Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2018 - 1 StR 159/18

bei uns veröffentlicht am12.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 159/18
vom
12. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei
ECLI:DE:BGH:2018:120618B1STR159.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15. November 2017 im gesamten Strafausspruch aufgehoben und soweit die Einziehung des PKW VW Bus, amtliches Kennzeichen , FIN , des PKW Mercedes Benz Sprinter, amtliches Kennzeichen , FIN , sowie des PKW Mercedes Benz Sprinter , amtliches Kennzeichen , FIN , angeordnet wurde. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, die Einziehung von 45.000 € nach § 73c StGB n.F. sowie die Einziehung der in der Entscheidungsformel bezeichneten Fahrzeuge als Tatmittel nach § 74 StGB n.F. angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Eine auf § 74 Abs. 1 StGB n.F. gestützte Einziehung ist nur zulässig, wenn der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter gehört oder zusteht (§ 74 Abs. 3 Satz 1 StGB n.F.), also der Angeklagte zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer der Fahrzeuge war. Dazu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Zudem handelt es sich bei der Einziehung von Tatmitteln nach § 74 Abs. 1 StGB n.F. um eine Ermessensentscheidung. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt insoweit ausgeführt, die Begründung der Einziehungsanordnung lasse besorgen, dass sich die Strafkammer entweder nicht bewusst war, dass es sich bei der Einziehung als Tatmittel um eine Ermessensentscheidung handelt oder sie von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Für die Anordnung gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 74f StGB n.F.).
3
2. Die Anordnung einer Einziehung von Tatmitteln gemäß § 74 Abs. 1 StGB n.F. hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 8. Mai 2018 – 5 StR 108/18, Rn. 22 mwN zu § 74 StGB n.F.; Urteil vom 8. November 2016 – 1 StR 325/16, Rn. 10 noch zu § 74 StGB a.F.). Wird dem Täter auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen. Dies hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht. Der Wert der Kraftfahrzeuge ist nicht festgestellt. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
4
Die dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Ergänzende – den bisherigen nicht widersprechende – Feststellungen können getroffen werden. Graf Bellay Fischer Bär Hohoff

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen der §§ 74 und 74a nicht angeordnet werden, wenn sie zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis stünde. In den Fällen der §§ 74 bis 74b und 74d ordnet das Gericht an, dass die Einziehung vorbehalten bleibt, wenn ihr Zweck auch durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Anweisung,

1.
die Gegenstände unbrauchbar zu machen,
2.
an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder
3.
über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen.
Wird die Anweisung befolgt, wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an. Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, kann sie auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden.

(2) In den Fällen der Unbrauchbarmachung nach § 74d Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 gilt Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

22
4. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten K. begegnet darüber hinaus insgesamt durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Kraftfahrzeugs hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so kann dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11; vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14; vom 10. Januar 2017 – 3 StR 484/16).

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

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2. Im Übrigen hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt (BGH, Beschluss vom 17. August 2016 - 2 StR 123/16). Wird nämlich dem Täter auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestim- mender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, StV 2013, 565). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Nachdem der Wert des Pkw´s nicht mitgeteilt wird, könnte der Senat nicht ausschließen , dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze eine andere Strafzumessungsentscheidung getroffen hätte.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.