Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 665/12
vom
21. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2013 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 18. September 2012 mit den zugrundeliegenden
Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer
tätige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen und formellen Rechts gestützten Revision. Im Hinblick auf die Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Da bereits die Sachrüge zum vollen Erfolg des Rechtsmittels führt, bedarf es eines Eingehens auf die weiteren Verfahrensrügen nicht mehr.

I.


2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte war Vorstand der T. . Bei der T. handelte es sich um die Muttergesellschaft eines Konzerns, unter deren Kontrolle mehrere Tochtergesellschaften standen. Hauptaktionär der T. war die A. AG (im Folgenden: A. ), deren Geschäftszweck in der Sanierung und dem anschließenden Verkauf von Gesellschaften bestand. Anfang 2007 hatte die T. 90 Prozent der Gesellschaftsanteile an der C. GmbH (im Folgenden: C. ) erworben.
4
Die wirtschaftliche Lage des T. -Konzerns war schlecht. Die Mutter- gesellschaft und „ihre Töchter hätten in 2009 Insolvenzantrag stellen müssen, sofern die A. AG nicht bereit gewesen wäre, Geld einzuschie- ßen“. Dies wolltedie liquide A. aber nicht im erforderlichen Umfang, sie wollte vielmehr nur eine „bilanzielle Überschuldung verhindern“, um den gesamten T. -Konzern bis zum Verkauf an einen Investor am Leben zu erhalten. Ein Investor wurde schließlich im Sommer 2009 gefunden; am 17. Juli 2009 erfolgte die Veräußerung der von der A. gehaltenen Geschäftsanteile an der T. an russische Privatpersonen. Mit diesem Tag trat der Angeklagte von allen Ämtern bei der T. und der C. zurück.
5
Anlässlich einer Gesellschafterversammlung der C. am 18. Februar 2009 war in Anwesenheit des Angeklagten seine Bestellung zum Geschäftsführer - er war bereits Geschäftsführer der weiteren T. -Tochter CO. - beschlossen worden. Die Bestellung sollte mit der förmlichen Annahme vollzogen werden. Hierzu kam es aber in Folge nicht. Bis zur Annahme war dem Angeklagten eine uneingeschränkte Generalvollmacht nach § 54 HGB erteilt worden. Das Vorgehen sollte der engmaschigen Kontrolle des Geschäftsführers S. durch die T. dienen. Nachdem am 17. April 2009 S.
verstorben war, agierte der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer der C. .
6
Sämtliche Einkäufe und Zahlungen durch die C. wurden durch ihn genehmigt. Obwohl er wusste, dass die Mittel der C. nicht reichten, um sämtliche von ihr getätigten Bestellungen zu bezahlen, genehmigte er Bestellungen bei dem Lieferanten Al. am 5., 6., 7., 12., 15., 19., 26., 28. und 29. Mai sowie am 2., 3., 4., 5., 9., 10., 12. und 16. Juni 2009 in Höhe von insge- samt 76.998,17 € und am 13. Mai 2009 bei dem Lieferanten AO. in Höhe von 60.509 €. Am 7. Juli 2009 unterbreitete der Angeklagte der Al. einen Ra- tenzahlungsvorschlag, Zahlungen erfolgten jedoch nicht.
7
Die finanziellen Verhältnisse der C. waren angespannt, die vorhan- denen Mittel „reichten nicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen“. Spätes- tens ab Ende April 2009 war die C. „zahlungsunfähig“, was der Angeklagte billigend in Kauf nahm. Er stellte dennoch zunächst keinen Insolvenzantrag. Er konnte darauf hoffen, „im Fall extremer Liquiditätsengpässe finanzielle Un- terstützung der Hauptgesellschafterin A. zu erlangen“. Eine Gewähr hierfür hatte er nicht. Insolvenzantrag stellte er erst am 4. August 2009, nachdem die russischen Investoren nicht bereit waren, Geld für den T. -Konzern zur Verfügung zu stellen. Das Verfahren wurde am 1. Oktober 2009 eröffnet.
8
2. a) Das Landgericht hat den Straftatbestand des § 15a Abs. 4 InsO zugrunde gelegt und die Verpflichtung des Angeklagten zur Stellung des Insolvenzantrags aus § 15a Abs. 1 und Abs. 3 InsO abgeleitet. Seine Feststellungen zur Insolvenzreife der C. hat es auf folgende Überlegungen gestützt:
9
Eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zu ihrer Tilgung vorhandenen Mittel im Rahmen eines Finanzplanschemas sei nicht möglich, da die Zahlen aus der Buchhaltung nicht richtig sein könnten. Die in der Summen- und Saldenliste ausgewiesenen Forderungen gegen Dritte könnten nicht richtig sein, da sie mit den zweifellos gegebenen Zahlungsschwierigkeiten der C. nicht in Einklang zu bringen seien. Vielmehr spreche das umgehende Eintreiben von Außenständen gegen das Bestehen von werthaltigen Forderungen gegenüber Dritten in Höhe von mehr als 1 Mio. €.
10
Daher sei auf die „sogenannte wirtschaftskriminalistische Methode“ abzustellen. Schon da im April 2009 „offene Verbindlichkeiten“ bestanden hätten, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden seien, sei „im Hinblick auf BGH, Az.: IXZR 228/03 vom 12.10.2006, von Zahlungsunfähigkeit der C. auszugehen“. Maßgeblich sei zudem, dass das Geld nicht ausgereicht habe, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen, was die Zahlungspläne der C. belegten. Freie Kreditlinien hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine schriftliche Anfrage durch den von der Strafkammer hinzugezogenen Sachverständigen an die Gläubiger der C. habe ergeben, dass sich der Schuldenstand von 99.658,06 € im Januar 2009 auf 370.835,68 € im April 2009, auf 590.186,83 € im Mai 2009, auf 630.485,59 € im Juni 2009 und auf 698.165,50 € im Juli 2009 erhöht hätte.
11
b) Die Strafbarkeit wegen Betruges hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte spätestens ab April 2009 um die Insolvenzlage der C. gewusst bzw. damit ernsthaft gerechnet habe. Dennoch habe er die Einkäufe jeweils genehmigt. Dies sei „strafbar im Rahmen eines sogenannten Organisationsdelikts“.

II.


12
Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit als Voraussetzung für die strafbewehrte Pflicht, Insolvenzantrag zu stellen, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das Landgericht legt insoweit einen falschen Maßstab zugrunde; davon ausgehend sind seine Feststellungen auch lückenhaft bzw. nicht nachvollziehbar.
13
1. Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2007 - 1 StR 88/07, BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsfähigkeit 2 mwN).
14
Die Feststellung derselben erfolgt in der Regel durch die sogenannte betriebswirtschaftliche Methode. Dies setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus (BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154; Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546). Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung ist diese Methode um eine Prognose darüber zu ergänzen , ob innerhalb der Drei-Wochen-Frist mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hinreichend sicher zu rechnen ist, etwa durch Kredite, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen. Das geschieht durch eine Finanzplanrechnung , aus der sich die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage ergeben (vgl. hierzu im Einzelnen Graf/Jäger/Wittig-Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 2011, § 15a InsO Rn. 65 f. mwN).
15
Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO kann aber auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154). Als wirtschaftskriminalistische Warnzeichen kommen u.a. in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche , Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. zu den Krisensignalen im Einzelnen auch Achenbach/Ransiek-Wegner, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., 7. Teil 1. Kap. Rn. 93; Otte, aaO Rn. 68 mwN).
16
2. Hieran gemessen tragen die Urteilsausführungen die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nicht.
17
a) Soweit die Strafkammer als ausschlaggebendes wirtschaftskriminalistisches Anzeichen für eine Zahlungsunfähigkeit wertet, dass im fraglichen Zeitraum Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, liegt dem ein unzutreffender Maßstab zugrunde. Denn es handelt sich insoweit um die Grundsätze zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit durch den Tatrichter bei Insolvenzanfechtung. Denn dies stellt ein Ver- fahren dar, welches auf eine rückblickende Betrachtung unter Berücksichtigung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung - etwa im Hinblick auf die Verbindlichkeiten - zurückgreifen kann, mithin auf eine prognostische Beurteilung gerade nicht angewiesen ist. Anders verhält es sich aber bei der Frage, ob eine Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO besteht, da nach den oben dargelegten Maßstäben insoweit eine prognostische Beurteilung erforderlich ist. Auf diesen Unterschied weist der Bundesgerichtshof in der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung ausdrücklich hin (BGH, Urteil vom 12. Oktober2006 - IX ZR 228/03 Rn. 28).
18
Dass im Tatzeitraum „offene Verbindlichkeiten“ bestanden, die bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Oktober 2009 noch nicht beglichen worden waren, ist daher kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Annahme des zeitlich vorgelagerten Eintritts der Zahlungsunfähigkeit.
19
Auch im Weiteren sind keine ausreichend tragfähigen Beweisanzeichen für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit dargelegt. Zwar kann es sich bei Kredit - und Darlehenskündigungen von Banken um ein Krisensignal handeln, die Kündigung des Darlehens in Höhe von 172.129,21 € durch die D. Bank mit Schreiben vom 10. Juni 2009 ist jedoch für sich genommen nicht hinlänglich aussagekräftig, zumal offen bleibt, ob die Forderung beglichen worden ist. Auch ist es nicht ausreichend, dass das Landgericht darlegt, die wirtschaftliche Lage sei „angespannt“ gewesen, Außenstände seien sofort eingetrieben wordenund „das Geld“ hättejedenfalls seit April 2009 nicht ausgereicht, „sämtliche Gläubiger der C. zu befriedigen“.
20
b) Soweit das Landgericht Ausführungen zu Verbindlichkeiten derC. und ihren Möglichkeiten zur Begleichung derselben macht - was jedoch der Sache nach unter die betriebswirtschaftliche Methode zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit fällt - boten die Feststellungen aber ebenfalls keine hinreichende Grundlage für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit.
21
aa) Dies gilt schon deswegen, weil die Strafkammer bei der Darstellung der Verbindlichkeiten nicht deutlich danach unterscheidet, ob es sich um nur bestehende oder auch um fällige Forderungen handelt.
22
So ist nicht festgestellt, welche konkreten fälligen Forderungen bestanden , die nicht beglichen werden konnten. Die Feststellung, dass nicht „sämtliche Gläubiger“ hätten befriedigt werden können, ersetzt das Erfordernis einer Liquiditätsbilanz nicht. So belegt der von der Strafkammer ihrer Annahme der Zahlungsunfähigkeit zugrunde gelegte Zahlungsplan vom 8. Juni 2009 gerade nicht ausreichend, dass fällige Forderungen nicht beglichen werden konnten. Danach standen der C. an diesem Tag aus dem Eingang von Zahlungen 130.000 € zur Verfügung. Diese wurden aufgewandt, um mehrere fällige Ver- bindlichkeiten in Höhe von insgesamt 111.000 € zu begleichen. Zu einer dieser Teilforderungen in Höhe von 10.000 € ist vermerkt: „Gesamt OP ca. 90.000 €“. Hieraus folgert das Landgericht als Beleg für die Zahlungsunfähigkeit, dass zu- sätzlich zu den 111.000 € weitere 90.000 € nicht beglichen werden konnten. Dass es sich bei diesen 90.000 € um schon fällige und noch nicht - wiez.B. durch die Teilzahlung von 10.000 € - zumindest teilweise beglichene Forderungen handelte, ist dadurch jedoch nicht belegt. Dies - insbesondere im Zusammenhang mit der Zugrundelegung des falschen Maßstabs (vgl. oben a) - vertieft die Besorgnis, dass das Landgericht den Aspekt der Fälligkeit im Tatzeitraum nicht ausreichend in den Blick genommen und bestehende Forderungen mit fälligen Forderungen gleich gesetzt hat.
23
Vor diesem Hintergrund vermag auch die vereinzelte Feststellung, es habe sich bei der dargestellten Entwicklung der Schulden um „fällige Schulden“ gehandelt, die Zahlungsunfähigkeit nicht hinreichend sicher zu belegen. Diesen Feststellungen mangelt es zum einen an einer nachvollziehbaren Grundlage. Hierzu wird nur mitgeteilt, dass die Zahlen aus einer schriftlichen Anfrage an die Gläubiger der C. durch den Sachverständigen resultierten. Unklar bleibt jedoch, was genau Inhalt dieser Anfrage war und ob die von den Gläubigern angegebenen Forderungen tatsächlich den Schluss auf die Fälligkeit derselben im Tatzeitraum und nicht lediglich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulassen. Insbesondere lässt sich nicht nachvollziehen, ob eine Stundung (vgl. hierzu Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 76 Rn. 57 mwN) erfolgte, was angesichts der Feststellungen zumindest teilweise - z.B. hinsichtlich der Gläubiger CO. und Al. - durchaus nahe liegt, jedoch vom unzutreffenden Rechtsmaßstab der Strafkammer aus keine weitere Erörterung erfuhr. Bei gestundeten Forderungen handelt es sich aber nicht um fällige Forderungen im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO.
24
Einen Vergleich der dergestalt „angemeldeten“ Forderungen,die nur in ihrer jeweiligen monatlichen Gesamthöhe mitgeteilt werden und eine weitere Spezifizierung vermissen lassen, mit den Erkenntnissen aus den Insolvenzunterlagen oder den Zahlen aus der Buchhaltung hat das Landgericht nicht angestellt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die vom Landgericht dargelegten Erkenntnisschwächen der Buchhaltungsunterlagen nicht auf Verbindlichkeiten der C. selbst bezogen sind.
25
bb) Zudem sind die Feststellungen zu den zur Verfügung stehenden Zahlungsmitteln nicht ausreichend. Als solche kommen nämlich gemäß den oben dargelegten Grundsätzen nicht nur „freie Kreditlinien“ in Betracht, sondern auch anderweitige kurzfristig herbeizuschaffende Finanzmittel.
26
Deswegen hätte in diesem Zusammenhang erörtert werden müssen, dass ausweislich der Feststellungen zwei Bankkonten im gesamten Tatzeitraum noch relevantes Guthaben aufwiesen, so das Konto bei der Sp. und das bei der H. , welche zusammengenommen ein Guthaben von über 180.000 € im Mai 2009 und von über 160.000 €im Juni 2009 aufwiesen. Zudem wäre in die Betrachtung einzubeziehen gewesen, mit welchen Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb der C. hinreichend sicher stichtagsbezogen zu rechnen war. Denn das Landgericht stellt schließlich fest, dass werthaltige Forderungen gegen Kunden der C. in einer Höhe von bis zu 1 Mio. € nicht auszuschließen seien. Auch die Umstände, unter denen die A. bereit gewesen wäre, Finanzmittel für die C. zur Verfügung zu stellen („zur Vermeidung einer bilanziellen Überschuldung“, „im ‚Notfall‘“, „im Fall extremer Liquiditätsengpässe“)wären näher aufzuklären und die gegebenenfalls so ermittelten Beträge in die Gegenüberstellung einzubeziehen gewesen.

III.


27
Da die Zahlungsunfähigkeit der C. nicht ausreichend belegt ist, die Feststellungen zum Betrug aber hieran anknüpfen, war die Verurteilung auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Sollte das neue Tatgericht sich abermals davon überzeugen, dass die Bestellungen durch den Angeklagten in der festgestellten Weise, mithin durch die jeweilige Genehmigung der Bestellungen betrügerisch erfolgten, so handelt es sich nicht um die Begehung eines einheitlichen Delikts, sondern um mehrere selbständige Betrugstaten.

IV.


28
Um dem neuen Tatgericht eine umfassende Neubeurteilung zu ermöglichen , hebt der Senat die Feststellungen insgesamt auf, auch wenn diejenigen zur faktischen Geschäftsführerschaft (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 - 1 StR 459/12, wistra 2013, 272) für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffen sind.
29
Das neue Tatgericht wird insbesondere aufzuklären haben, inwieweit die T. zur Nachschießung von finanziellen Mitteln an die C. verpflichtet und hierzu unter Berücksichtigung der 1 Mio. €, die im April bzw. Mai 2009 von der A. an die T. geflossen ist, in der Lage war. Aufzuklären sein wird auch, ob und unter welchen Bedingungen die liquide A. zu Zahlungen bereit bzw. verpflichtet war. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 InsO auf den Antrag des Generalbundesanwalts hin.
Wahl Graf Jäger
Cirener Radtke

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Wirtschaftsstrafrecht: Zur Behandlung einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung

19.12.2013

Auch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen können eine Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 II InsO nachweisen.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Insolvenzordnung - InsO | § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

Handelsgesetzbuch - HGB | § 54


(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 88/07
vom
23. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Anstiftung zum Betrug u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2007 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 28. Juli 2006 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Bei der Prüfung der Strafbarkeit gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ging die Strafkammer bei der Feststellung der Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zutreffend von der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 der Insolvenzordnung aus, die mit Wirkung vom 1. Januar 1999 die Konkursordnung ablöste. Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig , wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Auf die Merkmale der „Dauer“ und der „Wesentlichkeit“ hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit bewusst verzichtet, um der unter Geltung des alten Rechts (§ 102 KO) verbreiteten Neigung zu begegnen, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit stark einzuengen und damit eine über Wochen oder sogar Monate fortbestehende Illiquidität zur rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung zu erklären.
Mit dieser Legaldefinition ist auch die frühere Rechtsprechung überholt, wonach nur die von den Gläubigern „ernstlich eingeforderten“ Verbindlichkeiten maßgebend waren. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist - weiterhin - die bloße Zahlungsstockung , d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen zwei bis drei Wochen die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt - von vorneherein - Zahlungsunfähigkeit vor (vgl. zu allem BGH wistra 2005, 432; SchulzeOsterloh in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz 18. Aufl. § 64 Rdn. 4 ff., § 84 Rdn. 25; Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 51 ff.). Der Senat versteht daher die im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. April 2007 (5 StR 505/06 Rdn. 4) unter Hinweis auf eine aus dem Jahr 1997 stammende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum alten Konkursrecht (BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1) gewählte Formulierung, wonach Zahlungsunfähigkeit (im konkreten Fall seit dem 1. Dezember 1999) im Sinne von §§ 64, 84 GmbHG „das nach außen in Erscheinung tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen des Unternehmens [sei], seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu begleichen“, dahingehend, dass damit nur noch die Zahlungsstockung im Sinne des neuen Insolvenzrechts angesprochen werden sollte. Denn davon, dass der 5. Strafsenat die alte Rechtsprechung trotz der neuen Legaldefinition des § 17 Abs. 2 In- sO für den Bereich des Strafrechts - unter Hintanstellung der Zivilrechtsakzessorietät der Strafnorm - perpetuieren und sich so über die - ältere - Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2005 (BGH wistra aaO) hinwegsetzen wollte, kann nicht ausgegangen werden.
Nack Wahl Kolz RiBGH Dr. Graf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Hebenstreit Nack

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 459/12
vom
23. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 22. März 2012 mit den jeweils zugehörigen
Feststellungen aufgehoben:

a) in den Fällen II 1 bis II 3 der Urteilsgründe insgesamt;

b) im Fall II 4 der Urteilsgründe im Strafausspruch;

c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


I.

1
Der Angeklagte wurde wegen „Pflichtverletzung bei Verlust, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in Tatmehrheit mit Verletzung der Buchführungspflicht in zwei Fällen sowie Bankrott in Tatmehrheit mit zwei sachlich zusam- mentreffenden Fällen des Betrugs“ schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung von 17 Einzelstrafen (die beiden höchsten betrugen je ein Jahr) eines Urteils des Amtsgerichts München vom 1. Februar 2012 wegen Insolvenzverschlep- pung, Bankrott, Beitragsvorenthaltung, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung u.a. und Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wurde eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten festgesetzt.
2
Folgendes ist festgestellt:
3
1. Der Angeklagte war faktischer Geschäftsführer der Fa. A. (künftig: A. ). Diese konnte spätestens im November 2007 ihre Verbindlichkeiten nicht mehr befriedigen: Die im November 2007 erstellte Bilanz zum 31. Dezember 2006 wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag von nahezu 20.000 € auf, dem keine nennenswerten stillen Reserven gegenüberstanden. Die Kreditlinie bei der Au. Bank war gekündigt, der Schuldensaldo von über 84.000 € zur Rückzahlung gestellt. Umsatzsteuerschulden blieben offen, die Geschäftsräume waren wegen Mietrückstands fristlos gekündigt, Lastschriften selbst in geringer Höhe, z.B. 374,25 € wurden bei der H. bank nicht mehr eingelöst. Gleichwohl wurde ein Insolvenzantrag erst im März 2008 - vom Finanzamt - gestellt (II 1 der Urteilsgründe, Vergehen gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG aF, Strafe neun Monate).
4
2. Die Vermögensbilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 2005 wurde erst am 21. Mai 2007 erstellt, die zum 31. Dezember 2006 erst am 15. November 2007 (beide Taten ohne weitere Aufgliederung II 2 der Urteilsgründe, zwei Vergehen gegen § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB, Strafe je vier Monate).
5
3. Ab 1. Januar 2007 unterblieb die gebotene Buchführung, auch noch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Dies erschwerte die Übersicht über die Geschäftsvorfälle und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (II 3 der Urteilsgründe, Vergehen gegen § 283 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 StGB, Strafe acht Monate).
6
4. Im Herbst 2005 beantragte der Angeklagte bei der S. einen Kontokorrentkredit für die A. . Er bot an, hierfür persönlich zu bürgen und gab in einer der S. vorgelegten Selbstauskunft bewusst wahrheitswidrig an, bei der V. -Bank in G. über ein frei verfügba- res Guthaben in Höhe von 325.000 € zu verfügen. Tatsächlich war dieses Gut- haben anderweitig verpfändet. Auf Grund dieser unwahren Angabe wurde der Kredit gewährt; der letztlich der S. dadurch entstandene Schaden beläuft sich auf - mindestens - 200.000 € (II 4 der Urteilsgründe, Betrug, Strafe zwei Jahre und drei Monate).
7
5. Ähnlich erwirkte er im Sommer 2006 einen Betriebsmittelkredit für die A. bei der H. bank über 300.000 €. Auch hier behauptete er bewusst wahrheitswidrig, als Sicherheit für seine Bürgschaftsverbindlichkeit bei der Bank in G. über ein frei verfügbares Guthaben von ca. 300.000 € zu verfügen,obwohl es verpfändet war. In diesem Zusammenhang legte er Bankauszüge vor, die das Vorhandensein der Gelderbelegten. Wie jedoch seine gleichzeitige Behauptung, die Gelder seien frei verfügbar, zeigt, ergab sich die Verpfändung aus diesen Auszügen nicht. Als Folge des auf dieser Grundlage gewährten Kredits entstand der H. bank letztlich ein Schaden von ca. 274.000 € (II 5 der Urteilsgründe, Strafe zwei Jahre und neun Monate).
8
Die Strafkammer stützt diese Feststellungen auf das vom Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigte, in objektiver und subjektiver Hinsicht vollumfängliche , glaubhafte Geständnis des Angeklagten.
9
Wegen der Betrugstaten wurde nur der Angeklagte verurteilt, wegen der übrigen Taten auch der (frühere, nicht revidierende) Mitangeklagte B. .

II.

10
Die Revision des Angeklagten stützt sich auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge.
11
Mit einer Verfahrensrüge wird die Unverwertbarkeit des Geständnisses geltend gemacht.
12
Die übrigen Verfahrensrügen sind Aufklärungsrügen, die allein den Betrug zum Nachteil der H. bank betreffen.
13
Die Revision hat teilweise Erfolg.
14
Die Verwertung des Geständnisses ist rechtsfehlerfrei (III); in welchem Umfang das Urteil andernfalls aufzuheben wäre, braucht der Senat daher nicht zu prüfen.
15
Soweit der Angeklagte wegen Verletzung der Pflichten eines (faktischen) Geschäftsführers verurteilt wurde (oben I 1 bis 3), hat die Revision Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO; IV).
16
Die Verurteilung wegen Betrugs zum Nachteil derS. (I 4) hat im Schuldspruch Bestand (§ 349 Abs. 2 StPO), zum Strafausspruch hat die Revision aber insoweit Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO; V).
17
Soweit der Angeklagte wegen Betrugs zum Nachteil der H. bank verurteilt wurde (I 5), bleibt die Revision erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO; VI).
18
Die Aufhebung des Urteils im aufgezeigten Umfang führt, ohne dass dies weiterer Darlegung bedürfte, auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe (§ 349 Abs. 4 StPO).

III.

19
Der Angeklagte hat das Geständnis im Rahmen einer Verständigung (§ 257c StPO) abgelegt, nachdem zuvor der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt worden war. Die Revision macht geltend, für diese Entscheidung hätten die gesetzlichen Grundlagen (vgl. § 116 Abs. 4 StPO) gefehlt. Erst der durch diese rechtswidrig unfaire Entscheidung ausgelöste Druck habe den Angeklagten veranlasst, das Geständnis abzulegen, das daher unverwertbar sei (§ 136a StPO, Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG).
20
1. Im Einzelnen ging dem Geständnis folgender Verfahrensgang voraus:
21
Bevor der Angeklagte Angaben zur Sache machte, erklärte ein Verteidi- ger, man könne „ein Vorgespräch nachholen“. Diesem Wunsch wurde entsprochen. Dabei wurde, so der damalige Verteidiger in einem mit der Revisionsbegründung vorgelegten Schreiben an den jetzigen Verteidiger, ihm auf Frage bestätigt, dass nach Aktenlage eine Verurteilung wahrscheinlich sei. Auf die Frage, welche Strafe bei einem Geständnis zu erwarten sei, wurden eine Strafober- und eine Strafuntergrenze genannt. Obwohl die Strafobergrenze noch reduziert wurde, kam keine Verständigung zustande.
Der Verteidiger bestritt in der Hauptverhandlung für den Angeklagten näher konkretisiert die Anklagevorwürfe als unzutreffend.
22
2. Während der Beweisaufnahme wurde am 22. März 2012 der im Ermittlungsverfahren außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt. Begründet wurde dies wie folgt: Wegen der zwischenzeitlichen Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München und des bisherigen Verfahrensverlaufs sei mit einer Strafe in einer bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls noch nicht absehbaren Höhe zu rechnen. Der Angeklagte habe umfangreiche Kontakte in zahlreiche Länder. Vorliegend liege ihm (u.a.) zur Last, Banken über mehr als 800.000 € geschädigt zu haben; der größte Teil dieses Geldes sei „spurlos ver- schwunden“. Nach alledem könne dem Fluchtanreiz anders als durch Vollzug von Haft nicht mehr entgegengewirkt werden (zum weiteren Verfahrensgang vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12 und vom 27. September 2012 - 2 BvR 1874/12).
23
3. In der nachfolgenden Mittagspause kam es erneut zu Verständigungsgesprächen. Dazu, ob die Initiative - wie schon einmal - vom Angeklagten bzw. seiner Verteidigung ausging, äußert sich die Revision nicht. Jedenfalls gab der Vorsitzende unmittelbar nach der Pause die Tatsache und den Inhalt des Gesprächs und die dabei getroffene Vereinbarung bekannt, der sämtliche Beteiligte zustimmten. Der Verfahrensstoff wurde gemäß §§ 154, 154a StPO erheblich beschränkt; die verbleibenden Vorwürfe räumte ein Verteidiger - pauschal - in vollem Umfang ein, der Angeklagte bestätigte ausdrücklich die Richtigkeit dieser Erklärung und machte sie sich zu Eigen. Weitere Beweise wurden nach allseitigem Verzicht nicht mehr erhoben. Das nachfolgende Urteil liegt im Rahmen der Vereinbarung.

24
4. Es ist fraglich, ob die Rüge auf Grund des Revisionsvortrags in der gebotenen Weise überprüft werden kann:
25
Ausweislich der Erklärung des Vorsitzenden war Teil der „Vereinbarung, dass das … bei der Staatsanwaltschaft Augsburg gegen den Angeklagten … anhängige Verfahren wegen Steuerhinterziehung ( ) nach § 154 StPO eingestellt … wird“.
26
Auch dieser Teil einer Verständigung (vgl. hierzu Niemöller in N/Sch/W VerstG § 257c Rn. 38) kann die Entscheidung des Angeklagten für Verständigung und Geständnis in der anhängigen Sache beeinflussen. Dies liegt umso näher, je höher die bei weiterem Fortgang der anderen Sache zu erwartende Strafe wäre. Dies ist jedoch ohne Kenntnis des konkreten Vorwurfs in jener Sache nicht zu beurteilen.
27
5. Ohne dass es auf Weiteres ankäme, scheitert die Rüge aber jedenfalls daran, dass ein maßgeblicher Einfluss der erneuten Inhaftierung auf die Ablegung des Geständnisses nicht erkennbar und somit jedenfalls nicht erwiesen ist.
28
a) Gegen die Annahme, der Angeklagte habe lediglich wegen der Hoffnung gestanden, dann wieder frei zu kommen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11), spricht schon die Feststellung in der Erklärung des Vorsitzenden zu den „(Gesprächen) unter Verteidigung, Staatsanwaltschaft und … Kammer“, dass die „Frage einer erneuten Außervollzugsetzung des Haftbefehls … nicht zur Diskussion (stand).“
29
b) Erhärtet wird dies durch das genannte Schreiben, in dem der (frühere) Verteidiger zum Verlauf der Hauptverhandlung u.a. ausführt: Nachdem es … zu der … protokollierten Verständigung kam, haben der Kollege … und ich für den Angeklagten die Anklagevorwürfe … eingeräumt. … Der Angeklagte … hatsich diese Erklärung … zu Eigen gemacht.“
30
c) Insgesamt spricht also schon der im Protokoll mitgeteilte Inhalt des maßgeblichen Gesprächs gegen einen Zusammenhang zwischen Verständigung und Geständnis einerseits und Inhaftierung andererseits. Der bei dem gesamten Geschehen anwesende Verteidiger verweist zum Zustandekommen des Geständnisses allein auf das Protokoll und erwähnt die Inhaftierung nicht, obwohl ein Zusammenhang zwischen der Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls und dem abgegebenen Geständnis - wenn er denn vorgelegen hätte - vom Instanzverteidiger naheliegend vorgetragen worden wäre. Daher fehlen tragfähige Anhaltspunkte für die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen Inhaftierung und Geständnis.

IV.


31
Die Urteilsfeststellungen belegen nicht hinlänglich, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der A. war.
32
In diesem Zusammenhang ist lediglich festgestellt, dass der Angeklagte „die Geschicke der …Firma im wesentlichen allein bestimmt“ hat, und - damit nicht völlig übereinstimmend - der formell bestellte Geschäftsführer B. bei den Taten „nicht die treibende Kraft war“. Außerdem ergeben sie, dass der deshalb auch nicht abgeurteilte B. bei den genannten Kreditgeschäften keine nennenswerte Rolle spielte.
33
1. Geschäftsführer ist auch, wer ohne förmliche Bestellung die Stellung eines Geschäftsführers tatsächlich einnimmt. Der Umstand, dass es daneben einen formell bestellten Geschäftsführer gibt, muss dem nicht entgegenstehen.
34
Dann muss allerdings der faktische Geschäftsführer Geschäftsführer- funktionen in maßgeblichem Umfang übernommen haben, der etwa mit „ein Übergewicht“ (BGH, Urteil vom 19. April 1984 - 1 StR 736/83, StV 1984, 461 f.), „eine überragende Stellung“ ( BGH, Urteil vom22. September 1982 - 3 StR 287/82, BGHSt 31, 118, 120) oder „das deutliche Übergewicht“ (BGH, Be- schluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12 mwN) in - im Wesentlichen sprachlichen - Nuancen unterschiedlich umschrieben wird (vgl. zusammenfassend schon BayObLG NJW 1997, 1936 mwN).
35
2. Die Revision verweist auf die in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, ein faktischer Geschäftsführer müsse „von den acht klassischen Merkmalen im Kernbereich der Geschäftsführung mindestens sechs“ erfüllen (vgl. näher BayObLG aaO mwN; Bedenken gegen eine zu formalisierte Betrachtungsweise bei Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 30 Rn. 58). Der Senat braucht dem nicht näher nachzugehen. Es ist nämlich jedenfalls erforderlich, dass die Urteilsfeststellungen ein „Bild“ von den Verhältnissen ergeben, das Rückschlüsse auf die der Annahme faktischer Geschäftsführung zugrunde liegende konkrete Tätigkeit und ihren Umfang zulässt (Schmid aaO Rn. 57 unter Hinweis auf BGHSt aaO). Die Hinweise darauf, dass der Angeklagte „im wesentlichen“ die Geschicke der Firma bestimmte , und darauf, dass bei der Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers auch der formelle Geschäftsführer beteiligt gewesen sei, wenn auch nicht als „treibende Kraft“, genügen hierfür nicht. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass die hier ersichtliche alleinverantwortliche Verhandlung mit Kreditgebern als eines der acht klassischen Kernbereichsmerkmale gilt (vgl. BayObLG aaO).
36
3. Der Senat bemerkt:
37
a) Die Annahme faktischer Geschäftsführung ist Ergebnis einer rechtlichen Bewertung von Tatsachen durch das Gericht. Nur diese - hier nicht festgestellten - Tatsachen können einem Geständnis zugänglich sein, nicht das Ergebnis der richterlichen Wertung.
38
b) Bei der Strafzumessung für die in Rede stehenden Taten kann die genannte Bewertung, der Täter habe die Geschicke der Firma im Wesentlichen allein bestimmt, jedenfalls ohne hier nicht erkennbare Besonderheiten nicht, wie geschehen, strafschärfend herangezogen werden (§ 46 Abs. 3 StGB).

V.


39
1. Hinsichtlich des Betrugs zum Nachteil der S. hält es die Revision für nicht festgestellt, dass die als Zeugen gehörten Bankangehörigen , mit denen der Angeklagte verhandelt hatte, überhaupt für die Gewährung des Kredits zuständig gewesen seien. Die Möglichkeit, dass hierfür andere Bankangehörige verantwortlich gewesen seien und aus Gründen, die nicht mit den unwahren Angaben des Angeklagten zusammenhingen, den Kredit gewährt hätten, sei nicht erörtert.
40
Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, - dass die von der Strafkammer gehörten Zeugen zu Unrecht die Verantwortung für ein ihrer Bank letztlich nachteiliges Geschäft übernommen hätten, - dass stattdessen sonstige, nicht näher bezeichnete höherrangige Bankbedienstete, die mit dem Angeklagten keinen Kontakt hatten, aus unbekannten, jedenfalls von seinen Lügen unabhängigen Gründen den Kredit gewährt hätten, sind nicht ersichtlich. Fernliegende Möglichkeiten brauchen jedoch nicht erörtert zu werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12).
41
2. Die Revision meint, es liege kein Betrug vor, weil nicht ausgeschlossen sei, dass die S. den Kredit auch gewährt hätte, wenn sie von der Verpfändung der als frei verfügbar bezeichneten Gelder gewusst hätte.
42
Dies geht fehl, ohne dass der Senat den Grundlagen dieser Erwägungen näher nachzugehen braucht.
43
Die (naheliegende) Feststellung, dass die Kreditentscheidung der Bank auf die unwahre Behauptung über die Verfügbarkeit der Gelder zurückgeht, ist rechtsfehlerfrei getroffen. Dieser tatsächliche Grund der Entscheidung behielte seine rechtliche Bedeutung auch dann, wenn ein anderer, tatsächlich für die Entscheidung nicht maßgeblicher Grund denkbar sein sollte, der zu dem gleichen Ergebnis geführt hätte. Die Verknüpfung von Täuschung und Vermögensverfügung wird nicht durch Gedanken aufgehoben, die der Getäuschte nicht gehabt hat, selbst wenn er sie - was hier offen bleiben kann - hätte haben können (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1957 - 5 StR 366/57, MDR 1958, 139 f, zustimmend Dallinger aaO 140; BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 - 5 StR 618/58, BGHSt 13, 13, 15; vgl. auch Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 123 mwN).
44
3. Daran, dass der S. durch die Kreditgewährung Schaden entstanden ist, kann kein Zweifel bestehen.
45
Seine Bemessung (mindestens 200.000 €) ist jedoch nicht rechtsfehler- frei dargelegt.
46
Der ursprüngliche Kredit belief sich auf 100.000 €. Zu dem- nicht festgestellten - Zeitpunkt der Kündigung des Kredits waren etwas über 200.000 € ausgereicht. Dies führte dazu, dass am 22. April 2008 von der S. Wertberichtigungen über 330.000 € vorgenommenwurden. Dabei wurde auch ein weiterer Kredit zu einer Projektfinanzierung - näheres hierzu ist nicht ersichtlich - über etwas mehr als 230.000 € berücksichtigt. Erweitert wurde der ursprüngliche Kredit - nach einer Wertberichtigung und der schon 2008 eingetretenen Insolvenz kaum vorstellbar - am 6./7. September 2009 auf 200.000 €. All dies ist in tatsächlicher Hinsicht unklar und ermöglicht nicht, die Berechnung des Betrugsschadens nachzuvollziehen.
47
4. Ist (ebenso wie die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugs ) der Schadenseintritt rechtsfehlerfrei festgestellt, nicht aber der Schadensumfang , so führt dies zur Bestätigung des Schuldspruchs, aber zur Aufhebung des Strafausspruchs (BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08; zusammenfassend Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13 mwN).

VI.


48
Hinsichtlich der Verurteilung wegen Betrugs zum Nachteil der H. bank trägt die Revision vor, dass die Strafkammer (nach dem allseitigen Verzicht) keine Zeugen hierzu gehört hätte. Die Verurteilung hätte hier schon im Ansatz nicht allein auf das im Rahmen der Verständigung abgelegte Geständnis gestützt werden können. Außerdem hätte die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) die Vernehmung von zwei Angehörigen dieser Bank und eines Kriminalbeamten geboten.
49
1. Ein im Rahmen einer Verständigung abgelegtes Geständnis ist ebenso zu überprüfen, wie jedes andere Geständnis (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 1 StR 208/12). Hier hat der Angeklagte im Ergebnis eingeräumt, der Bank unter Vorlage der genannten Auszüge vorgespiegelt zu haben, dass die Gelder bei der Bank in G. frei verfügbar seien und dass danach ein Kredit bewilligt wurde.
50
Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte damit etwa nicht vorgefallenes Geschehen behauptet hätte (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11) oder etwa gestanden hätte, um den wahren Täter zu decken (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 1 StR 208/12) sind weder konkret behauptet noch ersichtlich. Die Schlussfolgerung, dass die Lüge über die Vermögensverhältnisse des Bürgen ursächlich für die Kreditgewährung war, drängt sich unter den gegebenen Umständen auf. Überlegungen zu Gründen, die unbekannte Bankangehörige zu einer Kreditgewährung unabhängig vom Vorbringen des Angeklagten veranlasst haben könnten, brauchte die Strafkammer nicht anzustellen. Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der S. (vgl. oben V 1).
51
2. Die Aufklärungsrügen versagen:
52
a) Zeuge M. (Bankbediensteter):
53
Dessen von der Revision ohnehin nur bruchstückhaft vorgetragene polizeiliche Aussage brauchte die Strafkammer nicht zu seiner Vernehmung zu drängen. Er hatte dort abschließend erklärt, dass es „mit Sicherheit nicht zu einem Engagement mit … A. gekommenwäre, wenn uns (d.h. der Bank) bekannt gewesen wäre, dass das … Festgeld … bereits verpfändet gewesen“ ist.
54
b) Zeuge Z. (Bankbediensteter):
55
Er hatte polizeilich ausgesagt, dass man vom Angeklagten die genannten Kontoauszüge einforderte und bekam und „in einem solchen Fall“ - also nach Vorlage der Auszüge - den Bestand dieser Festgeldkonten üblicherweise nicht hinterfragte. Die Auffassung der Revision, daraus folge, seine Vernehmung hätte ergeben, dass für die Bank die Verfügbarkeit des Festgeldes bedeutungslos war, liegt fern.
56
c) Zeuge Ma. (Kriminalbeamter):
57
Dessen von der Revision nur bruchstückweise mitgeteilter Aktenvermerk befasst sich mit der Auffassung des Zeugen M. dazu, warum er, M. , wegen des Vertrags mit dem Angeklagten nicht bankintern sanktioniert wurde. Schon dieser, von der Revision verschwiegene Ansatz spricht dagegen, dass von einer Vernehmung Ma. s den Angeklagten entlastende Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären. Dies gilt umso mehr, als sein Vermerk die Ausführungen M. s dahin zusammenfasst, es sei „bankintern festgestellt worden, dass (der Angeklagte) die Kreditsachbearbeiter offensichtlich betrogen hatte, mit dem Resümee, dass eine Bank sich vor professionellen Betrügern eh schwerlich schützen kann“.
58
Nicht ersichtlich ist auch, welche den Angeklagten hinsichtlich des abgeurteilten Vorwurfs entlastende Bedeutung die Vernehmung des Zeugen im Blick auf den - später eingestellten - Anklagevorwurf haben könnte, dass die H. bank „im Vertrauen auf die Selbstauskunft“ neben dem Betriebs- mittelkredit einige Zeit später auch noch einen (im Ergebnis sogar vollständig ausgefallenen) Kontokorrentkredit eingeräumt hat.
59
3. Auch sonst enthält dieser Schuldspruch keine Rechtsfehler.
60
4. Ebenso hat die in diesem Fall ausgesprochene Einzelstrafe Bestand.
61
a) Der Schaden ist hier nicht unter Heranziehung sonstiger Gesichtspunkte berechnet oder geschätzt, sondern er entspricht der nicht zurückgezahlten Kreditsumme. Angesichts der Vermögensverhältnisse der A. , wie sie sich in der Bilanz zum 31. Dezember 2006 - also wenige Monate nach der Kreditgewährung - niederschlugen (vgl. oben I 1), gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass er gleichwohl geringer anzusetzen wäre.
62

b) Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ersichtlich. Es beschwert ihn nicht, dass die Strafe nicht dem Strafrahmen für besonders schwere Fälle entnommen ist (vgl. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB). Gleiches gilt für die nicht tragfähig begründete Annahme, „gewisse gesundheitliche Beeinträchtigungen“ in der Untersuchungshaft wirkten strafmildernd (vgl. demgegenüber BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN).
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c) Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier verhängte Strafe von den (aufgehobenen) niedrigeren Strafen in den übrigen Fällen zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst sein könnte.
Nack Wahl Graf
Jäger Radtke

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.