Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2017 - AnwZ (Brfg) 26/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:020617BANWZ.BRFG.26.16.0
bei uns veröffentlicht am02.06.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers und dessen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 8. Februar 2016 werden als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der 1943 geborene Kläger ist seit 1974 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.

2

Der Kläger hat gegen das in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2016 verkündete Urteil des Anwaltsgerichtshofs mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 "das Rechtsmittel der Revision" eingelegt. Die schriftlichen Urteilsgründe sind ihm am 16. März 2016 zugestellt worden. Im Rahmen dieser Zustellung hat der Anwaltsgerichtshof den Kläger unter Hinweis auf die im Urteil enthaltene - ordnungsgemäße - Rechtsmittelbelehrung um Mitteilung gebeten, ob die von ihm eingelegte Revision als Antrag auf Zulassung der Berufung betrachtet werden solle. Da eine Reaktion des Klägers hierauf bis dahin nicht erfolgt war, hat der Anwaltsgerichtshof ihn mit Schreiben vom 12. April 2016, zugestellt am 16. April 2016, erneut darauf hingewiesen, dass statthafter Rechtsbehelf der Antrag auf Zulassung der Berufung sei, und nochmals um Mitteilung gebeten, ob der Kläger die Revision als Antrag auf Zulassung der Berufung gewertet wissen wolle. Mit Schriftsatz vom 13. April 2016, der bei dem Anwaltsgerichtshof erst am 22. April 2016 - nach Ablauf der am 18. April 2016 (Montag) endenden Frist zur Beantragung der Zulassung der Berufung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) - eingegangen ist, hat der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs zuzulassen. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2016, eingegangen am darauf folgenden Tag, hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung - insoweit fristgerecht begründet.

3

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs bestehen, da der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung erst nach Ablauf der hierfür geltenden Frist eingelegt worden und das zuvor eingelegte Rechtsmittel der Revision - sofern dieses nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung behandelt werden könne - nicht statthaft sei. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, er habe den Schriftsatz vom 13. April 2016 noch am selben Tag bei dem Postamt in K.     per Einschreiben an den Anwaltsgerichtshof zum Versand aufgegeben. Weshalb die Sendung nicht spätestens am 18. April 2016 (dem letzten Tag der Antragsfrist), sondern erst am 22. April 2016 bei dem Anwaltsgerichtshof eingegangen sei, sei ihm nicht erklärlich.

4

Der Senat hat den Kläger sodann für den Fall, dass die vorgenannten Ausführungen als konkludenter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die (mögliche) Versäumung der Frist für einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu verstehen sein sollten, darauf hingewiesen, dass es an einer Glaubhaftmachung fehle und die vorgenannten Angaben zudem einer Ergänzung und Vertiefung hinsichtlich der Einzelheiten der Vorbereitung und Durchführung der Übersendung des Schriftsatzes vom 13. April 2016 bedürften. Eine Stellungnahme des Klägers zu diesem Hinweis ist nicht erfolgt.

II.

5

Die Revision des Klägers und dessen Antrag auf Zulassung der Berufung sind unzulässig. Das vom Kläger rechtzeitig eingelegte Rechtmittel der Revision ist nicht statthaft. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zwar statthaft, aber nicht fristgerecht gestellt worden und deshalb ebenfalls unzulässig. Eine Auslegung oder Umdeutung der rechtzeitig eingelegten Revision als Antrag auf Zulassung der Berufung kommt vorliegend nicht in Betracht.

6

1. Gemäß § 112e Satz 1 BRAO steht den Beteiligten gegen ein Endurteil des Anwaltsgerichtshofs die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Der Anwaltsgerichtshof hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen. Daher ist gegen diese Entscheidung gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung statthaft.

7

Die Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung beträgt gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einen Monat und beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - AnwZ (Brfg) 2/12, juris Rn. 4 mwN; vom 28. Juli 2016 - AnwZ (Brfg) 28/16, juris Rn. 2), die hier ausweislich der Postzustellungsurkunde am 16. März 2016 an den Kläger erfolgte. Danach lief die Antragsfrist am 18. April 2016 (Montag) ab. Zu diesem Zeitpunkt lag dem Anwaltsgerichtshof ein Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nicht vor. Dieser ist vielmehr erst vier Tage nach Fristablauf - und damit verspätet - eingegangen und deshalb unzulässig.

8

a) Das vom Kläger bereits mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 und damit rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel der Revision ist gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs gesetzlich nicht vorgesehen und daher unstatthaft. Es kann auch nicht als ein Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt oder in einen solchen Antrag umgedeutet werden.

9

aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum - hier (entsprechend) geltenden (vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1, § 112e Satz 2 BRAO) - verwaltungsgerichtlichen Verfahren können Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auch) durch das Rechtsmittelgericht ausgelegt werden. Die Auslegung ist auf das Ziel gerichtet, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an. Die Auslegung darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebliche objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger der Erklärung nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss (siehe nur BVerwG, NJW 2009, 162 Rn. 23; BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 4 B 30/12, juris Rn. 2; jeweils mwN; ebenso BGH, Beschluss vom 23. November 2015 - NotZ (Brfg) 3/15, WM 2016, 238 Rn. 8).

10

In Anwendung dieser Grundsätze haben das Bundesverwaltungsgericht und der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs etwa die Auslegung eines ausdrücklich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels als Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (BVerwG, NJW 2009, aaO; BVerwG, Beschlüsse vom 9. Februar 2005 - 6 B 75/04, juris Rn. 10 f.; vom 10. Januar 2013 - 4 B 30/12, aaO; BGH, Beschluss vom 23. November 2015 - NotZ (Brfg) 3/15, aaO Rn. 9). Für die hier in Rede stehende Auslegung eines als Revision bezeichneten Rechtmittels gilt im Grundsatz nichts anderes.

11

bb) Nach diesen Maßstäben, denen der Senat - wie bereits der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 23. November 2015- NotZ (Brfg) 3/15, aaO) - folgt, kommt eine Auslegung der Revisionseinlegung vom 17. Februar 2016 als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs nicht in Betracht. Es ist nicht zweifelhaft, dass der Schriftsatz des Klägers vom 17. Februar 2016 als Revision und nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung verstanden werden muss. In der genannten Rechtsmittelschrift wird das erhobene Rechtsmittel, durch Großbuchstaben hervorgehoben, ausdrücklich als Revision bezeichnet. Von der Zulassung eines Rechtsmittels ist an keiner Stelle des Schriftsatzes die Rede (vgl. hierzu BVerwG, NJW 2009, aaO; BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 75/04, aaO Rn. 10). Angesichts des Auslegungsziels des "erklärten Willens" und der erforderlichen Berücksichtigung des Empfängerhorizonts ist wegen der Eindeutigkeit des Inhalts des - von einem Rechtsanwalt verfassten - Schriftsatzes eine Auslegung als Zulassungsantrag nicht möglich (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. November 2015 - NotZ (Brfg) 3/15, aaO).

12

Im Übrigen hat der Kläger auf die im Rahmen der Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe samt ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung erfolgte Anfrage des Anwaltsgerichtshofs, ob die von ihm eingelegte Revision als Antrag auf Zulassung der Berufung betrachtet werden solle, keinen Anlass gesehen, unverzüglich, jedenfalls aber noch innerhalb der Rechtsmittelfrist, auf ein solches Verständnis seiner Rechtsmittelerklärung hinzuwirken.

13

cc) Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass sie - in Verbindung mit den nachfolgend (unter II 1 a dd) genannten Grundsätzen zur Umdeutung einer Rechtsmittelerklärung - im Ergebnis bewirkt, dem Kläger die Möglichkeit einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache insgesamt zu nehmen (vgl. ebenso BGH, Beschluss vom 23. November 2015 - NotZ (Brfg) 3/15, aaO Rn. 10). Mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Gebot, die Auslegung von Rechtsmitteln grundsätzlich wohlwollend am erkennbaren Rechtsschutzziel zu orientieren (BVerfGE 134, 106 Rn. 25; BVerfG, NJW 2014, 991 Rn. 23; NJW 2016, 2018 Rn. 32), ist die vorstehend genannte Auslegung dennoch vereinbar. Wegen der inhaltlichen Eindeutigkeit der Erklärung des verfolgten Rechtsschutzziels würde eine andere Interpretation dazu führen, dem Rechtsmittel vom 17. Februar 2016 einen Inhalt beizumessen, den der Rechtsmittelführer, ein Rechtsanwalt, ihm selbst mit seiner Erklärung nicht beigelegt hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. November 2015 - NotZ (Brfg) 3/15, aaO Rn. 10).

14

dd) Die rechtzeitig eingelegte Revision des Klägers kann auch nicht in einen - statthaften - Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs umgedeutet werden. Denn der Kläger hat innerhalb der dafür vorgesehenen Frist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO weder einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt noch beantragt, seine Revision als einen solchen Antrag zu behandeln.

15

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine Umdeutung eines von einem Rechtsanwalt eingelegten unstatthaften Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung jedenfalls voraus, dass dieser Antrag noch innerhalb der dafür geltenden Frist gestellt worden ist oder der Rechtsmittelführer in dieser Frist beantragt hat, das unstatthafte Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln (vgl. hierzu nur BVerwG, NVwZ 1999, 641, 642; NJW 2009, 162 Rn. 25; BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2010 - 8 B 34/10, juris Rn. 3; vom 10. Januar 2013 - 4 B 30/12, juris Rn. 4; jeweils mwN; vgl. hierzu auch Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 112e BRAO Rn. 64; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 124a Rn. 69; Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth, VwGO, 6. Aufl., § 124a Rn. 52; Roth in BeckOK-VwGO, Stand 1. April 2017, § 124a Rn. 55).

16

(2) Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs angeschlossen (BGH, Beschluss vom 23. November 2015- NotZ (Brfg) 3/15, aaO Rn. 11). Der erkennende Senat hat diese Frage bislang offen lassen können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. März 2014 - AnwZ (Brfg) 35/13, juris Rn. 4; vom 27. April 2015 - AnwZ (Brfg) 2/15, juris Rn. 3; vom 20. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 54/16, juris Rn. 3; jeweils zur Berufung). Er entscheidet sie nunmehr - in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht und dem Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs - im Sinne der vorstehend genannten Rechtsauffassung.

17

Damit kommt eine Umdeutung der Revision des Klägers in einen Antrag auf Zulassung der Berufung nicht in Betracht. Denn die Monatsfrist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO endete hier mit Ablauf des 18. April 2016. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ging jedoch erst am 22. April 2016 ein.

18

b) Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist deshalb wegen Nichteinhaltung der hierfür gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO geltenden Frist unzulässig.

19

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung war dem Kläger nicht zu gewähren. Gemäß § 112e Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 60 Abs. 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 112e Satz 2 BRAO, § 60 Abs. 2 Satz 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Daran und an der erforderlichen Konkretisierung der Tatsachen zur Begründung des Antrags fehlt es hier.

20

a) In dem Schriftsatz des Klägers vom 11. Juni 2016 ist zwar ein - fristgerecht gestellter (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu sehen. Denn der Kläger hat darin ausgeführt, er habe den Schriftsatz vom 13. April 2016 (Antrag auf Zulassung der Berufung) noch am selben Tag bei dem Postamt in K.           per Einschreiben an den Anwaltsgerichtshof zum Versand aufgegeben, so dass diese Sendung den Anwaltsgerichtshof bei normaler Postlaufzeit - auf die der Bürger grundsätzlich vertrauen darf (st. Rspr.; vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 16. Januar 2014- 1 BvR 3031/13, juris Rn. 3; vom 7. März 2017 - 2 BvR 162/16, juris Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 18. September 2014 - 5 C 18/13 Rn. 15 f., insoweit in BVerwGE 150, 200 nicht abgedruckt; BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 42/11, WuM 2012, 157 Rn. 7; vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15, NJW 2016, 3789 Rn. 23 f.; jeweils mwN) - noch rechtzeitig innerhalb der am 18. April 2016 (Montag) endenden Antragsfrist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO hätte erreichen müssen. Ein Wiedereinsetzungsantrag muss nicht ausdrücklich gestellt werden, er kann auch - wie hier - stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 13 mwN; BVerfG, NZS 2016, 263 Rn. 18).

21

b) Der Kläger hat jedoch trotz des oben (unter I) genannten Hinweises des Senats weder seine Angaben zur Übersendung des Schriftsatzes vom 13. April 2016 ergänzt und vertieft noch hat er die fehlende Glaubhaftmachung der zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragenen Tatsachen nachgeholt. Bereits aus diesem Grund kann dem Kläger die erstrebte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

22

3. Abgesehen davon hätte der Antrag auf Zulassung der Berufung auch im Falle seiner Zulässigkeit keinen Erfolg. Denn das Vorbringen des Klägers in seiner Antragsbegründung ist nicht geeignet, die Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs schlüssig in Frage zu stellen und insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen. Der Senat teilt die Beurteilung im angefochtenen Urteil, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorlagen. Die weiteren in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Gründe für eine Zulassung der Berufung sind ebenfalls bereits nicht hinreichend dargelegt; sie sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.

III.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Limperg     

      

Bünger     

      

Remmert

      

Schäfer     

      

Wolf     

      

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(2) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen,

1.
wenn der Rechtsanwalt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn der Rechtsanwalt infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat;
3.
wenn der Rechtsanwalt aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben, es sei denn, dass sein Verbleiben in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege nicht gefährdet;
4.
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5.
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6.
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7.
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8.
wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann; dies gilt nicht, wenn der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde;
9.
wenn der Rechtsanwalt nicht die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung (§ 51) unterhält.

(3) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt

1.
nicht binnen drei Monaten, nachdem die Pflicht hierzu entstanden ist, im Bezirk der Rechtsanwaltskammer eine Kanzlei einrichtet;
2.
nicht binnen drei Monaten eine ihm bei der Befreiung nach § 29 Abs. 1 oder § 29a Abs. 2 gemachte Auflage erfüllt;
3.
nicht binnen drei Monaten, nachdem er von der Pflicht, eine Kanzlei zu unterhalten, befreit worden (§ 29 Abs. 1, § 29a Abs. 2) oder der bisherige Zustellungsbevollmächtigte weggefallen ist, einen Zustellungsbevollmächtigten benennt;
4.
seine Kanzlei aufgibt, ohne dass er von der Pflicht des § 27 Abs. 1 befreit worden ist.

(4) Ordnet die Rechtsanwaltskammer die sofortige Vollziehung der Verfügung an, sind § 155 Abs. 2, 4 und 5, § 156 Abs. 2, § 160 Abs. 1 Satz 2 und § 161 entsprechend anzuwenden. Im Fall des Absatzes 2 Nr. 9 ist die Anordnung in der Regel zu treffen.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Kläger ohne Zulassung eingelegte Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Das ergibt sich aus folgendem:

2

1. Das mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 eingelegte Rechtsmittel des Klägers kann - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt war. Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits unterliegen zwar der Auslegung, zu der auch das Revisionsgericht ohne Einschränkung befugt ist. Die Auslegung hat den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an. Die Auslegung darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss (Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 23, Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 1 B 110.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6, juris Rn. 8 und vom 9. Februar 2005 - BVerwG 6 B 75.04 - juris Rn. 8). Danach ist nicht zweifelhaft, dass der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010 als Berufung und nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung verstanden werden musste. Darin heißt es, dass gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts "Berufung" eingelegt werde; auch ist das Schreiben (groß) mit "Berufung" betitelt. Der Anwaltsschriftsatz enthält jedoch keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Rechtsmittelführers, entgegen dieser eindeutigen Erklärung, die Zulassung der Berufung beantragen zu wollen. Derartiges kann insbesondere nicht aus dem - zudem in Berufungsverfahren üblichen - Hinweis gefolgert werden, dass Antragstellung und Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben (vgl. Beschluss vom 6. Januar 2009 - BVerwG 10 B 55.08 - juris Rn. 4).

3

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorlageschreiben der stellvertretenden Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof in dem es heißt, dass gegen das Urteil vom 28. April 2010 "die zugelassene Berufung eingelegt" worden sei. Maßgeblich ist, ob der Spruchkörper die Berufung (nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugelassen hat. Das ist hier nicht der Fall.

4

2. Entgegen der Auffassung des Klägers kann die mit Anwaltsschriftsatz vom 31. Mai 2010 erhobene Berufung nach Ablauf der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO auch nicht (mehr) in einen Antrag auf Zulassung der Berufung umgedeutet werden. Das entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 27. August 2008 a.a.O. Rn. 25, Beschlüsse vom 29. Januar 1962 - BVerwG 2 C 83.60 - Buchholz 310 § 132 Nr. 27, vom 12. September 1988 - BVerwG 6 CB 35.88 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 83, vom 12. März 1998 - BVerwG 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2 = NVwZ 1999, 641, vom 15. September 2005 - BVerwG 6 B 54.05 - juris Rn. 6, vom 19. April 2010 - BVerwG 9 B 4.10 - juris Rn. 5 und vom 19. Juli 2011 - BVerwG 4 B 18.11 - juris Rn. 4). An diesem Ergebnis ändert der Schriftsatz vom 23. Juni 2010, nach welchem die "Berufung" als "Antrag auf Zulassung der Berufung" auszulegen sei, nichts, denn dieser ging erst am 24. Juni 2010 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 7. Juni 2010 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

5

3. Der Beschluss, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof die Berufung als unzulässig verworfen hat, verstößt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot des fairen Verfahrens. Anders als in dem von dem Kläger angeführten, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2004 - 1 BvR 622/98 - (NJW 2004, 2149) zugrunde liegenden Fall haben weder das Verwaltungsgericht noch der Verwaltungsgerichtshof eine Vertrauensgrundlage dafür geschaffen, dass in der Sache entschieden werde. Das Verwaltungsgericht hat den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010, der am 1. Juni 2010 bei ihm eingegangen war, am 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet, wo er am 4. Juni 2010 einging. Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 hat der Berichterstatter des Verwaltungsgerichtshofs auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der "Berufung" und eine Umdeutung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung hingewiesen. Danach konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass das Gericht die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen würde (vgl. Beschluss vom 9. Februar 2005 a.a.O. juris Rn. 13). Das gilt umso mehr, als der (neue) Berichterstatter mit Schreiben vom 29. Februar 2012 die Beteiligten zur Möglichkeit der Entscheidung durch Beschluss nach § 125 Abs. 2 VwGO angehört und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Allein der Umstand, dass zwischen diesen beiden Schreiben etwa 20 Monate lagen, begründet - wie vorliegend - ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Vertrauensgrundlage in Richtung auf eine Sachentscheidung.

6

4. Schließlich war es auch nicht verfahrensfehlerhaft, ohne mündliche Verhandlung über die Berufung zu entscheiden. § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor; die Norm ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113, juris Rn. 13, Beschlüsse vom 2. August 1995 - BVerwG 9 B 303.95 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 26, juris Rn. 3 und vom 10. September 1998 - BVerwG 8 B 102.98 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 40, juris Rn. 6; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 125 Rn. 5, Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 125 Rn. 4). Die insofern zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs erforderliche Anhörung der Beteiligten nach § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO ist erfolgt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2015 wird verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungs- und das Zulassungsverfahren wird auf jeweils 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Kläger war zunächst in Sachsen zum Notar bestellt worden. 2010 wurde ihm eine Stelle als Notar mit Amtssitz in Pforzheim übertragen. Im Zusammenhang mit einem durch den Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe eingeleiteten Disziplinarfahren wurde er durch Verfügung des beklagten Justizministeriums im April 2014 vorläufig seines Amtes enthoben. Ihm wird in dem Disziplinarverfahren als einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) u.a. zur Last gelegt, in mehreren Fällen gegen Verwahrungsbestimmungen verstoßen zu haben. Darüber hinaus soll er sich in rund 1.900 Fällen der Gebührenüberhebung strafbar gemacht haben. Insoweit ist er in erster Instanz zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Seine dagegen gerichtete Revision ist mittlerweile durch den Bundesgerichtshof verworfen worden (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2010 - 1 StR 164/15).

2

Mit Bescheid vom 30. April 2014 bestellte das beklagte Ministerium die Beigeladene für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung zur Notariatsverwalterin für das Notarsamt des Klägers. Mit seiner Klage hat er die Aufhebung dieses Bescheides begehrt. Hilfsweise hat er die Abänderung des Bescheides mit dem Ziel beantragt, das beklagte Ministerium zu verpflichten, statt der Notariatsverwaltung eine auf seine Rechnung arbeitende Notariatsvertretung zu bestellen. Die Klage ist insgesamt erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Ausübung des der Landesjustizverwaltung eingeräumten Ermessens, eine Notariatsverwalterin und nicht eine Notariatsvertreterin zu bestellen, für ermessensfehlerfrei erachtet. Im Übrigen war es auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts zweckmäßig im Sinne von § 56 Abs. 4 BNotO, eine Notariatsverwaltung anzuordnen.

3

2. Dem früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ist das Urteil des Oberlandesgerichts vom 6. März 2015 am 22. April 2015 zugestellt worden. Mit einem am 22. Mai 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat er namens des Klägers "Berufung" gegen dieses Urteil eingelegt. Sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter hat mit einem an den Bundesgerichtshof adressierten, am 22. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil zuzulassen und hat diesen Antrag näher begründet.

II.

4

Beide von dem Kläger erhobenen Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe bleiben erfolglos. Die eingelegte Berufung ist nicht statthaft. Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist wegen Verfristung unzulässig.

5

1. Der Senat kann über die am 22. Mai 2015 eingelegte Berufung gemäß § 125 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts ist als nicht statthaft zu verwerfen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. August 2005 - 22 ZB 05.2014 Rn. 2; siehe auch Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. § 111 Rn. 20). Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten zuvor rechtliches Gehör gewährt (§ 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO).

6

a) Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen (vgl. § 111d Satz 1 BNotO). Daher ist gegen diese Entscheidung nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern gemäß § 111d BNotO, § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung gegeben.

7

b) Das am 22. Mai 2015 und damit am letzten Tag der Frist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO iVm § 111d BNotO einlegte, als Berufung bezeichnete Rechtsmittel kann nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt werden.

8

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 111d Satz 2 BNotO) können Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auch) durch das Rechtsmittelgericht ausgelegt werden (siehe nur BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). Die Auslegung ist auf das Ziel gerichtet, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an (BVerwG aaO NJW 2009, 162, 163). Zwar dürfe die Auslegung nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebliche objektive Erklärungswert bestimme sich jedoch danach, wie der Empfänger der Erklärung nach den Umständen, "insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss" (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 75.04; Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht eine Auslegung eines ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels, bei dem zudem die Verfahrensbeteiligten als "Berufungsklägerin" und "Berufungsbeklagte" benannt worden waren, als Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163).

9

Nach diesen Maßstäben, denen der Senat folgt, kommt eine Auslegung der Rechtsmitteleinlegung vom 22. Mai 2015 als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2015 nicht in Betracht. In der Rechtsmittelschrift wird das erhobene Rechtsmittel, durch Fettdruck hervorgehoben, ausdrücklich als Berufung bezeichnet. Ebenfalls jeweils in Fettdruck findet sich die Benennung der Parteien als Berufungskläger/Kläger sowie Berufungsbeklagter/Beklagter. Angesichts des Auslegungsziels des "erklärten Willens" und der erforderlichen Berücksichtigung des Empfängerhorizonts ist wegen der Eindeutigkeit des Inhalts des Schriftsatzes eine Auslegung als Zulassungsantrag nicht möglich.

10

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Heranziehung der vorstehenden Auslegungsmaßstäbe im Ergebnis bewirkt, dem Kläger die Möglichkeit einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache insgesamt zu nehmen. Mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Gebot, die Auslegung von Rechtsmitteln grundsätzlich wohlwollend am erkennbaren Rechtsschutzziel zu orientieren (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11, NJW 2013, 3506, 3507 Rn. 23; vom 25. Januar 2014 - 1 BvR 1126/11, NJW 2014, 991, 992), ist die Auslegung dennoch vereinbar. Wegen der inhaltlichen Eindeutigkeit der Erklärung des verfolgten Rechtsschutzziels würde eine andere Interpretation dazu führen, dem Rechtsmittel vom 22. Mai 2015 einen Inhalt beizumessen, den der Rechtsmittelführer ihm selbst mit seiner Erklärung nicht beigelegt hat.

11

c) Auch eine Umdeutung des als Berufung eingelegten Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter den konkreten Verhältnissen rechtlich nicht möglich. Zwar ergibt sich aus dem Zulassungsantrag des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 22. Juni 2015 der Wille, nunmehr das Rechtsschutzziel (zunächst) der Zulassung der Berufung durch den Bundesgerichtshof zu verfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat auch insoweit folgt, kann eine Prozesserklärung einer anwaltlich vertretenen Partei aber allenfalls dann umgedeutet werden, wenn der zulässige Antrag noch innerhalb der dafür geltenden Rechtsmittelfrist gestellt worden ist (etwa BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - Bucholz 310 § 124a VwGO Nr. 38; Beschluss vom 22. September 2010 - 8 B 34/10 Rn. 3 jeweils mwN). Die Monatsfrist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO iVm § 111d BNotO endete jedoch bereits mit dem Ablauf des 22. Mai 2015. Der Zulassungsantrag ging erst am 22. Juni 2015 ein.

12

2. Aus den Gründen des vorstehenden Absatzes ist der Zulassungsantrag wegen Verfristung unzulässig.

III.

13

Im Übrigen wäre ein zulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache ohne Erfolg geblieben. Zulassungsgründe lägen nicht vor.

14

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht.

15

a) Das Oberlandesgericht hat § 56 Abs. 4 BNotO zutreffend als gesetzliche Grundlage für die Bestellung der Beigeladenen als Notariatsverwalterin des Notarsamts des Klägers durch das beklagte Ministerium erachtet. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen auch im Hinblick auf den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet dieser Grundsatz, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar wird (vgl. BVerfGE 56, 1, 12 mwN; BVerfG, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13, NVwZ 2013, 1571 f.). Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber jedoch nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (siehe lediglich BVerfGE 103, 332, 384 mwN).

16

Dem genügt § 56 Abs. 4 BNotO. Aus dem systematischen Verhältnis dieser Vorschrift zu § 39 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 BNotO ergibt sich unmissverständlich, dass bei vorläufiger Amtsenthebung eines Notars der Landesjustizverwaltung durch das Gesetz mehrere Handlungsoptionen eröffnet sind: die Bestellung eines Notarvertreters (§ 39 Abs. 2 BNotO), die Bestellung eines Notarverwalters (§ 56 Abs. 4 BNotO) sowie gemäß § 55 Abs. 1 BNotO die Aktenverwahrung durch das Amtsgericht (siehe bereits Senat, Beschluss vom 20. Juli 1998 - NotZ 33/97, BGHR BNotO § 56 Abs. 3 Notariatsverweser 1; Wilke in Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl., § 56 Rn. 11). Die Bestellung eines Notarverwalters knüpft § 56 Abs. 4 BNotO an die fehlende Zweckmäßigkeit der Notariatsvertretung. Dass der Begriff der Zweckmäßigkeit seinerseits auslegungs- und konkretisierungsbedürftig ist, führt nach den im vorstehenden Absatz dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zur Unvereinbarkeit der Norm mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Zweckmäßigkeit als Entscheidungskriterium für die Landesjustizverwaltung erfordert ersichtlich eine Gesamtabwägung der durch die Vertretung oder Verwaltung des Notarsamts betroffenen Interessen. Diese umfasst die Belange einer geordneten Rechtspflege ebenso wie die berechtigten - auch wirtschaftlichen (vgl. Bracker in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn. 30) - Interessen des vorläufig seines Amtes enthobenen Notars (Wilke aaO). Bei der Beurteilung kommt dem Grund der vorläufigen Amtsenthebung im Hinblick auf die Interessen der Rechtspflege erhebliches Gewicht zu (vgl. Senat aaO; ebenso Wilke aaO; siehe auch Bracker aaO). Damit handelt es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO um eine gesetzliche Ermächtigung, die nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist.

17

b) Auch bezüglich der gerichtlichen Überprüfung der Bestellung der Beigeladenen zur Notariatsverwalterin durch das beklagte Ministerium bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

18

Das Oberlandesgericht hat sowohl die Entscheidung des beklagten Ministeriums für die Notariatsverwaltung auf Ermessensfehler überprüft als auch die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme zusätzlich eigenständig beurteilt. Angesichts dessen bedarf es im Hinblick auf den relevanten Maßstab für die gerichtliche Prüfung des Verwaltungshandelns (weiterhin) keiner Entscheidung, ob es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO insgesamt um eine Ermessensvorschrift mit den entsprechenden Konsequenzen für die gerichtliche Kontrolldichte (§ 114 VwGO iVm § 111b Abs. 1 BNotO) handelt oder ob die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Notarvertretung eine der eigentlichen Ermessensentscheidung vorgelagerte Entscheidung ist, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (siehe bereits Senat aaO).

19

Weder die Überprüfung der Ermessensentscheidung des beklagten Ministeriums durch das Oberlandesgericht noch dessen eigene Beurteilung der Zweckmäßigkeit iSv § 56 Abs. 4 BNotO ließen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erkennen.

20

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers war im hier gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der Vorwurf der Gebührenüberhebung gegen den Kläger zu Recht erhoben wird. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die Voraussetzungen der vorläufigen Amtsenthebung im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Bestellung eines Notarverwalters grundsätzlich nicht erneuter Überprüfung (aaO). Im Übrigen ist die vorläufige Amtsenthebung auf ein einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) gestützt, das sich nicht in dem Vorwurf der Gebührenüberhebung erschöpft.

21

2. Der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) greift ebenfalls nicht ein. Die Rechtssache weist weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf.

22

3. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO). Die in der vorliegenden Rechtssache relevanten Rechtsfragen sind, wie sich aus den Erwägungen zu dem Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) ergibt, bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Maßstab Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 5/14 Rn. 18).

III.

23

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 52 Abs. 2 GKG.

Galke                      Diederichsen                       Radtke

              Strzyz                                Hahn

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Kläger ohne Zulassung eingelegte Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Das ergibt sich aus folgendem:

2

1. Das mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 eingelegte Rechtsmittel des Klägers kann - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt war. Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits unterliegen zwar der Auslegung, zu der auch das Revisionsgericht ohne Einschränkung befugt ist. Die Auslegung hat den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an. Die Auslegung darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss (Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 23, Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 1 B 110.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6, juris Rn. 8 und vom 9. Februar 2005 - BVerwG 6 B 75.04 - juris Rn. 8). Danach ist nicht zweifelhaft, dass der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010 als Berufung und nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung verstanden werden musste. Darin heißt es, dass gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts "Berufung" eingelegt werde; auch ist das Schreiben (groß) mit "Berufung" betitelt. Der Anwaltsschriftsatz enthält jedoch keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Rechtsmittelführers, entgegen dieser eindeutigen Erklärung, die Zulassung der Berufung beantragen zu wollen. Derartiges kann insbesondere nicht aus dem - zudem in Berufungsverfahren üblichen - Hinweis gefolgert werden, dass Antragstellung und Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben (vgl. Beschluss vom 6. Januar 2009 - BVerwG 10 B 55.08 - juris Rn. 4).

3

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorlageschreiben der stellvertretenden Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof in dem es heißt, dass gegen das Urteil vom 28. April 2010 "die zugelassene Berufung eingelegt" worden sei. Maßgeblich ist, ob der Spruchkörper die Berufung (nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugelassen hat. Das ist hier nicht der Fall.

4

2. Entgegen der Auffassung des Klägers kann die mit Anwaltsschriftsatz vom 31. Mai 2010 erhobene Berufung nach Ablauf der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO auch nicht (mehr) in einen Antrag auf Zulassung der Berufung umgedeutet werden. Das entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 27. August 2008 a.a.O. Rn. 25, Beschlüsse vom 29. Januar 1962 - BVerwG 2 C 83.60 - Buchholz 310 § 132 Nr. 27, vom 12. September 1988 - BVerwG 6 CB 35.88 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 83, vom 12. März 1998 - BVerwG 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2 = NVwZ 1999, 641, vom 15. September 2005 - BVerwG 6 B 54.05 - juris Rn. 6, vom 19. April 2010 - BVerwG 9 B 4.10 - juris Rn. 5 und vom 19. Juli 2011 - BVerwG 4 B 18.11 - juris Rn. 4). An diesem Ergebnis ändert der Schriftsatz vom 23. Juni 2010, nach welchem die "Berufung" als "Antrag auf Zulassung der Berufung" auszulegen sei, nichts, denn dieser ging erst am 24. Juni 2010 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 7. Juni 2010 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

5

3. Der Beschluss, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof die Berufung als unzulässig verworfen hat, verstößt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot des fairen Verfahrens. Anders als in dem von dem Kläger angeführten, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2004 - 1 BvR 622/98 - (NJW 2004, 2149) zugrunde liegenden Fall haben weder das Verwaltungsgericht noch der Verwaltungsgerichtshof eine Vertrauensgrundlage dafür geschaffen, dass in der Sache entschieden werde. Das Verwaltungsgericht hat den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010, der am 1. Juni 2010 bei ihm eingegangen war, am 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet, wo er am 4. Juni 2010 einging. Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 hat der Berichterstatter des Verwaltungsgerichtshofs auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der "Berufung" und eine Umdeutung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung hingewiesen. Danach konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass das Gericht die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen würde (vgl. Beschluss vom 9. Februar 2005 a.a.O. juris Rn. 13). Das gilt umso mehr, als der (neue) Berichterstatter mit Schreiben vom 29. Februar 2012 die Beteiligten zur Möglichkeit der Entscheidung durch Beschluss nach § 125 Abs. 2 VwGO angehört und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Allein der Umstand, dass zwischen diesen beiden Schreiben etwa 20 Monate lagen, begründet - wie vorliegend - ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Vertrauensgrundlage in Richtung auf eine Sachentscheidung.

6

4. Schließlich war es auch nicht verfahrensfehlerhaft, ohne mündliche Verhandlung über die Berufung zu entscheiden. § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor; die Norm ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113, juris Rn. 13, Beschlüsse vom 2. August 1995 - BVerwG 9 B 303.95 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 26, juris Rn. 3 und vom 10. September 1998 - BVerwG 8 B 102.98 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 40, juris Rn. 6; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 125 Rn. 5, Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 125 Rn. 4). Die insofern zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs erforderliche Anhörung der Beteiligten nach § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO ist erfolgt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2015 wird verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungs- und das Zulassungsverfahren wird auf jeweils 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Kläger war zunächst in Sachsen zum Notar bestellt worden. 2010 wurde ihm eine Stelle als Notar mit Amtssitz in Pforzheim übertragen. Im Zusammenhang mit einem durch den Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe eingeleiteten Disziplinarfahren wurde er durch Verfügung des beklagten Justizministeriums im April 2014 vorläufig seines Amtes enthoben. Ihm wird in dem Disziplinarverfahren als einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) u.a. zur Last gelegt, in mehreren Fällen gegen Verwahrungsbestimmungen verstoßen zu haben. Darüber hinaus soll er sich in rund 1.900 Fällen der Gebührenüberhebung strafbar gemacht haben. Insoweit ist er in erster Instanz zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Seine dagegen gerichtete Revision ist mittlerweile durch den Bundesgerichtshof verworfen worden (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2010 - 1 StR 164/15).

2

Mit Bescheid vom 30. April 2014 bestellte das beklagte Ministerium die Beigeladene für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung zur Notariatsverwalterin für das Notarsamt des Klägers. Mit seiner Klage hat er die Aufhebung dieses Bescheides begehrt. Hilfsweise hat er die Abänderung des Bescheides mit dem Ziel beantragt, das beklagte Ministerium zu verpflichten, statt der Notariatsverwaltung eine auf seine Rechnung arbeitende Notariatsvertretung zu bestellen. Die Klage ist insgesamt erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Ausübung des der Landesjustizverwaltung eingeräumten Ermessens, eine Notariatsverwalterin und nicht eine Notariatsvertreterin zu bestellen, für ermessensfehlerfrei erachtet. Im Übrigen war es auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts zweckmäßig im Sinne von § 56 Abs. 4 BNotO, eine Notariatsverwaltung anzuordnen.

3

2. Dem früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ist das Urteil des Oberlandesgerichts vom 6. März 2015 am 22. April 2015 zugestellt worden. Mit einem am 22. Mai 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat er namens des Klägers "Berufung" gegen dieses Urteil eingelegt. Sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter hat mit einem an den Bundesgerichtshof adressierten, am 22. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil zuzulassen und hat diesen Antrag näher begründet.

II.

4

Beide von dem Kläger erhobenen Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe bleiben erfolglos. Die eingelegte Berufung ist nicht statthaft. Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist wegen Verfristung unzulässig.

5

1. Der Senat kann über die am 22. Mai 2015 eingelegte Berufung gemäß § 125 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts ist als nicht statthaft zu verwerfen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. August 2005 - 22 ZB 05.2014 Rn. 2; siehe auch Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. § 111 Rn. 20). Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten zuvor rechtliches Gehör gewährt (§ 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO).

6

a) Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen (vgl. § 111d Satz 1 BNotO). Daher ist gegen diese Entscheidung nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern gemäß § 111d BNotO, § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung gegeben.

7

b) Das am 22. Mai 2015 und damit am letzten Tag der Frist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO iVm § 111d BNotO einlegte, als Berufung bezeichnete Rechtsmittel kann nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt werden.

8

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 111d Satz 2 BNotO) können Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auch) durch das Rechtsmittelgericht ausgelegt werden (siehe nur BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). Die Auslegung ist auf das Ziel gerichtet, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an (BVerwG aaO NJW 2009, 162, 163). Zwar dürfe die Auslegung nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebliche objektive Erklärungswert bestimme sich jedoch danach, wie der Empfänger der Erklärung nach den Umständen, "insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss" (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 75.04; Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht eine Auslegung eines ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels, bei dem zudem die Verfahrensbeteiligten als "Berufungsklägerin" und "Berufungsbeklagte" benannt worden waren, als Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163).

9

Nach diesen Maßstäben, denen der Senat folgt, kommt eine Auslegung der Rechtsmitteleinlegung vom 22. Mai 2015 als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2015 nicht in Betracht. In der Rechtsmittelschrift wird das erhobene Rechtsmittel, durch Fettdruck hervorgehoben, ausdrücklich als Berufung bezeichnet. Ebenfalls jeweils in Fettdruck findet sich die Benennung der Parteien als Berufungskläger/Kläger sowie Berufungsbeklagter/Beklagter. Angesichts des Auslegungsziels des "erklärten Willens" und der erforderlichen Berücksichtigung des Empfängerhorizonts ist wegen der Eindeutigkeit des Inhalts des Schriftsatzes eine Auslegung als Zulassungsantrag nicht möglich.

10

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Heranziehung der vorstehenden Auslegungsmaßstäbe im Ergebnis bewirkt, dem Kläger die Möglichkeit einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache insgesamt zu nehmen. Mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Gebot, die Auslegung von Rechtsmitteln grundsätzlich wohlwollend am erkennbaren Rechtsschutzziel zu orientieren (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11, NJW 2013, 3506, 3507 Rn. 23; vom 25. Januar 2014 - 1 BvR 1126/11, NJW 2014, 991, 992), ist die Auslegung dennoch vereinbar. Wegen der inhaltlichen Eindeutigkeit der Erklärung des verfolgten Rechtsschutzziels würde eine andere Interpretation dazu führen, dem Rechtsmittel vom 22. Mai 2015 einen Inhalt beizumessen, den der Rechtsmittelführer ihm selbst mit seiner Erklärung nicht beigelegt hat.

11

c) Auch eine Umdeutung des als Berufung eingelegten Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter den konkreten Verhältnissen rechtlich nicht möglich. Zwar ergibt sich aus dem Zulassungsantrag des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 22. Juni 2015 der Wille, nunmehr das Rechtsschutzziel (zunächst) der Zulassung der Berufung durch den Bundesgerichtshof zu verfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat auch insoweit folgt, kann eine Prozesserklärung einer anwaltlich vertretenen Partei aber allenfalls dann umgedeutet werden, wenn der zulässige Antrag noch innerhalb der dafür geltenden Rechtsmittelfrist gestellt worden ist (etwa BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - Bucholz 310 § 124a VwGO Nr. 38; Beschluss vom 22. September 2010 - 8 B 34/10 Rn. 3 jeweils mwN). Die Monatsfrist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO iVm § 111d BNotO endete jedoch bereits mit dem Ablauf des 22. Mai 2015. Der Zulassungsantrag ging erst am 22. Juni 2015 ein.

12

2. Aus den Gründen des vorstehenden Absatzes ist der Zulassungsantrag wegen Verfristung unzulässig.

III.

13

Im Übrigen wäre ein zulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache ohne Erfolg geblieben. Zulassungsgründe lägen nicht vor.

14

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht.

15

a) Das Oberlandesgericht hat § 56 Abs. 4 BNotO zutreffend als gesetzliche Grundlage für die Bestellung der Beigeladenen als Notariatsverwalterin des Notarsamts des Klägers durch das beklagte Ministerium erachtet. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen auch im Hinblick auf den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet dieser Grundsatz, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar wird (vgl. BVerfGE 56, 1, 12 mwN; BVerfG, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13, NVwZ 2013, 1571 f.). Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber jedoch nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (siehe lediglich BVerfGE 103, 332, 384 mwN).

16

Dem genügt § 56 Abs. 4 BNotO. Aus dem systematischen Verhältnis dieser Vorschrift zu § 39 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 BNotO ergibt sich unmissverständlich, dass bei vorläufiger Amtsenthebung eines Notars der Landesjustizverwaltung durch das Gesetz mehrere Handlungsoptionen eröffnet sind: die Bestellung eines Notarvertreters (§ 39 Abs. 2 BNotO), die Bestellung eines Notarverwalters (§ 56 Abs. 4 BNotO) sowie gemäß § 55 Abs. 1 BNotO die Aktenverwahrung durch das Amtsgericht (siehe bereits Senat, Beschluss vom 20. Juli 1998 - NotZ 33/97, BGHR BNotO § 56 Abs. 3 Notariatsverweser 1; Wilke in Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl., § 56 Rn. 11). Die Bestellung eines Notarverwalters knüpft § 56 Abs. 4 BNotO an die fehlende Zweckmäßigkeit der Notariatsvertretung. Dass der Begriff der Zweckmäßigkeit seinerseits auslegungs- und konkretisierungsbedürftig ist, führt nach den im vorstehenden Absatz dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zur Unvereinbarkeit der Norm mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Zweckmäßigkeit als Entscheidungskriterium für die Landesjustizverwaltung erfordert ersichtlich eine Gesamtabwägung der durch die Vertretung oder Verwaltung des Notarsamts betroffenen Interessen. Diese umfasst die Belange einer geordneten Rechtspflege ebenso wie die berechtigten - auch wirtschaftlichen (vgl. Bracker in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn. 30) - Interessen des vorläufig seines Amtes enthobenen Notars (Wilke aaO). Bei der Beurteilung kommt dem Grund der vorläufigen Amtsenthebung im Hinblick auf die Interessen der Rechtspflege erhebliches Gewicht zu (vgl. Senat aaO; ebenso Wilke aaO; siehe auch Bracker aaO). Damit handelt es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO um eine gesetzliche Ermächtigung, die nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist.

17

b) Auch bezüglich der gerichtlichen Überprüfung der Bestellung der Beigeladenen zur Notariatsverwalterin durch das beklagte Ministerium bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

18

Das Oberlandesgericht hat sowohl die Entscheidung des beklagten Ministeriums für die Notariatsverwaltung auf Ermessensfehler überprüft als auch die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme zusätzlich eigenständig beurteilt. Angesichts dessen bedarf es im Hinblick auf den relevanten Maßstab für die gerichtliche Prüfung des Verwaltungshandelns (weiterhin) keiner Entscheidung, ob es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO insgesamt um eine Ermessensvorschrift mit den entsprechenden Konsequenzen für die gerichtliche Kontrolldichte (§ 114 VwGO iVm § 111b Abs. 1 BNotO) handelt oder ob die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Notarvertretung eine der eigentlichen Ermessensentscheidung vorgelagerte Entscheidung ist, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (siehe bereits Senat aaO).

19

Weder die Überprüfung der Ermessensentscheidung des beklagten Ministeriums durch das Oberlandesgericht noch dessen eigene Beurteilung der Zweckmäßigkeit iSv § 56 Abs. 4 BNotO ließen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erkennen.

20

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers war im hier gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der Vorwurf der Gebührenüberhebung gegen den Kläger zu Recht erhoben wird. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die Voraussetzungen der vorläufigen Amtsenthebung im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Bestellung eines Notarverwalters grundsätzlich nicht erneuter Überprüfung (aaO). Im Übrigen ist die vorläufige Amtsenthebung auf ein einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) gestützt, das sich nicht in dem Vorwurf der Gebührenüberhebung erschöpft.

21

2. Der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) greift ebenfalls nicht ein. Die Rechtssache weist weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf.

22

3. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO). Die in der vorliegenden Rechtssache relevanten Rechtsfragen sind, wie sich aus den Erwägungen zu dem Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) ergibt, bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Maßstab Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 5/14 Rn. 18).

III.

23

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 52 Abs. 2 GKG.

Galke                      Diederichsen                       Radtke

              Strzyz                                Hahn

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2015 wird verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungs- und das Zulassungsverfahren wird auf jeweils 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Kläger war zunächst in Sachsen zum Notar bestellt worden. 2010 wurde ihm eine Stelle als Notar mit Amtssitz in Pforzheim übertragen. Im Zusammenhang mit einem durch den Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe eingeleiteten Disziplinarfahren wurde er durch Verfügung des beklagten Justizministeriums im April 2014 vorläufig seines Amtes enthoben. Ihm wird in dem Disziplinarverfahren als einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) u.a. zur Last gelegt, in mehreren Fällen gegen Verwahrungsbestimmungen verstoßen zu haben. Darüber hinaus soll er sich in rund 1.900 Fällen der Gebührenüberhebung strafbar gemacht haben. Insoweit ist er in erster Instanz zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Seine dagegen gerichtete Revision ist mittlerweile durch den Bundesgerichtshof verworfen worden (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2010 - 1 StR 164/15).

2

Mit Bescheid vom 30. April 2014 bestellte das beklagte Ministerium die Beigeladene für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung zur Notariatsverwalterin für das Notarsamt des Klägers. Mit seiner Klage hat er die Aufhebung dieses Bescheides begehrt. Hilfsweise hat er die Abänderung des Bescheides mit dem Ziel beantragt, das beklagte Ministerium zu verpflichten, statt der Notariatsverwaltung eine auf seine Rechnung arbeitende Notariatsvertretung zu bestellen. Die Klage ist insgesamt erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Ausübung des der Landesjustizverwaltung eingeräumten Ermessens, eine Notariatsverwalterin und nicht eine Notariatsvertreterin zu bestellen, für ermessensfehlerfrei erachtet. Im Übrigen war es auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts zweckmäßig im Sinne von § 56 Abs. 4 BNotO, eine Notariatsverwaltung anzuordnen.

3

2. Dem früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ist das Urteil des Oberlandesgerichts vom 6. März 2015 am 22. April 2015 zugestellt worden. Mit einem am 22. Mai 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat er namens des Klägers "Berufung" gegen dieses Urteil eingelegt. Sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter hat mit einem an den Bundesgerichtshof adressierten, am 22. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil zuzulassen und hat diesen Antrag näher begründet.

II.

4

Beide von dem Kläger erhobenen Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe bleiben erfolglos. Die eingelegte Berufung ist nicht statthaft. Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist wegen Verfristung unzulässig.

5

1. Der Senat kann über die am 22. Mai 2015 eingelegte Berufung gemäß § 125 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts ist als nicht statthaft zu verwerfen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. August 2005 - 22 ZB 05.2014 Rn. 2; siehe auch Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. § 111 Rn. 20). Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten zuvor rechtliches Gehör gewährt (§ 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO).

6

a) Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen (vgl. § 111d Satz 1 BNotO). Daher ist gegen diese Entscheidung nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern gemäß § 111d BNotO, § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung gegeben.

7

b) Das am 22. Mai 2015 und damit am letzten Tag der Frist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO iVm § 111d BNotO einlegte, als Berufung bezeichnete Rechtsmittel kann nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt werden.

8

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 111d Satz 2 BNotO) können Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auch) durch das Rechtsmittelgericht ausgelegt werden (siehe nur BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). Die Auslegung ist auf das Ziel gerichtet, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an (BVerwG aaO NJW 2009, 162, 163). Zwar dürfe die Auslegung nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebliche objektive Erklärungswert bestimme sich jedoch danach, wie der Empfänger der Erklärung nach den Umständen, "insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss" (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 75.04; Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht eine Auslegung eines ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels, bei dem zudem die Verfahrensbeteiligten als "Berufungsklägerin" und "Berufungsbeklagte" benannt worden waren, als Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163).

9

Nach diesen Maßstäben, denen der Senat folgt, kommt eine Auslegung der Rechtsmitteleinlegung vom 22. Mai 2015 als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2015 nicht in Betracht. In der Rechtsmittelschrift wird das erhobene Rechtsmittel, durch Fettdruck hervorgehoben, ausdrücklich als Berufung bezeichnet. Ebenfalls jeweils in Fettdruck findet sich die Benennung der Parteien als Berufungskläger/Kläger sowie Berufungsbeklagter/Beklagter. Angesichts des Auslegungsziels des "erklärten Willens" und der erforderlichen Berücksichtigung des Empfängerhorizonts ist wegen der Eindeutigkeit des Inhalts des Schriftsatzes eine Auslegung als Zulassungsantrag nicht möglich.

10

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Heranziehung der vorstehenden Auslegungsmaßstäbe im Ergebnis bewirkt, dem Kläger die Möglichkeit einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache insgesamt zu nehmen. Mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Gebot, die Auslegung von Rechtsmitteln grundsätzlich wohlwollend am erkennbaren Rechtsschutzziel zu orientieren (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11, NJW 2013, 3506, 3507 Rn. 23; vom 25. Januar 2014 - 1 BvR 1126/11, NJW 2014, 991, 992), ist die Auslegung dennoch vereinbar. Wegen der inhaltlichen Eindeutigkeit der Erklärung des verfolgten Rechtsschutzziels würde eine andere Interpretation dazu führen, dem Rechtsmittel vom 22. Mai 2015 einen Inhalt beizumessen, den der Rechtsmittelführer ihm selbst mit seiner Erklärung nicht beigelegt hat.

11

c) Auch eine Umdeutung des als Berufung eingelegten Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter den konkreten Verhältnissen rechtlich nicht möglich. Zwar ergibt sich aus dem Zulassungsantrag des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 22. Juni 2015 der Wille, nunmehr das Rechtsschutzziel (zunächst) der Zulassung der Berufung durch den Bundesgerichtshof zu verfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat auch insoweit folgt, kann eine Prozesserklärung einer anwaltlich vertretenen Partei aber allenfalls dann umgedeutet werden, wenn der zulässige Antrag noch innerhalb der dafür geltenden Rechtsmittelfrist gestellt worden ist (etwa BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - Bucholz 310 § 124a VwGO Nr. 38; Beschluss vom 22. September 2010 - 8 B 34/10 Rn. 3 jeweils mwN). Die Monatsfrist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO iVm § 111d BNotO endete jedoch bereits mit dem Ablauf des 22. Mai 2015. Der Zulassungsantrag ging erst am 22. Juni 2015 ein.

12

2. Aus den Gründen des vorstehenden Absatzes ist der Zulassungsantrag wegen Verfristung unzulässig.

III.

13

Im Übrigen wäre ein zulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache ohne Erfolg geblieben. Zulassungsgründe lägen nicht vor.

14

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht.

15

a) Das Oberlandesgericht hat § 56 Abs. 4 BNotO zutreffend als gesetzliche Grundlage für die Bestellung der Beigeladenen als Notariatsverwalterin des Notarsamts des Klägers durch das beklagte Ministerium erachtet. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen auch im Hinblick auf den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet dieser Grundsatz, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar wird (vgl. BVerfGE 56, 1, 12 mwN; BVerfG, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13, NVwZ 2013, 1571 f.). Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber jedoch nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (siehe lediglich BVerfGE 103, 332, 384 mwN).

16

Dem genügt § 56 Abs. 4 BNotO. Aus dem systematischen Verhältnis dieser Vorschrift zu § 39 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 BNotO ergibt sich unmissverständlich, dass bei vorläufiger Amtsenthebung eines Notars der Landesjustizverwaltung durch das Gesetz mehrere Handlungsoptionen eröffnet sind: die Bestellung eines Notarvertreters (§ 39 Abs. 2 BNotO), die Bestellung eines Notarverwalters (§ 56 Abs. 4 BNotO) sowie gemäß § 55 Abs. 1 BNotO die Aktenverwahrung durch das Amtsgericht (siehe bereits Senat, Beschluss vom 20. Juli 1998 - NotZ 33/97, BGHR BNotO § 56 Abs. 3 Notariatsverweser 1; Wilke in Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl., § 56 Rn. 11). Die Bestellung eines Notarverwalters knüpft § 56 Abs. 4 BNotO an die fehlende Zweckmäßigkeit der Notariatsvertretung. Dass der Begriff der Zweckmäßigkeit seinerseits auslegungs- und konkretisierungsbedürftig ist, führt nach den im vorstehenden Absatz dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zur Unvereinbarkeit der Norm mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Zweckmäßigkeit als Entscheidungskriterium für die Landesjustizverwaltung erfordert ersichtlich eine Gesamtabwägung der durch die Vertretung oder Verwaltung des Notarsamts betroffenen Interessen. Diese umfasst die Belange einer geordneten Rechtspflege ebenso wie die berechtigten - auch wirtschaftlichen (vgl. Bracker in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn. 30) - Interessen des vorläufig seines Amtes enthobenen Notars (Wilke aaO). Bei der Beurteilung kommt dem Grund der vorläufigen Amtsenthebung im Hinblick auf die Interessen der Rechtspflege erhebliches Gewicht zu (vgl. Senat aaO; ebenso Wilke aaO; siehe auch Bracker aaO). Damit handelt es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO um eine gesetzliche Ermächtigung, die nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist.

17

b) Auch bezüglich der gerichtlichen Überprüfung der Bestellung der Beigeladenen zur Notariatsverwalterin durch das beklagte Ministerium bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

18

Das Oberlandesgericht hat sowohl die Entscheidung des beklagten Ministeriums für die Notariatsverwaltung auf Ermessensfehler überprüft als auch die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme zusätzlich eigenständig beurteilt. Angesichts dessen bedarf es im Hinblick auf den relevanten Maßstab für die gerichtliche Prüfung des Verwaltungshandelns (weiterhin) keiner Entscheidung, ob es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO insgesamt um eine Ermessensvorschrift mit den entsprechenden Konsequenzen für die gerichtliche Kontrolldichte (§ 114 VwGO iVm § 111b Abs. 1 BNotO) handelt oder ob die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Notarvertretung eine der eigentlichen Ermessensentscheidung vorgelagerte Entscheidung ist, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (siehe bereits Senat aaO).

19

Weder die Überprüfung der Ermessensentscheidung des beklagten Ministeriums durch das Oberlandesgericht noch dessen eigene Beurteilung der Zweckmäßigkeit iSv § 56 Abs. 4 BNotO ließen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erkennen.

20

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers war im hier gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der Vorwurf der Gebührenüberhebung gegen den Kläger zu Recht erhoben wird. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die Voraussetzungen der vorläufigen Amtsenthebung im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Bestellung eines Notarverwalters grundsätzlich nicht erneuter Überprüfung (aaO). Im Übrigen ist die vorläufige Amtsenthebung auf ein einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) gestützt, das sich nicht in dem Vorwurf der Gebührenüberhebung erschöpft.

21

2. Der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) greift ebenfalls nicht ein. Die Rechtssache weist weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf.

22

3. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO). Die in der vorliegenden Rechtssache relevanten Rechtsfragen sind, wie sich aus den Erwägungen zu dem Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) ergibt, bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Maßstab Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 5/14 Rn. 18).

III.

23

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 52 Abs. 2 GKG.

Galke                      Diederichsen                       Radtke

              Strzyz                                Hahn

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Obwohl sie keinen Antrag enthält und sich nicht ausdrücklich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Berufungsgerichts, sondern gegen den Beschluss insgesamt wendet, legt der Senat sie als das allein statthafte Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aus. Die dafür erforderlichen Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erfüllt die Beschwerde aber nicht.

2

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen oder die Entscheidung, von der das angefochtene Urteil abweicht, oder den Verfahrensmangel bezeichnen. Dies ist der Beschwerdebegründung des Klägers nicht zu entnehmen. Vielmehr erschöpft sie sich in Form einer Berufungsbegründung in Ausführungen dazu, warum ihr Rechtsmittel in der Vorinstanz als Antrag auf Zulassung der Berufung hätte angesehen werden müssen. Das reicht zur Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht aus.

3

Die Rüge der Beschwerde greift auch in der Sache nicht durch. Dass eine Prozesserklärung einer rechtsanwaltlich vertretenen Partei nur dann umgedeutet werden kann, wenn der zulässige Antrag noch innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt worden ist (vgl. Beschluss vom 12. März 1998 - BVerwG 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2; Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 m.w.N.), hat das Berufungsgericht bereits dargelegt. Die Rechtsmittelfrist wurde im vorliegenden Verfahren nicht dadurch verlängert, dass das erstinstanzliche Urteil durch Beschluss vom 26. Oktober 2009 im Tatbestand berichtigt wurde. Es handelte sich um die Beseitigung einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 118 VwGO, weil das zunächst richtig bezeichnete Datum des angefochtenen Bescheides im Antrag fehlerhaft wiedergegeben war. Ein solches Berichtigungsverfahren hat auf den Fristenlauf nur Einfluss, wenn erst die berichtigte Fassung des Urteils die Partei in die Lage setzt, sachgemäß über die Frage der Einlegung des Rechtsmittels und dessen Begründung zu entscheiden (vgl. Beschluss vom 10. Juli 2008 - BVerwG 2 B 41.08 - juris Rn. 4). Das war bei der hier vorliegenden geringfügigen Unrichtigkeit nicht der Fall.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Kläger ohne Zulassung eingelegte Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Das ergibt sich aus folgendem:

2

1. Das mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 eingelegte Rechtsmittel des Klägers kann - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt war. Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits unterliegen zwar der Auslegung, zu der auch das Revisionsgericht ohne Einschränkung befugt ist. Die Auslegung hat den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an. Die Auslegung darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss (Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 23, Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 1 B 110.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6, juris Rn. 8 und vom 9. Februar 2005 - BVerwG 6 B 75.04 - juris Rn. 8). Danach ist nicht zweifelhaft, dass der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010 als Berufung und nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung verstanden werden musste. Darin heißt es, dass gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts "Berufung" eingelegt werde; auch ist das Schreiben (groß) mit "Berufung" betitelt. Der Anwaltsschriftsatz enthält jedoch keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Rechtsmittelführers, entgegen dieser eindeutigen Erklärung, die Zulassung der Berufung beantragen zu wollen. Derartiges kann insbesondere nicht aus dem - zudem in Berufungsverfahren üblichen - Hinweis gefolgert werden, dass Antragstellung und Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben (vgl. Beschluss vom 6. Januar 2009 - BVerwG 10 B 55.08 - juris Rn. 4).

3

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorlageschreiben der stellvertretenden Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof in dem es heißt, dass gegen das Urteil vom 28. April 2010 "die zugelassene Berufung eingelegt" worden sei. Maßgeblich ist, ob der Spruchkörper die Berufung (nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugelassen hat. Das ist hier nicht der Fall.

4

2. Entgegen der Auffassung des Klägers kann die mit Anwaltsschriftsatz vom 31. Mai 2010 erhobene Berufung nach Ablauf der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO auch nicht (mehr) in einen Antrag auf Zulassung der Berufung umgedeutet werden. Das entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 27. August 2008 a.a.O. Rn. 25, Beschlüsse vom 29. Januar 1962 - BVerwG 2 C 83.60 - Buchholz 310 § 132 Nr. 27, vom 12. September 1988 - BVerwG 6 CB 35.88 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 83, vom 12. März 1998 - BVerwG 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2 = NVwZ 1999, 641, vom 15. September 2005 - BVerwG 6 B 54.05 - juris Rn. 6, vom 19. April 2010 - BVerwG 9 B 4.10 - juris Rn. 5 und vom 19. Juli 2011 - BVerwG 4 B 18.11 - juris Rn. 4). An diesem Ergebnis ändert der Schriftsatz vom 23. Juni 2010, nach welchem die "Berufung" als "Antrag auf Zulassung der Berufung" auszulegen sei, nichts, denn dieser ging erst am 24. Juni 2010 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 7. Juni 2010 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

5

3. Der Beschluss, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof die Berufung als unzulässig verworfen hat, verstößt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot des fairen Verfahrens. Anders als in dem von dem Kläger angeführten, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2004 - 1 BvR 622/98 - (NJW 2004, 2149) zugrunde liegenden Fall haben weder das Verwaltungsgericht noch der Verwaltungsgerichtshof eine Vertrauensgrundlage dafür geschaffen, dass in der Sache entschieden werde. Das Verwaltungsgericht hat den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 31. Mai 2010, der am 1. Juni 2010 bei ihm eingegangen war, am 2. Juni 2010 an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet, wo er am 4. Juni 2010 einging. Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 hat der Berichterstatter des Verwaltungsgerichtshofs auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der "Berufung" und eine Umdeutung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung hingewiesen. Danach konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass das Gericht die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen würde (vgl. Beschluss vom 9. Februar 2005 a.a.O. juris Rn. 13). Das gilt umso mehr, als der (neue) Berichterstatter mit Schreiben vom 29. Februar 2012 die Beteiligten zur Möglichkeit der Entscheidung durch Beschluss nach § 125 Abs. 2 VwGO angehört und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Allein der Umstand, dass zwischen diesen beiden Schreiben etwa 20 Monate lagen, begründet - wie vorliegend - ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Vertrauensgrundlage in Richtung auf eine Sachentscheidung.

6

4. Schließlich war es auch nicht verfahrensfehlerhaft, ohne mündliche Verhandlung über die Berufung zu entscheiden. § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor; die Norm ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113, juris Rn. 13, Beschlüsse vom 2. August 1995 - BVerwG 9 B 303.95 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 26, juris Rn. 3 und vom 10. September 1998 - BVerwG 8 B 102.98 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 40, juris Rn. 6; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 125 Rn. 5, Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 125 Rn. 4). Die insofern zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs erforderliche Anhörung der Beteiligten nach § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO ist erfolgt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. März 2015 wird verworfen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungs- und das Zulassungsverfahren wird auf jeweils 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Kläger war zunächst in Sachsen zum Notar bestellt worden. 2010 wurde ihm eine Stelle als Notar mit Amtssitz in Pforzheim übertragen. Im Zusammenhang mit einem durch den Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe eingeleiteten Disziplinarfahren wurde er durch Verfügung des beklagten Justizministeriums im April 2014 vorläufig seines Amtes enthoben. Ihm wird in dem Disziplinarverfahren als einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) u.a. zur Last gelegt, in mehreren Fällen gegen Verwahrungsbestimmungen verstoßen zu haben. Darüber hinaus soll er sich in rund 1.900 Fällen der Gebührenüberhebung strafbar gemacht haben. Insoweit ist er in erster Instanz zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Seine dagegen gerichtete Revision ist mittlerweile durch den Bundesgerichtshof verworfen worden (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2010 - 1 StR 164/15).

2

Mit Bescheid vom 30. April 2014 bestellte das beklagte Ministerium die Beigeladene für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung zur Notariatsverwalterin für das Notarsamt des Klägers. Mit seiner Klage hat er die Aufhebung dieses Bescheides begehrt. Hilfsweise hat er die Abänderung des Bescheides mit dem Ziel beantragt, das beklagte Ministerium zu verpflichten, statt der Notariatsverwaltung eine auf seine Rechnung arbeitende Notariatsvertretung zu bestellen. Die Klage ist insgesamt erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Ausübung des der Landesjustizverwaltung eingeräumten Ermessens, eine Notariatsverwalterin und nicht eine Notariatsvertreterin zu bestellen, für ermessensfehlerfrei erachtet. Im Übrigen war es auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts zweckmäßig im Sinne von § 56 Abs. 4 BNotO, eine Notariatsverwaltung anzuordnen.

3

2. Dem früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ist das Urteil des Oberlandesgerichts vom 6. März 2015 am 22. April 2015 zugestellt worden. Mit einem am 22. Mai 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat er namens des Klägers "Berufung" gegen dieses Urteil eingelegt. Sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter hat mit einem an den Bundesgerichtshof adressierten, am 22. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil zuzulassen und hat diesen Antrag näher begründet.

II.

4

Beide von dem Kläger erhobenen Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe bleiben erfolglos. Die eingelegte Berufung ist nicht statthaft. Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist wegen Verfristung unzulässig.

5

1. Der Senat kann über die am 22. Mai 2015 eingelegte Berufung gemäß § 125 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts ist als nicht statthaft zu verwerfen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. August 2005 - 22 ZB 05.2014 Rn. 2; siehe auch Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. § 111 Rn. 20). Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten zuvor rechtliches Gehör gewährt (§ 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO).

6

a) Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen (vgl. § 111d Satz 1 BNotO). Daher ist gegen diese Entscheidung nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern gemäß § 111d BNotO, § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung gegeben.

7

b) Das am 22. Mai 2015 und damit am letzten Tag der Frist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO iVm § 111d BNotO einlegte, als Berufung bezeichnete Rechtsmittel kann nicht als Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt werden.

8

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 111d Satz 2 BNotO) können Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auch) durch das Rechtsmittelgericht ausgelegt werden (siehe nur BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). Die Auslegung ist auf das Ziel gerichtet, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an (BVerwG aaO NJW 2009, 162, 163). Zwar dürfe die Auslegung nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebliche objektive Erklärungswert bestimme sich jedoch danach, wie der Empfänger der Erklärung nach den Umständen, "insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss" (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 75.04; Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163). In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht eine Auslegung eines ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels, bei dem zudem die Verfahrensbeteiligten als "Berufungsklägerin" und "Berufungsbeklagte" benannt worden waren, als Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (BVerwG, Urteil vom 28. August 2008 - 6 C 32/07, NJW 2009, 162, 163).

9

Nach diesen Maßstäben, denen der Senat folgt, kommt eine Auslegung der Rechtsmitteleinlegung vom 22. Mai 2015 als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Oberlandesgerichts auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2015 nicht in Betracht. In der Rechtsmittelschrift wird das erhobene Rechtsmittel, durch Fettdruck hervorgehoben, ausdrücklich als Berufung bezeichnet. Ebenfalls jeweils in Fettdruck findet sich die Benennung der Parteien als Berufungskläger/Kläger sowie Berufungsbeklagter/Beklagter. Angesichts des Auslegungsziels des "erklärten Willens" und der erforderlichen Berücksichtigung des Empfängerhorizonts ist wegen der Eindeutigkeit des Inhalts des Schriftsatzes eine Auslegung als Zulassungsantrag nicht möglich.

10

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Heranziehung der vorstehenden Auslegungsmaßstäbe im Ergebnis bewirkt, dem Kläger die Möglichkeit einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache insgesamt zu nehmen. Mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Gebot, die Auslegung von Rechtsmitteln grundsätzlich wohlwollend am erkennbaren Rechtsschutzziel zu orientieren (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11, NJW 2013, 3506, 3507 Rn. 23; vom 25. Januar 2014 - 1 BvR 1126/11, NJW 2014, 991, 992), ist die Auslegung dennoch vereinbar. Wegen der inhaltlichen Eindeutigkeit der Erklärung des verfolgten Rechtsschutzziels würde eine andere Interpretation dazu führen, dem Rechtsmittel vom 22. Mai 2015 einen Inhalt beizumessen, den der Rechtsmittelführer ihm selbst mit seiner Erklärung nicht beigelegt hat.

11

c) Auch eine Umdeutung des als Berufung eingelegten Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter den konkreten Verhältnissen rechtlich nicht möglich. Zwar ergibt sich aus dem Zulassungsantrag des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 22. Juni 2015 der Wille, nunmehr das Rechtsschutzziel (zunächst) der Zulassung der Berufung durch den Bundesgerichtshof zu verfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat auch insoweit folgt, kann eine Prozesserklärung einer anwaltlich vertretenen Partei aber allenfalls dann umgedeutet werden, wenn der zulässige Antrag noch innerhalb der dafür geltenden Rechtsmittelfrist gestellt worden ist (etwa BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - Bucholz 310 § 124a VwGO Nr. 38; Beschluss vom 22. September 2010 - 8 B 34/10 Rn. 3 jeweils mwN). Die Monatsfrist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO iVm § 111d BNotO endete jedoch bereits mit dem Ablauf des 22. Mai 2015. Der Zulassungsantrag ging erst am 22. Juni 2015 ein.

12

2. Aus den Gründen des vorstehenden Absatzes ist der Zulassungsantrag wegen Verfristung unzulässig.

III.

13

Im Übrigen wäre ein zulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache ohne Erfolg geblieben. Zulassungsgründe lägen nicht vor.

14

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht.

15

a) Das Oberlandesgericht hat § 56 Abs. 4 BNotO zutreffend als gesetzliche Grundlage für die Bestellung der Beigeladenen als Notariatsverwalterin des Notarsamts des Klägers durch das beklagte Ministerium erachtet. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen auch im Hinblick auf den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet dieser Grundsatz, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar wird (vgl. BVerfGE 56, 1, 12 mwN; BVerfG, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13, NVwZ 2013, 1571 f.). Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber jedoch nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (siehe lediglich BVerfGE 103, 332, 384 mwN).

16

Dem genügt § 56 Abs. 4 BNotO. Aus dem systematischen Verhältnis dieser Vorschrift zu § 39 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 BNotO ergibt sich unmissverständlich, dass bei vorläufiger Amtsenthebung eines Notars der Landesjustizverwaltung durch das Gesetz mehrere Handlungsoptionen eröffnet sind: die Bestellung eines Notarvertreters (§ 39 Abs. 2 BNotO), die Bestellung eines Notarverwalters (§ 56 Abs. 4 BNotO) sowie gemäß § 55 Abs. 1 BNotO die Aktenverwahrung durch das Amtsgericht (siehe bereits Senat, Beschluss vom 20. Juli 1998 - NotZ 33/97, BGHR BNotO § 56 Abs. 3 Notariatsverweser 1; Wilke in Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl., § 56 Rn. 11). Die Bestellung eines Notarverwalters knüpft § 56 Abs. 4 BNotO an die fehlende Zweckmäßigkeit der Notariatsvertretung. Dass der Begriff der Zweckmäßigkeit seinerseits auslegungs- und konkretisierungsbedürftig ist, führt nach den im vorstehenden Absatz dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zur Unvereinbarkeit der Norm mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Zweckmäßigkeit als Entscheidungskriterium für die Landesjustizverwaltung erfordert ersichtlich eine Gesamtabwägung der durch die Vertretung oder Verwaltung des Notarsamts betroffenen Interessen. Diese umfasst die Belange einer geordneten Rechtspflege ebenso wie die berechtigten - auch wirtschaftlichen (vgl. Bracker in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn. 30) - Interessen des vorläufig seines Amtes enthobenen Notars (Wilke aaO). Bei der Beurteilung kommt dem Grund der vorläufigen Amtsenthebung im Hinblick auf die Interessen der Rechtspflege erhebliches Gewicht zu (vgl. Senat aaO; ebenso Wilke aaO; siehe auch Bracker aaO). Damit handelt es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO um eine gesetzliche Ermächtigung, die nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist.

17

b) Auch bezüglich der gerichtlichen Überprüfung der Bestellung der Beigeladenen zur Notariatsverwalterin durch das beklagte Ministerium bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

18

Das Oberlandesgericht hat sowohl die Entscheidung des beklagten Ministeriums für die Notariatsverwaltung auf Ermessensfehler überprüft als auch die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme zusätzlich eigenständig beurteilt. Angesichts dessen bedarf es im Hinblick auf den relevanten Maßstab für die gerichtliche Prüfung des Verwaltungshandelns (weiterhin) keiner Entscheidung, ob es sich bei § 56 Abs. 4 BNotO insgesamt um eine Ermessensvorschrift mit den entsprechenden Konsequenzen für die gerichtliche Kontrolldichte (§ 114 VwGO iVm § 111b Abs. 1 BNotO) handelt oder ob die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Notarvertretung eine der eigentlichen Ermessensentscheidung vorgelagerte Entscheidung ist, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (siehe bereits Senat aaO).

19

Weder die Überprüfung der Ermessensentscheidung des beklagten Ministeriums durch das Oberlandesgericht noch dessen eigene Beurteilung der Zweckmäßigkeit iSv § 56 Abs. 4 BNotO ließen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erkennen.

20

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers war im hier gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der Vorwurf der Gebührenüberhebung gegen den Kläger zu Recht erhoben wird. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die Voraussetzungen der vorläufigen Amtsenthebung im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Bestellung eines Notarverwalters grundsätzlich nicht erneuter Überprüfung (aaO). Im Übrigen ist die vorläufige Amtsenthebung auf ein einheitliches Dienstvergehen (§ 95 BNotO) gestützt, das sich nicht in dem Vorwurf der Gebührenüberhebung erschöpft.

21

2. Der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) greift ebenfalls nicht ein. Die Rechtssache weist weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf.

22

3. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 BNotO). Die in der vorliegenden Rechtssache relevanten Rechtsfragen sind, wie sich aus den Erwägungen zu dem Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (iVm § 111d Satz 2 BNotO) ergibt, bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Maßstab Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 5/14 Rn. 18).

III.

23

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO iVm § 52 Abs. 2 GKG.

Galke                      Diederichsen                       Radtke

              Strzyz                                Hahn

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde, die die Verwerfung einer Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unbegründet ist.

2

1. Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG oder Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das sächsische Landesarbeitsgericht hat noch vertretbar angenommen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter die entscheidende Sendung rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen habe. Ein Gericht muss insbesondere eidesstattliche Versicherungen Dritter, die einen Einwurf zwar plausibel erscheinen lassen, aber sich gerade nicht auf diesen beziehen, nicht genügen lassen.

3

2. Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings hilfsweise auch das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen verneint hat, ist dies mit den Anforderungen an Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG nicht mehr vereinbar. Im Rahmen der Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden. Bürgerinnen und Bürger dürfen darauf vertrauen, dass die nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Post für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. Insofern durfte die Beschwerdeführerin darauf vertrauen, dass ihr - unterstellt am Freitag, 19. Juli 2013 gegen 15:00 Uhr eingeworfener - Brief sein Ziel am Montag, 22. Juli 2013 erreichen wird (vgl. BVerfGE 40, 42 <45>; 62, 334 <337>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Juni 1993 - 1 BvR 1240/92 -, juris, Rn. 12; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Mai 2000 - 2 BvR 1557/98 -, juris, Rn. 4). Da der Einwurf selbst jedoch nicht glaubhaft gemacht worden ist, beruht die Entscheidung aber nicht auf diesem Verstoß.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in die Verfassungsbeschwerdefrist gewährt.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Oktober 2015 - III -1 Vollz (Ws) 366/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 GG im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Strafvollzugsgesetz die Annahme einer rechtsmittelfähigen Beschwer gebietet, wenn die Strafvollstreckungskammer auf einen Verpflichtungsantrag lediglich eine Neubescheidung des Antragstellers angeordnet hat, und ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2011 wegen Verstößen gegen das Waffen-, das Sprengstoff- und das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde gemäß § 63 StGB die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, die zunächst im Zentrum für Forensische Psychiatrie in L… und seit April 2013 in der Maßregelvollzugsklinik H… vollstreckt wurde. Der Beschwerdeführer hatte einen Amoklauf an seiner ehemaligen Schule geplant.

3

2. Er verfügte im Maßregelvollzug über eine Spielekonsole "Xbox", die er mit einer Festplatte nutzte. Nachdem die Spielekonsole im April 2014 von einem externen Unternehmen repariert und an die Maßregelvollzugsanstalt zurückgeschickt worden war, bemerkte diese erstmals die Festplatte an dem Gerät. Dabei ist zwischen der Maßregelvollzugsanstalt und dem Beschwerdeführer streitig, ob es sich um eine interne oder eine externe Festplatte handelt. Unter Berufung auf ihre Medienregelung, wonach der Besitz von Festplatten grundsätzlich untersagt ist, stellte die Maßregelvollzugsanstalt die Festplatte sicher und gab dem Beschwerdeführer die Konsole ohne die Festplatte zurück.

4

3. Am 11. Juli 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Herausgabe der Festplatte. Er berief sich auf Bestandsschutz, weil er die Festplatte von Anfang an benutzt habe, und machte zudem geltend, dass von dem Gerät keine Gefahr ausgehe. Es ermögliche lediglich das Abspielen von Musik und Spieleinhalten, nicht aber das Speichern von Filmdateien. Mit Schreiben vom 25. August 2014 vertiefte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, nachdem die Maßregelvollzugsanstalt es unter dem 5. August 2014 abgelehnt hatte, ihm seine Festplatte herauszugeben. Er trug insbesondere vor, dass die Medienregelung veraltet und interne Festplatten erlaubt seien und dass es sich bei seiner Festplatte um eine solche handele. Ferner verfüge ein anderer Patient ebenfalls über eine Spielekonsole mit einer Festplatte.

5

4. Die Maßregelvollzugsanstalt lehnte die Herausgabe der Festplatte zuletzt im Oktober 2014 ab und verwies darauf, dass externe Festplatten nicht erlaubt seien. Der Beschwerdeführer könne als Speichermedium eine SD-Karte nutzen.

6

5. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 15. Oktober 2014 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Darin ersuchte er die zuständige Strafvollstreckungskammer um einen "gerichtlichen Entscheid". Es bestehe Bestandsschutz hinsichtlich seiner vollständigen Xbox, und es sei nicht nachvollziehbar, dass er nunmehr darauf verwiesen werde, eine SD-Karte zu nutzen, deren Erwerb nach der aktuellen Medienregelung der Anstalt zudem verboten sei. Die Überprüfung des Sachverhalts durch eine neutrale Instanz sei nunmehr erforderlich.

7

6. Die Maßregelvollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme vom 13. November 2014 aus, die Wegnahme der Festplatte sei rechtmäßig gewesen. Elektronische Geräte zum Speichern und zur Verarbeitung größerer Datenmengen könnten bereits aufgrund ihrer abstrakt-generellen Gefährlichkeit für die Sicherheit in (Maßregel-) Vollzugseinrichtungen untersagt werden. Aufgrund der anstaltsinternen Medienregelung, die dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, sei der Besitz von Geräten zum Speichern größerer Datenmengen untersagt. Besondere Ausnahmegründe lägen in der Person des Beschwerdeführers nicht vor. Der Besitz einer externen Festplatte sei zu keinem Zeitpunkt genehmigt worden. Bei der Verlegung müsse die neue Anstalt zudem nicht alle bestehenden Erlaubnisse der vorherigen Einrichtung ungeprüft übernehmen.

8

7. Der Beschwerdeführer ergänzte seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einem Schreiben vom 8. Dezember 2014. Im Wesentlichen führte er aus, die Argumentation der Maßregelvollzugsanstalt gehe fehl, wonach aus Sicherheitsgründen bereits vorhandene Gegenstände nachträglich eingezogen werden dürften. Dies sei nur im Falle eines verletzten Vertrauensverhältnisses aufgrund missbräuchlicher Anwendung des Geräts möglich. Zudem habe die Anstalt insoweit die besondere Situation der Unterbringung im Vergleich zum Strafvollzug nicht hinreichend berücksichtigt. Es handele sich vorliegend um eine interne und keine externe Festplatte, was anhand einer Fotodokumentation nachgewiesen werden könne. In weiteren Schreiben vom 4. April und 5. Juni 2015 wiederholte er im Wesentlichen seinen Vortrag.

9

8. Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 wurde die Maßregelvollzugsanstalt durch das Landgericht Bochum verpflichtet, den Beschwerdeführer unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden.

10

Der Antrag, mit dem "sinngemäß die Herausgabe der Festplatte" begehrt werde, sei begründet. Zwar ergebe sich aus von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern, dass es sich bei der Festplatte um ein externes Gerät handele, das nach der Medienregelung unzulässig sei. Die Anstalt könne den Besitz jedoch nicht unter pauschaler Berufung auf die Medienregelung verbieten, weil es sich dabei um eine interne Verwaltungsvorschrift handele. Entscheidend sei vielmehr, ob von der Festplatte eine Gefährdung im Sinne von § 7 Abs. 3 und Abs. 4 des Nordrhein-Westfälischen Maßregelvollzugsgesetzes (MRVG NRW) ausgehe. Dies habe die Anstalt jedoch nicht dargelegt. Insbesondere habe sie nicht aufgezeigt, welche Art von konkretem Missbrauch bei einer Nutzung der Festplatte zu befürchten sei und welche Gefahren dies mit sich bringe. Darüber hinaus sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil anderen Patienten die Nutzung einer Spielekonsole mit Festplatte gestattet worden sei.

11

9. Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 20. Juli 2015 Rechtsbeschwerde ein. Er rügte insbesondere, dass auf den von der Maßregelvollzugsanstalt vorgelegten Lichtbildern nicht seine, sondern eine andere Konsole abgebildet sei. Diese Lichtbilder und das dazugehörige Schreiben der Maßregelvollzugsanstalt seien ihm vor der Entscheidung nicht zugestellt worden, so dass er hierzu nicht habe Stellung nehmen können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei der sichergestellten Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht über einen USB-Anschluss verfüge, sondern über einen speziellen Xbox-Anschluss mit der Spielekonsole verbunden werde. Die Kammer habe nicht aufgeklärt, inwieweit eine SD-Karte weniger gefährlich sein solle als seine Xbox-Festplatte.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 8. Oktober 2015 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Der Beschwerdeführer sei durch den angegriffenen Beschluss vom 12. Juni 2015 nicht beschwert, weil das Landgericht seinem Antrag vollumfänglich entsprochen habe, indem es die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet habe, den Beschwerdeführer unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden.

13

11. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 eine Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts sei er durch den landgerichtlichen Beschluss beschwert, weil er eine Verpflichtungsklage erhoben, das Landgericht die Maßregelvollzugsanstalt aber nicht zur Herausgabe der Festplatte verpflichtet habe. Seinem Begehren sei somit nicht entsprochen worden und ein neues Verfahren werde notwendig. Außerdem beruhe die landgerichtliche Entscheidung wie auch die des Oberlandesgerichts auf einer falschen Tatsachengrundlage, weil es sich bei seiner Festplatte um eine interne Festplatte handele. Darauf habe er mehrfach hingewiesen. Das Oberlandesgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt.

14

12. Das Oberlandesgericht wies die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellungen mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 zurück. Das Gericht habe den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Ergänzend wies der Senat darauf hin, dass für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, allein der Tenor der angegriffenen Entscheidung maßgeblich sei und nicht deren Begründung. Die Gegenvorstellungen seien zurückzuweisen, weil der Senat weder von unzutreffenden tatsächlichen oder prozessualen Voraussetzungen ausgegangen sei noch sonst Anlass bestehe, den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss aufzuheben oder abzuändern.

15

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt.

16

13. Bereits mit Bescheid vom 14. September 2015 war die Maßregelvollzugsanstalt der Verpflichtung zur Neubescheidung nachgekommen und hatte die Herausgabe der Festplatte - mit ausführlicherer Begründung - erneut abgelehnt. Darin führte sie im Wesentlichen aus, die externe Festplatte des Beschwerdeführers ermögliche einen nicht mehr kontrollierbaren Daten- und Informationsaustausch. So könnten therapiekritische Daten eingebracht oder Informationen über Sicherheitsvorkehrungen weitergegeben werden. Darüber hinaus lägen in der Person des Beschwerdeführers Gründe für die Annahme einer Gefahr für die Sicherheit der Einrichtung vor. So habe dieser bereits mehrfach versucht, mobile Speichergeräte zu bekommen, und bei der Einbringung der Spielekonsole und der Festplatte falsche Tatsachen vorgetäuscht. Darüber hinaus hätten Besucher versucht, dem Beschwerdeführer Zugang zu rechtsradikalen und gewaltverherrlichenden Darstellungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Nutzung der Festplatte versuchen würde, unerlaubte Dateien weiterzugeben, um die Empfänger zu die Sicherheit und Ordnung gefährdenden Handlungen anzustiften. Demgegenüber könne sich der Beschwerdeführer nicht auf Bestandsschutz berufen, weil der Besitz der Spielekonsole von der vorherigen Maßregelvollzugsanstalt nicht genehmigt worden sei. Im Übrigen treffe der Vortrag des Beschwerdeführers nicht zu, wonach interne Festplatten genehmigungsfähig seien.

II.

17

1. Mit seiner am 9. Januar 2016 nach Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer ausdrücklich nur gegen "die abschließende Entscheidung des OLG-Hamm […] vom 04.12.2015". Gemeint ist die letzte Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge und Gegenvorstellung. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt sich jedoch entnehmen, dass der Beschwerdeführer auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 angreifen will, mit der die Rechtsbeschwerde verworfen worden ist. Er macht nicht geltend, dass sich aus der Behandlung der Anhörungsrüge und Gegenvorstellung eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer ergebe, sondern dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

18

Der Beschwerdeführer rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Rechts auf ein faires Verfahren. Außerdem seien Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Er macht geltend, dass er - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - durch den Beschluss des Landgerichts beschwert sei. Er habe vor dem Landgericht die Aushändigung der Festplatte beantragt. Da es sich hierbei um einen Verpflichtungsantrag gehandelt habe, habe das Landgericht seinem Antrag nicht vollumfänglich entsprochen, indem es die Maßregelvollzugsanstalt lediglich zur Neubescheidung verpflichtet habe. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft keine Herausgabe angeordnet. Insbesondere habe es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, weil es verkannt habe, dass es sich bei der Festplatte nicht um eine externe, sondern um eine interne Festplatte handele. Das Landgericht habe ihn unter anderem in seinen Rechten aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 33 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und ihm durch die Verpflichtung zur Neubescheidung keine Abhilfe verschafft, sondern der Maßregelvollzugsanstalt ermöglicht, Gründe zur Ablehnung der Herausgabe nachzuschieben. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil das Landgericht dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben habe, zu den von der Maßregelvollzugsanstalt übersandten Lichtbildern Stellung zu nehmen, auf die in dem landgerichtlichen Beschluss verwiesen worden sei und die eine andere Konsole als die des Beschwerdeführers zeigten. Dass die sich aus dem Beschluss ergebende Beschwer fortwirke, manifestiere sich auch in der daraufhin erfolgten Neubescheidung vom 14. September 2015, mit der die Herausgabe der Festplatte erneut abgelehnt worden sei.

19

2. Mit am 19. Januar 2016 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG beantragt. Dass die - am 8. Januar 2016 abgelaufene - Monatsfrist nicht eingehalten worden sei, beruhe nicht auf seinem Verschulden. Bereits am 3. Januar 2016 habe er die Postsendung mit der Verfassungsbeschwerde dem Klinikpersonal übergeben. Sie sei jedoch erst am 5. Januar 2016 versandt worden. Sodann habe es vier Tage bis zur Zustellung gedauert, weshalb die Verfassungsbeschwerde einen Tag zu spät beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sei.

20

Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags hat der Beschwerdeführer eine "Postkontrollliste" vorgelegt. Darin finden sich die Eintragung "Bundesverfassungsgericht" mit Ausgangsdatum 3. Januar 2016 sowie eine Unterschrift des Beschwerdeführers und eine Paraphe. Außerdem hat der Beschwerdeführer eine Rechnung der Maßregelvollzugsanstalt für den Versand eines Einschreibens an das Bundesverfassungsgericht am 5. Januar 2016 vorgelegt. Der Umschlag, mit dem die Verfassungsbeschwerde eingegangen ist, trägt einen Barcode des Postdienstleisters Postcon vom 6. Januar 2016 und eine Frankierung der Deutschen Post vom 7. Januar 2016.

21

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, hat sich nicht geäußert. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen vor.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 zulässig und offensichtlich begründet. Die Kammer ist zur Sachentscheidung berufen (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), denn das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden.

23

1. a) Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2015 über die Anhörungsrüge richtet. Der Beschluss über eine Gehörsrüge kann allenfalls dann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn er eine eigenständige verfassungsrechtliche Beschwer bewirkt (vgl. BVerfGK 13, 496 <498> m.w.N.). Weder trägt der Beschwerdeführer eine solche Beschwer vor, noch ist sie ersichtlich. Er macht ausschließlich geltend, dass die Rechtsbeschwerde aus unzutreffenden Gründen verworfen worden sei.

24

Eine eigenständige Beschwer ergibt sich auch nicht daraus, dass das Oberlandesgericht in dem Beschluss vom 1. Dezember 2015 ergänzend angemerkt hat, für die Frage, ob eine Beschwer vorliege, sei der Tenor der angefochtenen Entscheidung maßgebend, nicht dagegen deren Begründung. Dabei handelt es sich um eine Erwägung, die bereits den Gründen des Beschlusses vom 8. Oktober 2015 zugrunde liegt.

25

b) Hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, obwohl der Beschwerdeführer sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt hat. Der Beschluss des Oberlandesgerichts über die (nicht offensichtlich unzulässige) Anhörungsrüge ist dem Beschwerdeführer am 8. Dezember 2015 zugestellt worden, die Verfassungsbeschwerde ist am 9. Januar 2016, einem Samstag, eingegangen. Dem Beschwerdeführer ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 BVerfGG zu gewähren.

26

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags müssen sowohl der Hinderungsgrund als auch die Umstände, die für die Beurteilung des Verschuldens maßgebend sind, dargelegt werden. Erforderlich ist eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristversäumnis wesentlichen Tatsachen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2008 - 2 BvR 454/08 -, juris, Rn. 3 und vom 25. Oktober 2011 - 2 BvR 751/11 -, juris, Rn. 4 f.). Die von dem Beschwerdeführer vorgelegte "Postkontrollliste" lässt erkennen, dass er am 3. Januar 2016 ein Schreiben an das Bundesverfassungsgericht zur Post gegeben hat. Die Maßregelvollzugsanstalt versandte das Schreiben offenbar erst am 5. Januar 2016 und es dauerte weitere vier Tage, bis dieses beim Bundesverfassungsgericht einging. Bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dürfen Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. BVerfGE 50, 1 <3>; 51, 146 <149>; 51, 352 <354>; 53, 25 <28>; 98, 169 <196 f.>). Der Bürger kann darauf vertrauen, dass die nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden (vgl. BVerfGE 40, 42 <45>; 41, 23 <27>; 53, 25 <29>; 62, 334 <337>; stRspr). Im Verantwortungsbereich des Absenders liegt es danach allein, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. BVerfGE 62, 334 <337>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er musste nicht damit rechnen, dass die von ihm bereits am 3. Januar 2016 zur Post gegebene Sendung das Bundesverfassungsgericht erst nach Ablauf des 8. Januar 2016 erreichen würde.

27

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 verstößt gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot und verletzt den Beschwerdeführer darüber hinaus in dem in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.

28

a) aa) Ein verfassungsrechtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; stRspr). Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

29

bb) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Garantie wirksamen Rechtsschutzes schließt gewisse Erschwerungen des Zugangs zu den Gerichten durch sachgerechte prozessrechtliche Anforderungen - vor allem solche, die einer geordneten Rechtspflege und damit ebenfalls der Wirksamkeit des Rechtsschutzes dienen - nicht aus (vgl. BVerfGE 10, 264 <267 f.>; 88, 118 <123 f.>; BVerfGK 10, 509 <513>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel jedoch nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

30

b) Das Oberlandesgericht hat die von § 116 StVollzG vorausgesetzte Beschwer in einer mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden Weise ausgelegt.

31

aa) Das Rechtsschutzsystem des Strafvollzugsgesetzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen an den Verwaltungsprozess angelehnt (vgl. BTDrucks 17/9874, S. 29). Dort - und dementsprechend im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht - wird für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels eine formelle Beschwer des Rechtsmittelführers vorausgesetzt, die vorliegt, wenn die Wirkungen der ergangenen Entscheidung ungünstiger sind als die der beantragten Entscheidung oder - anders ausgedrückt - die angefochtene Entscheidung, soweit sie verbindlich werden kann, hinter dem Begehren des Rechtsmittelführers zurückbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30, 31/80 -, NJW 1983, S. 407 m.w.N.). Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Beschwer bei Verpflichtungsanträgen vorliegt, wenn die ergangene Entscheidung zwar aufgehoben, die Behörde jedoch nur zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt wird (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor § 124 Rn. 25; Kautz/Schäfer, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 124 Rn. 26; zum Tenor in diesem Fall vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 451; Schenke/Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 185; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 75 ; vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 8. Februar 1990 - 1 Ws 423/89 (StrVollz) -, juris, Rn. 3; HOLG Hamburg, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 3 Ws 104/15 Vollz -, juris, Rn. 29).

32

bb) Mit Blick auf die für die Beurteilung der Beschwer auch im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz zu beachtenden Maßstäbe hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts die in § 116 StVollzG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise ausgelegt und dadurch zugleich Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

33

Es ist offensichtlich, dass das Landgericht dem Antrag des Beschwerdeführers, den es zu Recht als Verpflichtungsantrag ausgelegt hat, nur teilweise und - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nicht vollständig entsprochen hat. Der Beschwerdeführer begehrte die Herausgabe seiner Festplatte und bekam durch das Landgericht lediglich einen Anspruch auf neue Bescheidung seines Antrags zuerkannt. Damit bleibt die ergangene Entscheidung hinter derjenigen zurück, die der Beschwerdeführer beantragt hatte. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, es liege keine Beschwer vor, weicht von der bisherigen Rechtsprechung und der einhelligen Ansicht in der Literatur (siehe dazu III.2.b)aa), Rn. 31) ab, ohne dies sachlich zu begründen.

34

3. Ob weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt sind, kann angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dahinstehen.

IV.

35

1. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2015 - III-1 Vollz (Ws) 366/15 - in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden ist. Der Beschluss ist daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

36

2. Die Anordnung der Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG; der Beschwerdeführer hat sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz für die Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft an der unter der Bezeichnung L. AG firmierenden Aktiengesellschaft.

2

Diese Aktiengesellschaft hatte ihren Sitz in B. Im Jahr 1934 betrug ihr Grundkapital 6 000 000 RM. An diesem Grundkapital waren die in der Schweiz lebende Vera L., Tochter des jüdischen Gesellschafters Fritz W., und deren Ehemann mit einem Aktienpaket in Höhe von nominell 597 000 RM beteiligt. Sie verkauften dieses sog. Schweizer Aktienpaket im Mai/Juni 1937 auf Veranlassung von Fritz W. an das Bankhaus W. in Z., das noch im selben Jahr einen Anteil in Höhe von nominell 397 000 RM an die S. weiterveräußerte. Letztere übertrug den von ihr erworbenen Anteil an die ClCA. Nach deren Auflösung ging der Anteil im Jahr 1950 zunächst auf die französische Muttergesellschaft, die B. A. Q., und anschließend im Wege der Fusion auf die S.E. Q. in C. bzw. E. Q. S.A. über. Die letztgenannte Gesellschaft änderte im Juni 1997 ihre Firmenbezeichnung in den Namen der Klägerin.

3

Bei Kriegsende gehörten zur L. AG neben dem Hauptbetrieb in B. ein Zweigbetrieb in N., eine weitere Tochtergesellschaft mit Vermögenswerten, eine Tochtergesellschaft in B. sowie diverse Zweigbetriebe und Niederlassungen in Brandenburg. Der unter dem 1. Dezember 1948 zum 1. Januar 1946 festgestellte Einheitswert für das im Ostsektor Berlins und der sowjetischen Besatzungszone belegene Vermögen betrug 2 848 000 RM.

4

Am 26. Dezember 1945 wurden aufgrund des Befehls Nr. 124 der Sowjetischen Militär-Administration in Deutschland (SMAD) vom 30. Oktober 1945 sämtliche in der sowjetischen Besatzungszone liegenden Vermögens- und Betriebsteile der Aktiengesellschaft beschlagnahmt.

5

Aufgrund des Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten des Magistrats von Groß-Berlin vom 8. Februar 1949 in Verbindung mit dessen Durchführungsbeschluss vom gleichen Tage wurde das Vermögen der L. AG eingezogen und in Volkseigentum überführt. Die Veröffentlichung der Einziehung erfolgte in der Bekanntmachung vom 9. Februar 1949 (Liste 1) unter der laufenden Nummer ... mit dem Klammerzusatz „deutsche Anteile enteignet".

6

In der Folgezeit wurde die L. AG mit dem VEB S. zusammengelegt, der nach weiteren Zusammenlegungen mit anderen volkseigenen Betrieben im VEB G. aufging. Der VEB G. wurde 1990 in einzelne Gesellschaften umgewandelt, die nachfolgend von der Treuhand privatisiert und veräußert wurden.

7

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts leiteten die Erbinnen nach Fritz W. gegen das Bankhaus W. in Z. und die S. E. Q. in C. ein Rückerstattungsverfahren ein. Mit Teilbeschluss vom 2. September 1952 stellte das Landgericht B. fest, dass der Verkauf des sog. Schweizer Aktienpakets im Mai/Juni 1937 an das Bankhaus W. verfolgungsbedingt erfolgt und daher nichtig sei. Im Beschwerdeverfahren nahmen die Erbinnen nach Fritz W. ausweislich des rechtskräftigen Beschlusses des Kammergerichts B. vom 14. November 1953 ihren Rückerstattungsantrag zurück und verzichteten wirksam auf ihre Rechte aus dem Teilbeschluss.

8

Am 15. Juni 2004 stellte die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung nach dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz (DDR-EErfG). Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16. November 2009 ab. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage begehrte die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 160 153,61 € nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 17. Dezember 2003. Das Verwaltungsgericht hat der Klage hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von 125 241,34 € nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 17. Dezember 2003 stattgegeben, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

9

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG. Die Klägerin sei entschädigungsberechtigt. Die von ihrer Rechtsvorgängerin erworbenen Anteile aus dem sog. Schweizer Aktienpaket seien auf sie übergegangen. Der im Rückerstattungsverfahren ergangene Teilbeschluss des Landgerichts B. rechtfertige keine andere Entscheidung, da die Erbinnen nach Fritz W. in der Folgezeit ihren Rückerstattungsantrag zurückgenommen und wirksam auf ihre Rechte aus dem Teilbeschluss verzichtet hätten. Der Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG stehe auch nicht entgegen, dass vorliegend nicht der Unternehmensträger als solcher, d.h. die Aktiengesellschaft, enteignet worden sei. Der Anwendungsbereich der Vorschrift sei auch dann eröffnet, wenn nur die im Osten belegenen Vermögenswerte eines Unternehmensträgers auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden seien. Davon sei hier auszugehen. Die Beteiligung der Rechtsvorgängerin der Klägerin an der L. AG sei freigestellt gewesen. Denn die Enteignung habe nach der in der Bekanntmachung vom 9. Februar 1949 veröffentlichten Liste 1 nicht die ausländischen Anteile, sondern nur deutsche Anteile erfasst. § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG enthalte eine Rechtsfolgenverweisung. Aus diesem Grund müsse nicht geprüft werden, ob für die freigestellte ausländische Beteiligung eine Entschädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG vorgesehen gewesen sei. Auch die Frage der Zweitschädigung spiele keine Rolle. Die Höhe der Entschädigung bemesse sich gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 DDR-EErfG nach dem 1,3fachen des zum 1. Januar 1946 festgestellten Einheitswertes für das im Ostsektor Berlins und der sowjetischen Besatzungszone belegene Vermögen bezogen auf die hier streitgegenständliche Beteiligung in Höhe von 6,616 v.H. Es seien keine Umstände erkennbar, die die Unverwertbarkeit des Einheitswertes begründen könnten. Insbesondere gebe es keinen Anhaltspunkt, dass der Einheitswert entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auch den Wert der Beteiligung der L. AG an der im Ostsektor belegenen IGH AG enthalte. Der Entschädigungsanspruch richte sich gegen die Beigeladene, da sie das enteignete Unternehmen aufgrund des Einigungsvertrages mittelbar erhalten habe.

10

Gegen dieses Urteil haben alle Beteiligten Revision eingelegt.

11

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter, soweit sie in der Vorinstanz nicht erfolgreich war, und beantragt eine weitere Entschädigung in Höhe von 34 912,27 €. Sie rügt eine Verletzung von § 1 Abs. 3 Nr. 2 DDR-EErfG i.V.m. § 4 EntschG. Der Beklagte begehrt wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung. In der Sache verfolgt er sein auf die gesamte Klageforderung gerichtetes Abweisungsbegehren weiter. Er hält die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG für verletzt. Die Beigeladene verfolgt ebenfalls ihr auf die gesamte Klageforderung gerichtetes Abweisungsbegehren weiter. Sie beanstandet die vom Verwaltungsgericht vollzogene Abtrennung der sich auf das sog. Schweizer Aktienpaket beziehenden Verpflichtungsklage als verfahrensfehlerhaft. In materieller Hinsicht rügt die Beigeladene ebenfalls vorrangig einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässigen (1.) Revisionen der Beteiligten sind unbegründet (2.).

13

1. Die Revisionen begegnen keinen Zulässigkeitsbedenken.

14

a) Die Revision des Beklagten ist nicht wegen Versäumens der am 15. April 2013 abgelaufenen Begründungsfrist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO unzulässig. Dem Beklagten ist die von ihm fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelbegründungsfrist gemäß § 60 VwGO zu gewähren. Denn er war ohne Verschulden gehindert, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.

15

Es kann davon ausgegangen werden, dass bei der Deutschen Post AG im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen entsprechend ihrer amtlichen Verlautbarungen grundsätzlich am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss ein Rechtsmittelführer deshalb nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (Urteil vom 20. Juni 2013 - BVerwG 4 C 2.12 - BVerwGE 147, 37 Rn. 8 m.w.N.). Das gilt entgegen der Ansicht der Klägerin auch, wenn das zu befördernde Schriftstück der Post an einem Freitag zur Versendung übergeben wird. Denn Differenzierungen danach, ob eine eingetretene Verzögerung beispielsweise auf einer verminderten Dienstleistung der Deutschen Post AG etwa an Wochenenden beruht, sind unzulässig (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. September 2000 - 1 BvR 2104/99 - NJW 2001, 1566). Die Post-Universaldienstleistungsverordnung - PUDLV - vom 15. Dezember 1999 (BGBl I S. 2418), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970), steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 - IV ZB 2/08 - NJW 2009, 2379 <2380>).

16

Der Beklagte hat glaubhaft gemacht, dass der Revisionsbegründungsschriftsatz am Freitag, den 12. April 2013, als Großbrief bei der Post aufgegeben wurde. Der Umschlag war ordnungsgemäß an das Bundesverwaltungsgericht adressiert und ausreichend frankiert. Der Beklagte durfte daher erwarten, dass der Schriftsatz jedenfalls spätestens am zweiten Werktag nach der Einlieferung bei der Post, also am Montag, den 15. April 2013 ankommt, zumal er nur von B. nach Leipzig befördert werden musste.

17

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich auch die Revision der Beigeladenen als zulässig.

18

Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, dass der Beigeladenen das Rechtsschutzinteresse zur Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils deshalb fehle, weil sie im Tenor der Entscheidung nicht als Adressat des Entschädigungsanspruchs genannt werde. Die erforderliche Beschwer der Beigeladenen folgt daraus, dass das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Festsetzung einer Entschädigung verpflichtet hat und sich aus den insoweit tragenden und mit Blick auf die Beschwer der Beigeladenen heranzuziehenden Entscheidungsgründen ergibt, dass diese Entschädigungsverpflichtete ist.

19

Die Revisionsbegründung der Beigeladenen genügt auch den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Insbesondere enthält sie eine ausreichende und nicht nur formelhafte, allgemein gehaltene Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, der zu entnehmen ist, warum die Beigeladene das Urteil für fehlerhaft hält.

20

2. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat ist gehindert, der Frage des von der Beigeladenen gerügten Verfahrensmangels nachzugehen (a). In materiell-rechtlicher Hinsicht ist das erstinstanzliche Urteil revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (b).

21

a) Das Bundesverwaltungsgericht ist auf die Überprüfung materiell-rechtlicher Fehler des angefochtenen Urteils beschränkt.

22

Die Rüge der Beigeladenen, die Voraussetzungen des § 93 Satz 2 VwGO für eine Abtrennung der sich auf das sog. Schweizer Aktienpaket beziehenden Verpflichtungsklage hätten nicht vorgelegen, muss bereits daran scheitern, dass die Trennung von Verfahren generell nach § 146 Abs. 2 VwGO mit der Folge unanfechtbar ist, dass sie als solche nicht der Nachprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht unterliegt (§ 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO; Beschluss vom 20. Mai 2011 - BVerwG 8 B 64.10 - juris Rn. 5 m.w.N. und Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 15.09 - Buchholz 428.41 § 1 EntschG Nr. 4 Rn. 24).

23

Unbeschadet dessen kann der Rechtsmittelführer Mängel rügen, die als Folge der beanstandeten Trennung dem angefochtenen Urteil selbst anhaften, also auf die der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegende Sachentscheidung durchschlagen (Beschluss vom 20. Mai 2011 a.a.O. Rn. 6 m.w.N.). Solche Mängel sind von der Beigeladenen aber nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden. Ihr Einwand, die Klage hätte überwiegend keinen Erfolg gehabt, wenn die Trennung unterblieben wäre, sodass die Klägerin ihre - der Beigeladenen - Kosten hätte tragen müssen, bezieht sich auf die Nebenentscheidung über die Kostentragungspflicht. Ihre Ausführungen, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Auslegung des Klageantrags dem Ansatz der Klägerin widersprochen, hinsichtlich der Beteiligung an der L. AG in Form von zwei Aktienpaketen einen einheitlichen Entschädigungsanspruch geltend zu machen, betreffen die Grundlage der Sachentscheidung, nicht aber die Sachentscheidung selbst.

24

Da die Trennung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht nicht der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, kann die Beigeladene auch nicht mit Erfolg geltend machen, die angeblich fehlerhafte Trennung habe eine Verletzung des § 88 VwGO bewirkt.

25

b) Das Verwaltungsgericht nimmt im Ergebnis ohne Rechtsverstoß an, dass der Klägerin gegen die Beigeladene ein Anspruch auf Erfüllung eines Entschädigungsanspruchs in Höhe von 125 241,34 € (aa) nebst 4 v.H. Zinsen für das Jahr ab dem 17. Dezember 2003 (bb) zusteht.

26

aa) Der geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung eines Entschädigungsanspruchs folgt aus § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik nicht erfüllter Entschädigungsansprüche aus Enteignung (DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz - DDR-EErfG) vom 10. Dezember 2003 (BGBl I S. 2471, ber. BGBl I 2004, S. 1654). Danach gilt die entsprechende Anwendung dieses Gesetzes - d.h. des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes - auch für zunächst freigestellte Beteiligungen von ausländischen Gesellschaftern an den auf der genannten - d.h. besatzungsrechtlichen oder besatzungshoheitlichen - Grundlage enteigneten Unternehmensträgern, wobei der Antragsteller in diesen Fällen den Verzicht auf etwaig fortbestehende Beteiligungs- oder sonstige Vermögensrechte zu erklären hat, die im Zusammenhang mit der Enteignung dem ausländischen Gesellschafter an dem neu gebildeten Unternehmen eingeräumt worden waren. Das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz ist darauf gerichtet, Entschädigungsansprüche zu erfüllen, die nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik bestanden. Während § 1 Abs. 1 DDR-EErfG einen derartigen Entschädigungserfüllungsanspruch hinsichtlich solcher Enteignungen verleiht, die in die Zeit des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik fallen, erstreckt § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG diesen Erfüllungsanspruch auf Entschädigungen, die im Beitrittsgebiet bei Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage vorgesehen waren. § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG trägt in spezieller Weise einem schutzwürdigen Interesse bestimmter Anteilseigner dadurch Rechnung, dass ihnen unter den genannten Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch zuerkannt wird. Der Sache nach geht es dabei um eine Entschädigung für eine mittelbare Schädigung in Form der Minderung des Wertes der Beteiligung eines ausländischen Gesellschafters an einem Unternehmensträger infolge einer Enteignung von Vermögenswerten der Gesellschaft. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind ((1)), § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG eine Rechtsfolgenverweisung auf § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG enthält ((2)), für den Anspruch ohne Bedeutung ist, ob die Klägerin möglicherweise Zweitgeschädigte ist ((3)) und die Beigeladene in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 DDR-EErfG zur Leistung der Entschädigung verpflichtet ist ((4)). Die vom Verwaltungsgericht zugesprochene Höhe der Entschädigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ((5)).

27

(1) Die Voraussetzungen des Entschädigungserfüllungsanspruchs nach § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG liegen vor. Die Klägerin ist antrags- und entschädigungsberechtigt ((a)). Die von § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG geforderte Enteignung eines Unternehmensträgers ist auch gegeben, wenn - wie in Bezug auf die L. AG festgestellt - nur sein im Beitrittsgebiet belegenes Vermögen enteignet wurde ((b)). Die Enteignung der Vermögenswerte der L. AG erfolgte auf besatzungshoheitlicher Grundlage ((c)). Die Beteiligung der Rechtsvorgängerin der Klägerin an der L. AG war zunächst freigestellt ((d)). Abgesehen davon ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die Klägerin den nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 DDR-EErfG geforderten Verzicht erklärt sowie die Antragsfrist des § 5 Satz 1 DDR-EErfG eingehalten hat und der Anspruch nicht gemäß § 7 DDR-EErfG ausgeschlossen ist.

28

(a) § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG nennt als Normadressaten und damit als möglichen Antrags- und Entschädigungsberechtigten ausdrücklich nur die ausländischen Gesellschafter enteigneter Unternehmensträger. In Fällen der vorliegenden Art, in denen der ausländische Gesellschafter des geschädigten Unternehmensträgers - wie hier - eine juristische Person ist, sind über den Wortlaut hinaus zumindest die Rechtsnachfolger antrags- und entschädigungsberechtigt, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in vollem Umfang in die Rechtsposition der ausländischen juristischen Person eingetreten sind, also auch hinsichtlich eines möglichen Entschädigungsanspruchs nach den im Beitrittsgebiet anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen, und die somit erworbene gesellschaftsrechtliche Beteiligung auch in der Folgezeit nicht verloren haben. Das folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass geldwerte Ansprüche des öffentlichen Rechts, die ihrer Art nach nicht höchstpersönlicher Natur sind, grundsätzlich auf andere Rechtsträger übertragen werden können, wenn nichts Gegenteiliges geregelt ist (vgl. Urteil vom 29. Juni 1960 - BVerwG 5 C 447.58 - BVerwGE 11, 43 <46>; s.a. Urteil vom 21. September 1989 - BVerwG 3 C 22.87 - Buchholz 427.3 § 261 LAG Nr. 53 S. 2 f.).

29

Bei den in der Deutschen Demokratischen Republik nicht erfüllten Entschädigungsansprüchen handelt es sich um solche Ansprüche. Sie gehören zu den geldwerten Ansprüchen des öffentlichen Rechts, die mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht nach Art eines höchstpersönlichen Anspruchs an die Person des ausländischen Gesellschafters gebunden sind, der im Zeitpunkt der Enteignung an dem unmittelbar geschädigten Unternehmensträger beteiligt war. Auch dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich deutlich, dass der Gesetzgeber die Rechtsnachfolger des geschädigten früheren Eigentümers von Vermögenswerten grundsätzlich in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbeziehen wollte (vgl. BTDrucks 15/1180 S. 25). Dementsprechend ging er von der Übertragbarkeit der nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik begründeten, am 2. Oktober 1990 noch offenen Entschädigungsansprüche aus. Dies wird von § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 DDR-EErfG bestätigt, der zwischen dem Antragsteller und dem ausländischen Gesellschafter unterscheidet und diese einander gegenüberstellt. Ob und gegebenenfalls welche weiteren Kriterien zur Bestimmung des Antrags- und Entschädigungsberechtigten heranzuziehen sind, wenn die von einer ausländischen juristischen Person gehaltene Beteiligung an einem enteigneten Unternehmensträger isoliert an einen Dritten übertragen wurde, bedarf hier keiner Entscheidung.

30

Mit Rücksicht auf diese rechtlichen Vorgaben nimmt das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen zu den einzelnen Übertragungsvorgängen an, dass die Klägerin Rechtsnachfolgerin der CICA und ihr demzufolge der von der CICA im Zeitpunkt der Enteignung gehaltene streitgegenständliche Anteil aus dem sog. Schweizer Aktienpaket an der L. AG zuzuordnen ist.

31

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat die CICA im Jahr 1937 einen Anteil in Höhe von nominell 397 000 RM (entspricht einem Anteil an der L. AG in Höhe von 6,616 v.H.) aus dem sog. Schweizer Aktienpaket von der S. erworben. Letztere hatte diesen Anteil zuvor vom Bankhaus W. in Z. gekauft, dem seinerseits das gesamte sog. Schweizer Aktienpaket in Höhe von nominell 597 000 RM im Mai/Juni 1937 von den ursprünglichen Gesellschaftern übertragen worden war. Der im Rückerstattungsverfahren erlassene Teilbeschluss des Landgerichts B. vom 2. September 1952, der den Verkauf des Aktienpaketes für nichtig erklärte, steht der Wirksamkeit der Übertragung nicht entgegen, da dem rechtskräftigen Beschluss des Kammergerichts B. vom 14. November 1953 die Feststellung zu entnehmen ist, dass der Antrag auf Rückerstattung bezüglich des sog. Schweizer Aktienpakets gegenüber der Verwaltung zurückgenommen und auf die Rechte aus dem Teilbeschluss wirksam verzichtet wurde. Infolge der Auflösung der CICA gingen die Aktien 1950 auf deren französische Muttergesellschaft B. A. Q. über. Von dieser wurden sie im Wege der Fusion auf die S.E. Q. in C. bzw. E. Q. S.A. übertragen. Ausweislich der Bescheinigung des Notars Julio Q. vom 3. November 2004 hat die letztgenannte Gesellschaft im Juni 1997 ihre Firmenbezeichnung in den Namen der Klägerin geändert. Diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind gemäß § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend, da gegen sie insbesondere von der Beigeladenen - die allein noch die Anspruchsberechtigung der Klägerin bestreitet - keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben werden. Die darauf aufbauende rechtliche Schlussfolgerung der Vorinstanz, die Klägerin sei für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs hinsichtlich der Anteile aus dem sog. Schweizer Aktienpaket aktivlegitimiert, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

32

(b) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, enteigneter Unternehmensträger im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG könne auch ein Unternehmensträger sein, der im Zeitpunkt seiner Schädigung Vermögenswerte im Beitrittsgebiet und außerhalb dieses Gebietes besessen habe, von denen nur erstere enteignet worden seien, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand ((aa)). Eine Enteignung der im Beitrittsgebiet belegenen Vermögenswerte der L. AG wird vom Verwaltungsgericht zu Recht bejaht ((bb)).

33

(aa) Das Tatbestandsmerkmal „enteigneten Unternehmensträgern“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG erfüllt auch ein Rechtsträger (= natürliche oder juristische Person bzw. rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft), der mit seinen im Beitrittsgebiet belegenen Vermögenswerten der Sache nach lediglich teilenteignet wurde. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung ((aaa)). Der Wortlaut der Rechtsnorm steht dem nicht entgegen ((bbb)).

34

(aaa) Aus der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG folgt, dass der Gesetzgeber den von der Bestimmung verliehenen Anspruch insbesondere ausländischen Gesellschaftern gewähren will, die an enteigneten Unternehmensträgern beteiligt waren, die im Zeitpunkt ihrer Schädigung Vermögenswerte im Beitrittsgebiet und außerhalb dieses Bereiches besaßen, denen aber nur ihre im Beitrittsgebiet belegenen Werte entzogen wurden.

35

§ 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG war in dem ursprünglichen Entwurf des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes nicht enthalten (Art. 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Entschädigungsgesetzes und anderer Vorschriften , BTDrucks 15/1180). Die Bestimmung geht zurück auf die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages (BTDrucks 15/1808). Der Finanzausschuss ließ sich insoweit ersichtlich von den Erkenntnissen leiten, die er aufgrund der Öffentlichen Anhörung zu dem Entwurf des Entschädigungs-rechtsänderungsgesetzes gewonnen hatte. Im Rahmen der Anhörung wurde von einem Sachverständigen die Ergänzung des Entwurfs des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes um eine Bestimmung angeregt, die dem § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG entspricht. Der Sachverständige hatte - wie das Verwaltungsgericht zutreffend darlegt - die Frage der Entschädigung für freigestellte ausländische Beteiligungen ausdrücklich mit Blick auf Beteiligungen an Unternehmen wie AEG, Daimler-Benz und Siemens aufgeworfen (vgl. BT, 15. WP, Finanzausschuss, Öffentliche Anhörung vom 8. Oktober 2003, Protokoll Nr. 33 S. 21). Diese Unternehmen zeichneten sich dadurch aus, dass ihr räumlicher Tätigkeitsbereich nicht auf das Beitrittsgebiet beschränkt war, so dass ihre Schädigung nur hinsichtlich eines Teils ihrer Vermögenswerte eintreten konnte.

36

(bbb) Diesem Ergebnis der historischen Auslegung steht der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG nicht entgegen. Es liegt innerhalb des möglichen Wortsinns, dass mit den „enteigneten Unternehmensträgern“ ausschließlich der Adressat der Schädigung angesprochen wird. Der Wortlaut gibt keine zwingende Begrenzung dahin vor, dass mit den „enteigneten Unternehmensträgern“ auf den Umfang der Schädigung verwiesen und vorausgesetzt wird, dass der betreffende Unternehmensträger in seiner Gesamtheit enteignet wurde.

37

(bb) Der Enteignungsbegriff des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG greift den vermögensrechtlichen Enteignungsbegriff auf. Das ist bereits dem Gesetzeswortlaut mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Mit der Formulierung „auf der genannten Grundlage enteigneten“ knüpft der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG an die Wendung „Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“ in § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG an, die ihrerseits mit der Formulierung in § 1 Abs. 8 Buchst. a des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) vom 9. Februar 2005 (BGBl I S. 205), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (BGBl I S. 3719), identisch ist. Die Merkmale der Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG entsprechen mithin denen des faktischen Enteignungsbegriffes des Vermögensrechts. Letzterer setzt keine bestimmte Form der Vermögensentziehung voraus. Auch auf deren Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete staatliche Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt wurde und dass diese Verdrängung in der Rechtswirklichkeit für den Eigentümer greifbar zum Ausdruck kam (stRspr; z.B. Urteil vom 28. November 2012 - BVerwG 8 C 20.11 - ZOV 2013, 34 Rn. 15 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht wendet diesen rechtlichen Maßstab zwar nicht ausdrücklich, aber der Sache nach an und erkennt auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu Recht dahin, dass die Vermögenswerte der L. AG enteignet wurden.

38

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde das Vermögen der L. AG auf der Grundlage des Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten des Magistrats von Groß-Berlin vom 8. Februar 1949 (VOBl Teil I Nr. 5 S. 34) in Verbindung mit dem Durchführungsbeschluss des Magistrats von Groß-Berlin vom gleichen Tag (VOBl Teil I Nr. 5 S. 33) eingezogen und in Volkseigentum überführt. Die Veröffentlichung der Einziehung erfolgte in der Bekanntmachung über nach dem Enteignungsgesetz vom 8. Februar 1949 eingezogene Vermögenswerte vom 11. Februar 1949 (Liste 1) des Magistrats von Groß-Berlin unter der laufenden Nummer ... mit dem Klammerzusatz „deutsche Anteile enteignet“ ... Daraus ergibt sich, dass sich jedenfalls die deutschen Anteilseigner mit der Bekanntmachung der Liste 1 als vollständig und endgültig aus ihrem Eigentum verdrängt betrachten mussten.

39

(c) Die Vermögenswerte der L. AG wurden auch auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet.

40

Dem Merkmal „besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG, auf den § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 DDR-EErfG mit der Formulierung „auf der genannten Grundlage“ Bezug nimmt, liegt ebenfalls das Begriffsverständnis des Vermögensrechts zugrunde. Auch das ergibt sich schon mit hinreichender Deutlichkeit aus der Übernahme der in § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG verwandten Formulierung in § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG. Im Sinne des Vermögensrechts liegt eine besatzungsrechtliche Enteignung vor, wenn die Enteignung auf Beschluss der sowjetischen Besatzungsmacht vorgenommen wurde. Unter Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage sind solche Enteignungen zu verstehen, die zwar nicht auf Beschluss der sowjetischen Besatzungsmacht vorgenommen wurden, aber auf deren Wünsche oder Anregungen zurückgehen oder sonst ihrem generellen oder im Einzelfall geäußerten Willen entsprachen. Das folgt aus dem Zweck des Restitutionsausschlusses in § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG, die frühere Besatzungsmacht Sowjetunion hinsichtlich der von ihr zu verantwortenden Enteignungen von dem die Restitution begleitenden Unrechtsvorwurf freizustellen (vgl. Urteil vom 30. Juni 1994 - BVerwG 7 C 58.93 - BVerwGE 96, 183 <185> m.w.N.). Gemessen an diesem - von ihm der Sache nach zugrunde gelegten - rechtlichen Maßstab, nimmt das Verwaltungsgericht zutreffend an, dass die Enteignung der Vermögenswerte der L. AG auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgte.

41

Das Bundesverwaltungsgericht hat für die vom Magistrat von Groß-Berlin nach Maßgabe der Liste 1 zum Gesetz zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 vorgenommenen Enteignungen den besatzungshoheitlichen Charakter bereits bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt, derartige Enteignungen seien durch Akte der sowjetischen Besatzungsmacht gezielt ermöglicht worden und hätten maßgeblich auf deren Entscheidung beruht. Denn die enteigneten Vermögenswerte seien - wie auch im vorliegenden Fall - zuvor von der sowjetischen Besatzungsmacht aufgrund des auch in Berlin gültigen Befehls Nr. 124 der Sowjetischen Militär-Administration in Deutschland (SMAD) vom 30. Oktober 1945 betreffend die „Auferlegung der Sequestration und Übernahme in zeitweilige Verwaltung einiger Vermögenskategorien“ beschlagnahmt worden. An die damit von der sowjetischen Besatzungsmacht in ihrem Sektor geschaffene Sach- und Rechtslage habe der Magistrat von Groß-Berlin angeknüpft, indem er beschlossen habe, von den aus dem Sequester der Besatzungsmacht freigegebenen Betrieben und Vermögen der „Kriegsverbrecher und Naziaktivisten“ die in der Liste 1 genannten Vermögenswerte zu enteignen (vgl. Nr. 1 des Beschlusses des Magistrats von Groß-Berlin vom 8. Februar 1949 zur Durchführung des Gesetzes vom 8. Februar 1949). Dementsprechend nehme das Gesetz vom 8. Februar 1949 ausdrücklich auf den Befehl Nr. 124 der SMAD Bezug. Mit diesem Gesetz seien die Enteignungsaktionen gegen „Kriegsverbrecher und Naziaktivisten“, die in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone mit Billigung der Besatzungsmacht bereits durchgeführt gewesen seien, im sowjetischen Sektor von Berlin nachgeholt worden (vgl. Urteil vom 29. April 1994 - BVerwG 7 C 47.93 - BVerwGE 96, 8 <15 f.>; s.a. Urteil vom 30. Juni 1994 a.a.O.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

42

(d) Das Verwaltungsgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Beteiligung der Rechtsvorgängerin der Klägerin an der L. AG (zunächst) freigestellt war.

43

Der Begriff der (zunächst) „freigestellten Beteiligung“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG ist mit Rücksicht auf seine inhaltliche Verknüpfung zum Begriff der Enteignung auszufüllen. Freistellung bedeutet, dass die Enteignungswirkung der besatzungsrechtlichen oder besatzungshoheitlichen Grundlage bezüglich des von der Beteiligung vermittelten Eigentumsanteils an dem enteigneten Unternehmensträger bzw. dessen Vermögenswerten jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht zurückgenommen wird (vgl. insoweit auch Urteil vom 10. August 2005 - BVerwG 8 C 18.04 - Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 32 Rn. 30 = ZOV 2005, 372). Wegen seiner systematischen Wechselbeziehung zur Enteignung lässt sich die Freistellung - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht auf den Begriff verengen, der in der Verordnung des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. August 1956 bzw. der Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin vom 15. Oktober 1956 verwandt wird. Es ist daher nicht erforderlich, dass Beteiligungen „auf Vorschlag der Sequesterkommission durch Beschluss der ehemaligen Landesregierungen freigestellt wurden“ (vgl. § 1 der Verordnung vom 23. August 1956) bzw. „in der Bekanntmachung über weitere Einziehungen aufgrund des Gesetzes vom 8. Februar 1949 (Liste 3) (VOBl I S. 425) freigestellt worden sind“ (vgl. § 1 der Verordnung vom 15. Oktober 1956). Vielmehr ist der Begriff der Freistellung ebenso wie derjenige der Enteignung vornehmlich im faktischen Sinn zu verstehen. Die Freistellung setzt mithin keine bestimmte Form voraus. Auch auf deren Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass in der Rechtswirklichkeit deutlich zum Ausdruck gekommen ist, dass der Anteilsinhaber durch die Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage zumindest wirtschaftlich betrachtet aus seiner Stellung nicht vollständig und endgültig verdrängt werden sollte (vgl. Urteil vom 10. August 2005 a.a.O.). In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze ist dahin zu erkennen, dass sich die CICA mit der Bekanntmachung der Liste 1 zum Gesetz zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 durch den Magistrat von Groß-Berlin vom 11. Februar 1949 zumindest wirtschaftlich betrachtet nicht als vollständig und endgültig aus ihrer Stellung als Aktionärin verdrängt sehen musste. Das folgt im Umkehrschluss aus dem Klammerzusatz „deutsche Anteile enteignet“.

44

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war zwar die L. AG in Liste 1 unter der laufenden Nummer ... als einer der Betriebe bzw. (juristischen) Personen aufgeführt, deren Eigentum aufgrund von § 8 des Gesetzes vom 8. Februar 1949 zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten als Vermögen von solchen Personen entschädigungslos eingezogen und in Volkseigentum überführt wird. Jedoch enthält die Veröffentlichung den Klammerzusatz „deutsche Anteile enteignet“. Nach dem Wortlaut sollte also ersichtlich nur das Eigentum deutscher Rechtsträger enteignet werden. Daraus ist in einem Umkehrschluss zu folgern, dass alles, was nicht im Sinne des Klammerzusatzes deutscher Anteil an der L. AG war, von der Enteignung(-swirkung) nicht erfasst werden sollte. Hierzu zählen die ausländischen (natürlichen oder juristischen) Personen gehörende Beteiligung an der L. AG und deren Vermögenswerte. Der Klammerzusatz ist als Antwort auf den wiederholt geäußerten Willen der sowjetischen Besatzungsmacht zu werten, den Eigentumsstatus des bei Ende des Krieges vorhandenen ausländischen Vermögens zu schützen (vgl. zum allgemeinen Schutzversprechen der sowjetischen Besatzungsmacht z.B. Beschlüsse vom 24. Juni 2005 - BVerwG 7 B 6.05 - ZOV 2006, 277 und vom 23. März 2005 - BVerwG 8 B 3.05 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 80 S. 97 f. m.w.N.).

45

(2) Das Verwaltungsgericht geht im Einklang mit Bundesrecht davon aus, dass § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG auf die Rechtsfolge des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG verweist. Demzufolge setzt der Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen nicht voraus, dass ein verdichtetes Entschädigungsversprechen bestand und nicht erfüllt wurde. Das lässt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm folgern ((a)). Der Gesetzeswortlaut lässt ein derartiges Normverständnis zu ((b)).

46

(a) Die aus den Gesetzesmaterialien ermittelte Zielsetzung des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG spricht eindeutig für eine Rechtsfolgenverweisung.

47

Das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz soll insbesondere die Lücke schließen, die sich für Fallgestaltungen ergab, bei denen es für Enteignungen im Beitrittsgebiet nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik ein Entschädigungsversprechen gab, das zwar normativ oder in der Verwaltungspraxis verdichtet war, hingegen nicht erfüllt wurde. In diesen Fällen schied ein Anspruch nach dem Vermögensgesetz aus, weil die Enteignungen nicht als „entschädigungslos“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Buchst. 1a VermG anzusehen waren (vgl. dazu Beschluss vom 19. März 2009 - BVerwG 5 B 106.08 - Buchholz 428.43 DDR-EErfG Nr. 2 Rn. 4 und 7 f.). Das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz schließt diese Schutzlücke, indem es unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf nachträgliche Erfüllung des Entschädigungsanspruchs verleiht.

48

Hinsichtlich freigestellter inländischer Beteiligungen an - auch auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage - enteigneten Unternehmen(-strägern) ging der Gesetzgeber erkennbar davon aus, dass nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich eine Entschädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG vorgesehen war. Dafür ließ er sich - wie den Gesetzgebungsmaterialien zweifelsfrei zu entnehmen ist (vgl. BTDrucks 15/1180 S. 25 f. und BTDrucks 15/1808 S. 13) - von der Vorstellung leiten, solche Beteiligungen unterfielen der Verordnung des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Entschädigung ehemaliger Gesellschafter für Beteiligungen an enteigneten Unternehmen und die Befriedigung langfristiger Verbindlichkeiten aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 vom 23. August 1956 (GBl I S. 683). Deren § 1 ordnete an, dass für Beteiligungen, die bis zum Übergang des Unternehmens in das Eigentum des Volkes bestanden haben, an die ehemaligen Gesellschafter des enteigneten Unternehmens nach den Bestimmungen der Verordnung Entschädigungen zu leisten sind, wenn ihre Beteiligung auf Vorschlag der Sequesterkommission durch Beschluss der ehemaligen Landesregierungen freigestellt wurden. Die auf der Verordnung vom 23. August 1956 gründende Annahme des Gesetzgebers erstreckte sich auf sämtliche inländische Beteiligungen ohne Rücksicht darauf, ob diese im Gebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik oder im Ostteil von Berlin angesiedelt waren.

49

Der ursprüngliche Entwurf des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes enthielt - wie aufgezeigt - keine dem § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG entsprechende Bestimmung. Sie wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in den Entwurf eingefügt, weil der Gesetzgeber hinsichtlich der von der Regelung erfassten freigestellten ausländischen Beteiligungen es als zumindest möglich ansah, dass insoweit ein für einen Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG erforderliches verdichtetes Entschädigungsversprechen nicht gegeben war. Wie der Begründung zu § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG (BTDrucks 15/1808 S. 13) zu entnehmen ist, hegte der Gesetzgeber Zweifel, ob insoweit auch mit Blick auf die hier in Rede stehenden Beteiligungen auf die Verordnung des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Entschädigung ehemaliger Gesellschafter für Beteiligungen an enteigneten Unternehmen und die Befriedigung langfristiger Verbindlichkeiten aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 vom 23. August 1956 (a.a.O.) abgestellt werden kann. Dagegen sprach aus Sicht des Gesetzgebers, dass nach Nummer 3 Buchstabe c der Anweisung Nummer 38/56 des Ministeriums der Finanzen der Deutschen Demokratischen Republik vom 14. November 1956 ein Entschädigungsverfahren für die freigestellten ausländischen Beteiligungen nicht durchgeführt werden konnte. Mit Blick darauf wird in der Gesetzesbegründung (a.a.O.) festgestellt, dass eine abschließende Behandlung dieser Beteiligungen stets einer späteren vertraglichen Regelung vorbehalten worden sei, zu der es jedoch nicht gekommen sei. Damit hat sich der Gesetzgeber der Sache nach die Zweifel zu eigen gemacht, die im Rahmen der Öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem Entwurf des Entschädigungsrechtsänderungsgesetzes in Zusammenhang mit der Frage geäußert wurden, ob auch hinsichtlich ausländischer Beteiligungen ein verdichtetes Entschädigungsversprechen vorlag (vgl. BT, 15. WP, Finanzausschuss, Öffentliche Anhörung vom 8. Oktober 2003, Protokoll Nr. 33 S. 21 f.). Die sich aus der Anweisung Nummer 38/56 ergebenden Rechtsunsicherheiten sollten durch § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG beseitigt werden. Den ausländischen Gesellschaftern sollte für ihre freigestellten Beteiligungen in jedem Fall ein Entschädigungsanspruch eingeräumt werden. § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG stellt sicher, dass Inländer und Ausländer bei Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nach dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz den gleichen Schutz genießen (vgl. BTDrucks 15/1808 a.a.O.). Auch insoweit hat der Gesetzgeber nicht zwischen Beteiligungen unterschieden, die in der Deutschen Demokratischen Republik oder im Ostteil von Berlin angesiedelt waren. Dem dargestellten Zweck des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG würde es zuwiderlaufen, wenn auch in seinem Anwendungsbereich zu prüfen wäre, ob ein hinreichend konkretes Entschädigungsversprechen gegeben war. Soweit dem die Beschlüsse des Senats vom 19. März 2009 (a.a.O.) und vom 13. Dezember 2010 (BVerwG 5 B 20.10 - ZOV 2011, 45) entgegenstehen, wird daran nicht festgehalten. Dass durch § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG für ausländische Gesellschafter möglicherweise erstmals ein Entschädigungsanspruch begründet wird, hat der Gesetzgeber dabei in Kauf genommen.

50

(b) Das Auslegungsergebnis ist mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG vereinbar. Der Formulierung „dies gilt auch“ kann nicht ausschließlich oder zumindest hinreichend deutlich entnommen werden, dass auf die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 DDR-EErfG Bezug genommen wird. Sie ist auch für eine Auslegung dahin offen, dass damit nur auf die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 Satz 1 DDR-EErfG („Dieses Gesetz ist entsprechend... anzuwenden“) verwiesen wird.

51

(3) Das Verwaltungsgericht stellt zutreffend fest, dass sich die Beigeladene nicht mit Erfolg darauf berufen kann, der Anspruch sei ausgeschlossen, weil die Klägerin Zweitgeschädigte sei und die Rechtsnachfolger der jüdischen Erstgeschädigten bereits eine Entschädigung nach dem Vermögensgesetz erhalten hätten. Die Frage der Zweitschädigung ist für den geltend gemachten Anspruch ohne Bedeutung. Es fehlt an dem erforderlichen normativen Anknüpfungspunkt, dass eine Entschädigung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG nicht auch dem Zweitgeschädigten zustehen kann.

52

(4) Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass sich der Anspruch in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 DDR-EErfG gegen die Beigeladene als Nachfolgerin der Treuhandanstalt richtet.

53

Aus der Verweisung auf die Rechtsfolge des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG ergibt sich, dass der zur Leistung der Entschädigung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG Verpflichtete in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 DDR-EErfG zu bestimmen ist. Nach dieser Vorschrift ist für die Bestimmung des Entschädigungsverpflichteten das Schicksal des enteigneten Vermögenswertes maßgeblich, von dem der Anspruch auf Erfüllung eines Entschädigungsanspruchs abgeleitet wird. Ist der enteignete Vermögenswert aufgrund der Bestimmung des Einigungsvertrages unmittelbar oder mittelbar einem Träger der öffentlichen Verwaltung übertragen worden, ist der betreffende Träger der öffentlichen Verwaltung entschädigungspflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 DDR-EErfG). Wurde der enteignete Vermögenswert vor dem 3. Oktober 1990 aus Volkseigentum veräußert oder ist vor dem 3. Oktober 1990 für den enteigneten Vermögenswert nachweislich eine Gegenleistung an den Staatshaushalt der Deutschen Demokratischen Republik entrichtet worden, hat der Entschädigungsfond die Entschädigung zu leisten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 DDR-EErfG). Im Rahmen der entsprechenden Anwendung ist der enteignete Vermögenswert im Sinne der Bezugsnorm der Vermögenswert, dessen Schädigung den Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG auslöst. Mithin ist abzustellen auf den Unternehmensträger, dessen im Beitrittsgebiet belegene Vermögenswerte ganz oder teilweise enteignet wurden. Gemessen daran ergibt sich, dass die Beigeladene der Klägerin zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs verpflichtet ist.

54

Aus den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum Schicksal der enteigneten Vermögenswerte der L. AG ist zu folgern, dass diese Werte der Treuhandanstalt auf der Grundlage des Art. 25 des Einigungsvertrages i.V.m. § 1 Abs. 4 des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 17. Juni 1990 (GBl DDR I Nr. 33 S. 330), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840), zumindest mittelbar übertragen wurden. Denn sie waren in den Gesellschaften enthalten, die 1990 durch Aufspaltung des VEB G. gebildet und von der Treuhandanstalt übernommen wurden. In dem VEB G. war zuvor der VEB S. aufgegangen, auf den die enteigneten Vermögenswerte der L. AG übergegangen waren. Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht daraus, dass die L. AG 1950/52 stillgelegt wurde. Aufgrund der zeitlich vorangegangenen Zusammenlegung mit dem VEB S. waren die Vermögenswerte der L. AG zu diesem Zeitpunkt bereits auf diesen übergegangen.

55

(5) Die vom Verwaltungsgericht zugesprochene Höhe der Entschädigung hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

56

Die Höhe einer - wie hier - in der früheren DDR nicht festgesetzten Entschädigung bemisst sich gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 DDR-EErfG bei Gesellschaftsanteilen nach dem 1,3fachen des im Hauptfeststellungszeitraumes vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes, Ersatzeinheitswertes oder Reinvermögens im Sinne von § 4 EntschG. In Anwendung dieser Vorschrift hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen die Entschädigung zutreffend auf 125 241,34 € festgesetzt (a). Das Vorbringen der Klägerin betreffend die IGH AG rechtfertigt keine höhere als die bereits zugesprochene Entschädigung (b).

57

a) Die Entschädigung ist unter Heranziehung des Einheitswertes zu bemessen. Nach Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde für die im Beitrittsgebiet belegenen Vermögenswerte der L. AG vor deren Enteignung zuletzt zum 1. Januar 1946 ein Einheitswert in Höhe von 2 848 000 RM festgestellt. Dass dieser Einheitswert verwertbar ist, wird auch von der Klägerin nicht bestritten. Sie ist lediglich der Auffassung, dass neben dem Einheitswert auch das Reinvermögen der IGH AG als weitere Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, weil der Einheitswert nicht den Wert der Beteiligung der L. AG an der IGH AG abbilde. Letzteres widerspricht den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts. Dieses stellt fest, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Wert der Beteiligung der L. AG an der IGH AG nicht in dem Einheitswert enthalten ist, und stützt sich insoweit auf die Feststellung, dass die Beteiligung der L. AG an der IGH AG im Zeitpunkt der Feststellung des Einheitswertes bereits seit vielen Jahren bestand. An diese Feststellungen ist der Senat - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Das 1,3fache des Einheitswertes beträgt 3 702 400 RM/DM. Von diesem Betrag kann die Klägerin entsprechend dem Anteil ihrer Rechtsvorgängerin an der L. AG in Höhe von 6,616 v.H. einen Betrag von 244 950,78 RM/DM bzw. 125 241,34 € als Entschädigung beanspruchen.

58

b) Ein Anspruch auf eine weitere an die Berücksichtigung des Reinvermögens der IGH AG geknüpfte Entschädigung in Höhe von 34 912,27 € lässt sich auch nicht - wie von der Klägerin in einem zweiten Begründungsstrang vertreten - daraus herleiten, dass aufgrund der Beteiligung der L. AG an der IGH AG die Enteignung der L. AG die Enteignung der IGH AG bewirkt habe, was einen eigenständigen Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 DDR-EErfG begründe. Es kann offenbleiben, ob die Berufung auf diesen Sachverhalt als Klageänderung zu werten ist und in welcher Instanz diese - bejahendenfalls - vorgenommen wurde. Sie kann in keinem Fall zur Erhöhung des Entschädigungsbetrages führen.

59

Sollte von einer Klageänderung in der Revisionsinstanz auszugehen sein, wäre sie gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässig und der Sachvortrag der Klägerin schon aus diesem Grund nicht zu berücksichtigen. Sollte der Sachvortrag von der Klägerin im Wege der Klageänderung bereits in das erstinstanzliche Verfahren einbezogen und vom Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft übergangen worden sein, würde die Feststellung einer etwaigen Verfahrensfehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils bereits daran scheitern, dass die Klägerin einen solchen Mangel nicht in einer § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise gerügt hat. Sollte der Vortrag der Klägerin nicht als Klageänderung zu werten, sondern allein als Rechtsausführung zu verstehen sein, hätte sich das Verwaltungsgericht von seinem Standpunkt aus dazu nicht weiter verhalten müssen. Denn nach seinen Feststellungen wurde der Wert der Beteiligung der L. AG an der IGH AG im Einheitswert berücksichtigt und spiegelt sich demzufolge in der Höhe der zugesprochenen Entschädigung wider. Auf die zweite Begründung, die auf dasselbe Ergebnis zielt, kommt es daher nicht an. Dies gilt auch für die vorliegende Entscheidung, da die Feststellung des Verwaltungsgerichts - wie dargelegt - für den Senat bindend ist.

60

aa) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass der zugesprochene Entschädigungserfüllungsanspruch gemäß § 3 Satz 2 DDR-EErfG ab dem 17. Dezember 2003 mit 4 v.H. für das Jahr zu verzinsen ist, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 VwGO.

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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs und der anderen Obersten Gerichtshöfe dürfen dem Bürger Verzögerungen der Briefbeförderung oder der Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden (BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211; 2001, 1566; 2003, 1516; Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; jeweils mwN). Er darf vielmehr grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - V ZB 187/12, juris Rn. 9, jeweils mwN).

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

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(1) Ein Wiedereinsetzungsantrag muss nicht ausdrücklich gestellt werden , er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 1975 - IV ZB 52/74, BGHZ 63, 389, 392 f.; vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05, NJW 2006, 1518 Rn. 13). Hierzu reicht aus, dass die Partei konkludent zum Ausdruck bringt, dass sie das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmittel- oder Begründungsschrift fortsetzen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09, juris Rn. 10; vom 5. Februar 1975 - IV ZB 52/74, aaO; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen erfüllt der am 30. Oktober 2009 bei Gericht eingegangene Berufungsbegründungsschriftsatz, was auch das Berufungsgericht nicht verkennt. Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten war bewusst, dass am 30. Oktober 2009 die bis zum 28. Oktober 2009 verlängerte Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen und eine weitere Fristverlängerung nicht erfolgt war. Gleichwohl erstrebte er - wie der Inhalt der Berufungsbegründung zeigt - eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn Tatsachen nachträglich bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung hätte versagt werden müssen. Von der Rücknahme der Zulassung kann abgesehen werden, wenn die Gründe, aus denen die Zulassung hätte versagt werden müssen, nicht mehr bestehen.

(2) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen,

1.
wenn der Rechtsanwalt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat;
2.
wenn der Rechtsanwalt infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat;
3.
wenn der Rechtsanwalt aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben, es sei denn, dass sein Verbleiben in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege nicht gefährdet;
4.
wenn der Rechtsanwalt auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft der Rechtsanwaltskammer gegenüber schriftlich verzichtet hat;
5.
wenn der Rechtsanwalt zum Richter oder Beamten auf Lebenszeit ernannt, in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen oder nach § 6 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechenden Rechtsvorschriften wieder in das frühere Dienstverhältnis als Richter oder Beamter auf Lebenszeit oder als Berufssoldat zurückgeführt wird und nicht auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet;
6.
(weggefallen)
7.
wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist;
8.
wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann; dies gilt nicht, wenn der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde;
9.
wenn der Rechtsanwalt nicht die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung (§ 51) unterhält.

(3) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt

1.
nicht binnen drei Monaten, nachdem die Pflicht hierzu entstanden ist, im Bezirk der Rechtsanwaltskammer eine Kanzlei einrichtet;
2.
nicht binnen drei Monaten eine ihm bei der Befreiung nach § 29 Abs. 1 oder § 29a Abs. 2 gemachte Auflage erfüllt;
3.
nicht binnen drei Monaten, nachdem er von der Pflicht, eine Kanzlei zu unterhalten, befreit worden (§ 29 Abs. 1, § 29a Abs. 2) oder der bisherige Zustellungsbevollmächtigte weggefallen ist, einen Zustellungsbevollmächtigten benennt;
4.
seine Kanzlei aufgibt, ohne dass er von der Pflicht des § 27 Abs. 1 befreit worden ist.

(4) Ordnet die Rechtsanwaltskammer die sofortige Vollziehung der Verfügung an, sind § 155 Abs. 2, 4 und 5, § 156 Abs. 2, § 160 Abs. 1 Satz 2 und § 161 entsprechend anzuwenden. Im Fall des Absatzes 2 Nr. 9 ist die Anordnung in der Regel zu treffen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.

(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.