vorgehend
Landgericht Freiburg, 5 O 213/06, 28.02.2007
Oberlandesgericht Karlsruhe, 19 U 32/07, 07.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 60/08
vom
25. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für § 135 HGB reicht es aus, wenn - vor oder nach Zustellung des Beschlusses über
die Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens - ein ernsthafter Vollstreckungsversuch
in das sonstige Vermögen des Gesellschafters unternommen worden ist.
Der Ausgang weiterer Vollstreckungsversuche, insbesondere in das unbewegliche
Vermögen, braucht nicht abgewartet zu werden.
BGH, Hinweisbeschluss vom 25. Mai 2009 - II ZR 60/08 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Freiburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Mai 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn, Caliebe,
Dr. Reichart und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
1. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. 2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 852.452,42 € festgesetzt (= 680.018,20 € hinsichtlich der Revision und 172.434,22 € hinsichtlich der Anschlussrevision).

Gründe:

1
I. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere wirft der Fall entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit § 135 HGB keine grundsätzlichen Rechtsfragen i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 135 HGB sind nicht unklar. Wann eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolglos durchgeführt worden ist, lässt sich nicht in allgemeingültiger Weise, sondern nur einzelfallbezogen feststellen. Deshalb bedarf es keiner revisionsgerichtlichen Klärung.
2
II. Die Revision hat auch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 680.018,20 € nebst Zinsen zu zahlen.
3
1. Die Widerklage ist zulässig.
4
a) Die Klägerin ist rechts- und parteifähig.
5
Dabei kann offenbleiben, ob sie aufgrund der vom Berufungsgericht angenommenen , von der Klägerin aber in Abrede gestellten Verlegung ihres Sitzes nach K. im Jahre 2000 nach den Regeln der im deutschen Recht insoweit geltenden sog. Sitztheorie (Sen.Urt. v. 27. Oktober 2008 - II ZR 158/06, ZIP 2008, 2411 - Trabrennbahn) als aufgelöst gilt (so MünchKommHGB /Langhein 2. Aufl. § 106 Rdn. 30; a.A. Wertenbruch in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 105 Rdn. 213, jeweils m.w.Nachw.). Denn dadurch hätte sie ihre Rechtsfähigkeit nicht verloren, sondern bestünde als Liquidationsgesellschaft i.S. der §§ 145 ff., 161 Abs. 2 HGB fort.
6
b) Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Revision nicht durch die von der Beklagten erklärte Kündigung und die dadurch ausgelöste Anwachsung des Anteils des einzigen Kommanditisten an die persönlich haftende Gesellschafterin nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Satz 2, § 161 Abs. 2 HGB beendet worden (s. Sen.Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 37/07, ZIP 2008, 1677, Tz. 9).
7
Zum einen streiten die Parteien in dem vorliegenden Rechtsstreit gerade um die Wirksamkeit dieser Kündigung, so dass die Klägerin schon aus diesem Grunde als fortbestehend zu behandeln ist. Zum anderen hat die Beklagte erst mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 gekündigt, während die Widerklage der anwaltlich vertretenen Klägerin bereits am 5. Dezember 2006 zugestellt worden ist. Damit ist analog §§ 239, 246 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens nicht eingetreten (s. Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 361/02, ZIP 2005, 854, 855).
8
2. Die Widerklage ist begründet.
9
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 135 HGB erfüllt waren, als die Beklagte die Gesellschaft gekündigt hat.
10
Zu Unrecht meint die Revision, es liege kein Vollstreckungsversuch i.S. des § 135 HGB vor.
11
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 135 HGB mindestens ein ernsthafter Versuch unternommen worden ist, im Wege der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners eine vollständige Erfüllung der titulierten Forderung zu bewirken.
12
Dabei kann offenbleiben, ob für die Sechsmonatsfrist die Zustellung des Pfändungsbeschlusses (so MünchKommHGB/K. Schmidt 2. Aufl. § 135 Rdn. 19) oder diejenige des Überweisungsbeschlusses oder schließlich die Fälligkeit der Forderung maßgebend ist. Denn jedenfalls hat die Beklagte weniger als sechs Monate vor der Zustellung des Überweisungsbeschlusses am 29. Mai 2006 - und erst Recht nach Fälligwerden der zu vollstreckenden Forderung - einen ernsthaften Vollstreckungsversuch unternommen. Sie hat am 27. Februar 2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Ri. bezüglich der etwaigen Ansprüche des Schuldners gegen die R. GmbH erwirkt. Dass dieser Vollstreckungsversuch erst nach der Zustellung des Pfändungsbeschlusses erfolgt ist, spielt keine Rolle (Sen.Urt. v. 28. Juni 1982 - II ZR 233/81, ZIP 1982, 1072). Er war auch ernsthaft. So hat die Beklagte - von der Klägerin unwidersprochen - vorgetragen, zwischen dem Schuldner und der Drittschuldnerin habe ursprünglich ein Hausverwaltungsvertrag bestanden, der erst geendet habe, als der Schuldner sein Hausgrundstück in Ri. auf die Klägerin übertragen habe.
13
Auf die weiteren Vollstreckungsversuche der Beklagten kommt es danach ebenso wenig an wie auf die Frage, ob angesichts der "EinmannSituation" bei der Klägerin und der Komplementär-GmbH erleichterte Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 135 HGB bestehen. Die Beklagte musste auch nicht die begonnene Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen und den Anteil des Schuldners an der Komplementär-GmbH zu Ende führen, bevor sie die Kündigung erklärte.
14
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass dem Schuldner ein Abfindungsanspruch in Höhe der Klageforderung zusteht, den die Beklagte aufgrund der Pfändung und Überweisung geltend machen kann. Den Ausführungen des Berufungsgerichts dazu hat die Klägerin nichts Erhebliches entgegen gesetzt.
Goette Strohn Caliebe Reichart Drescher
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 28.02.2007 - 5 O 213/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 07.02.2008 - 19 U 32/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Referenzen - Veröffentlichungen

Artikel schreiben

1 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08.

1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08.

ZPO: Kündigung der Gesellschaft durch Privatgläubiger eines Gesellschafters

06.12.2009

Anwalt für Zivilprozessrecht - Gesellschaftsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Zivilprozessrecht

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Handelsgesetzbuch - HGB | § 161


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 246 Aussetzung bei Vertretung durch Prozessbevollmächtigten


(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 239 Unterbrechung durch Tod der Partei


(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. (2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur

Handelsgesetzbuch - HGB | § 131


(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst: 1. durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;2. durch Beschluß der Gesellschafter;3. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;4. durch gerichtlic

Handelsgesetzbuch - HGB | § 135


Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht ist, auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtit

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2008 - II ZR 37/07

bei uns veröffentlicht am 07.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 37/07 Verkündet am: 7. Juli 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Feb. 2005 - II ZR 361/02

bei uns veröffentlicht am 14.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 361/02 Verkündet am: 14. Februar 2005 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2008 - II ZR 158/06

bei uns veröffentlicht am 27.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil II ZR 158/06 Verkündet am: 27. Oktober 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2009 - II ZR 60/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2018 - V ZB 10/18

bei uns veröffentlicht am 05.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 10/18 vom 5. Juli 2018 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GBO § 29 Abs. 1, § 40 Abs. 1 a) Eine die entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO rechtfertigende erbgangsgle

Referenzen

Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht ist, auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht ist, auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht ist, auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 158/06 Verkündet am:
27. Oktober 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Trabrennbahn
NW GemeindeO § 64

a) Eine in der Schweiz gegründete Aktiengesellschaft mit Verwaltungssitz in
Deutschland ist in Deutschland als rechtsfähige Personengesellschaft zu
behandeln.

b) Eine Vollmacht, für eine nordrhein-westfälische Stadt Erklärungen "in allen
Grundstücksangelegenheiten" abzugeben, ist unwirksam.
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 - II ZR 158/06 - OLG Hamm
LG Essen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Urteil des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Mai 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten der Beklagten entschieden worden ist. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 6. Oktober 2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit drei Aktionären, von denen einer den Verwaltungsrat bildet. Sie verlangt von der Beklagten aufgrund einer Mietvertragskündigung Herausgabe eines Grundstücks und Zahlung der Miete und Erstattung von Anwaltskosten i.H.v. zusammen 42.194,95 €. Die Parteien streiten über die Rechts- und Parteifähigkeit der Klägerin sowie über die Fragen, ob zwischen ihnen ein Mietvertrag bestanden hat und ob er ggf. wirksam gekündigt worden ist.
2
Das streitige Grundstück ist Teil eines größeren Geländes, an dem die Stadt G. dem Trabrennverein G. e.V. ein Erbbaurecht bestellt hatte. Dieser hatte mit der Beklagten im Jahre 1978 - mit Neufassung in 1996 - einen "Pachtvertrag" über eine Teilfläche zum Zwecke der Veranstaltung von Trödelmärkten geschlossen. Am 3. Juni 2002 wurde über das Vermögen des Trabrennvereins das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem G. Rennverein (im Folgenden: GR) über das Gelände zwei Pachtverträge, denen zufolge auch die zu dem Geschäftsbetrieb gehörenden Verträge auf den GR übergehen sollten, soweit sie in einer Anlage aufgeführt waren. Der Mietvertrag mit der Beklagten war in der Anlage nicht aufgeführt. Gleichwohl vertraten sowohl der Insolvenzverwalter als auch der GR in der Folgezeit gegenüber der Beklagten die Auffassung, der mit ihr bestehende Mietvertrag sei auf den GR übergegangen. Die Beklagte stellte das in Abrede.
3
Mit Vertrag vom 16. Juli 2004 veräußerte der Insolvenzverwalter das Erbbaurecht an die Klägerin. Nachdem die Stadt dieser Veräußerung zugestimmt hatte - ob ordnungsgemäß vertreten, ist streitig -, wurde der Rechtsübergang am 24. September 2004 im Grundbuch eingetragen.
4
Offenbar um den Übergang des Mietvertrages auf die Klägerin zu verhindern , vereinbarte die Beklagte am 23. August 2004 mit dem GR - im Gegensatz zu ihrem bis dahin vertretenen Standpunkt - einen Nachtrag zu dem "Pachtvertrag" aus 1996 und schloss vorsorglich einen eigenständigen "Unterpachtvertrag" mit dem GR. Dementsprechend zahlte sie die Miete nicht an die Klägerin, sondern an den GR.
5
Gestützt auf das Sonderkündigungsrecht aus § 111 InsO erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. September 2004 die Kündigung des Mietvertrages. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2004 erklärte sie die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges.
6
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 19.928,12 € - das ist die Miete für die Zeit ab dem 1. November 2004 nebst MwSt - verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Oberlandesgericht den Verurteilungsbetrag auf 17.179,41 € - das ist der Netto betrag - vermindert und die weitergehenden Rechtsmittel zurückgewiesen (OLG Hamm ZIP 2006, 1822). Dabei hat es die Revision zugelassen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, soweit es um die Frage der Anwendbarkeit der Gründungstheorie auf die Schweiz gehe.
7
Beide Parteien haben Revision eingelegt, die Klägerin hilfsweise auch Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt - im Umfang der Beschwer der Beklagten - unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur vollständigen Abweisung der Klage. Auch zugunsten der Klägerin hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen. Eine Beschränkung der Zulassung ergibt sich weder aus dem Tenor des Urteils noch mit hinreichender Sicherheit aus den Gründen. Die Revision der Klägerin bleibt jedoch erfolglos.
9
I. Die Klage ist zulässig. Dabei ist für das Verfahren über die Revision der Beklagten als richtig zu unterstellen, dass die Klägerin - wie die Beklagte behauptet, das Berufungsgericht aber offen gelassen hat - ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat.
10
1. Die Klägerin ist in Deutschland rechts- und parteifähig.
11
a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob die Klägerin ihren Verwaltungssitz in der Schweiz oder in Deutschland habe. In jedem Fall sei sie nach deutschem internationalem Privatrecht rechtsfähig und damit auch parteifähig. Zwar gelte für sie nicht unmittelbar die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit, aus der sich ergebe, dass Gesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums berechtigt seien, ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen, ohne deshalb nach dem Recht des Sitzstaates beurteilt zu werden. Die Schweiz sei aber hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit schweizerischer Gesellschaften wie ein Mitgliedstaat zu behandeln. Ihr Recht sei nämlich - u.a. durch mehrere sektorielle Abkommen - dem Recht der Europäischen Union stark angenähert. Deshalb komme es auf den grundsätzlichen Streit über die Frage, ob die neuere Rechtsprechung zu den EU- und EWR-Gesellschaften auch auf Gesellschaften aus Drittstaaten auszudehnen sei, nicht an. Jedenfalls bezüglich der Schweiz sei es aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit gerechtfertigt, die für EU- und EWRGesellschaften geltenden Grundsätze anzuwenden.
12
b) Dieser Begründung kann nicht gefolgt werden.
13
Im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz findet die sog. Gründungstheorie nach geltendem Recht keine Anwendung.
14
aa) Es bestehen - anders als etwa im Verhältnis zu den Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) - keine völkerrechtlichen Verträge, nach denen eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Recht ihres Gründungsstaates zu behandeln ist.
15
Die Schweiz ist zwar Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), nicht aber auch Partei des von den übrigen EFTA-Staaten mit der Europäischen Union geschlossenen EWR-Abkommens. Deshalb sind die Regeln über die Niederlassungsfreiheit in Art. 31, 24 des EWR-Abkommens auf schweizerische Gesellschaften ebenso wenig anwendbar wie diejenigen der Art. 43, 48 EG-Vertrag.
16
Auch aus dem "Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit" vom 21. Juni 1999 (ABl. EG Nr. L 114 v. 30. April 2002, S. 6 ff.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Dieses Abkommen begründet für die Angehörigen der Vertragsstaaten Dienstleistungsfreiheit in dem jeweiligen anderen Vertragsstaat für die Dauer von 90 Arbeitstagen. Daraus ergibt sich keine - zeitlich begrenzte - Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften (Jung, NZG 2008, 681, 683, a.A. Beretta, GPR 2006, 95, 96), denn die Gesellschaften können von der Dienstleistungsfreiheit auch ohne Verlegung ihres Verwaltungssitzes Gebrauch machen. Im Übrigen hat die Klägerin ihren Verwaltungssitz nach dem als richtig zu unterstellenden Vortrag der Beklagten dauerhaft in Deutschland.
17
Eine Pflicht zur Anerkennung schweizerischer Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland lässt sich auch nicht aus dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS, BGBl 1994 II S. 1643) herleiten (MünchKommBGB/Kindler, 4. Aufl. IntGesR Rdn. 481 f.; a.A. Hoffmann in Anwaltkomm.BGB, Anh. zu § 12 EGBGB Rdn. 146 ff.). Dieses Übereinkommen, das allein eine Förderung des Handels mit Dienstleistungen bezweckt, richtet sich nur an die Mitgliedstaaten und begründet keine subjektiven Rechte der Angehörigen dieser Staaten. Eine völkerrechtsfreundliche Auslegung des nationalen Rechts (vgl. BVerfG NJW 1982, 507, 510 - Eurocontrol I; NJW 1982, 512, 514 - Eurocontrol II) im Sinne einer Gewährleistung auch der Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften scheitert bereits daran, dass das Übereinkommen international nicht so verstanden wird (Lehmann, RIW 2004, 816 ff.; Jung, NZG 2008, 681, 683).
18
Auch aus Art. 6 Abs. 1, Art. 14 EMRK i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 des ersten Zusatzprotokolls ergibt sich keine Pflicht Deutschlands, schweizerische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland als rechtsfähig anzuerkennen (Großfeld/Boin, JZ 1993, 370 f.; Ebenroth/Auer, JZ 1993, 374 f.; a.A. Meilike, RIW 1992, 578; BB 1995, Beilage 9, S. 8 ff.). Danach genießen juristische Personen zwar Grundrechtsschutz nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dieser Schutz gilt aber nur für diejenigen juristischen Personen , die nach dem jeweiligen Kollisionsrecht anerkannt sind. Welche Regeln für die Anerkennung maßgebend sind, wird von der Europäischen Menschen- rechtskonvention nicht vorgegeben, sondern den nationalen Rechtsordnungen überlassen.
19
bb) Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den Entscheidungen "Centros", "Überseering" und "Inspire Art" (ZIP 1999, 438; 2002, 2037; 2003, 1885) hat sich der Bundesgerichtshof für diejenigen Auslandsgesellschaften , die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des EWR oder in einem mit diesen aufgrund eines Staatsvertrages in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat gegründet worden sind, der sog. Gründungstheorie angeschlossen (BGHZ 154, 185; 164, 148; BGH, Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 5/03, ZIP 2005, 805). Danach ist die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats zu beurteilen. Die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften, die in einem "Drittstaat" gegründet worden sind, der weder der Europäischen Union angehört noch aufgrund von Verträgen hinsichtlich der Niederlassung gleichgestellt ist, hat die Rechtsprechung dagegen weiter nach der Sitztheorie beurteilt, wonach für die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft das Recht des Sitzstaates maßgeblich ist (BGHZ 153, 353, 355; BayObLG DB 2003, 819; OLG Hamburg ZIP 2007, 1108; offen gelassen von BGH, Urt. v. 2. Dezember 2004 - III ZR 358/03, Tz. 11, juris, insoweit in BGHZ 161, 224 nicht abgedruckt).
20
Ob diese Beurteilung bezüglich der Gesellschaften aus Drittstaaten nach wie vor richtig ist, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung offen gelassen werden, jedenfalls im Verhältnis zur Schweiz sei von der Gründungstheorie auszugehen (dagegen auch Wachter, GmbHR 2005, 1484, 1485 und Weller, ZGR 2006, 748, 765). Auch wenn die Schweiz ihre Rechtsordnung dem Recht der EU-Mitgliedstaaten stark angeglichen haben mag, ist sie nicht Mitglied der Europäischen Union und hat auch das EWR-Abkommen nicht ratifiziert. Das ist eine bewusste Entscheidung ge- gen die dort für die EWR-Mitgliedstaaten eröffnete europäische Niederlassungsfreiheit , die von den deutschen Gerichten nicht unbeachtet gelassen werden kann. Eine nur für die Schweiz geltende Ausnahme von den allgemeinen Regeln des deutschen internationalen Privatrechts kommt zudem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht. Auch bei anderen Staaten müsste dann jeweils geprüft werden, ob ihre Rechtsordnung so weit den europäischen Standards angeglichen wäre, dass man sie wie einen EU-Mitgliedstaat behandeln könnte. Bezüglich der Schweiz gelten daher die allgemeinen Regeln für die Rechtsfähigkeit ausländischer Gesellschaften, auf die nicht die Grundsätze der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit anwendbar sind.
21
cc) Nach diesen allgemeinen Regeln des deutschen Privatrechts ist die Rechtsfähigkeit einer in der Schweiz gegründeten Gesellschaft nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem sie ihren Verwaltungssitz hat (BGHZ 97, 269, 271). Eine in der Schweiz gegründete Aktiengesellschaft ist also nur dann in Deutschland rechtsfähig, wenn sie im deutschen Handelsregister eingetragen ist, was eine Neugründung voraussetzt. Der Senat sieht keinen Anlass, diese Rechtsprechung grundsätzlich aufzugeben. Allerdings herrscht im Schrifttum Streit über die Frage, ob der Übergang von der "Gründungstheorie" zur "Sitztheorie" für Gesellschaften unter dem Regime der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit einen ebensolchen Schritt für Gesellschaften aus Drittstaaten rechtfertigt oder gar erfordert. Die dies befürwortenden Autoren berufen sich zur Begründung ihrer Meinung vor allem auf die Einheit des deutschen Kollisionsrechts und den durch die "Gründungstheorie" ausgelösten Wettbewerb der internationalen Gesellschaftsformen (Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2244; Behrens in Großkomm.z.GmbHG Einl. B Rdn. 36; Rehm in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht 2004, § 2 Rz. 87; Leible/Hoffmann, ZIP 2003, 925, 930; Paefgen, WM 2003, 561, 570). Die Gegenmeinung sieht die Gründe für die ursprünglich umfassende Geltung der "Sitztheorie" - Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter nach deutschen Standards, Verhinderung einer Flucht in Gesellschaftsrechte mit den geringsten Anforderungen ("race to the bottom") - im Verhältnis zu den Drittstaaten als nach wie vor gegeben an und will deshalb ein "gespaltenes" Kollisionsrecht in Kauf nehmen (Hüffer, AktG 7. Aufl. § 1 Rdn. 32 f.; MünchKommBGB /Kindler aaO Rdn. 433; Erman/Hohloch, BGB 12. Aufl., Anh. II Art. 37 EGBGB Rdn. 32; MünchKommAktG/Heider, 2. Aufl. Einl. Rdn. 122 ff.; Hausmann in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl. Rdn. 2284 b; Wiedemann, GesR II § 1 IV 2, 3; Palandt/Heldrich, BGB 67. Aufl. Anh. zu Art. 12 EGBGB Rdn. 9; Bayer, BB 2003, 2357, 2363 f.; Ebke, JZ 2003, 927, 929 f.; Horn, NJW 2004, 893, 897; Wachter, GmbHR 2005, 1484, 1485; Weller, ZGR 2006, 748, 765).
22
Der Gesetzgeber hat dazu bisher noch keine Regelung getroffen. Insbesondere enthält § 4 a GmbHG idF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Verhinderung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl I S. 2026) keine Regelung über die Anerkennung ausländischer Gesellschaften mit Verwaltungssitz im Inland (Kindler, AG 2007, 721, 725 f.). Wohl hat der Gesetzgeber - einer Empfehlung des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht folgend (abgedruckt bei Sonnenberger/Bauer, RIW 2006 Beil. 1 zu Heft 4) - am 14. Dezember 2007 einen Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vorgelegt. Darin schlägt er vor, die "Gründungstheorie" im deutschen Recht zu kodifizieren (Art. 10 EGBGB-E). Dieses Gesetzgebungsvorhaben ist indes noch nicht abgeschlossen. Gegen die generelle Geltung der "Gründungstheorie" sind im politischen Meinungsbildungsprozess Bedenken geäußert worden. Angesichts dessen ist es schon vom Ansatz her nicht Sache des Senats, der Willensbildung des Gesetzgebers vorzugreifen und die bisherige Rechtsprechung zu ändern. Ein Bedürfnis für eine solche Entschei- dung ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Klägerin nicht daran gehindert wird, ihre Rechte vor deutschen Gerichten geltend zu machen.
23
c) Zwar ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Verwaltungssitz im Inland nicht als Aktiengesellschaft rechtsfähig. Sie ist aber nach der Rechtsprechung des Senats als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts zu behandeln, nämlich als offene Handelsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die keiner Eintragung in ein deutsches Register bedürfen (BGHZ 151, 204; krit. Binz, BB 2005, 2361, 2363 ff.). Wenn diese Gesellschaft in Deutschland am Geschäftsverkehr teilnimmt, wäre es nicht hinnehmbar , ihr nicht die Möglichkeit zu geben, Rechte zu begründen und klageweise geltend zu machen. Als Kehrseite davon haften die Gesellschafter zwar persönlich und unbeschränkt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die Rechtsfolgen dieser Haftung zu regeln, ist aber eine Frage des Innenrechts der betreffenden Gesellschaften. Entgegen der Auffassung der Revision ist diese Rechtsprechung nicht auf Gesellschaften mit Satzungssitz auf der Insel Jersey oder in ähnlichen zur Europäischen Union gehörenden Gebieten mit einem Sonderstatus beschränkt.
24
2. Die Klägerin ist durch ihren Gesellschafter N. M. ordnungsgemäß vertreten.
25
Die Vertretungsmacht bestimmt sich nach den Vorschriften über die Personengesellschaften deutschen Rechts. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin als offene Handelsgesellschaft oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln ist. In beiden Fällen ist M. zur (Allein-)Vertretung der Klägerin befugt. Das ergibt sich für die offene Handelsgesellschaft schon aus § 125 Abs. 1 HGB, wonach grundsätzlich jeder Gesellschafter zur (Allein-)Vertretung berechtigt ist (vgl. MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl. § 125 Rdn. 25). Dar- über hinaus ist die Alleinvertretungsmacht des Gesellschafters M. in der Satzung der Klägerin begründet. Darin ist bestimmt, dass M. - als alleiniger Verwaltungsrat - die Klägerin vertritt. Das gilt auch, soweit die Gesellschaft nach deutschem Recht als Personengesellschaft zu beurteilen ist.
26
II. Die somit zulässige Klage ist unbegründet.
27
Die Klägerin kann von der Beklagten weder Zahlung von Miete, noch Herausgabe des Grundstücks verlangen. Ebenso wenig steht ihr ein Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten zu. Sie hat das Erbbaurecht, aus dem sich diese Ansprüche allein ergeben könnten, nicht erworben, weil die hierfür erforderliche Zustimmungserklärung der Stadt G. von einem dazu nicht wirksam bevollmächtigten Beamten abgegeben worden ist.
28
Zum Erwerb des Erbbaurechts bedurfte es zunächst gemäß § 873 BGB i.V.m. § 11 Abs. 1 ErbbauRG einer Einigung und einer Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Darüber hinaus ist in § 7 des zwischen der Stadt G. und dem Trabrennverein G. e.V. geschlossenen Erbbaurechtsvertrages vom 29. Dezember 1978 vereinbart, dass jede Veräußerung des Erbbaurechts der schriftlichen Zustimmung der Stadt bedarf. Dieses Zustimmungserfordernis ist im ErbbauGrundbuch eingetragen, wie sich der von der Klägerin vorgelegten Kopie des Grundbuchauszugs entnehmen lässt. Damit hängt die Wirksamkeit der Rechtsübertragung gemäß §§ 5 f. ErbbauRG von der Zustimmung ab. Fehlt die Zustimmung , sind sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft (schwebend) unwirksam (MünchKommBGB/von Oefele, 4. Aufl. § 6 ErbbauVO Rdn. 2).
29
1. Die Zustimmungserklärung, die der Stadtkämmerer in Vertretung des Oberbürgermeisters der Stadt G. unter dem 28. Juli 2004 abgege- ben hat, ist - wie die Revision zu Recht geltend macht und was der Senat gemäß § 545 Abs. 1 ZPO nachprüfen kann - gemäß § 164 Abs. 1 BGB unwirksam. Der Stadtkämmerer hatte keine wirksame Vollmacht zur Vertretung der Stadt.
30
Nach § 64 Abs. 1 GO NW sind Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, in Schriftform abzugeben und von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter und einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen. Darin liegt die Anordnung einer Gesamtvertretung (BGH, Urt. v. 4. Dezember 1981 - V ZR 241/80, NJW 1982, 1036, 1037; v. 15. April 1998 - VIII ZR 129/97, NJW 1998, 3058, 3060). Der Unterschrift dieser zwei Personen bedarf es nach § 64 Abs. 2 und 3 GO NW nur dann nicht, wenn ein Geschäft der laufenden Verwaltung betroffen ist oder wenn ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter die Erklärung abgibt. Eine derartige Vollmacht ist allerdings nur wirksam, wenn sie nicht so weit gefasst ist, dass damit die Vorschriften über die Gesamtvertretung unterlaufen werden (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1997 - KZR 43/95, ZIP 1997, 2166, 2168). Die Gesamtvertretung dient dem Schutz des Vertretenen. Sie kann deshalb von den Vertretern nicht geändert werden. Ihnen ist es auch versagt, eine Einzelvollmacht zu erteilen, die so weit geht, dass sie einer Alleinvertretung gleichkommt (Sen.Urt. v. 25. November 1985 - II ZR 115/85, ZIP 1986, 501, 503).
31
Die Erklärung, dass der Veräußerung des Erbbaurechts zugestimmt werde , war eine Verpflichtungserklärung i.S. des § 64 Abs. 1 GO NW. Dadurch sollte die Gemeinde verpflichtet werden, das Grundstück von nun an dem Erwerber des Erbbaurechts - der Klägerin - zu überlassen. Das ist schon deshalb eine bedeutsame Rechtsänderung, weil gemäß § 33 ErbbauRG beim Heimfall (§ 2 Nr. 4 ErbbauRG) die von dem Erbbauberechtigten bewilligten Grundpfandrech- te im Wesentlichen bestehen bleiben, die Person des Erbbauberechtigten für den Grundstückseigentümer also von erheblicher Bedeutung ist (MünchKommBGB /von Oefele aaO § 5 Rdn. 1).
32
Die Erklärung betraf kein Geschäft der laufenden Verwaltung. Unter Geschäften der laufenden Verwaltung sind Geschäfte zu verstehen, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und nach Größe, Umfang der Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft der beteiligten Gemeinde von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind (BGHZ 92, 164, 173; Urt. v. 6. Mai 1997 aaO S. 2167). Schon das erste Merkmal, die regelmäßige Wiederkehr, ist hier nicht erfüllt.
33
Eine damit nach § 64 Abs. 3 GO NW erforderliche Vollmacht ist dem Stadtkämmerer nicht wirksam erteilt worden. Nach dem Inhalt der Vollmachtsurkunde vom 30. Juni 2004 sollte der Kämmerer berechtigt sein, die Stadt "in allen Grundstücksangelegenheiten" zu vertreten. Damit betraf die Vollmacht einen wesentlichen Bereich der Geschäfte, für die nach § 64 Abs. 1 GO NW eine Gesamtvertretung angeordnet ist. Da die Geschäfte der laufenden Verwaltung davon ohnehin ausgenommen sind, sind es gerade die Grundstücksgeschäfte , die von der Gesamtvertretung erfasst werden. Für sie ist ein besonderer Schutz der Gemeinde angezeigt. Wenn für diesen Bereich eine umfassende Einzelvollmacht erteilt werden könnte, würde damit der von § 64 Abs. 1 GO NW bezweckte Schutz der Gemeinde unterlaufen. Die gesetzlich angeordnete Gesamtvertretung wäre dann für einen wichtigen Geschäftsbereich in eine Alleinvertretungsmacht umgewandelt. Das würde gegen den Zweck des § 64 GO NW verstoßen.
34
2. Die von dem Stadtkämmerer als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Erklärung ist von der Stadt nicht genehmigt worden. Dabei kann offen bleiben, ob die Zustimmung als einseitiges Rechtsgeschäft nach § 180 Abs. 2 BGB überhaupt genehmigungsfähig ist. Denn jedenfalls hätte die Stadt auch eine erneute und wirksame Zustimmungserklärung zu der Übertragung des Erbbaurechts abgeben können (vgl. BGHZ 33, 76, 85), was jedoch ebenfalls nicht geschehen ist.
35
Eine Genehmigung oder - erneute - Zustimmungserklärung ist weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben worden. Eine konkludente Erklärung liegt insbesondere nicht in dem von dem Oberbürgermeister unterzeichneten Schreiben vom 3. Juni 2005 an die Klägerin. Sie setzt nämlich voraus, dass sich der Erklärende zumindest der Möglichkeit bewusst ist, durch sein Handeln eine schwebend unwirksame Erklärung oder einen schwebend unwirksamen Vertrag zu genehmigen (BGH, Urt. v. 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, ZIP 1996, 2169, 2171; v. 17. Mai 2002 - V ZR 149/01, WM 2002, 2342, 2343). Dieses Bewusstsein oder auch nur der Zweifel, dass die Erklärung des Stadtkämmerers unwirksam sein könnte, ist dem Schreiben des Oberbürgermeisters nicht zu entnehmen. Darin wird im Hinblick auf die "formalrechtliche Ausfertigung und Unterzeichnung der Zustimmungserklärung" vom 28. Juli 2004 ausgeführt : "Durch die am 30. Juni 2004 vom damaligen Oberbürgermeister der Stadt G. , Herrn O. W. , und Herrn Stadtrat J. H. unterzeichnete Vollmacht ist Herr Stadtkämmerer R. K. generell bevollmächtigt worden, die Stadt G. in allen Grundstücksangelegenheiten rechtsgeschäftlich zu vertreten … Durch diese Vollmacht wird die Unterzeichnung der Zustimmungserklärung durch Herrn Stadtkämmerer K. vom 28. Juli 2004 zur Übertragung des Erbbaurechtes in vollem Umfang abgedeckt." Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 06.10.2005 - 16 O 221/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 26.05.2006 - 30 U 166/05 -

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst:

1.
durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
durch gerichtliche Entscheidung.

(2) Eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wird ferner aufgelöst:

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum Ausscheiden eines Gesellschafters:

1.
Tod des Gesellschafters,
2.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
3.
Kündigung des Gesellschafters,
4.
Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters,
5.
Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
6.
Beschluß der Gesellschafter.
Der Gesellschafter scheidet mit dem Eintritt des ihn betreffenden Ereignisses aus, im Falle der Kündigung aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 37/07 Verkündet am:
7. Juli 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus einer BGB-Gesellschaft aus, für die im
Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, dass die Gesellschaft unter den verbleibenden
Gesellschaftern fortgesetzt wird, führt dies - soweit nichts Abweichendes geregelt
ist - zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und zur Anwachsung
des Gesellschaftsvermögens bei dem letzten verbliebenen Gesellschafter.

b) Der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
eines nicht existenten Schuldners (hier: einer voll beendeten BGB-Gesellschaft)
ist nichtig und bindet die Prozessgerichte nicht.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2008 - II ZR 37/07 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und
die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Die Revision des Streithelfers der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
H. und R. L. waren nach dem Ausscheiden eines weiteren Mitgesellschafters zu jeweils 50 % Gesellschafter der Bürocenter D. GbR (im Folgenden: GbR), zu deren Vermögen ein Grundstück in M. gehörte. Dieses hatte die GbR an die P. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) vermietet. Die Beklagte gewährte der GbR Kredite, die durch Grundpfandrechte auf dem Grundstück der GbR abgesichert waren. Darüber hinaus hatte die GbR die Mietzinsansprüche gegen die KG an die Beklagte abgetreten. Die KG zahlte die Miete für den Monat September 2004 in Höhe von 35.790,43 €, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, an die Beklagte.
2
Über das jeweilige Vermögen der Gesellschafter wurden am 19. Juli 2004 (R. L. ) und am 11. August 2004 (H. L. ) Insolvenzverfahren eröffnet und der Streithelfer der Beklagten (für R. ) und der Kläger (für H. ) zu Insolvenzverwaltern bestellt. Am 6. Juni 2006 wurde über das Vermögen der GbR, die weiterhin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war, ein Insolvenzverfahren eröffnet.
3
Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) der GbR enthält, soweit hier von Bedeutung, folgende Regelungen: "§ 16 Auflösung der Gesellschaft In allen Fällen, in denen das Gesetz an den Eintritt bestimmter Ereignisse in der Person eines Gesellschafters die Auflösung der Gesellschaft anknüpft, soll diese nicht eintreten. Vielmehr soll der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden. Der oder die anderen Gesellschafter sind sodann berechtigt , aber nicht verpflichtet, die Gesellschaft mit dem vorhandenen Gesellschaftsvermögen und dem Recht zur Fortführung der Bezeichnung weiter zu betreiben. § 17 Ausscheiden aus der Gesellschaft …. 4.) Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet, wird die Eröffnung eines dieser Verfahren mangels Masse abgelehnt oder hat ein Privatgläubiger von dem Recht des § 725 BGB Gebrauch gemacht, so scheidet der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. … "
4
Der Kläger ist der Ansicht, der Mietzinsanspruch für den Monat September falle in die Insolvenzmasse des ehemaligen Gesellschafters H. L. , so dass ihm ein Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte zustehe.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Streithelfers der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, aus § 17 Nr. 4 GV folge, dass dem Gesellschafter H. L. das Gesellschaftsvermögen und damit auch der Anspruch der GbR auf die Mietzinszahlungen angewachsen sei. Allein dem Kläger stehe deswegen die von der Beklagten vereinnahmte Miete zu, ohne dass sich daran durch das rund zwei Jahre später eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR etwas geändert habe.
8
II. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Mietzinsforderungen gegen die KG infolge Anwachsung des Gesellschaftsvermögens in die Insolvenzmasse des ehemaligen Gesellschafters H. L. fallen (1). Daran hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GbR nichts geändert (2). Die Abtretung der Mietzinsforderung an die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Grundschuldgläubigerin steht der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs aus § 816 Abs. 2 BGB für den Monat September 2004 nicht entgegen (3).
9
1. Haben die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, wenn ein Gesellschafter ausscheidet, wächst bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters - soweit im Gesellschaftsvertrag für diesen Fall nichts Abweichendes geregelt ist - dem letzten verbleibenden Gesellschafter das Vermögen der GbR an, d.h. die Aktiva und Passiva gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ihn über, ohne dass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahmeerklärung bedarf (st.Rspr.; BGHZ 32, 307, 314 ff.; Sen.Urt. v. 13. Dezember 1965 - II ZR 10/64, WM 1966, 62 f.; v. 27. Januar 1966 - II ZR 54/64, WM 1966, 513; v. 9. März 1992 - II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758; v. 12. Juli 1999 - II ZR 4/98, ZIP 1999, 1526, 1527; Beschl. v. 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, ZIP 2002, 614, 615; siehe auch BGH, Urt. v. 22. September 1993 - IV ZR 183/92, WM 1993, 2259, 2260).
10
a) So liegt der Fall hier. Das Vermögen der GbR ist mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des R. L. gemäß § 17 Nr. 4 GV H. L. angewachsen. Dies folgt, wie das Berufungsgericht unter ausführlicher Begründung ohne revisionsrechtlich relevante Fehler entschieden hat, aus der Auslegung der §§ 16 und 17 Nr. 4 GV.
11
Während danach § 16 GV die grundsätzliche Regelung enthält, dass in den dort genannten Fällen die verbleibenden Gesellschafter zur Fortsetzung der Gesellschaft berechtigt, aber nicht verpflichtet sind (Fortsetzungsklausel mit Übernahmerecht), stellt § 17 Nr. 4 GV eine davon abweichende Spezialregelung für enumerativ aufgezählte Ereignisse in der Person des Gesellschafters dar. Danach "scheidet der … Gesellschafter aus der Gesellschaft" u.a. dann "aus", wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren (nunmehr: Insolvenzverfahren ) eröffnet wird. Anders als in § 16 GV wird in diesem Fall nach der Auslegung des Tatrichters die Gesellschaft "automatisch" fortgesetzt, ohne dass es einer Übernahmeerklärung seitens der verbleibenden Gesellschafter bedarf.
12
b) Folge der Regelung in § 17 Nr. 4 GV ist, dass im Falle des insolvenzbedingten Ausscheidens eines Gesellschafters dessen Anteil am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern gemäß § 738 BGB anwächst. Mangels abweichender Regelung findet § 17 Nr. 4 GV auch dann An- wendung, wenn infolge des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters keine Gesellschaft mehr existiert, die fortgesetzt werden könnte. Nach der gefestigten , vom Berufungsgericht zutreffend angewandten Rechtsprechung des Senats (s. die Nachw. oben II 1) führt eine Fortsetzungsklausel wie die in § 17 Nr. 4 GV bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und Gesamtrechtsnachfolge des letzten verbleibenden Gesellschafters.
13
2. Durch die spätere Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der nicht mehr existierenden "GbR" hat sich an dieser materiellen Rechtslage nichts geändert. Ein solcher gegen einen nicht existenten Schuldner ergehender Eröffnungsbeschluss geht ins Leere und ist nach allgemeiner Meinung (Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. § 27 Rdn. 31; Schilken in Jaeger, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 34 Rdn. 42; MünchKommInsO/Schmahl § 34 Rdn. 119) nichtig; er bindet die Prozessgerichte nicht, soweit nicht ausnahmsweise wegen der Eintragung im Handelsregister der Schein einer noch existenten Gesellschaft besteht (BGHZ 113, 216, 217 f.; Kirchhof aaO) mit der hier - wegen des gegenüber H. L. bereits eröffneten Insolvenzverfahrens - nicht relevanten Folge, dass sich das eröffnete Verfahren dann gegen den nur falsch bezeichneten Schuldner richtet.
14
3. Dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des H. L. steht gegen die Beklagte hinsichtlich der Miete für den Monat September 2004 ein Anspruch aus Bereicherungsrecht zu (§§ 812 ff. BGB; 80 Abs. 1, 91, 110 Abs. 1 Satz 1 InsO - s. hierzu BGH, Urt. v. 9. November 2006 - IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 Tz. 15 f.).
15
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des H. L. am 11. August 2004 führte nach § 110 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Unwirksamkeit der Abtretung der Mietzinsforderung für den Monat September 2004. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht nur Abtretungsempfängerin, sondern zugleich Grundschuldgläubigerin war (BGH, Urt. v. 9. November 2006 aaO; Beschl. v. 13. Juli 2006 - IX ZB 301/04, WM 2006, 1685, 1686 f.). Zwangsverwaltung war im September 2004 noch nicht angeordnet.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 09.05.2006 - 4 O 2546/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 10.01.2007 - 4 U 52/06 -

(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.

(2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden.

(3) Die Ladung ist mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt.

(4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termin nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln.

(5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet.

(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.

(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 361/02 Verkündet am:
14. Februar 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Höhe des vom herrschenden Unternehmen geschuldeten Ausgleichs nach
§ 302 AktG wird - unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der
Bilanzfeststellung - durch den sich bei objektiv ordnungsgemäßer Bilanzierung
zum Bilanzstichtag ergebenden (fiktiven) Jahresfehlbetrag bestimmt (Bestätigung
von BGHZ 142, 382).
BGH, Urteil vom 14. Februar 2005 - II ZR 361/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. Februar 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Münke, Dr. Gehrlein und Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 19. November 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 15. Februar 2001 in Höhe des abgewiesenen Zahlungsanspruchs von 4.560.723,58 € (= 8.920.000,00 DM) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - aus abgetretenem Recht der F. Industrie- und Handelsbeteiligungsgesellschaft mbH (nachfolgend: F.) Ansprüche auf Verlustausgleich in Höhe von 8.920.000,00 DM für das Geschäftsjahr 1995 aufgrund eines am 23. Dezember 1992 geschlossenen Organschafts- und Ergebnisabführungsver-
trags geltend. Organträgerin war die seinerzeit als Kommanditgesellschaft geführte Beklagte zu 1, deren Komplementärin damals die Beklagte zu 2 war. Der Unternehmensvertrag wurde zum 31. Dezember 1995 beendet. Über das Vermögen der F. wurde am 8. Dezember 1997 das Konkursverfahren eröffnet ; der Konkursverwalter hat der Klägerin sämtliche Ansprüche abgetreten.
Nach der von den Gesellschaftern der F. im August 1996 festgestellten Jahresbilanz zum 31. Dezember 1995 ergab sich - im Gegensatz zu den Jahresabschlüssen des Vorjahres und des Folgejahres, die jeweils Fehlbeträge von mehreren Millionen DM aufwiesen - ein Jahresüberschuß von 1,107 Mio. DM; der Abschlußprüfer hatte jedoch der Bilanz im Hinblick darauf, daß die Werthaltigkeit der - durch die F. von der Klägerin im Jahre 1991 erworbenen - Alleinbeteiligung an der P. GmbH (nachfolgend: P.) sowie einer weiteren Unternehmensbeteiligung nicht abschließend beurteilt werden konnte, nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt. Die daraufhin vom Konkursverwalter veranlaßte Nachprüfung der R. Treuhand GmbH vom 7. Mai 1999 ergab eine Korrektur auf einen Jahresfehlbetrag von 16.841.523,04 DM, ein weiterer Nachprüfungsbericht derselben Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 10. Mai 2000 gelangte aufgrund weiterer für erforderlich gehaltener Korrekturen zu einem Fehlbetrag von 31.837.172,04 DM. Einen wesentlichen Korrekturpunkt sah die Prüfungsgesellschaft u.a. darin, daß F. gemäß § 5 Nr. 2 des Anteilserwerbsvertrages aus dem Jahre 1991 hinsichtlich der P. verpflichtet war, über die Verwendung der bei dem Beteiligungsunternehmen gebildeten Altlastenrückstellung von 24 Mio. DM per 31. Dezember 1995 abzurechnen und 75 % der nicht verwendeten Rückstellungen bis spätestens 30. Juni 1996 an die Klägerin als Verkäuferin zu zahlen; im Hinblick darauf hielt die R. Treuhand GmbH eine zusätzliche Passivierung von 17.949.000,00 DM als Rückstellung gemäß § 249 Abs. 1 HGB bei der F. schon zum 31. Dezember 1995 für erforderlich, zumal ein
erst am 22. Dezember 1995 mit einer 90 %-igen Tochtergesellschaft der F. abgeschlossener langfristiger Sanierungsvertrag hinsichtlich der Altlasten mit einem Vergütungsvolumen von 22,5 Mio. DM wegen sich schon zuvor abzeichnender Insolvenz der P. im Jahre 1996 und einer bilanziellen Überschuldung des vorgesehenen Sanierungsunternehmens von ca. 4,3 Mio. DM in dem betreffenden Zeitraum nicht zur Durchführung gelangte. Als korrekturbedürftig sah der zweite Prüfungsbericht die festgestellte Bilanz auch hinsichtlich der Aktivierung des Geschäftsanteils der F. an der P. mit 8.928.000,00 DM an: unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips habe diese Beteiligung der F. im Hinblick auf die bereits im Jahre 1995 bestehende desolate bilanzielle und wirtschaftliche Situation der P. schon zum 31. Dezember 1995 und nicht erst - wie geschehen - zum Schluß des Folgejahres auf den Erinnerungswert von 1,00 DM abgeschrieben werden müssen.
Die Klägerin hat sich den Inhalt der beiden Prüfungsberichte zu eigen gemacht und unter Beweisantritt - Sachverständigengutachten sowie sachverständiges Zeugnis des Wirtschaftsprüfers K. - mit der Klage die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Verlustausgleichs von 20.354.166,47 DM begehrt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin nur noch einen Teilanspruch in Höhe von 8.920.000,00 DM weiter, den sie im wesentlichen darauf stützt, daß der in der festgestellten Bilanz mit 8.928.000,00 DM aktivierte Geschäftsanteil der F. an der P. auf 1,00 DM zu berichtigen sei.
Während des Berufungsverfahrens haben die Gesellschafter der Beklagten zu 1 am 29. Mai 2002 beschlossen, daß deren alleinige Komplementärin mit Ablauf des 30. Juni 2002 entschädigungslos aus der Gesellschaft ausscheidet, das Vermögen der KG der Beklagten zu 2 als deren alleiniger Kommanditistin
anwächst und diese in alle Gesellschaftsverbindlichkeiten eintritt, und daß ferner die Gesellschaft ohne vorherige Liquidation voll beendigt sein soll.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt im zugelassenen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe - aus abgetretenem Recht der F. - kein Verlustausgleichsanspruch aus dem Organschafts - und Ergebnisabführungsvertrag gegen die Beklagte zu 1 als frühere Organträgerin zu. Eine Nichtigkeit der von den Gesellschaftern der F. auf den 31. Dezember 1995 festgestellten Bilanz, die Voraussetzung für diesen Anspruch sei, könne selbst auf der Grundlage der Nachtragsprüfungsberichte der R. Treuhand GmbH vom 7. Mai 1999 und vom 10. Mai 2000 - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 142, 382) - nicht festgestellt werden. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Feststellung der Bilanz im August 1996 sei weder die Bildung von Rückstellungen wegen einer ungewissen Altlastenverbindlichkeit noch die Wertberichtigung der Beteiligung der F. an der P. auf 1,00 DM veranlaßt gewesen; auf die nachträgliche Sicht des Nachtragsprüfers komme es insoweit nicht an. Ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Höhe eines möglichen Verlustausgleichsanspruchs sei nicht einzuholen gewesen, da - was das Berufungsgericht aus eigener Sachkunde entscheiden könne - keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für eine Nichtigkeit des Jahresabschlusses vorgetragen seien.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. Das Berufungsgericht hat - in Abweichung von der Senatsrechtsprechung (BGHZ 142, 382) - die Voraussetzungen für die Feststellung des von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Anspruchs der F. gegen die Beklagte zu 1 auf Verlustausgleich gemäß § 302 AktG verkannt und infolgedessen auch die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt sowie deren taugliche Beweisantritte übergangen (§ 286 ZPO).
1. Nach der Rechtsprechung des Senats entsteht der sich aus einem Unternehmensvertrag ergebende Anspruch auf Ausgleich eines Jahresfehlbetrages - unabhängig von der etwaigen Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Bilanzfeststellung - am Stichtag der Jahresbilanz der beherrschten Gesellschaft und wird mit seiner Entstehung fällig. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs wird nicht durch den festgestellten Jahresabschluß rechtsverbindlich festgelegt, sondern durch den zum Bilanzstichtag zutreffend ausgewiesenen Fehlbetrag bestimmt (BGHZ 142, 382).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts oblag danach der Klägerin für eine erfolgreiche Geltendmachung des Verlustausgleichsanspruchs gemäß § 302 AktG nicht der Nachweis der Nichtigkeit der noch von der F. auf den 31. Dezember 1995 festgestellten Bilanz. Vielmehr war von ihr (lediglich) der bei objektiv ordnungsgemäßer Bilanzierung sich ergebende Fehlbetrag für den Jahresabschluß 1995 zum Stichtag des 31. Dezember 1995 darzulegen und zu beweisen. Die Klägerin hat dementsprechend - entgegen der auf der unrichtigen Prämisse beruhenden Ansicht des Berufungsgerichts - ihrer Darlegungsund Beweisantrittslast dadurch genügt, daß sie jedenfalls in der Berufungsschrift und im Schriftsatz vom 26. Februar 2002 sich nicht nur den Inhalt der Nachtragsprüfungsberichte der R. Treuhand GmbH zu den von der Bilanzfeststellung der F. abweichenden Bilanzansätzen zu eigen gemacht, son-
dern deren wesentlichen Inhalt auch detailliert dargestellt und durch Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie - ergänzend - durch sachverständiges Zeugnis des Berichtsverfassers K. unter Beweis gestellt hat. Dies gilt hinsichtlich der Annahme des Nachtragsprüfers, nach dem Vorsichtsprinzip sei bereits für das Geschäftsjahr 1995 der Wert der Beteiligung der F. an der P. von ca. 8,92 Mio. DM auf einen Erinnerungswert von 1,00 DM zu berichtigen, aber auch für die von diesem für notwendig erachtete Passivierung von Rückstellungen bezüglich des drohenden Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von 75 % der nicht verwendeten Sanierungsrückstellungen gemäß § 5 Nr. 2 des Anteilsveräußerungsvertrages.
Die auf der Verkennung des Umfangs der Darlegungslast beruhende Ablehnung der Erhebung des beantragten Sachverständigenbeweises für den hinreichend substantiiert vorgetragenen Fehlbetrag i.S. von § 302 AktG und die darauf gestützte Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin waren danach unzulässig (§ 286 ZPO); sie stellten zugleich eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar.
III. Das die Klageabweisung bestätigende Berufungsurteil erweist sich auch nicht etwa in bezug auf die Beklagte zu 1 im Ergebnis als richtig, weil - wie von Beklagtenseite im Revisionsverfahren geltend gemacht wird - diese aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 29. Mai 2002 "inzwischen aufgelöst und das Vermögen auf die Beklagte zu 2 übergegangen ist". Das beschlossene Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der Beklagten zu 1 als zweigliedriger Personengesellschaft in Verbindung mit der zugleich vereinbarten Anwachsung des Gesellschaftsvermögens an die Beklagte zu 2 als Kommanditistin und deren Eintritt in alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft führte zwar zur liquidationslosen Vollbeendigung der Beklagten zu 1 unter gleichzeitiger Gesamtrechtsnachfolge der Beklagten zu 2 als einzig verbliebener Kommanditistin
(vgl. dazu Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 247/01, ZIP 2004, 1047, 1048 m.w.Nachw.). Prozessual folgt daraus jedoch nicht die Klageabweisung gegenüber der Beklagten zu 1; vielmehr sind auf den Rechtsübergang während des Rechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden. Da die Beklagte zu 1 zur Zeit des Rechtsübergangs durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war und ein Aussetzungsantrag gemäß § 246 ZPO nicht gestellt worden ist, konnte der Rechtsstreit unter der bisherigen Parteibezeichnung mit Wirkung für die Beklagte zu 2 als Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 1 fortgesetzt werden , wobei lediglich das Rubrum des Rechtsstreits entsprechend zu berichtigen ist (Senat aaO, S. 1048).
IV. Aufgrund der unter Nr. II aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung und Zurückverweisung, damit in der wiedereröffneten Berufungsinstanz nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 ZPO n.F.).
Goette Kurzwelly Münke
Gehrlein Caliebe

Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht ist, auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen.