Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2018 - 5 StR 108/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:080518B5STR108.18.0
bei uns veröffentlicht am08.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 108/18
vom
8. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:080518B5STR108.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 8. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. September 2017 1. im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die Angeklagten des schweren Bandendiebstahls und der Verabredung eines schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen schuldig sind, 2. mit den zugehörigen Feststellungen
a) betreffend den Angeklagten K. im gesamten Strafausspruch ,
b) betreffend die Angeklagten J. G. , M. G. und D. in den Einzelstrafaussprüchen zu den Taten 1 und 2 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten K. eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, gegen die Angeklagte J. G. eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, gegen die Angeklagte M. G. eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und gegen den Angeklagten D. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Zudem hat es den Opel Vectra des Angeklagten K. als Tatmittel eingezogen. Die gegen das Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten erzielen entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts mit der Sachbeschwerde den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die erhobenen Besetzungsrügen (§ 338 Nr. 1 StPO) sind jedenfalls unbegründet. Die Entbindungen des Hauptschöffen Kl. und des Ergänzungsschöffen Ku. wegen Urlaubs sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
3
a) Der Bundesgerichtshof überprüft die Entbindung von Schöffen lediglich am Maßstab der Willkür (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 5StR 276/15, NStZ 2015, 714; näher Arnoldi, NStZ 2015, 714; 2017, 492). Eine über den Willkürmaßstab hinausgehende Richtigkeitsprüfung kommt angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 336 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich (eingehend BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, BGHSt 59, 75, 79 f. mwN).
4
Während berufliche Gründe nur ausnahmsweise die Verhinderung eines Schöffen rechtfertigen können (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Juni 1978 – 3StR 81/78, BGHSt 28, 61, 66; Urteil vom 4. Februar 2015 – 2 StR 76/14, NStZ 2015, 350), ist der auf anberaumte Sitzungstage fallende und mit Ortsabwesenheit einhergehende Erholungsurlaub eines Schöffen ein Umstand, der regelmäßig zur Unzumutbarkeit der Dienstleistung führt (vgl. LR/Gittermann, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 6). Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs ist es, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. BAG NJW 2012, 3529). Um dies gewährleisten zu können, ist der Urlaub grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren (vgl. § 7 Abs. 2 BUrlG). Auch nicht (mehr) im Arbeitsprozess stehende Schöffen haben – insbesondere unter Gesundheitsaspekten – ein berechtigtes Interesse daran, längere Zeit urlaubsbedingt ortsabwesend zu sein. Die Unterbrechung eines auf längere Dauer angelegten Erholungsurlaubs zum Zweck der Teilnahme an einer Hauptverhandlung kann vor diesem Hintergrund Schöffen in aller Regel nicht zugemutet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 5 StR 276/15 aaO).
5
Bei der antragsgemäßen Entbindung eines Schöffen aufgrund eines von diesem angezeigten Urlaubs liegt deshalb Willkür in aller Regel fern (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 5 StR 276/15, NStZ 2015, 714; Urteil vom 5. Januar 1982 – 5 StR 426/81). Macht der Schöffe einen derartigen Verhinderungsgrund geltend, darf der Vorsitzende sich mit seiner Erklärung begnügen, wenn er sie für glaubhaft und weitere Nachforschungen für überflüssig hält (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, NJW 1977, 443; vom 22. Juni 1982 – 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 14. Dezember 2016 – 2StR 342/15, NStZ 2017, 491, 492). Nur ausnahmsweise können Rückfra- gen und Nachforschungen geboten sein, etwa wenn der Schöffe wegen längeren Urlaubs im Geschäftsjahr bereits von der Dienstleistung befreit worden war oder wenn ein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Schöffe sich der Teilnahme an der Hauptverhandlung zu entziehen versucht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, NJW 1977, 443). Die Verschiebung eines länger geplanten Erholungsurlaubs ist für den Schöffen in aller Regel unzumutbar (vgl. LR/Gittermann, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76 aaO), dahingehende Fragen des Vorsitzenden sind mithin regelmäßig entbehrlich. Wie der Schöffe seinen Erholungsurlaub verbringt, ist seine Sache und unterliegt deshalb nicht der Erforschung und Bewertung durch den Vorsitzenden. Zur Erfüllung der Anforderungen aus § 54 Abs. 3 Satz 2 GVG genügt es bei einer Befreiung wegen Erholungsurlaubs, die Gründe für die Entbindung stichwortartig zu dokumentieren (BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 5 StR 276/15, NStZ 2015, 714).
6
b) Nach diesen Maßstäben liegt eine willkürliche Verletzung von § 54 Abs. 1 GVG aufgrund der Schöffenentbindungen hier fern. Beim Schöffen Kl. stand eine länger geplante Urlaubsreise außerhalb Berlins seinem Einsatz an terminierten Sitzungstagen entgegen. Dass der von diesem Schöffen gestellte Entbindungsantrag aktenmäßig in Verlust geraten war und deshalb die Sache unter Einbindung seiner Ehefrau telefonisch geklärt wurde, ist rechtlich irrelevant. Die antragsgemäße Entbindung des Hilfsschöffen Ku. beruhte ebenfalls auf dessen Angabe, an terminierten Hauptverhandlungstagen aufgrund Urlaubs nicht zur Verfügung zu stehen. Die Entbindung ist durch den geschäftsplanmäßigen Vertreter und damit von dem zuständigen Richter getroffen worden. Angesichts des in Haftsachen besonders gewichtigen Gebots schleuniger Erledigung war die Strafkammer auch nicht gehalten, der Verhinderung eines Schöffen durch verzögernde Unterbrechung der Hauptverhandlung (§ 229 Abs. 1 StPO) Rechnung zu tragen.
7
c) Das von der Revision ins Feld geführte Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2016 (2 StR 342/15, NStZ 2017, 491) steht der Entscheidung des Senats nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG entgegen. Der 2. Strafsenat teilt in dieser Entscheidung die von der bisherigen Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe – andernfalls er nach § 132 Abs. 2 GVG hätte verfahren müssen – und wendet sie nur in besonderer Weise auf einen Einzelfall an.
8
2. In Einklang mit der Auffassung des Generalbundesanwalts weisen der Schuldspruch gegen die Angeklagte M. G. wegen schweren Bandendiebstahls für Tat 3 und die für diese Tat ausgeurteilten Strafaussprüche gegen die Angeklagten J. G. , M. G. und D. keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
9
Hingegen hält die Verurteilung aller Angeklagter wegen versuchten schweren Bandendiebstahls für die Taten 1 und 2 rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Insoweit war das Versuchsstadium noch nicht erreicht: Jedoch haben sich die Angeklagten jeweils wegen Verabredung eines schweren Bandendiebstahls strafbar gemacht (§§ 244a, 30 Abs. 2 StGB).
10
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten spätestens Mitte März 2017 zu einer Bande zusammen. Gemäß der Bandenabrede wollten sie in arbeitsteiligem Vorgehen in die Wohnungen älterer und/oder gebrechlicher Menschen eindringen, um dort werthaltige Gegenstände und Geld zu entwenden. Dazu wollten sie sich der Wohnungsschlüssel bemächtigen. Entweder sollte die Angeklagte J. G. die ausgewählten Tatopfer auf der Straße ansprechen und körperlich bedrängen, um ihnen unbemerkt den Wohnungsschlüssel aus der Tasche zu ziehen. Oder sie wollten an der Wohnung klingeln und Einlass erlangen. Während einer der Angeklagten das Opfer ablenken sollte, sollten andere Angeklagte die Wohnung nach Stehlenswertem durchsuchen. Der Angeklagte K. hatte die Aufgabe, die Tatbegehungen abzusichern.
11
Entsprechend dieser Abrede klingelten die Angeklagten M. G. und D. am 29. März 2017 gegen 12 Uhr an der Wohnung des 103 Jahre alten Zeugen Kn. . Dieser öffnete die Tür mit vorgelegter Sicherungskette. Der Angeklagte D. sprach ihn durch den Türspalt an und bat unter einem Vorwand um Einlass. Der Zeuge Kn. schloss aber die Tür, weil er wegen des Erscheinens fremder Personen skeptisch geworden war. Die Angeklagten warteten noch eine unbestimmte Zeit ab, ob Kn. die Wohnung verlasse. In diesem Fall sollte ihm die Angeklagte J. G. den Schlüssel abnehmen, um die Tat danach doch noch ausführen zu können. Der Zeuge verließ aber seine Wohnung nicht, weswegen die Angeklagten aufgaben (Tat 1).
12
Im weiteren Verlauf des Tages fiel den im Opel Vectra des Angeklagten K. im Stadtgebiet von Berlin herumfahrenden Angeklagten der 73-jährige Zeuge U. als geeignetes Opfer auf. Die Angeklagte J. G. verließ das Auto. Sie fragte den Zeugen, wo seine Frau sei, bedrängte ihn körperlich, fasste mit ihrer rechten Hand über die beiden Gesäßtaschen und versuchte mit der linken Hand in die Innenseite seiner Jacke zu greifen, um an den Wohnungsschlüssel zu gelangen. Der Zeuge U. stieß die Angeklagte jedoch mit den Worten „verfatz dich“ von sich. Unverrichteter Dinge stieg die Angeklagte J. G. wieder in den Opel, worauf sich die Angeklagten entfernten (Tat 2).
13
b) Auf der Basis dieser Feststellungen ist ein Eintritt in das Versuchsstadium in beiden Fällen nicht gegeben.
14
aa) Der Versuch einer strafbaren Handlung liegt gemäß § 22 StGB vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erst der Fall, wenn der Täter ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht, sondern schon dann, wenn er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich dementsprechend auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen; der Täter muss subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreiten und objektiv zur tatbestandsmäßigen An- griffshandlung ansetzen, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 16. September 1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 202 f.; vom 26. Oktober 1978 – 4 StR 429/78, BGHSt 28, 162, 163; Beschluss vom 14. März 2001 – 3 StR 48/01, NStZ 2001, 415, 416 mwN).
15
bb) An diesen Voraussetzungen fehlt es bei beiden Taten. Zwar hatten die Angeklagten wichtige Vorbereitungshandlungen ausgeführt. Jedoch waren die Maßnahmen noch nicht so weit gediehen, dass ihr Tun ohne weitere Zwischenakte unmittelbar in die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 244a StGB hätte einmünden können.
16
(1) Bei Tat 1 setzte die Ausführung des Diebstahls voraus, dass der Zeuge Kn. die Sicherheitskette abnehmen, die Tür öffnen, die beiden Angeklagten einlassen und sich vom Angeklagten D. ablenken lassen würde. Erst dann hätten die anderen Täter die Wohnung durchsuchen und Gegenstände entwenden können. Damit sollte ihr Tun noch nicht unmittelbar in Wegnahmehandlungen einmünden (vgl. schon RG JW 1926, 2753; siehe auch BGH, Urteil vom 6. Oktober 1977 – 4 StR 404/77; Beschluss vom 14. März 2001 – 3 StR 48/01, aaO, jeweils mwN).
17
Soweit sich die Strafkammer für ihren gegenteiligen Standpunkt auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stützt, in denen bereits das Klingeln an der Tür als Versuchsbeginn angesehen wurde (vgl. etwa BGH, Urteile vom 16. September 1975 – 1 StR 264/75, aaO, S. 203 f.; vom 11. Juli 1984 – 2StR 249/84, NStZ 1984, 506 mwN), sind diese auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Sie betreffen Raubdelikte, bei denen der Täter nach dem Öffnen der Tür sofort Gewalthandlungen gegen das Opfer vollführen wollte und damit – anders als vorliegend – bereits ein Tatbestandsmerkmal des § 249 StGB erfüllt hätte.
18
(2) Entsprechendes gilt für Tat 2. In Bezug auf den Diebstahl von Gegenständen aus der Wohnung des ausgewählten Tatopfers hätten die Angeklagten diese noch aufsuchen und öffnen müssen (vgl. zum Versuchsbeginn bei der Beschaffung von [Nach-]Schlüsseln z.B. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1978 – 4 StR 429/78, aaO, S. 163 f.; Beschluss vom 24. Mai 1991 – 5StR 4/91, BGHR StGB § 22 Ansetzen 14). Allerdings käme die Verwirklichung des § 244a StGB auch hinsichtlich des Wohnungsschlüssels selbst in Betracht, wobei insoweit der Versuchsbeginn nicht zweifelhaft erschiene (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 1957 – 5 StR 299/57, GA 1958, 191). Jedoch kann den Feststellungen nicht entnommen werden, ob die Angeklagten den Eigentümer insoweit dauernd enteignen wollten, also mit Zueignungsabsicht handelten. Dies versteht sich nach Lage des Falles auch nicht von selbst. Denn es liegt im Bereich des nicht nur denktheoretisch Möglichen, dass die Angeklagten etwa den für sie nach Gebrauch wertlosen Wohnungsschlüssel in der Wohnung zurückzulassen beabsichtigten. Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen möglich sind, aufgrund derer eine diesbezügliche Zueignungsabsicht der Angeklagten angenommen werden könnte.
19
c) Die Angeklagten haben sich durch beide Taten jedoch jeweils einer Verabredung des Verbrechens des schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 244a, 30 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Straffreiheit nach § 31 StGB scheidet aus. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten die Ausführung der Taten weder freiwillig aufgegeben noch sich freiwillig darum bemüht, die Tat zu verhindern. Sie gaben ihren Plan – unfreiwillig – erst auf, als sie ihn für gescheitert hielten, nachdem der Geschädigte im Fall 1 seine Wohnung nicht verlassen und das ausgewählte Tatopfer im Fall 2 die Angeklagte J. G. von sich weggestoßen hatte.
20
Der Senat berichtigt den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die geständigen Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
21
3. Die Schuldspruchänderung entzieht den Strafaussprüchen wegen der Taten 1 und 2 die Grundlage. Der Senat vermag nicht völlig auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung geringere Strafen verhängt hätte. Dies nötigt auch angesichts des Fortbestands der jeweiligen Einsatzstrafen gegen die Angeklagten J. G. und M. G. sowie D.
(drei Jahre und neun Monate, zwei Jahre und sechs Monate, zwei Jahre Freiheitsstrafe ) zur Aufhebung aller Gesamtstrafen.
22
4. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten K. begegnet darüber hinaus insgesamt durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Kraftfahrzeugs hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so kann dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11; vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14; vom 10. Januar 2017 – 3 StR 484/16).
23
Dies hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht. Den Wert des Kraftfahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht andernfalls die von diesem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
Sander König Berger
Mosbacher Köhler

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(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch die Entscheidungen, die dem Urteil vorausgegangen sind, sofern es auf ihnen beruht. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.

(1) Der Richter beim Amtsgericht kann einen Schöffen auf dessen Antrag wegen eingetretener Hinderungsgründe von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen entbinden. Ein Hinderungsgrund liegt vor, wenn der Schöffe an der Dienstleistung durch unabwendbare Umstände gehindert ist oder wenn ihm die Dienstleistung nicht zugemutet werden kann.

(2) Für die Heranziehung von Ersatzschöffen steht es der Verhinderung eines Schöffen gleich, wenn der Schöffe nicht erreichbar ist. Ein Schöffe, der sich zur Sitzung nicht einfindet und dessen Erscheinen ohne erhebliche Verzögerung ihres Beginns voraussichtlich nicht herbeigeführt werden kann, gilt als nicht erreichbar. Ein Ersatzschöffe ist auch dann als nicht erreichbar anzusehen, wenn seine Heranziehung eine Vertagung der Verhandlung oder eine erhebliche Verzögerung ihres Beginns notwendig machen würde. Die Entscheidung darüber, daß ein Schöffe nicht erreichbar ist, trifft der Richter beim Amtsgericht. § 56 bleibt unberührt.

(3) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Der Antrag nach Absatz 1 und die Entscheidung sind aktenkundig zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 76/14
vom
4. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts - Schwurgericht - zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.


2
In den frühen Morgenstunden des 24. Oktober 2012 hielt sich der Angeklagte in der " Bar" im Bahnhofsviertel auf und erlebte, wie dort tätige Animierdamen versuchten, den später Geschädigten Cl. loszuwerden. Nachdem ihnen dies zunächst gelungen war, indem sie Cl. in eine andere Bar lockten, aus der sie heimlich entkommen konnten, konnte dieser sie nach einigem Suchen wieder in der " Bar" ausfindig machen, vor deren Eingangstür sich mittlerweile der sichtlich betrunkene und in seiner Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich verminderte Angeklagte postiert hatte. Er schwang sich gegenüber dem Geschädigten als vermeintlicher Beschützer der Damen auf und forderte den Geschädigten auf zu verschwinden. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten Cl. , die schließlich durch die von den Animierdamen herbeigeholten Zeugen G. und M. beendet wurde.
3
Während G. dem Geschädigten mit einer Pfefferdose in die Augen sprühte, gelang es dem Angeklagten sich aus einem Haltegriff des Zeugen M. zu befreien, auf den Geschädigten zuzustürzen und auf ihn mit einem aus der Gesäßtasche herausgeholten Messer insgesamt fünf Mal einzustechen. Dabei erkannte er, dass er den Geschädigten durch die Stiche in den Brustund Bauchbereich töten konnte und nahm dies zumindest billigend in Kauf. Der Geschädigte erlitt Schnittverletzungen am linken Ohr, an der linken Brustkorbseite in der Nähe des Herzens, im Bereich des linken Unterbauchs sowie rechtsseitig eine Stichverletzung am Oberbauch. Die erlittenen Verletzungen waren abstrakt, nicht jedoch konkret lebensgefährlich.
4
Die umherstehenden Personen gingen erneut dazwischen und setzten Pfefferspray nunmehr gegen beide ein. Der Angeklagte verfolgte den sich in normaler Geschwindigkeit entfernenden Geschädigten Cl. noch einige Schritte, dann ließ er freiwillig von ihm ab, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte , seinen Angriff gegen ihn fortzusetzen.
5
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt; eine Notwehrlage - wie von dem Angeklagten behauptet - hat es verneint. Eine Strafbarkeit wegen versuchten Totschlages hat es verneint, weil der Angeklagte hiervon strafbefreiend gemäß § 24 StGB zurückgetreten sei. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, der Angeklagte habe nicht ausschließbar im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit gehandelt. Bei der Strafzumessung ist sie vom Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB ausgegangen; ein ausdrücklicher Hinweis, ob der Strafrahmen entsprechend §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert worden ist, findet sich in den Urteilsgründen nicht.

II.


6
Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte zu Recht, dass die Strafkammer hinsichtlich der Hilfsschöffin Z. nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen ist (§ 338 Nr. 1 StPO) und der Angeklagte deshalb seinem gesetzlichen Richter entzogen worden ist.
7
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
8
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. Mai 2013 wegen Verhinderung des Verteidigers die Verlegung des regulären Sitzungstages vom 11. Juli 2013 auf den 12. Juli 2013 und bestimmte Termine zur Hauptverhandlung auf den 12. Juli, 16. Juli und 18. Juli 2013. Auf die einen Tag vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgte Mitteilung der Besetzung des Gerichts beantragte der Verteidiger in der Hauptverhandlung die Aussetzung des Verfahrens zur Prüfung der Gerichtsbesetzung, die das Landgericht mit der Begründung ablehnte , die Kammer sei ordnungsgemäß besetzt.
9
Für den genannten Sitzungstag waren als Hauptschöffen die Schöffen F. und K. vorgesehen. K. teilte telefonisch mit, dass er sich vom 7. Juli bis 4. August 2013 in Urlaub befände, und wurde mit Verfügung des Vorsitzenden vom 7. Juni 2013 von der Dienstleistung entbunden. Für ihn rückte die Hilfsschöffin M. ein, die nach Mitteilung über einen Urlaub in der Zeit vom 4. bis 26. Juli 2013 mit Verfügung des Vorsitzenden vom 18. Juni 2013 ebenfalls von ihrer Dienstleistung entbunden wurde.
10
Nächster vorgesehener Hilfsschöffe zu diesem Zeitpunkt war H. , der am 28. Juni 2013 telefonisch mitteilte, dass er bereits am 23. August 2011 nach Hanau umgezogen sei. Er habe nicht gewusst, dass er nicht mehr als Schöffe in Frankfurt am Main tätig sein dürfe. Eine noch am selben Tag veranlasste elektronische Abfrage der Meldedaten bestätigte den Umzug des Hilfsschöffen, der daraufhin durch Verfügung des Vorsitzenden "nach §§ 77 Abs. 3, 54 Abs. 1 GVG antragsgemäß" von der Dienstleistung entbunden wurde, an der er durch unabwendbare Umstände gehindert sei.
11
Für ihn rückte die Hilfsschöffin R. nach, die nach einem Hinweis auf einen Urlaub vom 3. bis 19. Juli 2013 durch weitere Verfügung des Vorsitzenden vom 2. Juli 2013 gleichfalls von der Dienstleistung befreit wurde.
12
Als Ersatz geladen wurde sodann der Hilfsschöffe Hi. . Dieser teilte am 3. Juli 2013 telefonisch mit, seine Firma sei durch die Urlaube verschiedener Mitangestellter so ausgedünnt, dass er nicht entbehrlich sei und seine Vertretung nicht möglich sei. Dies veranlasste den Vorsitzenden, auch den Hilfsschöffen Hi. von seiner Dienstleistungspflicht zu entbinden. An seine Stelle trat die Hilfsschöffin Z. , die an der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten teilnahm.
13
2. Die Verfahrensbeanstandung hat Erfolg. Das erkennende Gericht war in der Person der Hilfsschöffin Z. im Sinne von § 338 Nr. 1 StPO nicht ordnungsgemäß besetzt. Denn die Entbindungen des Hilfsschöffen Hi. war durch das Gesetz nicht gedeckt und erweist sich bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken zum Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) als nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfG, NJW 2005, 2689, 2690).
14
a) Die Entbindung des Hilfsschöffen Hi. , die der Vorsitzende gemäß § 54 Abs. 1 GVG auf die Unzumutbarkeit der zu erbringenden Dienstleistung gestützt hat, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
15
Ob einem Schöffen die Dienstleistung im Sinne von § 54 Abs.1 Satz 2 GVG zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist - zur Wahrung des Rechts auf den gesetzlichen Richter - ein strenger Maßstab anzulegen. Berufliche Gründe rechtfertigen daher nur ausnahmsweise die Verhinderung eines Schöffen. Zu berücksichtigen sind lediglich Berufsgeschäfte, die der Schöffe nicht oder nicht ohne erheblichen Schaden für sich oder den Betrieb aufschieben oder bei denen er sich nicht durch einen anderen vertreten lassen kann, weil die Geschäfte ihrer Art nach einen Vertreter nicht zulassen oder ein geeigneter Vertreter nicht zur Verfügung steht. Über die Anerkennung einer derartigen Verhinderung hat der zur Entscheidung berufene Richter unter Abwägung aller Umstände bei Berücksichtigung der Belange des Schöffen, des Verfahrensstands und der voraussichtlichen Dauer des Verfahrens , nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. BGHSt 28, 61, 66). Er ist zu weitergehenden Erkundigungen hinsichtlich des angegebenen Hinderungsgrundes nicht verpflichtet, wenn er die Angaben für glaubhaft hält (BGH NStZ 1982, 176 m.w.N.). Die Entscheidung ist aktenkundig zu machen (§ 54 Abs. 3 Satz 2 GVG). Dabei sind diejenigen Umstände zu dokumentieren, die die Annahme des Hinderungsgrunds tragen. Nur so ist dem Rechtsmittelgericht die Überprüfung möglich, ob eine getroffene Entscheidung eine Richterentziehung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 GG darstellt.
16
Dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Hinderungsgrundes hier vorliegen, ist nicht dargetan. Der Entbindungsentscheidung des Vorsitzenden , die selbst keine nähere Begründung enthält, liegt ein Vermerk des Vorsitzenden zugrunde, der Schöffe habe ihm mitgeteilt, seine Firma sei durch Urlaube verschiedener Mitangestellter so ausgedünnt, dass er nicht entbehrlich und seine Vertretung nicht möglich sei. Diese Umstände rechtfertigen unter Berücksichtigung strenger Maßstäbe, die das Recht auf den gesetzlichen Richter einfordert , für sich eine Entbindung nicht. Die Angaben sind in ihrer Allgemeinheit wenig konkret; sie lassen nicht erkennen, um welche Firma es sich handelt, wie groß sie ist, welche Aufgaben der Schöffe regelmäßig wahrnimmt, wer ihn vertreten kann und welche Urlaubsabwesenheiten welcher "Mitangestellter" es gibt, die eine an sich denkbare Vertretung des Hilfsschöffen ausschließen. Allein anhand dieser pauschalen Angaben konnte der Vorsitzende - ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob er diese für glaubhaft gehalten hat - nicht in die Lage versetzt sein, in der gebotenen Weise sorgfältig zu prüfen, ob die beruflichen Geschäfte des Schöffen seine Anwesenheit in der Firma an den Hauptverhandlungstagen erforderten, eine Vertretung in den von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten tatsächlich nicht möglich war und ansonsten nicht hinnehmbar erheblicher Schaden für ihn bzw. seine Firma entstanden wäre. Soweit sich die Angaben des Hilfsschöffen auf die im Vermerk wiedergegebenen Umstände beschränkt haben sollten, hätte es deshalb im konkreten Fall das Recht auf den gesetzlichen Richter erfordert, insoweit bei diesem nachzufragen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 54 GVG, Rn. 6; BGH, Beschluss vom 1. März 2012 - 2 StR 522/11) und eine Entscheidung unter Berücksichtigung weiterer ermittelter Umstände zu treffen. Sollte der Hilfsschöffe Hi. weitere Einzelheiten zu seiner beruflich bedingten Verhinderung mitgeteilt haben, die die Annahme eines Verhinderungsgrundes hätten stützen können, hat es der Vorsitzende versäumt, diese zur Überprüfung seiner Entscheidung zu dokumentieren.
17
b) Die Entbindung des Hilfsschöffen Hi. verliert in nicht mehr verständlicher Weise das Recht auf den gesetzlichen Richter aus dem Blick und ist deshalb unhaltbar. Der Vorsitzende begnügt sich womöglich mit Informationen, die ihm nicht die Prüfung ermöglichen, ob ausnahmsweise ein Fall gegeben ist, in dem berufliche Gründe die Unzumutbarkeit der geforderten Dienstleistung begründen können. Jedenfalls beschränkt sich die Dokumentation der die Annahme des Verhinderungsgrundes tragenden Umstände auf allgemeine und wenig konkrete Angaben, weshalb ohne Weiteres ersichtlich ist, dass dem Revisionsgericht die Überprüfung der getroffenen Entscheidung nicht möglich ist. Ein solches Vorgehen wird der Bedeutung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nicht gerecht, der nicht nur strenge materiell-rechtliche Maßstäbe bei der Anwendung des § 54 Abs. 1 GVG fordert, sondern auch Anforderungen an die Überzeugungsbildung des zur Entscheidung nach § 54 GVG berufenen Richters stellt.
18
c) Bei dieser Sachlage lässt der Senat dahinstehen, ob der Entbindung des Hilfsschöffen H. die nicht auf § 54 Abs. 1 GVG gestützt werden konnte und an deren Stelle die dem Vorsitzenden nicht obliegende Streichung von der Schöffenliste hätte erfolgen müssen (§§ 77 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 33 Nr. 3 GVG), ebenfalls das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter verletzt hat.
19
3. Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung , ohne dass es noch auf die erhobenen sachlich-rechtlichen Einwendungen ankommt.
Fischer Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR276/15
vom
5. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. August 2015 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Oktober 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, jeweils bezogen auf Betäubungsmittel in nicht geringer Menge, wegen bandenmäßiger Einfuhr in Tateinheit mit bandenmäßigem Handeltreiben zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Wertersatzverfall in Höhe von 100.000 € angeordnet. Die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 5 StR 582/14 Rn. 2 mwN). Die Schuldspruchänderung lässt den Unrechtsgehalt der Tat unberührt, weswegen der Strafausspruch bestehen bleibt.
3
2. Die Einzelbeanstandungen des Beschwerdeführers bleiben entsprechend der Zuschrift des Generalbundesanwalts erfolglos. Insoweit merkt der Senat ergänzend Folgendes an:
4
a) Die zulässig erhobene Rüge vorschriftswidriger Besetzung der Strafkammer (§ 338 Nr. 1 StPO i.V.m. § 54 Abs. 1, 3 Satz 2 GVG) greift nicht durch. Ihr liegt zugrunde, dass der Vorsitzende einen an sich zur Mitwirkung an der am 19. Juli 2013 beginnenden Hauptverhandlung berufenen Hauptschöffen wegen eines Urlaubs außerhalb Hamburgs vom 17. bis 31. Juli 2013 von der Dienstleistung nach § 54 Abs. 1 GVG entbunden hat.
5
aa) Im Blick auf § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, BGHSt 59, 75, 79 f. Rn. 25). Der Senat hat bereits entschieden, dass bei einer Entbindung wegen Urlaubs Willkür in aller Regel fernliegt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Januar 1982 – 5 StR 426/81). Zwar können etwa bei Anhaltspunkten, dass sich der Schöffe der Teilnahme an der Verhandlung mutwillig zu entziehen versucht, Nachfragen des Vorsitzenden notwendig werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, NJW 1977, 443; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 54 GVG Rn. 6). Dafür war vorliegend jedoch nichts ersichtlich, zumal der angezeigte Urlaub innerhalb der Hamburger Schulferien lag. Die durch den Beschwerdeführer insoweit erhobenen Einwände erschöpfen sich in bloßen Mutmaßungen. Der Vorsitzende überschritt sein pflichtgemäßes Ermessen deshalb nicht dadurch, dass er den Hinderungsgrund ohne weitere Prüfung zugrunde legte (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, aaO mwN). Eine dreimalige Unterbrechung des zweiwöchigen Urlaubs zwecks Anreise zu den in den Urlaub fallenden Terminen war dem Schöffen nicht zumutbar.
6
bb) Die stichwortartige, den Hinderungsgrund aber zutreffend beschreibende Dokumentation genügte dem Erfordernis des § 54 Abs. 3 Satz 2 GVG. Der Beschwerdeführer beruft sich für seinen gegenteiligen Standpunkt auf das Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2015 (2 StR 76/14, NStZ 2015, 350, 351 f.). Jedoch betrifft die genannte Entscheidung mit der Verhinderung aus beruflichen Gründen einen anderen Sachverhalt , an den strengere Maßstäbe angelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO). Der Senat kann deshalb dahingestellt lassen, ob er den dort angestellten Erwägungen in vollem Umfang beitreten könnte.
7
b) Die Beweisantragsrügen betreffend die Überwachung der Telefonanschlüsse des Angeklagten (Vernehmung der damit befassten Polizeibeamten , Inaugenscheinnahme aller überwachten Gespräche) wären mangels Beruhens des Urteils auf dem geltend gemachten Mangel (§ 337 Abs. 1 StPO) auch unbegründet. Das angefochtene Urteil legt in Einklang mit dem durch die Anträge verfolgten Beweisziel zugrunde, dass der Angeklagte über diese Anschlüsse keine Unterredungen geführt hat, aus denen sich Hinweise auf das ihm vorgeworfene deliktische Verhalten ergeben (vgl. UA S. 10, 63 f.).
8
c) Aus den vom Generalbundesanwalt angeführten Gründen versagen ferner die Beanstandung unzureichender Würdigung der Einlassungen namentlich der Mitangeklagten A. und E. J. und G. sowie die den Verlauf des abgetrennten Verfahrens gegen den Mitangeklagten E. J. betreffende Verfahrensrüge. Die überaus sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts zeigt hinsichtlich des Tatablaufs und der Organisation der Bande eine Fülle von objektiven Beweisen auf, die an der Richtigkeit dieser Aussagen keinen Zweifel lassen. Was die Rolle gerade des Angeklagten angeht, wird in der Zuschrift des Generalbundesanwalts zutreffend darauf hingewiesen, dass keiner der genannten Mitangeklagten den Angeklagten belastet hat. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall (UA S. 56 ff.). Dass die Mitangeklagten G. und E. J. immer wieder mit Kokain gefüllte Riemenscheiben aus dem auf dem Betriebsgelände des Angeklagten gelagerten „Vorrat“ von insgesamt knapp einer Tonne Kokain abgeholt haben, entspricht der – lediglich das Wissen um den Inhalt der Riemenscheiben bestreitenden und insofern rechtsfehlerfrei anhand von Indizien außerhalb der Aussagen der Mitangeklagten widerlegten – Einlassung des Angeklagten (UA S. 13). Danach bedurfte es keiner weiteren beweiswürdigenden Ausführungen, wie sie von der Rechtsprechung für Konstellationen verlangt werden, in denen die Verurteilung auf belastende Angaben von (vormaligen) Mitangeklagten nach einer Verständigung gestützt wird (hierzu LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 73 mwN).
9
d) Auch zur Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren 6052 Js 6/14 gehen die Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Stellungnahme des Generalbundesanwalts fehl.
10
aa) Die Verteidigung konnte nicht mit Bescheidung des Akteneinsichtsantrags ganz oder nahezu zeitgleich mit dem Wegfall der Hinderungsgründe (§ 147 Abs. 2 StPO) rechnen. In Anbetracht dessen war sie entgegen ihrer Ansicht der Notwendigkeit eines entsprechenden Revisionsvorbringens nicht enthoben. Es wären vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist in Form von Nach- fragen bei der Staatsanwaltschaft weitere Bemühungen um die Erlangung der Akteneinsicht erforderlich und gegenüber dem Revisionsgericht darzutun gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 – 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 328). Die Rüge ist ferner deshalb nicht zulässig gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben, weil die Revision den Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahmen zu den am 81. und 83. Verhandlungstag erhobenen Gegenvorstellungen der Verteidigung nicht mitteilt (RB S. 67, 75). Wegen des Zusammenhangs mit dem genannten Ermittlungsverfahren kann relevanter Vortrag der Staatsanwaltschaft zum Beschwerdevorbringen naheliegen.
11
bb) Für den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gilt Folgendes: Die Strafkammer hat sich aufgrund der Geständnisse der Mitangeklagten A. J. und G. sowie weiterer Beweismittel ohne Rechtsfehler vom Stattfinden des „alten Deals“ überzeugt. Das Gleichegilt mit Rücksicht auf Erkenntnisse aus dem E-Mail-Verkehr und der Telekommunikationsüberwachung hinsichtlich der maßgebenden Beteiligung des Angeklagten an diesem abermals außerordentlich umfangreichen Kokainhandel. Es bestanden , worauf die Strafkammer vielfach hingewiesen hat – mangels Revisionsvortrags zum Inhalt von deren Stellungnahmen (oben aa) durch die Staatsanwaltschaft naheliegend zumindest unwidersprochen –, keinerlei Anhaltspunkte dafür , dass sich bei den gegen weitere Beschuldigte geführten Ermittlungen der Täterschaft des Angeklagten widerstreitende Anzeichen ergeben haben könnten. Unter solchen Vorzeichen stellt es keine Verletzung des Fairnessgebots dar, dass die Strafkammer dem ab dem 79. Verhandlungstag verfolgten Begehren der Verteidigung nach Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhand- lung nicht entsprochen hat, weil die Erteilung der Akteneinsicht wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks durch die Staatsanwaltschaft ermessensfehlerfrei versagt worden und der Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht abzusehen war.
Schneider Dölp König
Berger Bellay

(1) Der Richter beim Amtsgericht kann einen Schöffen auf dessen Antrag wegen eingetretener Hinderungsgründe von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen entbinden. Ein Hinderungsgrund liegt vor, wenn der Schöffe an der Dienstleistung durch unabwendbare Umstände gehindert ist oder wenn ihm die Dienstleistung nicht zugemutet werden kann.

(2) Für die Heranziehung von Ersatzschöffen steht es der Verhinderung eines Schöffen gleich, wenn der Schöffe nicht erreichbar ist. Ein Schöffe, der sich zur Sitzung nicht einfindet und dessen Erscheinen ohne erhebliche Verzögerung ihres Beginns voraussichtlich nicht herbeigeführt werden kann, gilt als nicht erreichbar. Ein Ersatzschöffe ist auch dann als nicht erreichbar anzusehen, wenn seine Heranziehung eine Vertagung der Verhandlung oder eine erhebliche Verzögerung ihres Beginns notwendig machen würde. Die Entscheidung darüber, daß ein Schöffe nicht erreichbar ist, trifft der Richter beim Amtsgericht. § 56 bleibt unberührt.

(3) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Der Antrag nach Absatz 1 und die Entscheidung sind aktenkundig zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR276/15
vom
5. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. August 2015 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Oktober 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, jeweils bezogen auf Betäubungsmittel in nicht geringer Menge, wegen bandenmäßiger Einfuhr in Tateinheit mit bandenmäßigem Handeltreiben zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Wertersatzverfall in Höhe von 100.000 € angeordnet. Die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 5 StR 582/14 Rn. 2 mwN). Die Schuldspruchänderung lässt den Unrechtsgehalt der Tat unberührt, weswegen der Strafausspruch bestehen bleibt.
3
2. Die Einzelbeanstandungen des Beschwerdeführers bleiben entsprechend der Zuschrift des Generalbundesanwalts erfolglos. Insoweit merkt der Senat ergänzend Folgendes an:
4
a) Die zulässig erhobene Rüge vorschriftswidriger Besetzung der Strafkammer (§ 338 Nr. 1 StPO i.V.m. § 54 Abs. 1, 3 Satz 2 GVG) greift nicht durch. Ihr liegt zugrunde, dass der Vorsitzende einen an sich zur Mitwirkung an der am 19. Juli 2013 beginnenden Hauptverhandlung berufenen Hauptschöffen wegen eines Urlaubs außerhalb Hamburgs vom 17. bis 31. Juli 2013 von der Dienstleistung nach § 54 Abs. 1 GVG entbunden hat.
5
aa) Im Blick auf § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, BGHSt 59, 75, 79 f. Rn. 25). Der Senat hat bereits entschieden, dass bei einer Entbindung wegen Urlaubs Willkür in aller Regel fernliegt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Januar 1982 – 5 StR 426/81). Zwar können etwa bei Anhaltspunkten, dass sich der Schöffe der Teilnahme an der Verhandlung mutwillig zu entziehen versucht, Nachfragen des Vorsitzenden notwendig werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, NJW 1977, 443; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 54 GVG Rn. 6). Dafür war vorliegend jedoch nichts ersichtlich, zumal der angezeigte Urlaub innerhalb der Hamburger Schulferien lag. Die durch den Beschwerdeführer insoweit erhobenen Einwände erschöpfen sich in bloßen Mutmaßungen. Der Vorsitzende überschritt sein pflichtgemäßes Ermessen deshalb nicht dadurch, dass er den Hinderungsgrund ohne weitere Prüfung zugrunde legte (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, aaO mwN). Eine dreimalige Unterbrechung des zweiwöchigen Urlaubs zwecks Anreise zu den in den Urlaub fallenden Terminen war dem Schöffen nicht zumutbar.
6
bb) Die stichwortartige, den Hinderungsgrund aber zutreffend beschreibende Dokumentation genügte dem Erfordernis des § 54 Abs. 3 Satz 2 GVG. Der Beschwerdeführer beruft sich für seinen gegenteiligen Standpunkt auf das Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2015 (2 StR 76/14, NStZ 2015, 350, 351 f.). Jedoch betrifft die genannte Entscheidung mit der Verhinderung aus beruflichen Gründen einen anderen Sachverhalt , an den strengere Maßstäbe angelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 – 3 StR 363/76, aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO). Der Senat kann deshalb dahingestellt lassen, ob er den dort angestellten Erwägungen in vollem Umfang beitreten könnte.
7
b) Die Beweisantragsrügen betreffend die Überwachung der Telefonanschlüsse des Angeklagten (Vernehmung der damit befassten Polizeibeamten , Inaugenscheinnahme aller überwachten Gespräche) wären mangels Beruhens des Urteils auf dem geltend gemachten Mangel (§ 337 Abs. 1 StPO) auch unbegründet. Das angefochtene Urteil legt in Einklang mit dem durch die Anträge verfolgten Beweisziel zugrunde, dass der Angeklagte über diese Anschlüsse keine Unterredungen geführt hat, aus denen sich Hinweise auf das ihm vorgeworfene deliktische Verhalten ergeben (vgl. UA S. 10, 63 f.).
8
c) Aus den vom Generalbundesanwalt angeführten Gründen versagen ferner die Beanstandung unzureichender Würdigung der Einlassungen namentlich der Mitangeklagten A. und E. J. und G. sowie die den Verlauf des abgetrennten Verfahrens gegen den Mitangeklagten E. J. betreffende Verfahrensrüge. Die überaus sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts zeigt hinsichtlich des Tatablaufs und der Organisation der Bande eine Fülle von objektiven Beweisen auf, die an der Richtigkeit dieser Aussagen keinen Zweifel lassen. Was die Rolle gerade des Angeklagten angeht, wird in der Zuschrift des Generalbundesanwalts zutreffend darauf hingewiesen, dass keiner der genannten Mitangeklagten den Angeklagten belastet hat. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall (UA S. 56 ff.). Dass die Mitangeklagten G. und E. J. immer wieder mit Kokain gefüllte Riemenscheiben aus dem auf dem Betriebsgelände des Angeklagten gelagerten „Vorrat“ von insgesamt knapp einer Tonne Kokain abgeholt haben, entspricht der – lediglich das Wissen um den Inhalt der Riemenscheiben bestreitenden und insofern rechtsfehlerfrei anhand von Indizien außerhalb der Aussagen der Mitangeklagten widerlegten – Einlassung des Angeklagten (UA S. 13). Danach bedurfte es keiner weiteren beweiswürdigenden Ausführungen, wie sie von der Rechtsprechung für Konstellationen verlangt werden, in denen die Verurteilung auf belastende Angaben von (vormaligen) Mitangeklagten nach einer Verständigung gestützt wird (hierzu LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 73 mwN).
9
d) Auch zur Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren 6052 Js 6/14 gehen die Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Stellungnahme des Generalbundesanwalts fehl.
10
aa) Die Verteidigung konnte nicht mit Bescheidung des Akteneinsichtsantrags ganz oder nahezu zeitgleich mit dem Wegfall der Hinderungsgründe (§ 147 Abs. 2 StPO) rechnen. In Anbetracht dessen war sie entgegen ihrer Ansicht der Notwendigkeit eines entsprechenden Revisionsvorbringens nicht enthoben. Es wären vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist in Form von Nach- fragen bei der Staatsanwaltschaft weitere Bemühungen um die Erlangung der Akteneinsicht erforderlich und gegenüber dem Revisionsgericht darzutun gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 – 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 328). Die Rüge ist ferner deshalb nicht zulässig gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben, weil die Revision den Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahmen zu den am 81. und 83. Verhandlungstag erhobenen Gegenvorstellungen der Verteidigung nicht mitteilt (RB S. 67, 75). Wegen des Zusammenhangs mit dem genannten Ermittlungsverfahren kann relevanter Vortrag der Staatsanwaltschaft zum Beschwerdevorbringen naheliegen.
11
bb) Für den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gilt Folgendes: Die Strafkammer hat sich aufgrund der Geständnisse der Mitangeklagten A. J. und G. sowie weiterer Beweismittel ohne Rechtsfehler vom Stattfinden des „alten Deals“ überzeugt. Das Gleichegilt mit Rücksicht auf Erkenntnisse aus dem E-Mail-Verkehr und der Telekommunikationsüberwachung hinsichtlich der maßgebenden Beteiligung des Angeklagten an diesem abermals außerordentlich umfangreichen Kokainhandel. Es bestanden , worauf die Strafkammer vielfach hingewiesen hat – mangels Revisionsvortrags zum Inhalt von deren Stellungnahmen (oben aa) durch die Staatsanwaltschaft naheliegend zumindest unwidersprochen –, keinerlei Anhaltspunkte dafür , dass sich bei den gegen weitere Beschuldigte geführten Ermittlungen der Täterschaft des Angeklagten widerstreitende Anzeichen ergeben haben könnten. Unter solchen Vorzeichen stellt es keine Verletzung des Fairnessgebots dar, dass die Strafkammer dem ab dem 79. Verhandlungstag verfolgten Begehren der Verteidigung nach Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhand- lung nicht entsprochen hat, weil die Erteilung der Akteneinsicht wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks durch die Staatsanwaltschaft ermessensfehlerfrei versagt worden und der Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht abzusehen war.
Schneider Dölp König
Berger Bellay

(1) Der Richter beim Amtsgericht kann einen Schöffen auf dessen Antrag wegen eingetretener Hinderungsgründe von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen entbinden. Ein Hinderungsgrund liegt vor, wenn der Schöffe an der Dienstleistung durch unabwendbare Umstände gehindert ist oder wenn ihm die Dienstleistung nicht zugemutet werden kann.

(2) Für die Heranziehung von Ersatzschöffen steht es der Verhinderung eines Schöffen gleich, wenn der Schöffe nicht erreichbar ist. Ein Schöffe, der sich zur Sitzung nicht einfindet und dessen Erscheinen ohne erhebliche Verzögerung ihres Beginns voraussichtlich nicht herbeigeführt werden kann, gilt als nicht erreichbar. Ein Ersatzschöffe ist auch dann als nicht erreichbar anzusehen, wenn seine Heranziehung eine Vertagung der Verhandlung oder eine erhebliche Verzögerung ihres Beginns notwendig machen würde. Die Entscheidung darüber, daß ein Schöffe nicht erreichbar ist, trifft der Richter beim Amtsgericht. § 56 bleibt unberührt.

(3) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Der Antrag nach Absatz 1 und die Entscheidung sind aktenkundig zu machen.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 342/15
vom
14. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
ECLI:DE:BGH:2016:141216U2STR342.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Dezember 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 31. März 2015 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. K. wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die auf Verfahrensbeanstandungen und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Rechtsmittel hat jedoch mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen gründete der Angeklagte entsprechend eines gemeinsam mit seinem inzwischen verstorbenen Vater K. K. gefassten Tatplan verschiedene Firmen, um Versicherungsnehmer und Bausparer durch entsprechend geschulte gutgläubige Vertriebsmitarbeiter dazu zu veranlassen , ihre Kapitallebensversicherungen, Rentenversicherungen oder Bau- sparverträge zu kündigen und mit den freigewordenen Geldern eine „Vermögensanlage /Versicherung“ bei einer der Firmen des Angeklagten zu erwerben. Den als Kunden akquirierten Versicherungsnehmern und Bausparern wurde dabei wahrheitswidrig vorgespiegelt, dass die eingezahlten Gelder vollständig in hochpreisige Immobilien investiert und ihnen der vereinnahmte Rückkaufswert einschließlich einer durch diese Immobiliengeschäfte erwirtschafteten hohen Rendite nach Ende einer vertraglich vereinbarten Laufzeit zurückgezahlt würde. Im Vertrauen auf diese Angaben erwarben im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von März 2009 bis Ende 2010 insgesamt zehn Personen Vermögensanlagen. Der Angeklagte, der für Finanzen und Zahlungsflüsse zuständig war, Kontovollmacht besaß, die Verträge zeichnete und in alle wesentlichen Geschäftsentscheidungen eingebunden war, vereinnahmte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit seinem mittlerweile verstorbenen Vater K. K. und den nicht revidierenden Mitangeklagten mit Hilfe dieses provisionsbasierten Vertriebssystems Kundengelder in Höhe von insgesamt mehr als 600.000 Euro, die er vorgefasster Absicht gemäß im Wesentlichen zur Deckung der Vertriebskosten des Firmengeflechts, insbesondere zur Ausschüttung zugesagter Provisionen und Gehälter, zur Finanzierung des Call-Centers sowie sonstiger Geschäftskosten, für den eigenen Lebensbedarf sowie zur Auszahlung und Ruhigstellung anderer Kunden verwendete. Investitionen in Immobilien erfolgten tatplangemäß lediglich in geringem Umfang und dienten dazu, Kunden und Vertriebsmitarbeiter über die tatsächliche Verwendung der vereinnahmten Gelder zu täuschen.
4
Das Landgericht hat die Taten zum Nachteil der Geschädigten als uneigentliches Organisationsdelikt zusammengefasst und den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

II.

5
Die Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge einer Verletzung des § 338 Nr. 1 StPO Erfolg.
6
1. Dieser Rüge liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
7
a) Mit Verfügung vom 5. Februar 2015 bestimmte der Vorsitzende Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 5. März 2015 mit Fortsetzung am 10., 16., 19., 25. sowie am 26. März 2015. Der aufgrund der Schöffenliste für den 5. März 2015 zur Mitwirkung berufene Hauptschöffe S. teilte der Schöffengeschäftsstelle am 10. Februar 2015 mit, dass er „ab dem 25. März 2015 (Urlaub in den Niederlanden) verhindert“ sei. Auf fernmündliche Bitte der Mitarbeiterin der Schöffengeschäftsstelle, eine Buchungsbestätigung vorzulegen, teilte der Schöffe mit, dass er „sich im eigenen Ferienhaus“ aufhalte , „welches für die kommende Saison hergerichtet werden“ müsse. Daraufhin entband der Vorsitzende den Hauptschöffen vom Schöffendienst und veranlasste die Ladung der Hilfsschöffin Sa. , die an der Hauptverhandlung teilnahm.
8
b) Eine Mitteilung der Gerichtsbesetzung gemäß § 222a StPO erfolgte bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht. Am ersten Hauptverhandlungstag stellte der Angeklagte nach erfolgter Belehrung gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO den Antrag, die Hauptverhandlung gemäß § 222a Abs. 2 StPO für die Dauer von einer Woche zu unterbrechen, um der Verteidigung Gelegenheit zur Prüfung der Gerichtsbesetzung und zur Einsichtnahme in die entsprechenden Unterlagen zu geben. Nach Beratung wies die Strafkammer den Unterbrechungsantrag mit der Begründung zurück, sie sei ordnungsgemäß besetzt, die Hauptschöffen seien wegen Ortsabwesenheit verhindert, weswegen nach Anzeige ihrer Verhinderung die rangnächsten und in der Sitzung anwesenden Hilfsschöffen geladen worden seien.
9
c) Die Revision rügt, dass die Strafkammer in der Person der Hilfsschöffin Sa. nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weil die Entbindungsentscheidung des Vorsitzenden hinsichtlich des Hauptschöffen S. auf unzureichender Tatsachengrundlage erfolgt und dadurch das grundrechtsgleiche Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter verletzt worden sei.
10
d) Im Hinblick auf diese Verfahrensrüge hielt der Vorsitzende am 27. Juli 2015 in einem Aktenvermerk fest, dass sich der Schöffe S. in der Zeit vom 20. bis zum 28. März 2015 rund 350 km entfernt in Z. (V. ) aufgehalten habe; die Urlaubsreise vor Ferienbeginn habe der „Herrichtung“ des Ferienhauses gedient, das ab dem 28. März 2015 an Gäste habe vermietet werden solle. Außerdem habe am 21. März 2015 die jährliche Eigentümerversammlung in der Ferienanlage stattgefunden.
11
2. Die auch im Sinne von § 338 Nr. 1 Buchst. c StPO zulässige Verfahrensrüge hat Erfolg. Das erkennende Gericht war in der Person der Hilfsschöffin Sa. vorschriftswidrig besetzt (§ 338 Nr. 1 StPO). Die Entbindung des Hauptschöffen S. auf der Grundlage eines unzureichend ermittelten Sachverhalts deutet auf eine grundsätzliche Verkennung des grundrechtsgleichen Rechts des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) hin und erweist sich deshalb als unvertretbar.
12
a) Die auf der Grundlage des § 77 Abs. 1 GVG in Verbindung mit § 54 Abs. 1 GVG erfolgte Entscheidung über die Entbindung des Hauptschöffen S. ist angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO vom Revisionsgericht nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur darauf hin zu überprüfen, ob sie sich unter Berücksichtigung des Grundgedankens des § 54 GVG als unvertretbar und damit als objektiv willkürlich erweist (BGH, Beschluss vom 5. August 2015 - 5 StR 276/15, NStZ 2015, 714; Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, BGHSt 59, 75; Senat, Urteil vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5). Willkür in diesem Sinne liegt freilich nicht erst bei einer bewussten Fehlentscheidung, sondern bereits dann vor, wenn die mit der Entbindung des Schöffen verbundene Bestimmung des gesetzlichen Richters grob fehlerhaft ist (Senat, aaO, BGHSt 31, 3, 5) und sich so weit vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt , dass sie nicht mehr gerechtfertigt werden kann (BVerfGE 23, 288, 320; Senat, Urteil vom 27. Oktober 1972 - 2 StR 105/70, BGHSt 25, 66, 71; KKStPO /Gericke, 7. Aufl., § 338 Rn. 19).
13
b) Ob ein Schöffe auf seinen Antrag hin von der Dienstleistung entbunden werden kann, weil die Dienstleistung unzumutbar ist (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG), kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden.
14
aa) Zur Wahrung des Rechts des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Bedeutung und Gewicht des Schöffenamts verlangen, dass der Schöffe berufliche und private Interessen zurückstellt, wenn und soweit ihm dies möglich und zumutbar ist (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1976 - 3 StR 363/76, NJW 1977, 443).
15
Insoweit bestehen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs „bedeutsame Unterschiede zwischen beruflichen Abhaltungsgründen und einem beabsichtigten Urlaub“ des Schöffen (BGH, aaO, Rn. 5).Berufliche Hinderungsgründe sind in aller Regel nicht geeignet, eine Verhinderung des Schöffen von der Dienstleistung zu begründen, weil dieser sich in der Wahrnehmung seiner beruflichen Aufgaben häufig wird vertreten lassen können und es sich in der Regel um eher „verhältnismäßig kurzfristige“ Verhinderungen handelt, denen durch die Möglichkeit einer Unterbrechung der Hauptverhandlung (§ 229 StPO) angemessen Rechnung getragen werden kann (BGH, aaO). Beide Möglichkeiten bestehen im Falle der Verhinderung infolge Urlaubs nicht oder jedenfalls nur selten (BGH, aaO). Aus diesen Gründen rechtfertigen berufliche Gründe nur ausnahmsweise die Annahme, dass dem Schöffen die Dienstleistung nicht zumutbar ist, während ein Urlaub in der Regel die Unzumutbarkeit der Schöffendienstleistung begründet.
16
bb) Über die Anerkennung der Unzumutbarkeit der Schöffendienstleistung aus beruflichen Gründen oder wegen Urlaubs hat der zur Entscheidung berufene Richter unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Schöffen, des Verfahrensstands und der voraussichtlichen Dauer des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Senat, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 76/14, NStZ 2015, 350; BGH, Beschluss vom 21. Juni 1978 - 3 StR 81/78, BGHSt 28, 61, 66).
17
cc) Zu Erkundigungen hinsichtlich des angegebenen Hinderungsgrundes ist der Vorsitzende nicht verpflichtet, wenn er die Angaben des Schöffen für glaubhaft hält (BGH, Urteil vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476).
18
dd) Die vom Vorsitzenden zu treffende Ermessensentscheidung ist aktenkundig zu machen (§ 54 Abs. 3 Satz 2 GVG). Dabei sind - zumindest in gedrängter Form - diejenigen Umstände zu dokumentieren, welche die Annahme der Unzumutbarkeit der Schöffendienstleistung tragen. Nur durch eine ausreichende Dokumentation der tragenden Erwägungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Entbindung ist dem Rechtsmittelgericht in Fällen, in denen die Unzumutbarkeit der Schöffendienstleistung nicht auf der Hand liegt, eine Überprüfung der Ermessenentscheidung am Maßstab der Willkür möglich.
19
c) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Vorsitzenden, deren Erwägungen nicht aktenkundig gemacht worden sind, nicht nachvollziehbar. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Entscheidung auf einer zureichenden Tatsachengrundlage erfolgt ist. Dies deutet auf eine Verkennung des grundrechtsgleichen Rechts des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter hin.
20
aa) Auf der Grundlage der Mitteilung des Schöffen S. , dass er sich ab dem 25. März 2015 in Urlaub in den Niederlanden in seinem eigenen Ferienhaus befinde, welches für die kommende Urlaubssaison „hergerichtet“ werden müsse, sah der Vorsitzende die Dienstleistung als für den Schöffen unzumutbar an. Dabei blieb - ausweislich des insoweit maßgeblichen Akteninhalts zum Zeitpunkt der Antragstellung des Schöffen bzw. zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Besetzungseinwands, der einer späteren Ergänzung nach erhobener Besetzungsrüge durch eine dienstliche Erklärung des Vorsitzenden nicht mehr zugänglich ist (vgl. für die insoweit vergleichbare Rechtslage bei Ergänzung des Präsidiumsbeschlusses BGH, Urteil vom 9. April 2009 - 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 276 f.) - bereits die Dauer der Ortsabwesenheit des Schöffen unklar.
21
bb) Der auf Nachfrage der Mitarbeiterin der Schöffengeschäftsstelle erfolgende fernmündliche Hinweis des Schöffen, er werde sein Ferienhaus in den Niederlanden für die kommende Saison instand setzen, hätte den Vorsitzenden zu einer näheren Prüfung der Frage drängen müssen, ob dem Schöffen eine kurzfristige Unterbrechung des Urlaubs, eine Verschiebung der Reise oder eine Delegation der Instandsetzungsarbeiten an seinem Ferienhaus an eine andere Person zuzumuten war.
22
Vor dem Hintergrund des unzureichend aufgeklärten Lebenssachverhalts erschließt sich - in Ermangelung einer insoweit gänzlich fehlenden Dokumentation der Ermessenserwägungen des Vorsitzenden - nicht, ob dieser überhaupt, wie von Gesetzes wegen geboten, geprüft hat, ob dem Schöffen eine Verschiebung der ersichtlich „nicht nur Erholungszwecken“ dienenden Urlaubsreise bis zum Ende der für den 26. März 2015 vorgesehenen Hauptverhandlung oder eine Unterbrechung seines Urlaubs zuzumuten war, oder der kurzen Abwesenheit des Schöffen ab dem fünften von insgesamt sechs Hauptverhandlungstagen auf andere Weise, etwa durch eine Unterbrechung der Hauptverhandlung (§ 229 StPO) hätte Rechnung getragen werden können. Dass und aus welchen Gründen eine solche Verschiebung der Hauptverhandlungstermine von vornherein ausscheiden sollte, versteht sich vorliegend auch unter Berücksichtigung des weiten Terminierungsermessens des Vorsitzenden nicht von selbst. Ausweislich der Ladungsverfügung des Vorsitzenden waren Zeugen bis zum 16. März 2015 geladen. Eine Verlegung der Fortsetzungstermine, die hier - wie nicht selten in komplexen, in ihrer Entwicklung nur schwer prognostizierbaren Hauptverhandlungen - als „Reserve“ erfolgt sein konnten, erscheint nach Aktenlage jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
23
Die Entbindung des Schöffen vom der Dienstleistung auf dieser ersichtlich unzureichenden Tatsachengrundlage erscheint nicht mehr verständlich und deutet - auch eingedenk der Belastungen des Vorsitzenden bei der Vorbereitung umfangreicher Hauptverhandlungen mit zahlreichen Verfahrensbeteiligten (vgl. Arnoldi, NStZ 2015, 714) - auf eine grundsätzlich unrichtige Anschauung vom Schutzbereich des Grundrechts des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hin.
24
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
VRiBGH Prof. Dr. Fischer Eschelbach Zeng ist krankheitsbedingt an der Unterschrift gehindert. Eschelbach Bartel Grube

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 48/01
vom
14. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwaltes, zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, am
14. März 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 22. September 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 3. der Urteilsgründe wegen versuchten Diebstahls verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Einziehung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt sowie einen Pkw Porsche 993 und 113.000 DM Bargeld eingezogen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1. Soweit sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen seine Verurteilung wegen zweifachen vollendeten Diebstahls (Fälle II. 1. und 2. der Urteilsgründe) wendet, ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2. Jedoch hält seine Verurteilung wegen versuchten Diebstahls im Fall II. 3. der Urteilsgründe materiell-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte den Juwelier S. in dessen Geschäftsräumen auf, um diesem wertvollen Schmuck und Uhren zu entwenden. Sein Plan ging in erster Linie dahin, den Juwelier dazu zu bewegen , die Geschäftsräume unter der Mitnahme von Schmuck zu verlassen, um den Diebstahl dann außerhalb des Juweliergeschäfts ausführen zu können (UA S. 31). Als er merkte, daß der Juwelier seinem Vorschlag wenig Sympathie entgegenbrachte, war der Angeklagte fest entschlossen, jede sich bietende Gelegenheit und insbesondere jede Unachtsamkeit des Juweliers dazu auszunutzen , Uhren und Schmuck bereits in den Verkaufsräumen zu entwenden (UA S. 17). Hierzu kam es aufgrund der Aufmerksamkeit des Juweliers jedoch nicht. Der Angeklagte verließ daher die Geschäftsräume und wurde dabei von der zuvor verständigten Polizei festgenommen.
b) Es bestehen bereits Bedenken, ob sich das Landgericht rechtsfehlerfrei von dem Entschluß des Angeklagten überzeugt hat, bei sich bietender Gelegenheit den Diebstahl bereits in den Geschäftsräumen des Juweliers zu begehen , oder ob es sich insoweit nicht lediglich um eine Vermutung ohne hinreichende tatsächliche Grundlage im Beweisergebnis handelt. Denn das vom Landgericht insoweit für die Überzeugungsbildung maßgeblich herangezogene Argument, der in Trickdiebstählen erfahrene Angeklagte habe bei den vorangehenden Taten bewiesen, daß er problemlos aus dem Stand heraus handeln
kann und jederzeit in der Lage ist sich umzuorientieren, findet in den Feststellungen zu den weiteren abgeurteilten Taten keine hinreichende Stütze. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung. Auch auf Grundlage der vom Landgericht zum Tatentschluß des Angeklagten gewonnenen Überzeugung belegen die bisherigen Feststellungen nicht, daß sich der Angeklagte des versuchten Diebstahls schuldig gemacht hätte. Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Dazu ist es nicht erforderlich, daß der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, daß er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 26, 201, 202 ff.; 28, 162, 163; BGH NStZ 1993, 398; 1996, 38; 1999, 395, 396). Nach diesen Maßstäben ist nicht erkennbar, daß der Angeklagte, der den Diebstahl in erster Linie außerhalb der Geschäftsräume des Juweliers ausführen wollte, nach seiner Vorstellung von der Tat bereits unmittelbar zur Verwirklichung des Diebstahls innerhalb der Geschäftsräume angesetzt hätte. Denn das Landgericht hat keine Handlungen des Angeklagten festgestellt, die nach seinem Tatplan in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandsver-
wirklichung führen sollten, ohne daß es einer weiteren Entschlußfassung bedurft hätte. Der Angeklagte hatte noch nicht den unbedingten Entschluß gefaßt, Schmuck und Uhren aus den Geschäftsräumen des Juweliers zu entwenden. Vielmehr machte er die Tatausführung davon abhängig, daß sich eine entsprechende Gelegenheit bot. Was er sich hierunter im einzelnen vorstellte, teilt das Urteil zwar nicht mit. Ihm läßt sich aber entnehmen, daß der Angeklagte auf den Eintritt einer Situation hoffte, in welcher ihm durch das Verhalten des Juweliers der Zugriff auf geeignete Beutestücke ermöglicht wurde. Der Beginn der Tatausführung setzte damit nach dem Tatplan voraus, daß sich während des Aufenthalts des Angeklagten in den Geschäftsräumen Umstände ergaben, die der Angeklagte als günstig für die geplante Wegnahmehandlung beurteilte. Daß eine derartige Situation entstand und der Angeklagte subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten hätte, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Es ist nicht einmal festgestellt, daß der Juwelier dem Angeklagten Schmuckstücke zur Ansicht vorgelegt und diesem damit überhaupt einen Zugriff ermöglicht hätte. Danach können allein der Aufenthalt des Angeklagten in den Geschäftsräumen und das Führen von Verkaufsverhandlungen mit dem Juwelier noch nicht als unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl gewertet werden, denn sie sollten nicht unmittelbar in die Wegnahmehandlung münden. Vielmehr bedurfte es hierfür noch eines weiteren Willensentschlusses des Angeklagten nach Eintritt einer ihm für die Tatausführung geeignet erscheinenden Situation (vgl. BGH NStZ 1993, 398; 1996, 38). Insoweit unterscheidet sich vorliegender Sachverhalt von der Fallgestaltung, die dem Urteil des 4. Strafsenats vom 6. Oktober 1977 - 4 StR 404/77 - zugrunde lag. Dort war der Täter bereits bei Betreten des Schmuckgeschäfts ohne innere Vorbehalte ent-
schlossen, sich unter Vorspiegelung von Kaufinteresse Schmuck vorlegen zu lassen und diesen sodann zu entweden.
c) Die Verurteilung wegen versuchten Diebstahls kann daher keinen Bestand haben. Dies führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Auch die Einziehungsanordnung muß aufgehoben werden, da nach den Feststellungen sowohl der Pkw Porsche, als auch die 113.000 DM Bargeld nur im Fall II. 3. der Urteilsgründe als Tatmittel Verwendung finden sollten. Kutzer Miebach Winkler von Lienen Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 48/01
vom
14. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwaltes, zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, am
14. März 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 22. September 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 3. der Urteilsgründe wegen versuchten Diebstahls verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Einziehung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt sowie einen Pkw Porsche 993 und 113.000 DM Bargeld eingezogen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1. Soweit sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen seine Verurteilung wegen zweifachen vollendeten Diebstahls (Fälle II. 1. und 2. der Urteilsgründe) wendet, ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2. Jedoch hält seine Verurteilung wegen versuchten Diebstahls im Fall II. 3. der Urteilsgründe materiell-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte den Juwelier S. in dessen Geschäftsräumen auf, um diesem wertvollen Schmuck und Uhren zu entwenden. Sein Plan ging in erster Linie dahin, den Juwelier dazu zu bewegen , die Geschäftsräume unter der Mitnahme von Schmuck zu verlassen, um den Diebstahl dann außerhalb des Juweliergeschäfts ausführen zu können (UA S. 31). Als er merkte, daß der Juwelier seinem Vorschlag wenig Sympathie entgegenbrachte, war der Angeklagte fest entschlossen, jede sich bietende Gelegenheit und insbesondere jede Unachtsamkeit des Juweliers dazu auszunutzen , Uhren und Schmuck bereits in den Verkaufsräumen zu entwenden (UA S. 17). Hierzu kam es aufgrund der Aufmerksamkeit des Juweliers jedoch nicht. Der Angeklagte verließ daher die Geschäftsräume und wurde dabei von der zuvor verständigten Polizei festgenommen.
b) Es bestehen bereits Bedenken, ob sich das Landgericht rechtsfehlerfrei von dem Entschluß des Angeklagten überzeugt hat, bei sich bietender Gelegenheit den Diebstahl bereits in den Geschäftsräumen des Juweliers zu begehen , oder ob es sich insoweit nicht lediglich um eine Vermutung ohne hinreichende tatsächliche Grundlage im Beweisergebnis handelt. Denn das vom Landgericht insoweit für die Überzeugungsbildung maßgeblich herangezogene Argument, der in Trickdiebstählen erfahrene Angeklagte habe bei den vorangehenden Taten bewiesen, daß er problemlos aus dem Stand heraus handeln
kann und jederzeit in der Lage ist sich umzuorientieren, findet in den Feststellungen zu den weiteren abgeurteilten Taten keine hinreichende Stütze. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung. Auch auf Grundlage der vom Landgericht zum Tatentschluß des Angeklagten gewonnenen Überzeugung belegen die bisherigen Feststellungen nicht, daß sich der Angeklagte des versuchten Diebstahls schuldig gemacht hätte. Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Dazu ist es nicht erforderlich, daß der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, daß er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 26, 201, 202 ff.; 28, 162, 163; BGH NStZ 1993, 398; 1996, 38; 1999, 395, 396). Nach diesen Maßstäben ist nicht erkennbar, daß der Angeklagte, der den Diebstahl in erster Linie außerhalb der Geschäftsräume des Juweliers ausführen wollte, nach seiner Vorstellung von der Tat bereits unmittelbar zur Verwirklichung des Diebstahls innerhalb der Geschäftsräume angesetzt hätte. Denn das Landgericht hat keine Handlungen des Angeklagten festgestellt, die nach seinem Tatplan in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandsver-
wirklichung führen sollten, ohne daß es einer weiteren Entschlußfassung bedurft hätte. Der Angeklagte hatte noch nicht den unbedingten Entschluß gefaßt, Schmuck und Uhren aus den Geschäftsräumen des Juweliers zu entwenden. Vielmehr machte er die Tatausführung davon abhängig, daß sich eine entsprechende Gelegenheit bot. Was er sich hierunter im einzelnen vorstellte, teilt das Urteil zwar nicht mit. Ihm läßt sich aber entnehmen, daß der Angeklagte auf den Eintritt einer Situation hoffte, in welcher ihm durch das Verhalten des Juweliers der Zugriff auf geeignete Beutestücke ermöglicht wurde. Der Beginn der Tatausführung setzte damit nach dem Tatplan voraus, daß sich während des Aufenthalts des Angeklagten in den Geschäftsräumen Umstände ergaben, die der Angeklagte als günstig für die geplante Wegnahmehandlung beurteilte. Daß eine derartige Situation entstand und der Angeklagte subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten hätte, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Es ist nicht einmal festgestellt, daß der Juwelier dem Angeklagten Schmuckstücke zur Ansicht vorgelegt und diesem damit überhaupt einen Zugriff ermöglicht hätte. Danach können allein der Aufenthalt des Angeklagten in den Geschäftsräumen und das Führen von Verkaufsverhandlungen mit dem Juwelier noch nicht als unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl gewertet werden, denn sie sollten nicht unmittelbar in die Wegnahmehandlung münden. Vielmehr bedurfte es hierfür noch eines weiteren Willensentschlusses des Angeklagten nach Eintritt einer ihm für die Tatausführung geeignet erscheinenden Situation (vgl. BGH NStZ 1993, 398; 1996, 38). Insoweit unterscheidet sich vorliegender Sachverhalt von der Fallgestaltung, die dem Urteil des 4. Strafsenats vom 6. Oktober 1977 - 4 StR 404/77 - zugrunde lag. Dort war der Täter bereits bei Betreten des Schmuckgeschäfts ohne innere Vorbehalte ent-
schlossen, sich unter Vorspiegelung von Kaufinteresse Schmuck vorlegen zu lassen und diesen sodann zu entweden.
c) Die Verurteilung wegen versuchten Diebstahls kann daher keinen Bestand haben. Dies führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Auch die Einziehungsanordnung muß aufgehoben werden, da nach den Feststellungen sowohl der Pkw Porsche, als auch die 113.000 DM Bargeld nur im Fall II. 3. der Urteilsgründe als Tatmittel Verwendung finden sollten. Kutzer Miebach Winkler von Lienen Becker

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,
2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder,
3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.

(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 470/11
vom
16. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
16. Februar 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 6. September 2011, soweit es sie betrifft, aufgehoben - im gesamten Strafausspruch, - im Ausspruch über die Einziehung; die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, in zwei dieser Fälle in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Ihren zum Transport der Drogen benutzten Pkw hat es eingezogen; weiter hat es zu ihren Lasten eine Verfallsentscheidung getroffen. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung.
3
1. Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Pkws der Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 3 StR 189/04, NStZ 2005, 232). Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 27. September 2011 - 3 StR 296/11, NStZ-RR 2011, 370; vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; vom 20. September 1988 - 5 StR 418/88, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 16; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).
4
Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Pkw hat es offen gelassen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von der Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
5
2. Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).
6
3. Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Pkw zu treffen haben.
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 3 7 / 1 4
vom
27. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. Mai
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 24. September 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist - der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, - der Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen, - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, - des Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit Erwerb und mit Besitz von Munition;
b) im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Kraftfahrzeugs Passat Kombi aufgehoben; die zugehörigen bisherigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten;
c) in der Liste der angewendeten Vorschriften um § 26 StGB ergänzt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Serie von Betäubungsmittelstraftaten und eines Waffendelikts unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer vorangegangenen Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt, eine Schusswaffe nebst Munition , diverse Betäubungsmittel sowie ein Kraftfahrzeug Passat Kombi eingezogen und einen Geldbetrag für verfallen erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge und sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.
2
1. In den Fällen II. Tat 4 und Tat 7 der Urteilsgründe hält die Annahme täterschaftlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Der Tatbestand der Einfuhr erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport des Betäubungsmittels über die Grenze. Mittäter einer Einfuhr im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB kann ein Beteiligter deshalb auch dann sein, wenn das Rauschgift von einer anderen Person in das Inland verbracht wird. Voraussetzung dafür ist nach den auch hier geltenden Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts aber ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen der anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheinen lässt (BGH, Beschlüsse vom 1. September 2004 - 2 StR 353/04, NStZ 2005, 229; vom 14. Dezember1988 - 4 StR 565/88, StV 1990, 264). Ob dies gegeben ist, hat der Tatrichter auf der Grundlage einer umfassenden wertenden Betrachtung festzustellen; von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst (Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 907 mwN). Keine ausschlaggebende Bedeutung kann dabei indes dem Interesse eines mit der zu beschaffenden Betäubungsmittelmenge Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs zukommen; in einem solchen Falle gewinnt insbesondere die Tatherrschaft bei der Einfuhr oder der Wille hierzu an Gewicht (Weber aaO, Rn. 908). Bloßes Veranlassen einer Beschaffungsfahrt ohne Einfluss auf deren Durchführung genügt dagegen nicht (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, StV 2012, 410 mwN).
4
Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ der Angeklagte in den genannten beiden Fällen das Rauschgift von einem Kurier aus den Niederlanden nach Deutschland verbringen. Ein Einfluss des Angeklagten auf die Einzelheiten der Beschaffungsfahrten ist nicht festgestellt. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass der Angeklagte bei der Tat 4 "die Übergabe der Betäu- bungsmittel über das Handy überwachte" (UA S. 11), indem er wiederholt bei dem holländischen Lieferanten anrief, während er sich selbst auf der Reise nach Berlin befand. Damit ist lediglich eine Anstiftung zur Rauschgifteinfuhr festgestellt.
5
Da weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch in diesen beiden Fällen entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Gleichzeitig fasst der Senat den Schuldspruch in übersichtlicher Form neu und lässt dabei insbesondere auch die Bezeichnung einzelner Taten als minder schwere Fälle entfallen, da diese nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).
6
2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeugs.
7
a) Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Kraftfahrzeugs des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 3 StR 189/04, NStZ 2005, 232). Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 mwN, insoweit in StV 2012, 410 nicht abgedruckt).
8
b) Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
9
c) Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).
10
d) Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben.
11
3. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Pkw sowie gegebenenfalls sonstige, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage, eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben. Sollte sich die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Leer vom 1. September 2010 als grundsätzlich gesamtstrafenfähig erweisen - nach den Gründen des angefochtenen Urteils ist dies unklar geblieben, da der Zeitpunkt des letzten tatrichterlichen Urteils nicht mitgeteilt worden ist (vgl. Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 55 Rn. 2 mwN) - so wird er dabei zu bedenken haben, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren (24. September 2013) vorzunehmen ist, weil dem Beschwerdeführer ein früher erlangter Rechtsvorteil nicht durch sein Rechtsmittel genommen werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72).
Becker Pfister Schäfer
Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 484/16
vom
10. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100117B3STR484.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17. August 2016 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe in sechs Fällen zu jeweils mehreren, teilweise nur versuchten Delikten des Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und den in seinem Eigentum stehenden Pkw VW Golf eingezogen. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Als durchgreifend rechtsfehlerhaft erweist sich hingegen der Rechtsfolgenausspruch. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "…Die auf § 74Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützte Einziehung des im Antrag näher bezeichneten Kraftfahrzeugs des Angeklagten hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, BeckRS 2014, 15073 mwN). Dies hat das Landgericht vorliegend nicht bedacht. Der Wert des Fahrzeugs wird nicht mitgeteilt; es ist deshalb nicht auszuschließen , dass die Strafkammer, hätte sie die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte. 2. Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs bedingt auch die Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrtzeugs, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, aaO, mwN). 3. Die den aufzuhebenden Aussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen werden von den Rechtsfehlern nicht berührt und können deshalb gemäß § 353 Abs. 2 StPO bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs sowie gegebenenfalls sonstige zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben."
3
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch