesen. Ein Grund für die Versagung des Zuschlags gemäß § 83 Nr. 1 ZVG liege nicht vor, weil eine entsprechende Anwendung der §§ 50, 51 ZVG auf ein nachrangiges Altenteil ausscheide und ein Zuzahlungsbetrag daher nicht festzusetzen gewesen sei. Auch nach § 83 Nr. 6 ZVG sei der Zuschlag nicht zu versagen. Der Vollstreckungsschutzantrag des Eigentümers sei zwar trotz des Insolvenzverfahrens zulässig. Er sei aber unbegründet, weil die Bewilligung von Vollstreckungsschutz die substantiierte und glaubhaft zu machende Darlegung einer konkreten Suizidgefahr erfordere, die gerade wegen der anstehenden Zwangsversteigerung bestehe. Das vorgelegte Attest reiche zur Glaubhaftmachung nicht aus.

III.


6
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere kann die Beteiligte zu 1 einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG geltend machen, obwohl sie nicht Schuldnerin im Sinne von § 765a ZPO ist und ihr eigener Antrag auf Gewährung von Vollstreckungsschutz aus diesem Grund unzulässig war. Sie ist nämlich wegen des zu ihren Gunsten eingetragenen Wohnungsrechts Beteiligte im Sinne von § 9 Nr. 1 ZVG und kann ihre Beschwerde gemäß § 100 Abs. 1, 3 ZVG darauf stützen, dass dem Antrag ihres Bruders nicht entsprochen worden ist.
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
8
a) Im Ergebnis ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 1 ZVG verneint. Die Vorschriften über das geringste Gebot sind nicht verletzt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung der für die Zulassung der Rechtsbeschwerde maßgeblichen Frage, ob bei einem nach Art. 6 Abs. 2 ZVG-AG NW i.V.m. § 9 Abs. 1 EGZVG zu behandelnden Altenteil in entsprechender Anwendung der §§ 50 Abs. 1, 51 ZVG ein Zuzahlungsbetrag festzulegen ist.
9
aa) Die bisherigen Feststellungen des Beschwerdegerichts tragen schon nicht seine Annahme, der Beschwerdeführerin stehe ein Altenteil im Sinne von Art. 6 Abs. 2 ZVG-AG NW i.V.m. § 9 Abs. 1 EGZVG zu. Der Charakter des Rechts als eines Altenteils muss sich entweder aus der Grundbucheintragung oder aus der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung hinreichend deutlich ergeben (RG, RGZ 152, 104, 109 f.; Senat, Beschluss vom 3. Februar 1994 - V ZB 31/93, BGHZ 125, 69, 74). Eine Grundstücksübertragung wird nicht allein durch eine Wohnungsrechtsgewährung zu einem Altenteilsvertrag; es muss hinzutreten, dass ein Beteiligter dem anderen seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbstständige Stellung erlangt (Senat, Urteil vom 25. Oktober 2002 - V ZR 293/01, WM 2003, 1483, 1485; Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 163/06, NJW 2007, 1884 Rn. 14 jeweils mwN). Hier ist aus der Grundbucheintragung nur ein Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB ersichtlich. Dass sich aus der in den Akten nicht enthaltenen Eintragungsbewilligung die Vereinbarung eines Altenteils ergibt, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Es hat ausgeführt , das Vollstreckungsgericht sei "zu Gunsten der Beschwerdeführerin" davon ausgegangen, dass das Wohnungsrecht Altenteilscharakter habe. Wie das Vollstreckungsgericht zu dieser Auffassung gelangt ist, und warum das Beschwerdegericht dem gefolgt ist, erschließt sich aus der Entscheidung nicht.
10
bb) Selbst wenn unterstellt wird, dass der Beschwerdeführerin tatsächlich ein Altenteil zustand, kann dahinstehen, ob in dem Versteigerungstermin am 11. August 2010 ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen gewesen wäre.
11
(1) Art. 6 Abs. 2 ZVG-AG NW ist durch Art. 2 Nr. 43 des Gesetzes zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein- Westfalen (GV NRW 2010, S. 30) mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ersatzlos aufgehoben worden (vgl. LT-Drucks. NRW 14/9736 S. 93, 111). Übergangsvorschriften sind nicht erlassen worden mit der Folge, dass das Gesetz auch in laufenden Zwangsversteigerungsverfahren nicht mehr anzuwenden ist (vgl. Senat , Beschluss vom 9. Juli 2008 - V ZB 190/08, ZfIR 2009, 884, 885). Der Vertrauensschutz zugunsten des Altenteilsberechtigten kann eine Fortgeltung in Altfällen schon deshalb nicht begründen, weil das Erlöschen des Altenteils auch nach bisherigem Recht - wie hier - auf Antrag des Gläubigers gemäß Art. 6 Abs. 2 ZVG-AG NW i.V.m. § 9 Abs. 2 EGZVG als besondere Versteigerungsbedingung bestimmt werden konnte.
12
(2) Infolgedessen fehlt es an einer Rechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin im Sinne von § 84 Abs. 1 ZVG. Aufgrund der Aufhebung ihrer Privilegierung im Zwangsversteigerungsverfahren ist ein etwaiger Verstoß gegen §§ 50, 51 ZVG geheilt. Bei einer Aufhebung des Zuschlags schiede in einem neuen Versteigerungstermin die Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags von vornherein aus, weil das Altenteil als nachrangiges Recht anders als nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht auch ohne entsprechenden Antrag des Gläubigers nicht bestehen bliebe.
13
b) Der Beschluss hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Beschwerdegericht einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG wegen der geltend gemachten Suizidgefahr abgelehnt hat. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Beschwerdegericht den Antrag des Eigentümers auf Gewährung von Vollstreckungsschutz, den dieser auf die Suizidgefahr der Beschwerdeführerin gestützt hat, trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zulässig angesehen (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - V ZB 57/08, NJW 2009, 1283, 1284 f.). Auf der Grundlage des derzeitigen Verfahrensstandes lassen sich die Voraussetzungen des § 765a ZPO nicht verneinen.
14
aa) Die Gerichte haben durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es erfordern , dass Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens , ihm oder einem nahen Angehörigen drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen , besonders sorgfältig nachgegangen wird (vgl. BVerfG, FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN). Dabei muss die Gefahr solcher Beeinträchtigungen zwar vorgetragen sein; an die Konkretisierung dieser Gefahr sind aber im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG keine besonders strengen Anforderungen zu stellen. Der Schuldner hat die Tatsachen vorzutragen, auf die er den Vollstreckungsschutzantrag stützt, und diese im Streitfall zu beweisen, wobei die Beweise, wie auch sonst im Zivilprozess, von dem Gericht zu erheben und zu würdigen sind. Eine Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) ist im Verfahren nach § 765a ZPO weder erforderlich noch ausreichend. Aus diesem Grund kann die fehlende Glaubhaftmachung nicht dazu führen , dass erheblicher Vortrag als unbeachtlich angesehen wird. Insbesondere ist der Schuldner weder verpflichtet, das Gericht bereits durch seinen Vortrag davon zu überzeugen, dass eine konkrete Suizidgefahr besteht, noch muss er diese Gefahr durch Beibringung von Attesten nachweisen (ausführlich zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 124/10, NZM 2011, 167 Rn. 8 ff.; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, juris Rn. 11, insoweit in NZM 2011, 166 nicht abgedruckt).
15
bb) Das Beschwerdegericht hat ausschließlich auf die fehlende Glaubhaftmachung der konkreten Suizidgefahr abgestellt. Es hat nämlich ausgeführt, der Antragssteller habe sich in seiner Antragsschrift auf depressive Zustände mit Selbstmordgedanken seiner Schwester bezogen, bei denen ein Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung nur gemutmaßt werde. Das vorgelegte Attest sei "jedenfalls" zur Glaubhaftmachung nicht geeignet, weil es lediglich Aussagen und Erklärungen der Beschwerdeführerin wiedergebe und keine Aussagen zu einer Suizidgefahr enthalte. Es gebe lediglich Angaben der Beschwerdeführerin ohne eine eigene ärztliche Diagnose wieder und beschränke sich selbst dabei auf die Angabe, die Beschwerdeführerin sei zu einer "Teilnahme" an der Zwangsversteigerung nicht in der Lage. Ein zeitgleich angekündigtes umfangreicheres Attest habe die Beschwerdeführerin bis zu der Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht vorgelegt.
16
cc) Aus der Begründung des Beschwerdegerichts ergibt sich nicht, dass es dem Vortrag des Eigentümers keine ausreichende Darlegung einer konkreten Suizidgefahr der Beschwerdeführerin entnommen hat. Selbst wenn das der Fall sein sollte, wäre der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft. Weil eine Glaubhaftmachung nicht erforderlich war, kann der erforderlichen Darlegung nicht entgegenstehen, dass das vorgelegte Attest vom 10. August 2010 nur Angaben der Beschwerdeführerin wiedergab. Der Antragssteller hat eine konkrete Suizidgefahr für die Beschwerdeführerin vorgetragen, die sich auf das Verfahren der Zwangsversteigerung insgesamt und damit auch auf den Verlust des Eigentums und das damit verbundene endgültige Erlöschen des Wohnungsrechts bezog. Das war nach üblichen zivilprozessualen Maßstäben ausreichend.
17
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
18
Es wird nunmehr darauf ankommen, ob bei Fortsetzung des Verfahrens auch weiterhin mit ernsthaften Gefahren für Leben und körperliche Unversehrtheit der Beschwerdeführerin zu rechnen ist. Das hat die Beschwerdeführerin darzutun. Den Vortrag, der den übrigen Verfahrensbeteiligten zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs zur Kenntnis zu geben ist, hat das Beschwerdegericht zunächst nach den gesamten Umständen zu würdigen (dazu Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 199/09, WuM 2011, 122 Rn. 11; Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, NZM 2010, 915 Rn. 23 f.; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, NZM 2011, 166 Rn. 13). Sodann hat es gegebenenfalls Beweis zu erheben. In diesem Fall ist das Gericht - da es die Ernsthaftigkeit dieser Gefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann - gehalten, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie er auch hier gestellt worden ist, zu entsprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 124/10, NZM 2011, 167 Rn. 14; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, juris Rn. 11, insoweit in NZM 2011, 166 nicht abgedruckt). Ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer ernsthaften Suizidgefahr auszugehen, führt dies nicht ohne weiteres zu einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens. Es wird zunächst sorgfältig zu prüfen sein, ob dieser Gefahr auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann, zum Beispiel durch eine einstweilige Unterbringung der Beschwerdeführerin (näher Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f. mwN). Für das in diesem Fall notwendige Verfahren zur Vermeidung einer Blockade zwischen Vollstreckungs- und Betreuungsgericht wird auf den Beschluss des Senats vom 15. Juli 2010 (V ZB 1/10, NZM 2010, 836, 837) verwiesen.
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4. Da aus dem Zuschlagsbeschluss schon vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts gemäß § 575 Abs. 5, § 570 Abs. 3 ZPO auszusprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, WuM 2011, 117 mwN).
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Bocholt, Entscheidung vom 18.08.2010 - 9 K 37/09 -
LG Münster, Entscheidung vom 25.11.2010 - 5 T 661/10 -

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(1) Soweit eine bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht besteht, hat der Ersteher außer dem Bargebot auch den Betrag des berücksichtigten Kapitals zu zahlen. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für das berücksichtigte Recht getroffenen Bestimmungen maßgebend.

(2) Das gleiche gilt:

1.
wenn das Recht bedingt ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt;
2.
wenn das Recht noch an einem anderen Grundstück besteht und an dem versteigerten Grundstück nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt.

(3) Haftet der Ersteher im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 zugleich persönlich, so ist die Erhöhung des zu zahlenden Betrags ausgeschlossen, soweit der Ersteher nicht bereichert ist.

(1) Ist das berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so finden die Vorschriften des § 50 entsprechende Anwendung. Der Ersteher hat statt des Kapitals den Betrag, um welchen sich der Wert des Grundstücks erhöht, drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen und von dem Zuschlag an zu verzinsen.

(2) Der Betrag soll von dem Gericht bei der Feststellung des geringsten Gebots bestimmt werden.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Soweit eine bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht besteht, hat der Ersteher außer dem Bargebot auch den Betrag des berücksichtigten Kapitals zu zahlen. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für das berücksichtigte Recht getroffenen Bestimmungen maßgebend.

(2) Das gleiche gilt:

1.
wenn das Recht bedingt ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt;
2.
wenn das Recht noch an einem anderen Grundstück besteht und an dem versteigerten Grundstück nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt.

(3) Haftet der Ersteher im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 zugleich persönlich, so ist die Erhöhung des zu zahlenden Betrags ausgeschlossen, soweit der Ersteher nicht bereichert ist.

(1) Ist das berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so finden die Vorschriften des § 50 entsprechende Anwendung. Der Ersteher hat statt des Kapitals den Betrag, um welchen sich der Wert des Grundstücks erhöht, drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen und von dem Zuschlag an zu verzinsen.

(2) Der Betrag soll von dem Gericht bei der Feststellung des geringsten Gebots bestimmt werden.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.

(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.

(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Soweit eine bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht besteht, hat der Ersteher außer dem Bargebot auch den Betrag des berücksichtigten Kapitals zu zahlen. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für das berücksichtigte Recht getroffenen Bestimmungen maßgebend.

(2) Das gleiche gilt:

1.
wenn das Recht bedingt ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt;
2.
wenn das Recht noch an einem anderen Grundstück besteht und an dem versteigerten Grundstück nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt.

(3) Haftet der Ersteher im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 zugleich persönlich, so ist die Erhöhung des zu zahlenden Betrags ausgeschlossen, soweit der Ersteher nicht bereichert ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 293/01 Verkündet am:
25. Oktober 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Will der Tatrichter von der Aussage eines sachverständigen Zeugen über sachkundig
getroffene Feststellungen abweichen, muß er seine bessere Sachkunde darlegen.
EGBGB Art. 96
Den Voraussetzungen eines Altenteils ist nicht genügt, wenn der Übernehmer in den
übergebenen Räumen seine Berufstätigkeit aufnimmt oder fortsetzt.
BGH, Urt. v. 25. Oktober 2002 - V ZR 293/01 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2002 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein,
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Geschwister. Mit notariellem Vertrag vom 20. Mai 1994 übergaben die Eltern den Beklagten ein Hausgrundstück unter gleichzeitiger Bestellung eines lebenslangen Wohnrechts im Erdgeschoß und einer Pflegeverpflichtung der Beklagten. Der Beklagte zu 1 wohnte bereits seit 1993 in dem Haus und betrieb dort ein Atelier mit Werkstatt. Mit notariellem Vertrag vom 11. Juli 1995 ließen die Vertragsparteien die Eintragung der Pflegeverpflichtung im Grundbuch löschen, waren sich aber darüber einig, daß sie gleichwohl weiter gelten solle. Ende 1995 kehrte der Kläger nach einem Auslandsaufenthalt zurück. In der Folge kam es zu erheblichen Spannungen, die schließlich
dazu führten, daß der Beklagte zu 1 das Haus verließ. Am 12. April 1996 schloß der Kläger mit seinen Eltern einen Erbvertrag, worin er zum Schlußerben des letztversterbenden Elternteils bestimmt wurde.
Die Eltern haben von den Beklagten die Rückübertragung und Räumung des Hausgrundstücks verlangt. Nach deren Tod hat der Kläger den Rechtsstreit als Erbe fortgesetzt. Er hat an dem erstinstanzlichen Vortrag festgehalten , die Eltern seien bei Abschluß des Vertrages von den Beklagten über deren Bereitschaft, die Pflegeleistungen zu erbringen, arglistig getäuscht worden. Außerdem habe ein wichtiger Grund zur Kündigung des Vertrags wegen Vernachlässigung der Pflegeverpflichtung und weiteren Verpflichtungen bestanden. Im zweiten Rechtszug hat der Kläger zusätzlich behauptet, die Mutter der Parteien sei bei Abschluß des Übergabevertrages geschäftsunfähig gewesen.
Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Geschäftsunfähigkeit der Mutter bei Abschluß des Übergabevertrages am 20. Mai 1994 lasse sich nicht feststellen. Gleiches gelte für eine arglistige Täuschung durch die Beklagten. Einem Rücktritts- oder Kündigungsrecht der Eltern stehe § 13 BWüAGBGB i.V.m. Art. 96 EGBGB entgegen, weil der Übergabevertrag ein Altenteil zum Inhalt
habe. Auf die Frage des Umfanges und der Qualität der erbrachten Pflegeleistungen komme es deshalb nicht an. Ebenfalls nicht festzustellen sei ein grober Undank. Eine von dem Kläger zum Beweis hierfür angebotene Tonbandaufnahme sei nicht verwertbar, weil die Umstände ihres Zustandekommens nicht bekannt seien. Weitere Rückforderungsgründe bestünden nicht.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.


1. Die Verneinung von Ansprüchen, denen die Nichtigkeit des Übergabevertrags vom 20. Mai 1994 wegen Geschäftsunfähigkeit der Übergeberin zugrunde liegt, hat keinen Bestand.

a) Zu Recht rügt die Revision eine Verletzung des § 286 ZPO bei den zur Geschäftsunfähigkeit der Mutter der Parteien bei Übergabe des Hausgrundstücks getroffenen Feststellungen. Der von dem Berufungsgericht bestellte Sachverständige war in seinem schriftlichen Gutachten zu der Auffassung gelangt, die Übergeberin sei zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen. Bei seiner mündlichen Anhörung hat er dieses Urteil aber von der Voraussetzung abhängig gemacht, daß der Zustand der Geschäftsunfähigkeit der Übergeberin bereits bei deren Einweisung in die vom ihm geleitete gerontopsychiatrische Klinik durch den als sachverständigen Zeugen vernommenen Neurologen und Psychiater am 17. Mai 1994 bestanden habe. Zu dieser Frage hat er im Hinblick darauf, daß die Einlieferung erst am 24. Mai 1994 erfolgt war, keine eigenen Feststellungen zu treffen vermocht. Der sachverständige Zeuge
hat zu dem Zustand der Übergeberin am 17. Mai 1994 bekundet, auslösender Faktor der Einweisung sei ein von der Übergeberin (unter Alkoholeinfluß) verursachter Verkehrsunfall gewesen. Der Unfall habe bei der Übergeberin - die nach dem Urteil beider Ärzte manisch depressive Züge aufwies - zur psychischen Dekomposition geführt. Schon vor dem Unfall habe sich eine manische Phase angekündigt, die auch mit vermehrtem Alkoholgenuß verbunden gewesen sei. Es hätte die Möglichkeit bestanden, diese Phase im häuslichen Bereich "wieder in den Griff zu bekommen", wenn es nicht zu dem Unfall gekommen wäre. Der Unfall habe aus medizinischer Sicht bewirkt, daß bei der Übergeberin "als Folge hiervon und im Anschluß hieran" Geschäftsunfähigkeit anzunehmen sei. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen von Geschäftsunfähigkeit am 17. Mai 1994 mit der Begründung in Zweifel gezogen, daß der stationären Einweisung lediglich ein Telefongespräch mit der Übergeberin und deren Angehörigen zugrunde gelegen habe, daß der Wunsch nach stationärer Behandlung wesentlich von der Übergeberin selbst ausgegangen und es offenbar ohne weiteres möglich gewesen sei, die Einlieferung auf den 24. Mai 1994, die Zeit nach den Pfingsttagen, zu verlegen. Damit hat sich das Berufungsgericht, ohne seine eigene bessere Sachkunde darzulegen, über das sachkundige Zeugnis des behandelnden Facharztes hinweggesetzt. Dies verstößt gegen § 286 ZPO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es der Darstellung entsprechender Sachkunde, wenn ein Gericht fachlichen Feststellungen oder fachlichen Schlußfolgerungen eines herangezogenen Gutachters nicht folgen will (Urt. v. 15. März 1988, VI ZR 81/87, VersR 1988, 837; v. 21. Januar 1997, VI ZR 86/96, NJW 1997, 1446; vgl. auch BGH, Urt. v. 17. Oktober 2001, IV ZR 205/00, BGHR ZPO § 286 Abs. 1, Sachverständigenbeweis 34). Dies gilt auch für den Fall der Abweichung von der Bekundung eines sachverständigen Zeugen über die von ihm sachkundig getrof-
fene Feststellung der Befundtatsachen oder, wie hier, der Haupttatsache des Beweises. Der zusätzliche Hinweis, manische Phasen könnten sich kurzfristig aufhellen, stimmt zwar mit der Beurteilung beider Sachverständigen überein, sie ersetzt aber nicht die von dem sachverständigen Zeugen getroffene Beurteilung des tatsächlichen Krankheitsbildes der Übergeberin am 20. Mai 1994. Die abschließende Überlegung, für den Zeitpunkt einer Notfalleinweisung im Jahre 1995 habe der Zeuge Geschäftsunfähigkeit nicht ausschließen können, trägt nichts zur Sache bei.

b) Die Hilfserwägung, die Vertragsparteien hätten den Übergabevertrag durch die Urkunde vom 11. Juli 1995, bei deren Erstellung die Übergeberin geschäftsfähig gewesen sei, bestätigt (§ 141 BGB), geht fehl. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein denknotwendiger Zusammenhang zwischen der Aufhebung eines Teiles des Vereinbarten, hier der übernommenen Pflegeverpflichtung, und der Bestätigung des Restes. Der nach § 141 BGB erforderliche Bestätigungswille setzt voraus, daß die Beteiligten die Nichtigkeit des Vereinbarten kannten oder doch Zweifel an seiner Rechtsbeständigkeit hegten (BGHZ 129, 371, 377). Mit Zweifeln an der Rechtsbeständigkeit des von der Aufhebungsvereinbarung nicht betroffenen Teils des Vertrags ist die Teilaufhebung weder notwendig noch auch nur im Sinne einer Beweiserwägung mit Wahrscheinlichkeit verbunden. Das Berufungsgericht sieht die Bestätigungswirkung der Teilaufhebung vom 11. Juli 1995, kontradiktorisch zu § 141 BGB, gerade darin, daß Zweifel an der Rechtsgültigkeit der unberührten Vertragsteile nicht bestanden hatten. Daß die Vertragsbeteiligten, wovon das Berufungsgericht auszugehen hatte, den Wegfall der Pflegeverpflichtung in Wirklichkeit nicht wollten (§ 117 Abs. 1 BGB), bestätigt das Fehlen eines rechtlichen Bestätigungswillens. Im übrigen erfordert die Bestätigung eines
formbedürftigen Geschäfts zumindest die Bezugnahme auf das ursprünglich Vereinbarte (BGH, Urt. v. 6. Mai 1985, VIII ZR 119/84, NJW 1985, 2579 f). Die notarielle Urkunde vom 11. Juli 1995 läßt den Übergabevertrag vom 20. Mai 1994 unerwähnt.
2. Auch die Verneinung eines Rücktrittsrechts der Übergeber wegen Nichterfüllung der übernommenen Pflegepflichten hat keinen Bestand. Das Berufungsgericht läßt offen, ob das Geschuldete erbracht wurde, und meint, ein Rücktrittsrecht sei nach § 13 BWAGBG, der nach dem Vorbehalt für Altenteilsverträge in Art. 96 EGBGB heranzuziehen sei, ausgeschlossen. Hierzu reichen die Feststellungen des Berufungsgerichts indessen nicht hin. Im Ausgangspunkt zutreffend hebt dieses zwar darauf ab, daß der wesentliche Grundzug des Altenteils in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine die Existenz - wenigstens teilweise - begründende Wirtschaftseinheit besteht (Senat , BGHZ 53, 41, 43; Urt. v. 28. Oktober 1988, V ZR 60/87, WM 1989, 70). Erforderlich ist danach, daß ein Beteiligter dem anderen nach Art einer vorweggenommenen Erbfolge seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständige Stellung erlangt (Senat, BGHZ 3, 206, 211; 107, 156, 160). Es genügt mithin nicht, daß der Übernehmer das erlangte Grundstück zur Schaffung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage nutzt, erforderlich ist vielmehr zusätzlich, daß die Existenzgrundlage vom Übergeber bereits geschaffen war und der Übernehmer in diese eintritt. Der Umstand, daß der Beklagte zu 1 im elterlichen Haus ein Atelier mit Werkstatt eingerichtet hatte und dort nach Übergabe beibehielt , auf den sich das Berufungsurteil stützt, läßt ein Einrücken in eine bereits von den Übergebern geschaffene Existenzgrundlage nicht erkennen.
Denn es reicht nicht aus, daß der Übernehmer in den übergebenen Räumen seine Berufstätigkeit aufnimmt oder, wie hier, fortsetzt.
3. Sollte sich das Berufungsgericht erneut mit der Frage des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks der Beklagten (§ 530 BGB) zu befassen haben, wird es beachten müssen, daß die Tonbandaufzeichnung, durch die der Kläger Augenscheinsbeweis antritt, nach dessen Behauptung mit Einwilligung der Übergeber erfolgt ist (zur Verwertbarkeit des Beweismittels vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1981, VI ZR 164/79, NJW 1982, 277; v. 13. Oktober 1987, VI ZR 83/87, NJW 1988, 1016). Zu berücksichtigen werden auch die Auswirkungen des Todes der Übergeber auf das Fortwirken ihres Persönlichkeitsrechts sein.
Tropf Krüger Klein
Lemke Schmidt-Räntsch
14
3. Ebenfalls rechtlich zutreffend hat das Berufungsgericht einen Zahlungsanspruch der Mutter des Beklagten nach landesgesetzlichen Vorschriften (Art. 96 EGBGB i.V.m. Lipp. AGBGB) verneint. In dem Übergabevertrag vom 10. Mai 1980 wurde kein Altenteilsrecht im Sinne des Art. 96 EGBGB zu Gunsten der Eltern des Beklagten vereinbart. Denn eine Grundstücksübertragung wird noch nicht dadurch zum Altenteilsvertrag, dass dem Übergeber ein Wohnungsrecht eingeräumt wird; hinzutreten muss, dass ein Beteiligter dem anderen seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständige Stellung erlangt (siehe nur Senat, Urt. v. 25. Oktober 2002, V ZR 293/01, WM 2003, 1483, 1485).

(1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§ 1031, 1034, 1036, des § 1037 Abs. 1 und der §§ 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.

(2) Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.

(3) Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.

(1) Die im § 83 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Versagungsgründe stehen der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen, wenn das Recht des Beteiligten durch den Zuschlag nicht beeinträchtigt wird oder wenn der Beteiligte das Verfahren genehmigt.

(2) Die Genehmigung ist durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen.

(1) Soweit eine bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht besteht, hat der Ersteher außer dem Bargebot auch den Betrag des berücksichtigten Kapitals zu zahlen. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für das berücksichtigte Recht getroffenen Bestimmungen maßgebend.

(2) Das gleiche gilt:

1.
wenn das Recht bedingt ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt;
2.
wenn das Recht noch an einem anderen Grundstück besteht und an dem versteigerten Grundstück nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt.

(3) Haftet der Ersteher im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 zugleich persönlich, so ist die Erhöhung des zu zahlenden Betrags ausgeschlossen, soweit der Ersteher nicht bereichert ist.

(1) Ist das berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so finden die Vorschriften des § 50 entsprechende Anwendung. Der Ersteher hat statt des Kapitals den Betrag, um welchen sich der Wert des Grundstücks erhöht, drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen und von dem Zuschlag an zu verzinsen.

(2) Der Betrag soll von dem Gericht bei der Feststellung des geringsten Gebots bestimmt werden.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 57/08
vom
18. Dezember 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Schuldner ist auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen
befugt, in einem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines zur Masse
gehörenden Grundstücks Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO wegen einer Suizidgefahr
für sich oder einen nahen Angehörigen zu beantragen.
BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - V ZB 57/08 - LG Stuttgart
AG Stuttgart
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Dezember 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Februar 2008 (Az. 3 K 383/04) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Schuldners gegen den Zuschlagsbeschluss eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 71.500 €.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat im November 2004 die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten, mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks angeordnet. Das Grundstück stand bis zur Zuschlagserteilung im Eigentum des Schuldners. Über dessen Vermögen hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - im Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beteiligten zu 3 zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
In dem Versteigerungstermin am 18. Januar 2008 hat der Schuldner beantragt , die Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO vorläufig einzustellen. Er hat den Antrag mit dem schlechten Gesundheitszustand seiner in dem zu versteigernden Haus wohnenden, 1911 geborenen Mutter begründet und dazu ein fachärztliches Attest vorgelegt, nach dem bei seiner Mutter mit einer erheblichen Suizidgefahr zu rechnen sei. Das Vollstreckungsgericht hat mit Beschluss vom 8. Februar 2008 den Antrag des Schuldners zurückgewiesen und der Beteiligten zu 4 den Zuschlag erteilt.
3
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Die Beteiligte zu 2 beantragt , die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, die sofortige Beschwerde des Schuldners sei unzulässig. Der Schuldner sei nicht prozessführungsbefugt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe dazu geführt, dass die Prozessführungsbefugnis für auf die Insolvenzmasse bezogene Verfahren auf den Insolvenzverwalter übergegangen sei.
5
An dieser Beurteilung ändere sich nichts dadurch, dass der Schuldner den Einstellungsantrag mit einer Gefahr für das Leben seiner hochbetagten Mutter begründe. Der Schuldner könne mangels eigener Prozessführungsbefugnis während des Insolvenzverfahrens keinen Einstellungsantrag stellen. Da- bei komme es weder darauf an, ob der Insolvenzverwalter einen Einstellungsantrag gestellt habe, noch darauf, ob der Antrag auf die Gefahr der Vermögensverschleuderung oder auf eine Gesundheits- oder Lebensgefahr gestützt werde. Nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG gelte nichts anderes, da auch der Insolvenzverwalter eine Lebensgefahr für einen nahen Angehörigen des Schuldners geltend machen könne.

III.

6
Das hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 96 ZVG statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
7
1. Allerdings ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und der Bestellung eines Insolvenzverwalters grundsätzlich die Befugnis verliert, in Verfahren über massezugehörige Bestandteile seines Vermögens Anträge zu stellen oder Rechtsmittel einzulegen (Senat, Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150; Beschl. v. 29. Mai 2008, V ZB 3/08, ZInsO 2008, 741).
8
Der Schuldner ist daher von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen an grundsätzlich nicht mehr Beteiligter des Zwangsvollstreckungsverfahrens ; seine Stelle wird von dem Insolvenzverwalter eingenommen (Senat, Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 141/06, aaO; Beschl. v. 29. Mai 2008, V ZB 3/08, aaO m.w.N.). Etwas anderes gilt nur, wenn der Insolvenzverwalter den Vollstreckungsgegenstand freigibt (Senat, Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 141/06, aaO), wofür hier weder etwas festgestellt noch ersichtlich ist.
9
2. Streitig ist jedoch, ob ein Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen noch befugt ist, Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen. Die wohl herrschende Auffassung verneint dies gemäß dem vorstehend genannten Grundsatz, wonach alle das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen betreffenden Befugnisse durch den Verwalter ausgeübt werden (MünchKommZPO/Heßler, 3. Aufl., § 765a Rdn. 77; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 765a Rdn. 19; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 765a Rdn. 19; Stöber, ZVG, 18. Aufl., Einl. Rdn. 53.1; Jaeger/ Windel, InsO, § 80 Rdn. 198; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 80 Rdn. 68; ebenso zur Konkursordnung OLG Braunschweig NJW 1968, 164; LG Köln KTS 1968, 59, 60; AG und LG Hannover Rpfleger 1987, 166; Mohrbutter/Drischler, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 6. Aufl., Anm. 5 zu Muster 30; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., S. 541; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 765a Rdn. 12; Steiner/Storz, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 30c Rdn. 7; zweifelnd Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl. § 765a Rdn. 7). Nach der Gegenansicht führt der Übergang des Rechts zur Verwaltung und zur Verfügung über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den Verwalter nach § 80 Abs. 1 InsO nicht zum Verlust der Befugnis, Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen, weil es sich dabei um eine Sondervorschrift zur Vermeidung von Missbräuchen handele und dieser Schutz dem Schuldner auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten bleibe (vgl. OLG Celle ZIP 1981, 1005, 1006 - zur Konkursordnung; AK-ZPO/Schmidt-von Rhein, § 765a Rdn. 3; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl., § 765a Rdn. 19; ebenso Keller, ZfIR 2008, 134, 137, für Fälle, in denen die Entscheidung Rechte des Schuldners betrifft, die über das Insolvenzverfahren hinausgehen).
10
3. Der Senat tritt der letztgenannten Meinung für den Fall bei, dass der Schuldner den Vollstreckungsschutzantrag auf eine Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit stützt.
11
a) Im Grundsatz ist zwar daran festzuhalten, dass der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung eines Verwalters in diesem Verfahren die Befugnis verloren hat, im Zwangsversteigerungsverfahren über massezugehörige Bestandteile des Vermögens Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen (Senat, Beschl. v. 29. Mai 2008, V ZB 3/08, ZInsO 2008, 741). Die damit verbundene Einschränkung der aus dem Eigentum des Schuldners folgende Rechte nach Art. 14 Abs. 1 GG ist deshalb gerechtfertigt, weil das Ziel des Insolvenzverfahrens, die Gläubiger durch die Verwertung des Vermögens gemeinsam zu befriedigen, anders nicht erreicht werden kann (BVerfGE 51, 405, 408 unter Hinweis auf BVerfGE 21, 150, 155; 25, 112, 117; 42, 263, 295, 305; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2008, V ZB 3/08, aaO). Die Eigentumsrechte des Schuldners werden dadurch gewahrt, dass er den Eröffnungsbeschluss anfechten kann (BVerfGE 51, 405, 408). Werden der Eröffnungsbeschluss und die Ernennung eines Verwalters bestandskräftig, wird der Schuldner von der Verwaltung und Verfügung über sein Vermögen ausgeschlossen, soweit dieses zur Masse gehört, weil von dem Schuldner weder erwartet werden kann, dass er sein Vermögen in der gebotenen Weise verwaltet oder dass er in dieser Weise hierüber verfügt, noch dass er sein Vermögen zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger einsetzt. Entsprechend der Einschränkung der materiellen Rechtsstellung des Schuldners gehen auch seine Befugnisse in gerichtlichen Verfahren über massezugehöriges Vermögen auf den Verwalter über. Das ist hinzunehmen, weil der Mangel der Fähigkeit des Schuldners zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten mit der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses festgestellt ist und der Schuldner überdies nicht schutzlos ist, da die in § 60 Abs. 1 InsO angeordnete Haftung des Verwalters für ihn wirkt (Senat, Beschl. v. 29. Mai 2008, V ZB 3/08, aaO m.w.N.).
12
b) Alle diese Erwägungen greifen aber nicht, wenn der Schuldner Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO wegen einer Suizidgefahr für sich oder einen nahen Angehörigen beantragt.
13
aa) Verfassungsrechtlich betroffenes Schutzgut ist in diesem Fall nicht das Eigentum des Schuldners (Art. 14 Abs. 1 GG), sondern das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Vollstreckungsschutzantrag betrifft nur mittelbar die Verwaltung und Verfügung über das massezugehörige Vermögen, indem er dessen Zwangsversteigerung (zeitweilig ) einschränkt. Das Recht des Schuldners auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird - anders als seine Eigentumsrechte - nicht dadurch gewahrt, dass er den Eröffnungsbeschluss anfechten kann. Auch die Haftung des Insolvenzverwalters auf Schadensersatz nach § 60 Abs. 1 InsO bietet insofern keinen hinreichenden Schutz.
14
bb) Dem Bedeutungsgehalt des Grundrechts nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist bei der Auslegung und Anwendung der Verfahrensvorschriften angemessen Rechnung zu tragen. Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst auszuschließen. Das Verfahren der Vollstreckungsgerichte ist so durchzuführen, dass der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird (BVerfGE 52, 214, 219 ff.; BVerfG NJW 1991, 3207; NJW 1994, 1719 f.; NJW 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NZM 2005, 657, 658; NJW 2007, 2910; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 507).
15
Nach diesem Maßstab darf ein Vollstreckungsschutzantrag eines Schuldners , der mit einer Suizidgefahr für sich oder einen nahen Angehörigen begründet wird, auch dann, wenn über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nicht unter Hinweis auf eine fehlende Prozessführungsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen werden. Das Vollstreckungsgericht und das Beschwerdegericht dürfen nicht vor der Gefahr einer Selbsttötung die Augen verschließen und - ohne Sachprüfung - eine Entscheidung zum Fortgang des Verfahrens treffen oder bestehen lassen, die möglicherweise Ursache für den Tod des Schuldners oder eines nahen Angehörigen sein kann. Eine derartige Verfahrensgestaltung wird dem Wert des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht gerecht (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 507).
16
cc) Auch das Vollstreckungsinteresse der Gläubiger steht der Annahme einer Antragsbefugnis des Schuldners in diesen Fällen nicht entgegen. Unterbleibt die Zwangsversteigerung aufgrund eines Vollstreckungsschutzantrags, wird zwar in das Grundrecht der Gläubiger auf Schutz ihres Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen und ihr verfassungsrechtlicher Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz ihres Eigentums (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506). Das ist im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Vollstreckungsschutzantrags des Schuldners zu berücksichtigen (dazu BVerfG NJW 1994, 1719; NJW 1998, 295, 296; NJW 2007, 2910, 2911; BGHZ 163, 66, 72 ff.; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, aaO; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586; Beschl. v. 19. Juni 2008, V ZB 129/07, WM 2008, 1833, 1835). Für die Frage der Zulässigkeit des Antrags ist das jedoch ohne Belang.
17
dd) Schließlich werden die Befugnisse des Insolvenzverwalters, der selbst keinen Vollstreckungsschutz beantragt, durch die Anerkennung der Antragsbefugnis des Schuldners in der vorliegenden Fallgestaltung nicht unzulässig beeinträchtigt. Ob der Schuldner auch dann befugt ist, Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen, wenn er den Antrag auf andere Gründe als eine Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit stützt oder wenn bei der Entscheidung über den Antrag des Schuldners auch ein Vollstreckungsschutzantrag des Insolvenzverwalters vorliegt, bedarf keiner Entscheidung. Beides ist hier nicht der Fall. Dasselbe gilt für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Insolvenzverwalter Vollstreckungsschutz erlangen kann.
18
4. Vorliegend hat der Schuldner den Vollstreckungsschutzantrag darauf gestützt, das Leben und die körperliche Unversehrtheit seiner Mutter, also einer nahen Angehörigen (vgl. dazu BGHZ 163, 66, 72), sei gefährdet. Nach den oben aufgestellten Grundsätzen ist er antrags- und, da er die Zuschlagsbeschwerde damit begründet hat, diesem Antrag sei zu Unrecht nicht stattgegeben worden, in den Verfahren über die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde auch beschwerdebefugt.
19
Die angefochtene Entscheidung, die die Antrags- und Beschwerdebefugnis des Schuldners rechtsfehlerhaft verneint, ist daher aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO, weil das Beschwerdegericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage dem Senat eine Prüfung der Voraussetzungen von § 765a ZPO möglich wäre. Lägen diese Voraussetzungen vor, hätte die Zuschlagsbeschwerde nach § 100 Abs. 1, 3, § 83 Nr. 6 ZVG Erfolg (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZB 21/03, NJW-RR 2003, 1648, 1649; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 507; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668).
20
5. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 2; Stöber, ZVG, § 93 Rdn. 2.1) und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts gem. §§ 575 Abs. 5, 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbeschwerdegericht auszusprechen (vgl. Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1669; BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659).
21
6. Bei der erneuten Entscheidung wird zu beachten sein, dass sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen, was einer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO grundsätzlich entgegensteht (st. Rspr., vgl. Senat , BGHZ 170, 378, 381).
22
7. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem Wert einer Zuschlagsbeschwerde des Schuldners, die auf der Zurückweisung eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO beruht. Diesen Wert bemisst der Senat mit einem Bruchteil von 1/10 des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagswertes (vgl. Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1669; Beschl. v. 18. September 2008, V ZB 22/08, Rz. 15 - in juris veröffentlicht).
Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 08.02.2008 - 3 K 383/04 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 16.04.2008 - 19 T 97/08 -

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

8
b) Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedoch, dass das Beschwerdegericht dem sich aus der Vorlage der Bescheinigung des Arztes J. R. ergebenden Vortrag des Beteiligten zu 1, die bei ihm bestehende latente Suizidgefahr werde durch die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens aufrechterhalten und verstärkt, nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgegangen ist.
11
Das Beschwerdegericht beachtet nicht, dass die Gerichte durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es insbesondere erfordern, Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen , im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders sorgfältig nachzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN). Hierfür besteht Anlass, wenn das Gericht zwar von einer erhöhten Suizidgefahr ausgeht, diese aber nach dem Vortrag des Schuldners als nicht hinreichend konkret ansieht. Da das Gericht die Ernsthaftigkeit einer Suizidgefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann, ist es im Zweifel gehalten, dem Antrag des Schuldners auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
11
a) Die von dem Sachverständigen für den Bereich der Suizidgefährdung vorgenommene und von dem Beschwerdegericht offenbar übernommene Unterscheidung u.a. zwischen Basissuizidalität, erhöhter und akuter Suizidalität erscheint mit Blick auf die im Rahmen des § 765a ZPO zu beantwortende Frage , ob eine konkrete Suizidgefahr vorliegt, nicht hilfreich. Wie oben dargelegt, kommt es auf das Vorliegen einer konkreten Suizidgefahr an. Der Tatrichter hat zu würdigen, ob die ernsthafte Befürchtung der Selbsttötung besteht. Die damit einhergehende Prognoseentscheidung hat er mit Tatsachen zu untermauern. Dagegen wird die Voraussetzung einer konkreten Lebensgefahr allein durch die Wiedergabe von Begriffen, die ebenfalls nur das Ergebnis einer Würdigung darstellen , weder belegt noch widerlegt.
23
Bei der von dem Schuldner geltend gemachten Suizidgefahr ist der Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO jedoch nicht schon dann zu versagen, wenn - wie hier - das Beweisergebnis nach einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung in Bezug auf das künftige Verhalten der Schuldnerin offen ist. Die Einwendung des Schuldners setzt nicht den Nachweis voraus, dass es bei der Durchführung der Vollstreckung zu einer Selbsttötung kommen wird. Der Beweis einer konkreten Lebensgefahr ist erbracht, wenn nach den von dem Tatrichter zu würdigenden Umständen die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung besteht (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZR 199/09, Umdr. S. 5 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
11
Das Beschwerdegericht beachtet nicht, dass die Gerichte durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es insbesondere erfordern, Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen , im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders sorgfältig nachzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN). Hierfür besteht Anlass, wenn das Gericht zwar von einer erhöhten Suizidgefahr ausgeht, diese aber nach dem Vortrag des Schuldners als nicht hinreichend konkret ansieht. Da das Gericht die Ernsthaftigkeit einer Suizidgefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann, ist es im Zweifel gehalten, dem Antrag des Schuldners auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
8
b) Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedoch, dass das Beschwerdegericht dem sich aus der Vorlage der Bescheinigung des Arztes J. R. ergebenden Vortrag des Beteiligten zu 1, die bei ihm bestehende latente Suizidgefahr werde durch die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens aufrechterhalten und verstärkt, nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgegangen ist.
11
Das Beschwerdegericht beachtet nicht, dass die Gerichte durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es insbesondere erfordern, Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen , im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders sorgfältig nachzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN). Hierfür besteht Anlass, wenn das Gericht zwar von einer erhöhten Suizidgefahr ausgeht, diese aber nach dem Vortrag des Schuldners als nicht hinreichend konkret ansieht. Da das Gericht die Ernsthaftigkeit einer Suizidgefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann, ist es im Zweifel gehalten, dem Antrag des Schuldners auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/07
vom
14. Juni 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
betreffend den Grundbesitz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist mit einer Zwangsvollstreckung die konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des
Schuldners verbunden, so muss das Vollstreckungsgericht, wenn es zur Abwehr dieser
Gefahr die Unterbringung des Schuldners in einer psychiatrischen Einrichtung für erforderlich
hält, mit der Vollstreckungsmaßnahme zuwarten, bis die Unterbringung durch die zuständigen
Behörden und Gerichte angeordnet und durchgeführt worden ist (im Anschluss
an Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

b) Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hat der Tatrichter, bevor er die Unterbringung
anregt, stets zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung durch ambulante psychiatrische
und psychotherapeutische Maßnahmen begegnet werden kann. Bei der gebotenen
Abwägung mit den Interessen des Gläubigers (und gegebenenfalls des Erstehers)
sind die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu
berücksichtigen.

c) Regt das Vollstreckungsgericht bei den zuständigen Stellen eine Unterbringung an, sollte
es darauf hinweisen, dass die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners
nicht in einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann und dass daher
die Zwangsvollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär
zuständigen Stellen Maßnahmen zum Schutz des Schuldners nicht für notwendig erachten.
BGH, Beschl. v. 14. Juni 2007 - V ZB 28/07 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Juni 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Neuss vom 5. September 2006 (Az. 032 K 016/03) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Schuldners gegen den Zuschlagsbeschluss eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 18.700 €.

Gründe:


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsvollstreckung aus einer für sie an dem Grundstück des Schuldners eingetragenen Grundschuld. Die Versteigerung des Grundstücks wurde im Februar 2003 angeordnet. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind als weitere Gläubiger dem Verfahren beigetreten.
2
Nach mehreren Einstellungen des Verfahrens bestimmte das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin auf den 12. Juli 2006. Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 beantragte der Schuldner unter Hinweis auf eine beigefügte ärztliche Bescheinigung, in der eine konkrete Suizidgefahr bescheinigt wurde, den Termin aufzuheben. Dem wurde nicht entsprochen.
3
Nach Durchführung des Versteigerungstermins hat der Schuldner beantragt , das Verfahren nach § 765a ZPO einstweilen einzustellen. Diesen Antrag hat er mit anwaltlichem Schreiben vom 8. August 2006 wiederholt, dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren, die das Vollstreckungsgericht als nicht aussagekräftig angesehen hat. Mit Beschluss vom 5. September 2006 hat es den Zuschlag erteilt und den Vollstreckungsschutzantrag zurückgewiesen.
4
Mit der sofortigen Beschwerde hat der Schuldner u.a. beantragt, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seine im Beschwerdeverfahren zuletzt gestellten Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht geht, nach Einholung einer weiteren amtsärztlichen Stellungnahme, davon aus, dass der Schuldner infolge des Zwangsversteigerungsverfahrens akut suizidgefährdet ist. Es meint jedoch, dass dieser Gefahr durch eine Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) entgegengewirkt werden könne. Die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung sieht es, gestützt auf seine Erfahrungen, die es aus Beschwerdeverfahren in Unterbringungssachen gewonnen hat, als gegeben an. Um eine Unterbringung zu veranlassen, werde es vor der Zustellung der die sofortige Beschwerde zurückweisenden Entscheidung die zuständige Ordnungsbehörde über die amts- ärztlich bescheinigte akute Suizidgefahr informieren und so auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinwirken.

III.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet.
7
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Einwand der Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht möglicherweise bereits das Rechtsschutzziel der Beschwerde verkannt habe, indem es das Rechtsmittel nicht als eine Zuschlagbeschwerde (§§ 96, 100 ZVG), sondern allein als eine sofortige Beschwerde nach § 95 ZVG gegen die Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages gem. § 765a ZPO angesehen habe. Ein solches Verständnis, das angesichts des Umstands, dass der Schuldner auch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses beantragt hat, fehlerhaft wäre, liegt der angegriffenen Entscheidung nicht zugrunde. Das Beschwerdegericht ist vielmehr zutreffend von einer einheitlichen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts durch Erteilung des Zuschlags unter gleichzeitiger Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrags ausgegangen, gegen die sich die sofortige Beschwerde gerichtet hat. Der Sache nach – und nur das ist in der Beschwerdeentscheidung hervorgehoben - wendet sich der Schuldner aber allein dagegen, dass sein Vollstreckungsschutzantrag erfolglos geblieben ist. Damit hat er - was möglich ist - die Zuschlagsbeschwerde auf eine Verletzung des § 765a ZPO gestützt.
8
2. Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde aber geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
9
a) Wie das Beschwerdegericht nicht verkennt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506) selbst dann, wenn - wie hier - mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Erforderlich ist stets die Abwägung der - in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen des Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG). Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, aber auch die Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen (BGHZ 163, 66, 74 sowie Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Allerdings sind solche begleitende Maßnahmen nur dann geeignet, der Suizidgefahr entgegenzuwirken, wenn ihre Vornahme auch weitestgehend sichergestellt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508). Diesem Gesichtspunkt trägt die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend Rechnung.
10
b) Das Beschwerdegericht sieht als Alternative zu einer Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die Möglichkeit einer Unterbringung des Schuldners nach §§ 11, 12 PsychKG (NRW). Ob es dazu kommt, liegt aber, unabhängig von der möglicherweise gegebenen eigenen Sachkunde, nicht in der Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts. Zuständig ist vielmehr nach § 12 Abs. 1 PsychKG (NRW) das Vormundschaftsgericht. Ohne eine Anordnung des Vormundschaftsgerichts fehlt der angefochtenen Entscheidung die die Abwägung tragende Grundlage. Das Vorhaben des Beschwerdegerichts, die für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Ordnungsbehörde über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens sowie über die amtsärztlich belegte akute Suizidgefahr zu informieren und auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinzuwirken, ist nicht geeignet, die für erforderlich gehaltene Maßnahme auch weitestmöglich sicherzustellen. Ob die Ordnungsbehörde den Antrag auf Unterbringung stellt, ob das Vormundschaftsgericht die Unterbringung anordnet, das sind Entscheidungen, auf die das Beschwerdegericht keinen maßgeblichen Einfluss hat. Das wird vorliegend besonders deutlich, wenn der Vortrag der Rechtsbeschwerde zugrunde gelegt wird, dass das Vormundschaftsgericht die Unterbringung des Schuldners am Tage nach der angefochtenen Entscheidung abgelehnt hat.

IV.

11
Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts stellt sich damit als rechtsfehlerhaft dar und ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Dabei wird das Beschwerdegericht folgendes zu beachten haben.
12
1. Eine Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn dem Ersteher zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist. Mit der Aufhebung verliert er nämlich rückwirkend das durch den Zuschlag gem. § 90 Abs. 1 ZVG erworbene Eigentum. Die Gewährung rechtlichen Gehörs ist gegebenenfalls nachzuholen.
13
2. Sollte das Beschwerdegericht zu der Überzeugung gelangen, dass - trotz einer den Antrag auf Unterbringung ablehnenden Entscheidung des Vormundschaftsgerichts - weiterhin Suizidgefahr besteht, so wird es zweierlei zu prüfen haben.
14
a) Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht darauf hin, dass sich aus dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Suizidgefahr mit ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Maßnahmen begegnet werden kann. Der Tatrichter hat in einem solchen Fall unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit abzuwägen, ob darin eine Lösung des Konflikts gefunden werden kann, die von dem Gläubiger (und dem Ersteher) angesichts der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG hinzunehmen ist und die einer freiheitsentziehenden Maßnahme wie einer Unterbringung vorzuziehen ist. Eine solche Abwägung hat das Beschwerdegericht bislang nicht vorgenommen. Das wird nachzuholen sein. Dabei sind vor allem die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu berücksichtigen. Voraussetzung ist ferner, dass sich der Schuldner - nachhaltig - einer solchen Therapie unterzieht.
15
b) Kommt eine ambulante Behandlung nicht in Betracht, wird im konkreten Fall zu erwägen sein, bei der zuständigen Behörde erneut die Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht die Anordnung einer Betreuung anzuregen. Die für die Vollstreckung zuständigen Organe und Gerichte haben die Eigentumsrechte des Vollstreckungsgläubigers und des Erstehers zu wahren. Die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners kann nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden. Darauf sollten die für eine Unterbringung zuständigen Behörden und Gerichte - nicht nur im konkreten Fall, sondern generell in Fällen, in denen das Vollstreckungsgericht eine Unterbringung des Schuldners für notwendig hält - in der Anregung hingewiesen werden. Hinzuweisen ist ferner auf die Folge, dass nämlich die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten.
16
Wie weiter zu verfahren ist, hängt von der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ab. Ordnet es die Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) an, so hat das Beschwerdegericht sicherzustellen, dass die Zwangsversteigerung nicht fortgesetzt wird, bevor der Schuldner in Gewahrsam genommen wurde. Hält es eine Unterbringung zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall, aber auch erst dann, gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (vgl. Schuschke , NJW 2006, 876, 877). Das enthebt das Vollstreckungsgericht (bzw. das Beschwerdegericht ) allerdings nicht der Prüfung, ob zur Beherrschung der Restgefahr andere begleitende Maßnahmen betreuender Art getroffen werden müssen (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

V.

17
1. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 2; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 93, Rdn. 2.1) und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts gem. §§ 574 Abs. 1, § 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbeschwerdegericht auszusprechen (vgl. BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659).
18
2. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem Wert einer Zuschlagsbeschwerde des Schuldners, die auf der Zurückweisung eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO beruht. Diesen Wert bemisst der Senat mit einem Bruchteil von 1/10 (vgl. dazu Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rdn. 16 Stichwort: "Vollstreckungsschutz") des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagswertes.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 05.09.2006 - 32 K 16/03 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.02.2007 - 19 T 257/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 1/10
vom
15. Juli 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erachtet das Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum Schutz des Lebens des
Schuldners nicht für geboten, solange die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt
wird, so setzt die Fortsetzung der Vollstreckung gegen den suizidgefährdeten
Schuldner voraus, dass das Vollstreckungsgericht flankierende Maßnahmen ergreift,
die ein rechtzeitiges Tätigwerden des Vormundschaftsgerichts zur Abwendung der
Suizidgefahr ermöglichen.
BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10 - LG Aachen
AG Aachen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Lemke, die
Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11. Dezember 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Aachen vom 21. Oktober 2009 (Az. 18 K 421/02) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Zuschlagsbeschluss einstweilen eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 107.200 €.

Gründe:

I.

1
Seit Januar 2003 ist die Zwangsversteigerung des Hof- und Gebäudegrundstücks der Schuldnerin angeordnet. Das Gebäude wird von der suizidgefährdeten Mutter der Schuldnerin bewohnt. Wegen der Gefahr der Selbsttötung hat zunächst das Vollstreckungsgericht das Verfahren einstweilen eingestellt, so dass der erste - auf den 10. Dezember 2003 anberaumte - Versteigerungstermin nicht zum Zuschlag führte. Auf weitere Versteigerungstermine in den Jahren 2004 und 2007 wurde zwar jeweils dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt. Das hatte jedoch im Beschwerdeverfahren wegen akuter Suizidgefahr der Mutter keinen Bestand; das Verfahren wurde wiederum einstweilen eingestellt. Der Einstellungsbeschluss vom 2. Juni 2006 lautet auszugsweise: "Bei etwaigen künftigen Entscheidungen über die Frage einer nochmaligen Einstellung des Verfahrens wird das Verhalten der Schuldnerin und ihrer Mutter, die nunmehr einen zeitlichen Aufschub und damit die Gelegenheit einer entsprechenden therapeutischen Behandlung erhält, insoweit kritisch zu beleuchten sein, vor allem im Hinblick auf ein ernsthaftes Bemühen um eine Verringerung des Suizidrisikos."
2
In dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 25. Januar 2008 heißt es u.a., es sei eine insbesondere an das Zwangsversteigerungsverfahren gekoppelte sehr ernst zu nehmende "suizidale Reaktionsbereitschaft" der Mutter der Schuldnerin zu bejahen. Diese sei mehrfach nachdrücklich auf das Erfordernis einer weiterführenden ambulanten Therapie hingewiesen worden.
3
Der Aufforderung zu einer ambulanten Behandlung wegen der psychischen Situation kam die Mutter nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht nach. Nach ihren Angaben hat sie sich lediglich weiterhin von ihrer Hausärztin psychopharmakologisch behandeln lassen. Daher stellte das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 21. Juli 2008 das Verfahren nur noch für die Dauer von drei Monaten unter der Auflage ein, die Schuldnerin möge binnen eines Monats die Stellung eines Antrages bei dem Vormundschaftsgericht mit dem Ziel der Bestellung eines Betreuers für ihre Mutter nachweisen. Da die Schuld- nerin dem nicht nachkam, ordnete das Vollstreckungsgericht im September 2008 die Fortsetzung des Verfahrens an. Auf den darauf von der Schuldnerin gestellten Antrag bestellte das Vormundschaftsgericht Ende März 2009 einen Betreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Vermögenssorge.
4
Darauf hat das Vollstreckungsgericht einen neuen Versteigerungstermin auf den 2. Oktober 2009 anberaumt, die Terminsbestimmung auch dem Betreuer zugestellt und unter Schilderung der Problematik auch das Vormundschaftsgericht eingeschaltet. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass ein Zuschlag nur erteilt werden könne, wenn die Mutter untergebracht oder dies von dem Vormundschaftsgericht abgelehnt werde.
5
Nachdem der Beteiligte zu 4 in dem Versteigerungstermin Meistbietender geblieben war, hat das Vollstreckungsgericht Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 21. Oktober 2009 bestimmt. Noch vor diesem Termin lehnte das Vormundschaftsgericht die Unterbringung der Mutter mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Unterbringung lägen - derzeit - nicht vor. Auch der Betreuer sehe nach Rücksprache mit dem behandelnden Psychologen keine akute Gefährdung. Am 20. Oktober 2009 hat die Schuldnerin erneut beantragt , den Zuschlag zu versagen und das Verfahren einstweilen einzustellen. Ihre Mutter habe abermals erklärt, sie werde das Haus "nur mit den Füßen voraus" verlassen.
6
In dem Verkündungstermin hat das Vollstreckungsgericht unter Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages dem Meistbietenden den Zuschlag erteilt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihre Anträge weiter.

II.

7
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die bestehende Suizidgefahr für die Mutter der Schuldnerin schließe die Zuschlagserteilung nach dem Ergebnis der Abwägung der widerstreitenden grundrechtsrelevanten Positionen der Beteiligten nicht aus. Wie der Verfahrensverlauf zeige, habe die Gläubigerin bisher in erheblichem Maße zurückstecken müssen. Zwar bestehe für den Fall der endgültigen Erteilung des Zuschlags auch weiterhin die konkrete und hohe Gefahr, dass sich die Mutter töten werde. Die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens sei jedoch auch in solchen Fällen möglich, wenn die Lebensgefahr anders als durch die Einstellung des Verfahrens - insbesondere durch eine Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten - abgewendet werden könne. So liege es hier. Das Vollstreckungsgericht habe mit der Erteilung von Auflagen, der Anrufung des Vormundschaftsgerichts und der Einschaltung des Betreuers alles in seiner Macht stehende getan. Halte aber das zuständige Vormundschaftsgericht eine Unterbringung nicht für erforderlich und werde eine solche Entscheidung bestandskräftig, dürfe die Zwangsvollstreckung im Regelfall fortgesetzt werden. Die verbleibende Gefahr der Selbsttötung müsse nach einer Entscheidung des Vormundschaftsgerichts als der für die Frage der Unterbringung primär zuständigen Stelle entweder hingenommen werden oder aber der Betreuer sei gehalten, bei Eintritt einer akuten Gefahr die Unterbringung zu veranlassen.

III.

8
1. Die gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
9
a) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kommt zwar eine Zurückweisung des von der Schuldnerin nach § 765a ZPO beantragten Vollstreckungsschutzes in Betracht. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es jedoch noch Feststellungen unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit.
10
aa) (1) Das Beschwerdegericht legt zutreffend zugrunde, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860 m.w.N.) selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung - wie hier - eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Zwangsversteigerung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen ist. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen - wie hier - davon auszugehen , dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner oder ein naher Angehöriger den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers geboten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Unterbleibt die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens wegen der Annahme einer Suizidgefahr, die auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen. Die Aufgabe des Staates, das Recht zu wahren, umfasst die Pflicht, titulierte Ansprüche notfalls mit Zwang durchzusetzen und dem Gläubiger zu seinem Recht zu verhelfen (BVerfGE 49, 220, 231). Der Gläubiger hat gemäß Art. 19 Abs. 4 GG einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220, 225). Ihm dürfen nicht die Aufgaben überbürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen (BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860 m.w.N.). Mit Blick auf die Interessen des Erstehers gilt nichts anderes (vgl. auch Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721).
11
(2) Vor diesem Hintergrund ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Suizidgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Hierzu gehören zum einen zumutbare Anstrengungen des Suizidgefährdeten selbst (vgl. etwa BVerfG NJW 1992, 1155; 1993, 463, 464; 2004, 49 f.), etwa die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, ggf. auch unter Einbeziehung eines stationären Klinikaufenthaltes. Darüber hinaus kommen als mögliche Maßnahmen auch die Ingewahrsamnahme des Gefährdeten insbesondere nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den landesrechtlichen Vorschriften in Betracht (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005, I ZB 10/05, NJW 2005, 1859, 1860). Da die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann, sind die Vollstreckungsorgane ggf. gehalten, bei den zuständigen Behörden eine Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht eine Betreuung anzuregen und dabei darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten. Wird danach eine Unterbringung zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich gehalten und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts liegt ein solcher Regelfall hier nicht vor.
12
Der Verweis auf die Primärzuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist nur tragfähig, wenn dieses Gericht lebensschützende Maßnahmen ergriffen oder aber eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment - hier den endgültigen Eigentumsverlust der Schuldnerin - verneint hat. So verhält es sich hier jedoch nicht. Zwar hat das Vormundschaftsgericht eine Unterbringung der Mutter der Schuldnerin abgelehnt. Nicht aber hat es die akute Gefahr eines Suizides für den Fall des endgültigen Eigentumsverlustes verneint , sondern (nur) darauf abgestellt, dass "gegenwärtig" eine solche Gefahr nicht vorliege. Bliebe man hierbei stehen, wäre die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens - wie das Beschwerdegericht richtig sieht - blockiert. Solange kein endgültiger Eigentumsverlust eintritt, besteht nach der Auffassung des Vormundschaftsgerichts keine akute Suizidgefahr. Ohne eine solche Gefahr trifft dieses Gericht keine sichernden Maßnahmen. Das wiederum hätte zur Folge, dass der Zuschlag nicht aufrecht erhalten werden dürfte.
13
Den Ausweg aus dieser - insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) unvereinbaren - Blockadesituation sieht der Senat in Folgendem: Trägt die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts zur Behebung des Dilemmas nicht bei, weil die Ablehnung lebenssichernder Maßnahmen nicht auf eine Bewertung der Bedrohungs- lage bezogen auf den Zeitpunkt des endgültigen Eigentumsverlustes gestützt wird, hindert dieser Umstand nicht, den Zuschlag (bzw. die Zurückweisung des Antrages auf weitere Verfahrenseinstellung) zu bestätigen, sofern der drohenden Suizidgefahr effektiv durch flankierende Maßnahmen Rechnung getragen wird. Das kann dadurch geschehen, dass das Vollstreckungsgericht die bestätigende Entscheidung zunächst nur dem Vormundschaftsgericht (sowie ggf. auch einem bestellten Betreuer) - unter deutlicher Hervorhebung der mit dem Bekanntwerden der abschlägigen Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden akuten Lebensgefahr - zustellt, die Herausgabe des Beschlusses an die Verfahrensbeteiligten nach Ablauf einer bestimmten Frist ankündigt, sich des Eingangs dieser Ankündigung vergewissert, die Zustellung an die Verfahrensbeteiligten erst nach Fristablauf veranlasst und das Vormundschaftsgericht hiervon nochmals in geeigneter Weise unter erneuter Hervorhebung der Dringlichkeit und der Bedeutung der Sache informiert. Dann muss das - mit der Sache ohnehin schon vorbefasste - Vormundschaftsgericht im Rahmen der primär ihm zugewiesenen Verantwortung für den Lebensschutz darüber befinden, ob nunmehr eine akute Selbstgefährdung vorliegt oder nicht. Bejaht es eine solche Gefahr, obliegt es ihm, die erforderlichen (Eil-)Maßnahmen zu treffen.
14
bb) Nicht hinreichend beachtet hat das Beschwerdegericht indessen den auch im Zwangsversteigerungsverfahren zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. nur Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f.; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., vor § 704 Rdn. 29 m.w.N.). Zwar hat es der Sache nach zu Recht angenommen, dass der Gefahr der Selbsttötung vorliegend nicht effektiv mit dem milderen Mittel ambulanter therapeutischer Maßnahmen begegnet werden kann. Nicht geprüft hat es jedoch, ob die Dauer einer Unterbringung außer Verhältnis steht zu dem damit verfolgten Zweck der Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Steht fest oder ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass die Anordnung der Unterbringung zu einer bloßen Verwahrung auf Dauer führte, so ist eine Freiheitsentziehung zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung unverhältnismäßig und das Verfahren (ggf. erneut) auf bestimmte Zeit einzustellen (Senat, Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586). Gleiches gilt, wenn der Gefahr der Selbsttötung nur durch eine außer Verhältnis stehende jahrelange Unterbringung ohne erkennbaren therapeutischen Nutzen begegnet werden kann. Anders verhält es sich dagegen, wenn innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes eine Chance dafür besteht, dass die Freiheitsentziehung zu einer Stabilisierung des Suizidgefährdeten führen und durch therapeutische Maßnahmen während der Unterbringung die Grundlage für ein Leben in Freiheit ohne konkrete Suizidgefährdung gelegt werden kann. Tatrichterliche Feststellungen hierzu hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
15
b) Kann die Beschwerdeentscheidung danach keinen Bestand haben, ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 u. Abs. 5 Satz 1 ZPO).
16
2. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts nach §§ 574 Abs. 1, § 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbe- schwerdegericht auszusprechen (Senat, Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659). Krüger Lemke Zugleich für RiBGH Dr. Klein, der wegen Urlaubs verhindert ist zu unterschreiben. Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 21.10.2009 - 18 K 421/02 -
LG Aachen, Entscheidung vom 11.12.2009 - 3 T 433/09 -

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.

(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.

23
Bei der von dem Schuldner geltend gemachten Suizidgefahr ist der Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO jedoch nicht schon dann zu versagen, wenn - wie hier - das Beweisergebnis nach einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung in Bezug auf das künftige Verhalten der Schuldnerin offen ist. Die Einwendung des Schuldners setzt nicht den Nachweis voraus, dass es bei der Durchführung der Vollstreckung zu einer Selbsttötung kommen wird. Der Beweis einer konkreten Lebensgefahr ist erbracht, wenn nach den von dem Tatrichter zu würdigenden Umständen die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung besteht (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZR 199/09, Umdr. S. 5 - zur Veröffentlichung vorgesehen).