Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2014 - 1 StR 422/13

bei uns veröffentlicht am05.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 2 2 / 1 3
vom
5. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 25. März 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. , S. und A. jeweils wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren (Angeklagte K. und A. ) bzw. drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter S. ) verurteilt und bestimmt, dass die vom Angeklagten A. in Österreich erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
2
Hiergegen haben die Angeklagten Revision eingelegt, mit der sie jeweils die Verletzung materiellen Rechts rügen; die Angeklagten K. und S. erheben auch Verfahrensrügen.

3
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben mit der Sachrüge jeweils vollen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrügen nicht bedarf.

I.


4
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts handelten die Angeklagten über die von ihnen geführte Su. GmbH mit Computerbauteilen. Diese bezogen sie über die Initiatoren eines auf die "planmäßige Nichtabführung der Umsatzsteuer" gerichteten Hinterziehungssystems. Diese Initiatoren waren der bereits verurteilte Zeuge O. sowie der gesondert Verfolgte B. . O. und B. hatten die Ware aus dem Ausland beschafft und (in näher bezeichneter Weise, UA S. 15) "direkt an die Su. GmbH angeliefert" (UA S. 26). Die der Su. GmbH in diesem Zusammenhang erteilten Rechnungen waren demgegenüber auf die M. GmbH bzw. auf die E. GmbH ausgestellt. Bei diesen Firmen handelte es sich um wirtschaftlich inaktive, formal von Strohleuten vertretene, tatsächlich aber von O. und B. sowie dem Zeugen Ei. beherrschte Firmen. O. und B. hatten diese Firmen "zwischengeschaltet", um die wahren Lieferwege und die im Vorfeld stattgefundene Umsatzsteuerhinterziehung zu verschleiern. Diese Umsatzsteuerhinterziehung bestand darin, dass weitere - ebenfalls von O. und B. gesteuerte - inländische Firmen (jedenfalls nach Papierlage) die Computerbauteile von in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässigen Firmen erwarben und rechnungsmäßig unter Ausweis von Umsatzsteuer an die M. GmbH bzw. die E. GmbH weiterverkauften, die in den Rechnun- gen ausgewiesene Umsatzsteuer jedoch "planmäßig" nicht an die Finanzbehörden abführten.
5
b) Aufgrund einer Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten der Su. GmbH vom 27. April 2005 wussten die Angeklagten, dass gegen O. und B. ein Ermittlungsverfahren anhängig war (UA S. 26). Anlässlich dieser Durchsuchung wurde den Angeklagten die Funktionsweise eines Umsatzsteuerkarussells und der Verdacht gegen O. , mit der M. GmbH ein solches Umsatzsteuerkarussell zu betreiben, erläutert. Danach brachen die Einkäufe bei der M. GmbH und der E. GmbH weg; die letzte der Su. GmbH in diesem Zusammenhang erteilte Rechnung datierte vom 26. April 2005.
6
c) In der am 10. April 2006 für das Jahr 2004 und der am 22. Februar 2007 für das Jahr 2005 abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung der Su. GmbH machten die Angeklagten aus den Einkäufen bei den Firmen M. GmbH und der E. GmbH die jeweils ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend. Diese Vorsteuerbeträge beliefen sich in Summe auf rund 850.000 Euro (Jahr 2004) und 1.330.000 Euro (Jahr 2005).
7
2. Das Landgericht hat die Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2004 und 2005 jeweils als Taten der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gewertet.
8
Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der M. GmbH und der E. GmbH sei ungerechtfertigt, weil, was den Angeklagten bekannt gewesen sei, sich die Su. GmbH an einem "Umsatzsteu- erkarussell" beteiligt habe und nicht die in den Rechnungen genannten Firmen, sondern O. und B. die tatsächlichen Lieferanten der Su. GmbH gewesen seien.
9
Dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Abgabe der Jahresumsatzsteuererklärungen die mangelnde Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der M. GmbH und E. GmbH zumindest billigend in Kauf genommen hätten, folge bereits daraus, dass die Angeklagten anlässlich der Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten der Su. GmbH, also noch vor Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen, von dem Ermittlungsverfahren gegen O. und B. und von deren auf Hinterziehung von Umsatzsteuer angelegten System erfuhren. Damit, so das Landgericht, war bei allen Angeklagten nach der Durchsuchung am 27. April 2005 dolus eventualis gegeben (UA S. 32).

II.


10
Das Urteil hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung nicht. Zum einen ist die mangelnde Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der M. GmbH bzw. der E. GmbH nicht rechtsfehlerfrei begründet (nachfolgend unter 1.). Zum anderen kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden, ob jeweils Tatvollendung oder nur Versuch vorliegt (nachfolgend unter 2.).

12
1. Die Annahme des Landgerichts, dass die Angeklagten in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Su. GmbH gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht haben, indem sie die in den Rechnungen der Firmen M. GmbH und E. GmbH ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
a) Dass sich die Angeklagten mit den Warenbezügen von den Firmen M. GmbH und E. GmbH an einem von O. und B. initiierten "Umsatzsteuerkarussell" beteiligten, genügt für sich genommen nicht, um die mangelnde Berechtigung zum Vorsteuerabzug (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) zu begründen.
14
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht derjenige, der in Umsatzsteuererklärungen die in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer geltend macht, unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn er sich mit dem der Rechnung zu Grunde liegenden Erwerb an einem in eine "Mehrwertsteuerhinterziehung" einbezogenen Umsatz beteiligte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, NJW 2011, 1616), denn aus solchen Erwerben steht ihm kein Vorsteuerabzugsrecht zu. Dies gilt jedoch nur dann, wenn er bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges von der Einbeziehung in die "Mehrwertsteuerhinterziehung" wusste oder hätte wissen müssen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 312/13 mwN zur Rechtsprechung des EuGH). Bei nachträglicher - also nach Leistungsbezug eintretender - "Bösgläubigkeit" bleibt das Vorsteuerabzugsrecht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG hingegen unberührt (vgl. BGH aaO).
15
Indem das Landgericht die mangelnde Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der M. GmbH und E. GmbH mit der Beteiligung der Angeklagten an einem "Umsatzsteuerkarussell" verneint und sich hierbei maßgeblich auf die Erwägung gestützt hat, den Angeklagten sei im Rahmen der Durchsuchung vom 27. April 2005 der Tatverdacht gegen O. und B. in näher bezeichneter Weise erläutert worden, hat es demnach auf einen rechtlich unzutreffenden Zeitpunkt abgestellt.
16
Die Durchsuchung vom 27. April 2005 erfolgte zwar zeitlich gesehen vor Abgabe der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerjahreserklärungen. Sämtliche hier in Rede stehenden Warenlieferungen waren aber zuvor, zuletzt einen Tag vor der Durchsuchung, in Rechnung gestellt worden. Die Erkenntnisse über O. und B. hatten die Angeklagten also - davon geht die Kammer jedenfalls zugunsten der Angeklagten aus - erst erlangt, als sie die in den Rechnungen aufgeführten Computerbauteile bereits für die Su. GmbH bezogen hatten. Diese Erkenntnisse durften daher für die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht herangezogen werden.
17
Eine frühere Kenntnis der Angeklagten lässt sich auch dem Urteil in seiner Gesamtheit nicht hinreichend sicher entnehmen. Das Landgericht war zwar "davon überzeugt", dass die Angeklagten schon vor der genannten Durchsuchung von O. s "Umsatzsteuerkarussell bzw. betrügerischen Handelsketten" gewusst hätten. Das Landgericht hat aber keine Feststellungen darüber getroffen , ab wann dieses Wissen bei jedem der Angeklagten genau vorgelegen hat.
Ebenso wenig ist nachvollziehbar dargelegt, worauf das Landgericht insoweit seine Überzeugung stützt.
18
b) Auch soweit das Landgericht ergänzend das Vorsteuerabzugsrecht mit der Begründung verneint hat, die in den Rechnungen genannten M. GmbH bzw. E. GmbH als von O. und B. "zwischengeschaltete" Firmen seien nicht die "wahren Lieferanten" der Su. GmbH gewesen, ist dies nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht war offenbar der Ansicht, dass diese Firmen wegen ihrer Eigenschaft als "Strohmannfirmen" nicht als Leistende im Sinne des Umsatzsteuergesetzes angesehen werden könnten. Dies trifft indes so nicht zu.
19
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. nur BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208).
20
Auch ein "Strohmann", der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum "Hintermann" jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann daher leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein (vgl. BFH aaO; BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 15/09, wistra 2011, 237 mwN). Dementsprechend können dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen sein, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 15/09, wistra 2011, 237 mwN).
21
"Vorgeschobene" Strohmanngeschäfte zwischen einem "Strohmann" und dem Leistungsempfänger sind hingegen dann umsatzsteuerrechtlich (wie auch zivilrechtlich) unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien - der "Strohmann" und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (zu den Maßstäben vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, wistra 2013, 314; BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 15/09, wistra 2011, 237; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR UStG § 2 Unternehmer 4).
22
Gemessen daran fehlt es im angefochtenen Urteil an ausreichenden Feststellungen für die Annahme des Landgerichts, nicht die in den Rechnungen genannten Firmen M. GmbH und E. GmbH, sondern O. und B. seien die "wahren" Lieferanten der Su. GmbH gewesen. Die bloße Feststellung, dass O. und B. diese Firmen - sei es auch zum Zwecke der Hinterziehung von Umsatzsteuer - "zwischengeschaltet" hatten, genügt für sich genommen jedenfalls nicht. Vielmehr kam es auch auf die Sicht der Leistungsempfängerin Su. GmbH bzw. der für sie handelnden Angeklagten an. Dass aber die vertraglichen Beziehungen auch aus Sicht der Angeklagten nur zum Schein mit den Firmen M. GmbH und E. GmbH eingegangen bzw. abgewickelt wurden, diese Firmen also auch aus Sicht der Angeklagten in Wahrheit keine Rechte und Pflichten aus den Lieferungen an die Su. GmbH übernehmen wollten, verstand sich vorliegend nicht von selbst und hätte daher näherer Erörterung bedurft.
23
2. Das angefochtene Urteil war auch deshalb aufzuheben, weil ihm die für die Beurteilung der Frage, ob Tatvollendung oder nur Versuch gegeben ist, maßgeblichen Umstände nicht entnommen werden können. Die Urteilsgründe enthalten zwar Feststellungen zur Höhe der in den Umsatzsteuerjahreserklärungen geltend gemachten Vorsteuerbeträge. Mangels Feststellungen zu weiteren Angaben in den Erklärungen kann der Senat aber nicht nachprüfen, ob die (unrichtigen) Steueranmeldungen zu einer Steuervergütung (§ 168 Satz 2 AO) oder zu einer Zahllast (§ 168 Satz 1 AO) der Su. GmbH geführt haben. Hiervon hängt aber die Frage der Tatvollendung ab (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 318/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Vollendung 3).
24
3. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen hat der Senat ebenfalls aufgehoben (§ 353 Abs. 2 StPO), zum einen, weil sie auf der Grundlage einer fehlerhaften Rechtsansicht getroffen wurden und zum anderen vor allem, um dem neuen Tatrichter die Gelegenheit zu geben, neue widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen.

25
Die Sache war daher insgesamt zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
26
Eine abschließende Entscheidung durch den Senat kam nicht in Betracht , da nicht auszuschließen ist, dass Feststellungen getroffen werden können , die erneut zu einer Verurteilung der Angeklagten führen.
Wahl Rothfuß Jäger
Radtke Mosbacher

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 24/10
vom
19. April 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung
zu 2.: versuchter Steuerhinterziehung
zu 3.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 4.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 5.: Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2011 beschlossen:
Der Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 wird wegen eines offensichtlichen Schreibversehens in den Gründen unter II.3.d) dahingehend berichtigt, dass die Worte „Aussetzung des Gesetzes“ durch „Auslegung des Gesetzes“ ersetzt werden.
RiBGH Dr. Wahl ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Nack Rothfuß Hebenstreit Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 312/13
vom
1. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Oktober 2013 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 1. Februar 2013 aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte in den Fällen VIII. 1. bis 3. sowie IX. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zum Umfang der Lieferungen der Firma Me. im Jahr 2009 aufrechterhalten.

b) im Strafausspruch auch in den Fällen VIII. 4. bis 10. der Urteilsgründe und hinsichtlich der Gesamtstrafe; von den zugehörigen Feststellungen werden lediglich diejenigen zu den Lieferungen der Firma Me. im Fall VIII. 8. der Urteilsgründe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
a) Seit Oktober 2008 betätigte sich der Angeklagte zusammen mit dem gesondert verfolgten T. im Online-Handel mit Elektronikgeräten (vorwiegend mit Flachbildschirmfernsehern). Die Geschäfte betrieben sie zunächst über die von ihnen gemeinsam geführte Gesellschaft M. I. OHG (im Folgenden: M. OHG). Am 30. September 2010 gründeten sie dann die M. B. GmbH (im Folgenden : M. GmbH) mit identischem Geschäftszweck.
4
b) Beide Firmen waren seit Ende 2009 als sog. buffer in „Umsatzsteuer- hinterziehungssysteme“ eingebunden, die von verschiedenen Gruppierungen aus dem Großraum B. organisiert worden waren. Den Systemen zur Hinterziehung von Umsatzsteuer lag folgendes Muster zugrunde:
5
Unter Einbindung von Strohleuten gegründete Gesellschaften sollten gegen Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer Flachbildschirmfernseher an gewerbliche Abnehmer verkaufen und den vereinbarten Kaufpreis bei der Lieferung in bar entgegennehmen. Die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sollte von diesen Gesellschaften entweder schon nicht angemeldet, zumindest aber nicht abgeführt werden. Bereits nach kurzer Zeit, möglichst vor Aufdeckung des Systems, sollten diese Firmen (sog. missing trader) ihre „ver- meintliche Gewerbetätigkeit“ wieder einstellen. Ziel war es, die Nichtabführung der vereinnahmten Umsatzsteuer nicht auf einen einmaligen Liefervorgang zu beschränken, sondern die nachfolgenden Warenbewegungen des Abnehmers weiter zu kontrollieren und zu steuern, um wieder über die verkauften Geräte verfügen und diese erneut dem „Wirtschaftskreislauf“ zuführen zu können. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass der gewonnene Abnehmer (sog. buffer) durch lukrative Angebote von Scheinfirmen veranlasst werden sollte, die Fernseher im Rahmen vermeintlicher innergemeinschaftlicher Lieferungen umsatzsteuerfrei zu veräußern. Tatsächlich sollten die Geräte aber nicht ins innergemeinschaftliche Ausland verbracht werden, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben. Durch den hierdurch ermöglichten umsatzsteuerfreien Ankauf sollte es den die Warenbewegungen beherrschenden Personen ermög- licht werden, die Geräte sehr günstig erneut anzubieten. Für den „buffer“ brach- te die Teilnahme an diesem System den wirtschaftlichen Vorteil, dass er - aufgrund des umsatzsteuerfreien Ankaufs sowie der Nichtabführung der vereinnahmten Umsatzsteuer durch den Lieferanten - Zugang zu konkurrenzlos günstigen Waren erhielt und trotzdem die von ihm gezahlte Umsatzsteuer bei den Finanzbehörden als Vorsteuer geltend machen konnte.
6
c) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die von dem Angeklagten geleiteten Gesellschaften M. OHG und M. GmbH in mehreren derartigen Umsatzsteuerkarussellen, die nahtlos ineinander übergin- gen, jeweils die Funktion eines „buffers“. Gleichwohl machte der Angeklagte hinsichtlich solcher Geschäfte die in den an diese Gesellschaften gerichteten Rechnungen gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge in Steueranmeldungen gegenüber den Finanzbehörden als Vorsteuern geltend. In der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2009 betreffend die M. OHG führte dies zu einer Verminderung der Zahllast um 460.979,48 Euro (Fall IX. der Urteilsgründe ); aufgrund unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Juli 2010 und September 2010, Oktober 2010 für die M. OHGsowie betreffend die M. GmbH für Januar 2011 (Fälle VIII. 1. bis 10. der Urteilsgründe) kam es jeweils zur Verkürzung von Umsatzsteuer mit Erstattung geltend gemachter Vorsteuer bei einem Verkürzungsumfang von insgesamt 2.642.114 Euro. Das Finanzamt erteilte in den Fällen eines Vorsteuerüberhanges jeweils die erforderliche Zustimmung zur Auszahlung (vgl. § 168 S. 2 AO).
7
d) Nach den Feststellungen des Landgerichts erkannte der Angeklagte erst am 18. März 2010 die Einbindung der von ihm geleiteten Firmen in Umsatzsteuerkarusselle. Er beendete gleichwohl die Geschäftsbeziehung zu den Betreibern der Karussellsysteme nicht und nahm trotz seiner Erkenntnis, dass die Warenbewegungen innerhalb von Umsatzsteuerkarussellgeschäften stattfanden , in Umsatzsteuervoranmeldungen für die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer einen Vorsteuerabzug vor. Eine Berichtigung der für Januar 2010 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung gemäß § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO nahm der Angeklagte nicht vor.
8
2. Das Landgericht hat die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärung in den Fällen VIII. 2. bis 10. sowie IX.
der Urteilsgründe jeweils als Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gewertet. Zu den Zeitpunkten der Einreichung dieser Steueranmeldungen habe der Angeklagte gewusst, dass die von ihm geleiteten Firmen in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden gewesen seien und er deshalb mangels vorgenommener Lieferung keinen Vorsteuerabzug hätte geltend machen dürfen. Auf eine „Gutgläubigkeit“ des Angeklagten zum Zeitpunkt der Ausführung der Liefe- rungen für die Anmeldungszeiträume bis März 2010 komme es dabei nicht an, sie liege im Übrigen auch nicht vor, weil der Angeklagte hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt habe.
9
Zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für den Voranmeldungszeitraum Januar 2010 am 4. März 2010 (Fall VIII. 1. der Urteilsgründe ) sei der Angeklagte, anders als bei Abgabe der übrigen Erklärungen, zwar noch „gutgläubig“ gewesen. Weil er aber nachträglich die Einbindung in eine „Umsatzsteuerkette“ erkannt habe, habe für ihn die Verpflichtung bestan- den, eine berichtigende Erklärung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO abzugeben. Da er dieser Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen sei, habe er sich insoweit einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar gemacht.

II.


10
Die Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Rechtsfehlerfrei ist die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in den Fällen VIII. 4. bis 10. der Urteilsgründe (nachfolgend 1.). Demgegenüber wird der Schuldspruch in den Fällen VIII. 1. bis 3. sowie IX. der Urteilsgründe von den Feststellungen nicht getragen; das Landgericht ist insoweit hin- sichtlich der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG von falschen Maßstäben ausgegangen (nachfolgend 2.). Ein Teilfreispruch kommt nicht in Betracht, weil möglich ist, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die auch in diesen Fällen einen Schuldspruch rechtfertigen können (nachfolgend 3.). Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand (nachfolgend 4.). Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nur insoweit, als diese von der fehlerhaften Rechtsanwendung betroffen sind, im Übrigen zur Ermöglichung widerspruchsfreier Feststellungen (nachfolgend 5.).
11
1. Der Schuldspruch in den Fällen VIII. 4. bis 10. der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Denn die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte in diesen Fällen in den Steueranmeldungen für die M. OHG bzw. die M. GmbH zu Unrecht aus Eingangsrechnungen für die Lieferung von elektronischen Geräten einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, obwohl er bereits bei Bezug der Geräte wusste, dass die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG nicht vorlagen. Damit hat er gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht, die zu einer Steuerverkürzung geführt haben (vgl. § 168 AO).
12
a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
13
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es für die Frage, wann die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen müssen, nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung an, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird. Vielmehr ist ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG dann zulässig, wenn dessen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Ausführung der Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen vorgelegen haben. Insbesondere fällt eine einmal bestehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht deshalb nachträglich weg, weil der Unternehmer später von Umständen Kenntnis erlangt, die einem Vorsteuerabzug entgegengestanden hätten, wenn er sie bereits beim Bezug der Waren gekannt hätte. Auch wird er durch diese nachträgliche Kenntnis nicht rückwirkend zum Nichtunternehmer.
14
aa) Im Rahmen der Auslegung des § 15 UStG sind die dieser Vorschrift zugrunde liegende Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU Nr. L 347 S. 1; im Folgenden : Mehrwertsteuersystemrichtlinie) und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu beachten (sog. richtlinienkonforme Auslegung). Danach gilt Folgendes:
15
Bei dem in Art. 167 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehenen Recht zum Vorsteuerabzug handelt es sich um einem integralen Bestandteil des Mehrwertsteuersystems; es kann sofort ausgeübt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 in der Rechtssache C-285/11 „Bonik“, DStRE 2013, 803). Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie unterscheidet dabei zwischen der Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug (Art. 167 i.V.m. Art. 63 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ) und der Ausübung dieses Rechts (Art. 178 f. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Nach Art. 167 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die ab- ziehbare Steuer entsteht. Dies ist nach Art. 63 der Richtlinie bereits dann der Fall, wenn die Lieferung oder die Dienstleistung bewirkt ist; lediglich die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts setzt zusätzlich den Besitz einer den Anforderungen des Art. 178 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie entsprechenden Rechnung voraus (vgl. EuGH, Urteil vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-152/02 „Terra Baubedarf“ zu Art. 17, 18 der von der Mehrwertsteuersystemrichtlinie abgelösten „Sechste(n) Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG“, im Folgenden: Sechste Richtlinie 77/388/EWG).
16
bb) Aus der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts, zu dem die Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt wird, für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug folgt, dass für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug die Verhältnisse bei Bezug der Leistung maßgebend sind (vgl. BFH, Urteil vom 13. Mai 2009 - XI R 84/07, BStBl II 2009, 868 unter Hinweis auf Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG; vgl. auch BFH, Urteile vom 18. April 2013 - V R 19/12, BFH/NV 2013, 1515 und vom 8. September 2011 - V R 43/10, BFHE 235, 501).
17
cc) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Vorsteuerabzug dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006 in den Rechtssachen C-439/04 und C-440/04 „Kittel und Recolta Recycling“, Slg. 2006, I-6161, Rn. 53, 55 f.; vgl. auch EuGH, Urteile vom 6. Dezember 2012 in der Rechtssache C-285/11 „Bonik“, DStRE 2013, 803, Rn. 37 ff. und vom 21. Juni 2012 in den Rechtssachen C-80/11 und C-142/11 „Mahagében und Dávid“, DStRE 2012, 1336 Rn. 42, 45). Demgegenüber wäre es nach der Rechtsprechung des EuGH mit den Regelungen über den Vorsteuerabzug in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht vereinbar, einen Steuerpflichtigen, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Leistenden begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausging oder nachfolgte, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde, durch die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts mit einer Sanktion zu belegen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012 in den Rechtssachen C-80/11 und C-142/11 „Mahagében und Dávid“,DStRE 2012, 1336 Rn. 47 mwN). Denn Wirtschaftsteilnehmer , die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen sind, dürfen auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006 in der Rechtssache C-384/04 „Federation of Technological Industries u.a.“, Slg. 2006 I-4191 Rn. 33).
18
c) Gemessen an diesen sich aus dem Unionsrecht ergebenden Maßstäben hat es für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug keine Bedeutung, ob der Leistungsempfänger, der eine Lieferung noch „in gutem Glauben“ erhalten hat, nachträglich erkennt, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt hat, der in eine anderweit begangene „Mehrwertsteuerhinterziehung“ einbezogen war. Es verstieße auch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-110/94 „Inzo“, Slg. 1996 I-857 Rn. 21), wenn einem Unternehmer, der von solchen Umständen zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges weder wusste noch hätte wissen müssen, wegen nachträglich eingetretener „Bösgläubigkeit“ rückwirkend das Recht auf den Vorsteuerabzug entzogen werden könnte.
19
d) Trotz des unrichtigen rechtlichen Ansatzes des Landgerichts tragen die Feststellungen in den Fällen VIII. 4. bis 10. der Urteilsgründe den Schuldspruch der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass dem Angeklagten bereits seit dem 18. März 2010 und damit in diesen Fällen auch schon beim Warenbezug bekannt war, dass die von ihm geleitete Firma M. OHG (und später auch die M. GmbH) in ein Umsatzsteuerkarussell einbezogen war und die Waren von „missing tradern“ bzw. einem „buffer“ erhalten hatte. Damit fehlte es in diesen Fällen an einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Lieferung an diese Unternehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, wistra 2011, 264). Indem der Angeklagte in diesen Fällen gleichwohl in den Steueranmeldungen einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, hat er gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben gemacht.
20
e) Soweit der Angeklagte für September 2010 (Fall VIII. 8. der Urteilsgründe ) einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma Me. in Höhe von 11.337,68 Euro vorgenommen hat, ist den Feststellungen jedoch nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob die Voraussetzungen für eine Versagung des Vorsteuerabzugs vorgelegen haben. Denn das Landgericht hat festgestellt, dass die Lieferbeziehung zu dieser Firma bereits im Februar 2010 (UA S. 13) und damit zu einem Zeitpunkt beendet wurde, als der Angeklagte nach den Feststellungen noch keine Kenntnis von der Einbindung der M. OHG in ein „Umsatzsteuerhinterziehungssystem“ hatte. Es ist daher nicht auszu- schließen, dass sich der Vorsteuerabzug insoweit auf Geschäftsvorfälle vor dem 18. März 2010 bezieht. Dies lässt den Schuldspruch jedoch unberührt, weil die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte in der Umsatzsteuervoranmeldung für September 2010 einen unberechtigten Vorsteuerabzug in Höhe von 12.112,50 Euro aus einer Rechnung der Firma H. über eine Lieferung im Juni 2010 vorgenommen hat (UA S. 19).
21
2. Der Schuldspruch in den Fällen VIII. 1. bis 3. sowie IX. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
22
a) Auch in den Fällen VIII. 2. und 3. sowie IX. der Urteilsgründe hat das Landgericht bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG vorgelegen haben, zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Einreichung der jeweiligen Steueranmeldung abgestellt, in welcher der Angeklagte den entsprechenden Vorsteuerabzug vorgenommen hat. Maßgeblich für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug war auch hier allein der jeweilige Zeitpunkt des Warenbezugs. Dieser lag aber in diesen Fällen jeweils vor dem 18. März 2010, dem Tag, an dem der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen die Einbindung der M. OHG in Hinterziehungsstrukturen erkannte.
23
Tragfähige Feststellungen zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten beim jeweiligen Warenbezug, die in diesen Fällen die Versagung des Vorsteuerabzugs zweifelsfrei rechtfertigen würden, enthalten die Urteilsgründe nicht. Allein der Umstand, dass sich die M. OHG beim Erwerb der Fernseher objektiv an Umsätzen beteiligte, die in Umsatzsteuerhinterziehungen von „missing tradern“ einbezogen waren, rechtfertigt die Versagung des Vor- steuerabzugs nicht. Vielmehr kommt - wie dargelegt - nach der Rechtsprechung des EuGH in solchen Fällen die Versagung des Vorsteuerabzugs nur dann in Betracht, wenn der Leistungsempfänger weiß oder zumindest hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteiligt. Ob dies der Fall ist, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012 in den Rechtssachen C-80/11 und C-142/11 „Mahagében und Dávid“, DStRE 2012, 1336), die vom Tatgericht in einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände zu würdigen sind. Daran fehlt es hier.
24
Das Landgericht hat zwar hilfsweise ausgeführt, dass der Angeklagte auch jeweils zum Zeitpunkt der Lieferungen nicht „gutgläubig“ gewesen sei, weil er „die Unrichtigkeit der Vorsteuerabzugsberechtigung“ zu diesem Zeit- punkt bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können. Dies wird jedoch nicht näher belegt. Der Senat kann die erforderliche Gesamtwürdigung der Umstände nicht nachholen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 1999 - 1 StR 390/99, NStZ 1999, 607). Eine Fallgestaltung, in der bereits auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ohnehin lediglich ein rechtlich vertretbares Ergebnis möglich ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. März 2003 - 2 StR 239/02, NStZ 2003, 657), liegt nicht vor.
25
b) Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO im Fall VIII. 1. der Urteilsgründe kann gleichfalls keinen Bestand haben.
26
aa) Das Landgericht hat den die Strafbarkeit begründenden Pflichtverstoß darin gesehen, dass der Angeklagte die für Januar 2010 abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung nicht gemäß § 153 Abs. 1 AO berichtigt habe, obwohl er nachträglich erkannt habe, dass der dort geltend gemachte Vorsteuerabzug unberechtigt gewesen sei.
27
bb) Gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO hat der Steuerpflichtige, wenn er nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.
28
cc) Das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Anzeige- und Berichtigungspflicht wird hier jedoch durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt. Denn die für Januar 2010 von dem Angeklagten eingereichte Umsatzsteuervoranmeldung wäre nur dann unrichtig, wenn die Voraussetzungen für eine Versagung des Vorsteuerabzugs schon beim Warenbezug gegeben waren. Dies belegen die Urteilsfeststellungen indes nicht, zumal da das Landgericht hinsichtlich der Voraussetzungen für die Versagung des Vorsteuerabzugs zu Unrecht nicht auf das Vorstellungsbild des Angeklagten beim Warenbezug, sondern auf dasjenige bei Einreichung der Steueranmeldungen abgestellt hat.
29
3. Ein Teilfreispruch in den Fällen VIII. 1. bis 3. und IX. der Urteilsgründe kommt nicht in Betracht, da es noch möglich erscheint, dass Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten beim Warenbezug getroffen werden können, die auch insoweit eine Verurteilung rechtfertigen (vgl. auch BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - 1 StR 492/11, wistra 2012, 477 und vom 7. März 1995 - 1 StR 523/94, BGHR StPO § 354 Abs. 1 Freisprechung 1). Das Landgericht hat - wie dargelegt - selbst darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte dafür bestehen , dass der Angeklagte schon vor dem 18. März 2010 die „Unrichtigkeit der Vorsteuerabzugsberechtigung hätte erkennen können“. Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) kommt dabei nur in Betracht, wenn mindestens bedingter Hinterziehungsvorsatz vorliegt; für den Ordnungswidrig- keitentatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) genügt Leichtfertigkeit.
30
4. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
31
a) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen VIII.1. bis 3. sowie IX. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen und zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
32
b) Der Einzelstrafausspruch im Fall VIII. 8. der Urteilsgründe ist schon deswegen aufzuheben, weil es zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma Me. an Feststellungen zum zugrunde liegenden Leistungszeitpunkt fehlt. Vom Vorstellungsbild des Angeklagten zu diesem Zeitpunkt kann aber aus den genannten Gründen die Berechtigung zum Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG abhängen. Damit ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht in diesem Fall den Schuldumfang unrichtig bestimmt hat.
33
c) Der Senat hebt auch die übrigen Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, dass diese in ihrer Höhe durch die aufgehobenen Einzelstrafen im Ergebnis beeinflusst sind (vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, wistra 2012, 236 und vom 16. Mai 1995 - 1 StR 117/95). Bei den dem Angeklagten zur Last liegenden Taten handelt es sich um eine Serie gleichartiger Taten, die in einem inneren Zusammenhang stehen.
34
Im Übrigen bestehen gegen die Strafzumessung auch deshalb Bedenken , weil das Landgerichtzum Nachteil des Angeklagten gewertet hat, dass er - außer hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2010 - mit direk- tem Vorsatz gehandelt habe, wobei er sich im Wissen um die Zusammenhänge gezielt aus eigenem Gewinnstreben dem Umsatzsteuerkarussellsystem angeschlossen habe. Aus den Ausführungen des Landgerichts wird nicht hinreichend deutlich, ob es insoweit allein auf die Vorsatzform abgehoben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 1990 - 3 StR 313/90, BGHR § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 4) oder - was erforderlich wäre - eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1992 - 1 StR 708/91, BGHR § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 5; vgl. auch Schäfer/ Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 618).
35
5. Zwar beruht die Teilaufhebung des Urteils allein auf Wertungsfehlern des Landgerichts. Da das Landgericht aber ausgehend von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz zum Vorstellungsbild des Angeklagten Feststellungen bezogen auf die falschen Zeitpunkte getroffen hat, bedarf es weiterer Feststellungen zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in den Fällen VIII. 1. bis 3. und IX. der Urteilsgründe. Um dem neuen Tatgericht eine bruchlose und widerspruchsfreie Würdigung des Beweisergebnisses auf der Grundlage der für die maßgeblichen Zeitpunkte zu treffenden neuen Feststellungen zu ermöglichen, hebt der Senat in den Fällen, in denen der Schuldspruch keinen Bestand hat, auch die zugrunde liegenden Feststellungen auf.
36
Aufzuheben sind daher die Feststellungen zu den Fällen VIII. 1. bis 3. sowie IX. der Urteilsgründe einschließlich derjenigen zur Strafzumessung. Im Hinblick darauf, dass die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen vom fehlerhaften rechtlichen Ansatz der Strafkammer nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO), bleiben diese jedoch aufrechterhalten. Ausgenommen sind die Feststellungen zur Höhe der Umsätze mit der Firma Me. im Jahr 2009, weil diese im Hinblick auf den Anteil der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern im Verhältnis zu den Gesamtrechnungsbeträgen nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind (UA S. 12).
37
Soweit der Strafausspruch auch in den Fällen VIII. 4. bis 10. der Urteilsgründe , in denen der Schuldspruch Bestand hat, und betreffend die Gesamtstrafe aufgehoben wird, bedarf es im Hinblick auf die allein vorliegenden Wertungsfehler keiner Aufhebungen von Feststellungen. Ausgenommen sind die bislang lückenhaften Feststellungen zu den Lieferungen der Firma Me. im Fall VIII. 8. der Urteilsgründe.
38
Auch soweit die Feststellungen Bestand haben, darf das neue Tatgericht ergänzende Feststellungen treffen, die zu bisherigen nicht im Widerspruch stehen.
Raum Graf Jäger
Radtke Mosbacher

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ im Anschluss an eine von 1996 --mit Unterbrechung-- bis 2000 durchgeführte Zoll- und Steuerfahndungsprüfung unter dem 13. Dezember 2001 die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 gegenüber dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Einzelunternehmer. Den Bescheiden liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Im Rahmen der vorgenannten Zoll- und Steuerfahndungsprüfung war der Prüfer zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger bzw. seine … 1970 geborene Tochter, die Beigeladene, in den Streitjahren in erheblichem Umfang mit Branntweinen und Maische bzw. Obsterzeugnissen gehandelt hatten, ohne dies gewerberechtlich und steuerrechtlich angemeldet zu haben. Es wurden Rechnungen aus den Jahren 1992 bis 1994 an die Firma … GmbH (L-GmbH) und aus den Jahren 1992/93 an die Firma … (AB) sowie eine Reihe von geringfügigeren Rechnungen aus den Jahren 1990 bis 1994 sichergestellt. Alle Rechnungen wiesen Umsatzsteuer aus.

3

Rechnungsausstellerin war die Beigeladene. Die Verkaufserlöse wurden überwiegend auf das Konto "XY" bei der Volksbank … eingezahlt, über das auch der Kläger verfügen konnte.

4

Nach Eingang des Schlussberichts des Steuerfahndungsprüfers vom 4. Januar 2001 erließ das FA am 1. März 2001 Bescheide über Umsatzsteuer 1992 bis 1994 gegenüber der "…" (GdbR), weil der Kläger die betreffenden Umsätze zusammen mit der Beigeladenen im Rahmen einer GbR getätigt habe.

5

Während des Einspruchsverfahrens gab der Kläger am 17. September 2001 gegenüber dem damals zuständigen Sachgebietsleiter des FA folgende schriftlich aufgenommene Erklärung ab:

6

"Der auf die Tochter … angemeldete Gewerbebetrieb ist in 1988 abgemeldet worden. Die Konzession, die noch auf die Tochter läuft, ruht seitdem. Die nach 1988 getätigten Geschäfte wurden von mir als Patron veranlasst und unter meiner Ägide ausgeführt. Was die Geldverwaltung angeht, so hat diese die Tochter in meinem Auftrag erledigt. In praxi wurde meine Tochter quasi als 'Strohmann' eingesetzt."

7

Daraufhin hob das FA die gegenüber der GdbR erlassenen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 auf und erließ die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide. Der Einspruch blieb erfolglos.

8

Mit der Klage machte der Kläger geltend, seine Erklärung sei falsch; er habe seine Tochter damit schützen wollen. Außer einigen Gefälligkeitsfahrten habe er mit den Branntweinlieferungen nichts zu tun gehabt.

9

Das FG wies die Klage ab. Bei der Umsatzsteuer gelte zwar das Offenkundigkeitsprinzip. Eine Ausnahme könne aber trotz selbstständigen Auftretens im Außenverhältnis eingreifen, wenn im Innenverhältnis --wie hier-- der Fall eines weisungsabhängigen Strohmannes vorliege. Danach sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer und Steuerschuldner der auf den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer.

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Als Unternehmer sei nur derjenige anzusehen, der bei einem Leistungsaustausch nach außen hin aufgetreten sei. Das FG habe dagegen ausgeführt, dass demjenigen, der in eigenem Namen auftrete, Umsätze dann nicht zugerechnet werden könnten, wenn er sich in abhängiger Stellung befinde. Dies entspreche zwar dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. September 1994 XI R 56/93 (BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275), stehe aber im Widerspruch zu der jüngeren Rechtsprechung des V. Senats des BFH, die ausschließlich auf das Außenverhältnis zwischen dem Strohmann und dem Leistungsempfänger abstelle.

11

Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992, 1993 und 1994, jeweils vom 13. Dezember 2001, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2003 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Es macht geltend, der Kläger sei selbst als Unternehmer aufgetreten bzw. den Kunden und Lieferanten sei bekannt gewesen, dass die Beigeladene nur vorgeschoben gewesen sei und nicht beabsichtigt habe, eigene Leistungen zu besteuern. Der Kläger sei somit auch nach der Rechtsprechung des V. Senats als Unternehmer anzusehen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht seine Entscheidung, hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen.

15

1. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 388 unter Verweis auf BFH-Urteile vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr (als sog. "Strohmann"; hier evtl. die Beigeladene) im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der --aus welchen Gründen auch immer-- nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. "Hintermann"; hier evtl. der Kläger), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Entsprechende Grundsätze gelten für den "Strohmann" als Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd).

18

b) Die gegenteilige Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168) hat der --seinerzeit für die Umsatzsteuer ausschließlich zuständige-- V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Diese Rechtsprechungsänderung betrifft auch das vom FG angeführte Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd). Der nunmehr erneut ebenfalls für die Umsatzsteuer zuständige erkennende Senat folgt der Rechtsprechung des V. Senats (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 259, HFR 2010, 388).

19

Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung) nur dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien --der "Strohmann" und der Leistungsempfänger (hier u.a. die L-GmbH und AB)-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

20

2. Die Vorentscheidung, die von den überholten Rechtsgrundsätzen in dem BFH-Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 ausgegangen ist, wonach demjenigen, der in eigenem Namen auftritt, Umsätze dann nicht zugerechnet werden können, wenn er sich in abhängiger Stellung befindet, war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zu verweisen.

21

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob bzw. inwieweit nach der oben unter II.1. dargestellten Rechtsprechung die Beigeladene oder der Kläger hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen sind. Zwar hat das FG ausgeführt, dass Rechnungsausstellerin die Beigeladene gewesen sei und dass nach außen hin förmlich in ihrem Namen gehandelt worden sei. Das schließt aber nicht aus, dass den jeweiligen Geschäftspartnern erkennbar war, dass nicht die Beigeladene, sondern der Kläger aus den Verträgen berechtigt und verpflichtet sein sollte. Zu den vom FA im Revisionsverfahren dafür angeführten Umständen enthält das FG-Urteil keine Feststellungen.

22

Auch aus der Erklärung des Klägers vom 17. September 2001 ergibt sich hierfür nichts.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 586/12
vom
9. April 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
1. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen
besonders verpflichtet ist.
2. Das Merkmal "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf
das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in
Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen
würde.
3. Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen
trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsbe-
rechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein,
der ihm gegenüber weisungsabhängige "Strohleute" im Rechtsverkehr nach
außen im eigenen Namen auftreten lässt.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juni 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wird,
b) aufgehoben aa) im Einzelstrafausspruch in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe und bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 22. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

4
Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe („Bandentaten“)
5
1. Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte erfahren, dass sich eine bis dahin von Ba. , G. und B. angeführte Gruppe erfolgreich im Handel mit Altgold betätigt hatte. Dieser Handel war darauf ausgerichtet, systematisch einen betrügerischen „Umsatzsteuergewinn“ zu er- wirtschaften. Der „Gewinn“ wurde dadurch erzielt, dass die beim Verkauf von Altgold an Scheideanstalten neben dem Nettokaufpreis erlangte Umsatzsteuer einbehalten wurde, in den Umsatzsteuervoranmeldungen der einliefernden Personen aber ein nicht gerechtfertigter Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vorgenommen wurde. Das Hinterziehungssystem folgte bis zum Einstieg des Angeklagten im Juni 2010 im Wesentlichen folgendem Ablauf:
6
Die Gruppe ließ Goldscheideanstalten mit von Ba. und G. „schwarz“ - also ohne Umsatzsteuer - angekauftem Gold in normalen Handels- geschäften beliefern. Bei den Scheideanstalten traten als liefernde Unternehmer (sog. Einlieferer) nur G. oder Personen auf, die von G. zu diesem Zwecke angeworben worden waren und entsprechende Gewerbe angemeldet hatten. Die Goldscheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf deren Konten. Die jeweiligen Einlieferer händigten den Brutto-Gutschriftsbetrag an Ba. oder G. aus und erhielten dafür eine Provision in Höhe von drei bis vier Prozent des Gutschriftsbetrages.
7
Die Einlieferer - darunter auch G. , soweit er in eigenem Namen Gold bei den Goldscheideanstalten einlieferte - meldeten in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsatzsteuer aus den Gutschriften für die Goldlieferungen an. Zur Minimierung der sich ergebenden Zahllast nahmen sie jedoch gleichzeitig einen unberechtigten Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) aus Scheinrechnungen vor, die B. beschaffte. Es handelte sich dabei um sog. Abdeckrechnungen , in denen den Rechnungsadressaten unter Umsatzsteuerausweis tatsächlich nicht erbrachte Lieferungen von Gold in Rechnung gestellt wurden. Die „Gewinne“ aus den Geschäften verwendeten G. und Ba. einerseits für weitere Goldankäufe sowie zum Bezahlen der Abdeckrechnungen, andererseits für einen aufwendigen Lebensstil.
8
Anlässlich eines Streits um eine offene Forderung B. s nahmen Ba. und G. den Angeklagten in die Gruppe auf, um fortan mit ihm nach „be- währtem Geschäftsmodell“ den auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Gold- handel fortzusetzen. Der Angeklagte übernahm - B. ersetzend - in führender Funktion gemäß einer „internen Aufgabenverteilung“ folgende Aufgaben (UA S. 20). Er sollte: - finanzielle Mittel für den weiteren Altgoldankauf zur Verfügung stellen , - neue Einlieferer anwerben, - die „Logistik“ für die Abdeckrechnungen, insbesondere neue Scheinfirmen und „Strohmänner“ sowie entsprechende Unterlagen, bereitstellen , - teilweise Altgold von Ba. in Empfang nehmen und an die anzuwerbenden neuen Einlieferer verteilen, - teilweise das Bargeld von den Einlieferern in Empfang nehmen, - teilweise die Gutschriftsbelege der Scheideanstalten, die für die Erstellung von Abdeckrechnungen benötigt wurden, von den Einlieferern in Empfang nehmen und an G. weiterleiten und - teilweise die Abdeckrechnungen von G. in Empfang nehmen und den Einlieferern übergeben.
9
Ba. sollte, wie zuvor auch, in erster Linie für die Beschaffung und teilweise Verteilung des Goldes zuständig sein, während G. die Abdeckrechnungen fertigen und daneben weiterhin Gold einliefern sollte.
10
Ende September 2010 nahm der Angeklagte den gesondert Verfolgten Gl. in die Gruppe auf, der als „Rechnungsschreiber“ und Einlieferer unter Falschpersonalien auftretend fortan ebenfalls eine führende Funktion in der Gruppe einnahm. Er ersetzte G. , als dieser im Oktober 2010 aus der Gruppe ausschied.
11
Der Angeklagte erhielt bei jedem Goldgeschäft einen Gewinnanteil; im Übrigen blieb die Gewinnverteilung in der Gruppe weitgehend ungeklärt. Die in diesen Fällen unter Beteiligung des Angeklagten insgesamt bewirkte Umsatzsteuerverkürzung betrug 1.382.391,24 Euro.
12
2. Die einzelnen Fälle wiesen folgende Besonderheiten auf:
13
a) Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe
14
aa) In den Fällen 1 bis 14 sowie 16 bis 18 der Urteilsgründe wurden die Einlieferungen von G. sowie von vier weiteren Einlieferern vorgenommen. Die für die Steuerhinterziehung erforderlichen Abdeckrechnungen auf dem Briefkopf einer A. GmbH stellte G. her, der zu diesem Zweck vom Angeklagten Geschäftsunterlagen und einen Firmenstempel der A. GmbH erhalten hatte. Der Angeklagte veranlasste jeweils, dass die Rechnungen vom formellen Geschäftsführer der A. GmbH, einem unter den Falschpersona- lien „ T. “ auftretenden nicht näher identifizierten bulgarischen Staatsangehörigen, unterzeichnet wurden.
15
bb) Im Fall 15 der Urteilsgründe wurden Vorsteuern aus Abdeckrechnungen geltend gemacht, die Gl. unter den Falschpersonalien „ F. “ gefertigt hatte. Der Angeklagte hatte Gl. zuvor einen auf diesen Namen ausgestellten gefälschten Reisepass besorgt.
16
b) Fälle 23 bis 26 der Urteilsgründe
17
Gl. trat in den Monaten September bis Dezember 2010 unter den Falschpersonalien „ F. “ selbst als Einlieferer auf. Da er einen falschen Namen verwendete, gab er abweichend von der sonst üblichen Vorgehensweise absprachegemäß keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Verwendung von Abdeckrechnungen erschien im Hinblick auf die Identitätstäuschung zu Verschleierungszwecken nicht erforderlich. Den für die Einlieferung bei der Goldscheideanstalt erhaltenen Kaufpreis händigte er abzüglich einer Provision von einem Prozent des Gutschriftsbetrages an den Angeklagten oder an Ba. aus.
18
c) Fälle 27 und 28 der Urteilsgründe
19
In den Fällen 27 und 28 der Urteilsgründe wurden zwei Einlieferer unter Falschpersonalien tätig, denen der Angeklagte gefälschte Ausweisdokumente verschafft hatte. Da auch sie unter diesen Falschpersonalien auftraten, wurden Abdeckrechnungen für ihre Einlieferungen von vorneherein nicht erstellt.
20
d) Fälle 20 bis 22 sowie 29 der Urteilsgründe
21
aa) Die Einlieferin Y. hatte von Gl. unter dem Namen „ F. “ erstellte Abdeckrechnungen erhalten. Sie gab absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fälle 20 bis 22 der Urteilsgründe)
22
bb) Der Einlieferer D. gab, obwohl er Abdeckrechnungen erhalten hatte, ebenfalls absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fall 29 der Urteilsgründe).
23
e) Fall 19 der Urteilsgründe
24
Das Gruppenmitglied G. , das im Fall 19 der Urteilsgründe als Einlieferer tätig wurde, gab abweichend von den Absprachen in der Gruppe gleichfalls keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.
25
3. Das Landgericht hat die vom Angeklagten aus der Gruppe heraus begangenen Taten als 18 Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe) und elf Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe) gewertet. Es hat in diesen Fällen jeweils eine bandenmäßige Begehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO angenommen.
26
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen jeweils als Mittäter eingestuft. Soweit Unterlassungsdelikte vorlägen (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe ), habe er gemeinschaftlich mit anderen die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen unterlassen.
27
Die über die Gewerbe der Einlieferer abgewickelten Goldlieferungen hat das Landgericht den Mitgliedern der Gruppe, die sie als Bande qualifiziert hat, und damit auch dem Angeklagten zugerechnet, weil die Einlieferer sich als „Strohleute“ in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung befunden hätten und - somit nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelnd - den Tatplan der Bandenmitglieder lediglich umgesetzt hätten. Daher habe für den Angeklag- ten als „Mitunternehmer“ gemäß § 18 UStG die Pflicht bestanden, diese Goldeinlieferungen in Umsatzsteuererklärungen als Umsätze anzumelden.
28
Soweit (in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) G. und Gl. als Einlieferer tätig geworden seien, sei der Angeklagte nicht als „Mitunternehmer“ einzustufen. Denn diese Gruppenmitglieder hätten nicht die Position von „Strohleuten“ eingenommen. Deshalb seien auch deren Goldeinlieferungen nicht dem Angeklagten unter dem Gesichtspunkt (mit)unternehmerischer Tätigkeit zurechenbar. Dennoch habe sich der Angeklagte auch insoweit der gemeinschaftlichen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er müsse sich als Hintermann - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Pflichtverletzungen der Bandenmitglieder zurechnen lassen.

II.

29
Weitere Taten des Angeklagten (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
30
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leistete der Angeklagte außerhalb der Bande Unterstützungsbeiträge zu weiteren vergleichbaren Taten:
31
a) Fall 30 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um B. )
32
Der wegen den Streitigkeiten mit G. und Ba. aus der Bande ausgeschiedene B. nahm in einer neuen Gruppe entsprechende Goldhandelsgeschäfte vor, die ebenfalls auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer abzielten. Die Geschäfte wurden über die vermögenslose S. GmbH abgewickelt. Nachdem viele Banken unter anderem wegen des von ihnen gesehenen Geldwäscheverdachts nicht mehr dazu bereit waren, Konten für Goldhändler zu errichten, unterstützte der Angeklagte die Gruppe, indem er über einen unabhängigen Finanzvermittler die Eröffnung eines Geschäftskontos ermöglichte.
33
Die durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die über die S. GmbH abgewickelten Goldhandelsgeschäfte eingetretene Umsatzsteuerverkürzung betrug insgesamt 824.000,04 Euro.
34
b) Fälle 31 bis 34 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um Te. )
35
Für entsprechende Goldhandelsgeschäfte einer Gruppe um Te. , bei denen ebenfalls systematisch Umsatzsteuern hinterzogen wurden, stellte der Angeklagte Abdeckrechnungen zur Verfügung, die er von Gl. fertigen ließ. Sie wurden zum unberechtigten Vorsteuerabzug verwendet. Hier- durch wurde durch Yi. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 89.965 Euro und durch Ü. von weiteren 57.633,42 Euro hinterzogen.
36
2. Die den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe zu Grunde liegenden Taten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, § 27 StGB gewertet. Dabei ist es angesichts des einmaligen Tatbeitrages des Angeklagten im Falle der S. GmbH von einer einheitlichen Beihilfetat ausgegangen.

B.

37
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge - die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - zu einem Teilerfolg. In den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ab. Dies zieht in diesen Fällen die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

I.


38
Die verfahrensgegenständlichen Taten können in zwei Fallkomplexe unterteilt werden. Fallkomplex I umfasst die von der Bande um den Angeklagten und Ba. sowie G. bzw. Gl. begangenen Taten (Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe). Fallkomplex II erfasst die Unterstützungshandlungen des Angeklagten für andere Täter bzw. Tätergruppierungen (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe). Ausgehend von den sich stellenden Rechts- fragen lassen sich im Fallkomplex I zwei Untergruppen bilden: Die Fallgruppe I.1. umfasst diejenigen Fälle, bei denen von den Einlieferern unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe ), während der Fallgruppe I.2. diejenigen Fälle zuzuordnen sind, bei denen von den Einlieferern (pflichtwidrig) keine Steueranmeldungen eingereicht wurden (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe). Letztere Fallgruppe (Unterlassungstaten ) lässt sich weiter unterteilen in die Gruppe der Fälle, in denen weisungsabhängige Strohleute als Einlieferer tätig wurden (Fallgruppe I.2.a: Fälle 20 bis 22 und 27 bis 29 der Urteilsgründe) und diejenige, in der die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. gegenüber den Scheideanstalten als Einlieferer auftraten (Fallgruppe I.2.b: Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe).

II.


39
Mit Ausnahme hinsichtlich der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung stand.
40
1. Fallgruppe I.1. (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe)
41
Die Verurteilung des Angeklagten in der Fallgruppe I.1 wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42
a) Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steu- erhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht („wer“), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1989 - 3 StR 80/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 3; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112).
43
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN).
44
b) Die erkennbar auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände getroffene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in diesen Fällen Mittäter und nicht nur Gehilfe der durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Einlieferer begangenen Steuerhinterziehungen gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Das Landgericht durfte dabei maßgeblich berücksichtigen, dass die Einlieferer mit der Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich den Tatplan der Gruppe (Bande) um den Angeklagten sowie Ba. undG.
bzw. Gl. umsetzten. In diesem Tatplan spielte die Verwendung der von dem Angeklagten beschafften Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Steuerverkürzungen eine bedeutende Rolle. Der Angeklagte hatte zudem an der Funktionsfähigkeit des verwendeten Systems der Hinterziehung von Umsatzsteuer erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse, denn er war an den Erträgen aus diesem System beteiligt. Die von ihm erbrachten Tatbeiträge, etwa seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Abdeckrechnungen und bei der Übergabe des Goldes an die Einlieferer, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als für die Taten wesentlich angesehen.
46
Der Annahme von Mittäterschaft steht nicht entgegen, dass der Angeklagte seine jeweiligen Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der unrichtigen Steueranmeldungen erbrachte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67; Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463). Insoweit gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12).
47
2. Fallkomplex II. (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
48
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fallkomplex II. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Urteilsfeststellungen belegen in den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe sowohl die Haupttaten der Steuerhinterziehung als auch die von dem Angeklagten vorsätzlich erbrachten Tatbeiträge.

49
3. Fallgruppe I.2.a (Fälle 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe)
50
Die Verurteilung des Angeklagten der Fallgruppe I.2.a wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
51
a) Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt. Diese Voraussetzung muss auch bei einem Mittäter vorliegen.
52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
53
bb) Demgegenüber ist die Strafkammer - mit durchaus beachtlichen Argumenten - der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die eine eigene Offenbarungs- pflicht verletzen, nicht zutreffend sei (UA S. 153 ff.). Vielmehr handele es sich beim Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Allgemeinde- likt, sodass die Pflichtverletzung eines „Vordermanns“ einem selbst nicht erklä- rungspflichtigen „Hintermann“ zugerechnet werden könne. Aus diesem Grund könnten Personen auch Mittäter sein, die keine sie persönlich treffende Pflicht verletzen, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme von Mittäterschaft gegeben seien.
54
Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sei mit einer Einstufung als Allgemeindelikt vereinbar. Das Gesetz grenze den Täterkreis nicht näher ein, sondern verwende - ebenso wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - die für Allgemein- delikte typische Umschreibung „wer“. Schließlich beschreibe auch das Merkmal „pflichtwidrig“ keine persönliche Pflichtenstellung für einen bestimmten Personenkreis , sondern enthalte ein strafrechtliches „Jedermann-Gebot“. Es beschreibe nicht den Personenkreis näher, sondern konkretisiere, welche Art und Weise des Handelns unter Strafe gestellt sei (vgl. Bender, wistra 2004, 368, 371; Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Auch die Systematik des Gesetzes spreche für die vom Landgericht vertretene Auffassung, denn § 370 AO enthalte die im Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 378 Abs. 1 AO enthaltene Beschränkung des Täterkreises gerade nicht.
55
Schließlich verweist das Landgericht darauf, dass die bisherige Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. So sei es oft letztlich vom Zufall abhängig, ob eine Bestrafung als Täter oder - trotz vergleichbaren Unrechtsgehalts der Tatbeteiligung - nur als Gehilfe in Betracht komme, etwa weil ein unterstützter anderer Tatbeteiligter eine Steuererklärung überhaupt nicht statt - wie geplant - mit falschem Inhalt abgebe. So sei es nach der bisherigen Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, dass ein „Hin- termann“ trotz tatbeherrschender Stellung nur als Gehilfe bestraft werden könne.
56
cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich auch bei dem Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Delikt handelt, das nicht nur vom Steuerpflichtigen und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind (vgl. §§ 34, 35 AO), verwirklicht werden kann, sondern grundsätzlich von „Jedermann“.
57
(1) Durch die offene Formulierung des Gesetzes „wer“, die allen drei Tatvarianten der Steuerhinterziehung vorangestellt ist, enthält § 370 Abs. 1 AO die herkömmlich bei der Ausgestaltung von Allgemein-/Jedermannsdelikten verwendete Formulierung (vgl. Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt damit keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe; einen Statusbegriff, wie er sonst häufig bei der Beschreibung tauglicher Täter bei Sonderdelikten zu finden ist, enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
58
(2) Der Umstand, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hin- sichtlich des Merkmals „pflichtwidrig“ weitere Besonderheiten aufweist, ergibt sich darüber hinaus auch aus einem systematischen Vergleich zu anderen Tatbeständen , die ebenfalls das Merkmal „pflichtwidrig“ aufgreifen, jedoch anders ausgestaltet sind:
59
So knüpfen zwar auch die Straftatbestände des § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB und des § 356 StGB an das Merkmal „pflichtwidrig“ an. Diese Tatbestände enthalten aber jeweils den Täterkreis beschreibende Statusbegriffe, so dass bereits der jeweilige Wortlaut („als Arbeitgeber“ bzw. „ein Anwalt oder anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Ange- legenheiten …. pflichtwidrig dient“) die Eigenschaft des tauglichen Täters be- schränkt. Beide Tatbestände knüpfen damit an ein besonderes Vertrauensverhältnis oder an besonders ausgestaltete Pflichtenstellungen an, die sich aus der personalen Eigenschaft als „Arbeitgeber“ bzw. „als Anwalt“ ergeben. Dem- gegenüber erfordert die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (pflichtwidriges In-Unkenntnis-lassen bezogen auf steuerlich erhebliche Tatsachen) keine Anknüpfung an solche personenbezogenen Eigenschaften und Umstände. Die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwendet nicht die Formulierung „wer als Steuerpflichtiger“ (vgl. § 33 Abs. 1 AO) und richtet sich deshalb auch nicht allein an den Adressaten eines Steuergesetzes, also denjenigen, dem aus einem Steuergesetz Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 33 Rn. 1).
60
(3) Auch aus der Struktur des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO insgesamt ergibt sich keine Beschränkung des Täterkreises auf den Adressaten eines Steuergesetzes. Tatbestandsrelevant ist der Verstoß gegen die Handlungspflicht bei Taten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zwar nur, wenn die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Pflicht zur Erfolgsabwendung, gegen die der Unterlassende verstößt, nur dann eine Strafbarkeit begründen kann, wenn sie auf eine Beseitigung der Unkenntnis des Finanzamtes gerichtet ist. Dem lässt sich aber nur entnehmen, wie die im Interesse des geschützten Rechtsguts (Steueraufkommen ) bestehende Pflichtenstellung näher ausgestaltet sein muss, nicht aber, wer Träger der Pflicht ist.
61
(4) Ein Vergleich mit dem Bußgeldtatbestand des § 378 Abs. 1 AO zeigt, dass auch das Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Beschränkungen des Täterkreises kennt. Bei dieser Vorschrift ist der Täterkreis eingeschränkt auf Steuerpflichtige sowie Personen, „die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichnete Tat leicht- fertig“ begeht. Eine derartige Begrenzung des Täterkreises enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
62
(5) Auch der Schutzzweck der Norm gebietet keine Beschränkung auf die Verletzung eigener steuerlicher Pflichten. Denn geschütztes Rechtsgut ist bei allen Tatbeständen des § 370 AO das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 und Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ] mwN). Alle Tatbestandsvarianten des § 370 Abs. 1 AO enthalten daher auch einheitlich als Taterfolg die Verkürzung von Steuern sowie die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen.
63
dd) Schließlich trifft auch der Hinweis des Landgerichts zu, dass es zuweilen allein von der Ausgestaltung der steuerlichen Normen abhängt, ob eine Tatbegehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder eine solche durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht kommt, was - etwa auch im Bereich mittelbarer Täterschaft - erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Tatbeteiligten haben kann.
64
ee) Der Senat erkennt ausdrücklich an, dass das Landgericht mit sorgfältiger Begründung gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Stellung bezogen und damit eine Änderung der Rechtsprechung angeregt hat. Gleichwohl hält er an der Rechtsprechung fest, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Denn der Wortlaut dieser Strafnorm lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG). Nach Auffassung des Senats bezieht sich das Merkmal „pflichtwidrig“ allein auf das Verhalten des Täters (bei dem es sich indes nicht um den Steuerpflichtigen handeln muss), nicht allgemein auf dasjenige irgendeines Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
65
Anders wäre dies etwa, wenn der Gesetzgeber die Formulierung „wer bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“, gewählt hätte. Es bleibt daher dem Gesetzgeber vorbehalten, etwaige Ungereimtheiten im Anwendungsbereich der Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO zu beseitigen. Im Übrigen kann ein Tatgericht den Umstand, dass eine nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, im Rahmen des nach erfolgter Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmens erheblich strafschärfend werten.
66
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die für eine Unterlassungsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO somit erforderliche Erklä- rungspflicht des Angeklagten nicht daraus, dass er als „Mitunternehmer“ gemäß § 2 UStG verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 18 UStG die von den Einlieferern getätigten Umsätze anzumelden.
67
Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Landgericht mit dem Begriff des Mitunternehmers einen im Umsatzsteuerrecht nicht gebräuchlichen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517) Begriff des Einkommensteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verwendet hat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Bande, der sich der Angeklagte zur Begehung von Steuerstraftaten angeschlossen hatte, aufgrund geschlossenen Auftretens nach außen hin als eigenständiges Unternehmen im Sinne des § 2 UStG anzusehen sein könnte. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts waren jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Goldverkäufen allein die „Strohleute“ die Unternehmer, die in einer Leistungsbeziehung zu den Scheide- anstalten standen, nicht die hinter den „Strohleuten“ stehende Bande. Die Einlieferer waren insoweit - obgleich „Strohleute“ - nicht als für die Leistungsbezie- hungen bedeutungslose „Nichtunternehmer“ anzusehen. Damit scheidet die vom Landgericht vorgenommene Zurechnung der von den Einlieferern getätigten Umsätze zur Bande als Leistungserbringerin aus.
68
aa) Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Vom Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes werden zwar unabhängig von der Rechtsform Personen und Personenzusammenschlüsse aller Art erfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig aber nur dann als selbständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517). Maßgeblich ist somit, ob der Zusammenschluss natürlicher Personen als solcher nach außen durch die Erbringung von Umsätzen erkennbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 10 f.).
69
bb) Ob und inwieweit die Bande, der sich der Angeklagte angeschlossen hatte, diese Voraussetzung erfüllte und sie damit als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG tätig wurde, ist den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig zu entnehmen.
70
Letztlich kann dies hier auch dahinstehen. Denn die sich aus der Unternehmerstellung ergebenden Erklärungspflichten eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG beschränken sich auf diejenigen Umsätze, die seinem Unternehmen zuzuordnen sind. Dazu gehörten hier - für die Bande - die Goldlieferungen der Einlieferer an die Scheideanstalten nicht.
71
(1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Leistender ist damit in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 mwN). Dabei kann auch ein „Strohmann" Unternehmer und Leistender im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen unselbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen des Auftraggebers verpflichtet ist (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten ist grundsätzlich, aus welchen Gründen der „Hintermann“ gegenüber dem Vertragspartner des „Strohmanns“ und Leistungsempfänger (einem Dritten), als Leistender nicht in Erscheinung treten will (BFH aaO; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. auch BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326).
72
(2) Unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208 = BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 1 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem (als „Strohmann“) oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; BFH, Urteil vom 12. August 2009 - XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
73
(3) So verhielt es sich nach den Feststellungen hier nicht. Da nicht die Bande um den Angeklagten, sondern die Einlieferer gegenüber den Scheideanstalten auftraten und für letztere keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese Personen für eine hinter ihnen stehende Person oder Personenmehrheit handelten und nur als „Rechnungsschreiber“ oder „Gutschriftsempfänger“ tätig wurden (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.aa), waren die Einlieferer, auch soweit sie nur „Strohleute“ waren, bei den Goldveräußerungen an die Scheideanstalten als die leistenden Unternehmer anzusehen.
74
Die Frage, ob die „Strohleute“ im Verhältnis zur Bande, von der sie das Altgold erhielten, wegen ihres kollusiven Zusammenwirkens ohne handelstypisches Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344), ist insoweit ohne Bedeutung.
75
cc) Der Umstand, dass sowohl die gegenüber den Scheideanstalten nicht auftretenden Bandenmitglieder als auch die „Strohleute“ von Anfang an beabsichtigten, auf der Grundlage der Altgoldgeschäfte Umsatzsteuern zu hinterziehen , steht der Annahme steuerbarer und steuerpflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) der Einlieferer nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.bb mwN; zum Entstehen einer anzumeldenden Steuerschuld gemäß § 14c Abs. 2 UStG, wenn der Einlieferer die Ausstellung einer unrichtigen Gutschrift veranlasst, vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268; vgl. auch Korn in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, 68. Lfg., § 14c Rn. 152 f.).
76
c) Leistende Unternehmer und damit als Steuerpflichtige zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Altgoldlieferungen an die Scheideanstalten verpflichtet waren somit die „Strohleute“ als Unternehmer und nicht der Angeklagte. Jedoch bestand daneben für den Angeklagten als Verfügungsberechtigten im Sinne von § 35 AO eine eigenständige Rechtspflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für die als „Strohleute“ eingesetzten Einlieferer erfüllt werden.
77
aa) Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Wer daher in diesem Sinne als Verfügungsberechtigter auftritt, hat unter der Voraussetzung , dass er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, wie der gesetzliche Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen (etwa von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen , vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 sowie Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Juni 2008 - 11 K 573/06, EFG 2009, 1610; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, BGHR AO § 35 Verfügungsberechtigter 2 sowie BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter
1) und die Entrichtung der Steuern aus den vorhandenen Mitteln.
78
(1) Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991, 284; Krömker in Lippross , Basiskommentar Steuerrecht, 65. Lfg., § 35 AO Rn. 2; Gmach, DStZ 2001, 341, 342; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 40. Lfg., § 370 AO Rn. 118 ff.).
79
Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über (allein) wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BStBl. II 1995, 859 betreffend eine Bank; Mösbauer, DB 2005, 1816, 1819); vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich eingeräumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 unter II.1.; Jatzke in Beermann/Gosch, 62. Lfg., § 35 AO Rn. 7). Entscheidend für die Pflichtenstellung des § 35 AO ist, dass der Verfügungsberechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis (in der Regel durch Rechtsgeschäft, vgl. Schwarz, AO, 122. Lfg., § 35 AO Rn. 7) in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. Jatzke aaO Rn. 7).
80
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsberechtigt im Sinne des § 35 AO ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen kann oder durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann (vgl. Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler (HHSp), AO, Lfg. 205, § 35 AO Rn. 8 mwN). Gleiches gilt für denjenigen, der kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann (vgl. zu einem Treuhand- oder sonstigen Auftragsverhältnis : Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich , den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO anzusehen sein (vgl. Schwarz aaO Rn. 7).
81
(2) Nur wer als Verfügungsberechtigter nach außen auftritt, kann Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO sein (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3.; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Auftreten bedeutet Teilnahme am Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1., noch zu § 108 RAO; Niedersächsisches Finanzgericht, Ur- teil vom 9. Juli 1991 - XI 508/90, EFG 1992, 239; Boeker in HHSp, Lfg. 205, § 35 Rn. 10; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7).
82
Keine Voraussetzung ist ein Auftreten gerade gegenüber den Finanzbehörden oder in steuerlichen Angelegenheiten (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991,284; BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 mwN; Niedersächsisches Finanzgericht aaO; Gmach, DStZ 2001, 341, 342), vielmehr genügt, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemandem - nach außen - im Rechtsverkehr als solcher aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1.).
83
Das Auftreten muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Es reicht aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa ein faktischer Geschäftsführer oder „faktischer Leiter“ (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - I B 228/93, BFH/NV 1995, 662) eines Unternehmens Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn er lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen , zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; vgl. auch BFH, Beschluss vom 9. Januar 2013 - VII B 67/12 sowie Merkt, AO-StB 2009, 81, 84). Hält sich der faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach § 35 AO nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen - mithin mindestens gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ - erkennbar wird (BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3 mwN; vgl. auch Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - VII B 172/07, BFH/NV 2008, 748; zur faktischen Unternehmensbeherrschung bei Einzelunternehmen vgl. auch Köhler in Wabnitz /Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. 2007, Kap. 7, Rn. 274 sowie Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 77 Rn. 20).
84
(3) Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nur in dem Umfang zu erfüllen, wie er dies tatsächlich und rechtlich kann (§ 35 AO 2. Halbsatz). Mit Blick auf die ansonsten weitgehende Bedeutungslosigkeit der Vorschrift des § 35 AO gegenüber dem bereits über § 34 Abs. 1 AO unmittelbar erfassten Personenkreis ist aber nicht erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte unmittelbar rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage ist, mittelbares Können genügt daher (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl. II 1995, 859 unter 3.a.; BFH, Urteil vom 7. April 1992 - VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl. II 1991, 284).
85
Steuerliche Pflichten sind daher auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar , wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die rechtliche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 35 Rn. 14). Aber auch derjenige, der kraft eines Vertragsverhältnisses den Steuerpflichtigen steuern und deshalb über dessen Mittel verfügen kann, kann im Einzelfall tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434).
86
bb) Gemessen an diesen Maßstäben war der Angeklagte Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO. Er kam seiner sich hieraus ergebenden Ver- pflichtung, für die als „Strohleute“ tätigen Einlieferer die Goldverkäufe umfas- sende Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nicht nach, obwohl er hierzu tatsächlich und rechtlich zumindest mittelbar in der Lage war.
87
(1) Die Einlieferer traten zwar gegenüber den Scheideanstalten selbst nach außen auf. Im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern - also auch zum Angeklagten - waren sie jedoch bei den Goldgeschäften als abhängige und unselbständige „Strohleute“ eingebunden und hatten sämtliche Geschäftsabläufe wirtschaftlich aus der Hand gegeben (vgl. zur faktischen Führung von Strohmannfirmen vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624). Die Goldgeschäfte waren ihnen nicht nur hinsichtlich Zeit und Umfang vorgegeben; auch mussten sie den ihnen überwiesenen Kaufpreis nach fest vorgegebenen Abläufen abheben und gegen eine Provision, die ebenfalls nach festen Kriterien bestimmt war, aushändigen. Ihr Verhalten gegenüber den Finanzbehörden wurde dirigiert, indem ihnen entweder entspre- chende „Buchhaltung“ (Abdeckrechnungen) ausgehändigt wurde oder sie mit gefälschten Papieren ausgestattet wurden, die ein Auftreten gegenüber dem Finanzamt von vornherein entbehrlich machten. Die zu einer Begleichung der Umsatzsteuerschuld (Belieferung der Goldscheideanstalten) notwendigen und zunächst auch vorhandenen Mittel, die ihnen ein steuerehrliches Verhalten ermöglicht hätten, wurden ihnen nach den ihnen vorgegebenen Geschäftsabläufen entzogen. Damit ließen die Einlieferer dem Angeklagten sowie den weiteren „führenden“ Mitgliedern der Bande insgesamt völlig freie Hand.
88
Die hieraus resultierende Leitungsmacht des Angeklagten wird besonders deutlich in den Fällen, in denen der Angeklagte selbst die Einlieferer zum Zwecke des Goldhandels anwarb, ihnen gefälschte Papiere besorgte und ihnen Anweisungen zur Erledigung notwendiger Formalitäten erteilte. Aber auch soweit anstelle des Angeklagten die weiteren führenden Mitglieder der Bande bei der Einflussnahme auf die „Strohleute“ mitwirkten, gilt im Ergebnis nichts ande- res. Sie handelten auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache, die ba- sierend auf dem „bewährten Geschäftsmodell“ eine intern arbeitsteilige Vorgehensweise vorsah. Einschränkungen der Befugnisse des Angeklagten waren damit aber nicht verbunden.
89
Jedenfalls gegenüber den Einlieferern und den weiteren führenden Bandenmitgliedern , also gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ trat der Angeklagte als einer der faktischen „Leiter“ der Unternehmen der Einlieferer auf. Soweit der Angeklagte den Einlieferern gefälschte Papiere verschafft hatte und sie bei der Erledigung der erforderlichen Formalitäten begleitete, trat er zudem gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ auf. Als der Angeklagte etwa in Be- gleitung von Einlieferern bei einer Steuerberaterin, der Zeugin L. , erschien, trat der Angeklagte, so deren Wahrnehmung, als derjenige auf, der „die Geschäfte gemacht“ hat (UA S. 115). Demgegenüber beschränkte sich das Handeln der Einlieferer auf die Einlieferung des Goldes bei den Scheideanstalten sowie auf Treffen mit dem Angeklagten oder anderen führenden Bandenmitgliedern , um dabei Geld und Gutschriften auszuhändigen oder Abdeckrechnungen sowie Gold entgegenzunehmen.
90
Der Angeklagte war auch in der Lage, zumindest mittelbar über die jeweiligen Einlieferer und die weiteren führenden Bandenmitglieder, der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nachzukommen. Denn er hatte Zugriff auf die Gutschriften der Goldscheideanstalten, anhand deren die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten erstellt werden können. Zudem war er nach der getroffenen Bandenabrede auch für die „Logistik“ und damit für die Erstellung der Abdeckrechnungen anhand der Gutschriften verantwortlich.
Damit trafen ihn als Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters.
91
(2) Für die Fälle 20 bis 22 und 29 der Urteilsgründe gilt nichts Abweichendes. Zwar haben die Einlieferer Y. und D. in diesen Fällen aus Nachlässigkeit oder sonstigen Gründen abredewidrig statt unrichtiger Voranmeldungen überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Dies beseitigte aber nicht die auch in diesen Fällen bestehende, sich aus der „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ dieser „Strohleute“ ergebende Verfügungsbefugnis des Angeklagten i.S.v. § 35 AO.
92
(3) Damit traf den Angeklagten in den Fällen 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe neben den anderen führenden Bandenmitgliedern Ba. und Gl. eine sich aus § 35 AO ergebende Pflicht, für die Unternehmen der als „Strohleute“ tätigen Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dieser Pflicht sind sie gemeinschaftlich (vgl. hierzu allgemein Weigend in LKStGB , 12. Aufl., § 13 Rn. 82 mwN) nicht nachgekommen und haben sich daher - wie vom Landgericht ausgeurteilt - wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
93
4. Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe)
94
Im Gegensatz zur Fallgruppe I.2.a hält der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn in diesen Fällen traf den Angeklagten keine Offenbarungspflicht für die von den als Einlieferern tätigen Bandenmitgliedern G. und Gl. mit den Scheideanstalten getätigten Umsätze. Der Senat stellt jedoch den Schuldspruch auf Beihilfe (§ 27 StGB) um.
95
a) Gegenüber den Scheideanstalten wurden hier allein die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. , die insoweit als Einlieferer auftraten, als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG tätig, nicht die hinter diesen stehende Bande. Der Angeklagte war daher auch nicht als Bandenmitglied zur Offenbarung dieser Umsätze gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet.
96
b) Auch aus § 35 AO traf den Angeklagten nicht die Pflicht, für die als Einzelunternehmer tätigen G. und Gl. die steuerlichen Pflichten wahrzunehmen. Denn anders als die übrigen Einlieferer („Strohleute“) waren die Bandenmitglieder G. und Gl. nicht lediglich völlig weisungsabhängige „Strohleute“, sondern nahmen ebenfalls Führungspositionen innerhalb der Bande ein. Dementsprechend ermöglichten es die internen Absprachen dem Angeklagten weder, in den Geschäftsablauf von G. oder Gl. als Einlieferer aktiv einzugreifen noch deren Geschäfte „treuhänderisch“ zu führen. Der Angeklagte hatte daher gegenüber diesen Personen keine Stellung inne, die ihn hinsichtlich deren Einzelunternehmen als Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO qualifizieren würde.
97
c) Sonstige Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Angeklagte hier jedenfalls wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens im Umsatzsteuerrecht (§ 18 UStG, § 168 AO) auch keine Offenbarungspflichten aus einer sich etwa aus dem von der Bande betriebenen Hinterziehungssystem ergebenden Garantenstellung (Ingerenz) verletzt.
98
d) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch auf Beihilfe (§ 27 StGB), die von den Feststellungen getragen wird, abändern. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


99
Die Schuldspruchänderung von Steuerhinterziehung auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ) zieht die Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.

IV.


100
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf allerdings weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen. Nack Rothfuß Graf Jäger Radtke

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ im Anschluss an eine von 1996 --mit Unterbrechung-- bis 2000 durchgeführte Zoll- und Steuerfahndungsprüfung unter dem 13. Dezember 2001 die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 gegenüber dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Einzelunternehmer. Den Bescheiden liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Im Rahmen der vorgenannten Zoll- und Steuerfahndungsprüfung war der Prüfer zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger bzw. seine … 1970 geborene Tochter, die Beigeladene, in den Streitjahren in erheblichem Umfang mit Branntweinen und Maische bzw. Obsterzeugnissen gehandelt hatten, ohne dies gewerberechtlich und steuerrechtlich angemeldet zu haben. Es wurden Rechnungen aus den Jahren 1992 bis 1994 an die Firma … GmbH (L-GmbH) und aus den Jahren 1992/93 an die Firma … (AB) sowie eine Reihe von geringfügigeren Rechnungen aus den Jahren 1990 bis 1994 sichergestellt. Alle Rechnungen wiesen Umsatzsteuer aus.

3

Rechnungsausstellerin war die Beigeladene. Die Verkaufserlöse wurden überwiegend auf das Konto "XY" bei der Volksbank … eingezahlt, über das auch der Kläger verfügen konnte.

4

Nach Eingang des Schlussberichts des Steuerfahndungsprüfers vom 4. Januar 2001 erließ das FA am 1. März 2001 Bescheide über Umsatzsteuer 1992 bis 1994 gegenüber der "…" (GdbR), weil der Kläger die betreffenden Umsätze zusammen mit der Beigeladenen im Rahmen einer GbR getätigt habe.

5

Während des Einspruchsverfahrens gab der Kläger am 17. September 2001 gegenüber dem damals zuständigen Sachgebietsleiter des FA folgende schriftlich aufgenommene Erklärung ab:

6

"Der auf die Tochter … angemeldete Gewerbebetrieb ist in 1988 abgemeldet worden. Die Konzession, die noch auf die Tochter läuft, ruht seitdem. Die nach 1988 getätigten Geschäfte wurden von mir als Patron veranlasst und unter meiner Ägide ausgeführt. Was die Geldverwaltung angeht, so hat diese die Tochter in meinem Auftrag erledigt. In praxi wurde meine Tochter quasi als 'Strohmann' eingesetzt."

7

Daraufhin hob das FA die gegenüber der GdbR erlassenen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 auf und erließ die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide. Der Einspruch blieb erfolglos.

8

Mit der Klage machte der Kläger geltend, seine Erklärung sei falsch; er habe seine Tochter damit schützen wollen. Außer einigen Gefälligkeitsfahrten habe er mit den Branntweinlieferungen nichts zu tun gehabt.

9

Das FG wies die Klage ab. Bei der Umsatzsteuer gelte zwar das Offenkundigkeitsprinzip. Eine Ausnahme könne aber trotz selbstständigen Auftretens im Außenverhältnis eingreifen, wenn im Innenverhältnis --wie hier-- der Fall eines weisungsabhängigen Strohmannes vorliege. Danach sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer und Steuerschuldner der auf den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer.

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Als Unternehmer sei nur derjenige anzusehen, der bei einem Leistungsaustausch nach außen hin aufgetreten sei. Das FG habe dagegen ausgeführt, dass demjenigen, der in eigenem Namen auftrete, Umsätze dann nicht zugerechnet werden könnten, wenn er sich in abhängiger Stellung befinde. Dies entspreche zwar dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. September 1994 XI R 56/93 (BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275), stehe aber im Widerspruch zu der jüngeren Rechtsprechung des V. Senats des BFH, die ausschließlich auf das Außenverhältnis zwischen dem Strohmann und dem Leistungsempfänger abstelle.

11

Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992, 1993 und 1994, jeweils vom 13. Dezember 2001, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2003 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Es macht geltend, der Kläger sei selbst als Unternehmer aufgetreten bzw. den Kunden und Lieferanten sei bekannt gewesen, dass die Beigeladene nur vorgeschoben gewesen sei und nicht beabsichtigt habe, eigene Leistungen zu besteuern. Der Kläger sei somit auch nach der Rechtsprechung des V. Senats als Unternehmer anzusehen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht seine Entscheidung, hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen.

15

1. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 388 unter Verweis auf BFH-Urteile vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr (als sog. "Strohmann"; hier evtl. die Beigeladene) im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der --aus welchen Gründen auch immer-- nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. "Hintermann"; hier evtl. der Kläger), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Entsprechende Grundsätze gelten für den "Strohmann" als Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd).

18

b) Die gegenteilige Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168) hat der --seinerzeit für die Umsatzsteuer ausschließlich zuständige-- V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Diese Rechtsprechungsänderung betrifft auch das vom FG angeführte Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd). Der nunmehr erneut ebenfalls für die Umsatzsteuer zuständige erkennende Senat folgt der Rechtsprechung des V. Senats (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 259, HFR 2010, 388).

19

Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung) nur dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien --der "Strohmann" und der Leistungsempfänger (hier u.a. die L-GmbH und AB)-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

20

2. Die Vorentscheidung, die von den überholten Rechtsgrundsätzen in dem BFH-Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 ausgegangen ist, wonach demjenigen, der in eigenem Namen auftritt, Umsätze dann nicht zugerechnet werden können, wenn er sich in abhängiger Stellung befindet, war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zu verweisen.

21

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob bzw. inwieweit nach der oben unter II.1. dargestellten Rechtsprechung die Beigeladene oder der Kläger hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen sind. Zwar hat das FG ausgeführt, dass Rechnungsausstellerin die Beigeladene gewesen sei und dass nach außen hin förmlich in ihrem Namen gehandelt worden sei. Das schließt aber nicht aus, dass den jeweiligen Geschäftspartnern erkennbar war, dass nicht die Beigeladene, sondern der Kläger aus den Verträgen berechtigt und verpflichtet sein sollte. Zu den vom FA im Revisionsverfahren dafür angeführten Umständen enthält das FG-Urteil keine Feststellungen.

22

Auch aus der Erklärung des Klägers vom 17. September 2001 ergibt sich hierfür nichts.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht,
wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen
geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sind.
Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen
, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber
dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem
Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden.
BGH, Urt. vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02
LG Limburg a. d. Lahn -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29. April 2002 wird hinsichtlich des Angeklagten S mit der Maßgabe verworfen, daß dieser wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt ist.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird – unter Verwerfung ihrer Revision im übrigen – das vorgenannte Urteil bezüglich des Angeklagten H mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 41 Fällen verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafausspruch.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten H wegen Untreue in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat das Landgericht bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen das Urteil zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben im wesentlichen erfolglos. Im übrigen hat das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten H in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte S , der zunächst als freier Mitarbeiter der U H GmbH (im folgenden: U ) mit dem Einkauf von elektronischen Bauteilen (hier: Central Processing Units – CPUs) betraut war, ab August 1996 in diesem Unternehmen die Stellung eines Geschäftsführers inne. Auf Rechnung der U kaufte der Angeklagte S von dem anderweit verfolgten Zeugen He über dessen Unternehmen C und Co solche CPUs in großem Ausmaß. Die U finanzierte dem Zeugen He die Bestellungen vor, die dieser als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus dem EU-Ausland einführte. Dem Angeklagten S war dabei bewußt, daß He die CPUs an U zwar mit Umsatzsteuerausweis verkaufte, seinerseits aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab. Dies geschah in Absprache mit dem Angeklagten S , der die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die U als Vorsteuer geltend machte. Ihm kam es darauf an, die Ware durch diese Vorgehensweise um
den Umsatzsteueranteil zu verbilligen. Den Vermögensvorteil, der durch die nicht angemeldete und nicht abgeführte Umsatzsteuer entstand, teilten sich He , der hiervon 70 % erhielt, und der Angeklagte S . Hierdurch erzielte der Angeklagte S insgesamt einen – von den Beteiligten sogenannten – „Umsatzsteuergewinn“ in Höhe von ca. 1 Million DM. Der Angeklagte S veräußerte die CPUs überwiegend an die vom Angeklagten H geführte H P C und V GmbH (HP ), deren Gesellschafter der Angeklagte H und dessen Ehefrau waren. Der HP gegenüber stellte der Angeklagte S Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis. Die HP machte die ausgewiesene und von ihr bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Der Angeklagte H verkaufte über sein Unternehmen die CPUs dann an verschiedene Abnehmer, unter anderem auch an die niederländische Ha . Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte H Kenntnis davon hatte, daß der Angeklagte S die CPUs vom He bezog und dieser keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen abgegeben hatte.
Den Angeklagten S hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des He verurteilt, weil dieser in den Monaten Juli bis Dezember 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch ca. 15 Millionen DM Steuern verkürzt hatte. Eine eigene Täterschaft bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der U durch den Angeklagten S scheide aus, weil dieser berechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht habe. Unabhängig davon, ob He für die C.S. die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet habe, habe er als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der U die Ware verschafft.
Der Angeklagte H hatte nach den Feststellungen des Landgerichts in 39 Fällen Zahlungen an die Einkäufer Ho (M in Dreieich) und N (J in Raunheim) geleistet, die aus einem vorher
zu Lasten ihres Arbeitgebers getätigten Preisaufschlag gezahlt wurden. Um selbst aus dem Vermögen der GmbH seinen Anteil entnehmen zu können, erstellte der Angeklagte H entsprechende Provisionsabrechnungen, die teilweise über die Summe der Preisaufschläge hinausgingen. Insgesamt fertigte er in 39 Fällen Provisionsabrechnungen in Höhe von ca. 275.000 DM. Weiterhin ließ sich der Angeklagte vom Zeugen B zwei Scheinrechnungen – unter Ausweis der Umsatzsteuer – in Höhe von brutto 138.000 DM und 172.500 DM über Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausstellen, die B tatsächlich nicht erbracht hatte. Der Zeuge B erhielt hierfür eine Provision in Höhe von 10 % der Rechnungssumme. Diese Gelder entnahm der Angeklagte H dem Gesellschaftsvermögen. Diese vorgenannten Entnahmen aus dem Vermögen der HP GmbH hat das Landgericht als jeweils tatmehrheitlich begangene Untreuehandlungen zu Lasten der HP GmbH gewertet.
Die Belege über die vorgenannten Entnahmen, die sämtlich mit einem Umsatzsteuerausweis versehen waren, verwandte der Angeklagte H , indem er hieraus Vorsteuern geltend machte. Dadurch verkürzte er seine Umsatzsteuerlast. Weiterhin legte er in elf Fällen seinen Umsatzsteueranmeldungen Quittungen bei, in denen er in der Absicht, Umsatzsteuer zu verkürzen , die ausgewiesenen Beträge durch Manipulation am Beleg erhöht hatte. Insoweit hat ihn das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in elf Fällen verurteilt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt wurden, im wesentlichen ohne Erfolg.
Die drei von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls schon deshalb unzulässig, weil sich ihnen jeweils keine bestimmte
Beweisbehauptung entnehmen läßt. Insoweit beschränken sich die Rügen darauf, lediglich allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1. Hinsichtlich des Angeklagten S führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Änderung des Schuldspruchs.

a) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht allerdings davon aus, daß hinsichtlich der von dem Zeugen H begangenen Umsatzsteuerhinterziehungen keine Mittäterschaft des Mitangeklagten S vorliegt. Zwar ist eine Mittäterschaft bei Steuerhinterziehungen Dritter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich möglich, weil Täter auch derjenige sein kann, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen (BGHSt 38, 37, 41; BGH NStZ 1986, 463). Etwas anderes gilt aber für den echten Unterlassenstatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt, insbesondere indem er es unterläßt, eine Steuererklärung abzugeben, und dadurch Steuern verkürzt. Täter kann deshalb nur derjenige sein, den die konkrete Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung trifft (vgl. auch Gribbohm/Utech NStZ 1990, 209, 211). Hinsichtlich der Firmen , für die der Zeuge H handelte, traf ausschließlich ihn die steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe entsprechender Umsatzsteueranmeldungen.

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte S habe die der U in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen dürfen.
aa) Eine – hier allein in Betracht kommende – Vorsteuererstattung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG eine Steuer gesondert ausgewiesen ist für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Vorsteuerberechtigten ausgeführt wurden. Demnach müßte zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger ein Leistungsaustausch stattgefunden haben, mithin der Verur-
teilte H als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG geliefert ha- ben. Zwar ist Unternehmer grundsätzlich derjenige, der nach außen als Leistender aufgetreten und aus dem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft vorliegt und die Parteien davon ausgehen, daß die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (BFHE 198, 208, 213; vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, UStG 48. Lfg. § 2 Rdn. 225 f.). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Strohmann und der Dritte kollusiv handeln. In solchen Kollusionsfällen bedient sich eine Seite des Strohmanns für die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen. Liegt eine solche Fallgestaltung vor, ist dieser Strohmann nur noch als Hilfsperson dem Lager desjenigen zuzuordnen, in dessen Interesse er handelt (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG 7. Aufl. § 2 Rdn. 13 m. w. N.). Entscheidend ist deshalb immer, ob nach dem Gesamtbild der Umstände noch ein Verhalten „wie ein Händler“ angenommen werden kann (vgl. BFH BStBl II 1985, 173, 176; 1987, 752; Heidner aaO Rdn. 7; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 2 Rdn. 303).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt dem Zeugen He eine entsprechende eigene Unternehmerstellung; denn er war in die Lieferkette nicht wie ein typischer Händler einbezogen. Auch wenn die Bestellungen formell über ihn abgewickelt wurden, bestand seine wesentliche Aufgabe darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen. Er hatte weder ein Kapitalrisiko zu tragen, weil ihm die Waren durch die U vorfinanziert wurden, noch bestand ein wesentliches Abnahmerisiko , weil er nur auf Bestellung des Angeklagten S handelte. Aus dessen Sicht war He lediglich ein nach seinen Vorgaben funktionierendes Zwischenglied, dessen alleinige Aufgabe es war, einen „Umsatzsteuergewinn“ zu erwirtschaften. Dieses ist aber gerade kein handelstypisches Verhalten.
War He somit als unselbständiger Strohmann dem Lager des Angeklagten S zuzurechnen, fehlte ihm die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Lieferungen, die durch He an die U erfolgten, unterlagen damit nicht dem Vorsteuerabzug. Da der Angeklagte S die CPUs über seinen Strohmann He für die U als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG) erhielt, war zu Lasten der U keine Umsatzsteuer entstanden, die Gegenstand einer Vorsteuererstattung hätte sein können.
cc) In der Geltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteueranmeldungen liegt damit eine täterschaftliche Handlung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Daß der Angeklagte, dem es um den „umsatzsteuerlichen Gewinn“ ging, dabei auch vorsätzlich gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung. Eine Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des He kommt daneben nicht mehr in Betracht, weil dessen Handlung eine ihm steuerlich zuzurechnende Vorbereitungshandlung für seine eigene Steuerhinterziehung darstellte. Die steuerliche Verkürzung realisierte sich allein durch den unberechtigten Vorsteuerabzug der U , den der Angeklagte S bewirkt hat. Ein weiterreichender selbständiger Steuerschaden ist durch das Verhalten des He nicht entstanden.
dd) Den Schuldspruch kann der Senat hier selbst umstellen. Der Angeklagte S war wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung angeklagt. Die Frage der Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war – wie die Urteilsgründe belegen – ein zentraler Punkt der Erörterungen im landgerichtlichen Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist es auszuschließen, daß sich der Angeklagte im Falle einer neuerlichen Zurückverweisung anders hätte verteidigen können als bislang geschehen.

c) Die Änderung des Schuldspruchs führt beim Angeklagten S gleichwohl nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruches. Der Senat kann ausschließen, daß im Hinblick auf die in den Urteilsgründen aufgeführten
Milderungsgründe und insbesondere aufgrund der dargestellten Verfahrensverzögerung eine andere Strafe in Betracht kommt.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten H beanstandet die unterbliebene Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Abnahme der CPUs. Sie bleibt ohne Erfolg.

a) Die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Verhältnis zwischen der (vom Angeklagten S repräsentierten) U und der vom Angeklagten H geleiteten HP GmbH läge kein Liefervorgang im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, trifft nicht zu. An einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bestehen in diesem Fall keine Zweifel. Sie handelten die Preise aus und verhielten sich wie Kaufleute. Insoweit waren sie beide Teil eines selbständigen Leistungsaustausches. Allein der Umstand, daß der dem Angeklagten S vorgeschaltete He kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne war, hat keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen U und HP , weil jede Leistungsbeziehung selbständig zu betrachten ist.
Die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG mag allerdings dann fehlen, wenn bloße Scheingeschäfte abgewickelt werden, die letztlich nur auf einen „Umsatzsteuergewinn“ ausgerichtet sind. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht jedoch nur eine Kreislieferung in zwei Fällen festgestellt, wobei offen geblieben ist, ob der Kreis sich bis zum Angeklagten H und dessen HP geschlossen und er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.

b) Ohne Rechtsverstoß kommt das Landgericht nach einer eingehenden und sorgfältigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte H nicht in ein Gesamtsystem eingebunden war, das auf die Verkürzung der Umsatzsteuer ausgerichtet war, oder daß der Angeklagte H beim Ankauf der CPUs hiervon zumindest Kenntnis erlangt hatte.
aa) Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweis- mittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171 f.).
bb) Diesen Anforderungen hält das landgerichtliche Urteil stand.
(1) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Indiztatsachen hat das Landgericht gesehen und gewürdigt. Soweit die Staatsanwaltschaft sich bei ihrer abweichenden Beurteilung auf zwei nachgewiesene Warenkreisläufe stützt, kommt diesem Umstand kein Beweiswert zu, weil das Landgericht nicht feststellen konnte, daß gerade der Angeklagte H in diesen Kreislauf einbezogen war. Vielmehr schließt das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W eine Lieferung der markierten Kisten an H aus. Weshalb ein Telefongespräch des Angeklagten S mit dem He , das der Angeklagte H mithören konnte, Anhaltspunkte für dessen Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungen im Vorfeld der Handelskette geben könnte, ist nicht zu erkennen.
(2) Dem Zusammenhang der Urteilsgründe läßt sich auch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß der Tatrichter die gebotene Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 24 jeweils m. w. N.) vorgenommen hat. Er stellt nämlich die den Angeklagten H entlasten-
den Gesichtspunkte (ordnungsgemäße und unauffällige Abwicklung der Geschäfte , die entlastende Aussage des Mitangeklagten S sowie mittelbar auch des Zeugen He , der nichts von einer kollusiven Einbindung des Angeklagten H wußte) den jeweils belastenden Umständen (Nichtregistrierung der eine Identifizierung ermöglichenden Lotnummern der CPUs, günstige Preise, schneller Warenumschlag) gegenüber. Unter Würdigung der jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ist das Landgericht dann zu der Wertung gelangt, daß die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegbar ist. Bei diesem Gang der Prüfung ist auszuschließen , daß der Tatrichter die belastenden Indizien nicht auch in ihrer Gesamtheit gesehen und gewürdigt hat.
(3) Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die vom Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung benutzte und von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, es halte „die Einlassung des Angeklagten für nicht widerlegbar“. Zwar dürfen nicht alle denkbaren Gesichtspunkte und vagen Möglichkeiten, zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden (BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Dies hat das Landgericht indes ersichtlich auch nicht getan. Vielmehr würdigt es die Umstände, die für und gegen die Einlassung des Angeklagten H sprechen, wonach er keine Kenntnis von den Umsatzsteuermanipulationen erlangt haben will. Mit der Schlußfolgerung, die Einlassung des Angeklagten sei nicht widerlegbar, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, das Landgericht habe sich keine sichere Überzeugung davon bilden können, daß der Angeklagte – entgegen seinen Beteuerungen – doch von den umsatzsteuerlichen Manipulationen seines Lieferanten Kenntnis hatte.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO hier zugunsten des Angeklagten H wirkt, führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte H wegen Untreue verurteilt worden ist.

a) Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf den Angeklagten H die umfassende Aufhebung des landgerichtlichen Urteils beantragt. In ihrer Begründung wendet sich die Revision allerdings allein gegen die unterbliebene Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Erwerb der CPUs über die U . Ob in der Begründung eine teilweise Beschränkung des Rechtsmittels zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich – unabhängig davon , ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) vorliegt – um eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO handeln würde. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der aufgrund der Anklage zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt enthält alle damit zusammenhängenden und darauf bezogenen Vorkommnisse , auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (BGHSt 29, 288, 292 f.; NStZ 2001, 440). Maßgeblich ist dabei, daß zwischen den eine prozessuale Tat bildenden geschichtlichen Vorgängen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb gegeben , weil die als Untreuehandlung ausgeurteilten Handlungen zugleich den Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung bildeten; denn die zu Unrecht als Provisionen oder Beraterhonorare bezeichneten Betriebsausgaben enthielten jeweils auch einen sachlich nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerausweis , den der Angeklagte bei seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Verkürzungsabsicht als Vorsteuerabzug geltend machte. Da wiederum die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen der Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der CPUs lediglich den Schuldumfang der bereits ausgeurteilten falschen Umsatzsteueranmeldungen erhöhen würde, liegt zwischen sämtlichen Handlungen ein derart untrennbarer Zusammenhang vor, daß sie aufgrund ihrer Verzahnung insgesamt eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO bilden.

b) Die Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der HP GmbH gemäß § 266 StGB haben keinen Bestand. Gesellschafter und Geschäftsfüh-
rer der HP GmbH waren der Angeklagte und seine Ehefrau. In der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Alleingesellschafter anerkannt, daß dieser ohne weiteres Vermögenswerte aus der GmbH ziehen kann. Eine Grenze besteht insoweit, als das Stammkapital nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Existenzgefährdung der Gesellschaft hierdurch herbeigeführt werden darf (BGHSt 9, 203, 216; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45). Dies gilt im übrigen auch dann, wenn bei einer mehrgliedrigen Kapitalgesellschaft sämtliche Gesellschafter einvernehmlich handeln, selbst wenn die Entnahmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert werden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2000, 154, 155 m. Anm. Gehrlein S. 1089 f.).

c) Der neue Tatrichter wird demnach zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Angeklagten H als dessen Mitgesellschafterin die Entnahmen gebilligt hat. Selbst wenn sich ein solches Einverständnis nicht feststellen lassen sollte, hätte das Fehlen ihrer Zustimmung allenfalls dann Bedeutung, wenn die Ehefrau des Angeklagten H als verbliebene und alleingeschädigte Gesellschafterin gemäß § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB fristgerecht einen Strafantrag gestellt hätte. Unabhängig davon wird der neue Tatrichter feststellen müssen, ob durch die Entnahmehandlungen des Angeklagten H das Stammkapital der HP GmbH angegriffen oder deren Existenz gefährdet worden ist. In diesem Falle käme es auf ein Einverständnis seiner Mitgesellschafter nicht mehr an (BGH NJW aaO).
Soweit eine Beihilfe zur Untreue der Zeugen N und Ho zu Lasten ihrer Arbeitgeber in Betracht kommt, bezöge sich ein solcher Tatvorwurf nicht auf die angeklagte Tat. Bei einer Beihilfe zu einer Untreue der Zeugen N und Ho ist Tathandlung die Vereinbarung eines Preisaufschlages, bei einer Untreue zu Lasten der HP GmbH ist die Entnahme der Gelder Tathandlung. Beide Vorgänge stehen aber nicht in einem so untrennbaren Zusammenhang, daß sie jeweils als dieselbe prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO angesehen werden müßten.

d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Untreue führt zur Aufhe- bung des Gesamtstrafausspruches mit den zugehörigen Feststellungen. Obwohl auch die Einsatzstrafe in Wegfall gelangt, kann der Senat ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen von dem Rechtsfehler beeinflußt sind. Die insoweit zur Strafzumessung getroffenen Feststellungen bleiben gleichfalls bestehen.

III.


Trotz der Teilaufhebung nach § 301 StPO sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Sinne des Kostenrechts erfolglos (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 318/12
vom
19. März 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
19. März 2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
der Angeklagte H. persönlich,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 5. Dezember 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Steuerhinterziehung zu Geldstrafen von 300 Tagessätzen zu je 220 Euro (Angeklagter K. ) bzw. 120 Euro (Angeklagter H. ) verurteilt. Zudem hat es ausgespro- chen, dass wegen einer konventionswidrigen Verfahrensverzögerung von den verhängten Geldstrafen jeweils 60 Tagessätze als verbüßt gelten. Im Übrigen hat es die Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuern für Drucker zugunsten der I. GmbH freigesprochen.
2
Die Angeklagten wenden sich mit ihren Revisionen gegen die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Sie machen ein Verfahrenshindernis geltend und rügen im Übrigen die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Zudem haben sie jeweils sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Sachrüge gestützten Revisionen auf die Strafaussprüche beschränkt, die sie für nicht mehr schuldangemessen mild hält.
3
Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die vom Generalbundesanwalt jeweils teilweise vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten führen - bei unwirksamer Rechtsmittelbeschränkung der Staatsanwaltschaft - jeweils bereits auf die Sachrüge zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils zugunsten der Angeklagten, die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowohl zulasten als auch zugunsten der Angeklagten (§ 301 StPO). Einer Erörterung der von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht mehr. Der Teilfreispruch ist gegenstandslos und entfällt.

A.

Urteilsgründe des angefochtenen Urteils

I.

4
Abgeurteilt ist die in Mittäterschaft beider Angeklagter begangene Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Einreichung einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. GmbH (im Folgenden: I. ), die wegen des Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Organschaft beim Organträger, der IP. AG (im Folgenden: IP. ) zu einer Steuerverkürzung geführt habe. Das Landgericht ist der Ansicht, dass diese Steuererklärung als Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe. Der Angeklagte K. war zur Tatzeit Vorstandsvorsitzender der IP. , der Angeklagte H. Geschäftsführer der I. .
5
Der Wertung, dass die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 unrichtig gewesen sei, liegt die Feststellung zugrunde, dass die I. italienische und spanische „Missing Trader“ beliefert habe, was den Angeklagten bei Abgabe dieser Steuererklärung ebenso bekannt gewesen sei wie der Umstand, dass diese innergemeinschaftlichen Lieferungen wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht umsatzsteuerbefreit und daher als steuerpflichtig anzumelden gewesen seien.

II.

6
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:
7
1. Seit dem 25. August 2000 hielt die IP. alle Geschäftsanteile an der B. GmbH (im Folgenden: B. ), die wiederum seit dem 22. Dezember 2000 sämtliche Anteile an der I. hielt. Vorstandsvorsitzender der IP. war der Angeklagte K. ; Geschäftsführerin der I. war zunächst im Zeitraum vom 17. April 2001 bis zum 15. Dezember 2001 A. (UA S. 13). Der Angeklagte H. übernahm am 16. Dezember 2001 die Geschäftsführung der I. . Leitungsaufgaben hatte er - im Vorgriff auf seine Geschäftsführerbestellung - allerdings bereits schon kurz zuvor wahrgenommen (UA S. 20). Seine Bestellung wurde am 16. Januar 2002 ins Handelsregister eingetragen (UA S. 20). Dem früheren Mitangeklagten O. , der bis zum 8. April 2003 Vorstandsmitglied der IP. war (UA S. 12), wurde bei der I. am 9. Mai 2001 (UA S. 13) und bei der B. am 13. Juni 2001 (UA S. 13) Einzelprokura erteilt.
8
Nach der Vornahme von Umstrukturierungen gliederte die IP. sowohl die B. als auch die I. organisatorisch, finanziell und wirtschaftlich „in den Konzern“ ein. Die IP. erledigte dabei sämtliche Buchhaltungsarbeiten für die I. . Nachdem das Finanzamt deswegen zunächst für die Zeit ab 1. Januar 2002 das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) aller drei Gesellschaften mit der IP. als Organträger angenommen hatte, teilte es am 28. Mai 2003 der I. mit, dass es nun bereits für die Zeit ab 1. Juni 2001 vom Vorliegen einer Organschaft ausgehe. Nach den Feststellungen war der Angeklagte K. kein faktischer Geschäftsführer der I. ; er war in das operative Geschäft der I. nicht eingebunden, nahm keinen Einfluss darauf und erteilte den jeweiligen Geschäftsführern im operativen Geschäftsfeld auch keine Anweisungen (UA S. 21).
9
Die I. übernahm für den IP. -Konzern den internationalen Vertrieb von Computerkomponenten. In der am 15. April 2001 eröffneten Niederlassung in Ol. wurde das sog. Trading betrieben (UA S. 18). Dorthin wechselte im April 2001 ein Großteil der Belegschaft des Vertriebsbüros der ehemaligen Firma S. in E. , die nach Durchsuchungen wegen des Verdachts der Beteiligung an Umsatzsteuerhinterziehungen italienischer und spanischer Firmen insolvent geworden war (UA S. 15 f.).
10
Bereits bei seinen Einstellungsverhandlungen hatte der Angeklagte H. den Angeklagten K. darüber informiert, dass gegen ihn im Hinblick auf seine Tätigkeit bei der Firma S. ein Ermittlungsverfahren wegen Umsatzsteuerhinterziehung anhängig sei, weil Abnehmer der FirmaS. als „Missing Trader“ verdächtigt würden. Beide Angeklagtewaren sich darüber einig, dass die verdächtigten Firmen, die sich aus Durchsuchungsbeschlüssen ergaben, nicht von der I. beliefert werden sollten (UA S. 19). Außerdem kamen sie überein, dass zur Vermeidung der Einbeziehung der I. in ein Umsatzsteuerkarussell oder der Belieferung von „Missing Tradern“ Maßnahmen zu ergreifen seien. Deshalb sollten die Seriennummern der „durchlaufenden Waren“ in das Warenwirtschaftssystem aufgenommen werden. Zudem sollten u.a. eine Auskunftsdatei zur Überprüfung der Kunden angelegt und deren Umsatzsteueridentifikationsnummer vor jedem Geschäft überprüft werden (UA S. 19). Anhand der vorhandenen Daten sollte tagesaktuell das Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG durchgeführt werden (UA S. 22).
11
2. Die Niederlassung der I. in Ol. belieferte im Veranlagungszeitraum 2001 u.a. die italienischen Firmen T. und F. sowie die spanischen Firmen M. , U. und C. (UA S. 24). Bei diesen Firmen handelte es sich ausnahmslos um sog. „Missing Trader“, die als „Scheingesellschaften“ nur zum Zweck der Umsatzsteuerhinterziehung „zwischengeschaltet“ worden waren, um den wirklichen Abnehmern einen Vorsteu- erabzug (aus Rechnungen über Inlandslieferungen) zu ermöglichen. Sie ver- kauften die Waren an die wirklichen italienischen und spanischen Abnehmer weiter und wiesen in den diesbezüglichen Ausgangsrechnungen die italienische bzw. spanische Umsatzsteuer aus. Die Abnehmer machten aus diesen Rechnungen gegenüber den Finanzbehörden Vorsteuern geltend. Demgegenüber führten die genannten „Missing Trader“ die bei ihnen anfallende Umsatzsteuer zu keiner Zeit ab. Sie waren jeweils nur wenige Monate am Markt tätig.
12
Gegenüber der I. offenbarten die „Missing Trader“ ihre Abnehmer nicht. Allerdings nahmen die bei der I. tätigen Vertriebsmitarbeiter bereits im Zeitpunkt der einzelnen Lieferungen in Kauf, dass die im jeweiligen Bestimmungsland vorgesehene Umsatzbesteuerung durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden sollte, um den tatsächlichen Abnehmern einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Sie nahmen weiter in Kauf, dass diese „missbräuchliche Praxis“ bei innergemeinschaftlichen Lieferungen keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG auslöste (UA S. 6). Ihnen war bewusst, dass sie sich an einem Umsatz beteilig- ten, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ einbezogen war, und billigten dies stillschweigend (UA S. 39). Dabei wirkten sie kollusiv mit den Verantwortli- chen der „Missing Trader“ zusammen, um die Hinterziehung der im Bestim- mungsland geschuldeten Umsatzsteuern zu ermöglichen (UA S. 8). Der Umsatz mit den genannten Firmen belief sich im Jahr 2001 auf insgesamt 23.703.416,48 Euro, davon entfielen nur 58.438,10 Euro auf die Zeit bis zum 31. Mai 2001 (UA S. 6).
13
3. In den Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2001 für die I. wurden die Umsätze aus den verfahrensgegenständlichen innergemeinschaftlichen Lieferungen - vorbereitet „durch die Mitarbeiter der Buchhaltung der IP. “ - als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG erklärt (UA S. 55).
14
4. Spätestens seit der Durchsuchung der Geschäftsräume der IP. und der I. am 3. Dezember 2002 und der dabei erfolgten Bekanntgabe der Einleitung von Steuerstrafverfahren wegen falscher Umsatzsteuervoranmeldungen im Jahr 2001 rechneten beide Angeklagte damit, dass die I. „Mis- sing Trader“ beliefert hatte und insoweit keine Umsatzsteuerbefreiungen in An- spruch nehmen konnte. Ihnen kam es aber darauf an, durch Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen für das Jahr 2001 das beim Finanzamt Landshut anhängige Besteuerungsverfahren möglichst schnell zum Abschluss zu bringen , um die Freigabe eines vom Finanzamt bis zur Klärung des Sachverhalts gesperrten Umsatzsteuerguthabens der IP. in Höhe von 5 Mio. Euro (UA S. 56) zu erreichen (UA S. 6).
15
Wie mit dem Angeklagten K. abgesprochen, erklärte der Angeklagte H. gegenüber dem Finanzamt Fürstenfeldbruck in der Umsatzsteuerjahreserklärung der I. für das Jahr 2001 am 24. März 2003 die getätigten Umsätze aus den Geschäften mit den genannten italienischen und spanischen Firmen in Höhe von mehr als 23,7 Mio. Euro (23.703.416,48 Euro) als steuerfreie Umsätze aus innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S.v. § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG (UA S. 6, 58). Die nach Auffassung des Landgerichts hierauf entfallende und hinterzogene Umsatzsteuer betrug 3.277.497,18 Euro (UA S. 58). Insgesamt bezifferte der Angeklagte H. in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. den verbleibenden Überschuss auf 30.448.505,46 DM und errechnete unter Berücksichtigung des Vorauszahlungssolls (in Form eines Überschusses aus den Umsatzsteuervoranmeldungen von 30.448.505,32 DM) einen Erstattungsanspruch von 0,14 DM (UA S. 58).
16
Wegen der Unkenntnis der Angeklagten vom Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft enthielt die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. sämtliche Umsätze aus dem Jahr 2001; demgegenüber waren die Umsät- ze der I. in der von dem Angeklagten K. am 23. April 2003 für die IP. beim Finanzamt Landshut eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung nicht enthalten (UA S. 5, 57).
17
5. Eine Auszahlung des sich aus der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. ergebenden Erstattungsbetrages von 0,14 DM durch die Finanzbehörden fand nicht statt. Vielmehr erging am 11. Juni 2003 gegen die I. ein Umsatzsteuerbescheid für 2001, in dem wegen der vom Finanzamt angenommenen Organschaft eine Zahllast von 12.412.964 Euro festgesetzt wurde. Die IP. beglich diesen Betrag (UA S. 58).
18
6. Gegen den am 9. Juli 2003 gegenüber der IP. erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2001, der einen Erstattungsanspruch von 7.772.459 Euro festsetzte , legte die IP. Einspruch ein, um nach Feststellung der Steuerfreiheit der verfahrensgegenständlichen innergemeinschaftlichen Lieferungen die Erhöhung ihres Umsatzsteuerguthabens um 4.317.840 Euro zu erreichen.
19
Am 16. November 2006 verständigten sich die IP. und das Finanzamt Landshut dahingehend, dass 92 Prozent der ab 1. Juni 2001 getätigten Umsätze , also 21.753.381,03 Euro, bei ihr als Organträgerin zu versteuern seien, was bei einem Steuersatz von 16 Prozent eine Umsatzsteuerschuld von 3.000.466,35 Euro ergab. Die Umsatzsteuerschulden der IP. und der I. wurden fristgerecht bezahlt (UA S. 7, 58).

III.

20
Das Landgericht ist der Auffassung, dass die Angeklagten mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. durch den Angeklagten H. am 24. März 2003 gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) eine Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) begangen haben.
21
1. Die Steuerverkürzung ergebe sich daraus, dass die hier (wegen missbräuchlichen Verhaltens) steuerpflichtigen Umsätze aus den innergemeinschaftlichen Lieferungen weder in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. noch in derjenigen der IP. als steuerpflichtig erklärt worden seien (UA S. 117). Stattdessen habe der Angeklagte H. nach Absprache mit dem Angeklagten K. diese Umsätze in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. unrichtig als umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen angemeldet, obwohl beide Angeklagte damit gerechnet hätten, dass die Voraussetzungen dieser Steuerbefreiung nicht gegeben waren (UA S. 117).
22
2. Die Umsatzsteuerpflicht bestehe deswegen, weil nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt sei (UA S. 118). Ein „derart betrügerischer Missbrauch“ liege jedenfalls dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst an einem in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteilige. Dabei komme es nicht darauf an, ob er die Umsatzsteuerhinterziehung selbst begangen habe, es genüge vielmehr, wenn ihm diese bekannt sei (UA S. 119). Zur Versagung der Steuerfreiheit müsse objektiv feststehen, dass der Unternehmer die missbräuchliche oder betrügerische Praxis des Erwerbers kannte oder sich daran beteiligte. Für die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung genüge es, dass der Steuerpflichtige gewusst habe oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei (UA S. 119). Dies sei hier der Fall gewesen, denn die Zwi- schenschaltung der „Missing Trader“ habe allein der Vermeidung einer Er- werbsbesteuerung der Lieferungen der I. in Italien bzw. Spanien gedient.
Die innergemeinschaftlichen Kontrollmitteilungen seien gezielt dadurch umgan- gen worden, dass die „Missing Trader“ nur kurzzeitig am Markt gewesen seien, also zum Zeitpunkt der innergemeinschaftlichen Kontrollmitteilungen bereits nicht mehr existiert hätten (UA S. 120).
23
3. Das Wissen der Vertriebsmitarbeiter der I. hat das Landgericht in entsprechender Anwendung des § 166 BGB der I. als Unternehmer zugerechnet (UA S. 120).
24
4. Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG habe die I. nicht beanspruchen können, weil die Vertriebsmitarbeiter hätten erkennen können und auch erkannt hätten, dass die „Missing Trader“ zum Zwecke der Mehrwertsteuerhinterziehung bloß formal zwischengeschaltet worden waren (UA S. 121).
25
5. Zwischen der IP. als Organträger und der I. habe zum 1. Juni 2001 eine umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) bestanden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die I. finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die IP. eingegliedert worden. Mit der Erteilung der Einzelprokura an den früheren Mitangeklagten O. am 30. Mai 2001 sei die Eingliederung in die IP. , die über ihre Beteiligung an der B. die I. beherrscht habe, abgeschlossen gewesen (UA S. 121).
26
6. Trotz der Annahme, dass nicht die I. , sondern wegen des Vorliegens einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft die IP. als Organträger Schuldnerin der Umsatzsteuer aus den Umsätzen mit den „Missing Tradern“ gewesen sei, hat das Landgericht eine vollendete Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. angenommen. Wegen der Organschaft sei der erstrebte Taterfolg statt bei der I. bei der IP. als Organträgerin eingetreten.
27
Der Umstand, dass die Tathandlung in der Abgabe einer Steueranmeldung (Umsatzsteuerjahreserklärung) mit einem Erstattungsbetrag von 0,14 DM liege, der nicht ausbezahlt worden sei, stehe der Annahme einer vollendeten Steuerhinterziehung nicht entgegen. Aus § 1 Abs. 2 der Kleinbetragsverordnung ergebe sich, dass in einem solchen Fall eine Erstattung generell nicht stattfinde, sodass es einer ausdrücklichen Zustimmung nicht bedürfe. Deshalb stehe gemäß § 168 Satz 2 AO die (unrichtige) Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, was die Steuerverkürzung bewirke (UA S. 8, 122).
28
7. Den Umstand, dass entgegen der Vorstellung der Angeklagten in der zweiten Jahreshälfte 2001 nicht die I. , sondern aufgrund der Organschaft die IP. Steuerschuldnerin hinsichtlich der Umsätze mit den „Missing Tradern“ gewesen sei, hat das Landgericht als unbeachtliche Abweichung des tatsächlichen von dem von den Angeklagten vorgestellten Kausalverlauf gewertet(UA S. 8). Diese Fehlvorstellung schließe daher den Tatvorsatz der Angeklagten nicht aus (UA S. 8, 131).

B.

Rechtsmittel der Angeklagten
29
Die Revisionen der Angeklagten haben Erfolg; ihre sofortigen Beschwerden gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil sind gegenstandslos.

I.

Verfahrensvoraussetzungen
30
Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Entgegen der Auffassung der Revisionen fehlt es auch nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift (§ 200 StPO) und - daran anknüpfend - einem wirksamen Eröffnungsbeschluss.
31
1. Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel dazu führen, dass die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion nicht genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138 Rn. 6, mwN). Bei Steuerhinterziehungen genügt zur Wahrung der Umgrenzungsfunktion regelmäßig die Benennung der Daten der Steuererklärungen, in denen unrichtige Angaben enthalten sein sollen, der Steuerarten und der Veranlagungszeiträume ; denn diese Umstände gewährleisten eine Unterscheidung von anderen denkbaren strafbaren Verhaltensweisen (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465).
32
2. Ausgehend von diesen Maßstäben ist hier sowohl die Anklageschrift als auch der Eröffnungsbeschluss wirksam. Die Anklageschrift, an die der Eröffnungsbeschluss anknüpft, erfüllt noch ihre Funktion, die angeklagten Taten der Hinterziehung von Umsatzsteuer ausreichend zu umschreiben.
33
a) Durch die Benennung der am 24. März 2003 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. als Tathandlung war der Tatvorwurf einer mit dieser Steuererklärung begangenen Umsatzsteuerhinterziehung als historisches Ereignis (§ 264 StPO) ausreichend genau beschrieben und damit hinreichend umgrenzt. Die in der Anklageschrift vorgenommene Bezeichnung von Art und Umfang unrichtiger Angaben lässt die Umgrenzung der von der Anklage umfassten Tatvorwürfe unberührt; sie hat lediglich für die Informationsfunktion der Anklage Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465). Der Umstand, dass die Anklageschrift insoweit lediglich unberechtigte Vorsteuerabzüge (§ 15 UStG), nicht aber zu Unrecht als umsatzsteuerfrei behandelte innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG) benannt hat, berührt daher die Wirksamkeit von Anklage und Eröffnungsbeschluss nicht.
34
b) Soweit das Tatgericht darauf abstellt, dass die von Mitarbeitern der I. veranlassten innergemeinschaftlichen Lieferungen auch nicht als steuerpflichtige Umsätze in die am 23. April 2003 für die IP. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 Eingang gefunden haben, ist auch dies von Anklage und Eröffnungsbeschluss erfasst. Denn die Anklage legt beiden Angeklagten auch hinsichtlich dieser Steuererklärung ein Vergehen der Steuerhinterziehung zur Last. Für die Umgrenzungsfunktion dieses (weiteren) Tatvorwurfs i.S.d. § 264 StPO gilt das oben Gesagte entsprechend.

II.

Revisionen der Angeklagten
35
Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit der Sachrüge Erfolg; eines Eingehens auf die erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht mehr. Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch wegen vollendeter Steuerhinterziehung weder hinsichtlich der für die I. abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (nachfolgend 1.) noch bezüglich der für die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (nachfolgend 2.). Der vom Landgericht ausgesprochene Teilfreispruch „im Übrigen“ geht ins Leere (nachfolgend 3.). Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, weil eine abschließende Entscheidung in der Revisionsinstanz nicht in Betracht kommt (nachfolgend 4.).
36
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen eine Verurteilung der Angeklagten wegen einer in Mittäterschaft begangenen vollendeten Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. (§ 370 Abs. 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 3 UStG) nicht.
37
a) Die Urteilsfeststellungen belegen bereits keine Tathandlung.
38
Eine tatbestandsmäßige Handlung i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer „den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht“. Unrichtig wären die Angaben in der für die I. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung hier dann, wenn die Umsätze mit den „Missing Tradern“ in diese Steuererklärung als steuerpflichtige Umsätze aufzunehmen gewesen wären. Dies belegen die Urteilsfeststellungen indes nicht.
39
aa) Das Landgericht ist erkennbar von der Annahme ausgegangen, dass beim zunächst unerkannten Vorliegen einer Organschaft die für eine Organgesellschaft (hier: die I. ) abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung als Erklärung für den Organträger (hier: die IP. ) gilt und die Frage der Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung sich danach richtet, welche Umsätze der Organgesellschaft der Organträger als eigene Umsätze anzumelden gehabt hätte. Dies trifft jedoch nicht zu.

40
Die für die I. abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung wäre auch im Falle einer bestehenden Organschaft nicht als Steuererklärung für die IP. als Organträger zu behandeln gewesen. Wegen der auch bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft weiterhin bestehenden zivilrechtlichen Selbständigkeit einer Organgesellschaft wirken die für diese abgegebenen Steuererklärungen allein für die Organgesellschaft und nicht für und gegen ein sie beherrschendes Unternehmen.
41
Allerdings treffen im Falle einer Organschaft alle steuerlichen Erklärungspflichten , die sich aus § 18 UStG ergeben, allein den Organträger (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 144). Die Organgesellschaft schuldet in einem solchen Fall keine Umsatzsteuern, weil sie gemäß § 2 Nr. 2 UStG nicht als Unternehmerin selbständig tätig wird, und muss deshalb auch keine Umsätze anmelden. Aus diesem Grund muss eine Umsatzsteuerveranlagung der Organgesellschaft rückgängig gemacht werden, wenn sich nachträglich das Vorliegen einer Organschaft herausstellt (Klenk aaO Rn. 145). Dies bedeutet umgekehrt aber auch, dass im Falle des Vorliegens einer Organschaft eine für die Organgesellschaft abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung jedenfalls insoweit nicht unrichtig oder unvollständig ist, als von dieser getätigte Umsätze dort nicht aufgenommen wurden. Denn die getätigten Umsätze gelten nicht als ihre Umsätze, sondern als die des Organträgers.
42
bb) Die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 wäre aber dann unrichtig, wenn die vom Landgericht angenommene Organ- schaft in Wirklichkeit gar nicht vorgelegen hat und die Umsätze mit den „Missing Tradern“ zudem als steuerpflichtige Umsätze anzumelden gewesen waren. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist indes nicht tragfähig festgestellt.
43
(1) Zwar belegen die Urteilsfeststellungen das Vorliegen der vom Landgericht angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der IP. und der I. ab dem 1. Juni 2001 nicht. Da aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, kann der Senat nicht ohne weiteres zum Nachteil der Angeklagten vom Nichtvorliegen einer Organschaft ausgehen.
44
(a) Eine umsatzsteuerliche Organschaft setzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG voraus, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Rechtliche Folge einer Organschaft ist, dass die Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG) und die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten wie auch die Steuerschuldnerschaft allein den Organträger treffen (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 144; Korn in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 2 Rn. 138). Das (zivilrechtliche) Innenverhältnis der beteiligten Unternehmen ist hiervon nicht betroffen. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass derjenige Beteiligte am Organkreis, aus dessen Umsätzen die an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuerbeträge herrühren, im Innenverhältnis der Organschaft auch die Steuerlast zu tragen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, DStR 2013, 478, 480).
45
(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt die für die Annahme einer Organschaft erforderliche Eingliederung ein Verhältnis der Über- und Unterordnung zwischen einer Organgesellschaft als „untergeordneter Person“ und dem sog. Organträger voraus (vgl. BFH, Urteil vom 7. Juli 2011 - V R 53/10, DStR 2011, 2044, 2045 mwN). Die neben der finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung erforderliche organisatorische Eingliederung erfordert dabei , dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss (BFH aaO mwN).
46
Die organisatorische Eingliederung besteht zwischen zwei Kapitalgesellschaften insbesondere bei einer Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen der beiden Gesellschaften. Darüber hinaus kann sich die organisatorische Eingliederung auch aus einer (teilweisen) personellen Verflechtung über die Geschäftsführungsorgane ergeben, wenn dem Organträger eine Willensdurchsetzung in der Organgesellschaft möglich ist (BFH, Urteil vom 7. Juli 2011 - V R 53/10, DStR 2011, 2044, 2046). Zwar reicht es für die eine organisatorische Eingliederung begründende personelle Verflechtung aus, dass der oder die Geschäftsführer der Organgesellschaft leitende Mitarbeiter des Organträgers sind (BFH aaO). Demgegenüber genügt es aber nicht, dass ein leitender Mitarbeiter des Mehrheits- oder Alleingesellschafters nur Prokurist bei der vermeintlichen Organgesellschaft ist, während es sich bei dem einzigen Geschäftsführer der vermeintlichen Organgesellschaft um eine Person handelt, die weder Mitglied der Geschäftsführung noch leitender Angehöriger des Mehrheits- bzw. Alleingesellschafters ist (BFH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - V R 7/10, DStR 2011, 308, 309). In Ausnahmefällen kann eine organisatorische Eingliederung auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft vorliegen. Voraussetzung für diese schwächste Form der organisatorischen Eingliederung ist jedoch, dass institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft gegeben sind (vgl. BFH, Urteil vom 3. April 2008 - V R 76/05, BStBl. II 2008, 905; vgl. auch die weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im BMF-Schreiben vom 7. März 2013 zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft - GZ IV D 2 - S 7105/11/10001).
47
(c) Nach diesen Grundsätzen wird die für die Annahme des Vorliegens einer Organschaft zwischen der IP. als Muttergesellschaft und der I. als Tochtergesellschaft der B. und damit als Enkelgesellschaft der IP. erforderliche organisatorische Eingliederung von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Es fehlt die erforderliche personelle Verflechtung zwischen Mutterund Enkelgesellschaft und eine sich hieraus ergebende Beherrschung der Enkelgesellschaft I. durch die IP. . Institutionell abgesicherte Eingriffsmöglichkeiten der IP. und Eingriffe in die laufende Geschäftsführung der I. sind ebenfalls nicht festgestellt.
48
Vielmehr war der Angeklagte K. nach den Urteilsfeststellungen kein faktischer Geschäftsführer der I. ; er war in das operative Geschäft der I. nicht eingebunden, nahm keinen Einfluss darauf und erteilte den jeweiligen Geschäftsführern im operativen Geschäftsfeld auch keine Anweisungen (UA S. 21). Geschäftsführerin der I. war seit dem 17. April2001 A. (UA S. 13). Der Angeklagte H. wurde erst zum 16. Dezember 2001 Geschäftsführer der I. , nachdem er bereits wenige Tage zuvor im Vorgriff hierauf Leitungsaufgaben wahrgenommen hatte (UA S. 20). Eine Beherrschung der I. durch die IP. in der laufenden Geschäftsführung ab 1. Juni 2001 ist damit nicht festgestellt. Zwar war nach den Urteilsfeststellungen dem früheren Mitangeklagten O. , der bis zum 8. April 2003 Vorstandsmitglied der IP. war (UA S. 12), bei der I. am 9. Mai 2001 (UA S. 13) und bei der B. am 13. Juni 2001 (UA S. 13) Einzelprokura erteilt worden. Dies genügt jedoch für die erforderliche personelle Verflechtung mit der IP. nicht, da nicht festgestellt ist, dass die zu dieser Zeit als Geschäftsführerin der I. bestellte A. Mitglied der Geschäftsführung oder leitende Angehörige der IP. war.

49
(d) Der Senat kann allerdings nicht ausschließen, dass sich weitere Feststellungen treffen lassen, welche die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft doch noch rechtfertigen könnten.
50
(2) Auch die Wertung des Landgerichts, bei den Umsätzen mit den „Mis- sing Tradern“ handele es sich wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht um umsatzsteuerbefreite Umsätze, wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Vielmehr hat das Landgericht die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung für die tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen auf widersprüchliche Feststellungen gestützt. Solche Feststellungen lassen eine abschließende Beurteilung, ob das Landgericht mit Recht vom Wegfall der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgegangen ist, nicht zu.
51
(a) Innergemeinschaftliche Lieferungen sind unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG).
52
Die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Darüber hinaus bestehen bei Lieferungen (abgesehen von den Fällen der Lieferung neuer Fahrzeuge) weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG muss es sich beim Abnehmer der Lieferung entweder um einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat. Der Erwerb des Gegenstands der Lieferung muss nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in allen Fällen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen.
53
(b) Nach der auf der Grundlage einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010, Rechtssache R, C-285/09, NJW 2011, 203) ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 41/09, BGHSt 57, 32) entfällt allerdings die Steuerbefreiung dann, wenn der Lieferer bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen , im Empfängerstaat Umsatzsteuer zu hinterziehen, wenn sonst der fragliche Umsatz jeglicher Besteuerung entgehen würde. Es bestehen nebeneinander zwei Versagungsgründe:
54
(aa) Der erste Versagungsgrund - beiderseitige kollusive Täuschung - beruht darauf, dass die nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung erforderliche Besteuerung des Erwerbs im Bestimmungsland verhindert wird, wenn der Lieferer mit dem Abnehmer kollusiv zusammenwirkt und dabei die Identität des Abnehmers verschleiert. Denn maßgeblich für die Steuerbefreiung sind der zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Erwerb bestehende Besteuerungszusammenhang und die damit bezweckte Verlagerung des Steueraufkommens auf den Bestimmungsmitgliedstaat durch die dort beim Abnehmer als Steuerschuldner vorzunehmende Besteuerung, die es nicht zulässt, die Steuerfreiheit trotz absichtlicher Täuschung über die Person des Abnehmers (Erwerbers) in Anspruch zu nehmen (vgl. auch BFH, Urteil vom 11. August 2011 - V R 50/09, DStR 2011, 1901 Rn. 24).
55
(bb) Darüber hinaus verbleibt es auch dann bei der Steuerpflicht (zweiter Versagungsgrund), wenn - obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit objektiv vorliegen - der Steuerpflichtige unter Verstoß gegen die Pflichten zum Buch- und Belegnachweis die Identität des Erwerbers verschleiert, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen (vgl. auch BFH, Urteil vom 11. August 2011 - V R 50/09, DStR 2011, 1901 Rn. 22 mwN; BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354).
56
(c) Ob einer dieser Versagungsgründe gegeben ist, hängt somit davon ab, ob die I. bei den einzelnen Lieferungen über die Person des jeweiligen Abnehmers getäuscht hat.
57
(aa) Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" (EuGH, Urteil vom 27. September2007 - C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797 Rn. 23 f.) und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind (EuGH aaO Rn. 37 und 41), der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union). Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen , der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber. Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (BFH aaO).
58
(bb) Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige , dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mwN). Abnehmer (Erwerber ) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer (BFH aaO).
59
(cc) Ohne Bedeutung für die Bestimmung des Leistungsempfängers sind sog. Scheingeschäfte (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein Scheingeschäft liegt insbesondere vor, wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes nicht zwischen ihnen, sondern zwischen nur einer Vertragspartei und einem Dritten eintreten sollen. Verdeckt das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft , ist nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgeblich (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mwN).
60
(dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erlaubt die Feststellung , der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, für sich genommen nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner ("Missing Trader"), sondern eine andere Person sei Empfänger der Lieferung (vgl. BFH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004; BFH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - V B 44/04, BFH/NV 2006, 625). Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Erfüllung von Steuererklärungspflichten kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl. BFH, Urteil vom 8. November 2007 - V R 72/05, BFHE 219, 422; vgl. aber zur Unternehmereigenschaft bei Einbindung in ein auf die Verkürzung von Umsatzsteuer ausgelegtes Hinterziehungssystem BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, wistra 2011, 264).
61
(d) Ob hier eine zur Versagung der Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG vorliegende Täuschung über Erwerber der jeweiligen Lieferungen vorliegt, lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht zweifelsfrei entnehmen, da die Urteilsgründe zur Rolle der vom Landgericht als „Missing Trader“ gewer- teten Vertragspartner der I. widersprüchliche Feststellungen enthalten.
62
Einerseits wertet das Landgericht die „Missing Trader“ als Scheingesell- schaften (UA S. 39), was nahe legt, dass es sich nach der Überzeugung des Landgerichts bei diesen Gesellschaften um nicht existente oder nicht als Unternehmer tätige Gesellschaften handelte, die lediglich als Abnehmer angegeben wurden, um die Identität der wahren Abnehmer zu verschleiern. Andererseits stellt das Landgericht fest, dass die „Missing Trader“ die von der I. bezo- genen Waren weiterverkauften, um ihren „tatsächlichen Abnehmern“, die sie gegenüber der I. nicht offenbarten, einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen (UA S. 6). Dies deutet darauf hin, dass es sich bei den „Missing Tradern“ um die wirklichen Erwerber der Waren der I. handelte, die ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkamen und ihrerseits die Erwerber aus einem Weiterverkauf nicht offenbarten.
63
An anderer Stelle in den Urteilsgründen stellt das Landgericht fest, dass die Vertriebsmitarbeiter der I. mit den Verantwortlichen der „Missing Tra- der“ kollusiv zusammenarbeiteten, um ihnen die Hinterziehung von Umsatz- steuer zu ermöglichen (UA S. 8, 120). Im Widerspruch dazu steht die Feststel- lung des Landgerichts, dass den Vertriebsmitarbeitern der I. lediglich bewusst war, dass sie sich an einem Umsatz beteiligten, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, was sie stillschweigend billigten (UA S. 39). Sie hätten lediglich billigend in Kauf genommen, dass die Umsatzbesteuerung durch gezielte Maßnahmen umgangen werden sollte (UA S. 6).
64
Es bleibt daher nach den Urteilsfeststellungen offen, wer die wirklichen Erwerber der Waren der I. waren und ob sich Mitarbeiter der I. an einer Täuschung über die Identität dieser Erwerber beteiligt haben. Haben Vertreter oder Mitarbeiter der I. nicht an einer derartigen Identitätstäuschung mitgewirkt, greift keiner der genannten Versagungsgründe ein.
65
(e) Angesichts der unklaren und widersprüchlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Erwerbern bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob eine Steuerpflicht einer innergemeinschaftlichen Lieferung trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen hierfür auch dann in Betracht kommt, wenn dem Unternehmer - der nicht über die Identität des Abnehmers täuscht - nur bekannt ist, dass der Abnehmer, den er nach seinen Belegen und buchmäßigen Aufzeichnungen als Abnehmer führt, seine steuerlichen Verpflichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat nicht erfüllt (vom Bundesfinanzhof bislang offen gelassen , vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354; zur Zurechnung des Wissens von Mitarbeitern vgl. BFH, Urteil vom 19. Mai 2010 - XI R 78/07, DStRE 2010, 1263).
66
b) Selbst für den Fall, dass die Umsätze mit den „Missing Tradern“ in die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. aufzunehmen gewesen wären, läge mangels eingetretener Steuerverkürzung jedenfalls keine vollendete Steuerhinterziehung vor.
67
Die Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO ist nicht nur ein Erklärungs -, sondern auch ein Erfolgsdelikt. Die Tat ist nur dann vollendet, wenn durch sie kausal ein Taterfolg herbeigeführt worden ist. Der Taterfolg besteht darin, dass der Täter durch die Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat. Steuern sind dabei namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 HS 1 AO; näher BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Daran fehlt es hier.
68
aa) Allerdings steht gemäß § 168 Satz 1 AO eine Steueranmeldung, zu der auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung zählt (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG, § 150 Abs. 1 Satz 3 AO), einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt dies indes erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt (§ 168 Satz 2 AO). Diese Zustimmung bedarf keiner Form (§ 168 Satz 3 AO).
69
bb) Hier bedurfte es für die Gleichsetzung der Steueranmeldung mit einer Steuerfestsetzung der Zustimmung der Finanzbehörde. Denn die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. wies einen verbleibenden Überschuss der Vorsteuerbeträge über die Umsatzsteuerbeträge und damit eine Steuervergütung i.S.v. § 168 S. 2 AO (vgl. HHSp-Heuermann, AO, 210. Lfg., § 168 Rn. 15; Pahlke/Koenig-Cöster, AO, 2. Aufl., § 168 Rn. 16; vgl. auch Vogel/ Schwarz-Raudszus, UStG, 150. Lfg., § 18 Abs. 1 - 4 Rn. 77) in Höhe von 30.448.505,46 DM aus (UA S. 57).
70
cc) Die Finanzbehörde hat hier die nach § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung weder ausdrücklich noch konkludent erteilt. Eine solche Zustim- mung lag auch nicht im Hinblick darauf vor, dass in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. unter Berücksichtigung des sich aus den Umsatzsteuervoranmeldungen ergebenden Vorauszahlungssolls lediglich ein Erstattungsbetrag von 0,14 DM geltend gemacht wurde.
71
(1) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich eine allgemeine Zustimmung, die nicht gesondert mitgeteilt werden müsste, auch nicht aus der Kleinbetragsverordnung (KBV). Zwar enthält § 1 Abs. 2 KBV die Regelung, dass u.a. eine angemeldete Umsatzsteuervorauszahlung oder eine für das Kalenderjahr angemeldete Umsatzsteuer nur abweichend festgesetzt, geändert oder berichtigt wird, wenn die Abweichung von der angemeldeten Steuer mindestens zehn Euro beträgt. Die Kleinbetragsverordnung ersetzt jedoch nicht die im Falle eines angemeldeten Erstattungsbetrages erforderliche Zustimmung des Finanzamts. Vielmehr setzt § 1 Abs. 2 KBV eine als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung voraus, an der es bei einem angemeldeten Erstattungsbetrag bis zur Zustimmung durch die Finanzbehörde gerade noch fehlt (vgl. § 168 Satz 2 AO). Die Kleinbetragsverordnung trifft keine Regelung darüber , wann eine Steueranmeldung als Steuerfestsetzung gilt; sie bestimmt lediglich , dass bei Abweichungen bis zu zehn Euro eine abweichende Festsetzung der bereits festgesetzten Steuer nicht stattfindet.
72
(2) Auch eine sonstige allgemein erteilte Zustimmung zu einer Steuervergütung liegt nicht vor. Zwar wird in der Verwaltungspraxis regelmäßig eine Zustimmung zu einer Auszahlung erteilt, wenn der sich aus einer Steueranmeldung ergebende Erstattungsbetrag 2.500 Euro nicht übersteigt. Auch in diesem Fall stehen die Steueranmeldungen aber erst dann einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, wenn die Zustimmung tatsächlich erteilt und dem Steuerpflichtigen auch bekannt (gemacht) wird (vgl. BFH, Beschluss vom 10. September 1999 - V B 39/99, BFH/NV 2000, 351 sowie Nr. 9 des AEAO zu § 168 AO). Daran fehlt es hier. Die in der Praxis übliche Nichtauszahlung von Erstattungsbeträgen unter einem Euro (vgl. BMF-Schreiben vom 22. März 2001 - IV A 4 - S 0512 - 2/01 -, BStBl. I 2001, 242) ersetzt ebenfalls nicht eine gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung des Finanzamts.
73
2. Die Nichtanmeldung der Umsätze mit den „Missing Tradern“ in der vom Angeklagten K. am 23. April 2003 beim Finanzamt Landshut für die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (UA S. 6) kann ebenfalls eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung nicht tragen.
74
Zwar war auch der Vorwurf der Steuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die IP. hinsichtlich beider Angeklagter Gegenstand der Anklageschrift vom 29. Juli 2009 (Anklagesatz, Abschnitt II) und unterlag daher als weiterer Tatvorwurf i.S.v. § 264 StPO der Kognitionspflicht des Landgerichts. Er war auch nicht vom Teilfreispruch erfasst (s. UA S. 140 ff.), zumal da das Landgericht die unrichtige Behandlung der verfahrensgegenständlichen Umsätze in den für die I. und die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen als einheitliche Tat behandelt hat (UA S. 117). Für einen Schuldspruch wegen vollendeter Steuerhinterziehung hätte es jedoch jedenfalls tragfähiger Feststellungen zum Vorliegen einer Organschaft und zur fehlenden Steuerfreiheit der Umsätze mit den „Missing Tradern“ bedurft. Daran fehlt es jedoch aus den (unter 1.) bereits genannten Gründen.
75
3. Der vom Landgericht ausgesprochene Teilfreispruch geht ins Leere und ist daher gegenstandslos. Die Vorwürfe der unberechtigten Geltendmachung von Vorsteuern für Drucker zugunsten der I. und die der Nichtanmeldung wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht steuerbefreiter innergemeinschaftlicher Lieferungen betreffen dieselbe Umsatzsteuerjahreserklärung und wären - wenn sie erwiesen würden - Teil einer einheitlichen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO. Hinsichtlich eines Teils einer einheitlichen Straftat ist ein Teilfreispruch rechtlich nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2004 - 2 StR 224/04 mwN).
76
4. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat geprüft, ob eine abschließende Entscheidung bereits in der Revisionsinstanz möglich ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.
77
a) Eine Änderung des Schuldspruchs auf versuchte Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 22 StGB) wegen untauglichen Versuchs im Hinblick auf die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 kommt mangels tragfähiger Tatsachengrundlage nicht in Betracht.
78
Wegen untauglichen Versuchs macht sich strafbar, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB), obwohl die tatsächlichen Voraussetzungen für Tatbestandsmerkmale fehlen, die er irrig für gegeben hält. Erforderlich ist, dass die Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, alle Merkmale des strafgesetzlichen Tatbestandes erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1954 - 1 StR 677/53, BGHSt 6, 251, 256).
79
Ob dies hier der Fall ist, d.h. ob die Angeklagten sich hier Umstände vorgestellt hatten, bei denen die I. die Umsätze mit den „Missing Tradern“ als umsatzsteuerpflichtige Umsätze hätte anmelden müssen, lässt sich den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils nicht zweifelsfrei entnehmen.
80
Zwar hat das Landgericht zum Vorstellungsbild der Angeklagten festgestellt , der Angeklagte H. habe seit dem 11. Dezember 2001 (UA S. 125) billigend in Kauf genommen, dass es sich bei den in Rede stehenden Vertragspartnern um „Missing Trader“ gehandelt habe und „die I. sich durch die Lieferungen an deren Steuerhinterziehungen beteiligte“. Auch der Angeklagte K. habe nach der Durchsuchung im Dezember 2002 (UA S. 126) damit gerechnet, dass die I. „Missing Trader“ beliefert hatte. Seine Überzeugung vom bedingten Tatvorsatz der Angeklagten stützt das Landgericht jedoch auf die von ihm getroffenen Feststellungen zur Rolle der von ihm als „Missing Trader“ eingestuften Vertragspartner. Da diese Feststellungen aber, wie oben dargestellt, unklar und widersprüchlich sind, können sie auch keine tragfähige Grundlage für Schlussfolgerungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten darstellen. Mangels rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite kommt somit eine Abänderung des Schuldspruchs auf versuchte Steuerhinterziehung nicht in Betracht.
81
b) Auch ein (Teil-)Freispruch scheidet aus. Der Senat kann weder hinsichtlich der I. noch der IP. ausschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die einen Schuldspruch wegen (versuchter) Steuerhinterziehung rechtfertigen.

III.

82
Sofortige Beschwerden der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung
83
Angesichts der Aufhebung des angefochtenen Urteils sind die sofortigen Beschwerden der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils (§ 464 Abs. 3 StPO) gegenstandslos.

C.

Revisionen der Staatsanwaltschaft
84
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls Erfolg; sie führen zulasten und zugunsten (§ 301 StPO) der Angeklagten zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils.
85
Die Staatsanwaltschaft hat ihre zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen auf den Strafausspruch beschränkt. Eine Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf den Rechtsfolgenausspruch ist zwar grundsätzlich zulässig. Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist jedoch - ausnahmsweise - zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat. Derartige Feststellungen können nicht Grundlage eines Strafausspruchs sein (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, wistra 2012, 350 mwN und vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/95, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12; Gössel in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rn. 38 zum insoweit gleich zu behandelnden Fall der Berufungsbeschränkung).
86
So verhält es sich hier. Wie dargelegt, tragen die bisher getroffenen Feststellungen die Schuldsprüche nicht und bieten deshalb keine Grundlage für die Prüfung eines Rechtsfolgenausspruchs, so dass die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam ist. Somit führt auch die Revision der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des Urteils insgesamt. Daher gilt für das neue Tatgericht das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) nicht.

D.

87
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
88
Sollte das neue Tatgericht wieder zu der Feststellung gelangen, dass von der Finanzverwaltung ein Umsatzsteuerguthaben zurückgehalten wurde, das den erstrebten Verkürzungsumfang übersteigt, würde dies für sich allein nicht die Annahme rechtfertigen, der Steueranspruch sei nicht ernsthaft gefährdet gewesen (UA S. 135). Er wäre hier bereits dann gefährdet, wenn die Möglichkeit bestünde, dass die Voraussetzungen einer Versagung der Steuerbefreiung für durchgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen sich nicht erweisen oder die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG sich nicht widerlegen lassen könnten, obwohl sie tatsächlich nicht gegeben sind. Wahl Graf Jäger Cirener Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.